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So That We Could Be Together

Wo die Liebe hinfällt...
von

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Kapitel 01

Mein Tag hatte begonnen wie jeder andere auch. Um 7 Uhr klingelte mein Wecker und ich richtete mich für die Schule und lief dann meinen gewöhnlichen Schulweg entlang.

Ich ignorierte gekonnt die üblichen komischen und teilweise entsetzten Seitenblicke der Leute, an welche ich mich inzwischen gewöhnt hatte.

Ich war eine gute Schülerin und ging gerne zur Schule. Ich hatte fast immer die Hausaufgaben - meistens komplett richtig- und ich war die Klassenbeste… Nur sah man mir dies nicht an. Mein Kleiderstil glich dem eines Strebers wie ein Frosch einer Giraffe.
 

Mein Name ist Alice Kirkland, ich bin gebürtige Engländerin und England war nun mal bekannt für seine Punk Musik.
 

Mit Nietenarmbändern, reizvoll vielen Ketten, schwarzen Netzstrumpfhosen und Armstulpen stach ich schon etwas aus der hier herumlaufenden Masse heraus. Mein schwarz-rot karierter Rock flatterte beim Laufen um meine Beine, mein schwarzes, verfranztes und zerrissenes Oberteil fühlte sich angenehm warm auf meiner Haut an und meine langen, blonden Haare hatte ich zu zwei Zöpfen gebunden, welche mir bis zur Teile reichten. Yop, als “normal“ galt das hier nicht.

Zu Beginn wollte die Schule mir verbieten so zum Unterricht zu erscheinen, was nun wirklich übertrieben war, aber ich konnte mich durchsetzen und mit guten Noten und vorbildlichem Verhalten überzeugen.
 

Seufzend stellte ich fest, dass ich bereits auf dem Schulgelände angekommen war und auch hier wurde ich argwöhnisch angeschaut. Menschen die “anders“ sind werden nicht gerne aufgenommen. Nicht nur Jungen, sondern auch Mädchen fühlten sich von meinem Auftreten eingeschüchtert und mieden den Kontakt. Das störte mich aber auch nicht weiter, ich brauchte keine oberflächlichen Freunde.

Die Schule bestand aus drei Gebäuden, eines für die Unterstufe, eines für die Jungs der Oberstufe und das andere für die Mädchen der Oberstufe. Dies bedeutete, dass es hier Sitte war Jungen und Mädchen ab der 10 Klasse zu trennen, der Gedanke dahinter war genauso kleinkariert wie die Sache mit meiner Kleiderordnung. Man sollte sich so angeblich besser auf die Schule konzentrieren können, aber was brachte diese Ordnung denn? Wenn man sich nicht in der Schulzeit treffen konnte, dann traf man sich halt nach der Schule. Ganz einfach.

Ich selber besuchte nun die 11. Klasse und stand somit nur noch ein Jahr vor dem Abschluss und zum Wohlgefallen meiner Lehrer, zumindest ein Teil von ihnen, hatte ich auch keinen Freund. Das hieß aber nicht, dass es noch keiner probiert hatte, nur hatte ich jedes Mal abgelehnt. Ich wollte keinen Freund, zumindest jetzt noch nicht. Ich hatte mir vor knapp 2 Jahren eingestanden, dass ich mich sowohl zu Jungs, als auch zu Mädchen angezogen fühlte. Jedoch verwirrte mich diese Erkenntnis weniger als die, dass ich seit mindestens genau so vielen Jahren in meine beste Freundin verliebt bin…

Kapitel 02

Emily F. Jones, so hieß meine beste Freundin. Das Mädchen in welches ich mich verliebt hatte und das ist wohl das dümmste was mir hätte passieren können! Wir kennen uns bereits seit über 5 Jahren und durch meine Zuneigung zu ihr, habe ich das Gefühl als würde ich unsere Freundschaft hintergehen. Dieser Gedanke machte mich verrückt und ließ mich nachts unruhig schlafen.

Sie war damals die Einzige, welche mich nicht nach meinem Aussehen verurteilt hatte. Emily hat sich die Mühe gemacht mich kennen zu lernen und nicht nur das, ich verdanke ihr insgesamt ziemlich viel. Sie macht jeden Tag zu etwas besonderen und die Zeit die ich mit ihr verbringen darf ist für mich von unschätzbarem Wert, ich genieße jede Sekunde und genau deswegen weiß sie auch nichts von meinen Gefühlen! Es würde einfach alles zerstören… auch wenn es schmerzt.
 

„Alice! Da bist du ja endlich, ich habe schon auf dich gewartet“, rief mir plötzlich ein dunkelblondes Mädchen zu und winkte wild in meine Richtung. Sie trug ihre Schulterlangen, leicht gewellten Haare offen und an ihrem Pony trug sie zwei rote Spangen.

„Gewartet? Seit wann bist du denn so früh dran?“, erwiderte ich nur und musterte meine Freundin. Das war wirklich eigenartig.

Wie so oft lief sie bauchfrei durch die Gegend und zeigte auch an den Beinen viel Haut, denn so eine kurze Hose verdeckte nicht viel. Aber sie konnte es sich ja auch wirklich leisten mit ihrem Körper. Das einzige was wohl warm war an ihren Klamotten, war die Bomberjacke, welche sie von ihrem verstorbenen Großvater geschenkt bekommen hatte und seitdem fast täglich trug, egal zu welchem Anlass. Ziemlich gewagt wie ich fand, aber ich als Punk konnte da ja nichts zu sagen.

