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Jägerpfade

Ein Horizon Zero Dawn MSP
von
Koautor:  Ixana

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Am Ende der Woche

Einen Moment starre ich auf mein Smartphone. Ich vermisse meine Männer. Die beiden sind zur Kur, bzw eigentlich mein Sohn. Da ich das letzte Mal mit ihm gefahren bin, ist dieses Mal mein Mann dran. Sie sind inzwischen seit fast einer Woche weg, aber das schlimmste ist, dass wir nicht telefonieren oder schreiben können. Am dritten Tag kamen plötzlich keine Mitteilungen mehr und am Abend bekam ich einen Anruf.

Jan hat sein Telefon geschrottet und hat über das Festnetz der Kurklinik angerufen um es mir zu sagen. Tja, nun haben wir also keine Verbindung für die nächsten drei Wochen. Das ist furchtbar, lässt sich aber nicht ändern.

Die Woche war hart, nicht nur wegen der gekappten Verbindung zu meiner Familie. Die Arbeit war ebenfalls ziemlich anstrengend, worüber ich unter den aktuellen Umständen nicht böse war.

Ich sehe zur Balkontür hinaus. Das Wetter ist gut, nicht zu warm, nicht zu kalt. Perfekt um im Garten die ersten Arbeiten zu beginnen. Und eine gute Ablenkung ist es auch.

Mein Blick fällt einen Moment zu unserer PS4. Ja, das wäre auch eine gute Ablenkung. War sie die ganze Woche über schon. Nach der Arbeit hatte ich keine Lust auf Garten und habe stattdessen gezockt.

Nein, heute nicht! Ich will nicht den ganzen Samstag vor der Konsole verbringen, also los jetzt!

Ich ziehe mir ein Schmuddel-Outfit an, Basecap drauf; fertig. Smartphone, Zigaretten, Schlüssel. Brauch ich noch etwas? Ich sehe mich nochmal um.

Nein, ich habe alles. Ich ziehe meine Schuhe an und öffne die Tür zum Treppenhaus. Nochmal Blick zurück. Habe ich wirklich alles? Fenster zu? Kaffeemaschine aus?

Ja, alles okay. Ich trete über die Schwelle und verlasse gedankenverloren die Wohnung, ich drehe mich um und will die Tür abschließen.

Plötzlich streift ein Windhauch durch mein Haare und über meine Haut. Huch? Wind? Woher kommt denn der Wind?

Ich sehe auf und einen Moment blendet mich die Sonne.

Sonne? Wind? Im Treppenhaus eines Neubaublocks? Was zum Teufel?!

Ich nehme meine Hand hoch um sie gegen das Licht abzuschirmen. Meine Augen weiten sich schockiert, weil es absolut keinen Sinn macht, was ich sehe.

Ich stehe auf einer kleinen Anhöhe, über mir rascheln leise die Blätter des Baums, der in meiner unmittelbaren Nähe steht. Überall um mich herum ist es grün, Wiese soweit ich sehen kann, Bäume, Büsche.

Ich stehe im Wald, nicht real, weil es zu wenig Bäume sind, aber gedanklich. Keine Ahnung was hier gerade passiert ist, aber es ist definitiv nicht normal. Wo zum Kuckuck bin ich?

Bestandsaufnahme

Ich drehe mich um und vor mir liegen Ruinen. Hinter einer eingestürzt Wand verschwindet etwas. Etwas, das für einen kurzen Moment metallisch in der Sonne leuchtet. Ein Roboter? Ich beobachtet, wie das Ding hinter der Wand entlang läuft. Durch Löcher hindurch sehe ich immer nur kleine Bruchstücke, aber … es sieht aus wie … wie … ein Wächter? Als es nicht mehr zu sehen ist, widme ich mich wieder den riesigen Ruinen. Sie sind überwuchert, halb mit der Vegetation verschmolzen. Das waren früher Hochhäuser soweit wie sie in den Himmel ragen. Und bei der Menge, war das auch eine sehr große Stadt.

Ich lege den Kopf in den Nacken um zu sehen wo sie aufhören und stoße sacht gegen etwas. Erschrocken zucke ich zusammen und drehe mich um. Hinter mir ist nichts. Generell ist überhaupt nichts hier. Keine Menschen, keine Tiere. Was hat aber meinen Hinterkopf berührt?

Ich hebe meine rechte Hand und staune. Ich gehöre ja eher zur Kategorie „vornehmen Blässe“, weil ich ein heller Hauttyp bin. Selbst im Sommer bei viel Sonne werde ich eher hellbraun mit weißen Tendenzen, wie richtig braun. Aber meine Hand, die ich gerade wie eine Gestörte auf Drogen vor mein Gesicht halte, ist braungebrannt. Richtig braun, wie bei jemanden der den ganzen Tag draußen verbringt.

Was mich aber am meisten verwundert ist das Fehlen meines Eherings. Seit fast vier Jahren ist er da an meinem Ringfinger und nun ist er weg. Nicht einfach nur weg, nein, es sieht aus, als wäre da nie ein Ring gewesen.

In meiner Hand befindet sich immer noch mein Schlüsselbund. Immerhin etwas vertrautes. Ich nehme also die linke Hand, die ebenso braungebrannt ist und greife zögerlich hinter mich, taste meinen Hinterkopf ab, der sich auch nicht wie sonst anfühlt. Also der Kopf schon, aber die Haare nicht. Sind das Rastas?

Ich hole mir einige Strähnen nach vorn. Nicht nur, dass ich offenbar einige geflochtene Zöpfe in meinem Haar habe, die vorher definitiv nicht existierten, auch die Farbe stimmt so überhaupt nicht. Meine Haare sind „straßenköter-blond“ wie man so schön sagt, aber das Haar hier ist braun.

Mein Herz klopft wie verrückt und ich merke, dass ich anfange zu zittern. Was ist hier los? Wo bin ich? Warum bin ich jemand anderes?

Ich gehe einen Moment in die Hocke und versuche mich zu beruhigen. Hinter mir knirscht es leise, oder eher direkt an mir. Irgendetwas ist auf meinem Rücken, wahrscheinlich das, was mich am Hinterkopf berührt hat.

Ich atme durch und taste über meine Schulter. Da ist Holz und … Moment. Ist das ein Bogen?

Ich hole das Ding von meinem Rücken, mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte ich das schon hunderte Male gemacht. Das ist verrückt.

Ich halte den Bogen, denn es ist tatsächlich einer, vor mich. Es ist kein moderner aus Fiberglas sondern ein altertümlicher. Ich erkenne ihn witzigerweise wieder, es ist ein Jagdbogen. Ein Jagdbogen den es so nur in Horizon Zero Dawn gibt. Ich bin mir da so sicher, weil ich erst diese Woche das Game wieder neu angefangen habe.

Ich sehe an meiner Seite hinunter. Da ist ein Köcher mit Pfeilen und ein kleines Säckchen auf der rechten Seite meiner Hüfte. Links befindet sich eine etwas größere Ledertasche.

Ich setze mich in dem ich mich einfach auf meinen Hintern fallen lasse. Ich habe immer noch Probleme Luft zu bekommen. Und ich zittere auch immer noch. Und mir kommen die Tränen, auch wenn ich gerade nicht so wirklich weiß warum.

25. Es sind 25 Pfeile. Ich habe sie gezählt, mehrfach. Albernerweise hilft mir das gerade beim Runterkommen. 25 Pfeile. Ich schnaufe durch. Mein Zittern lässt nach und ich fühle mich ruhiger.

Ich öffne die Ledertasche und sehe nach, was sich darin befindet. Ehrlicherweise hoffe ich mein Smartphone zu finden. Es wird mir wahrscheinlich nicht viel nutzen, aber ich würde mich wohler fühlen mit dem Ding.

Das erste, was mir in die Hände fällt ist … Hm, was ist das? Ich inspiziere es und mir wird spontan ganz anders. Das ist eine Sprengfalle. Sollte ich das mit mir herum tragen? Ist das sicher? Ich entdecke etwas, dass wie Splint aussieht. Er ist mit einem Stück Seil fest an das „Gerät“ gebunden, wahrscheinlich um eine versehentliche Aktivierung zu verhindern. Tja, schön und gut, aber sicher fühle ich mich nicht unbedingt damit. Trotzdem packe ich es erstmal wieder ein.

Ich finde ein paar Beeren, etwas das Brot sein könnte und getrocknetes Fleisch? Ich nehme es raus und rieche daran. Ja, Fleisch. Getrocknet oder gepökelt oder so. Außerdem fördere ich ein weiteres Säckchen zu Tage. Ich öffne es und finde Metallscherben. Ähm, nein, die werde ich jetzt nicht zählen. Es sind eine ganze Menge, dass reicht mir so als Info. Ich packe es zurück und auch meinen Schlüsselbund packe ich mit in die Ledertasche.

Ich widme mich dem anderen Säckchen. Was ich da finde, lässt mich große Augen machen. Ein Fokus! Vielleicht kann der mir irgendwie helfen.

Ein wenig zittrig wegen der Aufregung, packe ich das Ding an mein Ohr. Es öffnet sich ein Screen, eine Ladebalken taucht auf und die Prozentzahlen rattern. Bei 34 % stoppt es plötzlich. Eine Meldung ploppt auf: „Data corrupted. Recovery not possible.“

Na toll. Also auch hier keine Hilfe zu erwarten. Ich packe das gute, aber nutzlose Stück wieder in das Säckchen.

Ich sehe wieder hoch. Ruinen, tausende Jahre alt, Fokus, Jagdbogen und eine Maschine, die wie ein Wächter aussah. Ich bin in Horizon Zero Dawn gelandet?

Das ist nicht möglich. Zumindest fällt mir keine realistische Erklärung ein. Außer ein Hirnschlag vielleicht.

Ist das dann hier wie in den Filmen? Muss ich jetzt hier um mein Leben kämpfen um zu beweisen, dass ich weiterleben will? Kacken meine Vitalfunktionen ab, wenn ich nicht genug Lebenswillen aufbringe?

Ich schüttle den Kopf über meine Überlegungen und seufze. Ich stehe auf und packe den Bogen wieder auf meinen Rücken. Das Fell der Weste kitzelt meine Wange dabei. Der Kragen ist aus braunem Pelz, der geht bis etwa zur Brust. Der Stoff der Weste ist recht dick und wirkt als könne er einiges aushalten. Im Gegensatz zu dem Oberteil darunter. Das ist aus dünnem hellbraunen Leinen und hat kurze Ärmel. Um die Hüfte habe ich neben Köcher und Taschen so etwas wie einen Waffenrock. Er ist aus Leder und hat unterschiedlich große Metallplatten darauf. Die Hose ist aus dem selben Stoff wie das Oberteil und genauso dünn. Ich habe Fell um den unteren Teil meiner Beine, genauso braun wie das der Weste, und einfache Schuhe.

Ich bin eine Nora? Zumindest entnehme ich das meiner Kleidung. Wenn ich also eine Nora bin, dann …

Ich sehe wieder auf. Diese Ruinen sind wahrscheinlich Teufelsleid. Zumindest währen das die einzigen auf Nora-Gebiet die mir spontan einfallen. Die andere Ruine, die mir in den Sinn kommt befindet sich unter der Erde, und die kann es offensichtlich nicht sein.

Was mache ich hier? Als „gute“ Nora sollte ich eigentlich einen Bogen um die Ruinen der Alten machen … Als „gute“ Nora sollte ich aber auch keinen Fokus besitzen.

Ich stehe also völlig lost da, starre auf eine Welt die es nicht geben sollte und versuche irgendetwas zu verstehen.

Plötzlich werde ich am Unterarm gepackt und unsanft davon gezerrt. Ich stolpere und habe zu tun nicht hinzufallen. Äste klatschen mir ins Gesicht und Wurzeln stellen mir fiese Fallen, während mich irgendetwas durch die Wildnis zieht.

Als wir aus den Büschen raus sind, werde ich nochmals am Arm gezerrt, hin zu der Person. Überrascht und verwundert sehe ich endlich, wer mich da so eilig von den Ruinen weggeholt hat.

„Du?“, frage ich erstaunt.

Eine neue Welt

„Was ist nur in dich gefahren?“, werde ich vorwurfsvoll gefragt.

Ich sehe den Mann an und kann es kaum glauben. „Rost?“, frage ich dümmlich.

„Wäre dir ein Wächter lieber gewesen, Sanya? Oder ein Mitglied des Stammes?“

Sanya? Wer ist Sanya? Ich bin noch verwirrter wie eben. Aber der Mann vor mir ist definitiv Rost. Der gute Rost, mit seinem langen geflochtenen Vollbart, dass jeder Wikinger blass daneben wirkt.

„Komm jetzt“, fordert er mich auf und läuft los.

Ich tapse hinterher. Offenbar ist mein Name Sanya. Und offenbar kennen Rost und ich uns. Nun gut, ich bin eine Nora, also ist das nicht verwunderlich. Auch wenn er kein offizielles Mitglied mehr ist, ist er bekannt und hat immer noch Verbindungen über die er Informationen bekommt.

„Was machst du hier draußen?“, fragt mich der verstoßene Mann mit einer Mischung aus Sorge und Vorwurf.

„Ich“, beginne ich und drehe mich während des Laufens um. Die Ruinen sind immer noch sichtbar. Beinahe drohend ragen sie über alles andere hinaus. Ein Mahnmal der Alten Zeit. Und gleichzeitig irgendwie majestätisch und faszinierend. „Ich habe etwas gesucht“, antworte ich schließlich vage, nachdem ich mich wieder nach vorn gewendet habe. Glaube ich zumindest, füge ich gedanklich noch an.

„Du hast Glück, dass ich dich gefunden habe“, erklärt er überflüssiger Weise.

„Ich weiß“, sage ich seufzend. Ja, ich bin mir der Tatsache bewusst, dass ich als Nora nicht zu den Ruinen sollte. Allerdings sollte ich auch keine Nora sein, verdammt!

Wir laufen einen Pfad entlang. Rechts ist in einiger Entfernung ein hohes Gebirge, links sind Wiesen und Baumgruppen. Die Sonne scheint, es herrscht eine angenehme Temperatur, eine leichte Brise weht. Es könnte schön sein, ist es prinzipiell auch. Aber ich gehöre nicht hierher und es fühlt sich alles falsch und befremdlich an. Als wäre ich Zuschauer und nicht ein Teil davon, ein Fremdkörper der hier nichts zu suchen hat.

Ich wende mich von der hübschen Szene ab und betrachte den Mann vor mir. Rost ist ein guter Kerl. Ich mag oder mochte ihn sehr. Allerdings habe ich nicht verstanden, warum er sich immer noch so für den Stamm aufopferte, nachdem sie ihn verstoßen hatten, wegen einem Verbrechen, dass eigentlich keins sein sollte. Generell ist der Nora-Stamm sehr rückständig, im Vergleich zu den anderen, was sich leider auch in ihrer Gesetzgebung widerspiegelt.

Plötzlich wird mir etwas Anderes klar. Rost ist hier, gesund und munter. Ich habe keine Ahnung, ob es eine Rolle spielt, aber ich denke, dass es bedeutet, dass ich mich ganz am Anfang der Geschichte befinde.

Ich würde so gern wissen, woher wir uns kennen. Oder wer Sanya ist. Oder überhaupt irgendetwas über mich und meinen Platz hier. Aber ich kann schlecht fragen. Das würde wahrscheinlich dazu führen, dass ich als verrückt abgestempelt werde. Aber ich sollte mir etwas einfallen lassen, wie ich wenigstens an ein paar Informationen kommen könnte.

Ich höre ein Geräusch. Abrupt halte ich an und sehe mich um. Es klingt dumpf und metallisch zu gleich. Es ist irgendwo in Richtung des Baches, der sich irgendwo leise gurgelnd durch die Wiese schlängelt. Ehe ich etwas sehen kann, werde ich gepackt, nach unten in die Hocke gezerrt und ange-Scchhht.

Ich hocke neben Rost hinter einem Felsen, vor dem ein halbvertrockneter Busch steht. Mit Argusaugen beobachtet er die Wiese und ich tue es ihm gleich. In einiger Entfernung taucht eine Gruppe Maschinen auf.

„Läufer“, flüstere ich unbewusst und ja, auch ein wenig begeistert.

„Hm“, brummt der Mann neben mir. Er deutet hinter die Herde. „Und Wächter.“

Zwei Wächter folgen der Gruppe, überwachen die Umgebung, während die Läufer über die Wiese streifen.

Der Anblick reißt mich aus meinen Gedanken, aus meinen Sorgen und Überlegungen. Völlig fasziniert sauge ich die Bilder in mich hinein. Einer der Läufer schüttelt seine imaginäre Mähne, während zwei andere antraben und sich von der Herde absetzen. Das Verhalten ist so unfassbar natürlich. Und auch, oder gerade deshalb, unfassbar absurd. Denn akustisch hat das Spektakel nichts mit einer friedlichen Pferde-Herde zu tun. Man hört Metall, das leise Zischen von Dämpfern und das Klicken von Ventilen.

Still warten wir, bis die Maschinen weitergezogen sind und setzen unseren Weg fort. Der Pfad führt in einen kleinen Wald. Es raschelt über uns und riecht angenehm nach Erde. Wir kreuzen den Bach, den ich bereits gehört hatte.

„Können wir kurz Pause machen?“, frage ich. „Ich habe ziemlichen Durst.“ Habe ich wirklich. Keine Ahnung warum, aber meine Kehle ist schrecklich trocken.

„Aber nur kurz“, brummt Rost. „Und füll‘ deine Flasche gleich auf.“

Flasche? Ich taste meine Hüften ab und werde fündig. Eine „Flasche“. Oder eher ein Trink-Beutel aus einem Tierfell. Oder aus einem ganz Tier, oder dessen Innereien, ich weiß gerade nicht. Und will es auch ehrlich nicht wissen. Aber es erfüllt wahrscheinlich seinen Zweck und das zählt.

Ich halte die Flasche in den kalten Bach. Ja, dass Wasser ist echt eisig und meine Finger frieren fast ab. Ich trinke vorsichtig und befülle sie erneut. Als ich den Trink-Beutel verschließe, fällt mein Blick auf eine Stelle, wo das Wasser ruhig ist und auf mein Spiegelbild.

Offenbar habe ich meine blauen Augen behalten, die durch die typischen blauen Nora-Tätowierungen fast unangenehm betont werden. Ansonsten habe ich nicht das Gefühl, das Gesicht zu kennen, welches ich da sehe. Allerdings habe ich den Eindruck, dass ich ein paar Jahre jünger bin; so Ende zwanzig? Keine Ahnung, vielleicht bilde ich mir das nur ein. Mir fällt außerdem eine Narbe auf, die sich unterhalb meines … kurz überlegen wegen der Spiegelung … rechten Auges befindet. So wie es wirkt, ist die noch nicht sehr alt, einige Wochen vielleicht.

Ja, natürlich war mir der Umstand klar, dass ich bzw Sanya nicht erst seit gerade hier ist, aber diese Bestätigung schmerzt trotzdem kurz, ohne, dass ich verstehe warum.

Ich stehe wieder auf und … Scheiße, wo ist Rost?!

Ich sehe mich hektisch um, kann ihn aber nirgends entdecken. Dafür tauchen zwei andere Nora auf. Uhm. Ja. Was mach ich nur? Grüßen nehme ich mal an, aber wie? Komm schon, Anja, denk nach!

Die beiden Frauen kommen näher, sehen mich und … wenden den Blick ab. Mehr noch, sie gehen tatsächlich sogar in einem kleinen Bogen um mich herum.

Ich bin verwirrt und sehe ihnen hinterher. Was sollte das denn? Noras sind nicht das freundlichste Volk aber das war schon echt heftig. Habe ich denen irgendwas getan?

„Sanya!“, werde ich ermahnt.

Ruckartig drehe ich mich um. Rost ist gerade zwischen den Bäumen aufgetaucht, mit einem toten Hasen in der Hand. Augenscheinlich war er jagen, während ich mich in meiner Selbstbetrachtung verloren habe.

Ich schließe eilig zu ihm auf und wir gehen wortlos weiter. Wohin eigentlich? Und warum? Warum nimmt Rost mich mit? Hat Sanya so einen schlechten Orientierungssinn? Oder haben wir eine bessere Verbindung zu einander wie ich bisher dachte?

Wir biegen ab und laufen jetzt mehr Richtung Gebirge. In einiger Entfernung erkenne ich einen großen Holzwall, Wachtürme und Brücken. Ich höre einen Fluss rauschen und sehe Patrouillen herumlaufen.

Das ist … Mutter… Wacht? Herz? Krone? Die Namen der Nora-Festungen und Dörfer hat mich von Anfang an verwirrt. Daher bin ich mir gerade nicht sicher. Aber ich glaube, dass ist Mutterkrone.

Ein kleiner Trupp Nora-Krieger kommt uns entgegen. Sie beachten uns nicht, sehen teilweise demonstrativ weg und halten Abstand.

Okay … Bei Rost macht es natürlich Sinn. Aber bei mir? Es sorgt dafür, dass sich allmählich ein Bild formt. Die Nora vorhin haben mich gemieden und offenbar stehe ich in einer Verbindung mit Rost. Als Ausgestoßener darf nicht mit ihm gesprochen werden. Seinem Verhalten mir gegenüber entnehmen ich aber, dass wir schon früher miteinander geredet haben. Ergo … bin ich ebenfalls eine Ausgestoßene?

Das würde irgendwie Sinn machen, nicht? Stellt sich die Frage, ob auf Lebenszeit oder nur temporär. Die Frage nach dem Warum stelle ich mir lieber nicht, gefühlt wird man bei den Nora ja für alles bestraft.

Wir überqueren eine Brücke und betreten die Festung. Ich stehe neben den äußerst imposanten Rost und sehe mich skeptisch um. Viel zu sehen gibt es nicht, einige Holzhäuser, Lagerfeuer und ein Händler. Dieser bestätigt mir, dass wir in Mutterkrone sind – es ist nämlich nicht der, den Aloy rettet im Prolog, sondern ein anderer.

„Pass auf dich auf“, brummt es neben mir.

Bitte? Wovon redet …?

Ich drehe mich um und Rost läuft zum Tor auf der anderen Seite. Wie jetzt? Ich bin verwirrt und sehe mich um. Überall sind Nora unterwegs, und sie alle ignorieren mich. Ich habe mich selten so unwohl und deplatziert gefühlt.

Das kann doch nicht Rosts Ernst sein, dass er mich hierlassen will? Hier bei denen? Das kann er doch nicht machen!

Ich eile dem Mann hinterher, der gerade schon zum Tor hinaus ist und bereits die Brücke zur Hälfte überquert hat.

„Warte!“, rufe ich, um ihn zum Anhalten zu bewegen.

Rost läuft noch bis zum Ende der Brücke und bleibt stehen. Er dreht sich zu mir um und seufzt. „Sanya, was ist los mit dir?“, fragt er unterschwellig genervt.

„Ich … ähm …“ Bin nicht von hier; nein das kann ich nicht sagen. Verdammt, komm schon, lass dir was einfallen!

Unschlüssig drehe ich mich um und betrachte Mutterkrone, drehe mich dann wieder zu Rost und reibe mir anschließend mit der Hand über die Stirn. „Ich … weiß nicht so recht“, stammle ich.

Fuck, warum bin ich nur so schlecht in sowas? Ausreden, lügen – alles nichts, was ich spontan kann.

„Hast du dir den Kopf gestoßen?“, fragt er mich eher flapsig.

Das ist gar keine schlechte Idee! Danke, Rost!

„Ich weiß nicht. Ich fühle mich nicht gut und ich … meine Erinnerungen scheinen nicht so zu funktionieren wie sie sollten“, flüchte ich mich in eine Halbwahrheit, denn Halbwahrheit kann ich ganz gut.

„Hm“, brummt der Mann und mustert mich. Unerwartet kommt er einen Schritt auf mich zu und legt mir den Handrücken auf die Stirn.

Bzw versucht er es, denn ich reagiere reflexartig, schlage seine Hand kaum das sie mich berührt weg, und weiche einen Schritt zurück. Verdutzt sehe ich ihn an.

„Fieber scheinst du keins zu haben“, kommentiert er, mein Verhalten ignorierend. „Aber es stimmt schon, dass du recht eigenartig heute bist.“ Seine hellen Augen mustern mich ausgiebig, als hoffe er eine Erklärung zu finden.

Viel Spaß, ich hoffe auch auf eine. Aber wahrscheinlich werden hier auf dieser Brücke, weder er noch ich eine finden.

„Hast du Beeren gegessen, die du nicht essen solltest?“, fragt er argwöhnisch.

„Nein!“, empöre ich mich.

Ich esse nichts, bei dem ich nicht weiß was es ist. Gut, möglich, dass das bei Sanya anders ist, vielleicht fragt er nicht ganz grundlos. Aber ich sollte statt über die Essgewohnheit der Frau, die ich gerade bin nachzudenken, lieber die Chance irgendwie nutzen, um ihn dazu zubringen mich mitzunehmen.

„Bitte Rost; ich weiß gerade nicht wohin ich könnte. Ich weiß gerade gar nichts. Manche Dinge sind da, wie dein Name, aber der Rest ist irgendwie … verschwommen“, erkläre ich seufzend und, ja, vielleicht auch wenig weinerlich. Ich bin mir unsicher, ob die Tränendrüse bei ihm funktioniert, aber schaden kann es nicht.

Nun ringt der Ausgestoßen mit sich, sieht hin und her ...

Überraschungen

Nun ringt der Ausgestoßen mit sich, sieht hin und her und gibt schließlich nach. „Nun gut, du kannst mit mir kommen. Aber nur für eine Nacht.“

„Danke“, sage ich aufrichtig.

Mir fällt ein Stein vom Herzen. Keine Ahnung, was aus mir geworden wäre, wenn er jetzt nein gesagt hätte. Wahrscheinlich hätte ich die Nacht unter freiem Himmel bei einem Lagerfeuer verbringen müssen.

„Aber wir müssen uns sputen, der Weg ist weit.“

Und schon ist er wieder losgelaufen und hat ordentlich Abstand zwischen uns gebracht. Das dürfte eine ziemliche Hetzerei werden, aber ich will mich nicht beschweren. Außerdem hat er Recht, wenn ich mich nicht gerade völlig irre. Wir müssen um den Gebirgskamm herum zurück ins Becken, Richtung Mutter … Herz? Und dann hoch ins Gebirge.

Habe ich mir das wirklich überlegt? So eine Nacht am Lagerfeuer klingt plötzlich doch verlockend.

Nein, ich will nicht bei einem Haufen Menschen sein, die mich offensichtlich nicht bei sich haben wollen. Womöglich wache ich gar nicht wieder auf, und wer weiß was dann wird … Also mit mir, Anja. Ob ich dann zurückkehre? Ich weiß nicht.

Und während ich hier stehe und vor mich hin sinniere, wird der Abstand zu Rost größer. Ich beeile mich also ihm zu folgen und wir starten einen Wettlauf gegen die Sonne.
 

Ich bin gut in Form muss ich feststellen. Also nein, nicht ich, sondern Sanya. Sie ist echt in Topform. Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so fit wie sie. Natürlich ist das dem harten Leben hier geschuldet, aber trotzdem bin ich vielleicht ein wenig neidisch.

Aber in erster Linie bin ich heilfroh über den Umstand. Die gute Anja hätte wahrscheinlich schon nach einem Drittel das Handtuch geschmissen und versucht sich in Mutterberg einen Platz am Feuer zu suchen. Die Siedlung ist so winzig, dass ich mich dort in Ermangelung an der Masse an bösen oder ignorierenden Blicken, vielleicht sogar okay hätte fühlen können.

Allerdings wäre mir dann der Anblick von Teufelsdurst entgangen. Ich erinnere mich, wie ich im Spiel zum allerersten Mal hier war und mich der Anblick einfach überwältigt hat; jetzt in „echt“, ist das nochmal eine ganz andere Hausnummer.

Die Straßen sind so überwuchert, dass sie gar nicht mehr als solche zu erkennen sind. Die Vegetation geht nahtlos in Ruinen über, und die Ruinen nahtlos in die Vegetation. Mauern ragen gespenstisch in die Höhe, dazwischen überwachsene Erdhügel, in denen vielleicht noch ein Auto steckt. Und überall das blaue Leuchten von Maschinen, die Patrouille laufen oder ihrer Gaia-Gegebenen Aufgaben nachgehen. Der Anblick ist ebenso beängstigend wie ehrfurchtgebietend.

Ich gaffe also wie ein Kind, dass zu ersten Mal einen Rummel sieht, bis ich plötzlich etwas höre. Ich drehe mich um ich erstarre: wegen meiner Träumerei wäre ich beinahe in einen Wächter gelaufen. Plötzlich ist es nicht mehr toll, sondern nur noch beängstigend; was mach ich jetzt? Noch steht die Maschine mit dem Rücken zu mir, aber wenn sie sich umdreht …

Rost hat es zum Glück rechtzeitig mitbekommen. Mit einem Steinwurf sorgt er für Ablenkung und zerrt mich danach schnellstmöglich weg von den Ruinen. „Ich weiß es sind erst ein paar Monate, aber stell dich nicht so an!“, geht er mich genervt an.

Ein paar Monate? Wovon redet er da? Ich will ihn nicht noch mehr verärgern, also frage ich nicht, sondern entschuldige mich leise.

Wir erreichen kurz darauf das Haupttor; das selbe Szenario wie in Mutterkrone: wir werden ignoriert.

Während wir unter den abwertenden Blicken der Wachen durch das Tor schreiten, setzt hinter uns leises Getuschel ein, von dem ich leider, oder zum Glück, nur Bruchstücke mitbekomme: „… diese Ausgestoßenen …“ „Wusstest du schon …?“ „… Verschwendung …“ „Hast du gehört, dass …“ „Dieser Graik …“ „… fernbleiben …“

Oookay. Keine Ahnung was passiert ist, aber ich denke, ich darf mich in meiner Annahme bestätigt fühlen, dass ich offenbar auch eine Ausgestoßene bin. Plötzlich dämmert mir etwas. Seit ein paar Monaten, das hat Rost bestimmt damit gemeint vorhin, dass ich erst seit ein paar Monaten eine Ausgestoßene bin; fragt sich aber immer noch warum.
 

Die Sonne steht schon recht tief, als wir in der Nähe von Mutterherz kurz Rast machen.

Ich bin froh, dass ich mein Trink-Fell aufgefüllt hatte, denn mir geht trotz aller Fitness nicht nur langsam die Puste aus, sondern auch meine Kehle trocknet spürbar immer schlimmer aus. Ich sitze also in der Wiese trinke und esse ein wenig. Das Fleisch ist tatsächlich nur getrocknet, furchtbar schlecht zu kauen und geschmacklich fad; aber es füllt meinen leeren Magen und das reicht mir.

Beim Verschließen meiner Flasche, fällt mein Blick wieder auf meine Hand. Auf den Ringfinger um genau zu sein. Natürlich habe ich den Vorteil, dass ich mir spontan erstmal keine Gedanken darum machen muss, dass sich meine Familie womöglich fragt wo ich bin. Aber trotzdem fällt mir die Akzeptanz der Tatsache, dass ich nicht zu Hause bin schwer. Und ich stelle mir Fragen. Bin ich einfach weg? Was passiert jetzt gerade in meiner Welt? Bin ich vielleicht doch einfach umgekippt? Tot? Ist das hier wirklich echt? Ich habe keine Antworten, und das schlägt mir zunehmend aufs Gemüt.

Ich möchte übrigens noch erwähnen, dass sowohl Rost und als auch ich uns hauptsächlich in Schweigen üben während der ganzen Zeit. Wahrscheinlich aber aus unterschiedlichen Gründen. Er vermutlich, weil es nichts zu sagen hat und ich, weil ich nicht wüsste, was ich sagen könnte.

Wir beenden unsere Rast und gehen weiter. Wir kommen an dem Gebirge an, in welchem Rosts zu Hause liegt. Der Aufstieg verlangt ziemlich viel Aufmerksamkeit, wie eigentlich der gesamte Weg schon, worüber ich indirekt ganz froh bin. Während ich mich auf meine Füße konzentriere, kann ich nicht so viel über meine Situation nachdenken.

Die Sonne verschwindet hinter den Bergen und es wird schlagartig kühl und dunkel. Es ist so kalt, dass ich meinen Atem sehen kann. Ich wundere mich kurz, warum ich trotz meiner dürftigen Bekleidung gar nicht so extrem friere, bis mir bewusstwird, dass ich durch das viele Laufen wahrscheinlich so warm bin, dass ich es einfach nur nicht spüre.

Ich halte kurz inne und sehe den Weg hinauf und entdecke in einiger Entfernung Licht. Nein, eigentlich eher Feuer, ein Lagerfeuer. Wir haben es also gleich geschafft. Ich richte meine Aufmerksamkeit wieder nach unten.

„Rost! Sanya!“, ruft es plötzlich und zucke erschrocken zusammen.

Als ich aufsehe, steht am Rand der Umzäunung des Hauses eine junge Aloy. Müsste ich schätzen, dürfte sie um die 10 bis 12 Jahre sein.

Dieser Umstand bringt mich mental ein wenig ins Schleudern. Das hier ist vor den Ereignissen des Spiels?! Irgendwie hatte ich gehofft, dass ich wenigsten ein bisschen Vorstellung von den nächsten Geschehnissen bekomme, aber so bin ich komplett aufgeschmissen. Also noch aufgeschmissener wie ohne hin schon.

Als wir näher kommen setze ich ein Lächeln auf. „Aloy“, begrüße ich sie freundlich.

„Ich freue mich, dass du uns besuchen kommst!“, tönt die Teenagerin.

Wir lächeln uns an, was Rost ein Brummen entlockt bevor weiterläuft. Kaum das er hinter ihr ist, verdreht Aloy die Augen und ich muss leise lachen.

„Bleibst du über Nacht?“, fragt sie mich während wir zum Haus laufen.

„Ja, Rost ist so nett mich heute Nacht bei euch schlafen zu lassen“, erkläre ich.

„Das ist toll“, freut sie sich und strahlt.

Ich verstehe es. Als von Geburt an Ausgestoßene besteht ihr Alltag aus Rost, Ablehnung durch den Rest der Welt und die Vorbereitung für die Erprobung – alles dürfte da eine willkommene Abwechslung sein.

Wir gehen ins Haus. Es ist warm drinnen, was ich gar nicht erwartet hatte.

„Ich habe Essen gemacht“, erklärt Aloy stolz.

Öhm. Ich weiß ja nicht. Erfahrungsgemäß ist das Essen was Kinder machen meist eher abenteuerlich, um es höflich auszudrücken.

Ich werfe Rost einen fragenden Blick zu, den er mit einem anerkennenden Nicken beantwortet, was mir wohl sagen soll, das die Teenagerin kochen kann.

Wir essen einen Eintopf aus irgendwelchem Wurzelgemüse und Wildschwein. Es ist okay und schmeckt definitiv besser wie das Trockenfleisch.

Aloy redet und redet. Ich fühle mich bestätigt, dass Besuch nichts ist, was sie oft erlebt und sie dementsprechend so viel wie möglich mitteilen möchte. Oder wir sind tatsächlich irgendwie befreundet, wer weiß. Rost hält sich raus und sitzt schweigend beim Feuer.

„Das klingt doch alles sehr gut“, sage ich, nachdem sie ausführlich vom heutigen Training berichtet hat. „Du wirst die Erprobung bestimmt schaffen.“

„Setzt ihr nicht solche Flöhe ins Ohr“, brummt es unvermittelt von der Seite.

Aloy ist sofort sauer und wirft ihrem Ziehvater einen finsteren Blick zu bevor sie wortlos aufsteht und im Nebenraum verschwindet.

„Hast du dich je in ihre Lage versetzt?“, zische ich ihn aus einem Impuls heraus an.

Ich ernte einen sehr, sehr finsteren Blick. Wir sehen uns einige Momente an und ich werde mir plötzlich bewusst, dass ich zu weit gegangen bin. Ich kratze mich an der Nasenspitze und breche den Blickkontakt ab. „Verzeih, es steht mir nicht zu, dazu etwas zu sagen“, entschuldige ich.

Seit wann rede ich so geschwollen? Egal, ich verliere mich in der Betrachtung meiner Hand, der Stelle wo mein Ring sitzen sollte. Meine Gedanken schweifen zu meinem Sohn. Er ist einige Jahre jünger wie Aloy jetzt und wahrscheinlich der Grund, warum ich den guten Rost so angegangen bin. Ich verstehe seinen Wunsch, das Kind zu beschützen, gleichzeitig muss man sie aber auch groß werden lassen. Das ist in unserer Welt schon schwierig genug, hier reden wir von zusätzlicher Lebensgefahr durch alles und jeden; das man da noch vorsichtiger ist, ist nur logisch. Und für Rost dürfte es noch schlimmer sein, weil er weiß wie sehr Verlust schmerzt und wie er einen zerreißt. Ein Gefühl das ich ebenfalls kenne, wenn auch nicht in der Form wie er.

Meine Emotionen spielen verrückt. Die Gedanken an meine Familie mischen sich mit dem, was ich beim Spielen von Horizon Zero Dawn gedacht habe und den aktuellen Ereignissen. Das ist alles schwer zu differenzieren und zu verarbeiten.

Ich stehe auf und gehe wortlos zur Tür hinaus. Draußen bleibe ich auf dem terrassenähnlichem Vorbau und sehe hinauf in den Nachthimmel. Er ist unfassbar fremd mit alle den vielen Sternen, die man bei uns gar nicht mehr sieht wegen der Dauerbeleuchtung.

Ich atme die kalte Luft ein und beruhige mich langsam. Ich warte einige Minuten und gehe dann wieder hinein.

Rost überlässt mir seine Pritsche und zieht sich in eine Ecke mit Fellen und Decken zurück. Ich lege mich hin und versuche den Kopf frei zu bekommen um zu schlafen. Es dauert eine Weile, aber irgendwann dämmere ich schließlich weg und hoffe insgeheim, dass ich einfach zu Hause wieder aufwache.

Realitätscheck

Ich wache auf, aber nicht wie gehofft zu Hause. Genau genommen, wache ich gar nicht auf. Ich träume. Oder ich halluziniere. Oder ich bin woanders hingeglitcht, ich weiß gerade noch nicht so recht.

Ich bin aber definitiv nicht mehr in Rosts Haus, ich bin in einer Ruine der Alten. Was passiert hier zum Teufel? Warum bin ich jetzt woanders?

Ich fahre mir frustriert mit der Hand seitlich über das Gesicht und plötzlich springt mit dem typischen futuristischen Surr-Geräusch, dass beinahe wie ein Laserschwert klingt, der Fokus an. Ich habe ihn augenscheinlich versehentlich berührt. Der Bildschirm taucht auf, der Ladebalken und … Und er funktioniert! Keine Fehlermeldung, sondern diverse Menus und Fenster öffnen sich.

Vor mir tauchen allerlei Informationen auf, die ich aufgeregt in Augenschein nehme. Aber die Enttäuschung im nächsten Moment ist groß. Ich kann nichts damit anfangen, weil es einfach nur Buchstabensalat ist. Warum? Ist der Fokus kaputt? Ist das eine Fremdsprache?

Ich fühle mich daran erinnert, als mein Sohn es geschafft hat, meinen alten Nintendo DS auf Chinesisch einzustellen. Das war ziemlich kompliziert ihn wieder auf Deutsch umzustellen. Ich musste mir tatsächlich aus dem Internet die Menüführung rausziehen …

Plötzlich erinnere ich mich an etwas, dass mir Joe ein, zwei, drölfzig mal erzählt hat: man kann in Träumen nicht lesen. Liegt es womöglich daran? Ich erinnere mich, dass man testen kann, ob man träumt oder nicht. Realitätscheck nennt man das, aber wie ging der gleich noch? Nase zu halten, oder?

Ich halte mir also die Nase zu. Und ich atme trotzdem normal weiter. Das ist crazy! Und es fühlt sich sehr, sehr seltsam an. Das kann man gar nicht beschreiben, nur erleben – total verrückt!

Okay, ich träume ganz offensichtlich. Zumindest das habe ich erstmal geklärt. Und weiter?

Ich bin eigentlich kein Klarträumer, eigentlich träume ich nicht mal erinnerbar … Warum ist das nun anders? Plötzlich dämmert mir, dass ich ja nicht ich bin. Sanya könnte eine Klarträumerin sein, dass würde das hier erklären.

Ich sehe mich um. Offenbar befinde ich mich in einer Art Schlafsaal, es stehen überall kojen-ähnliche Betten herum, die durch Wände voneinander getrennt sind.

Mir kommt das hier bekannt vor, auch wenn ich noch nicht so recht weiß woher. Zumindest scheine ich nicht „weltfremd“ zu träumen, was mich in meiner Annahme bekräftigt, dass das hier eigentlich Sanyas Traum ist.

Ich werfe den Fokus erneut an, wenn er schon funktioniert, kann er mir ja vielleicht doch nützlich sein. Lesen kann ich zwar nicht, aber er kann mir Dinge anzeigen, die hier mal gewesen sind.

Es leuchten überall gespenstisch LED’s, die es schon lange nicht mehr geben sollte. Eines der Dinge, die ich tatsächlich echt cool fand beim Spielen. Man hat eine trostlose, fast gruselige Höhle und dann überall diese fluoreszierenden Lichter. Man bekam eine grobe Vorstellung davon, wie es damals gewesen war.

Mir werden einige Fokusse in meiner unmittelbaren Nähe angezeigt. Ich gehe zu einem und finde eine mumifizierte Leiche. Sie liegt auf einem Sofa einer Sitzecke. Sie ist weder eklig, matschig noch stinkt sie, aber trotzdem wird mir einen Moment ganz anders.

Die Menschen in den Bunkern sind langsam und im vollen Bewusstsein dessen was passieren wird zu Grunde gegangen. Eine schreckliche Vorstellung. Gefangen, kein Ausweg; mich schaudert es einen Augenblick.

Ich atme kurz durch um mich zu sammeln und meine Nerven und meinen Magen zu beruhigen. Danach scanne ich den Fokus.

Eine Sprachnachricht bzw Audio-Log spielt sich ab. Inhaltlich kommt nichts Spektakuläres dadurch ans Licht, wie bei den meisten dieser Dinger. Sie sind, gerade am Anfang, so kryptisch, dass man sich einfach keinen Reim auf die Geschehnisse und Geschichte der Alten machen kann. Es ist ein Teil eines Ave Maria, außerdem erzählt der Mann etwas von Medikamenten, die alle im Bunker von jemandem bekommen haben.

Okay, also das hilft mir nicht weiter. Habe ich auch nicht wirklich erwartet um ehrlich zu sein.

Ich drehe mich um und sehe mir den Raum erneut an. Woher kenne ich den nur?

Ich laufe los, quetsche mich durch eine halb offene Tür und verlasse den Schlafsaal. Ich gehe eine Treppe hinunter und finde mich in einem Gang wieder. Langsam laufe ich ihn entlang, da ist ein kleiner Nebenraum in den ich gehe. Ich sehe mich um, noch eine Leiche auf einem Sofa und eine weitere in einer Nische. Die versteckt in der Ecke hat ebenfalls ein Audio-Log. Der Mann macht sich darin über die anderen lustig, die offenbar alle das Medikament genommen haben. Aber er will nicht einfach verschwinden, er will nachhallen. Am Ende ist ein Schuss zu hören.

Okay, offensichtlich haben die Bewohner dieses Bunkers ihr Elend selbst beendet. Ob bewusst oder in Folge von Hoffnungslosigkeit oder Lagerkoller lässt sich nicht in Erfahrung bringen. Aber es war scheinbar an Silvester, zumindest entnehme ich das einem weiteren Audio-Log das ich finde.

Ich komme vor einer Tür an, die offensichtlich keinen Strom besitzt. Gut, hier geht es nicht weiter.

Mein Weg führt mich durch ein Loch in der Wand auf der anderen Seite und durch einen Raum, dessen Zweck sich nicht mehr erahnen lässt. Die nächste Tür, der ich begegne, ist nur einen kleinen Spalt offen. Da ich nicht Aloy bin und keinen Speer besitze, kann ich sie leider nicht aufstemmen. Also weiter den nächsten Gang entlang.

Ich komme an einer Stalaktiten-Stalagmiten-Formation vorbei und schaue zwischen ihnen hindurch. Dahinter ist ein Raum, dessen Wände komplett überwuchert sind. In der Mitte liegt in einem Lichtstrahl von oben eine mumifizierte Leiche …

Plötzlich fällt bei mir der Groschen. Das ist die Ruine, in die klein Aloy ganz am Anfang stürzt und ihren Fokus findet. Später kommt man wieder hierher und erst dann kann man sie komplett erkunden.

Zumindest weiß ich jetzt wo ich bin. Aber warum träume ich hiervon?

Oder besser: warum träumt Sanya hiervon? Und so detailliert. War sie schon mal hier? Aber warum? Die Nora meiden die Ruinen … Oder sollten es zumindest laut Stammesregeln.

Nun gut, unsere „Begegnung“ war auch bei Ruinen … Vielleicht nimmt sie es nicht so genau mit den Regeln?

Ein Geräusch lenkt mich ab. Irgendwo in der Nähe ist scheinbar jemand. Zumindest klingt es so, als würde jemand einen Raum auf links drehen.

Die Neugier treibt mich voran; wer da wohl ist? Passieren kann mir ja, theoretisch, nichts, da das hier ein Traum ist.

Ich gehe nach links, einen Gang entlang und komme in einer Art Vorratsraum an. Unerwarteter weise steht da ein Nora. Obwohl nein, er steht nicht, er ist vornübergebeugt und durchwühlt eine Kiste.

„Graik?“, frage ich.

Warum? Keine Ahnung, aber irgendwie weiß ich, dass der Mann da Graik ist.

Er flucht lautstark, richtet sich auf und knallt dann den Deckel wütend zu. Er dreht sich zu mir um. „Da bist du ja endlich.“

Ich? Er hat mich erwartet? Okay, scheinbar weiß ich wer er ist, also ist das nicht so abwegig. Verwirrt mustere ich ihn. Er kommt mir bekannt vor … Er sieht aus wie … Moment! Ich habe Sanya zwar nur einmal gesehen, aber ich könnte schwören, der Mann da sieht aus wie sie. Als wäre er die männliche Ausführung von ihr. Ein alternativer Charakter?

Als wäre ich Zuschauer in der Premium-Ersten-Reihe oder als hätte ich eine VR-Brille auf, verselbstständigt sich Sanya, zumindest habe ich keinen Einfluss mehr auf sie. Der Realitätscheck vorhin hat sich bereits seltsam angefühlt, aber das jetzt toppt das Ganze.

Sanya geht auf den Mann zu. „Nichts gefunden?“, fragt sie.

„Nichts“, presst Graik frustriert hervor.

„Sicher, dass es hier ist?“, hakt sie nach.

„Ja, der Händler hat gesagt, dass es in diesen Ruinen ist“, erklärt er und lässt seinen Blick durch den Raum schweifen.

Sanya seufzt und verschränkt die Arme. „Auf dem Weg hierher bin ich an einigen Räumen vorbeigekommen, in die man nicht so einfach hineinzukommen scheint. Vielleicht ist es da?“

„Möglich. Er hat nur gesagt, dass es in hier sein sollte. Und dass wir unsere Bezahlung nur erhalten, wenn wir es ihm unversehrt bringen.“ Graik kratzt sich am Kinn und sieht sich erneut um. Danach sieht er mich an und ringt sich ein Lächeln ab. „Na komm, suchen wir weiter, Schwester …“

Schwester? Graik ist Sanyas Bruder?

Plötzlich wird es unfassbar grell um mich herum. Das Licht löscht die Szene aus, scheint sie regelrecht zu verbrennen, dann ist es komplett dunkel …

Gewissensbisse

Schwerfällig öffne ich die Augen. Ich fühle mich erschlagen, überfahren und plattgewalzt. Mental und körperlich.

Ich bin desorientiert und weiß im ersten Moment weder wo noch wer ich bin. Einen kurzen Augenblick hoffe ich, dass ich einfach nur geträumt habe und einen Traum im Traum hatte. Ich drehe mich um und finde mich in Rosts Hütte wieder. Zumindest das war offensichtlich kein Traum. Mich überkommt Verzweiflung. Ich bin immer noch hier statt zu Hause.

Ich setzte mich auf. Meine Muskeln schmerzen ein wenig, scheinbar war der Marsch gestern selbst für die fitte Sanya anstrengend. Ich hocke wie ein Schluck Wasser in der Kurve auf der Pritsche und schaue dumm aus meiner Nora-Kluft.

