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Die Farbe Rot

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und Kapitel 15... wow, ging das schnell :D Ich hoffe, es ist nicht zu rasant für euch, aber ich habe wie gesagt Zeit und Muße, das Ganze weiter zu machen und von diesem Kapitel hab ich so oft geträumt, es verfolgte mich schon xD Ich hoffe, ihr könnt dem ganzen Drama noch folgen und ich habe euch nicht komplett verwirrt xD Viel Spaß beim Lesen :) Komplett anzeigen

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Außer Kontrolle

Reno kämpfte sehr lange darum, das Bewusstsein wieder zu erlangen und seine Augen öffneten sich nur nach und nach. Sein Kopf dröhnte, ein pulsierender Schmerz äußerte sich darin und er wusste, dass er verletzt war.

Schwach hob der Rothaarige den Kopf, kämpfte gegen eine erneute Bewusstlosigkeit an, um sehen zu können, wo er sich befand. Zu seinen Füßen war eine Plattform, die neu wirkte. Sein Körper war mit dicken Seilen an eine Art Holzpfahl gebunden und Reno konnte sich kaum rühren. Er hob den Kopf noch etwas mehr und erkannte Sektor 5, ehe er den Kopf geradeaus richtete, um nachzusehen, woher die Geräusche kamen, die ihn womöglich aus seiner Bewusstlosigkeit geholt hatten.

Ein dumpfes Geräusch erschreckte Reno und er sah verschwommen, wie Vincent zu Boden ging, in seinem Rücken ein großes Loch. Reno wollte ihm helfen, schreien oder sonst etwas tun, doch er konnte es nicht, er war viel zu schwach.

„Vin...“, brachte er brüchig heraus, doch es war nicht mehr als ein raues Hauchen und seine Stimme erstarb wieder.

„Schone deine Kräfte, Reno. Du wirst sie brauchen“, hörte er Cissneis Stimme und sie schob sich in sein Blickfeld.

Doch die einstige Turk hatte sich verändert. Sie bestand nun durch und durch aus Mako und war zu einem Monster geworden, anders konnte Reno das nicht beschreiben, was er vor sich sah.

„Ich habe einen Notruf abgesetzt... sie werden bald kommen und dich holen. Dieses Mal werde ich dein Leben verschonen... aber das nächste Mal bist du ebenso Geschichte, wie es Tseng und der Rest der Turks bald sein wird“, sagte Cissnei voller Hass und die Intensität des leuchtenden Makos, aus dem ihr Körper nun bestand, nahm so sehr zu, dass es Reno in den Augen schmerzte.

Cissnei entfernte sich, ebenso ein silberhaariger Mann, den Reno jedoch nur schemenhaft sehen konnte. Stille senkte sich über ihn und sein Blick klebte an Vincents leblosen Körper fest. Angst ergriff ihn... war er tot?

Reno weigerte sich, das zu glauben oder zu akzeptieren. Er versuchte abermals, nach Vincent zu rufen, doch das Sprechen bereitete ihm viel zu große Mühe, so dass er es sein ließ. Es strengte ihn zu sehr an und seine Sicht verschwamm immer mehr und immer weiter. Sein Blickfeld wurde von Schwärze umfangen, die immer weiter zunahm und Reno hatte immer mehr Probleme, Vincent im Blick zu behalten.

Letztlich kippte sein Kopf auf die Seite und die Schwärze gewann...
 

Als Reno das nächste Mal erwachte, fühlte er den weichen Untergrund eines Bettes. Hätte sein Schädel nicht noch immer gedröhnt und sein Rücken nicht vor Schmerzen in Flammen gestanden, hätte er geglaubt, dass alles nur ein schlechter Traum gewesen war. Mit einem Ruck fuhr er also hoch, sprang aus dem Bett und sah sich panisch um. Hektisch flogen seine Augen über die Einrichtung und ihm ging auf, dass er wieder im gleichen Krankenzimmer der WRO gelandet war, wie das letzte Mal. Teile seiner Angst schwanden, doch da er Vincent nicht hier erblicken konnte, wuchs dafür seine Unruhe.

In diesem Moment ging die Tür des Zimmers auf und Elena kam gefolgt von Tseng herein. Als sie Reno sahen, mischten sich Erleichterung, aber auch Sorge in ihre Mienen.

„Reno, du brauchst Ruhe“, bestimmte Tseng, doch Reno schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände.

„Wo ist Vincent? Wie geht es ihm?“, fragte Reno und seine Stimme hörte sich rau und brüchig an, als ob er sie lange nicht gebraucht hätte.