Ja, DAS ist Emily F. Jones.

„Tja, ich bin wohl doch nicht so faul wie du immer denkst!“, sagte sie laut und selbstsicher grinsend, während sie sich vor mir aufbaute und ihre Arme in ihre Hüfte stemmte.

„Als ob“, antwortete ich darauf nur, lief an ihr vorbei, griff dabei nach ihrem Arm und zog sie dann mit Richtung Schule „Lass uns rein gehen.“
 

„Hast du schlechte Laune Alice?“, fragte Emily mich nach einer Weile des Schweigens. Innerlich fluchte ich und überlegte was ich sagen könnte. Dass sie das auch immer gleich bemerkte!

Immer wenn ich daran dachte wie unerreichbar sie für mich war, sank meine Laune rapide ab, aber das war ja wohl verständlich.

„Ach was, ich bin nur müde“, log ich Emily an und sie glaubte es mir. Manchmal war sie wirklich naiv, was nicht heißt, dass sie dumm war! Sie gehörte zu den Leuten die sich gerne mal für dümmer verkauften als sie eigentlich waren und genau deswegen ist sie auch eines der beliebtesten Mädchen der Schule. Und genau weil sie so beliebt war, hatte sie natürlich auch einen Freund. Ja klar, ich war ganz schön eifersüchtig, aber ich mochte ihn auch und ich könnte mich wirklich aufrichtig für beide freuen, wenn ich nun mal nicht auch in Emily verliebt wäre. Natürlich versuchte ich mir, so gut es ging, nichts anmerken zu lassen und so verbrachte ich jetzt bereits drei Monate mit den Beiden. Es war wirklich eine schöne Zeit, trotzdem tat es weh die beiden so vertraut zu sehen.

Ich war so in Gedanken gewesen, dass ich es wirklich geschafft hatte Emily auszublenden und erst wieder bemerkte, als sie mich an den Schultern packte und mich schwungvoll zu ihr umdrehte.

Ich konnte nur ein überraschtes „Oh“ von mir geben als ich vor der kritisch dreinschauenden US-Amerikanerin stand.

„Du kannst mir nichts erzählen Alice! Heute benimmst du dich komisch!“, meinte sie und ich meinte leichte Sorge in ihrer sonst so überschwänglich lauten Stimme zu hören.

Sie hatte aber Recht. Heute schien mich die Sache etwas mehr auf zu wühlen als gewöhnlich.

„Hm… ich glaube du hast Recht, ich werde mich etwas ins Krankenzimmer legen und mich ausruhen“, meinte ich daraufhin nur. Ich konnte es mir leisten einmal nicht im Unterricht zu sein.

„Soll ich dich beglei…?“

„Nein nein, geht schon, mach dir keine Sorgen“, unterbrach ich ihre Frage und verneinte kopfschüttelnd, aber lächelnd das Angebot. „Geh in dein Klassenzimmer, der Unterricht fängt bald an.“

„Na wenn du meinst. Ich hole dich nachher aber ab und ich klär das mit dem Lehrer, also be cool!“, meinte Emily, nahm mich in den Arm und küsste kurz meine Stirn, dann lief sie davon. Solche Berührungen waren normal und ich versuchte jede zu genießen und in Erinnerung zu behalten. Sie ließen mein Herz etwas schneller schlagen und ich wurde teilweise sogar etwas nervös…

Seufzend drehte ich mich wieder um und lief zum Krankenzimmer.
 

Wie üblich war der Schularzt nicht da, denn dieser wurde wahrscheinlich, wie sonst auch, vom Sportlehrer beschlagnahmt und das sicherlich nicht wegen Sportverletzungen…

Nicht weiter über unsere schwule Lehrerschaft nachdenkend steuerte ich das hinterste Bett am Fenster an. Dort konnte ich mich dann in die Sonne legen und mich etwas entspannen, zumindest hatte ich das vorgehabt…

Auf dem Bett am Fenster lag ein großes, aber dennoch zierliches Mädchen und schlief. Ich kannte sie nicht persönlich, nur vom sehen auf dem Schulflur. Ihre langen, platinblonden Haare lagen wild und ausgebreitet auf der Matratze, ihr Körper war nach rechts geneigt. Die schwarze Jeans betonte ihren langen Beine ausgesprochen gut und ihr lila Top war leicht nach oben verrutscht, so dass ich ihren flachen Bauch sehen konnte, welcher sich leicht hob und senkte beim Atmen. Das Oberteil brachte ihre üppige Brust auch gut zur Geltung und mir fiel auf, dass sie schöne, ausgeprägte Schlüsselbeine besaß.

„Что (Was)?“, erklang plötzlich eine liebliche, aber gleichzeitig schneidende Stimme. Ich schreckte zusammen und schaute schnell auf, dem fremden Mädchen nun direkt ins Gesicht. Sie war wach. Shit! Ich war wieder unaufmerksam gewesen. Sie schaute mich mit ihren lila wirkenden Augen an. Aber sie waren blau… oder? Trug sie Kontaktlinsen? Ich hatte noch nie so eine Augenfarbe an einem Menschen gesehen. Sie war ausgesprochen schön und stand ihr wirklich gut…

„Ist was? Willst du was von mir?“, fragte sie mich und setzte sich auf, wobei sie sich ihr Oberteil wieder richtete. Sie sprach ein gutes Deutsch, jedoch mit Russischem Akzent. Es passte zu ihr, machte sie noch faszinierender. Sie hinterließ Eindruck bei mir, ich fand sie interessant.