Was war das für ein eigenartiger Traum? Oder war es womöglich eine Erinnerung? Plötzlich fühle ich mich ganz eigenartig, weil mir plötzlich ein Gedanke kommt, den ich gestern gar nicht hatte. Ich war zu sehr mit Laufen und irgendwie zurechtkommen beschäftigt, dass ich gar nicht darauf gekommen bin: Was ist mit Sanya?

Ich habe offenbar ihren Körper „besetzt“, wo ist also ihr Geist? Geht es ihr wie mir in den Traum? Sitzt sie da ganz hinten und muss miterleben, wie ein fremdes Wesen ihren Körper steuert? Das würde mir unfassbar leidtun, auch wenn ich nichts dafür kann. Ich entschuldige mich gedanklich bei Sanya, für den Fall, dass sie tatsächlich da ist.

Und wenn nicht? Wo ist sie? Was könnte passiert sein?

Und dann: Ist das hier überhaupt real?

Ich erinnere mich an den Realitätscheck, den ich im Traum gemacht habe … Ich halte mir also die Nase zu und hoffe inständig, dass das Gleiche passiert. Nein, ich bekomme keine Luft – das hier ist also wirklich echt. Fuck.

Ich sehe mich niedergeschlagen um. Rost ist weg, die Ecke in der er geschlafen hat ist verwaist und er ist auch sonst nirgends zu sehen.

Ich bin allein und das sorgt dafür, dass ich darüber nachdenken, was zu Hause wohl passiert. Meine Männer werden mich nicht vermissen, weil wir eh noch drei Wochen keinen Kontakt haben können. Das nimmt mir ein wenig die Last. Trotzdem fühle ich mich traurig und irgendwie ängstlich. Diese Welt hier ist gefährlich: was passiert, wenn ich sterbe? Ich bin kein Pfadfinder und auch sonst hält sich mein Wissen über Überlebenstaktiken in der Wildnis in Grenzen. Ich sollte schnellstmöglich herausfinden, wie ich hierhergekommen bin; und ich habe das Gefühl, dass das mit Sanya und ihrem „Verschwinden“ zu tun hat. Und vielleicht auch mit Graik. Wo ist er?

Aus einem merkwürdigen Reflex heraus, will ich den Bogen auf meinem Rücken richten; und greife ins Leere. Huh? Ich sehe über meine Schulter, nichts. Mein Bogen ist …

Ich überleg angestrengt. Habe ich ihn gestern vom Rücken genommen, als ich mich hingelegt habe? Ich glaube nicht. Was eigenartig ist. Wie kann man mit Bogen auf dem Rücken schlafen? Wahrscheinlich Gewohnheit oder so. Es erklärt aber nicht, wo der Bogen jetzt ist.

Ich taste die Pritsche ab, sehe unter die Decken und Felle – nichts. Nun gut, er kann mir grundlegend nicht vom Rücken gerutscht sein. Das geht nicht, auf Grund der Art wie er „befestigt“ war. Die einzige Möglichkeit ist dementsprechend, dass ihn jemand genommen hat, oder? Da nur Rost und Aloy hier waren schränkt, dass die Verdächtigen ein. Aber warum sollte einer der beiden meinen Bogen genommen haben?

„Guten Morgen!“, tönt es fröhlich und reißt mich aus meinen Gedanken. Aloy steht im Raum und lächelt mich an.

Der Moment für mich alleine in dem ich ungestört nachdenken konnte ist vorbei. Ich stehe auf und strecke mich ein wenig.

„Guten Morgen“, grüße ich zurück und lächle ebenfalls.

„Danke für gestern“, beginnt die Teenagerin zu reden, während sie ein wenig Ordnung im Raum schafft. „Rost ist oft so … so …“ Sie ringt um Worte und seufzt.

Ah, ich weiß, was sie meint. „Hör mal, Aloy, ich verstehe, dass dich sein Verhalten und seine Bevormundung manchmal nerven oder verletzen; aber dir ist schon klar, dass er das nicht macht, um dich zu ärgern?“

Sie hält inne und denkt kurz nach, dann lässt sie Schultern ein wenig hängen. „Ja“, nörgelt sie. „Aber er meint es einfach zu gut. Ich bin doch kein Kind mehr. Außerdem ist die Erprobung der einzige Weg, dass die Stammmütter mir meinen Wunsch erfüllen.“

In einem Anflug von Empathie und Muttergefühlen gehe ich zu ihr und nehme sie kurz in den Arm. Ich spüre, dass sie einen Augenblick verwirrt und überfordert ist davon, dann erwidert sie die Geste zögerlich.

Ich vermute, dass „in den Arm genommen werden“ nichts ist, was sie oft erlebt hat. Rost ist ein guter Kerl, aber in dieser Welt dürften solche Dinge generell zu kurz kommen. Und ohne Mutter bzw Frau steht er ganz allein mit allen Aufgaben des täglichen (Über)Lebens da, sich da noch Zeit für so etwas zunehmen dürfte fast unmöglich sein.

„Er macht sich halt Sorgen“, erkläre ich, nachdem ich sie wieder losgelassen habe. „Die Erprobung ist nicht ungefährlich, und die Vorbereitung dafür auch nicht. Versuche einfach, ab und zu ein bisschen Verständnis zu zeigen.“

„Wozu?“, fragt sie mich irritiert.

Ich muss schmunzeln. Egal wie, wo und zu welcher Zeit: Teenager sind scheinbar immer gleich. „Weil er dann vielleicht auch ab und zu etwas Verständnis zeigt“, stelle ich als mögliches Ergebnis vor.

Aloy zuckt mit den Schultern. „Mal sehen“, murmelt sie.

Nachdem sie den Raum fertig aufgeräumt hat, setzten wir uns und essen die Reste vom gestrigen Eintopf. Es ist nicht mehr viel, aber besser als nichts.

Plötzlich fällt mir eine Kleinigkeit auf, der ich noch nie Beachtung geschenkt habe: Aloy hat keine typische blaue Kriegsbemalung im Gesicht. Ich grüble tatsächlich einige Augenblicke darüber nach, ob die anderen Kids im Prolog des Spiels die Nora-Bemalung bereits hatten; ich glaube ja. Sie hat keine, weil sie nie ein Mitglied des Stammes war … Apropos Nora.

„Wo ist Rost eigentlich?“, frage ich.

„Der ist schon los: jagen“, erklärt Aloy. „Ich muss dann auch gleich los, ich muss Beeren und Wurzelgemüse sammeln.“

Mein Blick fällt auf den Topf, der jetzt leer ist. Mir wird mir plötzlich etwas schmerzlich bewusst: ohne mich hätten sie wahrscheinlich zwei Tage davon leben können, aber jetzt …

Mein Gewissen meldet sich. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, was es in dieser Welt bedeutet, jemanden zu beherbergen. Wir gehen einfach in einen Laden und kaufen uns unser Essen, aber hier muss jeder Bissen mühsam gesammelt, gejagt und bearbeitet werden. Dadurch, dass ich hier war, habe ich den beiden erhebliche Mehrarbeit verschafft …

„Ich würde gern noch bleiben, aber ich habe viel zu tun.“ Aloy steht auf, wäscht unsere Schüsseln kurz aus und nimmt dann ihre Sachen. Als sie nach ihrem Bogen greift, fällt mir etwas ein.

„Hast du meinen Bogen gesehen? Gestern Abend hatte ich ihn noch, aber jetzt …“

Die Teenagerin runzelt die Stirn und sieht sich um. Dann greift sie in ihre Tasche und holt ihren Fokus hervor, klemmt ihn sich ans Ohr und aktiviert ihn.

Stimmt, das hatte ich total vergessen. Sie besitzt den ja bereits, seit sie Klein war.

Während sie den Raum scannt, überlege ich fieberhaft, ob ich jetzt erstaunt oder entsetzt reagieren müsste. Da Aloy ihren Fokus, zumindest meiner Erinnerung nach, im Spiel immer recht offen getragen hat, dürfte Sanya davon wissen. Aber wie steht sie dazu? Schnell versuche ich mir eine logische Reaktion zusammen zu basteln.

Ich bin offenbar erst seit einigen Monaten eine Ausgestoßene. Ich nehme an, dass ich vorher ein „ordentliches“ Stammesmitglied war und mit den entsprechenden Ansichten großgezogen wurde, auch wenn der Traum letzte Nacht mir einen anderen Eindruck vermittelt hat. Also sollte ich zumindest „Bedenken“ äußern, oder?

„Solltest du das so einfach nutzen? Es ist von den Alten und könnte gefährlich sein“, sage ich bemüht misstrauisch.

„Du hörst dich gerade an wie Rost“, werde ich angemault.

Autsch, der hat gesessen. Ich ziehe den Kopf ein und seufze. Zumindest fand sie meine Bemerkung nicht merkwürdig, was mich ein wenig beruhigt.

„Da ist er“, sagt Aloy stolz und deutet auf eine Ecke.

Tatsächlich, etwas versteckt hinter einem Balken lehnt mein Bogen an der Wand. Das ist merkwürdig. Wie ist er denn auf die andere Seite des Raums gekommen? Oder generell von meinem Rücken verschwunden? Mich überkommt Misstrauen und nehme ich ihn argwöhnisch in die Hand. Ich sehe ihn mir ganz genau an. Er ist intakt und auch sonst ist nichts Auffälliges zu erkennen. Alles wirklich eigenartig.

„Ich muss aber jetzt wirklich los“, sagt die Teenagerin und ist schon auf dem Sprung und öffnet die Tür.

„Ich würde dich gern begleiten“, sage ich noch etwas gedankenverloren, während ich den Bogen auf meinen Rücken packe.

„Wirklich?“, fragt sie überrascht und begeistert zu gleich.

„Ja, ich muss meinen Reiseproviant auffüllen und nachdem ich die Nacht hierbleiben durfte, ist es doch das mindeste, dass ich dir helfe“, erkläre mit einem sanften Lächeln.

„Du kannst auch etwas von uns haben. Wir haben noch Brot, falls du möchtest.“

„Rost würde dir etwas erzählen, wenn er erfährt, dass du euer Essen verschenkst“, lache ich. Mein Blick geht zu dem leeren Topf, in dem eigentlich noch Essen sein sollte. Ich mache eine ablehnende Geste mit der Hand. „Ihr habt euer Abendessen mit mir geteilt, das ist schon mehr, wie ich hätte erwarten können.“

Aloy zuckt mit Schultern und geht zur Tür hinaus. Ich sammle schnell meine Taschen ein und folge ihr.

Überwindung

Wir verlassen die Hütte und die morgendliche Kälte lässt mich kurz schaudern. Die Sonne geht gerade erst auf und der Himmel beginnt sich in zartes Rosa zu färben. Durch das Gebirge rund um die Hütte ist aber weder von Sonne noch von Wärme irgendwas zu sehen oder zu spüren.

Aloy läuft vor und verlässt den umzäunten Bereich. Allerdings gehen wir nicht da hinaus, wo ich gestern reingekommen bin. Wir gehen rechts an der Seite hinaus.

Okay, wir gehen offensichtlich in das Tal, das hinter dem Haus liegt. Das Tal, in dem der Prolog spielt. Ich bin nicht böse darüber, weil ich davon ausgehe, dass wir dort niemandem über den Weg laufen. Ich weiß immer noch nicht, was ich hier mache, was mit Sanya ist und überhaupt irgendwas. Daher möchte ich im Moment eher vermeiden noch mehr Nora zu begegnen, um nicht unangenehm aufzufallen. Also mehr noch, wie man als Ausgestoßene eh schon auffällt. Und, es könnte mir die Chance geben, etwas auszuprobieren, dass noch überlebenswichtig für mich werden könnte.

Wir kommen an dem Pfad an, der in Schlangenlinien den Berg hinunterführt. Der Ausblick von hier oben auf die Schlucht ist atemberaubend. Der sanfte Nebel steigt auf und verleiht dem ganzen etwas Mythisches. Es wirkt friedlich und einfach nur schön.

„Sanya?“

Ich sehe zu Aloy, die einige Meter weiter steht und mich fragend mustert. Ich sollte nicht so fasziniert von dem Ganzen sein, weil ich das wahrscheinlich schon oft gesehen habe, oder? Ein wenig verlegen lächle ich und laufe weiter.

Es geht den steinigen Pfad entlang und ich muss mich wirklich sehr auf meine Füße konzentrieren. Stolpern und Hinfallen wäre ziemlich auffällig und uncool. Ich bin froh, dass der Wächter, der sonst auf halber Strecke Patrouille läuft, nicht da ist. Keine Ahnung, was wir gemacht hätten, wenn er da gewesen wäre.

„… später dann noch eine Übung für die Erprobung?“, frage ich, während wir uns dem Ende des Pfades allmählich nähern.

„Ja, vorausgesetzt, Rost schickt mich nicht wieder wegen irgendetwas los“, erklärt Aloy seufzend.

„Um der kauzigen Grata etwas zu bringen?“, lache ich. Ich bin glücklich, dass ich erst vor kurzem wieder neu mit dem Spiel angefangen habe, ansonsten wäre mir der Name der alten Lady oben auf dem Berg wahrscheinlich gar nicht mehr eingefallen.

Die Teenagerin stöhnt genervt bei der Erwähnung des Namens. „Ich würde mir wirklich wünschen, sie würde sich einfach mal bedanken, anstatt immer vor sich hin zu schwafeln, dass die Sachen, die ich für sie erledige, sich von selbst erledigt hätten als wäre es ein Geschenk der Urmutter. Was ist so schwer daran einfach: Danke, Aloy zu sagen?“

Ich muss herzlich lachen, was mir einen bösen Blick von meiner Gesprächspartnerin einbringt. „Ich verstehe dich, aber Grata wird sich nicht mehr ändern.“

Als wir unten angekommen sind, blinzelt die Sonne geradeso über die Gipfel des Gebirges und wirft einen schmalen Streifen Licht in die Schlucht.

„Ich gehe weiter rein“, erklärt Aloy und zeigt Richtung Ende der Schlucht. „Weiter hinten habe ich einige Beeren gefunden. Das letzte Mal waren sie noch nicht reif, aber jetzt sollten gut sein.“

„Ich schaue mich hier etwas um und komme dann nach“, sage ich lächelnd.

Die Teenagerin nimmt meine Aussage kommentarlos, wenn auch etwas schmollend, hin und zieht von dannen.

Endlich allein nehme ich mir den Augenblick und staune. Im sanften Licht des frühen Tages wirkt die Schlucht unfassbar malerisch. Der klare Bach murmelt leise, die Blätter der Bäume rascheln im Wind und die letzten Nebelschwaden hängen über den Gräsern und Farnen. Ich erinnere mich genau, wie ich im Spiel nach dem Prolog das erste Mal hier war und wie unfassbar schön ich es fand. Jetzt in „echt“ ist es noch großartiger und überwältigend.

Nach einigen Minuten stillen Staunens atme ich durch und besinne mich auf das, was ich eigentlich vorhabe. Ich habe Aloy nicht in den hinteren Teil der Schlucht begleitet, um die Landschaft zu bestaunen, also los jetzt.

Ich hole den Bogen von meinem Rücken und betrachte ihn. Offenbar funktioniert das mit dem Bogen auf den Rücken packen oder ihn abnehmen nach dem Prinzip des Muskelgedächtnisses, denn ich persönlich habe keine Ahnung wie das geht. Die Frage, die mich beschäftigt, ist, ob eventuell auch das Schießen so funktioniert. Oder andere handwerkliche Fähigkeiten. Ich muss das unbedingt herausfinden, weil mein Überleben womöglich davon abhängen wird. Nicht „womöglich“, sondern mit ziemlicher Sicherheit sogar. Da ich keine Ahnung vom Leben in der Wildnis habe, wäre es zumindest beruhigend zu Wissen, dass ich auf die ein oder andere Fähigkeit von Sanya zurückgreifen kann.

Ich schließe die Augen und atme durch. Ich nehme einen Pfeil aus dem Köcher und lege ihn an die Sehne. Mit gesenkten Bogen fasse ich nervös einen Baumstumpf in der Nähe ins Auge.

Ich habe mehr Angst, wie ich mir eingestehen möchte. Wenn sich jetzt herausstellt, dass es nicht funktioniert, bin ich völlig am Arsch. Was mach ich dann? Ich werde wohl kaum im Rekordtempo von wenigen Minuten lernen, wie das geht … Was für Optionen hätte ich dann noch? Angst und Zweifel beginnen mich aufzufressen. Meine Kehle ist zu geschnürt, meine Augen sind feuchter als sie sein sollten und mein Magen fühlt sich flau an.

Ich puste durch und versuche mich zu beruhigen. Augen auf den Baumstumpf, durchatmen, Bogen hoch, nochmal durchatmen, Sehne spannen, konzentrieren …

Ich entspanne die Sehne wieder, ohne zu schießen. Scheiße bin ich nervös. Ich muss mich zusammenreißen, sonst wird das nichts; egal ob mit Sanya oder ohne sie. Mehrfach atme ich tief ein und versuche den Kopf freizumachen. Los jetzt!

Augen auf den Baumstumpf, durchatmen, Bogen hoch, nochmal durchatmen, Sehne spannen, konzentrieren. Im nächsten Moment zischt der Pfeil los, ohne dass ich mir dessen wirklich bewusst bin. Im Bruchteil einer Sekunde hämmert er in das Holz; und ich fluche direkt. Das dumpfe Geräusch lässt mir schlagartig bewusstwerden, dass das nicht gesund für den Pfeil war. Mist! Ich hätte mir etwas Weiches als Übungsziel aussuchen sollen. Die Freude, dass ich getroffen habe, stellt sich dadurch erst gar nicht ein, eher tiefe Enttäuschung über meine Dummheit.

Ich gehe mit schnellen Schritten zum Baumstumpf und ziehe den Pfeil heraus. Die Spitze ist völlig verbogen und damit unbrauchbar. Klasse gemacht, Anja, wirklich klasse.

Nun gut, zumindest das Bogenschießen funktioniert offenbar, denn ich habe exakt den Punkt getroffen, den ich anvisiert habe. Das beruhigt mich ein wenig.

Jetzt sollte ich aber zu sehen, dass ich etwas Essbares finde, anstatt noch mehr Zeit zu verschwenden. Die Pflanzen hier kenne ich nicht, oder nur kaum, dementsprechend ist mir das Risiko zu groß etwas Giftiges oder Unbrauchbares zu sammeln. Ein Säugetier jagen traue ich mich ehrlich nicht, zumindest stand jetzt. Wie das vielleicht in einigen Tagen aussieht, weiß ich nicht; will ich eigentlich auch gar nicht. Ich will nach Hause … Meine Emotionen brodeln und ich versuche mich wieder zu beruhigen. Jetzt in Heimweh und Sorgen zu versinken, hilft mir nicht. Ich tröste mich damit, dass meine Männer weit weg und in guten Händen sind. Und ich maximal meinen Job verliere, wenn ich Montag nicht auf Arbeit gehe. In dem Augenblick kommt mir der Gedanke, dass mich spätestens Montag ja meine Kollegen vermissen werden. Ob die meine ungemeldete Abwesenheit einfach so hinnehmen werden? Ich habe noch nie unentschuldigt gefehlt …

Schluss jetzt! Ich nehme den verbeulten Pfeil mit und gehe etwas weiter in die Schlucht, zu einem Punkt, an dem der Bach einige ruhige Nebenstellen hat. Ich bin mir fast sicher, dass es im Spiel hier keine Fische gab, aber jetzt in „echt“ könnte ich vielleicht Glück haben. Und tatsächlich sehe ich im klaren Wasser welche.

Ich hocke auf einem Stein am Ufer und sehe von den Fischen zu dem verbeulten Pfeil in meiner Hand. Wenn ich ihn etwas begradige, könnte er auf kurze Distanz noch funktionieren. Hoffe ich zumindest. Ich gehe etwas weg, um die Fische nicht zu verschrecken und suche mir einen handlichen Stein. Mit ein paar Schlägen schaffe ich es die Spitze zumindest halbwegs wieder in Form zu bringen, eine wellige und schiefe, aber zum Probieren reicht es.

Ich schleiche zurück zum Bach und mache einen langen Hals. Ja, die Fische sind noch da.

Ich nehme meinen Bogen, lege den Pfeil an die Sehne, visiere mein Ziel an. Schnell und, für mich mental, unvorbereitet schieße ich. Mein Körper, also Sanyas Körper, scheint tatsächlich einstudierte Abläufe abzurufen. Freut mich zwar im ersten Moment, im nächsten allerdings fühle ich mich überfordert.

Ich greife zögerlich nach dem Holz, das aus dem Wasser ragt, und betrachte das arme Ding, dass am Ende zappelt. Der Fisch ist etwa 30 Zentimeter lang und hat etwas karpfenähnliches an sich. Der Pfeil steckt neben seiner Rückenflosse und hat damit alles verfehlt was lebensnotwendig ist. Ich greife mir einen Stein, halte den Pfeil fest, um den Fisch an Ort und Stelle zu behalten und hole aus.

Mit der erhobenen Hand starre ich den Fisch an und er starrt zurück. Das arme Tier zappelt und leidet stumm. Und ich mit ihm. Ich wünschte ich hätte den Kopf getroffen und es wäre direkt tot gewesen. Die Situation, in der ich nun stecke, macht mir mental fürchterlich zu schaffen. Nichts widerstrebt mir mehr, wie einem Lebewesen Schmerzen zu bereiten, aber es Leiden zu lassen widerstrebt mir genauso. Trotzdem schaffe ich es erstmal nicht den Schlag auszuüben, weil ich fürchte, dass ich es nicht schaffe sein Leiden mit einem Hieb zu beenden und ihm dadurch noch mehr Schmerz bereite. Genau deswegen war mein erster Gedanke mich mit einem Fisch zu versuchen. Wäre das hier vor mir ein Säugetier oder Vogel, würde es Geräusche von sich geben und das würde ich wahrscheinlich gleich gar nicht verkraften.

Aber es muss sein. Ich muss essen. Und ich muss lernen das hier zu tun, ob ich will oder nicht. Ich werde nicht dauerhaft nur von Gemüse und Pflanzen leben können. Ich werde jagen und töten müssen, wenn ich gesund und kräftig bleiben will. Und das muss ich, wenn ich herausfinden will, was hier los ist. Ich muss dafür sorgen, dass Sanyas Körper fit bleibt. Für mich und irgendwie auch für sie.

Ich schlucke den Kloß in einem Hals hinunter, atme durch und schlage zu. Erstaunt stelle ich fest, dass ich offenbar die richtige Stelle mit genügend Kraft getroffen habe, zumindest ist das Leiden des Fisches beendet. Ich vermute mal, dass es eher Sanyas Fähigkeiten geschuldet ist, dass das funktioniert hat. Oder ich hatte Glück.

Mein Magen rebellier und ich habe zu tun, dass ich mich nicht übergebe. Das war grausam und schrecklich und wenn ich das nie wieder machen müsste, wäre es immer noch zu viel. Der Gedanke, dass ich es aber noch öfter machen werde muss, sorgt für ein ungutes Gefühl des Selbsthasses.

Ich bemüh mich, mich mental irgendwie von dem Ganzen zu distanzieren, um weiterzumachen.

Ich ziehe den Pfeil heraus und lege den Fisch beiseite. Vorsichtig sehe ich nach, ob ich noch einem Fisch entdecke oder ob die anderen bereits auf und davon sind. An der Stelle sind natürlich keine mehr, aber in einiger Entfernung sehe ich einen hinter einem Stein in der Strömung stehen.

Ich sehe mir die wellige Spitze des Pfeils an seufze. Das wird nichts, zumindest nicht auf die Distanz. Ich lege diesen also weg und nehme mir einen neuen. Ich stelle mich aufrecht hin, um einen besseren Blick zu haben, visiere den Fisch an und zack.

Ich sammle den Pfeil mit meiner Beute ein. Und grusele mich einen Augenblick vor mir selbst, als ich merke, wie ich mich über den Umstand freue, dass ich diesmal perfekt den Kopf getroffen habe. Ich ziehe den Pfeil heraus und lege den Fisch zu dem ersten. Anschließend sehe mich nochmal um. Nichts.

Okay dann sollte ich mich erstmal um die beiden kümmern die ich habe. Ähm, ausnehmen, sauber machen. Vor allem die Schuppen nicht vergessen runterzuschaben. Wer hätte gedacht das es sich mal auszahlt, dass ich früher mit auf Angelausflügen war, obwohl ich nicht geangelt habe. Zumindest habe ich das theoretische Grundwissen und mit Sanyas Fähigkeiten hoffentlich die nötigen Fertigkeiten.

Den zweiten Pfeil wasche ich ordentlich ab und inspiziere die Spitze. Sie sieht gut aus und ich packe ihn wieder in den Köcher. Meinen Testpfeil nehme ich auseinander. Die Scherbe ist zwar wellig, aber zum Aufschneiden der Fische dürfte sie gehen. Ich schärfe eine Seite an einem Stein an, zumindest, soweit es geht.

Während mich das Töten des Tieres wahnsinnig viel Überwindung gekostet hat, macht mir das Aufschneiden eher weniger Probleme. Ja, Innereien sind eklig, aber das verkrafte ich problemlos. Ich nehme alles raus und passe auf, dass alles dabei ganz bleibt. Ich bin mir nicht mehr sicher, aber irgendwas sollte nicht kaputt gehen, weil es sonst das Fleisch ungenießbar macht. Oder ich täusche mich und es ging dabei um etwas anderes. Nachdem Fisch eins leer ist, kümmere ich mich um den Zweiten. Ich wasche die beiden anschließend im Bach ordentlich aus, rasple die Schuppen runter und wasche sie erneut.

Die Sonne steht inzwischen ziemlich weit oben; ich habe offenbar länger für alles gebraucht, wie ich gedacht habe. Ich zögere kurz, als ich je einen Finger meiner linken Hand unter die Kiemendeckel meiner Beute stecke. Sie auszunehmen hat mich nicht gestört, aber meine Finger da reinzustecken kostet mich etwas Überwindung.

Mit meinem Fang an meiner Hand baumelnd mache ich mich auf den Weg.

Haarscharf

Ich gehe weiter in die Schlucht hinein und nach einigen Minuten finde ich ein kleines Lager. Es liegt oberhalb einer Wiese, auf der einige Bäume stehen.

Ich erinnere mich direkt an mehrere Dinge. Zum einem an das Lager, bei dem ich im Spiel irgendwie erwartet hatte, dass es etwas damit auf sich hat und dann enttäuscht war, dass es einfach nur ein random Ort ist. Zum anderen sind hier im Game zwei Wächter. Mit etwas Glück konnte man einen lustigen Bug sehen, wenn man den einen tötete. Der hing dann gerne mal mitten in der Luft fest, nachdem er das zeitliche gesegnet hatte.

Zu meinem Glück sind die Maschinen nicht da und das Lager scheint Aloy und Rost zu gehören. Zumindest finde ich die Tasche der Teenagerin und einige frisch geerntet Pflanzen vor. Ich nehme mir zwei Seile an denen Haken befestigt sind und packe die Fische daran, um sie aufzuhängen.

Ich sehe mich um, finde aber die Teenagerin nirgends. Dieser Umstand verwundert mich, da der Ort erhöht ist um man recht weit sehen kann. Und weil ihre Tasche hier ist. Wie weit ist sie denn in die Schlucht gelaufen und warum? Vor allem ohne ihre Sachen … Mich überkommt ein ungutes Gefühl und ich laufe weiter.

Als ich das Lager nicht mehr sehen kann und immer noch keine Aloy in Sicht ist, rufe ich laut nach ihr. Mehrfach, auch auf die Gefahr hin, dass ich Irgendwas dadurch auf mich Aufmerksam mache. Ich mache mir mehr Sorgen um die Teenagerin wie um mich. Der Gedanke, dass ihr etwas passiert ist, nagt an mir.

Ich laufe immer weiter, bis ich an einem weiteren breiten Bereich der Schlucht ankomme. Eine kleine Brücke führt über einen Nebenarm des Bachs. Weiden stehen zu beiden Seiten, alles wirkt friedlich.

Ich bleibe stehen und rufe wieder. Der Bach plätschert, irgendwo singen ein paar Vögel und das Schilf am Ufer raschelt. Ansonsten herrscht Stille.

Das darf doch nicht wahr sein! Wo steckt sie nur?

Plötzlich ist hinter mir ein dumpfes Geräusch. Ich erschrecke mich fürchterlich und habe einen Augenblick wirklich Todesangst, doch dann ist herzliches Gelächter zu hören. Fassungslos drehe ich mich um und finde eine lachende Aloy vor.

„Bist du verrückt mich so zu erschrecken?“, empöre ich mich.

„Ich wusste gar nicht, dass du so schreckhaft bist“, kichert die Teenagerin. „Das war wirklich lustig!“

Schönen dank auch! Ja, ich bin schreckhaft und ja, dass belustigt viele Menschen in meinem Umfeld öfter wie mir lieb ist, aber deswegen muss ich mich nicht von einem Kind auslachen lassen!

„Ich habe mir Sorgen gemacht“, murre ich unzufrieden. „Dein Kram liegt im Lager und von dir war weit und breit nichts zu sehen!“

Hui, meine mütterlichen Vorwurfsfähigkeiten haben sich offenbar ein neues Opfer auserkoren. Und das genervte Seufzen von Aloy erinnert mich allzu sehr an meinen Sohn. Ich sollte mich wirklich zurücknehmen.

„Wo warst du?“, frage ich bemüht ruhig und füge noch an: „Wenn etwas passiert wäre, wärst du aufgeschmissen gewesen ohne deine Tasche und alles.“

Die Teenagerin hält ein totes Eichhörnchen an seinem Puschel-Schweif hoch. „Es hat mir meinen Fokus gestohlen. Ich musste mich beeilen sonst wäre es weg gewesen.“

Jetzt kann ich mir ein genervtes Seufzen nicht verkneifen. Kinder und ihr Multimedia-Spielzeug, da vergessen die echt alle Gefahren.

„Ich habe dich gerufen! Du musst mich doch gehört haben“, murre ich genervt.

Aloy grinst breit. „Habe ich auch.“

Einen Moment bin ich verleitet sie anschnauzen, besinne mich aber. Das bringt mit ziemlicher Sicherheit eh nichts. Außerdem ist es auch nicht meine Aufgabe. Und ich wollte mich ja zurück nehmen, von daher.

„Okay, lass uns zurückgehen. Ich habe zwei Fische gefangen und würde die ungern einbüßen …“, erkläre ich.

„Siehst du, du hast auch einfach etwas zurückgelassen“, fährt sie über den Mund und grinst auch noch triumphierend. „Du brauchst dich also gar nicht so aufzuregen.“

Ich sehe sie finster an. „Ich habe etwas zu Essen zurückgelassen, weil ich um ein Menschenleben gefürchtet habe. Du hast deinen gesamten Besitz zurückgelassen, für ein Spielzeug der Alten“, knurre ich sauer. „Was würdest du jetzt tun, wenn du zum Lager zurückkehrst und alles ist weg?“

Funktioniert super mit dem Zurücknehmen …

„Ihr alten Leute seid alle gleich“, werde ich augenrollend angemault. Wütend stampft die Teenagerin davon.

Und ich bleibe erstmal wütend zurück. Ich bin wütend, weil Aloy nicht verstehen will, was ich ihr eigentlich mitteilen wollte. Aber ich bin nicht auf sie wütend, sondern auf mich; weil ich deswegen wütend bin. Ich bin wütend, weil ich wütend bin – absurd eigentlich. Aber, dass mich ihr Verhalten emotional trifft, sorgt für ein groteskes Gefühlschaos und deswegen bin ich wütend. Und, weil ich nicht auf mich selbst höre. „Nimm dich zurück! Die Kleine geht dich nichts an, du hast eigene Sorgen!“, versuche ich mir ein Mantra zurecht zu legen, als ich ihr hinterherlaufe. Ich muss mich emotional von ihr distanzieren, sonst werde ich noch verrückt.

Mir kommt der Gedanke, dass dieses projizieren meines Mutterdaseins womöglich ein Versuch meines Geistes ist, das alles erträglicher zu machen. So nach dem Motto: hier, sorge dich um ein fremdes Kind, um nicht zu viel nachzudenken. Ich meine, ich kenne sie nicht und trotzdem scheine ich das Bedürfnis zu haben mich um sie zu kümmern. Etwas, das echt eigenartig ist, weil ich eigentlich jemand bin, der mit fremden Kindern eher nichts anzufangen weiß …

Durch meine Grübelei laufe ich beinahe in die Teenagerin, die einfach stehen geblieben ist. „Was ist …?“ Ich frage nicht zu Ende, als ich sehe, warum sie da wie angewurzelt steht.

Nein, man hat nicht ihre Sachen gestohlen und auch die Fische hängen immer noch da. Diese friedliche Naturszene wird von völlig unpassenden metallischen Geräuschen untermalt und lässt sie dadurch befremdlich wirken. Eine Läufer-Herde hat sich auf der Anhöhe niedergelassen. Sie stehen direkt neben dem Lager, als würden sie dahin gehören. Als wäre es ihr verdammtes Lager.

„Scheiße“, höre ich es neben mir flüstern.

Ich bin stolz auf mich, dass ich es schaffe mir das „Habe ich es nicht gesagt?“ zu verkneifen. Gerade als ich sagen will, dass es vielleicht nur halb so schlimm ist, kommt ein Wächter angelaufen und beginnt seine Patrouillenrunden zu drehen. Ich stöhne genervt und kratze mich am Kopf.

„Was machen wir jetzt?“, fragt Aloy und sieht mich unsicher an.

„Das ist eine verdammt gute Frage. Erstmal aus dem Sichtbereich des Wächters verschwinden, würde ich sagen.“ Ich sehe mich um und deute auf einen großen Felsen in der Nähe des Bachs.

Langsam und gebückt schleichen wir hinunter und positionieren uns.

Und nun?

Aloy hat nicht nur ihre Tasche, sondern auch ihren Bogen im Lager gelassen. An ihrem Gürtel befindet sich lediglich eine Zwille, mit der sie wahrscheinlich das Eichhörnchen erlegt hat. Das haben wir auch noch, allerdings wird uns das wenig helfen. Maschinen essen nichts, also können wir es nicht als Köder benutzen.

Ich habe meinen Bogen. Und die Sprengfalle, wie mir einfällt. Aber weder das eine noch das andere möchte ich nutzen. Die Sprengfalle ist mir zu unsicher und ich will mich nicht zu sehr auf Sanyas Fähigkeiten verlassen, weil ich sie nicht einschätzen kann und weil ich nicht weiß, wie „sicher“ ich auf sie zugreifen kann. Die Situation ist mir einfach zu heikel für solche Experimente.

„Was nun?“, fragt die Teenagerin mich ungeduldig. Sie sieht mich an als wäre ich der Heiland, der all ihre Probleme lösen kann.

„Ruhe bewahren und nachdenken“, antworte ich, um Zeit zu schinden und ernte ein Augenrollen.

„Wie Rost“, murmelt sie leise und vorwurfsvoll, als wäre das etwas Schlechtes.

„Schon mal darüber nachgedacht, dass Rost nur so alte geworden ist, weil er die Dinge so handhabt?“ Ich bemühe mich, mich nicht zu sehr von ihr nerven zu lassen und etwas auszutüfteln, dass weder Aloy noch mich gefährdet. „Ich wünschte ich wäre zu Hause“, murmle ich schwermütig vor mich hin.

„Du hast wenigstens eins, zu dem du zurückkannst“, kommt es gepresst von meiner Gesprächspartnerin.

Ich bin im ersten Moment völlig überrumpelt und will fragen, woher sie das weiß, bis mir im letzten Augenblick bewusst wird, worauf sie das bezogen hat. Sie meinte nicht mein zu Hause, also meine Welt, sondern das Ausgestoßen-Sein. Mir kommt spontan eine wahnwitzige Idee. Es nicht ganz risikofrei, aber handlebar. Vielleicht habe ich die Chance, zumindest einige Kleinigkeiten in Erfahrung zu bringen, ohne mir die Blöße zu geben.

Ich seufze und flüstere: „Ich wünschte Graik wäre hier.“

„Er ist doch nach Norden aufgebrochen, nachdem ihr Ausgestoßene wurdet“, sagt Aloy grübelnd.

Ich sehe sie erstaunt an.

Sanyas Bruder hat also das Nora-Gebiet verlassen? Das bedeutet, dass es für ihn kein Zurück mehr gibt. Für Rost wurde damals die Ausnahme der Ausnahmen gemacht, nachdem er das Heilige Land verlassen hatte; Graik wird wahrscheinlich eher nicht in den Genuss kommen. Also wird Sanya ohne ihren Bruder zurechtkommen müssen. Woher ich die Gewissheit nehme, dass sie und Graik ein gutes Geschwisterverhältnis haben oder hatten, weiß ich nicht so genau, aber irgendwie fühle ich es. Oder es liegt an dem Traum, den ich hatte. Da hat ihr Bruder auf mich einen fürsorglichen Eindruck gemacht.

Die Teenagerin scheint ihre eigene Interpretation meiner Mimik zu haben. Sie wirkt plötzlich verlegen und senkt den Blick. Sie zupft an ihrer Weste herum und murmelt: „Ich … also … ich habe dich und Rost an dem Abend gehört.“

Häh? Wovon redet sie? Ich kann mir so gar keinen Reim auf das machen. Ich ziehe die Augenbraue skeptisch hoch und mustere Aloy. „Was hast du noch gehört?“, frage ich.

„Nichts. Ich hatte den Namen deines Bruders gehört und war neugierig, weil ich nicht wusste, wer das ist. Aber mehr, wie das er Richtung Banuk-Gebiet aufgebrochen ist, habe ich nicht mitbekommen.“ Sie sieht mich schuldbewusst an. „Ich weiß, dass man nicht lauscht. Rost hat mich damals schon geschimpft deswegen“, erklärt sie geknickt und zieht den Kopf ein.

„Schon gut, ist ja schon etwas her“, versuche ich sie zu beruhigen.

Ich bin zwar etwas schlauer, aber wirklich weiter hilft mir das nicht. Aber warum hat Graik das Nora-Gebiet verlassen? Und dadurch auch seine Schwester? Was um Himmelswillen ist vorgefallen, dass er so einen drastischen Schritt gemacht hat?

Ich sollte mich jetzt aber erstmal ganz dringend mit dem Problem vor meiner Nase beschäftigen. Ich sehe um den Felsen herum und beobachte den Wächter. Er läuft seitlich an der Herde entlang, den Hang hinunter zur Wiese, umrundet einen der Bäume und geht dann zurück zu den Läufern.

Okay, und nun? Was fange ich mit dieser Information an? Mein Blick wandert zu den Läufern die da stehen und grasen, oder was auch immer die da tun. „Die Läufer könnten wir erschrecken“, überlege ich laut.

„Sie fliehen und der Wächter folgt ihnen“, beendet Aloy meine Idee ziemlich begeistert.

Zumindest haben wir jetzt einen groben Plan. Und prinzipiell hört er sich gut und auch machbar an. Und er gefährdet uns nicht zu extrem – zumindest, wenn alles funktioniert.

Und wenn nicht?, flüstert es böse in meinem Kopf.

Ich bin mir bewusst, dass es hier nicht wie im Game laufen wird. Sollte mich der Laser des Wächters erwischen, werde ich nicht wieder aufstehen, mir ein paar Beeren reinpfeifen und weiter geht’s. Nein, ich werde tot auf der Wiese enden. Ähnlich dürfte es bei einem Tritt der Läufer sein. Das sind immerhin Maschinen. Die haben wesentlich mehr Kraft wie ein Pferd, und bereits ein Tritt von denen kann tödlich sein. Und eine Garantie, dass die Läufer wirklich weglaufen, gibt es auch nicht. Manchmal greifen sie eben auch an, anstatt das Weite zu suchen.

Mich verlässt allmählich der Mut, weil die Konsequenzen katastrophal sein werden, wenn etwas schief geht. Erfahrungsgemäß ist Warten aber keine Option, wenn die Herden einmal irgendwo hocken, dann bleiben die meistens auch da. Ich fasse mir ein Herz und rede mir mental gut zu.

„Ich locke den Wächter weg und du verscheuchst die Läufer“, beschließe ich überzeugt.

„Das wird nichts, dafür bin ich zu klein“, widerspricht mir Aloy. „Ich lenke den Wächter ab und du verscheuchst die Läufer.“

Der Ton der Teenagerin gefällt mir gar nicht. Er klingt verdächtig nach Finte. „Nein“, sage ich streng und sehe sie an. „Rost wird mich töten, wenn dir etwas passiert.“

„Mir passiert nichts. Außerdem ist das eine gute Übung für die Erprobung“, widerspricht sie mir sofort. Bockig verschränkt sie die Arme und starrt mich an.

„Nein“, knurre ich.

„Aber …“

„Nein.“

Diskutieren ich hier gerade wirklich mit einem Kind darüber, wer sich einer Maschine womöglich zum Fraß vorwirft? Das ist an Absurdität kaum zu überbieten.

„Warum …“, nörgelt die Teenagerin.

„Nein!“

„Das ist doch däm…“

Der Rest vom Satz geht in unverständliches Gemurmel über, weil ich Aloy die Hand vor den Mund halte. Panisch sehe ich sie an, halte mir selbst den Zeigefinger vor die Lippen und im nächsten Moment weiten sich ihre Augen ebenfalls.

In unserer direkten Nähe hört man deutlich das Surren eines Scans.

Mir schlägt das Herz bis zum Hals und mir bleibt die Luft weg. Ich sehe langsam nach oben. An der Kante des Felsen sehe ich gelbes Licht.

Scheiße! Wir waren offensichtlich zu laut und haben den Wächter angelockt. Mir wird übel und meine Hand beginnt zu zittern. Das ist schlecht, sehr schlecht. Das kleine Großmaul, das eben noch tönte, den Wächter wegzulocken, sieht auch aus, als wäre ihr das Herz in die Hose gerutscht.

Ich höre, wie die Maschine noch etwas näherkommt. Metall knirscht leise, Dämpfer klackern und es zischt, wenn Luft aus Überdruckventilen abgelassen wird. Mir steigt der Geruch von Hydrauliköl und Kühlmittel in die Nase. Ich bekomme Gänsehaut und bin einige Momente völlig neben der Spur.

Der Geruch und die Geräusche erinnern mich an meine Arbeit, an die große Produktionshalle mit all den Maschinen darin. An all die großen und kleinen Ersatzteile, die ich jeden Tag sehe und teilweise in den Händen habe, um sie einzulagern. An meine Kollegen, an Freunde. An schöne Momente, voller dummer Gespräche und Witze, die den Tag erträglich machen, wenn einen der Stress mal wieder auffrisst …

Schluss, konzentrier dich!

Der Wächter muss direkt hinter dem Felsen sein, wenn ich ihn sogar riechen kann. Jetzt muss schnell etwas passieren. Theoretisch ist das gerade eine gute Chance den Wächter noch weiter wegzulotsen, vorausgesetzt ich schaffe es ein paar Gedanken zusammen zu bekommen. Aber Angst ist nichts, was einem beim Nachdenken hilft.

Ich versuche in den Bauch zu atmen, um mich etwas zu sammeln, trotz der Dringlichkeit einer Entscheidung. Mein Blick fällt auf das tote Eichhörnchen und plötzlich habe ich eine Idee. Vielleicht kann es doch ein Köder sein, aber nur anders als gedacht.

Ich schaue über meine Schulter zum Bach und versuche die Chancen einzuschätzen. Zwischen uns und dem Wasser sind einige Felsen und Bäume, die uns Zeit und Sichtschutz geben dürften.

Aus dem Augenwinkel sehe ich etwas über unserem Versteck auftauchen. So nah habe ich den Wächter nicht eingeschätzt um ehrlich zu sein. Eindringlich sehe ich Aloy an und nehme meine Hand von ihrem Mund, während ich ihr zu verstehen gebe, dass sie ja leise sein soll. Danach greife ich das pelzige Tierchen am Schweif. Ich visiere den Bach an und werfe es mit aller Kraft.

Mit einem Platsch landet das arme Ding im Wasser. Ich sehe, wie der Kopf des Wächters über uns die Blickrichtung ändert. Er geht in Lauerstellung und läuft Richtung des Geräuschs. Ich starre ihm hinterher, bis ein umgekippter Baum mir die Sicht versperrt.

Das war verdammt knapp! Aber zum Durchatmen ist keine Zeit, wir müssen uns jetzt beeilen, denn ewig wird er nicht wegbleiben.

„Die Läufer“, flüstere ich unbewusst und schaue vorsichtig über den Felsen.

Die hocken noch immer beim Lager. Ehe ich mir überlegen kann, wie ich die da verscheuche, ist Aloy neben mir bereits dabei mit ihrer Zwille einen Stein zu schießen. Sie trifft eine der Maschinen am Kopf, die sofort erschrocken zurückzuckt und davon läuft. Der Rest folgt nach wenigen Sekunden und die ganze Herde prescht Richtung Schlucht-Ausgang davon. Der Wächter scheint einen Augenblick überrascht und steht reglos da. Dann eilt der Herde aber im nächsten hinterher.

Ich lasse mich auf dem Boden fallen und atme zittrig durch. Ich kann nicht fassen, dass das funktioniert hat. Gleichzeitig bin ich heilfroh darüber.

Aloy setzt sich neben mich und scheint auch überwältigt. Wir sehen uns an und müssen im nächsten Moment lachen. Dieses besondere Lachen von jemandem, der dem Tod gerade ein Schnippchen geschlagen hat. Das zwischen Wahnsinn und Freude liegt und die flatternden Nerven beruhigt.

Wir sitzen da und lachen und sind glücklich. Nach einigen Minuten beruhigen wir uns wieder und schnaufen durch.

Plötzlich fällt mir etwas ein. „Erzähle das aber bloß nicht Rost“, bitte ich inständig mit gewisser Panik in der Stimme.

Die Teenagerin grinst mich breit und frech an. „Mal sehen“, säuselt sie.

Offenbar bin ich ab sofort erpressbar. Toll, ganz toll.

Pause

Wir gehen ins Lager und verschaffen uns einen kurzen Überblick über unsere Errungenschaften: zwei Fische, ein ordentliches Bündel irgendwelcher Kräuter und ein halbvoller Korb mit Beeren und Wurzelgemüse.

Ich habe keine Ahnung, ob das viel ist oder eher so semi. Aber Aloy kommt mit einer Idee um die Ecke, bevor ich mir nähere Gedanken dazu machen kann.

„Wenn wir noch drei, vier Fische fangen, können wir daraus einen tollen Eintopf für uns drei machen“, gibt sie begeistert von sich.

Okay … Das impliziert aber, das ich eine weitere Nacht bei den beiden bleibe … Ich weiß ja nicht wie Rost das finden wird …

Aber mit genügend Vorrat sollte er kein Problem damit haben, oder? Wenn wir genug zusammen bekommen, dass es für uns alle für ein oder zwei Tage reicht, wäre das doch ein gutes Argument, dass ich noch ein bisschen bleiben kann. Also, es wäre zumindest eine gute Basis, um Rost davon zu überzeugen, dass ich mich nützlich machen kann. Und mir wäre definitiv wohler, wenn ich eine bleibe für die nächste Zeit hätte. Und nicht allein wäre. Die Vorstellung mich komplett allein durch diese Welt zu schlagen, behagt mir überhaupt nicht.

„Okay, dass klingt nach einem Plan“, murmle ich vor mich hin. „Wir gehen noch ein paar Fische fangen und dann sammeln wir noch ein paar Pflanzen, um später genug für einen zweiten Eintopf zu haben.“

Wir gehen zum Bach und bekommen noch zwei Fische „gefangen“ (wobei geschossen wohl das bessere Verb hier wäre) wovon einer ein ziemlicher Brocken ist. Und eine andere Art, wie ich beim Betrachten feststelle. Aloy ist ziemlich aus dem Häuschen wegen dem Fisch, weil er wohl besonders lecker ist; und deswegen zu Schade für einen Eintopf. Sie erklärt ganz begeistert, dass sie ihn über dem Feuer räuchern wird.

Ich lächle freundlich und bin innerlich sehr froh, dass das Kind Ahnung vom Kochen hat. Und von den Pflanzen, wie ich im weiteren Verlauf merke. Nachdem wir die Fische ausgenommen haben, machen wir uns nämlich auf die Suche nach weiteren Zutaten und die Teenagerin weiß genau was und wo wir suchen müssen.