Elena hielt ihm ein Glas Wasser hin und Reno nahm es an, um es in gierigen Schlucken zu leeren. Als er es ihr wieder zurückgab, kehrte auch sein Blick zu Tseng zurück und er wiederholte seine Fragen.

„Ich fragte, wo Vincent ist. Was ist mit ihm passiert?“

Tseng antwortete nicht und Renos Angst wuchs wieder ins Unermessliche.

„Nein...“, wisperte er und schüttelte den Kopf. „Er ist nicht tot, das kannst du mir nicht weismachen!“

„Reno, beruhige dich...“, sagte Tseng, kam beschwichtigend auf den Rothaarigen zu, doch dieser wurde nun wütend.

„Bullshit! Sag mir, was mit ihm ist!“, schrie er aufgebracht.

Elena legte beruhigend ihre Hände auf Renos Schultern, schob ihn sanft zurück zum Bett und setzte sich mit Reno auf die Kante. Ihre Nähe und die Art, wie sie diesen Körperkontakt hergestellt hatte, ließen die Wut und die Angst ein wenig zurückgehen, doch noch immer schwelten diese Gefühle direkt unter Renos Haut. Unruhig sah er Elena an und sah ihr an, dass sie ihm gleich etwas Unangenehmes mitteilen würde.

„Reno, hör mir zu... Vincent wird wieder. Er ist ebenfalls hier, aber du kannst jetzt nicht zu ihm.“

Verwirrt unterbrach Reno die blonde Frau.

„Was? Aber das ergibt doch keinen Sinn. Wenn es ihm gut geht, dann ist doch alles klar. Also wieso diese Grabesstimmung?“

Tseng trat näher ans Bett und auch er setzte sich nun auf die Kante. Er schien sich sammeln zu müssen und Reno registrierte das mit Sorge. Sein Boss wusste sonst immer, was zu sagen war, doch hier und jetzt wirkte er einfach nur... überfordert?

„Leute, ihr macht mir Angst. Rückt jetzt bitte einfach mit der Sprache raus, ok? Was ist mit Vincent und warum darf ich ihn nicht sehen?“, fragte Reno leise und zittrig nach.

Er war Geheimniskrämerei gewohnt, schließlich war er bei den Turks, aber das hier war ihm schlichtweg unheimlich, weil er der Part war, dem etwas vorenthalten wurde.

„Vincents Zustand ist sehr instabil. Er hatte sich körperlich fast vollständig regeneriert, als wir euch gefunden haben, aber... er verwandelt sich fast minütlich in Chaos und wieder zurück.“

„Chaos?“

„Chaos ist das Wesen, welches dir im Krankenhaus geholfen hat.“

Reno überlief ein kurzes Schaudern, als er an das vampirähnliche Wesen dachte, doch dann erinnerte er sich daran, wie es ihn geschützt hatte und die Sorge um beide – sowohl um Vincent als um Chaos – übernahm die Regie in ihm.

„Aber wenn er sich minütlich hin und her verwandelt, muss das anstrengend für ihn sein. Ich muss bei ihm sein, sowas machen Partner“, sagte Reno und erhob sich erneut.

„Reno, du verstehst nicht-“

„Was verstehe ich nicht?! Momentan ist Vincent mein Partner und er hat mir schon mehrfach geholfen! Jetzt bin ich dran, jetzt muss ich ihm helfen!“, sagte Reno heftig und Tseng seufzte.

„Zwecklos...“

Reno wollte aufgrund dieses Kommentars seines Chefs einen erneuten Streit vom Zaun brechen, doch Elena unterbrach ihn.

„Dann bringen wir dich zu ihm. Aber möglicherweise ist er nicht mehr der, den du kanntest, Reno. Cissnei hat ihm die Protomateria aus der Brust gerissen, was seine Persönlichkeit und Chaos stabilisiert hat. Ohne sie...“

Die Blonde brach ab und Reno starrte sie an, bis sie ihren Gedanken endlich völlig ausführte.

„Reno, Vincent ist außer Kontrolle...“

Elenas eindringliche Worte und ihr ernster Gesichtsausdruck sagten Reno, dass es ernster war als alles, was er bisher erlebt hatte. Er musste sich setzen und erst einmal durchatmen, um seine eigene Kontrolle wieder zu finden, doch dann erhob er sich erneut, wobei er sein rotes Haupt schüttelte.