„N-no, sorry. Ich wollte mich eigentlich nur hinlegen und da habe ich d-…“, begann ich zu erklären, wurde aber schroff unterbrochen.

„Interessiert mich nicht“, sagte sie und streckte sich. Besonders freundlich war sie ja nicht.

„Schwänzt du etwa auch? Du siehst mir nicht wirklich krank aus“, fragte sie dann aus heiterem Himmel und musterte mich. Leider musste ich zugeben, dass mich ihr direkter Blick nervös machte.

„Nein! Ich schwänze nicht und du solltest es auch nicht.“

„Ganz ruhig. Ich kann es mir leisten. Ich wurde beim Schulwechsel eine Klasse runtergestuft, also hatte ich den ganzen Stoff scho-…“

„Mir doch egal“, unterbrach ich sie nun und versuchte mir ein Grinsen zu verkneifen als ich ihr erstauntes Gesicht sah. Tja, damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Jedoch lachte sie plötzlich laut auf und nun war ich es wieder die etwas erstaunt und verwirrt war. Erst als sie sich wieder beruhigt hatte klopfte sie mit ihrer Hand neben sich auf die Matratze.

„Das ist gut. Komm her, setzt dich.“

Ich lächelte ihr entgegen und folgte ihrer Aufforderung.

„Du bist interessant, ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen. Jeder andere wäre einfach wieder gegangen“, erzählte sie und schaute etwas Gedankenverloren aus dem Fenster.

„Wieso denn?“

„Weil die meisten Angst vor mir haben…“

„Wegen deinem schroffen Auftreten? Tja, dass klappt bei mir nicht. Mir geht es da nämlich nicht anders als dir.“

Kurz sahen wir uns an, sagten nichts. Wir schauten uns einfach gegenseitig in die Augen und mir kam es so vor als würde ich sie verstehen und sie mich. Dann schauten wir wieder weg und schwiegen, aber es war kein unangenehmes Schweigen. Ich empfand es eher als wohltuend, ganz anders als es bei Emily war, sie ist immer laut und redet fast ununterbrochen. Da ich eigentlich nur Zeit mit ihr verbringe, war diese Situation jetzt vollkommen neu für mich.

„Anya Braginski.“

„Bitte?“, fragte ich überrascht als ich am Rande wahrnahm, dass sie begonnen hatte zu sprechen.

„Mein Name ist Anya Braginski“, stellte sie sich mir vor und lächelte sanft.

„Freut mich. Ich bin Alice Kirkland.“
 

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Das Kapitel erscheint doch früher als erwartet~

Hoffentlich gefällt es euch auch! <3

Rechtschreibfehler sind Specialeffekts meiner Tastatur :3

Kapitel 03

„Alice! Aaaaliiiceeee?!“, schallte ein lautes Rufen durch den Flur und ich kannte nur eine Person mit so einem lauten Organ.

„Oh, du wirst gerufen, das ist vielleicht eine laute und nervige Stimme“, stellte Anya fest und massierte sich die Schläfen. Ich schaute etwas überrumpelt zur Tür, durch welche gleich Emily ungestüm wie ein Elefant eintreten würde und dann wieder zu Anya, welche ruhig da saß und auf das kommende wartete. Unglaublich, ich hatte mich die ganze Zeit mit ihr unterhalten. Über Sprachen, Bücher, Kulturelles… so viel. So viel über das ich mit Emily kaum sprach, oder sprechen konnte. Sie beide waren sich so unterschiedlich, fast wie Tag und Nacht. Emily war der strahlende Sonnenschein, der mein Herz zum Lachen brachte, sie verbreitete mit ihrem Lächeln so viel Freude und gute Laune. Anja war die stille, kühle Nacht, voller Überraschungen und Geheimnisse die man ergründen sollte, denn es wäre sicherlich eine Verschwendung sie unentdeckt zu lassen, nur traute sich keiner so recht…

Mir hatte die Zeit mit Anya aber wirklich gefallen und dazu kam noch, dass sie mit Emily in die Klasse ging, also in die 11 A, also in meine parallel Klasse.

„Kommst du morgen wieder?“, fragte mich die Russin als die Schritte Emilys schon zu hören waren und ich konnte ihren Blick nicht deuten.

„Gerne, aber ich kann doch nicht wieder…“

„Alice! Da bin ich und…. oh. Wer ist das?“, schrie die Amerikanerin sogleich los, als sie die Tür aufgerissen hatte, wurde aber bei dem Anblick von Anya und mir leiser.

„Ich werde auf dich warten“, begann Anya wieder zu sprechen. Ich nickte ihr nur kurz zu, schob Emily dann aus dem Raum und schloss die Tür hinter uns.

„Alice wer…?“

„Du Idiot! Das ist doch Anya Braginski, sie geht mit dir in die Klasse“, erklärte ich meiner Freundin und lief vor ihr den Gang entlang.

„No! Das meinte ich nicht…. Ehm ich wollte Fragen; wieso?“

„“Wieso“? Na weil sie halt auch im Krankenzimmer war und…“

„Alice!“, unterbrach Emily mich nun laut und griff nach meinem Handgelenk um mich zurück zu ziehen.