Ich bemühe mich, mir die Pflanzen, Beeren und Wurzeln einzuprägen, um zu wissen, was essbar ist, sollte ich doch allein zurechtkommen müssen. Und ich nehme mir fest vor, sollte Rost meine Anwesenheit weiter tolerieren, Aloy beim Zubereiten zu helfen. Wenn ich nämlich eine Sache ganz gut kann, dann ist es „mit den Augen klauen“, wie es mein Mann immer formuliert. Dass sollte mir hier helfen.

Wir machen nach einer Weile eine Pause im Lager. Ich schätze es ist irgendwas nach Mittag, zumindest ist die Sonne ordentlich gewandert. Aloy döst neben mir ein wenig vor sich hin und ich habe den Eindruck in einem dunklen Loch zu versinken.

So lange ich beschäftigt war, konnte ich gut alles verdrängen, aber jetzt scheint sich ein Schatten über mich zu legen. Ich traue mich nicht die Augen zu schließen, weil ich fürchte, dass mich dann die Verzweiflung übermannt. Ich starre einfach vor mich hin, bekomme meinen Kopf aber nicht frei.

Diese fremde Welt breitet sich vor mir aus und ich kann das nicht ignorieren. Ich bin hier. Ich sollte aber nicht hier sein. Ich sollte zu Hause sein. Auch wenn meine Familie nicht zu Hause ist, sollte ich es zumindest sein.

Die Frage, was mit meinem Ich in meiner Welt ist, macht mich wahnsinnig. Bin ich im Treppenhaus zusammengebrochen? Bin ich einfach weg? Ab wann würde man nach mir suchen? Ist womöglich Sanya in meinem Körper? Wenn ja, was macht sie in meiner Welt, die für sie so fremd ist wie die hier für mich? Hoffentlich rennt sie nicht vor ein Auto oder macht irgendwas anderes Gefährliches. Was wäre dann? Mein Körper wäre tot und ich könnte nie mehr zurück? Oder ich kehre zurück und bin dann tot? Und wenn nicht, wo ist sie dann? Immer noch in ihrem Körper, als blinder Passagier? Oder wurde sie extrahiert und ihre Seele ist irgendwo gefangen?

Was zum Teufel ist passiert und vor allem warum?! Was soll das alles?!

Die Fragen fressen mich auf, weil ich keine Antworten habe. Die Chance in dieser Welt, mit meinem fehlenden praktischen Wissen, zu sterben ist verflucht hoch. Egal ob Maschine oder Natur, alles hier ist gefährlich. Und dann? Bin ich dann einfach tot? In beiden Welten?

Der Gedanke, dass ich vielleicht nicht mehr nach Hause kann, nistet sich in meinem Kopf ein. Dass ich meinen Mann und mein Kind nie wieder sehe …

„Sanya?“

Die unerwartete Ansprache holt mich aus den Horrorszenarien, die ich mir gerade angefangen habe auszumalen. Ich sehe zu Aloy, die sich aufgesetzt hat. Erst jetzt wird mir bewusst, dass meine Augen feucht sind und mir ein Tränen die Wange hinunterrollt.

Ich wische mein Gesicht trocken. „Alles okay“, flüstere ich und bemühe mich, mich zusammen zu reißen.

„Dir fehlt dein Bruder, oder?“, fragt sie mich neugierig.

Ich nicke schlicht, weil ich nicht weiß, was ich sagen soll.

Still sitze wir einige Zeit da, weil Aloy genauso wenig etwas zusagen weiß, und so wird es allmählich unangenehm.

„Hey“, bemühe ich mich halbwegs begeistert zu sagen, „Wie wäre es mit einem kleinen Wettstreit?“

„Wettstreit?“, fragt sie mich verwirrt zurück.

„Ja, ein kleines Kräftemessen. Wenn ich gewinne, kommt das mit dem Wächter vorhin niemals zur Sprache und wenn du gewinnst, darfst du dir einen kleinen“, ich hebe bewusst den Finger, um darauf aufmerksam zu machen, „Wunsch von mir erfüllen lassen, vorausgesetzt er ist im Rahmen meiner Möglichkeiten.“

„Okay“, strahlt die Teenagerin, ohne groß nachzudenken.

Ich weiß nicht, ob sie das nur macht, um mich aufzumuntern oder weil sie es wirklich möchte; ist mir im Moment auch egal. Die Ablenkung wird mir guttun.

Ich stehe auf und lasse meinen Blick über die unmittelbare Umgebung schweifen. Maschinen jagen fällt aus, aber ein kleines Parcours-Wettrennen können wir machen. Es gibt mir gleichzeitig die Möglichkeit Sanyas Fähigkeiten noch etwas kennenzulernen und für Aloy ist es ein gutes Training.

Wir sprechen die Strecke ab; über den Bach, die gegenüberliegende Felswand des Tals entlang, einen Baum hinauf und von dort aus zu dem Baum auf der anderen Seite des Baches und dann zurück zum Lager. Kein treten, Haare ziehen, beißen … Aloy lacht über meine Ausführung und ich muss ebenfalls lachen.

Wir positionieren uns und ich zähle runter: „Eins, zwei, drei …“

Die Teenagerin sprintet los, bevor ich „los“ sage, was ich erwartet habe. Trotzdem, der Pflicht wegen, rufe ich eine beschwerendes „Hey!“ hinterher, muss aber dabei lachen und dementsprechend ist es eigentlich sinnlos.

Es geht rasant den kleinen Hügel hinunter und mit wenigen gezielten Sprüngen über die großen Felsen im Bach. Offenbar funktioniert das mit dem Muskelgedächtnis von Sanya recht gut. An der Felswand angekommen geht es einige Felsen hinauf und dann Bachaufwärts die Wand entlang. An einer Stelle sind keine großen Vorsprünge mehr und einige Meter müssen bouldermäßig überbrückt werden.

Ich sehe, wie flink Aloy das schafft, hadere aber einen Moment ihr zu folgen. Ein Absturz wäre nicht extrem tief, aber trotzdem gefährlich. Vor allem hier, wo man keinen Notruf wählen kann und irgendwo ein Krankenhaus mit OP-Saal auf einen wartet. Ich gebe mir einen Ruck und beginne mich die Wand entlang zu tasten und zu klettern. Das Ganze ist nicht so grazil wie bei der Teenagerin, was nicht an Sanyas Fähigkeiten liegt, das merke ich. Meine Tritte und Griffe sind sicher; es ist mein Kopf, der dafür sorgt, dass das alles sehr stockend abläuft. Die Angst vor einem Sturz blockiert die Abläufe ordentlich.

Natürlich kassiere ich für meine unbeholfene Art einen Seitenhieb von Aloy, die sich einen dummen Kommentar nicht verkneifen kann, als sie drüben ist. Aber das ist okay für mich, es war von Anfang an nicht geplant das hier zu gewinnen, sondern festzustellen, was mein Leih-Körper kann. Ich hätte, sofern ich vorn gelegen hätte, sie zwar nicht absichtlich gewinnen lassen, aber so komme ich wahrscheinlich gar nicht erst in die Verlegenheit. Und die Ablenkung tut uns beiden offenbar ganz gut gerade. Und darauf kommt es mir auch irgendwie am meisten an.

Aloy ist schon den Baum hoch, als ich endlich auf der anderen Seite ankomme. Schadenfroh lachend ist sie im nächsten Moment auf dem gegenüberliegenden Baum.

Auch wenn ich nicht gewinnen wollte, möchte ich nicht mega abstinken gegen sie, also beeile ich mich den Baum hochzuklettern und über den dicken Ast zu balancieren. Ein Geräusch weiter oben am Bach lenkt mich aber auf halber Strecke ab und ich halte an. Ich sehe mich um ...

„Och nö …“, seufze ich.

In einiger Entfernung ist eine Herde Läufer, begleitet von einem Wächter. Ich würde mal vermuten, dass das die Herde von vor einigen Stunden ist, denn das Tal ist nicht sehr groß und es ist die Richtung, in die sie davon galoppiert sind. Für den Moment spielt es keine Rolle, aber später sieht das anders aus. Das ist die Strecke, die wir zurück zum Haus von Rost laufen werden und dann sind sie uns wieder im Weg. Toll, ganz toll.

Zurück zur Basis

Ich stehe da und beobachte die Maschinen.

Bei einigen kann man immer noch erahnen für welche Aufgabe sie mal ursprünglich konzipiert waren. Sturmvogel und Schnappmaul sieht man in einer der Zwischensequenzen, als GAIA und das Terraforming erklärt werden und waren für die Reinigung von Luft und Wasser zuständig. Bei den Lanzenhörnern und all ihren „Unterarten“ vermute ich mal, dass sie dafür erschaffen wurden, um den Boden urbar zu machen, genau wie beim Behemonth. Bei dem könnte ich mir sogar vorstellen, dass er ursprünglich für die „Strukturierung“ ganzer Landstriche nötig war. Ich meine, das Ding ist groß genug und hat genügend Wumms, um ganze Berge zu versetzen oder Flussbetten auszugraben.

Aber wofür waren die Läufer und deren „Unterarten“? Ob sie für die Fauna da waren? Haben sie ursprünglich Pflanzen „aussortiert“, damit die richtigen wuchsen oder es generell nicht zu viele wurden? Denn tatsächlicher Weise kann ich sehen, dass sie wirklich äsen.

Sie rupfen Pflanzen aus dem Boden und kauen sie. Sie essen sie sie nicht, sondern spuken sie wieder aus, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Regulierung der Faune früher wahrscheinlich von Nöten war. Ohne Tiere, die die Pflanzen als Nahrung genutzt haben, wäre vermutlich ein Übermaß entstanden, dass der Boden gar nicht hätte versorgen können. Und die zerkauten Pflanzen, die die Maschinen zurücklassen, dienen gleichzeitig als Dünger; wie bei Tieren der Kot. Ein durch Maschinen nachgeahmter Kreislauf …

Einer der Läufer, der, der mir am nächsten ist, hebt plötzlich den Kopf und sieht sich um. Sein Blick fällt auf mich und ich halte die Luft an. So stehen wir da und sehen uns an.

Läufer sind grundlegend nicht aggressiv, solange man sie in Ruhe lässt, aber trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl. Es ist eine Maschine, über deren programmiertes Verhalten ich nichts weiß. Sie haben ein Verhaltensrepertoire, dass recht „natürlich“ wirkt, aber was genau zählt dazu? Da wir uns hier vor dem Game befinden, weiß auch nicht, inwieweit ein durch HEPHAESTUS einprogrammiertes negativ Verhalten Menschen gegenüber bereits vorhanden ist. Falls nicht, besteht die Chance, das Vertrauen von so einer Maschine zu gewinnen? Sie vielleicht sogar „zu zähmen“? Also, ohne ihr Programm zu überschreiben oder modifizieren, sondern auf „natürliche“ Art?

Aber wie macht man das? Mit Futter locken funktioniert wahrscheinlich eher nicht. Aber die Maschinen haben gelernt, dass der Mensch ein Feind ist, vielleicht könnte man da einhaken? Ihr zeigen, dass man sie nicht töten will oder so …

„Hey!“, brüllt es plötzlich empört.

Verdammt! Ich war doch eigentlich mitten im Rennen mit Aloy! Das habe ich jetzt aber mal richtig vergeigt. „Sorry“, rutscht mir unbewusst raus und ich ernte ein verdutzes „Was?!“ als Reaktion.

Ich klettere den Baum runter und habe eine recht wütende Teenagerin vor mir. Und dass, obwohl sie gewonnen hat.

„Wenn du es nicht ernst nimmst, macht es keinen Sinn“, zickt sie mich an.

„Tut mir leid, ich habe die Läufer-Herde weiter oben am Bach gesehen und das hat mich abgelenkt“, erkläre ich möglichst ruhig, während wir zum Lager zurücklaufen.

„Die von vorhin?“, fragt mich Aloy direkt, mit zu viel Begeisterung für meinen Geschmack.

„Ich denke ja.“ Ich kratze mich grübelnd am Kopf. „Wir müssen einen anderen Weg zurück zum Haus nehmen.“

„Aber …“

„Nein“, schneide ich ihr ziemlich forsch das Wort ab und werfe ihr einen deutlichen Blick zu. „Wir gehen nicht Maschinen jagen.“

Aloy funkelt mich sauer an und stapft wortlos davon.

Teenager! Hoffentlich wird mein Sohn nicht auch so …

Mein Herz krampft kurz bei dem Gedanken und ich verscheuche ihn schnellstmöglich.

Ich treffe einige Augenblicke später am Lager ein und beobachte, wie die Teenagerin wütend die Sachen zusammenpackt. Ich könnte etwas sagen, aber ich lasse es, weil ich ebenfalls wütend bin, wegen ihrer übertriebenen Reaktion. Im stillen Zorn räumen wir alles in die Taschen und Körbe und machen uns auf den Weg.

Wir nehmen einen Pfad zwischen den Felsen hindurch, der uns die Konfrontation mit den Läufern erspart. Wir kommen nach einigen beschwerlichen Meter wieder auf dem Weg an, der uns ins Tal geführt hat.

Ich stelle mich auf einen Vorsprung am Rand und sehe hinunter. Da steht die Herde immer noch und geht ihrem programmierten Verhalten nach. Und das bringt mich plötzlich zu einer Frage: Wie ausgeklügelt und individuell ist das?

On point hebt einer der Läufer den Kopf. Er sieht nach rechts, nach links und dann unvermittelt nach oben, zielsicher in meine Richtung. Ich kann nicht sagen, ob das der gleiche wie vorhin ist, aber ich vermute es aus irgendeinem Grund.

„Was ist?“, fragt mich Aloy, die sich neben mich gestellt hat.

„Ich denke nach“, erkläre ich vage.

„Über die Läufer?“, hakt sie skeptisch nach.

Ich nicke bestätigend. „Ja. Darüber, ob man sie vielleicht zähmen könnte.“

Ich bin mir bewusst, dass ich mich damit gerade weit aus dem Fenster des gesunden Nora-Verstands lehne, aber vielleicht erfahre ich damit etwas. Zum Beispiel, wie verrückt und absurd die Idee wirklich ist und ob sie vielleicht schon jemand vor mir hatte.

„Zähmen? Bist du verrückt?“ Die Teenagerin sieht mich mit großen Augen an.

„Hast du nie darüber nachgedacht, wie nützlich das sein könnte?“, frage ich.

„Nützlich?“ Die Teenagerin sieht in das Tal hinunter und beobachtet die Läufer. Man kann ihr ansehen, dass sie ernsthaft über meine Frage nachdenkt. „Sie werden nie müde“, murmelt sie nach einigen Minuten, „Und brauchen weder Futter noch Wasser.“

„Klingt ziemlich praktisch, oder?“, werfe ich ein wenig unbedacht in das Gespräch. „Und sie können schwere Dinge transportieren und ziehen.“

Der Läufer, der die ganze Zeit zu uns, mir?, hochgesehen hat, läuft eine Runde im Kreis und schüttelt den Kopf und sieht wieder zu uns hoch. Er wirkt … unruhig? Neugierig?

„Ist dir nie aufgefallen, dass sie sich alle ein bisschen unterschiedlich verhalten?“, frage ich die Teenagerin. Und ja, ich frage das wirklich, nicht rhetorisch, obwohl ich versuche es so klingen zu lassen. Ich kenne nur das Verhalten der Maschinen im Spiel und das war immer gleich, was logisch ist, aber das hier ist „real“ und damit einfach anders.

„Ja schon“, bestätigt sie mir. „Aber was für eine Rolle spielt das?“

„Weiß ich noch nicht …“, flüstere ich vor mich hin und beende das Gespräch damit. Ich will Aloy keine Flöhe ins Ohr setzen.

Ich gehe tatsächlich davon aus, dass jede Maschine ein kleines KI-Programm besitzt. Anders würde das nicht funktionieren bei der Masse an Maschinen, oder? Wie viel I steckt also in der KI? Jede muss in der Lage sein, eigenständige Entscheidungen zu treffen, bedeutet das jede ein Individuum ist, was mir Aloy ja indirekt bestätigt hat. Wenn man die „richtige“ Maschine findet, die zugänglich, neugierig und halbwegs freundlich ist, könnte man sie wirklich zähmen?

Auf dem Weg den Berg wieder hoch, und das auch noch vollgepackt mit zusätzlichem Gewicht, schweigen wir weitestgehend. Nicht, weil wir noch wütend aufeinander sind, sondern einfach, weil wir unsere Luft für besseres brauchen.

„So ein Läufer wäre wirklich praktisch“, schnauft die Teenagerin kurz vor dem Gipfel.

Ich muss lachen, was nicht hilfreich ist, wenn man vollgepackt einen Berg hochmuss. „Sag ich doch“, schnaufe ich zurück.

Es geht noch einige Meter und plötzlich höre ich jemanden vom Ende des Pfades meinen Nora-Namen rufen. Ich bleibe abrupt stehen und Aloy vor mir auch. Es ist definitiv nicht Rost der da ruft, die Stimme hier ist heller und irgendwie jünger. Und sie ruft meinen Namen, was mich extrem misstrauisch macht. Ich bin eine Ausgestoßene, niemand des Stammes darf mit mir reden: wer sucht mich da also so lautstark?

Ich sehe den Pfad entlang und entdecke oben am Ende einen Mann. Er scheint etwa in Sanyas Alter zu sein, vielleicht ein paar Jahre älter. Sein Haar ist kurz, sein Gesicht glatt soweit ich das von hier aus beurteilen kann. Er ist auf etwas gestützt, dass wie eine aus Maschinenteile zusammengesetzte Krücke wirkt.

Wer zum Teufel ist das und was will er von mir?

Der Unbekannte winkt und ich gehe langsam auf ihn zu – hauptsächlich, weil ich keine Wahl habe, er steht nämlich auf dem einzigen Zugang zu Rosts Haus. Eher aus einem unbewussten Reflex heraus greife ich nach Aloy, die etwas vor mir läuft und ziehe sich leicht zurück. Ich möchte sie lieber hinter mir haben, nur zur Sicherheit.

„Sanya! Endlich habe ich dich gefunden!“, spricht mich der Mann an, als wir nur noch einige Schritte entfernt sind.

„Offensichtlich“, antworte ich möglichst vage und mustere den Unbekannten.

Mit Ende 20 dürfte ich sein Alter ganz gut geschätzt haben. Seine dunkelblonden Haare sind kurz und er hat einen leichten Dreitagebart. Er trägt die übliche blaue Bemalung im Gesicht. Auf seinem Rücken sehe ich einen großen Korb, der voll mit allerlei Krimskrams ist, und vor seinem Bauch ein Brett – ich tippe mal darauf, dass er ein Händler ist.

Ein NPC? Ich kann mich nicht erinnern einen mit einer Gehhilfe gesehen zu haben. Und ich war unfassbar viel und ausgiebig im Nora-Gebiet unterwegs in meinem ersten Spieldurchlauf, also hätte ich auf ihn treffen müssen, wenn er denn da gewesen wäre.

„Wo ist dein Bruder?“, fragt er mich ohne Umschweife und fast schon vorwurfsvoll.

Mein ohnehin vorhandenes Misstrauen verstärkt sich und ich bin doppelt auf der Hut. „Warum willst du das wissen?“ Meinen abweisenden Ton scheint er aber gar nicht zu registrieren.

„Er hat etwas … etwas das mir gehört.“ Er macht zwei Schritte auf uns zu, was trotz Krücke sehr unsicher wirkt. „Etwas, das er mir geben sollte.“

„Geben sollte“, wiederhole ich. „Klingt für mich eher so, als hätte es noch nie dir gehört.“

„Haarspalterei!“, regt sich der Mann auf und wedelt mit der Hand. „Er hat es mit versprochen.“

Mir ist das alles suspekt und ich nutze die Chance, während er sich aufregt und schiebe Aloy schnell an dem Mann vorbei, und mich ebenso. Ich drehe mich nochmal zu ihm um. „Keine Ahnung, was du und mein Bruder zu schaffen haben, aber er ist nicht hier bei mir, also lass mich in Ruhe.“

„Ich will doch nur wissen, wo er ist“, brüllt mir der Unbekannte hinterher.

Ich schiebe Aloy vor mir her und versuche so viel Abstand wie möglich zwischen uns und den Mann zu bringen.

„Wer war das?“, fragt mich Teenagerin, nachdem er nicht mehr zu sehen ist.

„Ich habe keine Ahnung“, antworte ich ehrlich. „Ich hatte gehofft, dass du mir das sagen kannst.“

Sie schüttelt den Kopf. „Ich habe den noch nie gesehen.“

Mist, ich habe wirklich auf sie gehofft, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Nun gut, dann eben nicht.

Was war das da eben? Hat Sanyas Bruder irgendwelche Schulden hinterlassen? Ist der Mann gefährlich? Ja, er ist mit einer Krücke unterwegs, aber das muss nichts bedeuten. Gefahr kann viele unterschiedliche Gesichter haben. Mit der richtigen Lüge an der richtigen Stelle, kann man das Leben eines Nora zerstören oder für immer beenden.

Ich fühle mich überfordert und unwohl mit den Geschehnissen von eben und bin heilfroh, als Rosts Hütte endlich zwischen den Bäumen auftaucht.

Küchenhilfe

Wir huschen eilig davon. Ich drehe mich ein paar Mal um und sehe zurück, ob uns der Mann folgt. Nein, tut er nicht und ich bin heilfroh darüber. Der Typ war gruselig und ich will ihm nicht nochmal begegnen.

Endlich am Haus laden wir unsere Errungenschaften ab. Wir essen ein wenig Brot und Beeren bevor es an die Arbeit geht. Von Rost ist nichts zu sehen oder zu hören – er wird wohl immer noch unterwegs sein.

Ich werde zunächst zum Holz hacken und Feuer machen degradiert. Ich ärgere mich ein wenig darüber, weil ich Aloy ja lieber beim Kochen helfen wollte, aber die schwere Arbeit will ich auch nicht unbedingt der Teenagerin überlassen. Ich gehe also holzspalten, und offenbar ist das nichts, was Sanya sonderlich gut kann. Ich genauso wenig, also ist der Prozess sehr mühsam und langwierig. Am Ende bin ich einfach nur froh, dass ich noch alle Finger und Füße habe und ein ordentliches Feuer brennt. Die Schwielen und aufgescheuerten Stellen ignoriere ich einfach.

Der „besondere“ Fisch wird mit Kräutern gefüllt und am Rand der Flammen an einen Stock gebunden. So wie Aloys Augen glänzen, scheint sie sich wirklich extrem auf diesen Leckerbissen zu freuen.

Während der Fisch vor sich hin räuchert, gehen wir zurück ins Haus und ich kann zumindest beim Eintopf noch ein wenig helfen. Eine der Wurzelsorten, die ich rein optisch bereits als Knolle eingestuft hätte, wird geschält und grob gewürfelt. Die Schale ist ziemlich fest und das Innere ähnelt eher einem Kürbis wie einer Kartoffel.

Schälen mit einem Messer gehört in dieser Welt wohl zum guten Ton, zumindest scheint Sanya recht fingerfertig dabei zu sein. Und da ich nicht viel über meine Arbeit nachdenke, läuft es auch flott. Mein Kopf ist bei dem dubiosen Händler, bei Sanya, bei Graik, bei meinem Zuhause, meiner Familie …

„Du musst schon noch etwas übriglassen“, werde ich von der Seite angesprochen.

Der Blick in meine Hand verrät mir auch warum. Von der Wurzel ist nicht mehr viel übrig, weil ich einfach immer weiter und weiter geschält habe. „Ich war in Gedanken“, gestehe ich und sehe Aloy mit einem schwachen Lächeln an.

„Wegen dem Händler?“, fragt sie zurück, während sie einige Kräuter zerhackt.

„Ja, wegen dem. Ich werde das Gefühl nicht los, dass es etwas mit dem Verschwinden der echten Sanya zu tun hat, dass darin der Grund für mein hier sein liegen könnte und ich womöglich nur auf diesem Weg wieder nach Hause kann. Denn weißt du, eigentlich bin ich nicht Sanya, ich bin nicht von hier, nicht mal aus dieser Welt. Ich lebe ganz woanders, vermisse meinen Mann und meinen Sohn und einige andere Menschen ganz sehr. Ich habe Angst das ich hier sterbe, in dieser für mich so gefährlichen Welt, und meine Familie und Freunde nie wieder sehe“, möchte ich gern sagen; kann ich aber nicht.

Ich nicke stattdessen deprimiert. „Irgendwie mache ich mir Sorgen. Was hat der Typ mit meinem Bruder zu schaffen? Und was sollte Graik für ihn besorgen?“

Aloy zuckt mit den Schultern. „Du kannst später Rost fragen, vielleicht weiß er etwas.“

Rost … mir wird etwas unwohl bei dem Gedanken an ihn. Wir haben nicht darüber geredet (eher reden können, weil er heute Morgen schon weg war) ob ich weiterhin hierbleiben darf. Das, was ich hier gerade mache, hat etwas von russischem Roulette. Ich stecke Energie und Aufwand hier rein und wenn ich Pech habe, ist beim nächsten Abdrücken eine Kugel im Lauf und alles war umsonst.

Natürlich ist Rost ein netter Kerl und die Chance ist hoch, mit der geleisteten Vorarbeit, dass er sich nicht daran stört, dass ich noch eine Nacht bleibe; aber sicher ist es nicht. Und so sitze ich während des Schnippelns, Hackens und Rührens innerlich auf heißen Kohlen.

„Aloy!“, brüllt es plötzlich von draußen. Es ist Rost und er klingt dezent sauer.

Die Teenagerin springt sofort auf und eilt nach draußen, ich folge ihr, um zu sehen was los ist.

Rost steht am Lagerfeuer, zwei schwere, blutgetränkte Beutel auf dem Rücken und schaut ziemlich finster drein. Aus dem Augenwinkel sehe ich irgendwas zwischen den Büschen verschwinden. Ich tippe mal auf einen Fuchs oder so.

„Du sollst das Essen nicht unbeaufsichtigt lassen“, raunzt er Aloy an. „Das lockt die Tiere ins Lager.“

Okay, das macht Sinn. Wenn Fuchs und Co. einmal lernen, dass es hier etwas zu holen gibt, werden sie immer wieder kommen und womöglich sogar ins Haus eindringen und die Vorräte anknabbern.

„Tut mir leid, ich habe nicht daran gedacht“, stammelt die überrumpelte Teenagerin eine Entschuldigung.

Der Mann seufzt und schüttelt den Kopf. Anschließend fällt sein Blick auf mich und ich fühle die Nervosität hochkommen. „Du bist noch hier?“

Bevor ich dazu komme etwas zu sagen, springt Aloy für mich in die Presche. „Sanya hat mir geholfen. Sie hat den Fisch gefangen. Und noch einige mehr. Wir machen gerade Eintopf aus den anderen und es reicht auch nochmal für morgen, und übermorgen. Sie hat auch das Holz und das Feuer gemacht“, erzählt sie in einem Tempo, dass man ihr kaum folgen kann.

Die Kleine hört sich gerade an, als würde sie über ein Haustier reden, dass sie unbedingt behalten möchte. Und ich bin das Haustier. Ich fühle mich beschämt und mir ist das peinlich ohne Ende. Aber Rosts warmes Seufzen lässt in mir die Hoffnung aufkeimen, dass er sich erweichen lässt mich hier zu behalten.

Er mustert mich und gönnt mir dann ein zustimmendes Nicken.

Mir fällt ein Stein vom Herzen und ich beginne schlagartig zu strahlen; ebenso wie Aloy.
 

Während der Eintopf vor sich hin köchelt, wird aus einigen Kräutern, Wasser und Mehl eine klebrige Masse gemacht. Wir (Aloy und ich) formen daraus Handflächengroße Kugeln, die ein wenig flach gedrückt und in große Blätter eingewickelt an den Rand des Feuers gelegt.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das die Beilage für den Räucherfisch. Denn, der Eintopf muss mindestens noch die ganze Nacht kochen, weil, und ich hoffe ich habe es falsch verstanden, eine der Knollensorten eigentlich giftig ist. Das habe ich dem Gespräch zwischen Rost und Aloy entnommen: der Eintopf muss mehrere Stunden kochen, um die Gifte aus der Knolle unschädlich zu machen … Wenn ich jetzt noch wüsste, welche der Sorten die wir verarbeitet haben das betrifft, wäre das hilfreich.

So sitzen wir nun draußen am Feuer, während die Sonne bereits hinter den Gipfeln verschwunden ist und die Kälte sich erbarmungslos um uns herum ausbreitet. Das Holz knistert und die Sterne zeigen sich am Himmel. Der Fisch scheint fertig und wir hole mit einem Stock die Blätterpackete aus der Glut.

Der Teig hat etwas von weichem Stockbrot, er ist innen ziemlich klebrig – geschmacklich ist er aber echt gut. Genauso wie der Fisch, der ist mega lecker und ich kann verstehen, warum Aloy sich so darauf gefreut hat.

„Hat dich eigentlich der Händler gefunden?“, fragt Rost während des Essens plötzlich.

Ich sehe ihn erstaunt an und muss erstmal kurz überlegen, was er eigentlich meint und ob er überhaupt mich meint. Aber sein durchdringender Blick, der auf mich gerichtet ist, sagt mir, dass er mit mir redet und dann begreife ich endlich.

„Hm, ja. Er hat uns auf dem Rückweg zum Haus abgefangen“, erkläre ich. „Er wollte wissen wo Graik ist. War er bei dir gewesen?“

„Ja, er ist mir unten im Becken begegnet. Er wollte wissen, wo du bist und ob ich dich gesehen habe.“ Rost ist einen weiteren Happen vom Fisch und scheint kurz in Gedanken zu sein. „Hast du es ihm gesagt? Wo Graik ist, meine ich?“, fragt er schließlich.

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Keine Ahnung was mein Bruder mit dem zu schaffen hatte; aber mir ist er nicht geheuer.“

Er nickt und sieht mich an. „Besser du machst einen Bogen um ihn.“

Ich sehe zu Aloy, die auch ein wenig verwirrt scheint wegen der Bemerkung.

Apropos Bogen. „Hör mal, hast du meinen Bogen letzte Nacht weggeräumt?“, frage ich möglichst neutral und konzentriere mich auf den Rest von meinem Stockbrot-Knödel-was-auch-immer-es-nun-auch-sein-mag.

„Warum?“, bekomme ich die prompt die Gegenfrage an den Kopf geknallt.

Irgendwie finde ich seinen Ton eigenartig. Als würde er hören wollen, was ich sage und seine Antwort dann darauf abstimmen wollen. „Er war heute Morgen nicht mehr da, wo er war, als ich eingeschlafen bin.“

„Dann solltest du wohl besser auf deine Sachen aufpassen, findest du nicht?“ Seine hellen Augen scheinen mich beinahe zu pfählen, so wie er mich anstarrt.

Okay … das ist gruselig und eigenartig und ich will das Gespräch nicht weiter vertiefen, also esse ich schweigend zu Ende.

Rost verabschiedet sich nach dem Essen mit einen erschöpft klingenden „Ich gehe schlafen“ und verschwindet in der Hütte. So bleiben nur Aloy und ich draußen am wärmenden Feuer. Ich unterhalte mich noch eine Weile mit der Teenagerin, über Dinge ich eigentlich schon weiß, sie aber trotzdem frage, weil Sanya diese Dinge höchstwahrscheinlich nicht weiß. Ich frage nach der Erprobung und ihren Beweggründen dafür. Wir lachen über die kauzige Grata und ihre Attitüden. Wir fachsimpeln übers Jagen, übers Leben als Aufgestoßene …

Ich lege nochmal Holz nach, um das Feuer am Brennen zu halten und wir gehen in die Hütte. Aloy verschwindet in ihrem Raum und ich lege mich wieder auf die Pritsche. Den Bogen hatte ich nach unserer Ankunft bereits abgenommen und unter mein Nachtlager gelegt. Ich bin sehr gespannt, ob ich morgen früh wieder auf die Suche nach ihm gehen muss.

Der Tag war anstrengend und ich schlafe dementsprechend schnell ein. Meine Nacht ist aber trotz Erschöpfung unruhig. Ich wache mehrfach auf. Jedes Mal schweißgebadet, mit Herzrasen und Tränen in den Augen, weil ich immer das gleiche träume. Ich träume von zu Hause, von meiner Familie. Ich träume von Maschinen, die auftauchen und alles zerstören. Ein riesiger Schlachtrücken vernichtet das ganze Viertel, in dem ich wohne, während Wächter und Krallenschreiter zu seinen Füßen, die die fliehenden Menschen töten. Ein Sturmvogel beschwört ein riesiges Plasmagewitter herauf und verwüstet, was noch übrig ist. Nur Trümmer und Feuer und Tod bleiben übrig …

Ich will einfach nur noch das es endet. Ob nur die Nacht oder auch dieser unfreiwillige Ausflug gleich mit, ist mir dabei recht egal. Es soll aufhören, einfach nur aufhören …

Freundschaftsdienst

Ich wache auf. Körperlich fühle ich mich erfrischt und fit, mental habe ich den absoluten Nullpunkt erreicht. Mir hängt der Albtraum in den Knochen. Ich habe Angst um meine Familie, auch wenn ich mehr Angst um mich haben sollte. Ich hänge immerhin in einer von Maschinen beherrschten Welt fest, nicht sie.

Schluss jetzt!, mahne ich mich selbst und setze mich auf.

Die Hütte ist still und leer. Weder Rost noch Aloy sind zu sehen. Sind die beiden weg? Schlafen sie noch? Zumindest Rost ist definitiv weg, wie ich registriere. Die Ecke, in der er genächtigt hat, ist wie tags zuvor verwaist.

„Aloy?“, rufe ich irritiert, bekomme aber keine Antwort.

Das ist echt eigenartig. Zwar fühle ich mich ein wenig geehrt, dass sie mir offenbar genug vertrauen das sie mich mit all ihrem Hab und Gut allein lassen, aber gleichzeitig vermittelt es mir den Eindruck, dass etwas passiert sein muss. Generell habe ich das Gefühl, dass irgendetwas merkwürdiges gerade vor sich geht. Irgendwie ist heute anders …

Auf dem Tisch in der Mitte des Raums steht eine Schüssel. Ich gehe hin und stelle fest, dass sie mit Eintopf gefüllt ist. Das ist der von gestern, der so lange kochen musste, weil er sonst giftig ist … Ja, vielleicht ist mir ein wenig mulmig dabei, als ich die Schale in die Hand nehme. Sie ist noch warm. Aloy und Rost habe sie wohl extra für mich hier stehen lassen, sie sind also noch nicht lange weg. Ich schnuppere an dem Inhalt und bin mir unsicher, aber der knurrende Magen verlangt Treibstoff.

Ich frühstücke den sehr schmackhaften Eintopf, wasche die Schüssel am Eimer aus und nehme meinen Bogen, der genau da steht, wo ich ihn gestern Abend geparkt habe. Immerhin eine gute Nachricht. Aber auch die einzige. Keine Mitteilung, kein Hinweis was mit den eigentlichen Besitzern der Hütte ist.

Grübelnd verlasse ich die Behausung und sehe in einen rosaangehauchten Himmel. Die Kälte der Nacht lässt meinen Atem kondensieren und ich sehe mich um – niemand hier.

Was mach ich denn jetzt?

In Ermangelung guter Ideen, staple ich erstmal das Holz für das Feuer vor dem Haus neu auf und hake weiteres, um den Vorrat wieder aufzufüllen.

Und nun? Jagen? Informationsbeschaffung? Dumm tun?

Nach Hause gehen würde mir gefallen, aber ich glaube das steht nicht zur Debatte; noch nicht. Ich bin mir sicher, dass mein „hier sein“ etwas mit Sanyas „verschwinden“ zu tun hat. Mein Problem ist aber, dass ich Sanya bin und dadurch schlecht nach ihr fragen kann. Außerdem bin ich eine Ausgestoßene, bedeutet, es darf eh keiner mit mir reden.

Vielleicht auf Umwegen? Wer redet indirekt mit …?

Ich verziehe das Gesicht. Die einzige Person, die mir spontan einfällt, ist Grata. Aber ob die mir eine Hilfe sein wird, wage ich zu bezweifeln. Andererseits macht Versuch klug, und ich habe eh nichts zu tun. Außerdem gibt es mir die Möglichkeit meine „Karten-Kenntnisse“ aufzufrischen … oder ich verlaufe mich gnadenlos. Allerdings glaube ich nicht an letzteres. Mein Orientierungssinn ist sehr gut und ich merke mir gelaufene Wege problemlos und kann sie wieder abrufen.

Ich laufe den Weg, den ich vor zwei Tage mit Rost hochgelaufen bin, hinunter und dann den Trampelpfaden folgend Richtung gegenüberliegenden Berg, Hügel, Anhöhe, wie auch immer.

Grata müsste da oben sein. Ich bin mir sicher, dass ich, als ich mit Rost beim ersten Mal hier lang bin, jemanden beten gehört habe. Zu dem Zeitpunkt war ich aber mit mir und der strangen Situation als solche beschäftigt, dass ich es nur so am Rande registriert habe.

Ich bleibe stehen und mir dämmert plötzlich etwas. So mit leeren Händen auftauchen wird doof und ich schlage mich innerlich vor die Stirn.

Wie dumm kann man sein?

Ja!

Ich gehe also nicht den Berg hoch, sondern um ihn herum. Hier stehen einige Bäume, es ist wie ein Miniatur-Waldstück, und dahinter ist die größere Freifläche, wo sich der Übungsparkour der Nora befindet. Hier jagt man die ersten Maschinen im Game und bekommt die Feuerpfeile, wenn ich nicht gerade alles durcheinanderbringe.

Mir wird mulmig durch die Erinnerung. Die Begegnung mit dem Wächter gestern war schlimm genug, dass will ich nicht wieder. Definitiv nicht. Gleichzeitig muss ich an den Läufer denken, der sich so auffällig benommen hat. Und die Frage, wie die KI der Maschinen funktioniert. Oder ob der Läufer am Ende einfach nur verbugt ist und ich einfach nur zu viel hineininterpretiere.

Konzentrier dich!

Jagen, ich muss etwas jagen. Vielleicht lässt sich die olle Grata dazu herab „der Urmutter“ etwas interessantes zu erzählen, wenn ich ihr etwas zu Essen bringe. Überzeugt bin ich nicht, aber mit leeren Händen will ich ihr auch keinen Besuch abstatten.

Ich gehe also auf die Pirsch und je mehr ich den Kopf abschalte, umso besser funktionieren Sanyas Fähigkeiten. Das ist verrückt und fühlt sich ein bisschen wie Auto-Pilot an. Gespenstig und cool zugleich.

Aber in dem Moment, wo ich den Hasen endlich im Visier habe, schaltet sich mein Verstand natürlich wieder dazu und ich kann den Pfeil einfach nicht loslassen.

Der arme Hase …

Kurz lenkt mich ein Geräusch in der Ferne gedanklich ab und das Geschoss pfeift von der Sehne. Ich bin völlig schockiert und stehe da, als wäre ich mir nicht bewusst was gerade passiert ist. Ich starre zu dem Pfeil, der in einigen Metern Entfernung senkrecht aus dem Gras ragt. Zumindest zappelt er nicht, das heißt ich habe gut getroffen, oder?

Langsam und zögerlich gehe ich zu meiner Beute. Was mach ich, wenn das Tierchen noch lebt? Ich hatte schon Probleme einen Fisch zu erschlagen, wie soll das erst bei einem Säugetier werden?

Als ich ankomme stelle ich fest: Hasi zappelt nicht, atmet nicht und wirkt generell sehr tot. Ein Glück.

Wie makaber, dass ich mich darüber freue. Wie so ein Psycho, oder so …

Ich ziehe den Pfeil heraus und prüfe die Spitze. Sie ist nicht verbogen, aber stumpf. Ich bin mir unsicher, ob sie noch zu verwenden ist. Ich ziehe sie ab und packe sie zu der anderen, die ich bereits gestern zu einem „Messer“ um-improvisiert habe.

Ich beschließe das Tier nicht auszunehmen. Ich habe keine Lust mir das anzutun, außerdem weiß ich nicht, inwieweit die Innereien ebenfalls genutzt und verzehrt werden. Grata kann das schön selbst machen.

Als ich mich umdrehe sehe ich am Rand der Baumgruppe einen Läufer vorbeitraben. Vermutlich hat er das Geräusch erzeugt, welches mich vorhin kurz abgelenkt hatte. Die Maschine geht Richtung Fluss. Allein. Wie ungewöhnlich … Wo ist die Herde? Ich habe noch nie einen Läufer irgendwo allein angetroffen.

Meine Neugier ist geweckt und ich laufe in die Richtung, in die die Maschine verschwunden ist. Ich verlasse die Baumgruppe und stelle mich auf einen Stein, der etwa kniehoch aus dem Boden ragt. Ich sehe ihn nirgends und bin enttäuscht darüber.

Da es inzwischen ist es irgendwas nach Mittag ist und Grata mich nicht erwartet, beschließe ich erstmal hier zu bleiben und etwas zu essen. Ich setzte mich auf den Stein und esse ein wenig Brot und ein paar Beeren. Und überwache meine Umgebung mit Nora-Augen, weil ich mir sicher bin, dass der Läufer hier irgendwo sein muss. Irgendetwas sagt mir, dass das der von gestern war. Der, mit dem auffälligen Verhalten.

Als ich gerade mit dem Essen fertig bin, taucht die Maschine wieder auf. Sie kommt das abschüssige Gelände hoch und bleibt stehen, als sie mich bemerkt. So steht sie da und ich sitze da und wir starren uns an.

Toll, und nun? Ich hätte mir vielleicht vorher einen Plan zurecht legen sollen …

Ich versuche aufzustehen, aber sobald ich mich zu sehr oder zu schnell bewege, scheut der Läufer und trabt davon. Er kommt zwar nach einem Moment wieder, aber ich muss wirklich langsam machen. Wenn ich ihn zu sehr erschrecke, ist er womöglich auf und davon, und das vielleicht für immer. Also stehe ich nicht auf, hocke mich nur etwas bequemer auf den Stein.

Und warte und beobachte.

Ich verdränge so gut es geht, dass es sich hier um eine Maschine handelt und versuche es einfach als Pferd zu sehen. Ich bin kein Pferdeprofi, weiß aber genug, um mit so einem Tier vernünftig in Kontakt zu treten. Bedeutet in erster Linie, sich nicht wie ein Raubtier zu benehmen, ruhig und entspannt zu bleiben und, wie bei allen Tieren eigentlich, Sicherheit und Selbstvertrauen zu vermitteln – „Ich bin nicht dein Feind, aber auch nicht dein Opfer.“

Die Maschine läuft unruhig hin und her. Sie hat hier und da einen Spooky-Moment, wo sie vor irgendwas scheut, dass es nicht gibt. Nach einigen Minuten hat sie dann offenbar eine akzeptable Distanz zu mir gefunden und scheint sich zu beruhigen.

„Na du“, flüstere ich leise und grinse dabei ziemlich doof.

Keine Ahnung, aber ich freue mich riesig über das hier. Vielleicht, weil das hier meins ist. Ganz allein meins. Ich glaube nicht, dass Sanya sich schon mal am Maschinenbändigen versucht hat, also ist das hier allein mir zu zuschreiben und das tut mir gerade unfassbar gut. Das hier bin ich.

Diese Erkenntnis versetzt mir gleichzeitig einen Schlag in den Magen. Ich bin hier in dieser Welt Sanya. In den Augen aller, bin ich sie. Und auch was ich tue, ist sie. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes ein Geist.

Das Schnauben des Läufers holt mich aus meinen traurigen Gedanken. Ich mustere die Maschine und versuche etwas zu finden, dass sie besonders macht. Einen Anhaltspunkt, der mir ermöglicht sie von den anderen zu unterscheiden. Ich sehe mir alles an, jede Metallplatte, Lohebehälter, Energiezellen, alles, was einem optisch direkt ins Auge springt. Nichts, einfach nichts. Es ist ein nichtssagender Läufer, wie jeder andere auch; zumindest äußerlich.

Was mich dazu bringt, zu überlegen ob und wie ich sie vielleicht markieren könnte. Um mir dann sicher sein zu können, dass es sich jedes Mal um dieselbe Maschine handelt.

Der Läufer horcht auf und ich werde mir bewusst, dass da irgendwo Stimmen sind, die hörbar deutlicher werden. Da kommen offenbar zwei, drei Nora den Weg entlang, genau in unsere Richtung.

Nein! Nein, nein, nein! Wenn, Nora den Läufer sehen, werden sie ihn jagen und versuchen zu töten, dann kann ich vergessen ihn „zu zähmen“, sollte er mit dem Leben davonkommen.

Bedeutet, dass ich ihn jetzt verscheuchen muss. Das sollte aber möglichst sanft von statten gehen, damit er mich nicht als Bedrohung einstuft, oder? Schnell, Anja, denk nach!

Ich stehe schnell auf in der Hoffnung, dass ich den Läufer damit zu Flucht bewegen kann, ohne direkt auf ihn einzuwirken. Zum Glück funktioniert es und er galoppiert davon.

Ich beeile mich ebenfalls zu verschwinden, nicht, dass er zurückkommt, weil er mich noch hier sitzen sieht und ihn die Nora dadurch erwischen. Außerdem hatte ich ja eigentlich etwas ganz anderes vor.

Wieder zwischen den Bäumen, auf halbem Weg Hügel hoch, kommt mir eine Idee. Ich hebe Hasi, hoch und betrachte ihn. Oder besser, ich inspiziere seinen Puschel.

Ob ich daraus eine „Bommel“ machen kann? Mit einem Faden oder einer Schnur, und die dann irgendwie an die Maschine pinnen, um sie zu markieren. Das klingt machbar, selbst für mich. Mir schläft aber im nächsten Moment das Gesicht ein. Ich habe keine Schnur, ich Idiot.

Trotzdem nehme ich mein Scherbenmesser und schneide Hasi den Puschel ab. Sorry, Kumpel, aber für mich könnte der nützlicher sein wie für dich.

Ich packe Puschel-Bommel in meine Tasche und setzte meinen Weg zu Grata fort. Hoffentlich ist Hasi-Puschel nicht irgendeine Delikatesse hier und die alte Frau lässt mich von der Urmutter verfluchen für diesen Fauxpas.

Es geht den Hügel hoch und als ich das Lager sehe, höre ich auch Gratas alte, kratzige Stimme schon, die etwas in einem Singsang vor sich hinmurmelt.

„Hallo Grata“, grüße ich, wissend, dass ich keine direkte Reaktion bekommen werde.

Die Alte sitzt am Feuer, hebt die Hände und sieht in den Himmel. „Wenn von zweien nur einer bleibt, sind die Tage dunkel für beide“, spricht sie feierlich.

Ich stutze. Klingt für mich, als wüsste sie von Sanya und Graik. Oder? Plappert die nur wirr? Wer weiß das schon. Die Urmutter vielleicht. Vielleicht ist sie die Alte aber auch leid und antwortet ihr deswegen nicht.

„Ich habe etwas Essen für dich“, erkläre ich pragmatisch und packe Hasi an einen Haken, der an einem Holzgestell hängt.

„Der Urmutter Großzügigkeit ist warm, doch nur Hitze schafft es Hunger zu stillen“, plappert Grata vor sich hin.

Genervt sehe ich die alte Frau an und dann zu dem nur noch glimmenden Feuer vor ihr. Ich habe ein dezentes „Fick dich“ auf den Lippen, verkneife es mir aber angestrengt. Offenbar soll ich für meine Großzügigkeit auch noch Holz sammeln. Plötzlich habe ich aber eine Idee.

„Nur mit einem Seil kann man genug Futter für das Feuer bündeln. Oh Urmutter, schenke mir einen gesponnenen Faden“, richte ich feierlich, und auch wenig sarkastisch, meine Rede an den Himmel.

Grata stutzt scheinbar kurz, doch berappelt sich schnell. „Um zu bekommen, muss man geben, so gebe ich Gespinst, um Hitze zu empfangen.“

„Das klingt falsch“, schießt es mir durch den Kopf und ich muss grinsen. Ich sehe mich um, nehme mir ein Seil und laufe den Weg zurück, den ich gekommen bin. Ich sammle Holz in dem kleinen Waldstück am Fuße des Hügels, verschnüre es und watschle wieder zu Grata hoch. Ich lege „Futter“ für das Feuer nach und packe den Rest zu einem Vorratsstapel neben ihrem Zelt zusammen.

„Der eine von den beiden dankt für das Gespinst“, erkläre ich, während ich das Seil einpacke und hoffe irgendwie doch noch etwas Nützliches zu erfahren.