„Egal. Ich muss zu ihm. Ich habe ihn in diese Lage gebracht, weil ich nicht aufgepasst habe. Also ist es meine Pflicht, jetzt für ihn da zu sein, also Partner und Freund.“

Er setzte sich schon in Bewegung, da ließ ihn ein amüsiertes, kurzes Lachen innehalten und er wandte sich zu Tseng um.

„Was?!“

Tseng grinste und deutete mit dem Finger auf Reno.

„Vielleicht solltest du dich vorher umziehen...“

Reno sah an sich herunter und errötete bis zu den Haarwurzeln. Wer zum Henker hatte nur diese Flatterhemden erfunden?
 

Das WRO-Gebäude war insgesamt ein schön gestaltetes Hauptquartier und man konnte sich wohlfühlen. Doch der Teil, den Reno, Elena und Tseng nun betraten, sah alles andere als einladend aus. An fast jeder Tür waren Wachen postiert, Überwachungskameras verfolgten jede Bewegung, die Fenster waren vergittert und mit einer Extraglasschicht verstärkt. Alles in allem sollte das wohl ein Maß an Sicherheit garantieren, doch in dem Rothaarigen sorgte das nur noch mehr für Unbehagen.

Tseng ging voraus, anscheinend war er schon hier gewesen und nach einem schier endlosen Gang bog er um eine Ecke und kam vor einer dicken, gepanzerten Tür zum Stehen, welche sogar von vier Wachen beaufsichtigt wurde. Damit wurde das Ausmaß der Gefahr noch einmal deutlich, aber Reno konnte es nicht so recht glauben, dass Vincent eine so große Bedrohung darstellte.

„Ist das wirklich nötig?“, wisperte er Elena leise fragend zu und die Blonde nickte.

„Reeve hielt es für notwendig.“

Reno horchte auf. Der Chef der WRO steckte dahinter?

//Ich verstehe das nicht... nur weil diese Materia weg ist, ist Vincent jetzt ein Monster außer Kontrolle?//, fragte sich der Rothaarige verwirrt und sah immer noch nicht vollständig klar.

Doch seine Verwirrung wurde noch größer, als sie die Wachen passierten und in den Raum traten. Auch hier waren sämtliche Sicherheitsvorkehrungen getroffen, angefangen von den verstärkten Wänden und einer Kammer, die aus Panzerglas bestand und die man von außen einsehen konnte. In dieser Kammer befand sich Vincent auf einer metallischen Liege, allerdings ohne Bewusstsein. Sein Körper flackerte immer wieder auf und schemenhaft war Chaos zu erkennen, doch das Bild verschwand wieder und Vincent kam wieder zum Vorschein. All dies wurde begleitet von einer bedrohlichen roten Aura, die deutlich um den Körper des Schützen flackerte.

Reno schluckte schwer bei diesem Anblick. Er war zwar erleichtert, dass die Verletzungen nicht mehr zu sehen waren und damit verheilt sein mussten, doch Vincents Zustand war alles andere als gut. Er sah blasser aus als sonst, seine Haut wirkte fast durchscheinend und Reno schnitt dieser Anblick geradezu ins Herz, ehe er sich erschreckte, weil er einen Moment später wieder Chaos sah. Er konnte sich noch gut an die unheimlichen, stechend-gelben Augen und das unbewegliche Gesicht erinnern... aber dennoch, Chaos hatte ihm damals nicht wehgetan und deshalb schluckte Reno sein Unbehagen herunter und beschloss, direkt an den WRO-Chef heranzutreten, der mit einem Forschungsteam zugegen war.

„Muss das wirklich sein?“, war das Erste, was Reno von sich gab und alle Blicke richteten sich auf ihn.

Reeve Tuesti sah ihn niedergeschlagen an und nickte.

„Leider ja. Sein Zustand ist sehr instabil... es ist nur eine Frage der Zeit, bis Chaos aus ihm herausbrechen könnte und dann sind wir alle in Gefahr. Vincent wäre einverstanden mit diesen Maßnahmen.“

Reno schaute zu Vincent hinüber, der abgeschottet von ihnen allen war und er empfand es als nicht richtig, dass der andere so allein sein musste. Er konnte sich gut vorstellen, dass Vincent wirklich mit diesen Schutzmaßnahmen einverstanden war, aber trotzdem war es nicht richtig.

„Lassen Sie mich zu ihm“, sagte Reno und wieder blickten ihn alle an, dieses Mal mit einem Ausdruck darin, als ob er nicht alle Tassen im Schrank hätte, aber es war dem Rothaarigen völlig egal.