„Bitte halt dich von ihr fern!“

„What!? Wieso das den jetzt? Vor paar Sekunden wusstest du nicht mal wer sie ist!“, fragte ich sie entrüstet und schaute sie verständnislos an.

„Sie ist kein guter Umgang für dich. Sie schwänzt fast täglich, ist total unbeliebt und jeder meidet diese Kommunistin!“

„Wow, warte! Nur weil sie Russin ist? Wieso müsst ihr Amerikaner immer etwas gegen die Russen haben?“, wollte ich wissen und hob etwas aufgebracht die Hände und befreite mich so aus ihrem Griff. „Emily, bitte nenne Anya nicht wieder so, du kennst sie doch gar nicht. Ich habe mich gerade wirklich gut mit ihr verstanden und ich mag sie“, erzählte ich ihr und schaute sie ernst an. Sie konnte viel mit mir machen, aber wie kam sie auf den Gedanken mir vorschreiben zu wollen mit wem ich mich treffe und mit wem nicht und dann auch noch aus so einem dummen und egoistischem Grund!? Emily schaute mich zuerst verwundert an, sie hatte wohl nicht gedacht, dass ich mich ihr so entgegenstellte, dann verfinsterte sich ihr Blick.

„Alice nein! Bitte, dieses Mal ist es mein Ernst. Sie ist nicht gut für dich, sie wird alles kaputt machen…!“

„Emily, was soll sie den kaputt machen?“

Ich war mehr als verwirrt, so aufgebracht und fast schon verzweifelt hatte ich sie noch nie erlebt. Ihr schien es wirklich wichtig zu sein.

„Ich bitte dich als Freundin, halte Abstand von ihr.“
 

Emily hatte mich nicht so wie üblich nach Hause begleitet, sie hatte sich bereits am Schultor verabschiedet und mich nicht weiter angeschaut. Es tat mir weh so von ihr auseinander zu gehen, auch wenn ich wusste dass es kein schlimmer Streit war, sie war jetzt einfach nur beleidigt und sauer. Ich verstand sie leider nur nicht. Sie kannte Anya doch gar nicht, wieso urteilte sie trotzdem über die Russin?

Dieses Thema beschäftigte mich noch den ganzen Abend lang. Selbst dann noch, als ich zur Beruhigung gebadet und danach einen schönen Kräutertee getrunken hatte. Ich dachte an Emily, daran wie sie reagiert hatte. Ich dachte an Anya, wie gut ich mich mit ihr verstanden hatte und mich mit ihr unterhalten konnte. Ich dachte an mich und wusste nicht was ich wollte. Natürlich stand Emily weit über Anya, dennoch hatte ich bereits eine Art Verbindung zu der Russin aufgebaut die ich nicht einfach trennen möchte. Sollte ich mich wirklich von Anya fern halten, nur weil Emily das so wollte? Ich hatte das Recht meine Freunde selber zu wählen, ich entschied ja auch nicht über ihre Freunde… Andererseits hatte ich meine Freundin noch nie so ernst gesehen.

„Ach fuck! Was soll ich denn jetzt nur machen!?“

Kapitel 04

Am nächsten Tag ging ich brav zum Unterricht. Emily hatte mich bis zum Schulbeginn nicht aus den Augen gelassen, sie hatte mich sogar von zuhause abgeholt. Über ihr Verhalten war ich ziemlich verwirrt, einerseits musste ich über dieses Klischee lachen, welches Amerika als Überwachungsstaat darstellte und Emily einfach perfekt ins Bild passte, andererseits war die Situation eigentlich nicht zum Lachen. Sie wollte mich um jeden Preis von Anya fern halten und ich wusste nicht was ich davon halten, oder wie ich dagegen vorgehen sollte.
 

Die ersten drei Schulstunden ging auch alles gut, jedoch bekam ich, je länger ich im Unterricht saß, Schuldgefühle Anya gegenüber. Ich hätte ihr ja wenigstens Bescheid sagen können…

Und ehe ich mich versah, hatte ich mich für die nächste Stunde bei unserem Deutschlehrer krank gemeldet und war wieder auf dem Weg ins Krankenzimmer.
 

Vorsichtig linste ich hinein und bekam keinen Augenblick später auch gleich ein Kissen ins Gesicht. Überrumpelt japste ich auf hob die Arme und wich einen Schritt zurück. Als ich dann das melodische Lachen Anyas hörte und sie dann auch gleich erblickte musste ich schmunzeln, versuchte mich aber auch gleich wieder zu beruhigen.

Gespielt beleidigt betrat ich den Raum und schaute die Russin schmollend an.

„Für was habe ich das verdient?“

„Das fragst du? Das war dafür, dass du mich hast warten lassen“, antwortete sie gleich und zog forsch eine Augenbraue in die Höhe.

„Ich hatte damit gerechnet, dass dich die Ami Tusse entweder davon überzeugt hat mich zu hassen, oder dass sie dich an einen Stuhl oder so gefesselt hat.“

Kurz lachte ich über ihre Worte, als ich jedoch ihren Blick sah, wurde mir bewusst, dass sie das alles ernst gemeint hatte.

„Hey… sag mal. Wieso hasst ihr Beide euch eigentlich so?“, fragte ich Anya, hob das Kissen auf und setzte mich neben sie auf das Bett, so wie wir auch am Tag davor zusammen saßen.