„Dunkle Tage, falsche Fährten, Urmutter leih uns dein Licht. Der eine dem Eis entgegen, der andere der zurückgelassenen Schuld“, betet die Alte gen Himmel.

Falsche Fährten? Was soll das nun wieder? Der Rest klingt aber irgendwie vertraut. Graik ist Richtung Banuk, also Eis und Schnee, aufgebrochen und der andere, also Sanya, bleibt mit der Schuld zurück. Spielt sie womöglich auf die Sache an, die der Händler will? Ist das die Schuld? Oder meint sie damit den Grund für die Verbannung der Geschwister? Lohnt sich weiter zu fragen?

Ich glaube nicht, schüttle den Kopf und verabschiede mich. Wieder gehe ich den Hügel hinunter. Was für ein auf und ab heute. Ich suche mir ein nettes Plätzchen unter einem Baum und bastle an meiner Erkennungs-Puschel-Bommel, was auch immer es werden wird.

Das Ergebnis ist nicht hübsch, wird aber, hoffentlich, seinen Zweck erfüllen. Puschel ist gut verschnürt, am anderen Ende des Seils habe ich einen kleinen Stein ähnlich verpackt. Ich habe, ausnahmsweise mal nachgedacht und das Seil geteilt, damit es nicht zu lang ist und ich für später noch etwas habe.

Der Plan ist, den Stein an der Schnur zu schwingen und zu werfen. Mit etwas Glück wickelt er die Schnur um etwas an der Maschine und die Bommel hängt fest am Läufer. Oder er verkeilt sich. Zumindest ist das meine Hoffnung. Keine Ahnung, wie lang Puschel dann halten wird, bevor er zerfleddert oder verrottet, aber für eine Weile, werde ich meinen Maschinen-Freund jedenfalls immer identifizieren können. Vorausgesetzt es funktioniert. Ich bin gespannt …

Feindkontakt

Gerade, als ich überlege, ob ich den Läufer suchen gehe oder einfach auf eine neuerliche Begegnung warte, gibt meine Tasche eigentümliche Geräusche von sich.

Ich starre sie an, als erwarte ich, dass sie wie eine Bombe hochgeht. Was sie theoretisch könnte, wie mir einfällt. Die Sprengfalle ist immerhin noch da drin. Mir wird mulmig und ich will gerade Distanz zwischen mich und die Tasche bringen, da erinnert mich der Ton dann doch eher an ein Smartphone. Ich habe aber kei…

Moment! Der Fokus!

Hektisch krame ich in der Tasche und hole das kleine Ding raus. Es leuchtet, oder blinkt, um es genauer zu sagen. Ähm, habe ich eine Nachricht erhalten? Aber wie soll das funktionieren, wo das Ding doch scheinbar defekt ist?

Ich klemme es mir verwirrt ans Ohr, tippe darauf und vor mir erscheint ein Hologramm.

Oder eher das, was davon übrig ist. Es ist völlig verzerrt und löchrig und unscharf. Die Figur ist ein Mensch, denke ich. Oder ein Ork, oder Shrek, oder was auch immer.

Kratzig und stockend ertönt eine Stimme: „… Sanya … wichtig … höre mir zu …“

Die Übertragung ist mies und der Ton rauscht, aber … aber … diese Stimme … ich kenne sie.

„Deinen Fokus … deinen Schlüssel … mir übergeben …“, fordert die Stimme.

What?! Meinen Schlüssel?

„Melde … mich … Treffpunkt … teile ich mit …“

Ende. Das Hologramm ist weg und die Stimme auch. Ich bleibe zurück, völlig überfordert und ratlos.

Die Stimme gehört zu Sylens, dessen bin ich mir sicher – schlechte Tonqualität hin oder her. Im Hintergrund war kurz eine zweite zu hören. Durch das Rauschen bin ich mir nicht sicher, aber könnte sie Graik gehören? Keine Ahnung, ist mir spontan auch egal.

Ich greife in die Tasche und holen meinen Schlüsselbund raus.

Es ist meiner, meiner aus meiner Welt. Der, den ich in der Hand hatte, als ich die Tür abschließen wollte und plötzlich hier gelandet bin. Er ist alles, was ich habe.

Einen Teufel werde ich tun, ihn Sylens zu geben!

Ich weiß, dass er ein zwielichtiger Geselle ist, der zwar hilft, aber nur, wenn es ihm auch hilft. Als Spieler habe ich ihn geliebt, generell mag ich solche Charaktere ausgesprochen gern. Aber ich habe auch oft darüber nachgedacht, wie frustrierend und nervig er für Aloy die ganze Zeit sein muss.

Außerdem verstehe ich nicht, wie er überhaupt von meinem Schlüssel wissen kann. Ich habe ihn mitgebracht … oder? Unschlüssig betrachte ich den Schlüsselbund, nichts Auffälliges. Alle Teile sind frisch und das Metall sauber. Er ist ganz anders als die, die man hier in den Ruinen findet.

Der Fokus selbst ist gibt keinen Ton mehr von sich. Der erneute Versuch das Ding zu starten, schlägt auch fehl. Data corrupted, prangt wieder vor meinen Augen. Wie hat Sylens es eigentlich geschafft mich zu kontaktieren?

Ob man das Ding reparieren kann? Fraglich wie. Rein technisch kann man an dem Mini-Ding wohl kaum etwas machen, und um ein Software-Problem zu beheben, bräuchte ich einen Computer, oder etwas in der Art. Und selbst dann müsste ich erstmal wissen und verstehen, wie das Programm funktioniert …

Mir fällt der Klartraum mit Sanya ein, die alten Ruinen, in denen sie und Graik waren. Ob ich da irgendwo etwas finde, womit ich den Fokus wieder zum Laufen bringe?

Irgendwo hinter mir raschelt es und ich sehe über meine Schulter. Die Schatten der Bäume sind dunkel und lang, es ist später Nachmittag inzwischen. Ich mache irgendwo eine Bewegung aus, kann sie aber nicht so recht …

Hilfe!

Ich springe auf und hetze kopflos los. Als wäre der Teufel hinter mir her, sprinte ich zu einer der Leitern des Übungsgeländes. In Windeseile bin ich oben auf dem Brett und traue meinen Augen kaum. Der Teufel, der in Form eines Wildschweins auf mich losgegangen ist, rammt das Holz und tut seinen Unmut über meine Anwesenheit kund. Die ganze Konstruktion unter mir beginnt zu wackeln.

Ich bin überfordert und panisch, doch Sanya scheint die Gunst der Stunde reflexartig zu erkennen. Ich habe plötzlich den Bogen gezückt und zack, ist der erste Pfeil ist bereits von der Sehne geschnellt. Er trifft das wilde Biest irgendwo im Nacken.

Das hier ist aber nicht Hasi und auch kein Fisch, dementsprechend ist die Sau jetzt nicht tot, sondern noch wütender als vorher. Sie tobt, schreit und rammt wieder die Leiter.

Der nächste Pfeil surrt durch die Luft bevor ich verstehe, was los ist, und der dritte direkt hinterher. Nach einem kurzen Moment auch noch der vierte.

Das Wildschwein taumelt, schreit und bricht schließlich zusammen.

Ich starre hinunter zum schmerzhaften und lauten Todeskampf des Tieres. Mein Herz rast wie ein verdammtes Rennpferd und meine Atmung ist abgehackt. Mir ist schlecht und zittere wie verrückt. Das ist alles so überhaupt nichts für mich. Und ich werde das Gefühl nicht los, dass ich mich auch nie daran gewöhnen werde.

Ich versuche mich zu beruhigen, atme durch und Schlucke den viel zu vielen Speichel in meinem Mund angestrengt hinunter. Als das Nervenflattern endlich nachlässt, klettere langsam die Leiter hinunter.

Unten angekommen betrachte ich das Wildschwein. Meine Güte, ist das ein Riesenvieh! Ein Berg aus Fleisch und Muskeln der mir fast bis zur Hüfte hoch reicht.

Ich mache mir die ganze Zeit Sorgen, dass mich eine Maschine platt macht, aber das hier ist wahrscheinlich realer: Eine wilde Sau, die mich auf die Hauer nimmt.

„Sanya!“

Ich zucke erschrocken zusammen und sehe auf. Rost? Was macht der denn hier? Und wo kommt der her?

„Du hast es erlegt“, stellt er fest, als er bei mir ankommt.

Ich … was? Ich verstehe nur Bahnhof, während der Ausgestoßene sich hinkniet und die Pfeile aus dem Wildschwein zieht.

„Vier Stück? Zwei hätten reichen müssen“, murmelt er vor sich hin.

Ich seufze. So ein bisschen verstehe ich Aloy gerade … Trotzdem habe ich immer noch keine Ahnung, was hier gerade los ist. Und ich habe das Gefühl, mich verteidigen zu müssen. „Ja, ich war einfach zu überrascht“, erkläre ich mürrisch und gehe meine Sachen holen.

Rost brummt und macht sich daran, dass Wildschwein zu zerlegen.

Als ich mit meiner Tasche wieder zurück bin, dämmert es mir dann endlich. Offenbar hat er das Tier gejagt und deswegen war es so sauer. Ich stand einfach nur in seinem Fluchtweg.

„Wo ist Aloy?“, frage ich nach einem kurzen Rundumblick.

„Schon im Haus“, antwortet Rost kurzangebunden und konzentriert sich auf seine Arbeit.

Ist okay, du musst nicht mit mir reden …
 

Ich bin froh, als wir ankommen. Die Fleischteile, die ich geschleppt habe, sind echt schwer. Und es ist auf eine unerklärlicherweise unangenehm. Es stinkt nicht, es blutet nicht, aber es ist … bäh, einfach bäh.

Wir packen alles auf die Terrasse, neben einen Tisch. Hygienisch ist auf jeden Fall anders …

„Aloy“, ruft Rost bestimmt und geht bereits die kleine Treppe wieder hinunter.

Die Teenagerin kommt heraus und freut sich mich zu sehen, eher weniger als sie die Masse an Fleisch sieht. Und ja, ich habe keine Ahnung warum.

„Alles?“, fragt sie genervt ihren Ziehvater.

„Alles“, gibt Rost schnaufend zurück und geht zu einem Eimer Wasser der sich neben dem Haus befindet und wäscht sich.

Ich schenke Aloy ein schiefes Grinsen. Ich weiß immer noch nicht, wo das Problem gerade ist. Viel Essen ist doch gut, oder?

„Hilfst du mir?“, fragt sie mich geradeheraus.

„Ich muss noch etwas machen, dann helfe ich.“ Wobei auch immer …

Während die Teenagerin anfängt das Fleisch in handlichere Teile zu schneiden, schaue ich zu meinem Köcher. Pfeil eins habe ich beim Baumschießen eingebüßt, Pfeil zwei beim ersten Fisch, Pfeil drei und vier bei den anderen Fischen, Hasi hat mich Nummer fünf gekostet und die wilde Sau sechs, sieben, acht und neun.

Ich sollte ganz dringend Pfeile machen. Ich hocke mich also auf die andere Seite der Terrasse und versuche mich mental freizumachen. Ich beginne mit der Arbeit, als ich meinen Kopf weitestgehend leer habe und das funktioniert eins a. In Nullkommanichts habe ich die neun Pfeile wieder in meinem Köcher und bin sehr zufrieden. Langsam habe ich den Dreh raus, wie ich mit Sanya am besten zusammenarbeite.

Ich nehme mir einen Moment und beobachte Aloy, um die Handgriffe zu sehen und was sie macht, dann helfe ich ihr.

Wir pökeln Fleisch, jede Menge Fleisch. Jetzt verstehe ich, warum die Teenagerin vorhin so genervt war. Das nimmt einfach kein Ende.

Aloy erzählt mir, dass Rost mit ihr heute für die Erprobung trainiert hat, seit einer ganzen Weile das erste Mal wieder. Und sie ist hörbar glücklich darüber.

Bei einer ungeschickten Bewegung schmeiße ich aus Versehen meine Tasche runter und meine Puschel-Bommel-Stein-Konstruktion fällt heraus. Natürlich ist das Interesse der Teenagerin sofort geweckt.

„Was ist das?“, fragt sie und hebt mein Werk vom Boden auf.

Mist. Was mach ich jetzt? „Ähm … nun ja …“, versuche ich sehr geschickt und subtil Zeit zu schinden. Ich nehme ihr das Konstrukt weg und stecke es wieder in meine Tasche.

„Komm schon, Sanya, erzähl“, fordert sie mich verschwörerisch grinsend an.

Eigentlich will ich es ihr nicht sagen, weil ich sie nicht zu Dummheiten animieren will, aber ich sehe ein wenig Heimtücke in ihrem Blick. Sie wird doch nicht den Vorfall von gestern nutzen wollen und mich erpressen? Ich kann es jetzt darauf ankommen lassen oder ihr zuvorkommen, um nicht als Trottel dazu stehen … Ich knicke ein und lasse kurz den Kopf hängen.

Ich sehe mich um und finde Rost beim Holzhaken am anderen Ende des Geländes. Er ist weit genug weg, also beuge mich zu ihr. „Erinnerst du dich an gestern? Die Sache mit dem Läufer, der sich so eigenartig benommen hat?“, flüstere ich

Die Teenagerin nickt.

„Ich glaube, ich habe ihn heute wieder gesehen.“

„Wirklich?“, fragt sie mich ungläubig.

„Ja. Aber ich bin mir nicht sicher, deswegen wollte ich ihn markieren.“ Ich sehe, wie sie versteht was ich meine

„Seid ihr fertig?“, tönt es plötzlich streng aus einiger Entfernung.

Wir sitzen beide sofort stramm, als hätte man uns bei einer Dummheit erwischt.

„So gut wie“, antwortet Aloy sofort.

Ich sehe zu Rost, zu der Teenagerin dann zu dem Berg aus Fleisch. Wir haben etwa die Hälfte geschafft, das als „so gut wie“ zu bezeichnen ist schon übertrieben.

Wir pökeln also weiter. Und pökeln und pökeln. Meine Finger sind völlig mit Salz verkrustet inzwischen. Ich könnte als lebender Leckstein durchgehen. Aloy genauso. Die obere Hautschicht ist so ausgetrocknet, dass sie immer mal wieder aufreißt und in Verbindung mit dem Salz … ja, autsch.

Als wir endlich fertig sind bringt Rost uns unaufgefordert zwei Schüsseln mit Eintopf. Das Essen vergeht in stiller Eintracht. Wir sind alle erschöpft, jeder auf seine Art.

Aloy nickt irgendwann ein, was mir erst auffällt, als Rost sie hochnimmt und dadurch das Gewicht an meiner Seite plötzlich verschwindet. Er bringt sie nach drinnen, während ich bleibe und in den glitzernden Nachthimmel starre.

Unvorbereitet werde ich an der Schulter angetippt und zucke kurz. Eine große Hand reicht mir etwas kleines Dunkles. Ich nehme es und sehe Rost fragend an, der mir deutet, dass es für mich ist. Wortlos setzt er sich neben mich und sieht zu dem hell lodernden Feuer in einiger Entfernung.

Ich betrachte das dunkle, eckige etwas. Es ist an den dünneren Stellen leicht durchsichtig. Es wirkt kristallin, wie Bernstein. Was ist das?

„Du darfst es ruhig essen“, erklärt der Mann neben mir ruhig, ohne mich anzusehen.

Es ist essbar? Okay … Ohne weitere Bedenken stecke ich es in den Mund. Es schmeckt süß und erinnert mich an Kandiszucker, oder ein Bonbon. Aus unerfindlichen Gründen löst ein emotional warmes Gefühl in mir aus, etwas wie „zu Hause“.

„Verrate es Aloy nicht. Ich habe ihr gesagt, ich habe nichts mehr“, bitte er mich mit einem leichten Schmunzeln.

Ich muss lächeln. „Danke. Das wäre aber nicht nötig gewesen.“

Kurz folgt Stille, dann seufzt er schwer. „Ich dachte, du brauchst es dringender.“

Verdutzt sehe ich ihn an. Keine Ahnung, was er damit meint.

Rost sieht zurück, unaufgeregt und fast sanft. „Ich habe dich weinen gehört“, sagt er leise. „Letzte Nacht im Schlaf“, fügt flüsternd noch an.

Uff, da erwischt mich gerade auf dem falschen Fuß. Ich senke abrupt den Blick und fummle an meinen Sachen. Der Albtraum kommt wieder hoch. All das Chaos, all der Tod. Der süße Geschmack in meinem Mund ist schlagartig etwas weniger süß.

„Ich …“, beginne ich, breche aber wieder ab. Ich nehme mir einem Moment mich zu sammeln. „Ich habe geträumt, dass Maschinen alles vernichten, was mir wichtig ist“, erkläre ich stockend.

Ich spüre, wie er nickt. Danach sitzen wir einfach noch still eine Weile beisammen und gehen schließlich nach drinnen, als die Kälte beginnt in die Haut zu beißen.

„Gute Nacht“, flüstere ich ins Halbdunkel der Hütte, als ich auf der Pritsche liege.

„Gute Nacht, Sanya“, brummt Rost.

Mir fallen die Augen und ich schlafe ein.

Es war einmal ...

Völlig schwerelos schwebe ich in der Dunkelheit dahin. Ich bin mir unsicher, wo ich bin und was nun schon wieder los ist. In mir keimt ein wenig die Hoffnung auf, dass es endlich nach Hause geht.

Vor mir beginnt die Finsternis dünner zu werden und langsam zeichnen sich Umrisse ab. Dächer kommen zum Vorschein, Häuser, ein massiver Holzwall. Lagerfeuer brennen und erhellen das Innere des Dorfes.

Das ist definitiv nicht mein zu Hause und ich spüre Enttäuschung in mir hochkommen.

Den Ort habe ich vor kurzem erst gesehen … das ist … Mutterherz. Ich kann nicht erklären warum, aber ich fühle mich nicht gut, von der Enttäuschung abgesehen. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass etwas Schlimmes passiert ist, oder wird. Ein Maschinenangriff? Ein Überfall? Ich versuche mich zu erinnern, wann die Roten Raubzüge stattgefunden haben, bekomme es aber nicht zusammen.

Je näher ich zu dem Dorf fliege, oder eher zu ihm gezogen werde, zeichnet es sich deutlicher gegen die Dunkelheit ab. Ich beginne Stimmen zu hören. Wütende, aufgebrachte Stimmen. Ich höre Wortfetzen, die wie Gift dahin gespuckt werden.

„… Verschwendung!“

„Wie konntet ihr nur?!“

„Richtet sie!“

„Überlasst sie der Urmutter selbst!“

„Ja, verbannt sie!“

„Verbannung!“

Mein Magen krampft und das ungute Gefühl verstärkt sich. Was ist hier los?

Ich komme vor dem großen Tor an, hinter dem sich die Stimmen der Nora zunehmend überschlagen. Mir dämmert, was hier los ist und ich fühle mich nicht wohl damit hier zu sein. Auch, wenn ich offenbar nur stiller Zuschauer der Szene bin. Eigentlich will ich weg, ich will das hier nicht miterleben. Ehe ich versuchen kann mich dem zu entziehen, gehen die Tore auf und zwei Personen kommen auf mich zu gerannt.

Natürlich.

Graik und Sanya eilen aus dem Dorf, verfolgt von einem Steinhagel. Sie laufen an mir vorbei, fast durch mich hindurch.

Ich drehe mich um und sehen ihnen nach. Sehe, wie ein Stein Sanya am Kopf trifft und sie zu Boden geht. Sehe, wie Graik zu seiner Schwester eilt, sich schützend über sie beugt um sie vor weiteren Steinen abzuschirmen. Sehe, wie er wütend zurück sieht.

Mir ist schlecht und mir kommen die Tränen. Ich sehe Blut an Sanyas Schläfe hinunterlaufen und Graik einen weiteren Stein abwehren, der beinahe seine Schwester getroffen hätte.

Ich drehe mich um, sehe eine gesichtslose Menge im Tor stehen, die weiter Steine wirft. Es rauscht in meinen Ohren und ich brülle, dass sie aufhören sollen, wieder und wieder, während mir mehr und mehr die Tränen über die Wangen laufen.

Es wird dunkel um mich herum und kurz bevor die Szene komplett verschwindet, höre ich eine weibliche Stimme, deren Traurigkeit mir das Herz bricht: „Möge die Urmutter euch schützen, meine lieben Kinder.“

Im nächsten Moment bin ich in einer Hütte. Es ist definitiv nicht die Hütte von Rost, so viel kann ich sagen. Und, dass ich immer noch dieses flaue Gefühl von vorhin habe. Ich blinzle verwirrt, sehe mich um und habe keine Ahnung wie ich hier gelandet bin.

Eine Hand legt sich unvermittelt auf meine Schulter und ich zucke kurz zusammen. Ich drehe mich um und sehe … einen jungen Graik?

„Wir müssen los, die Zeremonie beginnt gleich“, freut er sich mit funkelnden Augen.

Zeremonie? Was für eine Zeremonie?

Er nimmt mich an die Hand und wir verlassen die Hütte. Es geht eilig durchs nächtliche Mutterherz. Graik Griffs ist stark, als hätte er Angst mich bei dem Tempo zu verlieren.

Nicht unbegründet. Ich stolpere nämlich ziemlich überfordert durch die Gegend gerade. Ich sehe an mir hinunter und versuche zu verstehen, was nun schon wieder los ist. Ich trage Nora-Kleidung … Ich bin Sanya im Moment? Was für ein durcheinander.

Es geht über die lange Holzbrücke, auf der anderen Seite stehen bereits alle versammelt. Eilig zieht mich Graik zu den beiden noch freien Laternen.

„Da seid ihr ja endlich“, spricht uns der junge Mann neben uns an.

Grübelnd mustere ich ihn. Das Gesicht, die Augen, dieser leichte Bartschatten … Ich kenne den irgendwoher. Aber mir fällt es einfach nicht ein …

In dem Moment, wo alle ihr eigenes Gebet sprechen und dementsprechend jeder mit sich beschäftigt ist, versuche ich das alles hier irgendwie zu begreifen. Ich sehe zu Graik, der tief in seine Gedanken versunken neben mir kniet und denke nach.

Wir machen die Erprobung, denn das hier ist die Zeremonie vom Vorabend, zusammen? Das bedeutet, er und Sanya sind Zwillinge? Oder?

Als alle fertig sind mit beten, nehmen wir unsere Laternen und lassen sie in den Nachthimmel steigen. Ich muss breit und albern Grinsen, weil mir das Kommentar von dem Youtuber Gameomat in seinem Satire-Video „Alles falsch in Horizon Zero Dawn“ einfällt: „Jetzt habe ich Rapunzel-Flashbacks.“

Während ich grinsend das Schauspiel verfolge, sprechen die Erzmütter ihr Gebet:

„Urmutter, höre unser Gebet. Was ist ein Kind, wenn nicht Ausdruck mütterlicher Hoffnung? Eine leuchtende Flamme, die weit hinaufsteigt, frei schwebend im Wind. Ein Licht am Himmel, bis es endlich verglüht? So wird das Band unserer Liebe weiter von Hand zu Hand gereicht …“

Mir wird schwer ums Herz. Mütter, Kinder … Ich muss an meine Familie denken, und dann an eine andere. Ich sehe zu Graik und dann zu den „Gästen“ der Zeremonie. Mir fällt die traurige Frauenstimme von dem vorangegangenen Traum, Erinnerung, was auch immer wieder ein.

Wo ist die Mutter von Graik und Sanya? Wo ihr Vater? Was ist passiert, zwischen dem Moment hier und dem zuvor?

Es wird dunkel und still, und ich falle in einen traumlosen Schlaf für die restliche Nacht.

Als ich aufwache, fühle ich mich merkwürdig. Ein bisschen, als hätte ich im Privatleben von jemandem geschnüffelt. Auch, wenn ich nichts dafür kann und keinen Einfluss darauf habe, habe ich ein leichtes Schamgefühl deswegen.

„Guten Morgen“, werde ich von einer Stimme begrüßt.

Von einer männlichen Stimme.

Ungläubig sehe ich auf. Rost richtet gerade seine Schlafecke.

Rost.

Der Mann, der jeden Morgen verschwunden ist, wie ein heimlicher Liebhaber und erst abends, wie ein solcher wieder auftaucht.

Dieser Umstand freut mich irgendwie nicht, so ganz und gar nicht. Er sorgt eher für ein flaues Gefühl und Unruhe in mir.

„Ist etwas passiert?“, frage ich geradeheraus.

Der Hausherr hält mitten in der Bewegung inne und dreht den Kopf zu mir. Er mustert mich.

Ja, ich komme mir jetzt dumm vor die Frage gestellt zu haben, aber … „Du bist sonst immer schon weg, deswegen …“ Den Rest vom Satz verschlucke ich undeutlichem Gemurmel und senke den Blick.

„Ich breche gleich auf“, bekomme ich kurzangebunden noch gesagt, dann ist Rost bereits dabei seine Tasche zu packen.

Ich bin verwirrt. „Okay“, flüstere ich vor mich hin.

Durch das späte Abendessen gestern habe ich Moment keinen Hunger. Ich stocke, nach Nachfragen bei Rost, mein Brot auf, nehme mir ein wenig von dem gepökelten Fleisch und fülle meinen Trink-Beutel auf. Mir wird bewusst, dass ich gestern kaum etwas getrunken habe – ich sollte mehr darauf achten. Eine schlechte Angewohnheit, die ich offenbar aus meiner Welt mitgebracht habe.

Auf dem Tisch liegen saubere Stoffstreifen und ein Tiegel mit einer Salbe, daneben ist eine Schüssel mit Wasser. Ich sehe die Sachen mit gerunzelter Stirn an, habe aber keine Ahnung, warum die hier stehen.

„Wasche dich, danach helfe ich dir deine Hände zu versorgen“, bekomme ich von Rost gesagt. Oder eher kommandiert.

Weil ich gerade erst aufgewacht und noch gar nicht richtig aufnahmefähig, geschweige denn reaktionsfähig, bin, nicke ich schlicht. Da ist mir Aloy mit ihrem Geplapper am Morgen fast lieber. Die quasselt einfach und erwartet keine Reaktion von mir.

Ich wasche mir Gesicht, Hals und Nacken; unter wiederkehrendem, leisen Schmerz-Zischen, weil das Wasser in den offenen Stellen brennt.

Der Hausherr reicht mir ein Tuch, dass aus dickem Stoff besteht, zum Abtrocknen. Anschließend sitzen wir am Tisch und Rost trägt die Salbe auf die offenen Stellen, die vornehmlich an den Knöcheln sind, auf.

Aus Gründen, die ich nicht verstehe, fällt mir der Film „Der 13. Krieger“ ein. Als die Frau dem „Arab“ erklärt, dass die Wundsalbe, die sie ihm aufs Gesicht aufträgt, aus eingekochter Kuhpisse besteht. Mein Kopf ist manchmal echt merkwürdig. Danke für diese Erinnerung, Gehirn, danke.

Anschließend verbindet Rost geübt meine Hände.

Ich sehe auf, als er fertig ist. „Danke“, sage ich aufrichtig und lächle.

Er gönnt mir ein wohlwollendes Nicken und steht auf und sieht mich irgendwie bedeutungsschwanger an. „Du kannst erstmal bleiben, vorausgesetzt du machst weiterhin deinen Anteil.“

Schlagartig strahle ich übers ganze Gesicht. „Danke“, freue ich mich.

„Sagtest du schon“, murmelt der Hausherr.

Klang das amüsiert? Ich bin mir nicht sicher.

Gemeinsam verlassen wir die Hütte und draußen erwartet uns ein ziemlich grantige Aloy. Ich nehme alles zurück, dann doch lieber einen kommandierenden Rost.

„Muss das …?“

„Ja“, schneidet der Mann der Teenagerin direkt das Wort ab.

Hier herrscht offenbar dicke Luft. Die Frage ist nur warum. Da ich es nicht weiß, halte ich mich vornehm zurück.

„Sanya hat ihr gestern erst einen Hasen gebracht“, regt sich Aloy auf.

Ich mag es nicht, dass mein Name fällt, ohne, dass ich weiß, worum es überhaupt geht. Aber … Hase? Geht es um Grata?

„Sie ist alt, ja, aber mit einem Hasen kommt Grata auch nicht länger als einen Tag aus“, erklärt Rost ungerührt von der Wutattacke seiner Ziehtochter. „Und wir brauchen jetzt auch mehr Essen.“

War das ein Seitenhieb? Ich bin ehrlich überfordert mit der Szene. Keine Ahnung warum Aloy sauer ist oder worum es generell gerade geht. Und irgendetwas sagt mir, dass ich besser nicht nachfragen sollte, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

„Ich könnte doch aber auf Maschinenjagd gehen und danach zu Grata“, bietet die Teenagerin an.

Rost verschränkt die Arme. „Nein. Du kannst nicht immer nur für die Erprobung üben. Sich selbst versorgen können ist außerdem auch eine Übung. Nicht nur für die Erprobung, sondern für dein ganzes Leben; begreif das doch endlich.“

„Aber ich könnte Sanya helfen den Läufer zu finden“, plaudert sie, ohne eine Sekunde zu überlegen aus.

Mir rutscht das Herz in die Hose und ich halte die Luft an. Mit großen, ungläubigen Augen starre ich Aloy an und sehe, wie ihr schlagartig auch bewusstwird, dass sie das wohl besser nicht gesagt hätte.

„Was für ein Läufer?“, werde ich scharf und argwöhnisch gefragt.

„Nichts weiter“, versuche ich es herunterzuspielen. „Mir ist die Tage ein Läufer aufgefallen, der sich auffällig benimmt. Ich wollte nur ein Auge darauf haben. Nicht, dass er irgendwie krank oder gefährlich ist und Probleme macht.“ Ich bemühe mich ruhig und beiläufig zu klingen, bei meiner Halbwahrheit.

Rost macht einen kleinen Schritt in meine Richtung und mustert mich mit seinen hellen Augen streng und forschend.

Wenn ich nicht wüsste, dass er eigentlich ein sehr netter und emphatischer Kerl ist, würde ich jetzt wahrscheinlich zurückweichen, weil er mir Angst machen würde. Aber so, versuche ich so gelassen zu wirken, wie mein wild klopfendes Herz es zu lässt. Das Einzige, was mir durch den Kopf schwirrt, ist, dass er bitte sein Angebot, dass ich hierbleiben darf, nicht zurückzieht.

Der Mann beugt sich noch etwas zu mir. „Was du machst, ist deine Sache; aber setzte ihr nicht solche Flöhe ins Ohr“, stellt er unmissverständlich klar.

Ich nicke, mehr nicht.

Ich verstehe Rost, deswegen kommt es mir gar nicht in den Sinn zu widersprechen oder ähnliches. Er will, das Aloy sicher ist und ihr nichts passiert. Das sie, soweit es in dieser Welt und unter den Umständen möglich ist, behütet aufwächst. Er hat schon einmal eine Tochter verloren. Den Schmerz, den so eine Tragödie verursacht, will ich mir nicht mal vorstellen.

„Tu‘, was ich dir aufgetragen habe“, teilt der Mann unmissverständlich der Teenagerin mit und dreht sich um. Er geht Richtung Haupteingang des Geländes.

Ich sehe Aloy an und schüttle einfach nur den Kopf. Ich weiß, dass es kein böser Wille von ihr war, trotzdem hätte das ganze Konsequenzen für mich haben können. Er hätte mich rauswerfen können oder sonst was. Ich sehe der Teenagerin an das sie genervt ist, auch von mir gerade, aber ich merke auch, dass sie sich des Fehlers bewusst ist und deswegen auch von sich selbst genervt ist.

Ich lasse sie wortlos stehen und laufe zügig Rost hinterher. Eine Kleinigkeit wäre da noch, die ich loswerden möchte.

„Rost“, rufe ich, um ihn zum Anhalten zu bewegen.

Was er natürlich nicht macht. Aber er wird etwas langsamer, wodurch ihn einholen kann, ohne dass ich hetzen muss.

Als ich endlich neben ihm bin, atme ich kurz durch bevor ich anfange zu reden. „Es tut mir leid, es war nicht meine Absicht.“ Ich wollte nur das sie aufpasst, weil ich mir Sorgen gemacht habe wegen dem merkwürdigen Verhalten des Läufers, liegt mir noch auf der Zunge, aber das wäre gelogen. Ich bringe es aber nicht übers Herz Rost anzulügen, da ertrage ich lieber seinen nahvollziehbaren Groll.

Der Mann bleibt er stehen und seufzt. Er dreht sich zu mir und …

Ich lasse ihn sehr unhöflich nicht zu Wort kommen. „Ich verstehe dich. Es tut mir wirklich leid, ich habe nicht nachgedacht.“

„Das habt ihr gemeinsam“, murmelt Rost.

Keine Ahnung, ob er seine Ziehtochter und mich oder Graik und mich meint, ich traue mich aber auch nicht nachzufragen.

„Hab` ein Auge auf Aloy und überlege dir das nächste Mal vorher, was du ihr erzählst“, ermahnt er mich und setzt seinen Weg fort.

Ich sehe ihm nach und erst jetzt wird mir bewusst, dass er ziemlich beladen ist. Da ich sonst nie gesehen habe, wie Rost morgens geht, bin ich mir unsicher, ob er immer so vollgepackt ist. Aber irgendetwas sagt mir, dass ich mit meiner morgendlichen Eingebung vielleicht gar nicht so falsch lag.

Timeline

Ich sehe Rost nach, wie er weiter den Berg hinunterläuft. Gleichzeitig läuft mein Hirn heiß. Was fange ich mit dem Tag an, der so bescheiden begonnen hat?

Ich könnte den Läufer ausfindig machen und versuchen ihn zu markieren. Er hat sich die letzten Male hier in der Umgebung aufgehalten, also ist er vielleicht irgendwo in der Nähe.

Gleichzeitig beschäftigt mich der junge Mann, der bei der Zeremonie neben Sanya und Graik gestanden hat. Er kam mir bekannt vor; wo nur habe ich ihn schon mal gesehen? Hier? Oder ist er ein Charakter aus dem Game?

Ich könnte zu Aloy zurück und ihr helfen, aber das sollte ich nicht. Ich bin noch sauer wegen vorhin und das würde im Moment nicht gut ausgehen, wenn wir uns jetzt wieder sehen. Zumal sie ja auch aufgebracht und genervt ist.

Es ist egal, wie sehr ich versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren; meine Gedanken wandern immer wieder zu Sylens. Er will meinen Schlüsselbund und ich habe keine Ahnung warum. Ich muss herausfinden, was an dem guten Stück so besonders ist; von dem Umstand das er aus meiner Welt ist, mal abgesehen. Und das Einzige, was mir dabei helfen könnte, ist, meiner Theorie nach zumindest, mein Fokus. Würde er funktionieren könnte ich ihn scannen und so vielleicht etwas in Erfahrung bringen. Aber das Ding geht nicht. Zumindest nicht von meiner Seite aus, denn Sylens hat es ja irgendwie geschafft mich zu kontaktieren.

Wie bekomme ich das blöde Ding wieder zum Laufen?

Ich erinnere mich an den ersten Klartraum, oder Erinnerungstraum, den ich hatte. Die Ruine der Alten in denen Graik und Sanya irgendwas gesucht haben, in denen auch Aloy ihren Fokus gefunden hat. Vielleicht finde ich da etwas, dass mir hilft? Ich habe den Vorteil das ich mich mit Computern auskenne; also zumindest mehr wie die Menschen hier.

Rost ist inzwischen nicht mehr zu sehen. Ich hocke mich hin und versuche eine Skizze des Beckens zusammen zu schustern. Ich zeichne meinen Standort auf, die Schlucht „hinterm Haus“, Grata, den Übungsplatz, den Fluss, der durchs Becken fließt (zumindest grob), Mutterherz …

Wo ist die verdammte Ruine?

Die ist … „Gegenüber“ irgendwo? Das ist die eine Siedlung, die die Überfallen wird von dem Verderber und den „gehakten“ Läufern. Mutters … Wacht? Die Ruine der Bunkeranlage sind irgendwo in dem Wald daneben … Glaube ich zumindest. Ja, mein Orientierungssinn ist großartig, aber die Map habe ich nun auch nicht zu hundert Prozent im Kopf; aber egal wo ich hinlaufe, ich sollte zumindest immer wieder zurückfinden.

Ich muss über den Fluss und dann Richtung Siedlung und an dem Wachturm, der irgendwo davorsteht, links in die Wildnis. So zumindest der Plan fürs erste. Hoffentlich begegne ich nicht zu vielen Nora unterwegs, da habe ich so gar keine Lust drauf.

Auf jeden Fall wird das ein ordentlicher Fußmarsch, also los jetzt!

Es geht den Berg hinunter wie gestern schon. Vorbei an Gratas Hügel, über das Trainingsgelände, immer weiter Richtung Fluss. Ich halte die Augen offen; nicht wegen anderer Nora, sondern wegen meinem Läufer. Vielleich sehe ich ihn irgendwo und kann versuchen ihn zu markieren.

Meinen? Ich habe ich gerade ernsthaft meinen gedacht? Was ist nur los mit mir …?

Leider ist nirgends etwas zu sehen, zumindest kein Läufer. Stattdessen huscht ein Fuchs in einiger Entfernung an mir vorbei, ich sehe einige Hasen und einen Truthahn. Mir wird plötzlich bewusst, dass es keine großen Raubtiere gibt. Ich glaube, Waschbär und Fuchs sind sogar die einzigen überhaupt. Außer Menschen und Maschinen gibt es nichts Gefährliches. Ah, nein, doch, es gibt Wildschweine. Und die können auch ziemlich gefährlich werden, wie ich gestern eindrucksvoll erlebt habe.

Nach einigen Minute kommt der Fluss in Hörweite. Ich bin ein bisschen betrübt, dass ich den Läufer nicht gesehen habe und fange tatsächlich an mir ein wenig Sorgen zu machen. Ob die Nora ihn erlegt haben? Das wäre wirklich traurig …

Am Fluss angekommen geht es über einige Baumstämme auf die andere Seite. Ich versuche die Hauptwege zu meiden, aber in ihrer Nähe zu bleiben, um nicht die Orientierung zu verlieren. Über Stock und Stein geht es weiter. Nach einer Weile sehe ich den Wachturm in der Ferne und grinse wie blöd. Yes! Ich lag richtig, zumindest was die Lage des Turms und des dahinterliegenden Dorfs angeht.

Da ich eh gerade eine gute Position auf einem Felsen habe, mache ich Pause. Ich sehe Richtung Wald den Berg hinauf und versuche mir die ungefähre Lage des Bunkers ins Gedächtnis zu rufen. Während ich esse und trinke, laufen unten einige Nora den Weg entlang.

„Hast du gehört, die Barbaren waren wieder in der Nähe von Mutterkrone unterwegs“, höre ich einen Mann erzählen.

„Wann hören diese Raubzüge endlich auf?“, seufzt eine Frauenstimme.

Barbaren? Raubzüge? Ich erinnere mich, dass ich während des Traums, als Graik und Sanya verbannt wurde, einen Moment über die Roten Raubzüge nachgedacht habe, aber …

Mir läuft es kalt den Rücken hinunter. Ich weiß das wir uns vor der Timeline des Games befinden, aber über diese Ereignisse vor dem Spiel habe ich noch gar nicht nachgedacht. Die Nora befinden sich immer noch im Krieg mit den Carja …

Mir wird jetzt erst bewusst wieviel Glück ich hatte, dass mich Rost bei Teufelsleid eingesammelt hat. Ich hätte in die Hände der Carja fallen können und wäre im Sonnenring geopfert worden! Da Lob ich mir das Leben als Ausgestoßene, egal wie mies es vielleicht ist.

Generell sollte ich versuchen, die Timeline irgendwie zusammen zu bekommen. Da die Roten Raubzüge noch im Gange sind, habe ich zumindest nichts vor Schatten-Carja oder Eklipse zu fürchten, dafür aber eine Armee sadistischer Idioten vor den Toren des Heiligen Landes. Was noch? GAIA ist bereits in die Luft geflogen und die einzelnen Bestandteile, die untergeordneten KI’s, haben sich verselbstständigt. Das bedeutet, dass HEPHAESTUS bereits seit geraumer Zeit an den Programmen der Maschinen rumdoktert.

Ich schlage mir innerlich vor die Stirn.

Es gibt bereits Wächter, deren Aufgabe besteht darin, die Herden zu bewachen. Sie haben keinen Zweck fürs Terraforming, allein dadurch hätte es mir bewusst sein sollen. Das bringt mich unweigerlich zu dem Läufer zurück. Ist er gar nicht „neu“ sondern eher recht „alt“? Vielleicht läuft auf ihm noch das ursprüngliche Programm, dass Menschen nicht als Gefahr einstuft?

Herr Gott, konzentriere dich!

Wo war ich? GAIA ist tot, HEPHAESTUS manipuliert die Maschinen und HADES … chillt irgendwo seine Base?

Unwahrscheinlich.

Wahrscheinlich hat Sylens ihn bereits gefunden und …

Mir wird mulmig. Womöglich hat die Kontaktaufnahme durch Sylens etwas mit HADES zu tun? Und das mit den Eklipse nehme ich auch zurück. Ich bin mir unsicher, wann genau er angefangen hat diese Verrückten, um sich zu scharen, aber womöglich beginnt er gerade damit. Und wenn es etwas mit HADES zu tun hat, was genau könnte das sein?

Etwas trifft mich unvorbereitet am Hinterkopf. Es nicht extrem schmerzhaft, aber ich erschrecke mich fürchterlich.

Ich halte mir die schmerzende Stelle und drehe den Kopf. Unten auf dem Weg steht ein Mann mit finsterer Miene, einen weiteren Stein in der Hand. Er sagt nichts, aber sein Blick spricht Bände.

Ah, ja. Ich vergaß.

Ich sehe finster zurück und packe meinen Kram zusammen. Genug Pause gemacht und wirres Zeug gedacht. Irgendwo in diesem Waldstück wartet ein Bunker auf mich.

Ich laufe los und halte die Augen offen. Bei meinem Glück falle ich sonst wie Aloy einfach in das Ding hinein. Und bei meinem Glück, verletze ich mich dabei. Oder breche mir gleich das Genick. Ich erinnere mich, dass einige Felsen drumherum stehen, aber ansonsten nichts auf eine „Höhle“ hindeutet, was es schwer macht sie zu finden.

Vögel zwitschern, die Blätter rascheln, es riecht nach Gras und Wald. Das Gebirge ragt hinter dem Wald auf und reicht bis zu den Wolken. Es ist idyllisch und schön. Ich bin etwas in die Landschaft verliebt und … Ja, es hätte beinahe geklappt. Im letzten Moment sehe ich die Lücke zwischen dem Gras und Steinen und halte rechtzeitig an.

Ich gehe in die Hocke und sehe hinunter in das dunkle Loch. Ich höre Wasser und rieche den typisch muffigen Geruch eines Kellers.

Plötzlich kommt mir die Idee irgendwie blöd vor. Soll ich wirklich mein Leben und das von Sanya riskieren für diese unbegründeten Gedanken bezüglich des Fokus? Was, wenn es dort unten gar nichts gibt, dass mir hilft? Ist es das Risiko wert?

Je länger ich dahocke und in dieses dunkle Loch starre, umso größer werden meine Zweifel. Ich gehe ein enormes Risiko ein, wenn ich da runter klettere. Für einen Schlüsselbund? Jein. Vielleicht kann mir der Fokus auch helfen zu verstehen, was mit mir ist. Der kleine Alleskönner, wäre vielleicht wirklich eine große Hilfe. Auch fürs Überleben als solches. Außerdem schien die Übertragung von Sylens abgebrochen, davon ab das sie eh sehr zerstückelt war. Er meinte zwar, er würde mir einen Übergabeort mitteilen, aber womöglich schafft er es nicht mehr mich zu kontaktieren. Ich bin zwar immer noch nicht gewillt mein einziges Andenken von zu Hause aus der Hand zu geben, aber vielleicht kann er mir helfen herauszufinden was hier los ist …

Ich fasse mir ein Herz und beginne vorsichtig den Abstieg. Ich klettere den ersten Absatz hinunter und über einen Baumstamm, der da von schief nach schräg hängt. Unter meinen Füßen ist Fels und Moos; eine sehr rutschige Angelegenheit. Ich gehe in die Hocke, drehe mich und lege mich auf den Bauch. Vorsichtig schiebe ich mich nach hinten, um mit den Füßen unten irgendwo halt zu finden. Als ich endlich den Fels spüre, lasse mich langsam runter rutschen, bis ich fest auf dem nächsttieferen Absatz stehe.

Für Sanya wäre das hier wahrscheinlich kein Problem. Sie würde das mit links machen. Aber meine Angst blockiert ihre ganzen Fähigkeiten und so bin ich auf mich allein gestellt.

Ich sehe meine Hände an, die noch an der Kante des oberen Felsen liegen. Sie zittern wie verrückt und zeigen damit deutlich, wie es in meinem Inneren aussieht. Ich habe wirklich Angst und mir flattern die Nerven. Als Kind bin ich überall hoch- und reingeklettert, da war das kein Thema. Aber als Erwachsener ist man sich der Gefahr und den möglichen Konsequenzen bewusst und das hemmt einen. Noch dazu kann ich den Grund der Höhle nicht sehen. Ich weiß, dass er da ist, aber ich sehe ihn nicht und kann dadurch nicht abschätzen, wie weit er weg ist. Unter mir ist einfach nur Finsternis.

Vielleicht sollte ich wieder hoch?

Ich atme durch, schließe die Augen und versuche Ruhe reinzubringen. Die Ruinen da unten können mir vielleicht helfen meinen Fokus zu reparieren. Vielleicht finde ich auch etwas anderes, dass mir hilft zu verstehen was hier los ist. Graik und Sanya waren ja höchstwahrscheinlich dort unten; womöglich finde ich einen Hinweis darauf warum.

Nachdem ich mich selbst einigermaßen überzeugt habe, dass es keine sinnlose Zeitverschwendung ist da runter zu klettern, beginne ich über die nächsten Steine weiter Richtung Dunkelheit zu kraxeln. Die Abstände sind nicht zu groß oder hoch, weswegen ich sie recht sicher hinunterlaufen kann. Natürlich ist die rechte Hand permanent an der Wand und sucht nach Halt, für den Fall, dass ich wegrutsche. Aber meine „entspannten“ Trekkingtour endet an einem etwa anderthalb Meter hohen Absatz.

Meine rechte Hand krampft sich um die Wurzel, die sich zwischen den Steinen hindurch gequetscht hat.

Springen? Runterrutschen wie vorhin?

Unschlüssig lehne ich mich vor und versuche einzuschätzen, was ich am besten machen sollte, da taucht plötzlich eine Horde kreischender Fledermäuse auf. Ich erschrecke mich zu Tode und versuche aus der Schusslinie zu kommen, doch eines der Tiere verheddert sich in meinen Haaren.

Wir kreischen und zappeln um die Wette, und als ich es gerade geschafft habe, die Fledermaus aus meinen Haaren zu befreien, ist es auch schon passiert. Mein Fuß rutscht weg und ich schaffe es nicht mehr, mich irgendwo festzuhalten …

Boden der Tatsachen

Bevor ich wirklich verstehe, was passiert ist, tauche ich in eisige Kälte ein. Der Schock ist enorm, körperlich und psychisch. Unkoordiniert rudere ich unter Wasser mit Armen und Beinen. Panisch versuche ich wieder an die Oberfläche zu kommen, paddle wild um mich. Als mein Kopf endlich aus dem Wasser ist, hole ich tief Luft, und versinke direkt wieder im kalten Nass. Meine Bewegungen sind weder dienlich noch funktional, die Panik hat mich fest im Griff. Mein Herz rast wie verrück und mein Brustkorb fühlt sich extrem eng an.

Es dauert, bis ich registriere, dass ich mit den Fußspitzen auf den Grund komme und meine Position dadurch stabilisieren kann. Außerdem gibt mir der Umstand Sicherheit. Ich bin kein guter Schwimmer und bekomme Angst, wenn ich mit den Füßen nicht mehr den Boden berühren kann.

Endlich mit dem Kopf vernünftig über Wasser, atme ich erstmal viel zu schnell und hektisch, bis ich mich etwas beruhigt habe. Ich bin abgestürzt, begreife ich dann endlich. Und das Wasser ist eise Kalt! Ich muss hier raus, so schnell wie möglich.

Hektisch schaue ich mich um und sehe den Tunnel, der zum Bunker führt. Ich schwimme los, mit vor Kälte und Schock zitternden Muskeln. Ich beeile mich so gut ich kann, denn ziemlich schnell spüre ich meine Fingerspitzen nicht mehr.