Mochten sie alle denken, was sie wollten. Vincent war sein Partner, auch, wenn es nur auf Zeit war und damit musste er an seiner Seite sein, egal, was war. Reno wollte nicht, dass Vincent allein durch diese Krise musste, für die auch die Turks mitverantwortlich waren.

„Das geht nicht, Reno“, mischte sich nun Tseng ein, aber Reno wollte das nicht hören.

„Er hat mir damals auch nichts getan, also wird er das auch jetzt nicht tun. Ich vertraue ihm und das sollten hier alle“, sagte er heftig, ehe eine Forscherin ihn unterbrach.

„Er wacht auf!“

Sofort sahen alle zu der Kammer. Vincent setzte sich gerade langsam auf, ob eine Hand an seinem Kopf und versuchte, sich zu sammeln.

„Vincent!“, rief Reno, froh darüber, dass der andere wohlauf schien.

„Er kann dich nicht hören. Das Glas schirmt ihn von allem ab... er kann uns nur sehen“, sagte Reeve neben Reno und der Rothaarige ballte die Fäuste.

Das war keine Vorsichtsmaßnahme, das war ein gottverdammtes Gefängnis!

Vincent stand langsam auf, als ob er seinem eigenen Körper nicht trauen würde und tatsächlich schwankte er leicht. Mit einer Hand stützte er sich an der Glaswand ab, wieder berührte er mit seiner Hand seinen Kopf, der anscheinend schmerzte. Dann sahen seine roten Augen auf, nahmen das Glas um ihn herum wahr...

Reno fluchte hinter zusammengebissenen Zähnen, als er sah, wie Vincent ein wenig in sich zusammensank, als er die Situation für sich zu begreifen schien. Resignation ließ seine Schultern fallen und als sein Blick zu Reeve, Reno und allen übrigen Menschen hier glitt, steckte einfach nur pure Einsamkeit darin.

„Ach scheiß doch drauf!“, fluchte Reno laut und lief auf die Durchgangstür zu, die den Forschungsraum von dem Raum mit der Glaskammer abtrennte.

Zwei Wachen stellten sich ihm in den Weg, beide bis an die Zähne bewaffnet.

„Kein Zutritt“, sagten sie und das schürte Renos Wut nur noch mehr.

„Lasst mich durch! Das da drin ist mein Partner, verdammt noch mal!“

Wieder mischte Tseng sich ein und auch Elena eilte an Renos Seite. Beide versuchten, Reno zu beruhigen, der schon nach seinem Schlagstock gegriffen hatte und den beiden Wachen zeigen wollte, wo es langging.

Ein markerschütterndes Brüllen ließ alle zusammenfahren und erneut schauten sie zur Glaskammer. Vincent war nicht mehr Vincent, sondern Chaos.

„Was zum-!“, rief eine der Wachen entsetzt und Reno nutzte diese Chance, um sich loszureißen, die Wache beiseite zu schieben und in den Raum mit der Glaskammer zu laufen.

Chaos wütete derweil in seinem Gefängnis, das kaum genug Platz für seine Flügel ließ. Er riss die metallene Liege aus ihrer Halterung und schmetterte sie gegen das Glas, welches jedoch nicht nachgab. Er hieb mit seinen Klauen dagegen, doch auch das hinterließ gerade so schwache Kratzer und wieder brüllte Chaos anklagend.

„Ich hol dich da raus, scheiß doch drauf“, schimpfte Reno und suchte nach der Konsole, die den Glaskasten öffnen würde.

Die Wachen kamen ihm nach, versuchten, ihn von seinem Vorhaben abzubringen, doch Reno entwickelte wahre Monsterkräfte, um sie in Schach zu halten. Er hieb zielsicher mit seinem Schlagstock zu, ließ die Wachen zurücktaumeln und wieder suchte er nach der Konsole, die er letztlich auch fand.

„Reno, lass das!“, rief Reeve, aber Reno ignorierte ihn, ebenso wie Elena und Tseng, die sich nun kampfbereit machten.

„Reno, ich will nicht gegen dich kämpfen, bitte, hör auf“, rief Elena, doch Reno schüttelte den Kopf.

„Es tut mir leid, Elena. Aber Vincent ist mein Partner und ich lasse meinen Partner nicht in diesem Gefängnis sitzen, wenn er uns helfen kann“, hielt Reno dagegen und Elena verstand ihn sehr gut.

Sie ließ die Fäuste sinken und wandte sich Tseng bittend zu.

„Lass sie gehen... vielleicht hat Reno Recht und Vincent tut ihm wirklich nichts“, meinte sie und Tseng war hin und hergerissen.

Letztlich ließ er seine Waffe sinken und wandte sich ab.