„Das ist eine gute Frage, ich glaube sogar, dass es keinen wirklichen Grund gibt“, antwortete sie mir. „Wir Beide waren uns einfach seid unserer ersten Begegnung unsympathisch. Liegt wohl im Blut“, beendete sie ihre Vermutung und zuckte mit den Schultern. „Das ist doch Schwachsinn! Habt ihr denn noch nie versucht daran etwas zu ändern?“

„Hет (Nein) und das geht wohl auch nicht. Wir sind immer verschiedener Meinung und wollen den Anderen besiegen oder übertrumpfen…“

„Ja! Und das scheint ja jetzt auch der Fall zu sein!“, erklang eine kräftige Stimme, welche mich zusammen zucken ließ.

„Emily…was…?“

„Verstehst du es nicht Alice? Sie versucht dich mir weg zu nehmen, sie kämpft mit unfairen Mitteln!“, beschuldigte meine Freundin Anya und stampfte wütend in den Raum, dabei Anya böse anfunkelnd.

„Да (Ja), natürlich, genau DAS war mein Plan von Anfang an. Ich wusste das Alice ins Krankenzimmer kommen würde und mich beim schlafen beobachten wird…“

„Ich habe dich nicht beobachtet!“, protestierte ich mit roten Wangen.

„…Ich wusste natürlich auch, dass wir Beide uns sofort gut verstehen werden und das sie für mich dann die Schule schwänzt“, beendete Anya ihre, vor Sarkasmus triefende, Rede und stand nun auf um sich Emily entgegen zu stellen. Beide schienen ganz schön angespannt und wütend.

Emily schien nichts einzufallen mit dem sie hätte kontern können, also schaute sie zu mir und schaute mich bittend an.

„Alice… verstehe doch.“

„Emily, ich…“

„Entscheide dich!“

„What?“

„Entscheide dich Alice! Sie oder Ich“, forderte meine Freundin und ich war mehr als nur geschockt,

„Das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein… Du stellst mich wirklich vor die Wahl!?“

„… Genau“, antwortete mir die Dunkelblonde und sie schien genau zu wissen was sie da von mir verlangte.

„Ich glaube es ja nicht… Du erwartest das wirklich von mir? Wie kannst du es wagen mich vor so eine Wahl zu stellen!?“, schrie ich sie nun an. Ich war ebenfalls aufgestanden und zu ihr gegangen, ich stand jetzt dich vor ihr und sah ihr tief in die Augen. „Ich lasse dich doch auch nicht zwischen mir und deinem Freund entscheiden…“, warf ich ihr dann verständnislos entgegen und spürte, dass ich den Tränen nah war.

„Aber Alice, das ist doch was vollkommen ande-!“

„Wo bitte ist da der Unterschied!? Ich kann es nicht fassen…“, unterbrach ich sie, drehte mich dann um, lief an ihr vorbei und verließ das Zimmer. Ich wollte nicht dass sie mich weinen sah und ich wusste nicht was ich in Rage noch alles gesagt hätte…
 

Wie konnte sie mich nur zur Wahl zwingen!? Ich konnte nicht glauben, dass Emily das wirklich von mir verlangte. Ich würde mich nicht entscheiden, ich konnte es nicht. Aber schon allein weil man so was als wahre Freundin nicht tat. Lag ihr so wenig an unserer Freundschaft? Konnte sie sie wirklich so einfach aufs Spiel setzen? Ich würde mich nicht nach ihr richten… und wenn sie es wirklich ernst meinte dann konnte ich auch nichts dagegen tun. Wenn sie mich deswegen verurteilen sollte, dann hat es sowieso keinen Sinn ihr weiter nach zu Laufen, auch wenn es mir das Herz brechen würde…

Kapitel 05

Die nächsten 3 Tage ging ich nicht zur Schule und spielte meiner Familie eine Erkältung vor.

Emily hatte zwar versucht mich zu erreichen aber an mein Handy ging ich nicht und ans Telefon auch nicht. Wenn einer meiner Schwestern rann ging wimmelten sie die US-Amerikanerin nur zu gerne ab, denn keiner von ihnen konnten Emily so wirklich leiden. Sie war ihnen wohl zu laut, obwohl sie ja selber nicht die Ruhe in Person waren. Bonnie zum Beispiel, meine älteste Schwester, sie wirkte immer schlecht gelaunt aber trotzdem machte sie so viele Dummheiten und beim Alkohol wusste sie auch nicht wo die Grenze war. Sie meinte das läge am Schottischen Blut… klar.
 

Ich vermied also eine knappe Woche den Kontakt zu Emily…
 

Als der Montagmorgen näher kam wurde ich zunehmend nervös. Ich musste wieder zur Schule, ich konnte ja auch nicht ewig davon laufen. Ich musste Emily wohl eine Antwort geben, aber ich hatte Angst davor.

Sie machte mir die Entscheidung auch nicht leichter als sie vor meiner Tür stand und auf mich wartete. Ein breites Grinsen lag auf ihren Lippen als ich aus der Eingangstür trat und sie mich erblickte.

“Fast so als sein nie was gewesen…“, dachte ich mir. Sie trug einen kurzen grünen Rock und ein weißes Top, welches ihr zu kurz war und ihren flachen Bauch immer wieder hervorschauen ließ, dazu kam, dass man ihren Stars and Stripes BH deutlich unter diesem erkennen konnte.