Als ich endlich vor dem Bunker ankomme, klappere ich bereits unkontrolliert mit den Zähnen. Meine Füße sind fast taub und ich traue mich nicht aufzustehen, als ich endlich am „Ufer“ bin. Daher krabble auf allen Vieren aus dem Wasser und durch die Tür ins Innere der Ruine.

Ich zittere am ganzen Körper und mir ist schweinekalt. Ich ziehe mir den Bogen vom Rücken, löse mit zitternden Händen meine Taschen und den Köcher. Nachdem zweiten Anlauf, schaffe ich es endlich die völlig vollgesaugte Weste ausziehen, die mit einem Platsch auf dem Boden landet. Den Waffenrock ziehe ich ebenfalls aus, genau wie die Fellstulpen an den Beinen. Einen Moment überlege ich, ob ich den Rest auch noch ausziehen sollte, entscheide mich aber dagegen. Der Stoff ist so dünn, dass wahrscheinlich recht schnell trocken wird. Außerdem klebt er im Moment so sehr an der Haut, dass ich weder Hose noch Oberteil mit den tauben Fingern ausgezogen bekommen dürfte.

Es ist hier im Bunker zwar angenehmer als in der Höhle, aber trotzdem nicht wirklich warm. Ich sehe mich um, ob sich irgendwo etwas finden lässt, in dass ich mich einwickeln kann. Ein paar Meter vor mir ist ein Schrank auf dessen Tür sich ein Symbol befindet, dass mit viel gutem Willen ein „Rotkreuz-Kreuz“ sein könnte.

Ich krabble hin und kämpfe zunächst die Tür überhaupt aufzubekommen. Mir fehlt die Kraft und das Gefühl in den Fingern und ich schreie frustriert auf. Meine Stimme hallt wütend durch den stillen Raum und ich bin über mich selbst erschrocken. Solche Gefühlsausbrüche sind eigentlich nicht meine Art.

Atmen, ermahne ich mich selbst.

Mit etwas mehr Ruhe bekomme ich die Tür auf und finde … Staub. Ich bin enttäuscht und will die Tür gerade wieder schließen, da sehe ich irgendwas in der hintersten Ecke. Ich zerre es mühsam raus und stelle fest, es ist ein großer Sack. Er besteht aus dickem, kratzigem Stoff, ist löchrig und darin hausen wahrscheinlich mehr Milben und anderes Getier wie ich wissen möchte, aber er sollte seinen Zweck erfüllen. Ich wickle mich in das muffige Ding ein und hoffe aufs Beste.

Mein Blick geht zu meinen Sachen, die neben dem Eingang liegen. So richtig wohl fühle ich mich nicht, dass die da so „unbeaufsichtigt“ sind, aber ich rede mir ein, dass eh niemand hierherkommt und sie daher auch keiner klauen kann.

Böser Fehler.

Niemand kommt hierher, wird mir nämlich dadurch erst richtig bewusst. Ich habe keine Hilfe zu erwarten. Selbst, wenn Aloy oder Rost nach mir suchen würden, würden sie es nicht in einer Ruine der Alten tun.

Ich stecke mir meine Hände unter die Achseln, um meine Finger aufzutauen. Nach einigen Minuten beginne ich das typische, und schmerzhafte, Stechen zu spüren. Ja, es tut weh, ist aber ein gutes Zeichen, rede ich mir ein. Auch meine Zehen beginnen sich langsam bemerkbar zu machen. Der dicke Stoff des Sacks nimmt zudem gut die Feuchtigkeit aus meinen Klamotten auf und ich merke, wie das Zittern nach einiger Zeit etwas weniger wird.

„Du kriegst das hin“, sage ich leise zu mir selbst. In der Stille des Bunkers klingt mein Flüstern gespenstisch und ich schaudere.

Als ich wieder Gefühl in den Fingern habe, reibe ich mir die Beine, um die Blutzirkulation in Schwung zu bringen. Als ich den Eindruck habe, dass mein Körper wieder halbwegs funktionsfähig ist, stehe ich vorsichtig auf.

Etwas tapsig, und deswegen an der Wand abgestützt, gehe ich zu meinen Sachen. Ich wringe die Weste aus so gut es geht, genau wie Fellstulpen. Den Waffenrock muss ich so trocknen lassen, da er durch die Metallplatten nicht „wringbar“ ist. Außerdem ist nur auf der Innenseite Stoff, außen ist Leder, er hat also deutlich weniger Feuchtigkeit aufgenommen wie der Rest.

Mir ist immer noch kalt und Weste und Co nass. Ich muss improvisieren, um mir nicht irgendwas einzufangen. Selbst eine Erkältung könnte problematisch werden, von einer Lungenentzündung ganz zu schweigen.

Ich nehme mein Scherbenmesser und lege den Stoffsack aus. Ich trenne die trockene Hälfte vom Rest, falte sie und schneide an der Falzkante mittig einen Halbkreis raus.

Ja, wer hätte gedacht das es mir mal den Arsch rettet, dass ich „Rambo“ gesehen habe. Und, dass ich der ollen Grata das Seil abgeluchst habe. Nachdem ich mir den Rambo-Poncho übergezogen habe, binde ich mir das nämlich um die Hüfte, damit mein neues Styling sitzt.

Okay, soweit so gut.

Ich inspiziere den Inhalt meiner Tasche. Alles ist nass. Dem Fokus sollte das eher nichts ausmachen, Aloy geht mit dem Ding ja auch schwimmen und tauchen. Meinem Schlüssel sollte es auch nichts ausmachen, Edelstahl sei Dank. Das Brot habe ich zum Glück bereits gegessen. Ob und wie es dem Fleisch schadet weiß ich nicht, ich sollte es aber wohl lieber zeitnah essen. Bogen, Pfeile und Scherben sind nass, aber okay. Puschel-Bommel ist ebenfalls getränkt, aber das interessiert mich gerade weniger.

Aus der Sprengfalle läuft ein dünner Strahl Wasser heraus, als ich sie hochhebe. Ähm. Ja. Da ich nicht weiß, wie sie funktioniert, weiß ich auch nicht, ob der Tauchgang sie jetzt unbrauchbar gemacht hat. Mist. Nicht, dass ich das Ding unbedingt hätte Einsätzen wollen, aber jetzt will ich es definitiv auch nicht mehr. Das Risiko ist mir zu groß, dass sie ihren Zweck nicht erfüllt, wenn ich es bräuchte.

Ich packe erstmal den Kleinkram wieder ein. Und was mach ich mit den Klamotten? Anziehen kann und will ich sie nicht, weil sie nass sind und dadurch mein Rambo-Poncho ebenfalls klamm werden würde.

Das ist doch die Idee!

Ich drehe mich um, hinter mir liegt noch der bereits feuchte Teil des Sacks. Ich werfe Weste, Waffenrock und Stulpen auf die übrige Hälfte und forme einen Sack, aus dem Sack. Sehr ironisch.

Und nun zu dir, Sprengfalle. Was mach ich mit dir? Ich lasse meine Finger über den Metallzylinder gleiten, betrachte die ganze Konstruktion eingehend. Einen Moment bin ich verleitet sie auseinander zu nehmen, aber ich habe Angst, dass ich mich selbst in die Luft jage. Hier liegen lassen will sie aber auch nicht. Könnten ja Kinder vorbeikommen und damit spielen …

Ja, danke für diesen absurden Gedanken, Gehirn. Aber ich freue mich, dass du wieder aus der Schockstarre erwacht bist.

Ich gehe zurück zum Eingang und werfe die abgesoffene Sprengfalle ins Wasser. Mit einem Gluck läuft sie wieder voll und geht unter. Da unten wird sie wenigstens keinen Schaden anrichten.

Ich drehe mich wieder um und gehe zu meinen Sachen. Bogen und Köcher binde ich wieder dahin, wo sie hingehören. Meine Tasche binde ich mir wieder um die Hüfte. Da sie aus Leder ist, ist sie zumindest außen trocken.

Ich habe meine Sachen zusammen, den Sack in der Hand und sehe auf. Vor mir liegt der Bunker, still wie das Grab, dass er ist. Ich hoffe inständig, dass diese ganze Tortur nicht umsonst war und ich hier etwas brauchbares finde.

Ich gehe tiefer in den Bunker und komme in dem Gemeinschaftsraum an, in dem ich, während meines Klartraums bereits war. Mein Blick fällt auf den Toten, der da auf den Sofas liegt. Und mir kommt die Idee überhaupt: warum meinen Fokus reparieren, wenn ich mir einfach einen neuen besorgen kann?

Ich stelle mein Bündel ab, gehe zu der mumifizierten Leiche und hadere mit mir. Ich will sie nicht anfassen, gleichzeitig möchte ich den Fokus an ihrem Ohr.

Los, Anja! Das ist nicht so schwer!

Vorsichtig Strecke ich die Hand aus. Warum ich so behutsam bin weiß nicht; der Kerl wird mich wohl kaum beißen. Das hier ist Horizon Zero Dawn, nicht Resident Evil. Trotzdem kann ich nicht anders und meine Bewegungen sind sehr langsam und ich halte regelrecht die Luft an. Ich nehme den Fokus und weiche zwei Schritte zurück.

Wie albern sind wir heute?

Sehr albern, augenscheinlich.

Ich putze den Fokus, sehe ihn an, putze ihn nochmal und betrachte ihn wieder, und putze nochmal.

Mit leichtem Widerwillen und Ekel packe ich das Ding an mein Ohr und drücke drauf.

„Data corrupted. Only Audio-Log available“, plopt auf.

Na toll. Hätte ja wenigstens einmal was funktionieren können. Gut, ich könnte die anderen testen, aber irgendetwas sagt mir, dass das Ergebnis nicht viel anders sein wird. Ooookay. Und nun?

Ich sehe mich um und sehe ein leichtes Flimmern im Nachbarraum. Ich nehme meinen Sack und laufe hin. In dem kleinen Nebenraum steht ein Schreibtisch mit einem Computer, daneben steht ein Bett und auf der anderen Seite ist ein Schrank. Zum Glück hat sich der ursprüngliche Bewohner dazu entschieden nicht hier zu sterben, worüber ich sehr dankbar bin.

Das Flimmern kommt vom Computer, der offenbar noch funktioniert. Ich grinse und freue mich. Endlich ein Lichtblick!

Ich packe mein Bündel auf das Bett und setzte mich auf den Stuhl. Mein Blick fällt auf etwas neben der Tastatur, da steht eine Figur. Staub und Dreck hat sie völlig umhüllt und eine Kruste gebildet, weswegen ich nicht wirklich erkenne, was es ist.

Zurück zum Computer. Ich tippe auf eine der Tasten und das Ding beginnt hochzufahren oder sich aus dem ewigen Standby zu kämpfen und einen Selbsttest zu machen, zumindest steht da „Self-Analysis“, gefolgt von „Searching for network“. „No connection found“, taucht nach einigen Minuten auf, „Only local-system available“.

Na gut, immerhin etwas. Die Sprache ist Englisch, was mich nicht wirklich verwundert; immerhin sind wir in den USA und die internationale Sprache ist ebenfalls Englisch. Enduring Victory war ja ein globales Unterfangen.

Mein Englisch ist gut, aber hier sind einige Fachbegriffe dabei, mit denen ich nichts anfangen kann. Ich lasse mich davon aber nicht entmutigen, ich schaffe es schon zu finden, was ich suche. Das Programm ist sehr intuitiv und ich finde mich schnell zurecht. Natürlich liegt das daran, dass ich mit Computern und Smartphones vertraut bin, trotzdem frage ich mich unwillkürlich warum keine der Stämme je auf die Idee kam die Dinger zu nutzen. Bei den Nora ist es klar, aber die anderen?

Plötzlich dämmert mir etwas. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, aber die Menschen hier, können die Sprache nicht lesen. Sie sind nicht mit den Alten verbunden, sind eine neue, eigenständige Menschheit mit eigenen Kulturen und Sprachen.

Zurück zu meiner Suche nach einem Reparatur- oder Hilfsprogramm für den Fokus.

Eher unvermittelt finde ich „Room Setting“, was sofort meine Neugier weckt. Bekomme ich vielleicht die Heizung an? Mir ist immer noch kalt und so ein bisschen Wärme wäre echt nett.

Nach einem Klick darauf und einige Untermenüs später, bekomme ich angezeigt, dass der Zugriff auf die Bunkerversorgung gekappt ist, weil ein technischer Defekt vorliegt.

Ja, doch. Hätte ich mir eigentlich auch denken können, aber jetzt habe ich Gewissheit.

Ich wühle mich weiter durch das Programm, unterschiedliche Menüs und allerlei anderem Kram. Schließlich finde etwas, dass nach einem Log- oder Tagebuch aussieht.

Ich klicke mich durch die einzelnen Dateien. Meldungen, welche Stützpunkte die Faro-Plage bereits zerstört hat, wie die Lage im Bunker ist und so weiter und so weiter …

Plötzlich fällt mir eine Mitteilung ins Auge. Einer der Bewohner hat offenbar seinen Fokus beschädigt. Eine Reparatur ist aber nicht möglich, da der Teil des Bunkers, in dem sich die Reparatur-Station befindet, bei einem Bombeneinschlag verschüttet wurde. Man müsste zum US Robotic Command um eine Reparatur vorzunehmen und das ist in Anbetracht der Kriegslage unmöglich.

Ich spüre, wie mich meine Emotionen übermannen. Ich packe das Ding auf dem Tisch und schmeiße es wütend schreiend an die Wand, wo es in tausend Teile zerspringt. Meine Frustration schallt von den Wänden wieder und bebt drohend mit dem Staub in der Luft.

Ich will nicht mehr! Ich will nach Hause! Ich will, dass das hier endlich ein Ende hat. Ich will meinen Sohn und meinen Mann in die Arme nehmen. Ich will sinnlose Gespräche mit meiner besten Freundin führen, mit Joe über den Blödsinn der Welt philosophieren, mich über meine dummen Kollegen aufregen. Ich will mein Leben zurück!

Mir kommen die Tränen. Vor Wut. Vor Frustration. Vor Verzweiflung.

If you read this

Keine Ahnung wie lange ich da sitze, heule und in Selbstmitleid versinke, aber es ist eine Weile. Mein Körper bebt, meine Stimme ist heiser und meine Augen brennen.

Als meine Atmung sich langsam beruhigt, kehrt auch mein Verstand allmählich wieder zurück.

Reiß dich zusammen! Vom hier sitzen und weinen wird auch nichts besser. Auch, wenn ich mich gern einfach noch etwas in die Situation hineinsteigern möchte, wird mir das nicht weiterhelfen.

Ich fahre mir durch die Haare, atme durch und versuche mich zu sortieren und mein Gehirn zur Arbeit zu zwingen.

Den Fokus bekomme nicht zum Laufen, zumindest nicht hier. US Robotic Command … Fuck, welche Ruine ist das?

Ich klicke noch etwas auf dem Computer. Ich finde eine Karte und versuche die mit den aktuellen Gegebenheiten irgendwie in Verbindung zu bringen. Da ist mein Standort, da ist Denver, Teufelsleid wenn ich nicht irre. Weiter Richtung Nord-Osten ist Colorado Springs, das müsste dann Teufelsdurst sein, und ganz da hinten …

Moment. Ist das der Grabhort?

Uff. Mir schläft das Gesicht ein. Das ist am Ende des Heiligen Landes, das sind mehrere Tage bis dahin! Scheiße! Wie soll ich dahin kommen?!

In mir beginnt es direkt wieder zu brodeln. Den Fokus zu reparieren kann ich mir erstmal abschminken. Wenn ich wirklich dorthin will, muss ich das vorbereiten. Akribisch vorbereiten. Aber wie klug wäre eine so weite Reise? Ich bin keine Nora, ich habe keine Ahnung vom Überleben in der Wildnis und außerhalb des Beckens wimmelt es nur so von Maschinen. Und womöglich auch Carja.

Seufzend vergrabe ich mein Gesicht in den Händen. Das ist doch alles Mist!

Eine Weile sitze ich noch da, ärgere mich und rege mich auf. Keine Ahnung wie lange ich schon hier bin, ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Ich sollte mich aber langsam auf den Weg zurück machen. Hier finde ich eh keine Hilfe.

Ich packe meinen Sack und mache mich auf den Weg. Eher zufällig sehe ich beim Verlassen des Gemeinschaftsraums etwas, dass halb hinter der Tür liegt. Vorhin ist es mir nicht aufgefallen, weil ich mit mir und meinen nassen Sachen beschäftigt war.

Ich stelle mein Gepäck wieder ab und gehe neben der Tür in die Hocke. Ich ziehe an der vermeintlichen Schnur. Sie hakt kurz und ich ziehe etwas kräftiger. Zum Vorschein kommt neben einer Kette auch eine Metallplatte.

Ich runzle die Stirn und inspiziere die Kette. Sie ist simpel, im Nora-Stil. Metall- und geschnitzte Holzteile. Der Anhänger sieht aus wie die Eckzähne eines Raubtiers. Aus mir unerklärlichen Gründen habe ich den Eindruck, dieses kleine Schmuckstück zu kennen. Von der Machart und der Größe her, wäre es eher etwas für ein Kind. Ist es meins? Oder von Graik? Oder dem komischen Freund, der bei Segnungszeremonie neben uns stand?

Ich schüttle den Kopf; mir fällt nichts Näheres ein. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass sie irgendwie wichtig ist, auf emotionaler Ebene. Ich werde sie mitnehmen. Ich wickle sie mir um mein Handgelenk und betrachte den Anhänger, der nun an meiner rechten Hand baumelt, nochmals.

Ich will aufstehen, da fällt mein Blick auf die Metallplatte. Ich hatte ihr keine Beachtung geschenkt, weil ich davon ausgegangen bin, dass es einfach eine wie so viele in dieser Welt ist. Aber ich sehe plötzlich, dass etwas in ihre Oberfläche eingeritzt ist.

Verwirrt nehme ich sie in die Hand. Im ersten Moment glaube ich an eine der hiesigen Sprachen, denn ich kann nicht wirklich entziffern, was dasteht. Aber es sind Buchstaben der Alten, also sollte ich es lesen können. Ist es nur wirrer Buchstabensalat?

Mir springen aber zwei Wörter ins Auge. Oder besser, zwei Namen. Ich lese Sanya, und unter dem Gekritzel Graik. Dank einigen Jahren Berufserfahrung im Handwerk, kann ich fast jede noch so krakelige Hand(werker)schrift lesen, aber trotzdem wirken die anderen Wörter wie zusammengewürfelte Buchstaben.

Ich denke angestrengt nach.

„Ich bin so doof“, tadle ich mich. Das F schwingt im Bunker nach und scheint mich zusätzlich zu verspotten. Ich habe doch gerade am Computer festgestellt, dass die Sprache der Alten Englisch ist.

Okay, es ist also Englisch, aber sinnig finde ich das Kauderwelsch trotzdem nicht. Plötzlich kommt mir etwas anderes in den Sinn.

Mein Sohn hat LRS, dementsprechend ist seine Rechtschreibung sehr fantasievoll. Dank entsprechender Beschulung ist es inzwischen viel besser, aber ich sitze dennoch oft da und habe keine Ahnung, was er da geschrieben hat. Die Lehrerin hatte uns damals gesagt, dass es hilft, die Buchstaben und nicht das Wort zu lesen, um die Lautmalung herauszufinden und daraus erschließt sich das Wort meist recht problemlos.

Sollte hier auch klappen, oder? Ich lese also die Buchstaben leise vor mich hin und allmählich formt sich ein krüppeliger Scrabbel-Text zusammen, der ungefähr folgendes aussagt:
 

Sanya,

in case you read this, I’m long gone.

I should never have dragged you into this mess. I’m so sorry.

May the All-Mother be more gracious to you than to me.

Graik
 

Ich bin verwirrt und weiß auch im ersten Augenblick gar nicht was mich am meisten irritiert. Graik kann die Sprache der Alten? Sanya auch? Er war nochmal hier, bevor er ins Banuk-Gebiet aufgebrochen ist? Er ist davon ausgegangen das Sanya hierher kommt?! Was um Himmelswillen ist mit diesen Geschwistern?

Ich lasse meine Finger über die Kerben im Metall wandern und Melancholie überkommt mich. Diese Nachricht ist nicht für mich, sie für Sanya. Die echte Sanya. Sie sollte das lesen, nicht ich.

Ich packe die Metallplatte in mein Bündel. Wenn das hier vorbei ist, soll Sanya sehen, dass es ihrem Bruder leidtut. Und dass sie ihm wichtig ist.

Ich schnaufe durch. Was für Gefühlschaos. Wut, Verzweiflung, Freude, wieder Wut und Verzweiflung und jetzt Traurigkeit. Ich fühle mich ausgelaugt, und dass nicht wegen dem Eisbad heute.

Ich nehme mein Bündel und mache mich auf den Weg, ich will endlich raus aus dieser Gruft.
 

Scheiße!

Ich würde gern gewählter denken, aber wozu? Es ist mein Kopf, meine Gedanken also: verfluchte Scheiße!

Ich stehe vor dem Bunker und sehe in den Tunnel hinein, durch den ich gekommen bin. Den überfluteten Tunnel. Ich hasse mein Leben. Muss ich jetzt wirklich wieder in dieses eiskalte Wasser? Wirklich? Wirklich wirklich?

Ich murre vor mich hin, während mein Blick den Rand entlangwandert und versucht eine Strecke zu finden, bei der ich halbwegs trocken bis zum „Aufgang“ komme.

Ich habe echt keine Lust mir wieder meine Extremitäten abzufrieren. Nun gut, diesmal kann ich mich wenigstens vorbereiten und meine Sachen schützen, soweit es geht.

Ich löse das Seil um meine Hüfte und ziehe meinen Poncho aus. Das Ding behalte ich definitiv nicht an. So dick wie der Stoff ist, wird es wahrscheinlich hundert Kilo wiegen, wenn es sich vollgesaugt hat. Also weg damit!

Ich kremple die Hose, soweit es geht, hoch. Tatsächlich überlege ich kurz, sie auszuziehen aber meine Hemmungen sind zu groß. Hier ist niemand und oben wird wahrscheinlich auch niemand sein, und selbst wenn, Sanya wird wahrscheinlich tolle, durchtrainierte Beine haben, die man vorzeigen kann, bzw wird es mit ziemlicher Sicherheit niemanden interessieren; trotzdem kann ich mich nicht überwinden blank zu ziehen.

Ich binde meinen improvisierten Sack mit dem Seil ordentlich zusammen und packe ihn mir auf den Kopf. So sollte ich wenigstens verhindern, dass dieser Kram wieder komplett durchweicht.

Ich laufe langsam ins Wasser und wimmere. Das ist so schrecklich kalt. Leider gibt es keinen anderen Weg hinaus, also heißt es Zähne zusammenbeißen.

Mit der linken Hand halte ich den Sack auf meinem Kopf, mit der rechten taste ich die Felswand entlang. So geht es vorsichtig den Tunnel entlang.

Ich schaffe es zurück in den Schacht, in dem ich abgestürzt bin, ohne weiter als bis zur Hüfte im Wasser zu stehen. Doch jetzt muss ich schwimmen, um zu der Formation zu kommen, die mich wieder an die Oberfläche bringt. Ich werfe den Sack hinüber, hoffe das ich den blöden Fokus nicht noch mehr beschädige dadurch. Mit einem metallischen Geräusch landet das Bündel.

Nun zu mir. Ich nehme meinen ganzen Mut zusammen und tauche in die eisige Kälte ein. Ich konzentriere mich auf den Punkt, zu dem ich muss und versuche alles andere auszublenden.

Angekommen wuchte ich mich aus dem Wasser und schnappe meine Sachen. Ich muss mich beeilen und trotzdem vorsichtig sein.

Zitternd klettere ich nach oben und kann es kaum fassen, als ich endlich wieder Gras unter den Füßen und Sonne im Gesicht habe. Ich gehe den Berg hinunter, auf keinen Fall möchte ich in der Nähe der Ruinen gesehen werden. In Sichtweite des Wegs nach Mutters Wacht setze ich mich ins Gras. Ich ziehe meine Schuhe aus und nehme dann mein Bündel auseinander. Ich lege alles in der Sonne aus, bis auf den Fokus. Den lasse ich in dem kleinen Säcken.

Mein Oberteil fühlt sich extrem eklig auf der Haut an. Ich ziehe oben am Ausschnitt und schaue darunter. Ah, okay. Offenbar trage ich etwas „oben rum“, eine Stoffbandage, die alles persönliche verdeckt. Ich zerre mir also das nasse Kleidungsstück über den Kopf.

Ja, ich störe mich an oben ohne nicht, dafür „untenrum“ umso extremer. Auch wenn mein Körper Sanya ist, ist mein Geist Anja. Und deren Hemmungen sind tief verwurzelt, da ändert auch ein trainierter Leihkörper nichts.

So sitze ich also in der Sonne und warte das meine Sachen und ich trocknen, während ich das Fleisch esse. Neugierig betrachte ich mich, sehe kleinere und größere Narben an meinem Körper die deutlich bezeugen, wie hart das Leben hier ist. Einige sind alt, kaum noch sichtbar. Andere sind ebenfalls alt, aber zeichnen sich sehr ab, was deutlich macht, dass es keine kleinen Kratzer waren. Am Oberarm links, kurz vor dem Schultergelenk ist eine Verletzung, bei der ich mich sehr wundere. Sie ist noch nicht sehr alt, wie ich der Rosa-Färbung entnehme. Sie sieht aus, als wäre es eine wirklich schlimme Verletzung gewesen. Der Riss ist bestimmt fünf Zentimeter lang und relativ gerade, ich vermute er war auch tief. Mir kommt der Gedanke, dass ein Pfeil oder ein Messer gut dafür verantwortlich gewesen sein können. Hatte Sanya vor einigen Wochen, denn so alt schätze ich die Wunde, einen Kampf mit jemandem?

In dieser Welt, in der selbst die fitte und erfahrene Sanya sich solche Verletzungen zugezogen hat, soll ich eine so weite Reise machen? Quer durch das Heilige Land bis zum Grabhort?

Ich höre Stimmen die näher kommen und mich aus meinen Gedanken reißen. Eigentlich habe ich keine Lust auf eine erneute Konfrontation, aber jetzt schnell zusammen packen steht auch nicht zur Debatte. Ich bleibe sitzen und hoffe einfach das Beste.

Zwei ältere Nora kommen in Sichtweite, ein Mann und eine Frau. Sie unterhalten sich, ich höre Carja, Raubzüge und Mutterkrone.

Nichts neues also, von daher widme ich mich dem Wenden meiner Kleidung.

Überforderung

„Sanya!“

Mir bleibt vor Schreck beinah das Herz stehen. Völlig verdattert sehe ich auf und kann es kaum glauben: die Frau hat nach mir gerufen. Aber … es darf doch niemand …

Der Mann hält die Frau am Arm fest, die offensichtlich zu mir möchte. „Masha, du kennst das Gesetzt“, fährt er sie streng an.

Die Frau dreht ruckartig den Kopf zu ihrem Begleiter. Selbst aus der Entfernung kann ich die Wut in ihren blauen Augen sehen. „Was ist dir wichtiger, das Gesetz oder dein eigenes Kind?!“, raunzt sie ihn an und reißt sich los.

Kind? Kind?! Moment mal …

„Sanya, Urmutter sei Dank dir geht es gut“, seufzt die Frau hörbar erleichtert. Sie geht vor mir auf die Knie, offensichtlich kämpft sie mit ihren Emotionen. Ihr Blick wandert über mich, inspiziert mich und bleibt kurz an der Verletzung am Oberarm hängen.

„Mir geht es gut“, beschwichtige ich die Sorge der Frau. Nein, nicht einfach eine Frau, sondern Masha, offenbar die Mutter von Graik und Sanya.

Sie streckt die Hände nach mir aus, scheint mich berühren zu wollen, traut sich aber nicht.

Aus Mitgefühl heraus hebe ich meine, legen sie außen um ihre und drücke ihre Hände dann gegen meine Wangen. „Es geht mir wirklich gut“, versichere ihr erneut und sehe sie an. Mein Blick fällt auf die Kette, die vor der metallenen Brustplatte baumelt. Die kenne ich doch …

„Wie geht es deinem Bruder?“, fragt mich Masha sanft und zieht ihre linke Hand unter meiner hervor. Sie berührt den Anhänger, der an meinem Handgelenk baumelt.

Daher kenne ich ihre Kette! Sie sieht fast genauso aus, wie die, die ich gefunden habe. Sie gehört Graik? Zumindest entnehme ich das dem Umstand, dass sie in dem Zusammenhang nach ihm fragt.

Hilfe, was sag ich der armen Frau? Offenbar weiß sie nicht, dass Graik gegangen ist, sonst würde sie wohl kaum nach ihm fragen.

„Ihm geht es ebenfalls gut. Urmutter wacht über ihn, wie über uns alle“, erkläre ich beinahe flüsternd und lächle warm.

Masha streicht sich einen der geflochtenen Zöpfe hinters Ohr. Ihre Haarfarbe ist dieselben wie die von Sanya. Nur eben älter und daher graumarmoriert. „Bleib im Becken. Die Carja haben sich ins Heilige Land geschmuggelt. Sie sind über die Berge gekommen, um Mutterkrone zu umgehen“, mahnt sie mich.

Ich nicke. Von dieser Frau geht so viel Wärme und Fürsorge aus, dass mir beinahe die Tränen kommen.

Masha nimmt ihren Speer, den sie vor lauter Wiedersehensfreude ins Gras hat fallen lassen und steht auf.

Wie sie da so vor mir steht, ist sie eine stattliche Frau. Kriegerin, um genau zu sein. Zumindest entnehme ich das ihrem Outfit. Das grüne Leder um die Schultern und am dem recht langem Waffenrock, wirkt dick und robust. Die Metallplatten verdeutlichen, dass es sich hier um ein Kampf- und kein Sonntags-Outfit handelt.

Masha schenkt mir ein Lächeln, dass nur Mütter können. Dieses besondere, dass Wärme, Liebe und Stolz vermittelt. Sie dreht sich um und geht zu dem wartenden Mann zurück.

Dieser ist offensichtlich nicht begeistert von der ganzen Aktion, gleichzeitig ist er nicht weggegangen. Nach dem Gespräch vorhin zwischen den beiden, ist das der Vater der Geschwister?

Sein Blick ruht auf Masha, und ausschließen auf ihr. Über seiner Schulter sehe ich einen großen Bogen, in dem ordentlich Handwerkskunst steckt. Ein Scharfschußbogen, wenn ich mich nicht irre.

„Gebt auf euch acht“, rufe ich unvermittelt.

Masha dreht sich zu mir, lächelt und nickt. Der Mann ignoriert mich weiterhin. Die beiden setzen ihren Weg fort und ich habe keine Ahnung, wie ich gerade mit all dem umgehen soll.

„Danke“, flüstert es plötzlich.

Ich zucke zusammen und sehe mich in alle Richtungen um. Woher kam denn das? Niemand ist zu sehen und … Die Stimme klang wie meine eigene … führe ich Selbstgespräche, ohne es zu merken? Ich werde verrückt, eindeutig.

Ich sitze noch etwas in der Sonne und beginne dann mein Hab und Gut wieder zusammen zu packen. Ich ziehe mich wieder an, Oberteil, Stulpen, Weste und Waffenrock. Beim Bestücken meiner Tasche fällt mir die Metallplatte wieder in die Hände.

Warum können die Geschwister die Sprache der Alten? Das verwundert mich wirklich sehr. Immerhin sind sie Nora und sollten alles meiden was mit der Metallwelt zu tun hat. Vielleicht erfahre ich es irgendwann, jetzt muss ich dringend zurück zu Aloy und Rost.

Fertig gepackt und angezogen gehe ich los. Ich stiefle den Weg zurück, den ich gekommen bin.

Als ich am Haus ankomme, hat die Sonne gerade die Gebirgsspitze erreicht, die Nacht bricht also bald herein.

Das Haus selbst ist verwaist, weder Aloy noch Rost sind da. Da ich heute noch keinen konstruktiven Beitrag geleistet habe, schüre ich das große Feuer vor dem Haus an.

Ich mache mir Sorgen. Hauptsächlich um Aloy. Wo bleibt sie nur? Der Himmel wird rot und der Mond ist bereits sichtbar.

Ich gehe ins Haus und lege auch dort Holz nach, da geht unvermittelt die Tür auf.

Herein kommt eine genervte Teenagerin, die den Korb, den sie trägt, direkt neben der Tür in die Ecke pfeffert. Sie stöhnt hörbar frustriert.

„Alles gut?“, frage ich vorsichtig nach.

„Nein“, werde ich angemault, „Grata hat mich den ganzen Tag durch die Gegend gescheucht!“

Okay, da ist jemand richtig gereizt, wie es scheint. Ich sollte aufpassen, was ich sage.

„Warten wir noch auf Rost?“, frage ich nach, während ich etwas Brot und Fleisch heraushole. Es ist noch Eintopf da, aber für alle dürfte er nicht reichen.

„Da kannst du lange warten“, nörgelt Aloy. „Der kommt erst in ein paar Tagen wieder.“

Vor Entsetzen wäre mir beinahe das Fleisch aus der Hand gefallen. „In ein paar Tagen?“, hake ich nach.

„Sagte ich doch“, kommt es patzig zurück.

Das erklärt, warum er heute Morgen wie ein Packesel los ist. „Macht er das öfter?“, frage ich weiter, auch auf die Gefahr hin, dass der Teenager gleich explodiert.

Aloy dreht sich zu mir und sieht mich an. Ich sehe das „Fick dich“ in ihrem Blick. „Ich bin doch kein Baby, dass man nicht allein lassen kann!“, faucht sie mich an.

Sorry, dass ich wissen wollte, ob das etwas Ungewöhnliches ist, weil hier ständig lauter ungewöhnliche Dinge passieren. Ich meine, Hey, sieh mich an.

Aloy stapft kommentarlos in den Nebenraum und knallt die Tür.

Ich bleibe zurück und seufze. Vielleicht ist Rost deswegen ein paar Tage weg? Könnte ich verstehen.

Wortlos packe ich Fleisch und Brot zurück. Ich nehme den Korb hoch, den Madame so freundlich in die Ecke geknallt. Der Inhalt ist Obst, zumindest sieht es so aus. Wo hat sie das denn her? Ich könnte fragen, aber, nein.

Ich hänge den Topf über das Feuer und setze mich. Das Holz knistert, ansonsten herrscht Stille.

Meine Reisepläne, auch wenn ich explizit keine hatte, lege ich erstmal auf Eis. Aloy kann ich nicht allein lassen, das kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Aber es gibt mir vielleicht Zeit, eine Reise vorzubereiten. Will ich das? Zum Grabhort?

Nicht wirklich. Ich bin hier im Becken schon zwei Mal beinahe gestorben, was soll das da draußen werden? Außerdem wäre ich zu Fuß ewig unterwegs.

Mein Blick fällt auf meine Tasche. Puschel-Bommel ist noch da drinnen. Der Läufer wäre eine gute Möglichkeit die Reisedauer zu verkürzen. Vorausgesetzt ich bekomme ihn handzahm.

Ich stöhne und lege den Kopf in den Nacken. Mir wird gerade bewusst, dass ich den Läufer ja aus dem Becken bekommen müsste, um auf ihm zum Grabhort zu reiten. Und das ohne, dass es jemand merkt.

Wie hoch steht die Chance, dass das funktioniert? Die Wahrscheinlichkeit das Sylens morgen früh vor der Tür steht ist wahrscheinlich höher.

Uff. Lassen wir das, ich bekomme Kopfschmerzen.

Der Eintopf blubbert und ich rufe in die Stille, dass das Essen fertig ist.

Ich befülle zwei Schüsseln und eine wütende und beschämte Aloy taucht auf.

Das ist so ein Gemütszustand, den man auch nur als Teenager hinbekommt. Wütend sein und sich gleichzeitig dafür schämen.

Wir essen schweigend, bis die Teenagerin sich plötzlich entschuldigt.

Verdutzt sehe ich auf. Ich würde gern fragen, für was genau sie sich gerade entschuldigt, aber ich belasse es bei einem Nicken und Schweigen. Na gut, nicht ganz. „Ich wollte vorhin nicht deine Fähigkeiten in Frage stellen“, erkläre ich, „Ich wollte nur wissen, ob er solche längeren Ausflüge öfter macht.“

Aloy seufzt und kratzt sich im Nacken. „Ich weiß“, murmelt sie kleinlaut in ihre Schüssel. „Manchmal ist er für etwas länger weg“, sagt sie nach einer Weile schließlich. „Er kommt aber eigentlich immer am nächsten Tag wieder.“

„Okay“, sage ich ruhig.

Wir essen zu Ende und Aloy verschwindet wieder. Ich gehe nach draußen und wasche den Topf ordentlich aus. Kaum, dass ich danach auf der Pritsche liege, fallen mir schon die Augen zu.

Das war wirklich ein harter Tag.

Blutsbande

Im nächsten Moment rennen ich in begeistert eine Wiese entlang. Ich spüre unbändige Freude und wie ich übers ganze Gesicht strahle.

Warum? Keine Ahnung.

Interessiert mich im Moment auch nicht. Nachdem schrecklichen Tag ist das hier echt großartig und Balsam für die Seele. Es ist warm und die Sonne strahlt kräftig vom azurfarbenen Himmel.

„Du bist zu langsam“, werde ich lachend aufgezogen.

Ein jugendlicher Graik zieht an mir vorbei. Er strahlt ebenfalls und scheint ganz aus dem Häuschen zu sein.

„Das werden wir sehen!“, gebe ich kämpferisch von mir und beschleunige noch etwas.

Wir rennen um die Wette, lachen und freuen uns. Graik ist immer etwas vor mir. Er ist größer wie ich und auf Grund seiner wachsenden, männlichen Physiologie auch schneller. Aber er zieht nicht davon, er bleibt immer in meiner Nähe.

In einiger Entfernung sehe ich eine Frau stehen. Ihre Silhouette kommt mir vertraut vor, dennoch bekomme ich sie nicht sofort zugeordnet.

„Mutter!“, ruft Graik um uns anzukündigen.

Tatsächlich, die Frau da vorn ist Masha. Sie ist deutlich jünger, wie die, die ich heute gesehen habe. Nun gut, wenn ich Graik so ansehe, sind er und ich etwa 14 Jahren, also auch um einiges jünger.

„Da seit ihr ja endlich“, begrüßt uns Masha mit einem warmen Lächeln.

„Sanya war zu langsam“, stichelt Graik grinsend.

„Hey!“, beschwere ich mich und boxe ihn gegen den Oberarm.

„Spart euch eure Kräfte für das was vor euch liegt.“ Unsere Mutter macht eine Geste hinter sich.

Wir stellen uns an ihre Seite. Vor uns ist eine Ebene mit einigen Bäumen. Das hohe Gras ist dürr und trocken, als hätte die Sonne schon Wochen damit verbracht ihm den Saft zu entziehen. Doch das eigentlich interessante läuft ruhig zwischen den Bäumen umher.

„Läufer“, flüstert Graik begeistert.

„Ja“, bestätigt Masha. „Die Erprobung ist nicht mehr allzu weit entfernt, es wird also Zeit. Ihr dürft heute eine Maschine jagen – allein.“

Zeitgleich drehen Graik und ich unsere Köpf zu unserer Mutter.

„Allein?“, frage ich erstaunt.

„Ihr dürft natürlich zusammen arbeiten. Aber, es wird eure Jagd sein. Ich werde hier bleiben und ein Auge auf euch haben“, erklärt Masha.

Graik ist begeistert und strahlt noch mehr wie ohnehin schon.

Ich persönlich weiß gerade nicht so recht, aber mein Körper schüttet bereits Endorphine und Adrenalin aus. Dem entnehmen ich, dass Sanya sich offenbar genauso wie ihr Bruder darüber freut. Kopf und Körper sind nicht im Einklang. So ganz und gar nicht. Das fühlt sich merkwürdig an.

Aber das kenne ich inzwischen ja irgendwie. Zumal mir gerade bewusst wird, dass ich offenbar wieder in einem Klar- oder Erinnerungstraum bin. Langsam bekomme ich den Eindruck, dass mir diese Träume helfen sollen zu verstehen was los ist. Keine Ahnung wer dafür verantwortlich ist … Ob es Sanya selbst ist? Oder irgendetwas Höheres?

„… dennoch ist es gefährlich. Genügend Jäger waren schon unvorsichtig und sind von einer panischen Maschine niedergetrampelt worden“, erklärt Masha.

„Wir werden aufpassen, Mutter“, beschwichtigt Graik.

„Außerdem haben wir uns“, füge ich an, ohne zu wissen warum. „Wir passen immer aufeinander auf.“

Graik und ich sehen uns an und grinsen.

Hilfe, sind die zwei süß. Es bestätigt vor allem, was ich die ganze Zeit vermutet habe. Die beiden sind richtige Zwillinge, die durch dick und dünn miteinander gehen.

Gingen, korrigiere ich mich im nächsten Moment. Sanyas Bruder ist nicht mehr da. Was ist passiert, dass er diesen Schritt gegangen ist? Das kann mir niemand mit schlichtem „Erwachsen-Werden“ erklären. Schuldgefühle? Das wäre eine Erklärung, und würde zu seiner Nachricht passen. Ist er für die Verbannung verantwortlich?

„Komm‘ schon“, fordert Graik und packt mich am Arm. Er zieht mich hinter sich her, runter auf die Ebene und zu einem Baum, hinter dem wir in Deckung gehen. „Jagen wir zusammen?“, fragt er mich im nächsten Moment.

Unbedingt, denke ich. Aber mein Körper scheint direkt eine Abwehrreaktion zu starten. Ich spüre Trotz in mir hochkommen und ohne das ich Einfluss habe, sage ich: „Nein, lass uns getrennt jagen.“

Graik lacht leise und amüsiert. Er grinst und strahlt mich an. „Immer noch sauer?“, fragt er spielerisch.

Offenbar, auch wenn ich nicht weiß warum. Zumindest spüre ich Zustimmung und strecke ihm die Zunge raus. „Dir werde ich es zeigen.“

„Pass auf dich auf“, flüstert Sanyas Bruder und huscht im Schutz des hohen Grases davon.

Ich sehe um den Baum herum. In einiger Entfernung stehen drei Läufer die friedlich grasen. Mir fallen Mashas Worte wieder ein und ich grüble einen Moment. Das hier ist einige Zeit her, so zwölf Jahre vielleicht? Das bedeutet das GAIA noch existiert oder ihre Selbstzerstörung noch nicht lang her ist. Diese Maschinen laufen dementsprechend noch mit dem alten Programm, sie werden also nicht angreifen. Dafür aber panisch flüchten, sobald sie mich sehen.

Ich nehme meinen Bogen vom Rücken und einen Pfeil aus meinem Köcher. Los geht’s.

Nicht.

Ich bin nervös und mache mir Sorgen. Für einen Moment schließe ich die Augen und atme durch. Das hier ist Vergangenheit, und ein Traum, rede ich mir ein. Mir kann nichts passieren, außerdem sind die Ereignisse vorbestimmt.

„Auf geht’s“, murmle ich und öffne die Augen wieder. Ich schleiche in gebeugter Haltung los, hin zu einem anderen Baum der näher an den Läufern ist.

Ich nehme den, der mir an nächsten steht, ins Visier. Langsam und leise schleiche ich im Schutz des hohen Grases noch etwas näher heran. Ich stabilisiere meine hockende Haltung in dem ich mein rechtes Knie auf den Boden drücke und spanne dann den Bogen.

Die Pfeilspitze zeigt auf den Läufer, auf die Energiezelle auf seinem Hintern.

Schieß doch, denke ich, aber nichts passiert. Ich habe keine Ahnung, ob ich das Problem bin oder ob Sanya zweifelt. Aber wir hocken da, den Bogen gespannt, das Ziel im Visier und nichts passiert.

Der Läufer hebt plötzlich den Kopf und sieht mich. So stehen wir da und starren uns an.

Was ist los? Programmabsturz? Ist das Bild eingefroren? Warum passiert nichts?

Mich erinnert das irgendwie an die Situation mit „meinem“ Läufer. Wir sehen uns an und die Zeit scheint still zu stehen, keiner von uns tut etwas.

Aber warum zögert Sanya? Es ist doch nicht ihre erste Maschinenjagd. Woher kommen plötzlich die Zweifel, die ich deutlich spüre?

Der Läufer gibt plötzlich einen hohen Ton von sich. Auch ohne viel Ahnung verstehe ich, dass es ein Warnsignal für die anderen Maschinen ist. Sofort setzten sich alle Läufer in Bewegung, ohne überhaupt nachzusehen was los ist.

Mist! Schieß doch endlich!

Tatsächlich surrt der Pfeil durch die Luft, als der Läufer sich gerade dreht. Mit einer für mich unvorstellbaren Wucht trifft er sein Ziel am Kopf und bringt die Maschinen zu Fall. Sofort habe ich den nächsten Pfeil auf der Sehne und schieße erneut, diesmal auf die vorher anvisierte Energiezelle. Mit einem elektronstatischem Brizeln löst sie sich und fliegt davon. Der Läufer rappelt sich schwerfällig auf und will fliehen, aber er ist zu sehr beschädigt. Das was er da macht wirkt unkoordiniert, er taumelt und scheint seine Bewegungen nicht in Einklang bringen zu können. Der nächste Pfeil zischt durch die Luft, die zweite Energiezelle verabschiedet sich und die Maschine fällt reglos zu Boden.

Woah, dass war krass. Und gleichzeitig fühle ich mich beschämt und unwohl. Aber Sanya ist spürbar happy und stolz.

Ich gehe zu der reglosen Maschine und stehe dann unschlüssig neben ihr. Ich höre Graik in der Ferne, der mit hörbaren Begeisterung offenbar gerade ebenfalls einen Läufer zur Strecke bringt.

Ich spüre plötzlich Zweifel in Sanya. Sie ist scheinbar nicht so ganz okay mit dem hier. Was ich verstehen kann.

Das Maschinen jagen ist ein essenzieller Bestandteil der Nora-Kultur, aber wie ehrenvoll ist sie? Eigentlich gar nicht. Die Maschinen fliehen, wehren sich nicht. Sie haben den Menschen nichts getan, trotzdem werden sie gejagt und zerlegt. Und ihre Teile werden für Waffen genutzt, die wiederum zum Maschinen jagen genutzt werden. Als würde man Rehe schießen um aus ihnen Kugeln zu machen. Natürlich werden nicht alle Kugeln wieder zum Rehe schießen genutzt, aber der Großteil schon. Und es würde damit begründet, dass man noch mehr Kugeln braucht. Um am Ende noch mehr Rehe zu schießen.

Was sagt uns das? Der Mensch ist eine extrem destruktive Spezies, selbst in der 2.0-Variante wie in dieser Welt. Vielleicht liegt HEPHAESTUS gar nicht so falsch mit dem was er in den nächsten Jahren tut … Und vielleicht ist auch HADES Einschätzung nicht von der Hand zu weisen …

„Sehr gut“, werde ich von hinten gelobt.

Ich drehe mich um und sehe Masha auf mich zu kommen.

„Nur drei Schüsse. Das war großartig und bekommt manch einer in seinem ganzen Leben nicht zur Vollendung“, sagt Sanyas Mutter mit deutlichem Stolz in der Stimme. Sie stellt einen Korb neben die Maschine. „Zerlege sie nun und lege alles brauchbare hier hinein.“

„Mache ich, Mutter“, sage ich ruhig.

Masha geht mit dem zweiten Korb in die Richtung, aus der ich vorhin Graik gehört habe.

Geübt zerlegen ich den Läufer. Metallbehälter, Platten, sogar einen Lohebehälter demontiere ich. Die beiden Energiezellen sammle ich anschließend aus dem Gras.

Gerade als ich fertig bin, tauchen Masha und Graik auf.

„Hey“, ruft Sanyas Bruder. „Du hast es geschafft.“

„Natürlich“, motze ich amüsiert zurück. „Ich bin der bessere Schütze, dass weißt du.“

„Ganz der Vater“, mischt sich Masha lachend mit ein.

Ich spüre Sanyas Freude und Stolz die diese Worte auslösen.

„Ihr habt das gut gemacht“, lobt uns Masha. „Es könnte etwas ruhiger sein“, merkt sie in Graiks Richtung an, „Und etwas überzeugter“, gibt sie in meine Richtung.

Wir nicken synchron.