„Es liegt in deiner Verantwortung... wenn das schief geht, dann...“

Er ließ die Drohung so stehen und Reno verstand. Dann wandte er sich abermals der Konsole zu, die verdammt viele Knöpfe hatte. Reno zertrümmerte sie einfach mit dem Schlagstock und Funken stoben ihm entgegen, doch er hatte sein Ziel erreicht. Die Tür glitt auf und er schlüpfte in die Kammer, stellte sich Chaos entgegen.

„Vincent- äh... ich meine, Chaos. Komm, ich bring dich hier raus“, sagte er und bemühte sich darum, sicher zu klingen.

Chaos wandte sich von der völlig zerkratzten Wand zu ihm, ein Grollen glitt über seine schmalen Lippen in diesem blassen Gesicht, während seine Augen wie gelbe Dolche wirkten. Seine Flügel waren halb eingeklappt, so dass sie hoch bis zur Decke reichten und nun kam er lautlos auf Reno zu, ihn immer im Blick habend, wie der Jäger seine Beute.

Reno zuckte nicht einmal zusammen, dazu war er nicht mehr fähig, denn dieser Blick hypnotisierte ihn geradezu. Chaos überlegte anscheinend gerade, ob er Freund oder Feind war, daher ließ Reno seinen Schlagstock augenblicklich fallen und hob die Hände, ein Zeichen dafür, dass er keine Bedrohung darstellte.

Chaos kam näher und noch näher, bis er direkt vor dem Rothaarigen stand. Er überragte ihn deutlich und Reno wurden die Knie weich. Aber er zwang sich standhaft zu bleiben und irgendwann ließ das Knurren in Chaos Kehle nach, wich stillem Schweigen.

„Lass uns gehen“, wiederholte Reno und trat rückwärts durch die Tür, die er eben geöffnet hatte.

Chaos folgte ihm, jedoch nicht wie ein folgsames Tier, sondern wie ein hoheitsvoller Vampir oder ein ähnliches Überwesen. Er erlaubte, dass Reno noch ein kleines bisschen länger atmen konnte, doch der Turk vergaß keinen Augenblick, dass dieser Umstand sich sehr schnell ändern konnte. Noch immer schwelte die Gefahr vor sich hin und Reno ließ äußerste Vorsicht walten, während er sich langsam weiter bewegte. Nicht so jedoch die Wachen, die sich wieder aufgerappelt hatten und ihn und Chaos mit schussbereiten Waffen erwarteten.

„Das Vieh geht wieder da rein!“, rief der Nervösere von beiden und seine Hände zitterten.

„Hey, beruhige dich!“, rief Reno ihm zu, doch er hatte zu laut gesprochen und ein Schuss löste sich aus der Waffe der Wache.

Die Kugel streifte Reno am Ohr und hinterließ eine brennende Spur. Chaos brüllte und die Ereignisse überschlugen sich schneller, als Reno zu ihm schauen konnte. Hier außerhalb des Glaskastens konnte Chaos seine Flügel ausbreiten und das nutzte er. Mit rasender Geschwindigkeit war er in der Luft und stieß auf die Wachen hinab. Binnen Sekunden hatte er sie entwaffnet und sie kampfunfähig gemacht, allerdings ohne sie zu töten. Anschließend wandte er sich Reeve, Tseng und Elena zu.

„Scheiße“, fluchte Reno und stellte sich schnell vor seine Freund.

„Nicht, Chaos! Sie sind nicht deine Feinde!“, rief er und schützte mit ausgestreckten Armen seine Freunde.

Chaos grollte, dass die Wände um sie herum erzitterten und Reno befürchtete, dass er mit ihnen allen kurzen Prozess machen würde... doch im letzten Moment erstarb das Knurren und das vampirähnliche Wesen wandte sich ab.

Reno atmete schon erleichtert auf, als Chaos herumfuhr und Reno am Arm packte. Mit der anderen Hand zog er die modifizierte Cerberus, die man ihm leichtsinnigerweise nicht weggenommen hatte und schoss dreimal auf eine der Wände. Die Kugeln waren nicht normal, denn sie zerfetzten alles in der näheren Umgebung und bohrten sich zielsicher in die verdickte Wand, wo die Geschosse explodierten. Glas splitterte, der Rückstoß fegte die meisten der Anwesenden von den Füßen, nur Chaos hielt sich aufrecht und ging mit Reno im Schlepptau zu dem Loch, welches sich in der Wand gebildet hatte.

Nur Augenblicke befand sich Chaos in der Luft und nur seine Hand hielt Reno davon ab, in die Tiefe zu stürzen.