Ich selber musste im Vergleich zu ihr ziemlich fertig aussehen, denn Geschlafen hatte ich in letzter Zeit unglaublich schlecht und immer wieder hatte ich das heulen angefangen, also waren meine Augen dementsprechend gerötet und strapaziert. Meine Kontaktlinsen wollte ich heute nicht tragen, also trug ich meine rote Brille und hoffte inständig, dass diese vielleicht etwas meine Augenringe verdeckte, denn mein Make up tat es nicht.

„Guten Morgen Alice“, begann sie schließlich zu sprechen und strahlte mir entgegen. „Bin ich froh dass es dir wieder besser geht. Ich hab mir echt Sorgen gemacht, weißt du…“ Ihre Stimme klang leicht beschlagen, das war sie normal nur wenn ihr etwas unangenehm war. Also dachte sie wohl auch noch an den Streit, aber ansprechen würde sie ihn nicht, ich kannte sie. Sie würde ihn einfach zur Seite schieben und als unwichtig abstempeln. Aber ich konnte das nicht.

„Du siehst gut aus, du solltest viel öfters Kleider tragen“, plauderte sie einfach weiter als ich ihr keine Antwort gab und still neben ihr her lief. Im Normalfall hätte mich diese Aussage gefreut, aber ich konnte mich jetzt nicht mal zu einem Lächeln ermutigen. Sie hatte Recht, ich trug selten Kleider und heute tat ich es auch nur, weil ich zu müde gewesen war etwas aus dem Schrank zu fischen, also hatte ich das genommen was noch auf meinem Stuhl lag. Das schwarzweiße Kleid mit den Nietenkettchen und der Great Britain Flagge ging mir bis zu den Knien und die langen, breiten Ärmel verdeckten auch meine idiotischen Versuche mich vom Herzschmerz abzulenken…

Emily schien zu merken dass etwas nicht stimmte und ich sah aus den Augenwinkeln, wie sie nach Worten suchte, es aber dann bei dem bedrückenden Schweigen beließ.
 

Endlich in der Schule angekommen verschwand ich gleich in meinem Klassenzimmer und war zum ersten Mal glücklich darüber, dass Emily in die parallel Klasse ging. Ich spürte ihren Blick, aber drehte mich nicht noch mal zu ihr um und irgendwann schien es ihr zu blöd gewesen zu sein und sie ist gegangen. Und mein Herz wurde schwer.
 

Vom Unterricht selber bekam ich wenig mit und nach einiger Zeit schaltete ich komplett ab und versuchte gar nicht mehr erst aufzupassen. Ich kritzelte Gedankenverloren auf meinem Block herum, spielte mit den Stiften oder an meinen Haaren, schaute gelangweilt aus dem Fenster oder tat andere unwichtige Sachen um nicht an Emily zu denken. Ich seufzte genervt auf, als mir ein Stift vom Tisch rollte. Träge bückte ich mich und erhaschte nur kurz und zufälligerweise einen Blick unter meine Sitzbank. In dem leeren Fach, welches eigentlich für Schulbücher gedacht war, lag ein kleiner Zettel. Ich wusste sicher, dass er nicht von mir war, denn ich hielt meinen Platz immer sauber und meine Schulsachen nahm ich alle mit Heim oder schloss sie in den Spint. Neugierig griff ich nach dem zusammengefalteten Blatt und las meinen Namen in einer schönen Handschrift. Ich kannte sie nicht, also verflog der Gedanke das er von Emily hier her gelegt worden war schnell. Ich setzte mich aufrecht hin und legte die Hände auf den Schoß, damit der Lehrer nichts von dem Brief mitbekam und faltete ihn auf.
 

„Treffen wir uns um 10 Uhr auf dem Dach.

Anya“
 

Mit einem Blick auf die Uhr auf dem Lehrerpult sprang mein Herz kurz auf. Es war 13 Minuten nach 10, Anya könnte noch da sein. Dann aber flaute meine Freude ab. Wer weiß seit wann der Brief hier liegt, wahrscheinlich war er von letzter Woche… und was würde Emily dazu sagen. Wobei… dies konnte mir egal sein, sie hatte nicht das Recht mir die Freundschaft zu verbieten! Und mich zur Wahl zwingen auch nicht. In mir kroch wieder Wut und Trauer hoch und mit tiefen Atemzügen versuchte ich mich wieder zu fassen.
 

Da gerade alles still in der Klasse war und alle von der Tafel abschrieben, ging ich vor und bat den Lehrer leise darum mich für den Unterricht zu entschuldigen da ich mich “anscheinend“ noch nicht ganz von meiner “Grippe“ erholt hatte. Kurz blickte er mich abschätzend aber besorgt an, nickte dann und schrieb mich als entschuldigt in das Klassenbuch.

Mit eiligen Schritten lief ich den Gang entlang und als ich dann die Treppe erreicht hatte rannte ich diese hoch. Warum wusste ich nicht genau.

Ich rechnete nicht mal damit das Anya noch dort wäre.

Kapitel 06

Ich spürte ein leichtes stechen in der Herzgegend als ich nach draußen auf das Dach getreten war und ich mich ganz allein hier hoben wiederfand.

Natürlich war Anya nicht mehr da, was hatte ich auch erwartet? Dass sie hier oben jeden Tag wartet? Und selbst wenn, ich war ja gute 20 Minuten zu spät…

„Oh, du bist also doch noch gekommen.“

Erschrocken japste ich auf. Das war doch nicht möglich… sie hat wirklich gewartet?