„Ich habe etwas für euch“, erklärt die Nora anschließend geheimnisvoll. Sie geht in die Hocke und wir tun es ihr gleich. Sie öffnet ihre Tasche und holt einige Dinge heraus. „Mein lieber Sohn, das hier ist für dich.“ Masha reicht Graik eine Kette, ähnlich derer die sie selbst um den Hals trägt.

Ich erkenne das gute Stück sofort. Es ist die Kette, die ich erst heute in den Ruinen gefunden habe.

„Und auch das hier.“ Sie reicht einen klobigen Schlüsselbund an ihren Sohn. Das Ding ist verrostet und nicht schön anzusehen.

Trotzdem kommt er mir bekannt vor. All die Schlüssel, die Art wie sie zusammen gefügt sind um sie bei Bedarf wieder zu trennen … Das ist meiner! Das ist mein Schlüsselbund, nur in alt und gammelig. Was hat das zu bedeuten?

Graik bedankt sich und nimmt seine Geschenke begeistert in Augenschein.

„Nun zu dir, meine Tochter.“

Ich reiße mich von Sanyas Bruder los und sehe zu Masha. Sie reicht mir eine Tasse. Ich mustere das verlotterte Ding. Man erkennt noch schemenhaft den Aufdruck, der mir vertraut vorkommt. Das ist … ein Evoli. Ein Evoli unter dem ein Schriftzug ist. „Welcher ist dein Typ?“ steht da eigentlich, aber das ist so verblasst das man es nicht mehr lesen kann. Und rundherum sind die Bilder der unterschiedlichen Entwicklungen … So eine Tasse habe ich von meiner besten Freundin geschenkt bekommen vor einer Weile. Oder diese? Es ist offenbar auch mein Schlüsselbund, womöglich ist das hier dann auch meine Tasse …?

„Und dies hier“, sagt Masha und reicht mir einen Fokus.

Ein Fokus!

Als wäre das alles nicht schon merkwürdig genug, weil Nora nicht in die Ruinen dürfen, bekomme ich einen Fokus.

„Woher …?“, stammle ich überrascht und ungläubig.

Masha lächelt mysteriös und zwinkert mir zu. „Die habe ich von eurer Ururgroßmutter.“

Erbstücke? Das erklärt trotzdem nicht wirklich viel. Woher hatte sie denn unsere Ururgroßmutter? Ach egal, vielleicht sollte ich aufhören ständig alles zu hinterfragen …

Trotzdem finde ich es eigenartig, dass es ausgerechnet meine Sachen sind. Oder vermischen sich hier meine und Sanyas Erinnerungen?

„Ich bringe die Teile nach Mutterherz“, erklärt Masha und klemmt sich die Körbe unter die Arme. Sie schenkt uns nochmals ein warmes Lächeln und geht dann.

Ich lasse den Fokus fasziniert durch meine Finger wandern.

„Du solltest es lieber nicht nutzen“, murmelt Graik. „Es könnte gefährlich sein.“

Ich sehe ihn fragend an.

„Er könnte deinen Kopf explodieren lassen“, fotzelt er.

„So viel Glück werde ich nicht haben“, kommentiere ich trocken und wir lachen.

Graik bindet sich die Kette um und betrachtet den Anhänger eingehend. „Mein Geschenk ist wenigstens hübsch“, kokettiert er.

„Du hast etwas Hübsches auch bitternötig“, stichle ich.

Wir lachen herzlich und albern noch etwas herum.

„Ob er funktioniert?“, fragt Graik nach einer Weile, als ich wieder den Fokus in der Hand habe.

„Es gibt nur einen Weg das heraus zu finden“, sage ich leise und klemme ihn mir ans Ohr. Es surrt und das gute Stück springt an. Genau wie beim ersten Klartraum öffnen sich Menüs und Co. Alles traumbedingt unleserlich.

Mein Blick fällt plötzlich in die Ferne. Da steht jemand und beobachtet uns. Das ist … der Kerl der zur Segnungszeremonie neben uns stand.

Ich tippe Graik mit dem Ellenbogen an und deute mit dem Kopf in die Richtung.

Sanyas Bruder kommt der Aufforderung nach. „Ah, Grish. Der sagt schon nichts“, meint er und winkt dem Typen zu, dass er zu uns kommen soll.

Als er nähert kommt, fällt bei mir plötzlich der Groschen. Das ist der creepy Händler! Du meine Güte, wie passt der denn jetzt ins Bild?

„Hey, ihr beiden“, grüßt uns Grish freundschaftlich, als er ankommt.

Ich bin mir unsicher. Er ist jetzt so freundlich und nett, trotzdem habe ich seinen wirklich gruseligen Auftritt von vor drei Tagen noch deutlich im Kopf.

Wir setzen uns an ein Lagerfeuer auf einer kleinen Anhöhe und reden über unsere Geschenke, die Grish wirklich sehr zu interessieren scheinen.

Mein Blick geht kurz in die Ferne und ich sehe jemanden, der mir durchaus ebenfalls bekannt ist. Das ist Rost, der da in einiger Entfernung läuft. Mit einem Tragegestell auf seinem Rücken, dass ich so nur von Eltern mit Babys kenne …

Ich versuche mir einen Reim darauf zu machen, aber die gesamte Szene dimmt sich runter und ich werde in warmes Dunkel gehüllt.

Misstrauen

Ich wache auf und strecke mich mit geschlossenen Augen und …

Ähm. Irgendetwas fühlt sich falsch an.

Ich öffne die Augen. Und blinzle. Reibe mir die Augen und blinzle wieder. Reibe sie mir erneut und bin völlig überfordert mit dem, was ich sehe. Vor mir ist mein Wohnzimmer. Der Zustand ist irgendwie fragwürdig, aber es ist definitiv meine Wohnung. Ich setze mich auf dem Sofa auf, auf dem ich offenbar geschlafen habe, auf.

Ich bin zu Hause …?

Was passiert hier?

Die erwartete Freude stellt sich nicht ein, ich spüre eher tiefes Misstrauen. Meine Hand wandert zu meiner Nase und ich halte sie zu. Nein, das hier ist echt und kein Klartraum. Trotzdem freue ich mich immer noch nicht.

Ja, ich bin vor einigen Tagen auch plötzlich von hier nach da geglicht, trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass das Zurück genauso spontan passiert. Noch dazu erklärt das nicht, wie das überhaupt passieren kann, konnte, whatever.

Mein ungläubiger Blick wandert durch den Raum, der aussieht, als wäre ein Wirbelsturm hier durchgefegt. Schranktüren stehen offen, der Inhalt von einigen wurde teilweise heraus geräumt und liegt random herum. Was ist hier …

Nein! Nein, nein, nein, nein!

Meine Augen bleiben entsetzt an meinem Lego Tallneck hängen. Das gute Stück steht sonst sicher in einer Plexiglasvitrine auf dem Sideboard. Doch jetzt steht er auf dem Fußboden. Zwar noch auf dem Fuß der Vitrine, aber der Plexiglaskasten liegt daneben.

Hoffentlich ist keine der zarten Leitungen für die LED-Beleuchtung kaputt gegangen! Wer zum Kuckuck war das?!

Ich stehe auf, steige über irgendwas drüber was mich gerade nicht interessiert, und laufe zu dem Lego-Modell. Ich gehe auf die Knie und drücke den Knopf für die Beleuchtung.

Gott sei Dank, sie funktioniert noch.

Ich atme durch, sitze da und sehe mich erneut um.

Was ist hier passiert, während ich nicht da war? Ich habe die Wohnung definitiv nicht so verlassen. Einbrecher? Und ich lieg gemütlich auf der Couch und pennen? Eher nicht, oder?

Verwirrt gehe ich Richtung Flur, um die Tür zu kontrollieren. Mein Blick wandert nachdem Verlassen des Wohnzimmers zur Küche, weil dort das Licht an ist.

Waaaas?

Es steht Geschirr herum und der Kühlschrank ist offen. Auf dem Boden liegt ein kaputtes Ei und ein paar Scheiben Wurst.

Ich spüre den Drang laut zu schreien, aber das kommt wahrscheinlich eher nicht so gut.

Ich schließe die Tür vom Kühlschrank und gehe nun erstmal zur Wohnungstür. Sie ist zu und nachdem öffnen und inspizieren, stelle ich fest, dass sie eher nicht aufgebrochen wurde. Ein Blick ins Kinderzimmer verrät mir, dass hier alles unberührt ist; immerhin etwas. Im Schlafzimmer sieht es ein wenig unordentlich aus, Kissen und Decken liegen merkwürdig durcheinander, ansonsten ist es auch okay. Im Badezimmer läuft das Wasser in die nicht verstöpselte Badewanne. Hoffentlich nicht schon seit drei, vier Tagen …

Moment.

Welchen Tag haben wir überhaupt?

Ich gehe, nachdem ich das Wasser abgestellt habe, ins Wohnzimmer und nehme mein Smartphone vom Tisch. Ich stelle fest, es ist Sonntag.

Sonntag?

Ich zermartre mir das Hirn. Ich bin drüben am Samstag aufgetaucht. Dann habe ich den „Montag“ mit Aloy in der Schlucht verbracht, war am „Dienstag“ bei Grata und am „Mittwoch“ in der Ruine … Ähm. Wie funktioniert das?

Es ist effektiv ein Tag vergangen, zumindest hier. Das ist eigenartig. Wie alles eigentlich, fällt mir im nächsten Moment ein. Wieso wundere ich mich überhaupt noch über irgendwas? Warum versuche ich etwas zu verstehen, was eigentlich gar nicht passieren können sollte?

Mein Smartphone zeigt mir außerdem einige ungelesene Nachrichten. Die üblichen Verdächtigen: Sandra, Joe, Chris … Nichts Spektakuläres oder Merkwürdiges in den Nachrichten. Außer, dass Sandra augenscheinlich angefangen hat sich irgendwann Sorgen zu machen, weil ich einfach nicht geantwortet habe.

Ich schreibe allen zurück und packe das Smartphone wieder auf den Tisch. Ich starre es eine Weile an.

Zu gern würde ich meine Männer kontaktieren. Das ich mich nicht wirklich freue wieder hier zu sein, hängt wahrscheinlich auch genau damit zusammen. Ich kann meinen Mann und meinen Sohn nicht sehen, nicht mit ihnen reden oder sonstiges. Ich bin sonst kein gefühlsduseliger Mensch, aber diese extrem bizarre Situation sorgt dafür, dass sich alles viel intensiver anfühlt. Und das allein sein jetzt gerade, fühlt sich extrem intensiv an. Ich fühle mich, wie der einzige Mensch auf der Welt. Meine Augen werden feucht und spüre, wie mir die Tränen über die Wangen laufen. Für mich sein stört mich eigentlich nicht, aber das hier ist kein „allein sein“, das jetzt ist eher „einsam und verloren sein“.

Mein wässriger Blick wandert durch das Wohnzimmer. Ich kann mir nicht erklären, was hier passiert ist. Einen Moment habe ich den Eindruck mich selbst zu sehen, wie ich überfordert durch die Schränke wühle. Wie ich ungläubig Dinge in die Hand nehme und sie drehe und wende, als hätte ich sie noch nie gesehen.

War ich das?

Ich spüre, wie mich leichte Kopfschmerzen überfallen und sich ein hässliches Gefühl von Hilflosigkeit sich ausbreitet. Ich muss mich sortieren und am besten das Wohnzimmer gleich mit. Ich fange also an aufzuräumen, stelle den Tallneck vorsichtig wieder auf seinen Platz und mache Ordnung. Immer wieder sehe ich mich selbst, wie ich Dinge vorher ungläubig aus dem Schrank genommen habe, wenn ich sie wegräume.

Was ist hier nur passiert? Was ist mit mir passiert?

Ich gehe in die Küche und räume das Schlachtfeld dort auf. Ein Glas ist zu Bruch gegangen und an einer der Scherben ist etwas Blut. Ich betrachte meine Hände und sehe tatsächlich einen Schnitt an einem meiner Finger. Vor meinem inneren Auge spult sich die Szene ab: Ich halte das Glas, inspiziere es und drücke zu fest am oberen Rand. Das Glas bricht und ich schneide mich am Daumen. Immer noch versuche diese Szenen irgendwie zu begreifen, schaffe es aber nicht. Genauso, wie ich nicht verstehe, wie ich in einem Videospiel landen konnte, um dann urplötzlich wieder zu Hause zu sein …

Ich sammle die Scherben zusammen und entsorge sie. Ich räume das restliche Geschirr, Tee, Soßenpackungen und anderes zurück an seinen Platz. In dem ganzen Chaos habe ich es nicht gleich gesehen, aber jetzt registriere ich etwas, das für ein Schaudern bei mir sorgt.

Da stehen zwei Tassen nebeneinander. Das eine ist meine Evoli-Tasse und das andere ist ihre gealterte Version, die ich meinem letzten Klartraum gesehen habe. Ich sehe mich wieder selbst, wie ich in der Küche stehe und die „neuwertige“ Tasse ungläubig betrachte und dann die alte danebenhalte.

Plötzlich fällt der Groschen bei mir.

„Sanya“, flüstere ich in die stille Wohnung und habe den Eindruck damit Geister heraufzubeschwören.

Wie im Zeitraffer spult sich der vergangene Tag ab. Wie ich panisch in die Wohnung komme. Wie ich versuche mich zu orientieren, mich selbst abtaste und betrachte. Wie ich die Wohnung auf den Kopf stelle … Offenbar war sie hier, während ich dort war.

Wir haben die Körper getauscht?!

„Scheiße!“, fluche ich laut.

Im nächsten Moment bin ich dankbar, dass Sanya die Wohnung nicht verlassen hat. Wer weiß, was ihr da draußen passiert wäre!

Etwas schlimmeres, wie von einem Wächter beinahe getötet oder von einem Wildschwein plattgemacht zu werden? In einem Bunker zu ertrinken oder zu erfrieren?, flüstert es böse in meinem Kopf. Einen Moment grüble ich, ob es für Sanya hier wirklich gefährlicher ist, wie für mich in ihrer Welt …

Die Antwort ist: Ja!

Ich kenne ihre Welt, aber für sie ist hier alles fremd. Sie ist vergleichbar mit einem Mitglied eines indigenen Stamms, dass plötzlich in einer Großstadt auftaucht. Sie ist eine Wilde, wenn man es so will.

Schäm dich für diese Bezeichnung, tadle ich mich gedanklich selbst.

Zurück zum Wichtigem: Sanya war hier. Falls diese Körpertausch-Geschichte wieder passiert, und ich habe das Gefühl, das es wieder passieren wird, wird sie wieder hier sein …

Ich sollte versuchen ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Und mir dringend Gedanken wegen morgen machen, weil da ist Montag und ich muss wieder auf Arbeit. Aber erst Sanya. Ich hole Papier, nehme die zwei Tassen mit und gehe ins Wohnzimmer. Ich setzte mich an den Esstisch und überlege angestrengt, was ich ihr schreiben soll, will, muss. Ich schreibe etwas und schlage mir im nächsten Moment vor die Stirn.

Englisch, Herrgott. Die Sprache der Alten ist Englisch. Konzentrier dich, Anja!

Ich knülle das Papier zusammen und nehme mir ein neues Blatt. Ich schreibe ihren Namen groß oben hin. Das sollte sofort ihre Aufmerksamkeit wecken.

Okay, weiter im Text.

Nach einigem Grübeln und mir die Schläfen massieren, habe ich einen kurzen Text zusammen, den sie hoffentlich auch lesen und verstehen kann:

„Sanya,

My name is Anja. We chance our body’s. I don’t know why.

Please stay here, you are safe here.“

Ich will es nicht zu kompliziert machen, weil ich Graiks Gekritzel noch im Hinterkopf habe und mir nicht sicher bin, wie gut sie das hier überhaupt lesen können wird. Allerdings …

„I believe the reason for the happenings is in your world. Can you write me, what happened, bevor you came here the first time?“

Ich lege den Zettel auf den Tisch, ein leeres Blatt und einen Stift dazu und stelle die beiden Tassen daneben.

Ich hoffe, dass dieser Zettel nie von Sanya gelesen wird, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Zufall war oder aus Versehen passiert ist, dass wir unsere Plätze getauscht haben. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es vorbei ist. Das Misstrauen sitzt tief hinten in meinem Kopf und ich kann es nicht abschütteln.

Bis ich die Wohnung wieder ordentlich habe, ist es früher Abend. In der Zeit habe ich viel nachgedacht. Zum Beispiel, dass ich Glück habe, dass meine Familie nicht da ist. Das wäre bizarr geworden. Vor allem nach meiner Rückkehr. Wie hätte ich mein Verhalten erklären sollen?

Was mich dazu gebracht hat, darüber nachzudenken was Sanya jetzt in ihrer Welt macht. Sie wird vermutlich darüber verwundert sein, bei Aloy und Rost zu sein. Nun gut, Rost wird eventuell noch nicht zurück sein, aber die Teenagerin wird da sein. Ob Sanya ihr irgendetwas sagt? Wohl eher nicht … wie soll man so etwas auch erklären?

Ich sitze auf dem Sofa, esse Pizza und starre die Tassen an. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass dieser ganze Kram mit den Sachen zu tun hat. Die Tasse, der Schlüsselbund – das sind meine. Wie sind ihre verwitterten Varianten in Sanyas Welt gelandet? Was genau ist eigentlich Sanyas Welt überhaupt? Ein Game? Eine alternative Zukunft? Eine andere Dimension? Alles gleichzeitig?

Nachdem Essen mache ich die Playstation an. Ich will mich vorbereiten, für den Fall der Fälle. Und ich brauche dringend Ablenkung vom einsam sein. Ich sehe mir die Map an, versuche mir die Lage der Orte im Becken einzuprägen und sehe mir die Strecke nach Grabhort an.

Ob in der Zeit von Sanya da auch so viele Maschinen auf dem Weg sind? Und ich stelle erneut fest, dass es echt weit ist.

Rost hat mich damals in der Nähe von Teufelsleid aufgegabelt. Bis dahin ist es ein Tag zu Fuß. Bis zum Grabhort ist es Pi mal Daumen nochmal dieselbe Strecke. Also noch ein Tag, minimum. Vorausgesetzt ich verlaufe mich nicht oder werde anderweitig verlangsamt. Also eher drei Tage. Und vor allem zwei Nächte, die ich unter freiem Himmel verbringen muss. Eine davon sogar im Schnee. Das wird wesentlich komplizierter, wie ich es ohnehin schon dachte.

Plötzlich kommt mir ein anderer Gedanke: war Sanya womöglich auf dem Weg zum Grabhort, als wir unsere Plätze getauscht haben? Teufelsleid ist weit weg vom Becken und mit den Maschinen und Carja auch gefährlich, wieso sollte man dahinlaufen, wenn man keinen guten Grund dafür hat?

„Ich muss dahin, oder?“, murmle ich zweifelnd, während ich den Eingang zum Grabhort auf meinem Fernseher anstarre.

Tja, bleibt noch die Idee mit dem Läufer. Vorausgesetzt ich bekomme ihn handzahm und reitbar, wie bekomme ich ihn ungesehen aus dem Becken? Haupttor fällt aus. Aber das sind noch das Süd- und Nord-Tor … mal sehen ob da was geht.

Aber nicht mehr heute. Ich bin müde und nicht mehr aufnahmefähig. Zähne putzen, waschen und ich falle erschöpft ins Bett. In mein Bett, das ist trotz aller Umstände eine echte Wohltat und ich schlafe sofort ein.

Ungebetener Gast

Ich erwache am nächsten Tag und fühle mich nicht gut. Zum einem, weil es 5:30 Uhr ist und ich sehr spät ins Bett bin, zum anderen, weil ich von Aloy und Sanya geträumt habe. Aloy hat mir Vorwürfe gemacht, weil ich einfach abgehauen bin. Sie hat mich angeschrien, dass sie mir vertraut hat und sie dachte, sie wäre mir wichtig. Sanya hingegen war enttäuscht, weil ich sie hängen lassen habe. Sie hat mich angegiftet, dass sie wegen meiner Unfähigkeit nun ihren Bruder nie wieder sehen wird. Mein Gewissen ist ein fieses Miststück, dass mich immer quält, wenn ich es am wenigsten brauche.

Ich stehe auf und sehe mich um. Das dunkle Schlafzimmer lullt mich direkt wieder ein. Soll ich wirklich zur Arbeit? Ich fühle mich echt elendig und außerdem habe ich Angst, dass ich wieder mit Sanya tausche. Und mir wäre es lieber, wenn das zu Hause passiert. Ich mache mir einen Kaffee und schreibe nebenbei meinen Vorgesetzten, dass ich krank bin und nicht komme.

Ich setze mich aufs Sofa und dämmere ein wenig vor mich hin. Um 8 Uhr rufe ich bei meiner Hausärztin an und mache Mimimi. Erkältung und so, sage ich. Tatsächlich bekomme ich, dank Grippewelle, eine Krankschreibung per Telefon. Und weil die Karte dieses Quartal schon mal eingelesen wurde, muss ich auch nicht hin.

Wow … ich mache blau … das habe ich noch nie gemacht … Und es fühlt sich auch nicht gut an, eher wie Betrug. Oder Verrat, fügt mein Gewissen noch an.

Mein Magen meldet sich und ich nutze den Vorwand nicht mehr darüber nachzudenken. Ich mache mir Cornflakes und setze mich auf den Boden vor dem Couchtisch, sehe fern und esse. Der Vorteil, wenn das Kind nicht da ist: man muss kein Vorbild sein.

Ich trinke gerade die restliche Milch aus der Schüssel und stelle sie ab, da ist da plötzlich kein Tisch mehr. Da ist auch kein Fernseher mehr.

Ich blinzle perplex, weil mich das Feuer ein wenig blendet. Das Feuer, vor mir. Ich … bin …?

Och nein … Ich habe zwar die ganz Zeit daran gedacht, dass ich wieder zurück glitche, aber jetzt wo es offenbar passiert ist, fühle ich mich trotzdem ziemlich enttäuscht. Ich sitze vor einem vertrauten Lagerfeuer, die Sonne scheint vom Himmel, eine sanfte Brise weht. Eben war ich noch Hause …

„Sanya?“, werde ich vorsichtig von der Seite gefragt.

Ich zucke kurz zusammen und drehe den Kopf. Ich finde eine beunruhigt schauende Aloy vor. „Ja?“

„Alles in Ordnung?“, erkundigt sie sich vorsichtig.

Ich nicke irritiert.

„Du warst gerade so abwesend“, erklärt die Teenagerin ihre Fragerei.

Ja, sorry. Mich hat der Umstand das ich wieder hier bin etwas aus dem Konzept gebracht, könnte ich sagen. Tue ich nicht, ich lächle ein wenig ausweichend und sehe dann auf meine Hände.

Das ist … Teig? Was haben wir gemacht? Mist, ich habe keine Ahnung und fragen dürfte doof kommen.

Aloy nimmt mir den Teig aus der Hand. Sie platziert ihn auf einem dicken Holzbrett, das auf einigen Steinen nahe dem Feuer liegt.

„Entschuldige“, seufze ich. Keine Ahnung, wofür genau ich mich entschuldige, aber ich habe das Gefühl es zu müssen.

„Schon gut“, beschwichtigt mich die Teenagerin. „Du scheinst generell nicht so fit zu sein.“

Nun gut, Sanya war wahrscheinlich ziemlich irritiert und musste sich auch erstmal zurechtfinden. Zum Glück scheint Rost noch nicht zurück zu sein, sonst wäre es womöglich noch schlimmer geworden oder vielleicht eskaliert. So nett Rost ist, so kompliziert ist er auch.

„Aber“, tastet sich Aloy heran, weil ich schweige, „Könnten wir vielleicht morgen auf Maschinenjagd gehen?“

Ich sehe die Teenagerin mit großen Augen an. Ist das ihr Ernst? Ich bin gerade erst zurück und noch nicht ganz da. Natürlich weiß sie das nicht, aber sie hat selber gesagt, dass ich nicht so fit wirke, wie kommt sie dann jetzt auf die Idee?

„Immer nur Tiere jagen ist langweilig“, nörgelt sie. Ihre Augen richten sich hoffnungsvoll auf mich und sie wartet auf meine Antwort, während sie noch zwei Teigbatzen auf das Brett legt.

Tiere jagen ist aber sicherer. Mehr oder weniger. Kommt aufs Tier an. Was denke ich da überhaupt?

„Ich weiß nicht so recht“, weiche ich aus. „Rost wird wahrscheinlich nicht begeistert sein.“

Meine Aussage scheint ihren Elan zu bremsen, zumindest kurz. Nach einigem Nachdenken kommt sie mit der nächsten Aussage um die Ecke. „Und falls er morgen noch nicht zurück ist?“, bohrt Aloy weiter.

Kannst du mich bitte kurz in Ruhe lassen? Ich bin noch gar nicht richtig da … dieses Weltenspringen macht mich gerade kirre. Und überhaupt, was soll das heißen „falls er morgen noch nicht zurück ist“? Ich dachte, er ist maximal für eine Nacht weg? Ich bin überfordert …

„Wenn Rost morgen immer noch nicht zurück ist, reden wir nochmal darüber“, schinde ich Zeit. Und hoffe, dass sie sich auf den Deal einlässt.

Das scheint der Teenagerin zu reichen, denn sie strahlt augenblicklich. „Okay“, freut sie sich.

Ich spüre Misstrauen. Weiß sie mehr wie ich? Hat sie mich an der Nase herumgeführt? Ach, auch egal. Wozu mir über solche Lappalien den Kopf zerbrechen? Ich bin eh immer die Gelackmeierte.

Ich sehe in den Himmel, um mich zeitlich zu orientieren, was mir so semi hilft. Da ich sonst immer spät wieder hierhergekommen bin, sagt mir der Stand der Sonne im Moment nichts, da mir die Gipfel die Referenzpunkte nehmen. Aber, ich kann dem entnehmen, dass es zumindest früher ist wie sonst. Diese Erkenntnis hilft mir trotzdem nicht. Lassen wir das einfach, es spielt eigentlich auch keine Rolle.

Offenbar Räuchern wir nun Fisch, während die Brote, das ist der Teig, bäckt. Woher auch immer der Fisch stammt. Hat Sanya den gefangen? Nicht, dass es irgendwie wichtig wäre, aber mein Kopf scheint sich gerade gern mit Kleinigkeiten beschäftigen zu wollen.

Wir Räuchern Fisch und machen Brot und unterhalten uns lose. Zu meinem Leidwesen kommt nichts Spannendes dabei heraus. Ich bin inzwischen wieder halbwegs angekommen und es fühlt sich an, als wäre ich nicht zwischendurch zu Hause gewesen. Also schon, ich fühle mich tatsächlich beruhigter irgendwie, aber ansonsten bin ich wieder im Flow.

Wir machen irgendwann Abendessen und Aloy geht den fertigen Fisch einlagern. Ich gehe kurz mit ins Haus, um mir etwas Stoff zu holen und kontrolliere gleich noch meine Sachen. Allen voran, ob mein Schlüsselbund und der Fokus noch da sind. Sind sie, genau wie alles andere. Oder, wie fast alles andere. Mir fehlen vier Pfeile … war Sanya mit Aloy jagen? Würde den Fisch erklären.

Ich gehe wieder nach draußen. Ich binde mir den Stoff um die Hände, die Bandagen von Rost sind nämlich weg. Sanyas Holzhack-Skills sind erfahrungsgemäß nicht die besten. Und auch wenn die Verletzungen fast weg sind, möchte meine Hände einfach etwas schützen. Ich beginne mit der Arbeit und fülle den Stapel wieder auf.

Nach einer Weile taucht Aloy auf. Sie wirkt irritiert und verunsichert. Was mich wiederum irritiert und verunsichert.

„Was ist los?“, frage ich sie unverblümt.

Sie deutet wortlos hinter sich, wo aus der beginnenden Nacht ein Mann auftaucht.

„Grish“, rutscht mir unbewusst heraus. Ich spüre, wie ich sauer werde. Auf ihn, aber auch auf mich selbst. Ich bin hier Gast und das letzte, was ich möchte, ist meinen Gastgebern Probleme oder Ärger zu machen. Und dieser creepy Kerl stinkt förmlich nach beidem.

„Sanya“, spricht er mich an und stützt sich auf seine Gehilfe. „Wo ist Graik?“

„Ich weiß es nicht“, antworte ich bestimmt und sehe ihn fest an.

„Das ist Blödsinn“, mault er mich an. „Er ist dein Bruder. Ihr wart schon immer wie ein Geist auf zwei Körper aufgeteilt. Du kannst mir nicht erzählen, dass du nicht weißt, wo er ist.“ Er funkelt mich wütend an.

Ich sehe einfach nur zurück und reagieren nicht. Wie bekomme ich den nur los? Und zwar dauerhaft? Zumindest will ich nicht, dass er hier ständig am Haus auftaucht, sonst wird Rost mich mit ziemlicher Sicherheit rausschmeißen.

„Oder“, überlegt Grish laut, „Hast du es vielleicht? Die Ware aus du weißt schon wo?“, mutmaßt er fast schon intrigant.

Häh? Wovon redet der Typ?

„Ich habe nichts, was nicht mir gehört“, stelle ich unmissverständlich klar.

„Du versuchst doch nur, es vor mir zu verstecken“, wirft er mir wütend an den Kopf. „Begleicht eure Schulden endlich! Es wäre nur noch dieser kleine Auftrag gewesen aber nein, ihr musstet es ja vermasseln“, giftet er in meine Richtung.

„Was ist eigentlich dein Problem?“, fauche ich den Händler an. Meine Geduld ist heute einfach schon zu überstrapaziert und mir fehlt eindeutig die Ruhe. Ich sehe aus dem Augenwinkel wie Aloy sich einmischen will und zeige ihr mit einem sehr finsteren Blick, dass sie das lieber nicht tun sollte.

„Ihr, ihr seid mein Problem. Große Jäger ... ha. Dass ich nicht lache. Eine Verschwendung ist das, ihr beide hier Draußen“, spuckt er abwertend und verzieht das Gesicht.

Eine Welle der Wut kocht in mir hoch, auch wenn ich nicht verstehe, warum. Ja, ich war vorher schon sauer über das erneute Auftauchen und Gebaren von Grish, aber das jetzt ist wesentlich heftiger. Als wäre mir in diesem Moment etwas klar geworden. Zu gern würde ich diesem Idioten eine reinhauen, was so überhaupt nicht zu mir passt. Aber vielleicht zu Sanya?

Ich gehe zwei Schritte auf ihn zu und sehe ihn mit verengten Augen an. Ich bohre meinen Zeigefinger in seinen Brustkorb, was ihn einen Schritt zurück weichen lässt. „Verschwinde von hier und wage es nicht nochmal hier aufzutauchen“, knurre ich. „Solltest du dich wieder in Sichtweite dieses Hauses herumtreiben, wird es mir egal sein, dass wir mal Freunde waren.“

Grish starrt mich an. „Waren“, wiederholt er. „Wie du sagst, das war einmal, Sanya ... vor viel zu langer Zeit.“ Er klingt ungewohnt melancholisch. Im nächsten Moment wendet er den Blick ab. „Ich gehe, aber erwarte nicht, dass ich aufhöre nachzufragen. Das schwöre ich euch, bei der Urmutter“, prophezeit er noch, bevor er in der Nacht verschwindet.

Ich sehe ihm wütend nach. Was will der Typ nur? Hoffentlich kommt er nicht wieder hierher, sonst weiß ich wirklich nicht, ob ich mich weiter im Griff habe. Vor allem scheint auch Sanya sauer zu sein; keine gute Kombination.

„Was war das?“, fragt Aloy ungläubig.

„Keine Ahnung“, flüstere ich angestrengt, um meine Wut nicht zu sehr herausklingen zu lassen.

„Ich dachte, du kennst ihn nicht?“, hakt sie fast schon vorwurfsvoll nach.

Oh, Mist. Stimmt! Ich Idiot habe sie sogar gefragt, ob sie ihn kennt. Ich kann nicht spontan lügen, also muss ich mir Zeit kaufen. Hilfe, schnell, denk nach!

„Erkläre ich dir drinnen“, schinde ich Zeit. Ich staple das letzte Holz und wir gehen rein. Kaum drinnen sieht mich die Teenagerin auffordernd an.

Lügen ist nicht so meins, Halbwahrheiten sind meine Stärke also …

„Er, Graik und ich waren Kindheitsfreunde“, erkläre ich immer noch aufgebracht. „Ich habe ihn aber eine Weile nicht mehr gesehen, daher habe ich ihn das letzte Mal nicht erkannt. Als ich ihn davor zuletzt gesehen habe, war er noch nicht so … so …“

„Gruselig?“, bietet Aloy an.

Ich lache freudlos und nicke. „Der Tag war lang und merkwürdig, lass uns schlafen gehen“, sage ich anschließend.

Wir räumen noch etwas in der Hütte auf. Es erinnert mich an zu Hause und dadurch zwangsweise an Sanya. Hoffentlich kann sie den Zettel lesen … Plötzlich wird mir etwas anderes bewusst.

„Wie lang ist Rost schon weg?“, frage ich grübelnd. Theoretisch müssten vier Tage vergangen sein, oder? Zumindest war es während meines Aufenthalts hier so: in meiner Welt ist ein Tag vergangen und hier waren es vier.

Aloy stutz und runzelt die Stirn. „Was ist los mit dir?“

Ich massiere mir die Schläfe. Gute Frage, leider habe ich keine Antwort. „Es kommt mir vor, als wäre er schon lange weg. Länger als gedacht, zumindest“, versuche ich mich durchzumogeln.

Die Teenagerin verfällt in besorgtes Schweigen. „Stimmt“, murmelt sie leise.

Was?! Ich habe eigentlich gehofft, dass sie sagt „Quatsch, er ist doch erst gestern weg“. Scheinbar ist aber meine Rechnung nicht falsch.

Was ist mit Rost? Wo bleibt er so lange? Und wichtiger: was hat Sanya die ganzen Tage gemacht?

Aber meine Gedanken kommen zum Erliegen, als mein Blick auf Aloy fällt. Sie steht abwesend im Raum und sieht zu Boden. Mist, ich unsensibles Arschloch. Gut, ich wusste es nicht, aber trotzdem.

Ich gehe auf sie zu und lege ihr die Hand auf die Schulter. „Hey“, sage ich leise, „Rost geht es bestimmt gut. Vielleicht ist nur etwas dazwischengekommen.“

Die Teenagerin nickt wenig überzeugt.

Ich nehme sie in den Arm und streiche ihr sacht über den Rücken. „Er kommt zurück“, versichere ich ihr. Woher ich die Gewissheit nehme, weiß ich nicht, aber sie ist da.

Wir legen uns schließlich schlafen. Ich starre in die Dunkelheit und versuche meine Gedanken zu sortieren. Während mich heute und gestern hauptsächlich Sanya und ich mich beschäftigt haben, ist mein Kopf nun kurz vorm Einschlafen bei Rost. Hoffentlich ist wirklich alles in Ordnung bei ihm.

Auge um Auge

Ich komme mitten in einem kleinen Tumult wieder zu mir. Ich renne im Schnee und um mich herum sind junge Nora, die aufgeregt vor mir her eilen. Wir laufen alle in die selbe Richtung, den Berg hinauf.

„Verdammt!“, flucht es neben mir.

Ich sehe mich um und erblicke einen ziemlich aufgelösten Graik. Er wirkt neben der Spur und als ob er sich nicht zu helfen wüsste.

Wir alle haben ein Maschinenteil bei uns und nach einigen Metern sind wir offenbar auf der Spitze angelangt. Ich sehe, dass einer der jungen Anwärter bereits bei der Nora angekommen ist, die die Prüfung abnimmt. Denn genau das passiert hier scheinbar: das Ende der Erprobung.

Ist Graik deswegen so aufgelöst? Weil er nicht gewonnen hat? Irgendwie kann ich mir das nicht so richtig vorstellen, aber was ist sonst der Grund, dass er so ist?

In der Gruppe bricht Freudenjubel aus, nachdem wir alle zu Jägern erklärt wurden. Allerdings wirkt die Freude von Sanyas Bruder eher gezwungen. Er geht einige Meter vom Rest weg und fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht.

Ich gehe zu ihm und berühre ihn am Arm. Leise spreche ich ihn mit seinem Namen an.

Er dreht den Kopf zu mir und sieht mich an. Seine Augen wirken feucht und leicht panisch. „Ich … Ich …“, stammelt er. „Ich hätte Grish warnen sollen“, schluchzt er und wendet den Blick nach unten ab, „Ich hätte seinen Absturz dadurch verhindern können.“

„Schhhh“, sage ich leise und beuge mich in sein Blickfeld. Ich lege beide Hände seitlich an seinen Kopf. „Es war nicht deine Schuld. Die Erprobung ist gefährlich und das wusste er genauso wie wir.“ Ich streiche mit den Daumen oberhalb der Ohren sacht vor und zurück. „Grish ist stark, er wird es schaffen.“

Mir ist zu wider, was ich da sage. Nachdem Auftritt von Grish heute, würde ich am liebsten sagen, dass er es verdient hat. Aber so einfach ist das nicht. Der Grish von heute hätte es (vielleicht) verdient, aber der von diesem Moment hier wohl eher nicht. Er ist Graiks Freund, und scheinbar auch der von Sanya. Keine Ahnung, was im Detail auf dem Weg hierher passiert ist, aber Graik so zu sehen bricht mir das Herz.

Er sammelt sich grob nach einigen Minuten und wir gehen mit den anderen den Berg wieder hinunter.

Ist das hier der Grund für den Bruch zwischen den Zwillingen und Grish? Ich weiß es nicht, aber ich habe das Gefühl, dass das nicht der (einzige) Grund für die aktuelle Situation ist.

Es wird dunkel und ich drifte davon.

Als ich wieder zu mir komme bin ich in Rosts Hütte. Merkwürdigerweise beruhigt mich das irgendwie. Was mich nicht beruhigt ist das die Ecke gegenüber immer noch verwaist ist. Verdammt, wo steckt Rost nur?

Der Morgen ist absolute Routine, bis Aloy ihre Frage von gestern wieder einfällt.

„Gehen wir heute Maschinen jagen?“, fragt sie mich mit glänzenden Augen.

Ich gehe kurz in mich. Möchte ich das? Nein. Aber ich muss, zumindest indirekt. Wenn ich zum Grabhort reise, muss ich mich damit anfreunden, dass ich lernen muss, Maschinen außer Gefecht zu setzen. Ich werde es nicht bis dahin schaffen, ohne irgendwelche Konfrontationen. Also besser vorbereiten wie ungeübt in einen Kampf stolpern.

Ich sehe die Teenagerin an. „Ja, wir gehen Maschinen jagen.“

„Wirklich?“, fragt sie mich begeistert ungläubig und umarmt danach spontan.

Ich hasse mich gerade selbst dafür. Ich könnte theoretisch alleine gehen, tue ich aber nicht. Und der Grund ist nicht, dass ich Aloy nicht alleine lassen möchte. Ich nehme sie mit, weil ich zu viel Angst habe alleine zu gehen. Sanya mag die erfahrenere Jägerin sein, aber sie ist nicht hier. Zumindest nicht geistig. Ich bin auf die Hilfe der Teenagerin angewiesen, auf ihr Wissen und dafür setze ich sie einer von mir nicht kalkulierbaren Gefahr aus. Ich bin ein Monster, oder?

Ich schiebe diese Gedanken so weit weg wie ich kann.

Wir packen alles nötige zusammen und machen uns auf den Weg hinunter ins Becken.

Wir sind eine Weile unterwegs und ich lasse Aloy unterwegs zwei Hasen schießen. Sie kommt der Aufforderung erst nach einem sehr bösen, mahnenden Blick von mir nach. Ich denke, sie hat dadurch verstanden, dass ich nicht das Risiko eingehen möchte, dass Rost uns beiden das Fell über die Ohren zieht, sollten wir einen ganzen Tag mit Maschinen jagen verplempern.

Wir laufen eine leichte Anhöhe zwischen einigen Bäumen hinauf und ich bleibe abrupt stehen. In der Senke auf der anderen Seite steht ein einzelner Läufer.

Ich spüre Aufregung und Freude, bis ich das typische Geräusch eines sich spannenden Bogens hinter mir höre. Ich drehe mich um und im letzten Moment halte ich Bogen und Pfeil von Aloy auf, in dem ich nach den beiden Dingen greife.

Wütend funkelt sie mich an. „Was soll das?!“, faucht sie leise. „Du hast gesagt …“

„Aber nicht diesen“, grätsche ich dazwischen. „Ich glaube, dass ist der, von dem ich dir erzählt habe.

Sie runzelt die Stirn. „So ein Quatsch“, nörgelt sie.

Ich deute ihr leise zu sein, dem Bogen zu senken und da wo sie ist zu bleiben. Sie verzieht noch mehr das Gesicht, folgt aber meiner Aufforderung. Ich gehe noch ein wenig auf den grasenden Läufer zu und hocke mich hin.

Sollte ich ihn ansprechen um mich bemerkbar zu machen? Schon, oder?

„Hey du“, sage ich leise.

Der Läufer schreckt leicht und hebt den Kopf. Er sieht mich an und schüttelt den Kopf. Unsicher tänzelt er ein wenig, läuft einige Schritte rückwärts. Er beruhigt sich aber, sogar wesentlich schneller wie beim letzten Mal.

Ich muss grinsen und sehe ein wenig triumphierend über meine Schulter.

Aloy steht mit gesenktem Bogen und offenem Mund da. Der Unglauben über das was sie da sieht, steht ihr ins Gesicht geschrieben.

Ich wende mich wieder der Maschine zu. Was mach ich jetzt eigentlich? Natürlich wollte ich den Läufer markieren, möchte ich auch immer noch. Aber der Gedanke mit etwas auf ihn zu schießen behagt mir gerade überhaupt nicht. Ich habe Angst die Basis die ich geschaffen habe dadurch aufs Spiel zu setzen.

Ich habe spontan eine andere Idee aber dafür muss ich etwas ausprobieren. Ich strecke meine Hand in die Richtung des Läufers und versuche ihn dadurch irgendwie anzulocken.

Wie erwartet weicht er zunächst zurück. Tatsächlich habe ich keine Ahnung, was genau ich erwarte. Es ist eine Maschine, auch wenn ich es zu ignorieren versuche. Ich habe keine Ahnung von seinem Programm, ob er Berührungen spürt, ob er riechen kann … Aber ich habe den Eindruck, dass er mich wiedererkannt hat, was immerhin bedeutet, dass er neue Informationen aufnimmt und abspeichert.

Falls ich es schaffe ihn anzufassen, könnte ich ihn vielleicht schonender markieren. Ich weiß noch nicht womit, eventuell tatsächlich Puschel-Bommel, aber ich müsste zumindest nicht auf ihn schießen und dadurch womöglich sein Vertrauen verspielen.

Der Läufer tippelt unruhig hin und her. Er macht einen Schritt auf mich zu, reckt den Kopf in meine Richtung, weicht dann aber wieder zurück und läuft unruhig eine Runde im Kreis.

Ich habe den Eindruck, dass er im Prinzip verstanden hat, was ich von ihm möchte. Die Frage ist, hindert ihn die Vorsicht oder ein Programm an der Umsetzung.

„Warum markierst du ihn nicht?“, flüstert Aloy plötzlich dicht hinter mir.

Der Läufer erschreckt sich, genau wie ich. Ich hatte die Kleine tatsächlich gar nicht mehr auf dem Schirm. Die Maschine vergrößert die Distanz zu uns, flieht aber immerhin nicht.

„Ich will ihn nicht verschrecken“, erkläre ich leise, „Vielleicht vertraut er mir danach nicht mehr.“

Ich höre ein zustimmendes Murmeln.

Der Läufer bleibt wo er ist und scheint nicht gewillt wieder näher zu kommen. Ich bin mir nicht sicher, ob es schlicht an dem erschrecken liegt. Ich habe aber eher den Eindruck, dass er sich an der Präsenz von Aloy stört, jetzt wo er sie bemerkt hat.

„Wir wollten doch Maschinen jagen, nicht sie anstarren“, nörgelt es hinter mir.

Ich rolle mit den Augen. Langsam bekomme ich das Gefühl, dass die manchmal schwer erträgliche Art der Teenagerin nicht unbedingt nur an ihrer Pubertät liegt.

Ich stehe auf und klopfe meine Hose sauber. „Ja doch“, seufze ich und drehe mich um.

Wir gehen in die andere Richtung davon. Ich sehe bewusst nicht zurück, um nicht ungewollter weise den Läufer dadurch zu animieren uns zu folgen.

Wir sind noch eine ganze Weile auf der Pirsch und werden schließlich in der Nähe des Flusses fündig. Zwei Wächter laufen Patrouille, in entgegengesetzte Richtungen das Ufer auf und ab.

Leise und schnell gehen wir hinter einem Fels in Deckung.

„Einer für dich, einer für mich“, frohlockt Aloy neben mir mit einem breiten Grinsen.

Meine Geduld und Toleranz scheint sehr unter ihrer arrogant wirkenden Art zu leiden, denn ich finde die Teenagerin echt unerträglich. Ihre Art diese Dinge so euphorisch zu sehen macht mich wahnsinnig.

„Wie alt bist du eigentlich?“, frage ich genervt bevor ich mich versehe.

Aloy sieht mich angesäuert an. „Was spielt das für eine Rolle?“

„Du bist alt genug um zu wissen, dass viele Nora bereits ihr Leben bei der Maschinenjagd gelassen haben. Und alt genug um zu wissen, was Tod bedeutet“, presse ich zwischen meinen Zähnen hervor. „Hör auf so zu tun, als wärst du der beste Jäger unter der Sonne, du Grünschnabel. Du hast wahrscheinlich noch nie eine Maschine allein gejagt, sonst hättest du dir in der Schlucht nicht beinahe in die Hosen gemacht“, knurre ich wütend und sehe sie an.

Die Teenagerin schnappt aufgebracht nach Luft und sieht mich mit großen Augen an.

„Sei still und hör auf hier auf cool zu machen“, beendet ich meine Standpauke.

„Cool?“, fragt sie mich verdutzt.

Ich wedle mit der Hand um ihr zu signalisieren, dass ich nicht weiter mit ihr darüber reden werde.

Ich konzentriere mich auf die Wächter, vor allem dem Punkt, an dem sie aneinander vorbei laufen und sich danach nicht mehr sehen, bis sie am Ende der Runde wieder wenden und aufeinander zu gehen.

Aloy neben mir schweigt wütend beschämt und starrt trotzig zu den Maschinen.

„Wenn wir den Wächter, der auf uns zu läuft leise und schnell ausschalten, nachdem sie aneinander vorbei sind, haben wir Zeit, den anderen von hinten zu erwischen“, philosophiere ich und sehe zu der Teenagerin.

Sie überlegt und lässt ihre trotzige Haltung dann allmählich sein. „Mit einem oder zwei Treffern ins Auge, kann man sie direkt ausschalten“, erklärt sie und sieht mich an.

„Traust du dir das zu?“, frage ich und hebe die Hand um sie von einer schnellen Antwort abzuhalten. „Wenn es daneben geht, alarmiert das denn zweiten und wir müssen sie zeitgleich bekämpfen. Also schätze deine Fähigkeiten richtig ein.“

Ich ernte eine böses Funkeln, danach geht sie aber tatsächlich in sich und denkt nach. „Ich weiß nicht so recht“, gesteht sie schließlich, obwohl es ihr sichtlich schwerfällt.

Mir ist bereits bei meiner Standpauke etwas bewusst geworden. Nämlich, dass ich ein dummer Idiot bin. Graik und Sanya waren irgendwas um die 14 Jahren, als sie ihre erste Jagd allein gemacht haben, und da waren die Maschinen noch friedlich! Aloy ist etwa 12 Jahre und fragt ständig ob jemand mit ihr jagen geht. Wenn sie es sich allein zutrauen würde, würde sie es einfach tun.

Ich habe von ihr keine Hilfe, maximal etwas Unterstützung zu erwarten. Das wiegt das Risiko dem ich sie aussetze nicht im Ansatz auf. Ganz im Gegenteil. Und ich hasse mich inbrünstig für meine maßlose Dummheit.

Jetzt heißt es umso mehr Ruhe bewahren und einen Plan austüfteln, der niemanden das Leben kostet.

Ich sehe mir die Umgebung an. Etwas neben der Laufstrecke steht ein Baum, der ganz vielversprechend aussieht. Ich zeige in seine Richtung. „Schleich auf den Baum. Von dort aus hast du alles im Blick und kannst den zweiten direkt ins Visier nehmen“, erkläre ich. Und du bist aus der Schusslinie, falls es schief geht, füge ich gedanklich an.