//Na wenigstens habe ich dieses Krankenhaushemdchen nicht mehr an//, dachte der Rothaarige, während er hoffte, dass Chaos ihn nicht irgendwann einfach fallenlassen würde.
 

Der Flug war länger als gedacht und die Nacht war bereits hereingebrochen, als Chaos Kalm erreichte. Zielstrebig flog er auf ein älteres Gebäude zu und warf Reno geradezu durch das offenstehende Fenster. Der Turk landete unsanft auf dem Boden eines geräumigen Wohnzimmers und rang nach Atem.

Chaos folgte ihm einen Moment später, allerdings landete er elegant im Raum, welcher nur durch das Mondlicht von draußen erhellt wurde. Dadurch wirkten Chaos Augen nur noch eindringlicher und Reno verspürte erneutes Unbehagen in sich aufsteigen.

//Ganz ruhig... wenn er dich töten wollte, hätte er dich fallengelassen//, sagte er zu sich selbst und rappelte sich langsam auf.

Doch da kam ihm ein weitaus beunruhigenderer Gedanke. Manche Jäger nahmen ja ihre Beute mit in ihr Zuhause, um dort noch mit ihnen zu spielen, ehe sie sie töteten und dann auffraßen. Ein Schaudern überlief Renos ganzen Körper und seine Augen weiteten sich, während er auf Chaos starrte, welcher schon wieder anfing, zu knurren.

Reiner Überlebensinstinkt ließ ihn voranstürmen und nach der Cerberus greifen. Er brachte die Waffe an sich, was viel zu einfach ging und rollte sich ab, um hinter einem Tisch in Deckung zu gehen.

Chaos schritt durch den Raum, fegte mit einer Handbewegung den Tisch und die Stühle, die darum stand beiseite und abermals musste Reno sich in Sicherheit bringen. Er erhob sich schnell, mitten im Raum und richtete die Cerberus auf Chaos.

Renos Hand zitterte, die Waffe fühlte sich schwer und ungewohnt in seiner Hand an und genau das war sie auch. Er hielt den Blick fest auf Chaos gerichtet, aber ihm war bewusst, dass er nicht schießen konnte, nicht, wenn das dort immer noch Vincent war.

„Ich will das nicht tun“, flüsterte er und seine Stimme hörte sich brüchig an.

Chaos gab ein Knurren von sich und kam näher, Reno wich zurück und wieder schloss Chaos auf. Er kam so nahe, dass der Lauf der Cerberus bald darauf gegen die Stelle drückte, wo sein Herz schlug. Es war, als wollte Chaos, dass es so kam... dass sein Leben ein Ende fand.

„Hör auf... ich will dich nicht erschießen... hör auf, Chaos“, sagte Reno schwach, doch Chaos blieb wo er war.

Das stoische Gesicht war so unnahbar und kalt, dass Reno glaubte, Vincent für immer verloren zu haben. Dieser Gedanke ließ ihn vor Verzweiflung keuchen. Er wollte keinen Partner und keinen Freund verlieren und Vincent war inzwischen beides für ihn.

„Vincent...“, sagte Reno und seine Hände zitterten so sehr, dass er die Waffe fallen ließ.

Stattdessen griff er jetzt nach Chaos und umarmte ihn, kam ihm so gefährlich nahe und das vampirähnliche Wesen nahm es hin, obwohl es gleichzeitig ein warnendes Knurren ausstieß. Reno ignorierte das und umarmte Chaos fester, während er fest daran glaubte, dass Vincent irgendwo dort drin war.

„Vincent... zeig dich mir endlich“, wisperte Reno und seine Finger vergruben sich in Chaos dunklen Haaren.

Er würde nicht eher loslassen, bis Vincent wieder hier bei ihm war, auch, wenn es unwahrscheinlich sein mochte. Aber Reno wollte nicht aufgeben, er wollte einfach nur Vincent Valentine zurück.

Wieder war ein Grollen von Chaos zu hören und seine Krallen bohrten sich jetzt schmerzhaft in Renos Rücken, doch der Rothaarige ertrug es, denn er wollte nicht aufgeben, wollte nicht akzeptieren, dass Vincent verloren war.

„Vincent“, wisperte Reno erneut, glaubte mit aller Macht daran, dass es einen Ausweg gab.

Minuten wurden zu gefühlten Stunden und Reno klammerte sich an Chaos fest, ehe er seinen Namen hörte, geäußert von einer rauen, tiefen Stimme.