Ich schaute zu Anya, welche rechts, im Schatten des kleinen Treppenhäuschens saß und sich an dessen Wand lehnte und mich mit einem schiefen Grinsen ansah. Dabei leuchteten ihre violetten Augen fast schon gefährlich auf. Sie faszinierten mich immer wieder.

„Du hast mir einen Zettel hinterlassen“, war das einzige was mir momentan in den Sinn kam und ich wusste selber wie übermäßig klug es war.

„Klar, ich wusste nicht wie ich dich sonst erreichen sollte. War ganz schön herzlos von dir die restliche letzte Woche ohne mich zu schwänzen“, meinte sie dann mit einem gespielt verächtlichen Tonfall und streckte dabei ihren langen Beine aus, welche in einer grauen Röhrenjeans steckten.

Ertappt. Ich spürte wie meine Wangen zu glühen begannen. War ja zu erwarten dass sie nicht glaubte dass ich krank war, immerhin hatte sie ja auch den ganzen Streit mitbekommen. Es lag wohl auf der Hand warum ich nicht in der Schule war und ich war mir eigentlich auch sicher, dass sogar Emily wusste was los war…

„Sorry“, entschuldigte ich mich und legte verlegen die Hand in den Nacken und lächelte versöhnlich.
 

Ich hatte mich nicht gegen Emily entschieden, wie könnte ich denn auch, ich liebte sie, aber diese liebe würde wohl nie erwidert werden also wollte ich nicht weiter an ihr klammern und ich dachte, dass Anya mir dabei vielleicht helfen konnte. Also streckte ich eine Hand nach ihr aus und hielt sie vor ihr Gesicht. Die Russin blinzelte mich verwirrt an und wusste nicht so recht mit meiner Geste anzufangen. Ich lächelte und spürte wie mein Herz schwer wurde bei der Entscheidung, aber es gleichzeitig begann schneller zu schlagen. Verzeih mir Emily.
 

„Dann frage ich dich jetzt. Willst du heute blau machen und mit mir von hier verschwinden?“
 

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So und hier melde ich mich dann auch mal zu Wort! :3

Es ist ein wirklich kurzes Kapi aber dafür wird es wohl jetzt spannend~ zumindest hoffe ich, dass ich es so rüber bringe ^^‘

Ich will mich hier herzlich bei meinen Kommi-Schreibern bedanken! *w* Ich hätte nicht gedacht, dass diese FF so viel Feedback bekommt! Aber es freut mich sehr! Denn die Handlung der FF liegt mir ziemlich am Herzen.

Vielen Dank! <3

Und bis zum nächsten Mal ;)
 

Feli

Kapitel 07

Ich hatte nachgelassen und ich wusste es selber, das schlimme war aber, dass ich in eine Art Trott gefallen war und mich nicht dazu aufraffen konnte etwas an meiner Lage zu ändern.

Ich hatte mich in der Schule um 1-2 Noten verschlechtert und den Tittel der Klassenbeste an ein Mädchen namens Louise verloren. Noch dazu viel meine Anwesenheitsrate stätig.
 

Seit dem Tag mit Anya auf dem Dach trafen wir uns fast jeden Tag. Ich hatte es mir angewöhnt noch früher aufzustehen, damit Emily mich Morgens vor der Schule nicht mehr abholen konnte, oder ich blieb gleich die ganze Nacht über weg und übernachtete bei Anya. Meiner Amerikanischen Freundin ist sehr wohl aufgefallen das ich viel Zeit mit der Russin verbrachte und das nun auch nicht mehr nur während der Schulzeit und ihr gefiel es gar nicht. Sie sprach es nicht an, generell sprachen wir kaum miteinander, aber ich sah es deutlich in ihrem Blick. Von Tag zu Tag wurde die Schlucht zwischen uns immer breiter und so verpasste ich die Gelegenheit mich mit ihr aussprechen zu können, die Sache zu klären. Irgendwann gab sie es auf mich erreichen zu wollen, stand morgens nicht mehr vor meiner Tür und versuchte auch sonst nicht ein Gespräch mit mir zu führen. Es war also vorbei... Diese Trennung sorgte auch dafür, dass ich nichts mehr über sie mitbekam und so erfuhr ich auch nie dass sie mit ihrem Freund Schluss gemacht hatte und auch nicht, dass sie krank wurde. Erst als sie wieder in der Schule war, bemerkte ich es, denn die starke Sommergrippe hatte an ihren Kräften gezehrt und die Augenringe in ihrem blassen Gesicht lagen tief unter ihren Augen. Ich hatte mir vorgenommen mit ihr zu sprechen, aber ich kam nie dazu denn jedes Mal wenn ich dachte etwas Zeit zu haben kam etwas dazwischen und ich erreichte Emily einfach nicht mehr.
 