Ohne Diskussion kommt Aloy meiner Aufforderung nach. Sie scheint sogar etwas erleichtert, aus der direkten Konfrontation raus zu sein.

Ich warte, bis sie auf dem Baum in Position ist, bevor ich mich wieder auf die Maschinen konzentriere.

Mein Herz klopft, meine Hände sind nass und am liebsten würde ich weglaufen. Aber ich muss das machen, wenn ich ein Gefühl dafür bekommen möchte um nicht auf dem Weg zum Grabhort Maschinenfutter zu werden. Die richtig üblen Jägermaschinen dürfte es noch nicht geben. Sägezahn und Pirscher und so. Aber Grauhabichte wird es wahrscheinlich schon geben, immerhin sammeln sie Ressourcen für die Maschinenherstellung. Genau wie Plünderer. Vermutlich auch Panzerwanderer, aber denen kann man zumindest recht gut aus dem Weg gehen.

Konzentrier dich auf das Jetzt!, ermahne ich mich selbst gedanklich.

Ich nehme zwei Pfeile aus meinem Köcher, einen klemme ich mir zwischen die Zähne, den anderen lege ich an die Sehne.

Wenn ich aus der Deckung gehe, wird mich der Wächter recht schnell bemerken, weil er direkt auf mich zu läuft. Ich muss also schneller sein wie er. Und auch noch direkt das Auge treffen.

Sanya ist eine gute Bogenschützin, vorausgesetzt ich bekomme den Kopf frei. Aber genau das widerstrebt mir.

Nicht nachdenken, wenn man sich einer tödlichen Gefahr stellt, ist eigentlich der direkte Weg ins Grab. Absurder Weise, würde mich nachdenken in dem Fall töten und Kopf abschalten retten.

Ich atme durch, versuche alles auszublenden und mich auf den Wächter zu fokussieren. Er dreht gerade am äußeren Ende und läuft in meine Richtung, während der andere in meiner unmittelbaren Nähe mir den Rücken zu wendet und auf seinen Kollegen zu dackelt.

Ich muss warten, bis er nah genug bei mir ist damit ich mit meinem Angriff nicht den anderen nicht alarmiere, gleichzeitig muss die Drehung des anderen noch möglichst weit weg sein, damit er nicht zu schnell sieht, was mit seinem Kollegen passiert. Ein taktischer Drahtseilakt.

Die beiden Wächter schreiten aneinander vorbei. Wenn der, der zu mir läuft, etwa auf der Hälfte der letzten Strecke ist, muss ich ihn ausschalten um Aloy und mir genügend Zeit für den zweiten zugeben.

Ich konzentriere mich auf die Maschine, als wolle ich sie mit Kraft meiner bloßen Gedanken zerstören.

Noch ein Schritt, noch einer, noch einer …

Ich richte mich auf, spanne gleichzeitig den Bogen und visiere das Auge an. Das blaue Licht wird schlagartig gelb, der Pfeil schnellt von der Sehne und trifft. Die Maschine taumelt und richtet ihr inzwischen rot leuchtendes Auge auf mich.

Scheiße! Der Bogen ist zu schwach! Darüber habe ich nicht nachgedacht, weil ich im Game immer mit Scharfschussbogen arbeite. Ich muss mich beeilen!

Der zweite Pfeil ist auf der Sehne, aber der Wächter gibt bereits seinen Alarmton von sich. Ich sehe, wie sich der zweite in der Ferne herum dreht, aber direkt strauchelt, weil ihn ein Pfeil von der Seite trifft. Direkt danach zischt mein Pfeil los, auf das Auge des heranstürmenden Wächter zu, der danach geräuschvoll zu Boden geht und sich nicht mehr rührt.

Plötzlich wird es grell um mich herum und meine Ohren klingeln.

Mist, ein Blendangriff. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht. Wo ist das blöde Ding? Wenn er mich erwischt, war es das.

Ich versuche irgendwas zu erkennen oder zu hören, drehe den Kopf immer wieder. Mein Herz scheint gleich zu explodieren, so schnell wie das hämmert. Ich habe Todesangst und das lässt meine Muskeln unkontrolliert zittern.

Im letzten Moment sehe ich einen Schatten der in meine Richtung springt. Ich weiche reflexartig aus, werde aber von seinem Schwanz an der Schulter touchiert. Ich lande unsanft im Gras, mir bleibt die Luft weg für einige Sekunden.

Ich höre den Angriffston des Wächters und der aktiviert scheinbar meinen Überlebensinstinkt. Blitzschnell drehe ich mich auf den Rücken und setze mich auf, aus mir unbekannten Gründen habe ich bereits den Bogen wieder im Anschlag.

Die Maschine ist kurz vor dem Sprung, als ein Pfeil plötzlich von der Seite kommt, sie trifft und dadurch aus dem Gleichgewicht bringt.

Ich bin überfordert und panisch, habe keine Ahnung was ich hier eigentlich mache, was sich zum Glück nicht auf Sanyas Reflexe auswirkt. Denn, mein Pfeil zischt los und knallt gegen den Kopf des Wächters, woraufhin die Panzerung wegfliegt.

Ich rapple mich auf und bringe Abstand zwischen mich und die Maschine. Wieder höre ich den Angriffston. Ich schaue über meine Schulter und sehe das Biest angesprungen kommen. Ich weiche aus, etwas unbeholfen aber immer hin ohne wieder einen Treffer zu kassieren. Ich nutze die Zeit, die die Maschine zum umdrehen braucht und nehme sie ins Visier. Ich feuere einen Pfeil ab, der seitlich in die teilweise freigelegte Elektronik des Kopfes einspikt. Ich sehe Funken und höre das Brizeln von Strom.

Der Wächter macht abgehakte unkontrollierte Bewegungen, will offenbar noch einen Angriff starten, wird aber von einem weiteren Pfeil von der Seitenlinie getroffen. Ich nehme erneut einen Pfeil aus dem Köcher und schieße. Zeitgleich mit meinem Pfeil, hämmert auch ein weiterer von Aloy in den Kopf des Wächters. Er bricht zusammen und ist stumm.

Ich stehe da wie die Kuh vorm Scheunentor. Sehe von dem einem toten Wächter zum anderen.

Wir haben es geschafft? Ich kann das irgendwie nicht glauben.

Einsicht

Ich habe immer noch Herzrasen und zittere leicht.

„Sanya“, ruft mich Aloy, was mich zusammen zucken lässt. Sie ist den Baum bereits herunter und auf dem Weg zu mir ist. „Geht es dir gut?“

„Ja, alles gut“, antworte ich ungläubig, starre immer noch die Maschine zu meinen Füßen an.

„Das war ganz schön gefährlich“, murmelt die Teenagerin als sie bei mir ist.

Ich nicke und wundere mich im nächsten Augenblick. Das sollte sie doch wissen, oder …? Argwöhnisch sehe ich zu ihr und will gerade frage, da Aloy kommt mir aber zuvor.

„Deswegen jagt Rost nur Läufer mit mir“, flüstert sie leise.

Ich werd‘ nicht mehr! Ich sehe die Teenagerin an, wütend und ungläubig. „Was hast du da gerade gesagt?“, knurre ich genervt.

Aloy antwortet mir nicht, zieht lediglich den Kopf und nuschelt etwas, dass wie „es tut mir leid“ klingt.

Nein, ich rege mich nicht schon wieder auf. Atmen, Anja, atmen.

„Hol etwas Rainholz, damit wir gleich die Köcher wieder auffüllen können“, seufze ich angestrengt.

Ich will sie gerade einfach fünf Minuten nicht sehen um mich zu beruhigen, sonst geht es schlecht aus.

Die Teenagerin stiehlt sich direkt davon und tut was ich ihr sage. Vermutlich ist ihr klar, dass da einiges an Wut in mir kocht.

Sie hat mich an der Nase herumgeführt. Und ich habe es mit mir machen lassen. Ich weiß, dass ich zu blauäugig bin manchmal, aber Aloys rücksichtslose Art, ist auch alles andere als sozial.

Als sie zurück ist, zerlegen wir schweigsam die beiden Wächter. Ich spüre, wie sie immer wieder in meine Richtung sieht. Sie weiß oder ahnt, dass es nicht okay war, was sie getan hat. Dieses Wissen reicht mir, um nicht zu explodieren, daher sage ich auch nichts.

Wir machen anschließend Pfeile, für die die Scherben aus den Maschinen komplett aufgebrauchen und noch einige unserer eigenen brauchen.

Aloy zieht sich einen kleinen Maschinenkern an Land. Ich packe mir Draht ein und aus dem zweiten Wächter fummle ich die Linse aus dem Auge, bei dem anderen ist sie ja hinüber.

Die ist echt hübsch und funkelt mehrfarbig. Man kann die Sensoren und die feine Verdrahtung erkennen, wenn man sie gegen die Sonne hält. Absolut faszinierend.

Wir suchen uns einen Platz etwas abseits der Maschinen und Essen etwas.

Jetzt wo Angst, Adrenalin und Euphorie sich legen, spüre ich meine Schulter. Sie pocht und schmerzt. Ich taste sie vorsichtig durch den Stoff ab und versuche mich zu vergewissern, dass nichts gebrochen ist. Da ich kein Arzt bin und ich nicht weiß, ob man einen Bruch, sofern er nicht unsauber ist, überhaupt spüren kann, ist es eigentlich witzlos, aber ich tue es trotzdem. Alles fühlt sich normal an, vom Schmerz abgesehen.

Aloy hat mich dabei beobachtet und zieht wieder den Kopf ein.

Keiner von uns sagt etwas zu dem Ganzen, wir reden über die Beute und Belangloses. Die Stimmung ist irgendwie „angespannt vorsichtig“. Wir bemühen uns beide, nichts falsches zu sagen, gleichzeitig nicht durch zu oberflächliches alles bisher erreicht zwischen uns zu bagatellisieren.

Gedanklich bin ich eh nicht bei der Sache. Ich bin mit mir, meiner offenbar grenzenlosen Dummheit und der Tatsache beschäftigt, dass ich ohne Aloy Tod wäre. Nun gut, ohne sie hätte ich auch keine zwei Wächter angegriffen.

Aber, ich habe nun ein Gefühl für das Maschinenjagen und das wollte ich. Und die Erkenntnis, dass ich das nicht nochmal machen möchte. Ich hatte eh nicht vor, mich zum Grabhort durch zu metzeln, aber nun bin ich mir bewusst, dass ich wirklich alles versuchen sollte, um eine Auseinandersetzung zu vermeiden.

Nach dem Essen machen wir uns auf den Rückweg. In der Nähe von Grata packt mich Aloy plötzlich am Arm um mich zum Anhalten zu bewegen. Sie deutet in Richtung einiger Bäume, zwischen denen ein Läufer steht.

„Das ist er bestimmt wieder“, flüstert sie.

„Kann sein. Zumindest ist er allein, was ja sonst eher nicht der Fall bei Läufern ist“, sage ich ruhig.

Aloy sieht mich unschlüssig an. „Willst du nicht nochmal versuchen ihn zu markieren?“

Ich überleg kurz und schüttle den Kopf. „Ich habe die Nase voll von Maschinen heute. Und mit meiner lädierten Schulter …“ Ich beende den Satz nicht, schüttle lediglich nochmals den Kopf.

Die Teenagerin runzelt die Stirn. „Ich könnte es versuchen“, schlägt sie nach einem Augenblick vor. „Dann würdest du auch sein Vertrauen nicht gefährden.“

„Das ist nett, aber nein“, sage ich. Ich glaube nicht, dass ich noch mehr Minuspunkte sammeln sollte. Nicht, dass ich glaube, dass ich eh schon so viele angehäuft habe, dass Rost mich sofort vor die Tür setzt, sollte er von allen erfahren. Mein Hauptproblem ist, dass ich mich immer weiter in die Scheiße reite. Aloy ist so ungeübt in Sachen Sozialkompetenz und den Grundprinzipien des Zusammenlebens mit anderen, dass sie sich gar nicht bewusst ist, auf welchem Pulverfass ich dank ihr sitze. Und sie wird das Fass anzünden irgendwann, wenn auch ungewollt.

Ich bin so abwesend das ich zu spät merke wie Aloy nach meiner Tasche greift. Ich kann sie aber auch nicht abwehren, weil durch die (versuchte) schnelle Bewegung meine rechte Schulter nicht nur barbarisch schmerzt, sondern auch kurz blockiert.

Blitzschnell hat sie Puschel-Bommel, die halb heraus hing, weil ich beim einpacken etwas nachlässig war, geschnappt und eilt davon.

Ich bleibe seufzend zurück. Ich habe keine Lust und keine Kraft mehr mit ihr zu kämpfen. Keine Ahnung wie Rost das aushält mit ihr. Gut, er hat den Vorteil das er niemanden Rechenschaft schuldig ist; im Gegensatz zu mir. Außerdem bin ich mir bewusst, dass das hier gerade der Versuch von ihr ist, die Wächter-Sache wieder gut zu machen.

Ich beobachte Aloy, wie sie sich geschickt an den Läufer heranpirscht. Sie zückt ihre Zwille und lädt den Stein.

Ja, ich drücke ihr die Daumen, denn es würde mir helfen. Wenn sie mir schon zusätzliche Probleme bereitet, könnte es wenigstens auch hilfreich sein.

Im nächsten Augenblick höre ich wie der Stein gegen Metall scheppert. Der Läufer springt los und galoppiert davon.

(Anmerkung an meine Gottheit: ich habe den Erflog per Münzwürf ausgeknobelt.)

Aloy dreht sich zu mir und grinst breit. Dem entnehmen ich, dass es funktioniert hat. Eilig kommt sie zu mir zurück und berichtet euphorisch, dass Puschel-Bommel nun irgendwo an der Schulter des Läufers baumelt.

Das ich nicht so gut gelaunt bin wie sie, scheint ihr nicht aufzufallen. Das hat immerhin den Vorteil das ich mich nicht erklären muss.

Natürlich bin ich glücklich, dass es geklappt hat; keine Frage. Aber meine Grundstimmung ist so genervt und frustriert, dass ich mich nicht so richtig freuen kann.

Der Weg zurück fühlt sich unfassbar lang an. Natürlich bin ich glücklich über die Erfolge des Tages, aber gleichzeitig spukt mir die Situation mit dem Wächter im Kopf herum. Oder besser, wie sehr ich das Zusammenleben von Rost und Aloy störe.

Ich hasse mich und meine Unfähigkeit, meine Naivität der Teenagerin gegenüber. Ich hasse mich dafür, dass Grish meinetwegen in das Leben von Aloy und Rost eingreift, ich hasse mich für meinen fehlenden Mut die Reise zum Grabhort endlich festzumachen. Ich bin ein unfähiges, ängstliches Etwas, dass nur Probleme verursacht.

Die Teenagerin scheint von alldem nichts zu bemerken, strahlt einfach glücklich vor sich hin. Zumindest, bis wir wieder am Haus sind.

„Rost?“, ruft sie ungläubig.

Tatsächlich, da sitzt er am Lagerfeuer. Er dreht den Kopf in unsere Richtung und ringt sich ein Lächeln ab, dass wirklich furchtbar unecht aussieht.

Aloy lässt es ich nicht nehmen, ihre Wiedersehensfreude sehr eigentümlich zum Ausdruck zu bringen. Sie stürmt auf ihren Ziehvater zu und baut sich vor ihm auf. „Wo bist du gewesen?!“, mault sie vorwurfsvoll. „Ich habe mir Sorgen gemacht!“, nölt sie weiter, woraufhin Rost mit einem schwachen Lächeln eine Entschuldigung murmelt.

Ich bin einfach nur glücklich, dass der Mann zumindest auf den ersten Blick unversehrt aussieht. Ich geselle mich zu einem sehr schweigsamen Rost und sage ihm, dass ich froh bin, dass es ihm gut geht. Tatsächlich ist er keine Plaudertasche, aber er wirkt so extrem verschlossen im Augenblick, dass ich mir Sorgen mache. Was ist in den vier Tagen passiert?

Aloy und ich kümmern uns um das Abendessen. Beziehungsweise bestehe ich darauf, dass die Teenagerin hilft, um dem Mann eine Verschnaufpause zu gönnen, nachdem sie eine Flut an Vorwürfen und kleineren Freudenausbrüchen über ihn ergossen hat. Ich hoffe, dass mein Sohn nicht auch so ein Teenager wird …

Wir essen Brot und Pökelfleisch, ich schäle Aloy einen der Räucherfische für ihren Ziehvater aus dem Kreuz. Eigentlich will sie den für später noch aufbewahren, aber nach einigen intervenieren von mir, lässt sie sich doch erweichen.

Wir essen und die Teenagerin spult aufgeregt die letzten Tage ab.

Tatsächlich scheint während meiner Abwesenheit nichts Spektakuläres passiert zu sein. Sanya und Aloy waren Tiere jagen und offenbar haben sie einige Kletterübungen zusammen gemacht. Ansonsten gab es keine Vorkommnisse.

Ich drifte gedanklich ab, zu dem Läufer, zu dem Wächter, zum Grabhort …

„… dieser merkwürdige Händler gestern wieder aufgetaucht ist“, plaudert Aloy unbeschwert.

Die Stimmung wird von der Teenagerin unbemerkt schlagartig frostig.

Ich schiele aus dem Augenwinkel zu Rost, der mir einen deutlichen Blick zuwirft. Die Teenagerin erzählt unbeschwert noch einiges, wieder völlig belangloses.

Ich bin sauer und brumme nur, als Aloy sich verabschiedet und ins Haus verschwindet. Das ist bereits das zweite Mal, dass sie mich ans Messer liefert. Ich bin mir bewusst, dass es auch mit ihrem isolierten Aufwachsen zu tun hat. Sie weiß nicht, was es bedeutet in einer Gruppe, einer Gemeinschaft, zu sein und welche Regeln das mit sich bringt.

Ich versuche die aufkeimende Wut, die meinen Selbsthass noch mehr schürt, hinunterzuschlucken. „Wie ist die Lage da draußen?“, frage ich Rost leise, ohne ihn anzusehen.

„Besorgniserregend“, antwortet er gedämpft. „Das Haupttor wurde inzwischen verschlossen, weil Carja in unmittelbarer Nähe gesichtet wurden.“

„Und die anderen Tore?“, frage ich möglichst neutral.

Rost schüttelt den Kopf. „Das entzieht sich meinem Wissen.“ Nach einer kurzen Pause beginnt er erneut zu reden. „Ist mit Aloy alles in Ordnung? Sie wirkte sehr …“

„Ihr geht es gut. Sie hat sich nur Sorgen um dich gemacht, wollte es sich aber nicht eingestehen“, antworte ich seufzend.

Ein angestrengtes Schweigen legt sich über uns.

Ich starre in die Glut am Fuße des Feuers und versuche meine Emotionen und Gedanken in den Griff zu bekommen. Ich mir brodelt es, auf unterschiedlichen Ebenen, aus unterschiedlichen Gründen. Ich fühle mich wie eine mehretagig Bombe, bei der jede Ebene zu explodieren bereit ist.

Ich höre Rost neben mir Luft holen, „Sanya …“, beginnt er grollend.

„Ich werde morgen gehen“, unterbreche ich ihn. „Ich …“, ich atme durch und sehe schließlich auf, „Es war nie meine Absicht, dich und deine Familie in Gefahr oder euch Probleme ins Haus zu bringen. Ich fürchte, dass trotz aller Drohungen, es Grish nicht davon abhalten wird wieder hier aufzutauchen.“

Der Ausgestoßene mustert mich, scheint sich unsicher zu sein, ob ich es wirklich ernst meine. Schließlich nickt er.

In der Zeit habe ich versucht mich davon abzuhalten, den nächsten Satz zu sagen; offenbar war ich damit wenig erfolgreich. „Außerdem möchte ich nicht weiter für Aloy und ihre Art als Zielscheibe herhalten.“

Rost funkelt mich sofort wütenden und setzt sich auf.

„Es geht nicht darum, dass ich Grishs erneutes Auftauchen geheim halten wollte, oder dass ich Aloy von dem Läufer erzählt habe“, erkläre ich schnell bevor er überhaupt etwas sagen kann. „Es geht darum, dass sie kein Gefühl dafür hat, was es bedeutet Teil einer Gemeinschaft zu sein. Sie ist mit dir als einzige Bezugsperson aufgewachsen. Sie kann nicht wissen, was es bedeutet zu einer Gruppe zu gehören und wie man sich dann Verhalten sollte. Es nicht deine Schuld, es ist auch nicht ihre. Ich denke, du und ich wissen, dass ein Kind in ein Dorf gehört und nicht allein auf einen Berg.“

Der Mann wendet den Blick einen Moment ab. Er widerspricht nicht, er maßregelt mich nicht, verliert sich stattdessen in Gedanken, die sein Gesicht müde und traurig aussehen lassen.

Rost hat schon mal ein Kind großgezogen, er weiß, was ich meine. Aloy fehlen einfach grundlegende Sozialkompetenzen die ihr zum Beispiel das Leben in einem der Dörfer vermittelt hätte. Das bekommen ich und sicherlich auch er immer wieder zu spüren.

Ich erinnere mich, dass ich oft beim Spielen fand, dass Aloy fast schon autistische Züge in ihrem Verhalten zeigt, besonders im zweiten Teil. Aber sie ist per se keine Autistin, sie ist ein isoliert aufgewachsenes Kind, dass nie gelernt hat, mit anderen zusammen zu leben. Daran werde ich nichts ändern, und auch ihr Ziehvater nicht. Aber Rost oder ich werden irgendwann platzen, wenn das noch ein, zwei Mal passiert und das wäre nicht hilfreich, für keinen von uns.

„Ich möchte nicht, dass ihr zwei aneinander geratet wegen mir“, erkläre ich. „Ich möchte dich nicht ungewollt hintergehen, weil Aloy mich an der Nase herumführt. Ich möchte nicht, dass es zum Bruch zwischen euch kommt.“

Außerdem muss ich endlich auf die eigenen Füße kommen. Ich will zum Grabhort; drei Tage, zwei Nächte auf mich allein gestellt. Wenn ich es nicht mal hier im Becken ein oder zwei Tage allein schaffe, werde ich da draußen mit Sicherheit sterben.

„Du willst ins Heilige Land?“, fragt Rost mich unvermittelt nach einer Weile.

Ich sehe ungläubig an. Woher weiß er das?

„Du hast nach den Toren gefragt“, erklärt er, als ich nicht antworte.

Ich schmunzle freudlos. „Wäre ich nur halb so aufmerksam wie du, könnte Aloy mich nicht so vorführen.“

Rost brummt zustimmend. Er mustert mich nachdenklich. „Willst du zu deinem Bruder?“

Ich schüttle den Kopf. „Nein. Aber bis fast an die Grenze“, erkläre ich vage.

„Mit der Schulter?“, hakt er vorwurfsvoll nach.

Ich muss leise lachen; er ist echt aufmerksam. Tatsächlich habe ich mit der linken Hand gegessen um die rechte Schulter zu schonen. Natürlich hat er es registriert, wie konnte ich glauben, dass er es nicht merkt? „Wir waren heute Maschinen jagen“, antworte ich auf die indirekte Frage.

Rost seufzt und reibt sich mit der Hand über die Stirn.

Ich ziehe die Wächter-Linse aus meiner Tasche und werfe sie ihm zu. Natürlich erkennt er sofort was es ist und er sieht mich wütend an. Ich sehe unter der Wut aber auch, dass er versteht, wie ich zu meiner Entscheidung gekommen bin.

Wir hängen beide unseren Gedanken nach, während das Feuer vor sich hin flüstert und der Mond über den Bergen aufgeht.

Mein umherschweifender Blick bleibt an meinem Bogen hängen, der neben mir an einem Stein lehnt. Der Jagdbogen lässt sich schnell abfeuern und laden, aber um ordentlich Schaden zu machen, muss man recht nah am Gegner sein. Keine Ahnung was Sanya für ein Jagd-Typ ist, aber ich persönlich schätze Distanz.

„Rost?“, spreche ich ihn an. „Weißt du, wo ich vielleicht einen Scharfschussbogen herbekommen könnte?“

Er reicht mir die Linse, die er die ganze Zeit gedankenverloren zwischen seinen Fingern umher wandern lassen hatte. „Für so einen Bogen braucht man Kraft in der Schulter. Das wäre keine gute Idee mit deiner Verletzung.“

Ich muss unwillkürlich lächeln. „Im Moment nicht, da stimme ich dir zu. Aber später vielleicht.“

Rost denkt einige Zeit nach, schüttelt dann den Kopf. „Ich glaube, keiner der Händler hat im Moment einen. Durch den Krieg mit den Barbaren sind solche Dinge kaum zu bekommen. Erst Recht für uns.“

Ich nicke. Daran habe ich gar nicht gedacht.

Der Hausherr steht auf und sieht mich an. „Ich nehme Aloy morgen früh mit. Nimm dir, was du brauchst bevor du gehst.“ Er geht zur Hütte, bleibt aber nochmal stehen. „Bring deiner Familie nicht noch mehr Trauer“, sagt er ohne mich an zu sehen und geht.

Familie …

Plötzlich habe ich einen völlig absurden Gedanken. Womöglich kann ich meine Probleme alle auf einmal lösen; also fast. Wenn ich die Idee mit dem Läufer beiseite schiebe, könnte tatsächlich Sanyas Familie eine Lösung sein. Masha ist eine Kriegerin, zumindest vermute ich das stark. Sie könnte mir helfen aus dem Becken heraus zu kommen, oder zumindest einen Hinweis liefern. Und vielleicht gibt es zu Hause auch noch einen alten Scharfschussbogen von Sanyas Vater, den ich mir leihen könnte.

Ich schüttle den Kopf. Ich sollte jetzt keine Schnellschüsse machen es steht zu viel auf dem Spiel.

Ich nehme meine Sachen und gehe nach drinnen. Kaum das ich liege, schlafe ich auch schon ein, trotz hämmernder Schulter.

Fundort

Ich wache auf und fühle mich ziemlich gerädert. Seufzend strecke ich mich und beiße im nächsten Moment die Zähne zusammen um den Aufschrei zu dämmen.

Fuck. Die Schulter hämmert wie verrückt und treibt mir einen Augenblick Schmerztränen in die Augen.

Ich warte bis der Schmerz nachlässt und setze mich auf, was mir das nächste wehleidige Stöhnen entlockt. Meine Schläfen pochen leicht und ich massiere sie ein wenig. Ich versuche mich zu erinnern, wieviel ich gestern getrunken habe. Definitiv zu wenig, vor allem in Anbetracht der körperlichen Anstrengung.

Ich hocke eine Weile auf dem Bett und schaue wehleidig aus meiner Nora-Wäsche.

Das Haus ist still, zu still. Rost und Aloy sind weg, wie der Hausherr es gestern angekündigt hat. Ziemlich deutlich zeigt mir das leere Haus die Konsequenz meiner Entscheidung. Ich bin nun auf mich allein gestellt.

Langsam stehe ich auf und entdecke Brot und Pökelfleisch auf dem Tisch. Und Aloys Zwille.

Verwirrt runzle ich die Stirn. Sie liegt direkt neben dem Essen, jemand hat sie dort platziert. Warum?

Ich setze mich und frühstücke, und starre die Zwille an. Ist das … eine Entschuldigung? Ein Abschiedsgeschenk? Hat Rost womöglich Aloy heute morgen informiert, dass ich gehe? Denkbar wäre es.

Ich nehme das gute Stück in die Hand und drehe und wende es. Soll ich es mitnehmen? Ich hadere mit mir. Es wäre unhöflich es liegen zu lassen, wenn es ein Geschenk ist, oder? Wahrscheinlich würde sie dann denken, ich bin sauer auf sie …

Ich verschieb die Entscheidung erstmal und lege meine Sachen parat. Was werde ich die nächsten Tage brauchen, was ich wahrscheinlich nicht selber machen oder besorgen kann?

Brot, ganz klar Brot. Es macht satt und ist haltbar, und ich werde kaum an welches kommen. Ich packe also Brot ein, und Pökelfleisch. Mein Blick schweift umher und bleibt am Bett hängen.

Rost hat gesagt, ich soll nehmen was ich brauche … Ich liebäugle mit einer der Decken, denn es ist nachts echt kalt draußen. Ob das okay geht?

Ich seufze und trete mir mental in den Hintern. Es geht hier ums Überleben, sei nicht so zimperlich!

Trotz schlechtem Gewissen nehme ich mir eine der Decken. Ich rolle sie zusammen und binde das Seil darum. Mein erwachter Diebesblick richtet sich auf den Tiegel der in einem Regal steht. Da ist die Wundsalbe drinnen. Vielleicht finde ich ein kleines Gefäß und kann etwas abfüllen?

Ich gehe zögerlich das Kücheninventar durch und finde einen kleinen Tonkrug. Ich packe etwas von der Salbe hinein und wickle es in einen Stoffstreifen, den ich gefunden habe. Außerdem ist mir ein kleines Messer in die Hand gefallen das ich ebenfalls einsacke.

Jetzt reicht es aber! Ich schüttle über mich selbst den Kopf und mache mich abmarschbereit. Ich binde die Decke an meine Tasche und will gerade gehen, da fällt mein Blick wieder auf die Zwille.

Scheiß drauf, ich habe mir eh schon die Taschen gefüllt, da kommt es jetzt auch nicht mehr darauf an. Ich nehme sie vom Tisch und stecke sie seitlich an der Hüfte unter den Gurt der Tasche.

Jetzt aber nichts wie weg, sonst packe ich womöglich noch mehr ein.

Draußen begrüßt mich die noch kühle Morgenluft. Ich mache mich auf den Weg hinunter, bleibe aber am Rand des Geländes stehen und drehe mich um.

Ich betrachte das Haus, dass mir Unterschlupf geboten hat und habe ziemlich gemischte Gefühle.

Bereue ich meine Entscheidung?

Ja, tue ich. Aber manchmal geht es nicht darum, manchmal geht es darum, das Richtige zu tun. Und das ist es definitiv. Über kurz oder lang würde es mächtig Ärger gegeben, wenn ich weiter hier bleiben würde. Das wichtigste ist, dass es zwischen Aloy und Rost wieder gut wird, die beiden brauchen sich, und das geht nur, wenn ich nicht störe.

Trotzdem wird mir schlecht bei dem Gedanken, ab sofort allein klar kommen zu müssen. Kein warmes Feuer zu dem ich zurück kann, kein kuscheliges Bett zum Schlafen und niemand, der sich um die Zubereitung des Essens kümmert, wenn ich es nicht tue, geschweige denn, welches besorgt.

Ich fühle mich deprimiert und ängstlich, wenn ich mir im Detail überlege, was ich jetzt alles ständig tun muss. Und das mit meiner lädierten Schulter.

Das unerwartet Gackern eines Truthahns lässt mich zusammen zucken und reißt mich aus meinen Gedanken. Das Tier huscht den Berg hinunter und ich sollte es ihm endlich gleich tun.

Seufzend und schwerfällig gehe ich los. Widerwillig trotte ich den Weg entlang, bis ich im Tal bin. Ich laufe Richtung Fluss, aus zwei Gründen. Zum ersten brauche ich Wasser, wie mir auf der halben Strecke eingefallen ist, zum anderen würde ich meine Schulter gern etwas kühlen.

Vor mir kreuzt ein Fuchs den Pfad, der schnell Reißaus nimmt, als er mich sieht. Ich verstehe ihn, ich sehe im Moment bestimmt alles andere als vorzeigbar aus.

Ich folge dem Flusslauf etwas weiter Stromaufwärts in der Hoffnung niemanden zu begegnen. Während ich vor mich hin laufe fällt mir plötzlich eine Brücke auf. Ich bin offenbar unbewusst Richtung Mutterherz gelaufen, denn weiter den Weg entlang, der in einiger Entfernung einen Bogen um einen großen Felsen macht, liegt das Dorf. Ich gehe nicht weiter und suche mir eine passende Stelle am Wasser. Nachdem ich meine Sachen abgeladen und mein Trinkfell gespült und neubefüllt habe, ziehe ich Weste und Oberteil aus.

Das hätte ich mal lieber gelassen. A, hat es mies geschmerzt und B, ist der Anblick besorgniserregend. Ein dunkles Hämatom hat sich gebildet und zeichnet sich wie ein Tintenfleck vom Schultergelenk bis fast zum Brustansatz ab. Das zeigt mir deutlich, dass ich echt Glück hatte gestern.

Ich tauche einen der Stoffstreifen, die ich auch noch stibitzt habe, in das kalte Wasser und lege es auf den Bluterguss.

Ja, ich schaudere kurz wegen der Kälte, aber nach einigen Minuten lässt das Pochen etwas nach. So verweile ich am Flussufer und kühle meine Schulter.

Auf der anderen Seite beobachte ich zwei Truthähne die fleißig irgendwas vom Boden picken. Das Wasser murmelt, in der Ferne singen Vögel – ansonsten ist es still. Trotz der Nähe zum Dorf und das hier einer der Hauptwege ist. Ich finde das irgendwie beunruhigend.

Eine Windböe zieht plötzlich über mich und die Umgebung hinweg. Irritiert spitze ich die Ohren. Das klang wie das Flattern einer Plane, aber ich bin mir nicht sicher. Es kam aus Richtung der Bäume, die nicht weit entfernt an dem Wildbach stehen, der den Weg kreuzt und in den Fluss mündet.

Meine Neugier ist geweckt. Ich ziehe mich an und packe meine Sachen. Langsam und konzentriert laufe ich los, lausche angestrengt, ob ich das Geräusch nochmals hören kann. Ich stehe auf dem Weg, genau da, wo der Bach ihn kreuzt. Ein umgestürzter Baum liegt über dem Wasser und versperrt mir etwas die Sicht.

Hinter den Baum geht es bergauf und massive Felsen erstrecken sich. Am Rand plätschert der Bach und einigen terrassenähnlichen Grünstellen befinden sich zwischen Stein und Wasser. Eine weitere Böe zieht vorüber und wieder ist da dieses „Flatter-Geräusch“. Es kommt von da oben irgendwo, zumindest glaube ich das.

Ich gehe noch etwas näher heran und schaue, ob ich etwas ungewöhnliche sehen kann. Und tatsächlich ist an einem Baum, der auf der oberen „Terrasse“ steht, etwas befestigt, dass eine Plane oder Decke sein könnte.

Eine merkwürdige Unruhe überkommt mich. Ich habe das Gefühl, da hin zu müssen, auch wenn ich keine Ahnung habe warum.

Einen albernen Moment lang sehe ich mich um, als wolle ich sicherstellen das mich niemand beobachtet.

Sind wir jetzt schon paranoid?

Vielleicht.

Ich gehe los und klettere die Felsen hoch. Da sie günstig liegen ist es nicht all zu anstrengend und nach wenigen Augenblicken bin ich oben. Tatsächlich befindet sich da nicht nur eine Art Plane, sondern ein ganzes Lager. Es wirkt extrem provisorisch und unbeholfen, aber es ist ein Ort, an dem offenbar jemand haust. Die Plane ist auch nicht am Baum befestigt, sondern an dem Felsen dahinter. Eine Ecke hat sich gelöst und weht offenbar schon einige Zeit immer gegen den Stamm, zumindest ist die Ecke ausgefranst. Am Baum hängt ein Ledersack und in der Nähe des Flusses, der wenige Schritte entfernt entlang fließt, ist der Boden verkohlt. Es sind noch einige Holzüberreste zu erkennen; eine Feuerstelle, wie es scheint.

Ich habe den Eindruck das hier zu kennen, auch wenn ich nicht weiß warum. Ich kann mich nicht erinnern, so ein Lager je im Spiel gesehen zu haben … Ist das hier eventuell Sanyas Lager?

Wieder sehe ich mich um, als würde ich erwarten, dass jemand auftaucht und mich verjagt. Aber niemand ist zu sehen, der Weg ist auch von hier nicht wirklich einsehbar.

Etwas unsicher gehe ich näher zu dem Baum und begutachte den Sack. Vorsichtig taste ich ihn ab; er ist definitiv gefüllt.

Wieder schaue ich mich unsicher um und fasse mir schließlich ein Herz und öffne den Sack. Das erste was mir in die Hand fällt ist eine Metallplatte die vollgekritzelt ist.

Mein Blick bleibt direkt an einem grobschlächtigem „Händler-Symbol“ hängen und einem sehr ausdrucksstark eingeritztem „angry“ daneben. Ich muss sofort an Grish denken und runzle die Stirn.

Ich entdecke „bow“ und „hunt“, aber interessanter finde ich die Kombination aus Focus, ruins und failed. Witzigerweiser wird mir jetzt erst bewusst, dass das hier die Sprache der Alten ist. Es sind noch andere Wörter zu finden, einige wenige sind nur schwer zu identifizieren. Der Autor hat offenbar ein recht gutes Verständnis der Sprache der Alten, zumindest wirkt das hier deutlich lesbarer wie das Geschrubbel von Graik.

Ich fühle mich bestärkt, dass das hier Sanyas Unterschlupf ist. Ich wende die Platte und mir springt wie zur Bestätigung „Graik“ ins Auge. Um den Namen herum sind die Wörter „north“, „Banuk“ und „too rash“ angeordnet. Darunter steht ein hakeliges „return“.

Ich drehe die Platte wieder und bleibe wie hypnotisiert an „sad“ hängen.

Ich erinnere mich, dass Rost irgendwas meinte von „ein paar Monate“, als wir uns begegnet sind. Mein Blick schweift über den Ort hier und ich versuche mir vorzustellen, wie es gewesen sein muss, bei Wind und Wetter hier zu sein. Monatelang. Mich schaudert es unwillkürlich.

Der Silberstreif ist im Augenblick, dass Sanya definitiv besser Englisch kann wie ihr Bruder. Die Chance steht also gut, dass sie zumindest einen Teil meiner Nachricht lesen kann. Und dementsprechend hoffentlich in der Wohnung bleibt.

Plötzlich kommt mir ein merkwürdiger Gedanke. Ich habe mich ja schon die ganze Zeit gefragt, warum Graik weggegangen ist. Indirekt dachte ich, er hat den Nora einfach den Rücken gekehrt, aber nachdem ich dieses improvisierte Tagebuch hier habe, drängt sich mir eine andere Möglichkeit auf.

Grish wollte ja etwas von mir. Und er hat etwas gefaselt von einem letzten Auftrag. Bei dem ersten Klartraum waren die Geschwister ja in der Ruine auf der Suche nach etwas. Sollten Sie etwas für Grish besorgen? Ist dabei etwas schiefgegangen und sind sie deshalb verbannt worden?

Ich fahre mit dem Finger Graiks Namen ab und flüstere: „Willst du euren Namen rein waschen? Ist das, was ihr besorgen sollt, womöglich bei den Banuk?“

Ich schüttle den Kopf und konzentriere mich erstmal auf Wichtigeres. Ich inspiziere den weiteren Inhalt des Sacks. Jetzt entspannt und wie selbstverständlich, immerhin gehört er „mir“.

Mir fällt ein Tiegel mit einer Salbe in die Hand. Na toll. Hätte ich das gewusst hätte ich nicht bei Rost klauen müssen. Jetzt habe ich ein noch schlechteres Gewissen wie vorher.

Ich finde außerdem einige kleine Stoffstreifen und ein kleines eigentümlich geformtes Tongefäß. Ich drehe und wende es und versuche zu verstehen was es ist. Es erinnert mich ein wenig an …

Ich lasse das Ding fallen und bin einen Moment etwas angewidert.

Reiß dich zusammen, mahne ich mich murrend selbst.

Ich hocke mich hin und hebe es wieder auf. Die Form erinnert mich an eine Menstruationstasse, fraglich ob es das ist. Aber irgendwie ist es das einzige was mir dazu einfällt. Grübelnd nehme ich mir einen der kleinen Stoffstreifen und probiere ob er darum passt. Und siehe da, er passt perfekt drumherum.

Ist das also eine Art Tampon-Menstruationstasse?

Bitte lieber Gott, lass mich das nicht durchleiden. Von allen Dingen die passieren können, wäre das echt die Hölle unter diesen „primitiven“ Umständen.

Ich schüttle den Gedanken ab und widme mich erneut dem Sack. Ich finde nur noch ein Oberteil aus dickerem Stoff, ein bisschen wie ein Pullover. Es wirkt außerdem recht groß …

Ich halte es an mich und stelle fest das es wirklich zu groß ist. Mit dem Fell um dem Hals und dem dicken, aufgenähtem Leder an den Schultern und Oberarmen wirkt es sehr maskulin …

Ob der Graik gehört? Ein Andenken?

Es hilft nichts, ich werde es wohl nicht erfahren im Augenblick.

Ich stelle meine Sachen ab und schaue mich erneut um. Was mach ich am besten als erstes?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
1. Es sollte eigentlich ein ganz normaler Tag werden. Du hast eine anstrengende Woche hinter dir und freust dich auf ein wenig Zeit im Schrebergarten, um diesen vor allem fit für den Frühling zu machen. Als du jedoch zur Haus-/Wohnungstür hinausgehst und abschließen willst, findest du dich plötzlich am Rande der überwucherten Häuserschluchten von Teufelsleid wieder (zumindest denkst du das) und hörst, wie sich ein Wächter gerade von dir entfernt.

2. Als du nach deinem Handy suchen willst, findest du stattdessen einen Fokus in eine deiner Taschen. Wenn du ihn einschaltest, wirst du jedoch feststellen, dass ein Großteil der Daten beschädigt ist. Jemand zieht dich außerdem ohne Vorwarnung mit sich ... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Jemand zieht dich außerdem ohne Vorwarnung mit sich - du stellst fest, dass es sich um Rost handelt.
Er wird sich wundern, was du hier treibst.
Ihr scheint euch zumindest flüchtig zu kennen, da er dich mit Namen anspricht. Rost wird - wenn du den Fokus offen tragen solltest, nicht allzu begeistert davon sein.

3. Ihr macht euch gemeinsam auf den Weg zurück in Richtung Mutterkrone. Pass auf, dass die
Maschinen dich nicht entdecken.
Solltet ihr unterwegs anderen Nora begegnen, werden diese weder Rost noch dich beachten, geschweige denn ansprechen und sogar einen Bogen um euch beide machen - in Mutterkrone selbst wird es nicht besser.
Versuche herauszufinden, woran das liegt. (Bei Rost dürfte es klar sein, aber die anderen Nora meiden/ignorieren euch beide aktiv.)

4. Finde selbst ein Nachtlager oder überzeuge Rost, dich für die Nacht zu beherbergen ... Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
4. Finde selbst ein Nachtlager oder überzeuge Rost, dich für die Nacht zu beherbergen.
Wenn du das schaffen solltest, triffst du bei seinem Haus auf eine junge Aloy (ca. 12 Jahre alt) und ihr verbringt den Abend zusammen. Wie, ist dir überlassen.
Folgender zusätzlicher Hinweis:
du kannst, wenn du willst, Gesprächsfetzen davon aufschnappen, dass du tatsächlich ausgestoßen wurdest (ala: "Was wollen die Ausgestoßenen hier?" und Konsorten), sowie einen Namen: Graik. Des weiteren war von Verschwendung die Rede. Ob irgendetwas davon stimmt oder nicht, oder wie lange du ausgestoßen bist, lässt sich aktuell nicht herausfinden.
Fest steht aber, dass es noch nicht allzu lange her zu sein scheint, vielleicht ein paar Monate. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
1. Es beginnt mit einem Klartraum, in dem du dich in einer Ruine der Alten wiederfindest. Es ist die gleiche, in der Aloy als junges Mädchen ihren Fokus findet.
Du kannst dich nach Herzenslust umsehen – soweit es eben geht. Verlassen kannst du den Ort jedoch nicht, da dich eine unsichtbare Kraft daran zu hindern scheint.
Zudem wirst du feststellen, dass du in diesem Traum deinen Fokus trägst und er funktioniert sogar halbwegs.

Hinter einer Tür erwartet dich ein Mann, der deinem Nora-Selbst wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein scheint. Er durchsucht den Raum gerade, wird jedoch nicht fündig – wonach auch immer er gesucht hat.
Du hast das Gefühl, ihn zu kennen, und sprichst ohne nachzudenken seinen Namen aus: Graik. Ihr unterhaltet euch über die Ruinen und einen ominösen Auftrag eines Händlers, der Schätze der Alten sammelt. Graik wird dich als seine Schwester bezeichnen, doch genau in dem Moment endet dein Traum damit, dass du von gleißendem Licht geblendet wirst Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Als du aufwachst, findest du dich mit leichtem Muskelkater aufgrund der straffen Wanderung von gestern auf Rosts Pritsche wieder – dort wo du dich am vorigen Abend hingelegt hast.
Jedoch scheint dein Bogen von deinem Rücken verschwunden zu sein.

Von Aloys Ziehvater ist vorerst auch nirgendwo etwas zu sehen, dafür wirst du von dem Mädchen selbst begrüßt. Sie scheint wirklich froh um die Abwechslung zu ihrem sonstigen Alltag und würde sich gerne länger mit dir unterhalten, aber sie soll heute Beeren und Wurzelgemüse sammeln und ihrem Vater beim Jagen helfen.

Finde zuerst deinen Bogen. Du hattest ihn zuletzt auf dem Rücken – aber wo könnte er hin sein? Er kann sich kaum in Luft aufgelöst haben. Wo und ob du ihn letztlich findest, hängt davon ab wie du dich anstellst und wird sich auch auf deine Möglichkeiten im Verlauf der nächsten Aufgaben auswirken.

Vergiss nicht etwas zu frühstücken und deine Essensvorräte ein bisschen aufzufüllen, bevor du das Haus verlässt – aber bedien dich nicht einfach, das hat Konsequenzen.
Es ist noch vergleichsweise früh, die Sonne scheint gerade erst aufzugehen – die genaue Uhrzeit weißt du jedoch mangels Zeitanzeiger nicht. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
3. Rost hat dich für die Nacht beherbergt und sein Essen mit dir geteilt. Aufgrund der harten Lebensumstände ist das keine Selbstverständlichkeit, da seine Vorräte nicht unbedingt dafür ausgelegt sind, drei Personen zu ernähren.
Versuche, dich irgendwie nützlich zu machen und deine Schuld 'zurückzuzahlen'.
Ob du mit Aloy Beeren und Wurzeln sammeln gehst, dich an der Jagd versuchen willst oder etwas völlig anderes machen möchtest wie zB Feuerholz sammeln und hacken, ist dir überlassen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
4. Egal für welche Tätigkeit du dich an diesem Tag entscheidest, ihr geratet dabei eher zufällig an eine kleine Herde Läufer, die von einem Wächter 'begleitet' werden. Sie haben sich genau dort niedergelassen, wo ihr hinmüsst. Finde einen Weg, die Maschinen zu vertreiben. Nutze dabei jedes Mittel, das dir zur Verfügung steht – ohne deine Begleiter zu gefährden.

Zusatz:
Graik und Aloy haben sich nie getroffen - sie weiß nur, dass Sanya einen Bruder hatte, der sich angeblich nach Norden (also ca. in Richtung des Banuk-Gebiets) begeben haben soll, nachdem man die Geschwister ausgestoßen hat.
Warum dieser Bruder weg ist, weiß Aloy (und auch Sanya) nicht - und Aloy sollte das eigentlich auch nicht wissen, sie hat aber Rost und Sanya/dich wohl einmal belauscht, als ihr euch abends/nachts unterhalten habt, an den genauen Inhalt des Gesprächs erinnert sie (Aloy) sich aber nicht und Rost hat sie fürs Lauschen auch gerügt. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
6. Ihr sammelt noch einige Wurzeln und Beeren, optional könnt ihr auch noch weitere Fische fangen gehen. Überlege, wie du vielleicht einen Läufer als Reittier nutzen könntest, wenn du wieder einmal einem begegnest. Vielleicht gibt es außer Aloys modifiziertem Speer (den sie hier ja noch nicht hat) auch noch weitere Möglichkeiten?
6.1. Du hattest ja eine Übung für die Erprobung vorgeschlagen, vielleicht kann man das auch auf dem Rückweg irgendwie spielerisch mit einbauen, dass es nicht aussieht wie eine Übung? Sei gerne kreativ und nutze die Umgebung dafür. Vielleicht kannst du Aloy auch motivieren, indem ihr eine Art Wettrennen bis zum nächsten Wegpunkt oder so daraus macht und wenn sie gewinnt, darf sie sich einen kleinen Preis von dir aussuchen.
So oder so wird euch beiden auffallen, dass sich eine weitere (oder die gleiche?) Gruppe Maschinen genau auf eurem Rückweg befindet und den Ausgang aus der Schlucht blockiert. Findet einen Weg, das zu ändern, oder suche einen Alternativweg. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
6.2. Der Haken an der ganzen Sache: egal, wie es am Ende ausgeht, wird auf den sprichwörtlich letzten Metern zu Rosts und Aloys Haus ein Händler auf euch (oder dich) zukommen, der Sanya zu kennen scheint (gut erkennbar daran, dass er dich/euch aktiv aufsucht, statt dich/euch zu meiden. Er nutzt eine Art improvisierte Gehhilfe, wirkt aber sonst eher jung).