„...Ren...o...?“

Der Rothaarige sah endlich wieder hin und erkannte rote Augen und so viel mehr Merkmale, die nur dem Schützen höchstselbst gehören konnten. Er lächelte erfreut, doch er konnte den anderen nicht loslassen, also presste er ihn umso fester an sich, weil er einfach froh war, dass er seinen Partner und Freund nicht verloren hatte.

„Scheiße, du hast mir einen Mordsschrecken eingejagt, du Idiot“, sagte er leise und er spürte wenig später, dass der Schütze die Umarmung vorsichtig erwiderte.

Vincent antwortete nicht, sondern schwieg darauf. Es gab in diesem Moment einfach nichts zu sagen... zögernd strich er mit einer Hand über Renos Kopf, eine Art Entschuldigung für die erlittenen Qualen und schließlich löste sich Reno langsam von Vincent und wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkeln.

„Beinahe hätte ich dich erschossen...“, sagte der Rothaarige erschüttert.

Vincent hob die Cerberus vom Boden auf und verstaute sie sicher an seiner Seite, wo sie hingehörte.

„Aber das hast du nicht...“

„Aber ich hätte es beinahe!“, beharrte Reno und er zitterte wieder am gesamten Körper, als er an diese Möglichkeit dachte.

Vincent schloss die Lücke zwischen ihnen und dieses Mal umarmte er Reno. Der Rothaarige zuckte zusammen, verspannte sich, doch dann erlahmte seine Gegenwehr und er ließ sich beruhigen. Auch er hatte eine Umarmung dringend nötig gehabt, das wurde ihm nun klar...

„Wir wären fast gestorben, oder?“, fragte Reno kurz darauf.

„Aber das sind wir nicht... wir leben... nun ja, mehr oder weniger“, antwortete Vincent selbstironisch und Reno gab ein raues Lachen von sich.

„Vincent Valentine... hast du gerade einen Scherz gemacht?“

„Ich glaube schon.“

Reno hob den Kopf und grinste den Dunkelhaarigen schief an.

„Dann sind wir echt am Arsch.“

Vincents Mundwinkel zuckten und ein belustigtes Geräusch entkam ihm, was Reno anscheinend ebenso überraschte, wie ihn selbst. Doch die Erheiterung verflog so schnell, wie sie gekommen war und Vincent beschloss, Reno die Wahrheit zu sagen.

„Vielleicht solltest du dich mit dem Gedanken anfreunden, wirklich auf mich zu schießen“, meinte er also, löste damit die Umarmung und der Rothaarige sah ihn entsetzt an.

„Was redest du da? Wieso sollte ich das tun?“

Vincent setzte sich auf die Fensterbank und schaute einen Moment nach draußen. Der Mond heute Abend war wunderschön und er mochte diese wolkenlosen Nächte, in denen der Mond so kräftig schien. Eine Weile genoss er den Anblick, doch schließlich heftete er seinen Blick wieder auf Reno und sprach weiter.

„Die Protomateria... es ist nicht das erste Mal, dass sie mir genommen wurde. Du musst wissen, dass diese Materia Chaos in mir zurückhält, mich vollständig zu übernehmen. Mit der Materia habe ich die Oberhand über ihn, habe die Kontrolle...“

Reno setzte sich neben Vincent und begann, zu verstehen.

„Das heißt, ohne diese Protomateria hat er die Oberhand. Deshalb warst du vorhin so anders...“

Der Schütze nickte.

„Genau... im Moment erkennt Chaos dich und sieht in dir keine Gefahr. Das ist so, weil ich es ihm eingeimpft habe, als ich noch die vollständige Kontrolle hatte. Aber ich weiß nicht, was geschieht, wenn ich die Materia nicht bald zurückbekomme“, sagte er dann düster.

„Heißt das, du könntest dich irgendwann in Chaos verwandeln und nicht mehr zurück?“

„Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass mein Zustand sich immer weiter destabilisieren wird. Irgendwann werde ich Chaos nichts mehr entgegen zu setzen haben... und wenn es soweit kommt, musst du mich aufhalten.“

Reno sah Vincent mit geweiteten Augen an.

„Bist du irre? Dein Alter Ego hat mich vor nicht allzu langer Zeit noch unter den Arm geklemmt, ist mit mir durch die Luft geflogen und hat mich mit einer Hand hochgehoben! Wie kommst du also darauf, dass ich ihn aufhalten könnte?“

„Ich denke, er wird zögern, dich zu töten. Diese Chance musst du nutzen und mich außer Gefecht setzen. Ich weiß sonst nicht, zu was ich fähig bin... oder vielmehr, wozu Chaos fähig ist...“

Schweigen entstand zwischen ihnen, doch letztlich konnte Reno sich einfach nicht mehr zurückhalten. Er sprang auf und tippte Vincent mit dem Zeigefinger heftig gegen die Brust.

„Weißt du, wie du dich anhörst? Als ob du schon aufgegeben hättest! Das ist doch dein Körper, du hast auch ohne diese bescheuerte Materia die Kontrolle, so wie jetzt! Ich werde auf keinen Fall auf dich schießen oder so was, ich kriege deine Freunde ja nie wieder los, wenn das rauskommt!“

Vincent lächelte schwach.

„Du musst es tun, Reno. Du bist der Einzige, den ich darum bitten kann...“

Reno hielt inne und schaute Vincent an, der sogar ein wenig in sich zusammengesunken war. Selbst das tat er auf seine eigene, coole Weise, aber dennoch konnte man ihm ansehen, wie ernst die Lage war.

„Gibt es denn keine andere Möglichkeit?“, wollte der Rothaarige wissen und ließ sich bestürzt wieder neben Vincent auf die Fensterbank fallen.

„Wir müssen Hojo ausfindig machen und die Materia zurückholen. Wenn ich sie rechtzeitig wiederbekomme, dürfte ich die Kontrolle behalten... aber da es schon einmal dazu gekommen ist, weiß ich nicht, ob es vielleicht schwieriger werden wird, als letztes Mal...“

„Moment mal, was hat denn Hojo damit zu tun?“

Und so erzählte Vincent ihm alles, was er verpasst hatte, als er bewusstlos gewesen war.

„Du meinst, dieser kranke Bastard ist wieder zurück und hat die Zombies auf uns losgelassen? Und Cissnei arbeitet mit ihm zusammen?“

Reno raufte sich die Haare. Das wurde ja immer besser...

„Genau so sieht es aus... du musst sie aufhalten, wenn ich dir nicht mehr helfen kann. Diese Welt kann ich noch eine Bedrohung mehr gebrauchen“, sagte Vincent und betonte damit, wie wichtig es war, dass Reno ihn außer Gefecht setzte.

„Gehen wir besser vom positiven Fall aus. Ich möchte nicht auf dich schießen, dass machen Partner einfach nicht... und Freunde auch nicht“, sagte Reno unbehaglich und Vincent sah ihn an.

Es freute ihn, dass Reno ihn mittlerweile als seinen Freund ansah und von ihm ging die gleiche Sympathie gegenüber dem anderen aus. Vielleicht war da aber auch etwas mehr, denn diese Umarmung vorhin hatte sich viel zu gut angefühlt... aber darüber konnte er auch später nachdenken, wenn sich ihre momentanen Probleme in Luft aufgelöst hatten.

Reno streckte sich plötzlich neben ihm und gähnte ungehalten, ehe er sich erhob.

„Mann, bin ich müde... das war einfach zu heftig heute. Wir sollten schlafen, dann finden wir Hojo in Nullkommanichts“, meinte er dann optimistisch und wandte sich dem Bett zu.

„Ich bleibe noch kurz hier“, meinte der Dunkelhaarige darauf und Reno ließ ihn, denn er war einfach zu müde, um zu diskutieren.

Vincent wandte sich abermals der dunklen Nacht und dem Mond zu, der über Kalm schien. Hoffentlich war es nicht das letzte Mal...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich vermute jetzt einfach mal, dass ich noch zwei Kapitel machen kann, aber sicher bin ich mir noch nicht. Es gibt noch viele Fragen zu klären und die Antworten habt ihr euch ja verdient, so lange, wie ihr durchgehalten habt. Holy... Kapitel 15, ich fasse es selbst nicht. Ursprünglich hab ich mal gedacht, das Ganze ist in 7 Kapiteln abgehandelt und dann hat mir das selbst so gefallen, dass ich weitermachen wollte xD Na gut, Final Fantasy gibt so viel her, da musste das wohl so kommen. Ich muss mich übrigens entschuldigen, dass bisher noch keine wirklichen BL-Momente da waren, ich bin mir noch nicht sicher, ob ich es wirklich einbauen kann, ohne, dass es nicht komisch rüberkommt. Ich bin da noch am experimentieren *Hojo-Lache* xD Sorry, aber auf eine verquere Weise mag ich Hojo irgendwie... er macht mir Angst und deshalb muss ich ihn mögen oder so, keine Ahnung xD
Gut, genug gequasselt, ich wünsch euch einen schönen Tag :)

GLG
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