Du kannst nicht sicher sagen, ob es wirklich einer der aus den Games bekannten Händler-NPCs ist, aber er fragt danach, ob du weißt wo Graik ist, da dieser wohl etwas hat, das dem Händler gehört (was auch immer er damit meint, es klingt für dich ein wenig seltsam bis fragwürdig). Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Wie du diese Situation löst und den Tag dann ausklingen lässt, ist dir überlassen.

So oder so wird Rost dich aber noch auf den Händler ansprechen, da dieser auch ihn aufgesucht hat. Vielleicht kannst du ihn in diesem Zug auch fragen, ob er vielleicht irgendwann gestern deinen Bogen in der Hand hatte (weil dieser am Morgen ja erstmal verschollen war).
Antworten wird er dir darauf nicht wirklich. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
1. Die Nacht ist relativ ruhig und frei von ausführlicheren Klarträumen – auch wenn du kurz nach dem Aufwachen das Gefühl nicht loswirst, dass sich etwas verändert hat. Allerdings sind dieses Mal weder Rost, noch Aloy anzutreffen, du scheinst allein zu sein. Zur Abwechslung ist dein Bogen dieses Mal nicht auf mysteriöse Art und Weise verschwunden, sondern genau dort wo du ihn gestern abgelegt hattest.
Man hat dir ein wenig Eintopf in einer Schale dagelassen, dieser ist sogar noch leicht warm. Wann immer Rost und Aloy aufgebrochen sind und wohin, du weißt es nicht, da sie keine Nachricht o.ä. hinterlassen haben. Mache dich entweder nützlich oder finde eine andere Beschäftigung.
Nimm einen sechsseitigen Würfel (oder eine entsprechende App) zur Hand um zu bestimmen, was du heute tust:
Ich habe eine 5 gewürfelt
1, 3, 5: Geh auf die Jagd und bringe der kauzigen Grata einen Teil deiner Beute, zusammen mit etwas Feuerholz. Ob es nun Fisch, Hase oder Wildschwein ist, spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Grata wird nicht direkt mit dir sprechen, aber es scheint so, als wärst du ihr nicht zum ersten Mal begegnet.
Du kannst zwar versuchen, ihr Informationen zu entlocken, aber sinnvolle Antworten kannst du leider nicht erwarten.
2. Egal, wofür die Würfel sich letztlich entscheiden, dir wird im Laufe des Tages der Läufer von gestern wieder begegnen – zumindest glaubst du, dass es der gleiche ist. Er scheint sich von seiner Herde getrennt zu haben. Vielleicht kannst du ja eine Bindung zu ihm aufbauen – oder es wenigstens versuchen, denn er scheut und läuft weg, sobald du eine plötzliche Bewegung in seine Richtung machst. Du kannst zwar versuchen, ihm zu folgen, wirst ihn aber leider relativ schnell verlieren.
Lasse dich nicht von anderen Nora bei diesem Versuch erwischen, sie würden die Maschine auf jeden Fall angreifen und verjagen/erlegen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
3. Du hattest am Morgen ja das Gefühl, dass sich etwas verändert hat – und es zeigen sich erste Veränderungen dergestalt, dass dein Fokus anfängt Geräusche zu machen, als hättest du eine neue Nachricht auf deinem Smartphone erhalten – obwohl das Teil doch eigentlich eher weniger funktionieren sollte, wenn du es nicht trägst. (und auch, weil die Daten darauf beschädigt sind...was auch immer noch der Fall zu sein scheint)
Die Sprachnachricht, die du erhalten hast, stammt von Sylens – obwohl er seinen Namen nicht nennt und das Hologramm vollkommen verzerrt/zerglitcht aussieht, erkennst du ihn anhand seiner Stimme. Er verlangt unmissverständlich die Herausgabe deines Fokus' und des Schlüsselbundes und wird bald weitere Details zu einem Treffpunkt mitteilen, Kontakt zu ihm aufnehmen kannst du jedoch nicht. Im Hintergrundrauschen ist zudem eine männliche Stimme zu hören, die dir seltsam vertraut vorkommt. Du bist dir ein wenig unsicher, vermutest aber dass es sich um Graik handeln könnte.
Finde einen Weg, deinen Fokus zu reparieren.
4. Sammle noch mehr Feuerholz (und evtl. anderes wie Beeren, wenn du etwas entdeckst), da dies fast täglich gebraucht zu werden scheint. Als du am Abend zu Rost und Aloy zurückkehrst, ist es Zeit, Fleisch zu pökeln und haltbar zu machen, Aloy ist nicht allzu begeistert davon, macht aber ebenfalls mit. Mache dich nützlich, soweit es innerhalb deiner Fähigkeiten liegt.
Die Teenagerin wird dich auf jeden Fall nach deinem Tag fragen und dich dabei auch mit ihren Erlebnissen zutexten (was genau sie gemacht hat, ist deiner Fantasie überlassen). Ob du ihr wiederum von deinem Tag erzählst, liegt bei dir. Vielleicht kannst du sie auch danach fragen, wie man einen Fokus repariert. Solltest du das tun, wird sie überrascht sein, dass du danach fragst (hauptsächlich weil du bisher ja nicht gerade positiv auf ihren Fokus reagiert hast) und dann nachbohren, warum du das wissen willst.
Sie wird dich mit dem Vorfall vom Vortag erpressen (sprich indirekt drohen Rost alles zu erzählen), solltest du dich weigern den Grund zu nennen Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
1. Die Alpträume von gestern Nacht suchen dich nicht erneut heim – zumindest nicht im selben Ausmaß wie beim letzten Mal. Allerdings – und das wird sich definitiv in dein Gedächtnis brennen – siehst du auch, wie zwei Gestalten mit Steinen vor die Tore von Mutterherz gejagt werden. Sie kommen dir erschreckend bekannt vor - es handelt sich um Graik und Sanya.
Du selbst bist aber ausnahmsweise nur Zuschauerin und solltest du versuchen, dich irgendwie einzumischen, wirst du sofort aus dem Traum erwachen.
Du kannst gerne Details beschreiben, die du wahrnimmst, das ist aber kein Muss.
Am Ende wirst du noch eine traurige Frauenstimme hören: „Möge die Urmutter euch schützen, meine lieben Kinder.“
Solltest du dich nicht eingemischt haben, wirst du einen weiteren kurzen Traumabschnitt erleben – dieses Mal aus Sanyas Perspektive, du kannst dich hier auch ganz normal bewegen und alles tun. Hier hast du jedoch keinen Fokus.
Ihr befindet euch bei der Segnungszeremonie am Vorabend der Erprobung. Siehst du links neben dich, erkennst du sofort einen jüngeren Graik (die beiden scheinen Zwillinge zu sein – es wirkt so.), rechts von dir ist ein dunkelblonder junger Mann mit Bartschatten. Kommt dir das Gesicht bekannt vor? Entscheide selbst, ob ja oder nein.
Der Traum endet, noch während die Segnungslichter aufsteigen und die Erzmütter das Gebet sprechen, was du auch aus Horizon Zero Dawn kennst. (Zur Erinnerung, nur für dich: „Urmutter, höre unser Gebet. Was ist ein Kind, wenn nicht Ausdruck mütterlicher Hoffnung? Eine leuchtende Flamme, die weit hinaufsteigt, frei schwebend im Wind. Ein Licht am Himmel, bis es endlich verglüht? So wird das Band unserer Liebe weiter von Hand zu Hand gereicht.“)
2. Du wirst kurz nach dem Erwachen dieses Mal von Rost begrüßt – allerdings bleibt er nicht lange, da er etwas zu erledigen hat. Was genau, wird er nicht verraten, wird dir aber erlauben, weiterhin zu bleiben, wenn du dich entsprechend einbringst (was du bisher ja schon fleißig getan hast). Kümmere dich so oder so erst einmal um deine Hände, fülle deine Vorräte auf (Wasser nicht vergessen ;) ) und mache dich etwas frisch, bevor du weiter in den Tag startest.
3. Aloy hat wieder einmal die ‚ehrenvolle‘ Aufgabe erhalten, sich um weitere sammelbare Vorräte zu kümmern und Grata einen Teil davon zu bringen; du findest sie vor dem Haus, wo sie sich gerade zum Gehen fertig macht. Sie wird versuchen, dich zur Maschinenjagd oder zumindest der Suche danach zu überreden (wohl aufgrund dessen, was du gestern bezüglich des Läufers erzählt hast, was sie auch erwähnen wird). Allerdings wird der Teenager von ihrem Ziehvater entsprechend zurechtgewiesen, dass sie nicht jeden Tag für die Erprobung üben kann und das Vorräte sammeln auch zu ihrem Training/ihrer Vorbereitung gehören würde.
(Hinweis: Dein Bauchgefühl sagt dir, dass du dich dieses Mal besser nicht einmischen solltest. Ob du es dennoch tust oder auf dieses Gefühl hörst, ist dir überlassen.)
Du bekommst ebenfalls deinen Anteil, weil du Aloy solche Flöhe ins Ohr setzt, also freue dich nicht zu früh. Rauswerfen wird Rost dich nicht sofort, du kannst ihn jedoch begleiten, wenn du möchtest – aber er wird dich relativ bald abwimmeln und da auch nicht mit sich reden lassen.
Entschuldige dich bei ihm, wenn du das möchtest. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
4b) Pfad: Fokus reparieren (oder doch nicht?)
Solltest du dich dagegen entscheiden, Rost zu begleiten, kannst du gerne versuchen, deinen Fokus zu reparieren, denn das gute Stück lässt sich nach Sylens‘ Nachricht nicht mehr verwenden und zeigt dir lediglich ein ‚Reparatur erforderlich‘ an, solltest du es dennoch versuchen. Vielleicht findest du ja in den Ruinen aus Sanyas Klartraum etwas oder zumindest einen Hinweis, wie man einen kaputten Fokus repariert? Wahlweise kommt auch eine andere Ruine der Alten infrage, immerhin willst du deinen Schlüsselbund ja nicht einfach so an Sylens herausgeben. Bedenke jedoch, dass jede Handlung (oder Unterlassung derselben) entsprechende Konsequenzen nach sich zieht.
Vielleicht weiß Sylens wie so oft mehr, als er preisgeben will, und hat dir die Nachricht geschickt, um dich neugierig zu machen und dir zu helfen. Sicher sagen lässt sich das aktuell nicht. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
folgt im nächsten Kapitel Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Ich habe mir eine Zufallszahl zwischen 1 und 100 geben lassen.
1-50: Hinweise für die Reparatur
51-100: Werkzeuge für die Reparatur
Der Zufallsgenerator hat mir eine 4 ausgespuckt.
Wenn du dich also dazu entscheiden solltest, den Fokus zu reparieren, findest du in einer Ruine der Alten einen Computer, der noch zu funktionieren scheint. Dort finden sich Hinweise darauf, wie und wo der Fokus zu reparieren ist (aka eine Art Logbuch. eine weitere Vorgabe mache ich dir, du musst dafür leider in den Grabhort (die Überreste des US Robotic Command), da an deinem aktuellen Standort die Werkzeuge ausgegangen sind und die einzige Reparaturstation wohl defekt war. Alles weitere überlasse ich dir. Die Ruinen/Überreste sind zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der Eklipse geplündert worden, aber es treiben sich auf jeden Fall Maschinen dort herum, sei also entsprechend vorsichtig!)
Des Weiteren findest du in den Ruinen die du nach Hinweisen/Werkzeug durchsuchst, ein Kleinod (eine Kette aus Maschinenteilen, deren "Anhänger" wie Zähne aussehen. Die Kette passt aber eher einem Kind als einem Erwachsenen.)
Das Kleinod kommt dir zudem vertraut vor, vielleicht hat es ja mal Sanya oder Graik gehört? Was du ebenfalls findest, ist eine verbogene Metallplatte mit einer eingeritzten Nachricht an...Sanya. Diese könnte man eigentlich vernachlässigen, denn Rechtschreibung und Grammatik sind grauenhaft, es liest sich alles in allem sehr holprig.
Es handelt sich aber um eine Art...ja, Brief/Nachricht in der Sprache der Alten - aka unserer Sprache, deswegen kannst du das problemlos lesen. Du kannst dich gern darüber wundern. Vielleicht hat der Schreiber versucht, sich das selbst beizubringen?
Wenn du das Eingeritzte lesen solltest, steht sinngemäß Folgendes dort:
Sanya,
in case you read this, I’m long gone.
I should never have dragged you into this mess. I’m so sorry.
May the All-Mother be more gracious to you than to me.
Graik Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Als du wieder aus der Bunker-Ruine kommst, ist einiges an Zeit vergangen, wie du schon vermutet hast, aber es ist halbwegs warm. Du kannst dich gern in die Sonne setzen und ein wenig zur Ruhe kommen - allerdings wird diese Ruhe von einer Nora-Kriegerin unterbrochen, die mit einem anderen Krieger zusammen auf Patrouille zu sein scheint.
Der Krieger hat einen Scharfschussbogen bei sich, die Kriegerin einen Speer, sie unterhalten sich wie schon die anderen Nora, denen du begegnet bist, über die Raubzüge.
Die Stimme der Frau kommt dir jedoch bekannt vor - es ist die aus deinem letzten Traum, bei dem du die Vertreibung von Graik und Sanya miterlebt hast. Man wird dich entdecken.
Die Frau wird auf dich zulaufen, auch wenn der Krieger versucht sie festzuhalten.
„Masha, du kennst das Gesetz“, kommt es in scharfem Tonfall von dem Mann.
„Was ist dir wichtiger, das Gesetz oder dein eigenes Kind?!“, erwidert die Frau erbost. „Sanya! Urmutter sei Dank, dir geht es gut!“
Die Rastas der Frau haben - zumindest im Ansatz - die gleiche Farbe wie deine, sind allerdings großteils angegraut oder komplett weiß. Die Frau trägt das Mittlere Nora-Beschützerin Outfit und eine ähnliche Kette, wie die die du gefunden hast um den Hals – nur eben an einen Erwachsenen angepasst.
Der Mann wird sich schnaubend abwenden und so tun, als wärst du nicht da.
Du kannst, wenn du willst, dich mit der Nora (offenbar Sanyas und Graiks Mutter) unterhalten, sie wird dir aber lediglich mitteilen, dass du auf die Carja Acht geben sollst, und fragt auch nach Graik, als sie die Kette um dein Handgelenk erkennt. Offenbar gehört sie ihm. Wie lange du ausgestoßen wurdest, ist nach wie vor nicht klar, aber es scheint wohl eine längere Zeit zu sein; über euer Verbrechen wird jedoch nicht gesprochen.
Als du dich verabschiedest, hörst du eine Stimme, die dir ein leises „Danke“ zuflüstert (sie hört sich erschreckend bekannt an, denn es ist 'deine' Stimme). Allerdings ist hier sonst niemand. Hörst du vielleicht Gespenster? Spricht Sanya vielleicht mit dir?
Du kannst dir gerne dazu Gedanken machen oder nicht, das ist dir überlassen. Wenn du dich wirklich zum Grabhort aufmachen willst, musst du deine Reise gut planen. Zu Fuß bist du ewig unterwegs und läufst eher Gefahr, von Maschinen oder Carja erwischt zu werden, bedenke das.
Betreffend Aloy, wenn du wieder zu deinem temporären Zuhause zurückkehrst:
Sie wird auf jeden Fall schlecht gelaunt sein und auf Rost schimpfen (Teenager eben) und den Korb den sie dabei hatte sehr rau behandeln.
Das Mädchen wird auf Nachfrage mitteilen, dass ihr Ziehvater erst in ein paar Tagen wiederkommt. Warum, weiß sie jedoch nicht. Er hat sie nämlich nicht eingeweiht. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Du hast wieder einmal einen Klartraum, und befindest dich an einem schönen Sommernachmittag Draußen in freier Natur. Die Zwillinge (ca 13/14 Jahre alt) dürfen zum ersten Mal selbst Maschinen jagen, sie werden dabei aus einiger Entfernung von Masha beobachtet. Versuche als Sanya, einen Läufer zu erlegen. Solltest du dabei in Bedrängnis geraten, wird dir entweder Graik oder die Mutter der Zwillinge aus der Klemme helfen. (Solltest du zu stark verletzt werden, wirst du sofort aus dem Traum erwachen.)
Sie wird euch beide loben (oder Besorgnis äußern, wenn einer von euch in Bedrängnis geraten ist), aber auch anmerken, dass ihr noch einiges zu lernen habt und weiter regelmäßig üben solltet, weil die Erprobung euch alles abverlangen wird.
Ihr werdet angewiesen, die erlegten Maschinen zu zerlegen und die brauchbaren Teile in einem Korb zu deponieren, den eure Mutter mitgebracht hat.
Am Ende des Nachmittags wird sie sowohl Graik, als auch dir (Sanya) etwas geben, das ihr niemals verlieren dürft: Graik bekommt eine dir bekannte Kette und einen verrosteten Schlüsselbund aus der Metallwelt (der kommt dir bekannt vor, es handelt sich um eine verwitterte Version deines eigenen Schlüsselbunds). Du erhältst zum einen einen Becher (wenn du gern Kaffee/Tee trinkst, ist es eine sehr verwitterte/beschädigte Version deiner Lieblingstasse) und zum anderen etwas, das stark nach einem Fokus aussieht – und ist.
Frage Masha ruhig, woher sie die Dinge hat, die Metallwelt ist für Nora ja eigentlich tabu. Sie wird dir mit einem Augenzwinkern berichten, dass es Geschenke von ihrer Urgroßmutter sind, und euch dann alleine lassen, um zurück nach Mutterherz zu gehen.
Unterhalte dich gern mit Graik darüber, als ihr allein seid – aber pass auf, was du sagst. Er wird definitiv den Fokus kommentieren und dir raten, diesen erstmal nicht zu benutzen – er könnte ja gefährlich sein. Auch wenn er im nächsten Atemzug wieder neugierig ist, was man damit wohl anstellen könnte.
Wenn du möchtest, probiere den Fokus aus. Lesen können wirst du nichts (weil es eben ein Traum ist), aber er funktioniert.
Aus einiger Entfernung siehst du jedoch, dass euch jemand beobachtet hat und nun auf euch zukommt. Es ist eine jüngere Version des gehbehinderten Händlers in typischer Nora-Kleidung. Graik wird, sollte er das entdecken, jedoch keine Bedenken äußern. Grish (so der Name des Burschen) wird schon nichts erzählen, so seine sinngemäßen Worte.
Ihr seid offenkundig befreundet, denn seine Begrüßung fällt sehr freundlich aus und er ist neugierig, was ihr da habt. Der Traum endet in einem sanften Übergang ins Dunkle, als ihr euch an einem nahen Lagerfeuer zusammensetzt. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Deine restliche Nacht verläuft relativ ereignislos. Du kannst gerne weiter träumen, wenn du das möchtest (was genau, überlasse ich dir).
Als du jedoch aufwachst, bist du überraschenderweise in deiner Wohnung auf der Couch, wo es gefühlt aussieht wie auf einem Schlachtfeld. In deiner Küche steht der Kühlschrank offen und leider sind ein paar Lebensmittel auf dem Boden gelandet.
Finde dich erst einmal zurecht, du kannst auch gerne aufräumen, wenn du das möchtest. Du wirst feststellen, dass inzwischen ein Tag vergangen ist, seit du aus deiner Welt gerissen wurdest.

Gehe gern deinem Alltag nach, wenn du dich dazu in der Lage fühlst.
Fetzen dessen, was hier passiert ist, kommen nach und nach wieder. Du siehst dich dabei immer wieder selbst, wie du panisch in die Wohnung stürmst (die Tür ist geschlossen) und alles auf den Kopf stellst, Schränke etc. durchwühlst und schließlich wohl entscheidest, erst einmal hier zu bleiben.

Wie du damit umgehst, bleibt dir überlassen, allerdings sagt dir dein Bauchgefühl, dass Sanya und du wohl irgendwie die Körper getauscht haben müsst. Du findest des weiteren die verwitterte Tasse in all dem Chaos (es ist exakt die gleiche wie aus deinem Traum).

Du kannst gerne versuchen, mit deiner Familie in Kontakt zu treten, um festzustellen ob alles in Ordnung ist. Man wird sich jedoch lediglich an einen seltsamen Anruf von deinem Handy erinnern und fragen, ob alles okay ist.
Du kannst dem 'Besucher' aus der Zukunft, die es so ja nichtmal gibt, gern eine Nachricht hinterlassen, wenn du das möchtest und bei all dem Chaos daran denkst. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Der nächste Tag beginnt immer noch in deiner Wohnung...hat sich etwa alles in Wohlgefallen aufgelöst? Es scheint erst einmal so, da du immer noch da bist, wo du hingehörst. Kurz nach dem Frühstück jedoch ändert sich das alsbald und du findest dich ohne jegliche Vorwarnung am Lagerfeuer vor Rosts Hütte wieder.
Aloy wird nachfragen, was los ist, weil du irgendwie weggetreten aussahst, und dann weiter nachhaken, ob ihr morgen auf Maschinenjagd gehen könnt, weil Wildtiere ihr zu öde sind. Entscheide selbst, ob du dich breitschlagen lässt oder nicht. Du musst ihr nicht sofort antworten, sie wartet bis morgen früh darauf – auch wenn sie sehr ungeduldig scheint.
Rost wird immer noch nicht zurück sein, aber wie viel Zeit ist wohl vergangen? Versuche diskret, das herauszufinden.

3. Wie sich herausstellt wart ihr gerade dabei, Brot zu machen und Fische zu räuchern. Du wirst nach dem Essen wieder einmal zum Holzhacken abkommandiert, während Aloy den übriggebliebenen Fisch einlagert. Nutze die Zeit gerne, um dich zu vergewissern ob noch alles da ist (wird alles noch da sein, allerdings fehlen dir vier Pfeile im Köcher).
Du bist gerade fertig mit deiner Aufgabe, da kommt Aloy auch schon wieder an, aber sie wirkt ein wenig irritiert und deutet auf einen Besucher, den ihr offenbar habt.
Es handelt sich um Grish, der erneut nach Graik fragt. Er wird sich dieses Mal auch nicht abwimmeln lassen und sogar dich Fragen, ob du die geforderte Ware aus 'du weißt schon wo' hast (die Phrase wird dir absolut nichts sagen, du kannst dir gern deinen Teil dazu denken.)

„Du versuchst doch nur, es vor mir zu verstecken“, wird er dir an den Kopf werfen. „Begleicht eure Schulden endlich, es wäre nur noch dieser kleine Auftrag gewesen aber nein, ihr musstet es ja vermasseln. Große Jäger...ha. Dass ich nicht lache. Eine Verschwendung ist das, ihr beide hier Draußen.“
Seine Worte lösen aus irgendeinem Grund, den du dir nicht erklären kannst, unbändige Wut in dir aus – als wäre dir in diesem Moment etwas klar geworden.
Versuche, dem Drang zu widerstehen, auf Grish loszugehen und schicke ihn weg.
Du kannst dabei auch gerne fragen, was er da eigentlich redet (nach dem Motto „Ich dachte wir wären Freunde“ oder ähnliches), solltest du das tun wird der Mann dich einfach nur anstarren.
„Das war einmal, Sanya...vor viel zu langer Zeit.“ Er klingt ungewohnt melancholisch dabei und wendet den Blick ab.
„Ich gehe, aber erwarte nicht dass ich aufhöre, nachzufragen. Das schwöre ich euch bei der Urmutter“ sind seine letzten Worte, bevor er in die Nacht verschwindet. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Nach dem Schleudertrauma des gestrigen Tages verfolgt dich die Begegnung mit Grish bis in deine Träume. Genauer gesagt seid ihr gerade in den letzten Zügen der Erprobung. Ihr bringt eure Trophäen von der Jagd auf die Grase vor, aber Grish ist nicht da und Graik wirkt eher gezwungen fröhlich, als ihr es geschafft habt und ein wenig durchatmen könnt.
Sanyas Zwilling wird fluchen und sich Vorwürfe machen, weil er Grish nicht gewarnt hat und er deswegen abgestürzt ist. Versuche, Graik trotz deiner Wut auf den Händler gut zuzureden.

Wie du weißt, hat er ja überlebt, denn er stand gestern vor dir. Eventuell rühren die Äußerungen von Sanyas und Graiks Kindheitsfreund von diesem Ereignis her, aber sicher bist du dir dahingehend nicht.
Die Szene geht wieder ins dunkel über, als ihr als frischgebackene Jäger gemeinsam mit den anderen Nora den Weg zurück nach Mutterherz antretet, um dieses Ereignis gebührend zu feiern. Der 'Gewinner' ist im Übrigen eine Person, die du nicht kennst.

Rost wird auch am nächsten Tag nach wie vor auf sich warten lassen. Zumindest ist er bis zum Morgengrauen nicht wieder zurück. Plane deinen Tag also entsprechend – ob du dabei wirklich mit Aloy Maschinen jagen gehst oder nicht, überlasse ich dir.

Sei jedoch bei einer eventuellen Reise ins Becken vorsichtig uns bereite dich gemeinsam mit Aloy entsprechend vor.

Ich mache dir folgende Vorgaben für diesen Tag (unter der Prämisse, dass es auf Maschinenjagd geht; solltest du dich anders entscheiden, teile es deiner Gottheit bitte mit):
- du wirst auf jeden Fall 'deinem' Läufer wieder begegnen – auch wenn Aloy dir zunächst nicht glauben will und sich bereit macht, ihn zu erlegen. Versuche weiter, dich ihm anzunähern und markiere ihn ggf. (es wird vielleicht nicht auf Anhieb funktionieren, bedenke das).
- übe dich darin, einen Wächter zu erlegen. Achte dabei jedoch auch auf deine Begleiterin und sieh zu, dass sie nicht zu übermütig wird. Was ihr dann mit den erlegten Maschinen macht, ist dir überlassen.
- andere Nora werden euch eher nicht begegnen – und wenn doch, gehen sie euch ohnehin aus dem Weg. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Rost wird bei eurer Rückkehr am Abend am Lagerfeuer auf euch warten. Er sieht etwas erschöpft aus, scheint aber unverletzt und wird erstmal nicht gewillt sein, zu sprechen (wenn dann, wird es sehr einsilbig ausfallen). Aloy wird definitiv froh sein, dass er wieder da ist, und ihn in typischer Teenager-Manier anmotzen, dass sie sich Sorgen gemacht hat (Darauf gibt es tatsächlich eine Art Entschuldigung von Rost.). Das Mädchen wird auch definitiv von Grishs Besuch erzählen.
Stärkt euch nach dem harten Tag erst einmal, die Konsequenzen von Aloys Geplappere werden sicher noch folgen, denn die Stimmung wirkt daraufhin etwas angespannt.

Erst als die Teenagerin schlafen geht, kannst du gern versuchen, das Gespräch mit ihrem Ziehvater zu suchen. Wie schon Masha, wird auch er von den Raubzügen berichten und das daher die meisten Tore geschlossen wurden – zumindest soweit er das weiß. Welche genau das sind, wird er nicht beantworten können (oder wollen).

Er wird aber sehr wohl nachfragen, wie es Aloy geht, weil er sich aufgrund ihrer schlechten Laune ein wenig gesorgt hat, und dann erst das Donnerwetter über dich hereinbrechen lassen, was dir bezüglich Grish blüht. Rost ist absolut nicht begeistert davon, dass dieser Mann zum wiederholten Male hier aufgekreuzt ist und dieses Mal potenziell seine Familie (aka Aloy) gefährdet hat.
Er wird dich nicht direkt hinauswerfen, dir aber unmissverständlich nahe legen, die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, wenn du dauerhaft hier bleiben möchtest.
Wie du den Tag danach ausklingen lässt, ist dir überlassen. Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Nach dem mehr als anstrengenden Tag verläuft deine Nacht dafür umso ruhiger. Du wirst am nächsten Tag ganz normal wach, hast aber nach wie vor Schmerzen in der Schulter (nein, gebrochen ist nichts, aber wenn du es prüfen willst, hast du eine üble Prellung inklusive Bluterguss), außerdem hast du Kopfschmerzen, weil du wiederholt vergessen hast, ausreichend zu trinken. Rost und Aloy sind nicht da, haben dir aber wohl Brot und Pökelfleisch zum Frühstück auf dem Tisch gelassen. Des Weiteren liegt Aloys Zwille daneben, als hätte sie jemand absichtlich dort platziert.
Entscheide selbst, was du davon hältst, warum sie dort liegen könnte und ob du sie vielleicht mitnehmen möchtest oder lieber liegen lässt.

Nimm dir, wie von Rost geraten, Vorräte mit (Wasser nicht vergessen!), und verlasse das Gelände der Hütte erst einmal. Du kannst gerne auch noch Rainholz für weitere Pfeile mitnehmen, musst du aber nicht. Vielleicht hackst du auch noch ein wenig Holz für Rost und Aloy, quasi als letzte Geste, bevor du dich auf den Weg machst (das wäre aufgrund der eh schon miesen Holzhack-Skills von Sanya, sowie der angeschlagenen Schulter nicht gerade einfacher und ist auch kein Muss).

Dein Weg ins Tal wird von mehreren Truthähnen und einem Fuchs gekreuzt, sonst tut sich nicht allzu viel. Eventuell solltest du dich mit dem Gedanken anfreunden, dein Essen selbst zu jagen, wenn du länger unterwegs bist als gedacht (vor allem auch vor dem Hintergrund, da du jetzt vorerst nicht mehr zu Rost und Aloy zurückkehren kannst/solltest).
Auf deinem Weg siehst du, als du an einem Fluss/Bach kurz innehältst, etwas das deine Aufmerksamkeit erregt. Ob du dem nachgehst, ist dir überlassen.
Du entdeckst auf der gegenüberliegenden Seite des Wassers versteckt zwischen einem Baum und hohem Gras, etwas das nach einem behelfsmäßigen Zelt aussieht. Überlege, wenn du möchtest, wie du dort hinkommst. Du wirst nicht umhinkommen zu bemerken, dass das Ganze eine gewisse Vertrautheit auslöst – als wärst du nicht zum ersten Mal hier.


Solltest du dich dazu entschieden haben, deiner Entdeckung nachzugehen, wirst du eine Art provisorisches Lager entdecken. Ein gegerbter Ledersack hängt über eiben Baum und das, was du als Zelt ausmachen konntest, ist eher ein halbes Zelt, das an der Felswand zum Schutz vor dem Wetter aufgespannt wurde. Des Weiteren kannst du die verwehten Überreste eines kleinen Lagerfeuers in Ufernähe entdecken.

Was sich in dem Sack befindet, überlasse ich im Kern dir. Es handelt sich jedoch großteils um persönliche Gegenstände von Sanya und eine Art primitives Erste Hilfe-Kit (ähnlich der ‚Salbe‘, die Rost dir auf die Hände aufgetragen hat), zusammen mit einer weiteren kleinen Metallplatte, auf der Schreibversuche in der Sprache der Alten eingeritzt sind. Es sind keine konkreten Sätze, nur einzelne Worte wie 'bow', 'hunt', 'debt', 'Focus', 'ruins', 'failed', aber auch traurig konnotierte Begriffe wie 'sad' oder 'worried' und Negatives wie 'angry' zusammen mit einem simplifizierten Symbol für Händler und dem Wort 'traitor'.
Wer immer das 'geschrieben' hat, scheint zumindest ein gewisses Verständnis für einzelne Worte zu haben, aber Probleme mit manchen Begriffen sind auch hier vorhanden. Anders als bei Graik jedoch ist es halbwegs zu entziffern.

Vielleicht ist es eine Art simples Tagebuch, denn auf der Rückseite ist auch etwas zu finden: Graiks Name, die Worte 'north, Banuk, too rash' (too rash im Sinne von übereilt/vorschnell), sowie ein weiteres: 'return'.
Lasse die Worte auf der Metallplatte auf dich wirken, vielleicht ergeben sich dadurch ja neue Erkenntnisse für dich Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (18)
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Von:  Ixana
2024-02-07T09:42:49+00:00 07.02.2024 10:42
Geschichtsstunde mit Tante Sanya, yaay! ^-^
Man erfährt hier ein bisschen über die beiden Geschwister, da die Möglichkeiten deines SI ja sonst sehr begrenzt sind, was das Sammeln von Informationen angeht.
Die Idee, dass Graik und Sanya Zwillinge sind, stand ja von Anfang an fest. Da fragt man sich erst recht, was zum Geier vorgefallen ist, dass der werte Herr seine Schwester einfach zurückgelassen hat.
Ich war sehr gespannt, wie du die Traumsequenzen umsetzen wirst, und wurde nicht enttäuscht 🧡

Dass Rost am nächsten Morgen noch da ist, sollte einem durchaus zu denken geben (da er ja bisher irgendwie immer schon weg war), vielleicht hat er aber auch einfach nur verpennt. xD"
Dass er "Sanya" bleiben lässt und dir sogar mit den pökel-geschädigten Händen geholfen hat, finde ich sehr nett von ihm (gut, der SI trägt seinen Teil zur Lebenshaltung bei, aber trotzdem :'D). Ist ja eigentlich alles keine Selbstverständlichkeit, auch wenn er ein sehr empathischer Kerl ist.

Hachja…die Szene vor der Hütte mit der grantigen Aloy… Ich persönlich mags auch nicht, wenn mein Name fällt und ich den Grund nicht kenne. Da wird man ja immer besonders hellhörig. Hat sich zwar aufgeklärt, aber die Kleine hat sich am Ende dann noch verplappert.
Rost ist verständlicherweise nicht allzu begeistert, dass du seiner Tochter mit dieser Läufergeschichte solche Flöhe ins Ohr setzt.

Ich bin schon auf den weiteren Weg deines SI gespannt. Vielleicht kann sie den Läufer ja irgendwann "zähmen", aber das wird sicher seine Zeit dauern.

Grüßlis, Ixa~
Antwort von:  Charly89
10.02.2024 10:23
Ich finde es immer wieder spannend mehr über Sanya zu erfahren, auch wenn es jedes Mal mehr Fragen aufwirft wie es Antworten liefert ^-^"

Ich fand es spannend, wie schnell mein SI sich an bestimmte Dinge gewöhnt. Das Rost morgens nicht da ist, war für meinen SI offenbar schon völlig normal - um so größer die Überraschung das es noch da war X'D

Was auch immer bereits im Vorfeld zwischen Rost und Aloy diskutiert wurde, dass sie immer noch so sauer war XD
Und ja, Kinder / Teenager sind nicht unbedingt die besten Geheimnisträger *hust* freuen wir uns, dass sie nicht die Wächter-Geschichte ausgeplaudert hat

LG
Charly ^-^/
Von:  Ixana
2024-02-01T20:13:36+00:00 01.02.2024 21:13
Ein neues Kapitel, wuhey! ^~^

Ich ziehe meinen Hut davor, wie du Sylens' Nachricht mit eingebaut hast. Na wenn das mal sonst niemand beobachtet hat. Wozu der wohl deinen Schlüsselbund braucht...? Dass er deinen Fokus angezapft hat (wie schon den von Aloy in HZD), kann ich mir übrigens sehr gut vorstellen. Anders kann er dir ja wohl kaum seine Nachricht übermittelt haben - oder?

Versuch Nummer eins, dich selbst um die Ecke zu bringen, als du dem Wildschwein im Weg standest und nur knapp entkommen bist. Da hätte nicht viel gefehlt und es hätte dich auf die Hauer genommen.
Ich weiß nicht, mit wem ich mehr Mitleid haben soll - dem Wildschwein, weil es am Ende den Kampf verliert, oder mit dir weil du von Rost eine kleine Standpauke in Sachen Effektivität / Effizienz bekommst.

Es ist ganz gut, dass du die Fokusreparatur hier nicht wirklich thematisiert hast, dich dafür aber nützlich machst und dabei hilfst die Vorräte haltbar zu machen. Der Vergleich mit nem Salzleckstein hat mich ehrlich gesagt zum Kichern gebracht - auch wenns eigentlich nicht lustig ist (Salz + offene Haut = autsch :c).

Die Sache mit dem Läufer könnte dir aber im Bezug auf Aloy noch um die Ohren fliegen, du bist ja gewissermaßen erpressbar. XD" Das hat sich mit diesem Kapitel ja nicht erledigt, ich hab das weiterhin auf dem Schirm und irgendwann wird der Punkt kommen, an dem sie erzählt was da wirklich passiert ist.
Wie Rost das dann aufnimmt kann man sich vermutlich denken. :'D

Den Bonding-Moment mit ihm fand ich aber klasse umgesetzt, er ist ja eigentlich irgendwo doch ein lieber Kerl.
Ich freu mich schon auf die kommenden Kapitel!

Grüßlis,
Ixa~

PS: Mit ist aufgefallen, dass du die Aufgaben in den jeweiligen Kapiteln untergebracht hast. Sehr gut! In der Kurzbeschreibung wäre es denk ich irgendwann sonst zu unübersichtlich geworden. XD"
Antwort von:  Ixana
01.02.2024 21:41
Da hab ich in Bezug auf Aloy doch glatt zwei Dinge miteinander vermengt. Aber im Kern bleibt es gleich. Irgendwann wird sie in Bezug darauf, dass ihr beinahe Wächter-"Futter" geworden wärt, plappern - und sei es nur aus Versehen. °-°"

(bei der Sache mit dem Läufer wär ich aber auch vorsichtig. ^^°)
Antwort von:  Charly89
02.02.2024 14:43
Rückwirkend muss ich lachen XD mir scheint mein Schlüsselbund das zu sein, was dir in BotW dein Name ist. Aus unerklärlichen Gründen einfach unfassbar wichtig ^-^

Der Überrschungsangriff des Wildschweins hat mich wirklich erschreckt. Ich dachte schon beim Schreiben "wo kommst du denn her?!" XD

Ja, ich bleibe weiterhin erpressbar -.- Ich hatte gehofft, dass es sich im Sande verläuft, aber ich fürchte, Aloy wird es im unpassendensten Moment anbringen und mich wahrscheinlich ungewollt ans Messer liefern.

Der Sweet-Moment mit Rost hat mir echt gut getan :3

Ja, ich habe die Aufgaben ins Nachwort gepackt ... da es ursprünglich kein langes MSP werden sollte, dachte ich das es in der Kurzbeschreibung ganz gut aufgehoben ist. Aber wie wir festgestellt haben, wird es nicht ganz so kurz wie geplant XD

LG
Charly ^-^/
Von:  Ixana
2024-01-16T20:59:01+00:00 16.01.2024 21:59
Uiuiui, ein neues Kapitel, ich freu mich! :D

Dass Rost und Aloy dich einfach alleingelassen haben, ist schon irgendwie frech - andererseits bist du entweder vertrauensvoll oder harmlos genug, dass sie dich auch alleine lassen können. Oder es ist ein Test, ob du sie beklauen würdest, wenn die Gelegenheit da wäre? Who knows. :p

Von der kauzigen Grata kann man nicht wirklich hilfreiche Informationen erwarten, aber immerhin hast du ein Seil von ihr bekommen, mit dem du dir ein Werkzeug zum Markieren des Läufers basteln kannst. Ich finde die Idee immer noch genial, daran ändert sich so bald auch nichts xD Und die Interaktion mit der kauzigen Grata war auch top, aber das weißt du ja schon. Es wurde beim nochmaligen lesen des Kapitels nicht weniger witzig, hat mir aber ein paar komische Blicke in der Bahn eingebracht. :'D

Ob das Vorhaben dann auch so funktioniert, wird die Zeit zeigen. Ich würds dir jedenfalls von Herzen gönnen! <3

Grüßlis, Ixa
Antwort von:  Charly89
17.01.2024 12:33
Ich habe mich vor dieser Aufgabe damals ein wenig gedrückt ^-^°
Die Interaktion mit Grata hat mir Sorgen gemacht, weil, nun ja, sie halt kauzig ist XD
ich hatte Angst, dass ich sie nicht richtig wiedergeben bekomme und dann beim Schreiben ging es plötzlich fast von selbst.

Die Idee mit dem Markierungs-Puschel war spontan beim Schreiben. Wie markiere ich etwas, ohne es zu berühren? Ich hatte erst an einen Farbbeutel gedacht, aber wo soll ich das Material dafür herbekommen?
Tja, und dann kam mir Hasi in den Sinn ^-^

Ich bin auch gespannt, ob ich A) die Gelegenheit bekomme, das auszuprobieren und B) ob es funktioniert

Ich bin sehr gespannt, wohin uns die noch Reise führt

LG
Charly ^-^/
Von:  Ixana
2024-01-06T15:46:29+00:00 06.01.2024 16:46
Yay, es geht weiter <3

Jaja, wer hat deinen Bogen wohl weggeräumt? Das wird wohl bis in alle Ewigkeit ein Geheimnis bleiben. °-° Vielleicht ist er ja wirklich einfach nur weggeglitcht und irgendwo in der Hütte respawned. Das ist aktuell die einzig logische Erklärung, die mir persönlich (als Leser) einfällt. Vielleicht habe ich dich als Gottheit auch nur getrollt. xD"

Der Händler...du hattest ihn ja (was ich dir auch schon geschrieben habe) genau so getroffen, wie ich ihn mir vorstelle, daher dürfte das, was ihn betrifft, noch sehr interessant werden - wenn er denn weitere Auftritte bekommt. =) Auch wenn er dir nicht geheuer ist.
Man darf gespannt sein.

Nach dem anstrengenden Tag ist Erholung bitter nötig, immerhin wärt ihr fast von einem Wächter erwischt worden. Ob das bei den Alpträumen so erholsam wird, wage ich aber zu bezweifeln. Man möchte dich am Schluss am liebsten umarmen und sagen, dass alles gut wird. :c (ging mir jedenfalls so)

Ich freue mich ehrlicherweise jedes Mal, wenn du mir deine Kapitel schickst, da kann man immer so schön abtauchen. <3

Grüßlis, Ixa~
Antwort von:  Charly89
06.01.2024 20:33
Es sind sooo unendlich viele Fragen offen ... und ich spüre, dass es noch mehr Fragen wie Antworten geben wird demnächst X'D

Es ist irgendwie albern, aber ich mochte dieses Kapitel sehr. Es passiert nix, trotzdem zwischen den Zeilen so viel.

Awww~ ich freu mich, dass dir meine Ausarbeitung zu deinen Aufgaben gefällt ^-^
Von:  Sas-_-
2023-12-19T22:31:48+00:00 19.12.2023 23:31
🥋

Uuuh, da ist aber eine Maschine ganz knapp an deinem Hintern vorbeigeschrappt :D Das war schon sehr spannend, hat mir echt gut gefallen :3 Aloy hast du auch so schön beschrieben, das hat sich toll gelesen 🥳
Und ja, das mit den Gefühlen für Kinder ist so eine Sache. Ich kann vor allem nichts mit Kleinkindern und Kindergartenkindern anfangen, die älter sind als meins, weil ... keine Ahnung wie die funktionieren, das Level hab ich noch nicht XD Aber der Konflikt war schön beschrieben und wie du ein Battle mit deiner kognitiven Empathie ausgetragen hast :D

LG
🎅

Antwort von:  Charly89
25.12.2023 23:37
Ich habe Blut und Wasser geschwitzt beim Schreiben 🙈 ich habe mich schon tot auf der Wiese gesehen, um ehrlich zu sein 😅

Kognitive Empathie 😂 gefällt mir, nehme ich in meinen Wortschatz auf
Von:  Sas-_-
2023-12-19T22:07:12+00:00 19.12.2023 23:07
🐟

Uff, Töten kann ich auch so überhaupt nicht, da kann ich direkt mitfühlen >.> Ich weiß noch, wie der dusselige Hund meiner Mutter eine Maus ausgebuddelt und angebissen hat. Und wir haben's nicht fertig bekommen, das arme Tier zu erlösen. Und dann hat es mich gebissen (logischerweise) und ich hab sie irgendwohin geschleudert ... Eh, darf man eig. keinem erzählen 🙈
Und ja, als du dann da so rumhantiert hast um zu sehen, ob du den Baumstamm treffen wirst oder nicht, war ich gedanklich längst am Schreien, dass du deinen Pfeil damit kaputt machen wirst XD

Schönes Kapitel 💜

LG
🐠
Antwort von:  Charly89
25.12.2023 23:33
Ich freu mich, dass offenbar nicht der einzige Mensch bin, der ein Problem mit dem Töten hat 😅 ich hatte Angst, dass das hin und her und zögern einfach nur nervig ist 🙈

Der Gedanke das der Pfeil kaputt geht, kam mir tatsächlich erst beim Schreiben und da ich ein ehrlicher Insert bin, habe ich es so gelassen 🙈
Von:  Sas-_-
2023-12-19T21:47:43+00:00 19.12.2023 22:47
Ave Charly O7

Du hast denen ihr Essen weggefressen. Schäm dich -.- Und jemand hat deinen Bogen befummelt, derjenige soll sich auch schämen :U Und mehr fällt mir einfach nicht ein, weil nicht so viel passiert ist, aber ich bin wieder drinnen und freue mich aufs nächste Kapitel 🥳

LG
🎆
Antwort von:  Ixana
23.12.2023 22:07
Der Bogen ist sicher einfach nur weggeglitcht.
(Oder auch nicht, wer weiß das schon? ;P)
Antwort von:  Sas-_-
23.12.2023 22:39
XD
Antwort von:  Charly89
25.12.2023 23:28
Kann ja nicht immer spannend sein XD manchmal braucht man 10 Kapitel um ein Tal zu verlassen *hust* X'D
Antwort von:  Sas-_-
26.12.2023 11:09
Das waren aber spannende! 10 Kapitel û.u
😂
Von:  Ixana
2023-11-04T12:19:29+00:00 04.11.2023 13:19
Hallihallo, nach ewigen Zeiten finde ich auch hier endlich die Muße, dir einen Kommentar zu dieser bisher sehr großartigen Story zu hinterlassen. :>
Wie du die Aufgaben löst, finde ich (gerade im Hinblick auf das aktuellste Kapitel) sehr gut, aber es war schon ziemlich knapp, immerhin steht man hier nicht einfach so wie im Game wieder auf, wenn einen eine Maschine erwischen würde.
Mir gefällt vor allem, wie gut du Aloy und auch ihren Ziehvater Rost getroffen hast. Ich kann mir vorstellen, dass sie ab und an durchaus mit anderen Ausgestoßenen zu tun hatten - aber nicht in diesem Ausmaß wie es gerade bei Sanya/dir der Fall ist.

Bin wirklich gespannt, wie sich das Ganze noch entwickelt, ich habe als Gottheit auch meinen Spaß mit diesem Projekt.
Weiter so <3

Beste Grüße, Ixa
Von:  Sas-_-
2023-06-12T10:38:16+00:00 12.06.2023 12:38
☠️

Das Kapitel fand ich richtig spannend! Schon allein, weil ich die Welt hier nicht sonderlich gut kenne 😅

Ich finde es sehr süß, dass du mich als Hommage eingebaut hast 🥺🥰 Du hast den Realitätscheck schön umgesetzt. Probier es doch mal in Echt 😏

Wir erfahren ein bisschen mehr über Sanya, coole Sache. Klingt so, als hätten sie nach dem Fokus gesucht? Um den zu verkaufen? Weiß nicht, ist nur eine Vermutung 😁
Jedenfalls, tolles Kapitel. Weitermachen 👏😌

LG
🍳
Antwort von:  Charly89
12.06.2023 17:04
Natürlich gehörst du in mein MSP 🤭 bist ja Bestandteil meines Lebens 😂😘

Ich bin sehr gespannt, was es mit Sanya auf sich hat 🥳
Von:  Sas-_-
2023-06-12T10:17:20+00:00 12.06.2023 12:17
(/u.u)/

Da mir ein betrunkener 🐦 gezwitschert hat, dass das Kapitel auf magische Weise länger geworden ist, hab ich es nochmal gelesen 😁
Da ich das erste Spiel nicht wirklich kenne, kenne ich auch sie Jugendliche Aloy nicht, aber sie kommt gut rüber. Rost kenne ich auch nicht, aber der klingt auch gut 😂
Du weißt ja, deine Gefühlswelt hast du schön dargelegt, plus geschwollenem Gerede 😆

LG
🐉


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