Zwei Monate ging es so, aber mich ließ unser Streit keineswegs kalt und vergessen hatte ich ihn auch nicht. Wenn ich nachts alleine in meinem Zimmer saß weinte ich oft. Ich dachte immer an sie, auch wenn ich bei Anya war, obwohl ich bei der Russin meistens abschalten konnte, was zum Teil an ihr lag, aber auch an den Sachen die ich mit ihr unternahm. Wir trieben uns viel rum und sie zeigte mir Orte an denen ich noch nie war und unter normalen Umständen auch nie hin hätte wollen. Ich probierte Sachen aus von denen ich mir damals noch geschworen hatte die Finger zu lassen. Aber es lag nicht unbedingt an Anya, ich tat dies alles um mich abzulenken und Emi und meine Sorgen wenigstens für kurze Zeit vergessen zu können. wir gingen abends oft weg und trieben uns in kuriosen Clubs rum. Trotz meiner nicht vorhandenen Trinkfestigkeit trank ich mehr als vielleicht gesund war. Alkohol benebelte mein Kopf und so verschwammen auch die grausigen Gedanken für eine Zeit. Anya als Russin war natürlich -klischeehafter weise- extrem trinkfest und ich konnte mich immer auf sie verlassen dass ich wieder sicher aus dem Club und in ein Bett kam. Sie verteidigte mich auch vor unerwünschten Bekanntschaften, obwohl ich das auch selber könnte, aber sie wirkte wohl irgendwie bedrohlicher und so blieb ich eigentlich vor jeglicher unschöner Erfahrung verschont… fast. Vor der Übelkeit und dem Brechreiz konnte sie mich nicht bewahren und so verbrachte ich in diesen zwei Monaten wohl mehr Zeit über der Kloschüssel als in der Schule.

Neben dem Alkohol kamen allerdings noch mehr unschöne Sachen dazu auf die ich nicht stolz war. Zum einem gehört das ritzen jetzt fast schon zum Alltag, vor Anya kam es gelegentlich mal vor, höchstens 1 Mal in der Woche und das war dann auch schon grenzwertig! Aber nun bin ich fast bei 1 Mal täglich, eigentlich immer dann wenn ich alleine war und meine Gedanken mich überrollten. Sogar Anya konnte nichts dagegen machen, ganz im Gegenteil sie unterstützt dieses verhalten, da ihr Unterarm auch zahlreiche Narben zierten.
 

„Oh~ Was sehe ich denn da? Sag mir nicht du kleiner Punk greifst zum Messer?“, meinte die platinblonde Russin und drehte mein Handgelenk sanft um. Ihre Finger auf meiner Haut waren kalt, aber es kam mir so vor als würden meine Narben unter ihrer Berührung kribbeln. Ich hielt die Luft an, bis jetzt wusste keiner von dieser Macke, keiner hatte es je bemerkt, oder sich dafür interessiert....

„Ich… ich…“, stammelte ich und versuchte mir in meinem Kopf eine Ausrede zusammen zu dichten.

„Tust du das wegen Jones?“, fragte sie, wobei sie mir nur auf meinen Arm schaute und wenn ich mich nicht täuschte, erkannte ich Faszination in ihrem Blick. Als ich schwieg sah sie mir tief in die Augen und ließ wieder von mir ab. „Verstehe.“ Sie beließ es dabei und das schätzte ich sehr an ihr. Sie stellte keine Fragen, hörte aber immer zu wenn ich reden wollte. Emily hatte immer gleich alles gefragt was ihr in den Sinn kam und sie hätte so lange nachgehackt bis man sich ihrer Sturheit ergeben hätte. Anya drängte mich nicht und zwang mich so auch nicht ihr irgendwelche Ausreden aufzutischen. Ich log ungerne, aber besonders bei Emi war ich dazu gezwungen es zu tun, denn ich wollte sie nicht mit meinen Gefühlen und Dummheiten verletzen.

Anya und ich schwiegen uns eine Weile an und mit der Zeit wurde es unangenehm und ich begann mich schlecht zu fühlen. Was sie jetzt wohl von mir dachte?

„Anya…“, begann ich um mich zu rechtfertigen als sie mich mit ihrer Armbewegung zu schweigen brachte und ihren weißen Ärmel hoch zog.

„Ich kann es nachvollziehen“, meinte sie und präsentierte mir ihren Arm, auf welchem sich um einiges mehr Narben abzeichneten als auf meinem. Ein Schauer jagte durch meinen Körper und ich empfand ihr Zimmer plötzlich für unglaublich warm.

„Ich habe einen Bruder und er liebt mich über alles… zu sehr. Verstehst du Alice? Ich muss mich vor ihm verstecken wenn er zu Besuch ist. Ich fürchte mich vor ihm und um mich zu beruhigen habe ich diese Möglichkeit gefunden“, erzählte sie mir im Vertrauen. Ich kam mir auf einmal Dumm vor diese Möglichkeit des Beruhigens angezweifelt zu haben, obwohl mir vollkommen klar war dass es durchaus Grund zum Zweifeln gab und man sich das Ritzen nicht schön sprechen konnte!

Anyas nächste Frage warf mich allerdings vollkommen aus der Bahn.

„Wollen wir es zusammen probieren? Der bloße Gedanke an meinen Bruder macht mich unglaublich nervös… Aber ich würde diese Erlösung gerne mit dir teilen Alice.“ Wieder sprach sie meinen Namen mit so einem Nachdruck aus, dass mir anders wurde und obwohl alles in mir “Nein!“ schrie und ich selber vollkommen entsetzt über diesen Vorschlag war, nickte ich zustimmend und lächelte Anya glücklich an. Es stimmte aber, es machte mich glücklich dass sie so einen intimen Moment mit mir teilen wollte. Richtig war es dennoch nicht.

Ehe ich mich um entscheiden konnte saß sie im Schneidersitz vor mir auf dem Bett, mit einem Teppichmesser in der Hand und suchte vorsichtig meinen Blick. Ich schluckte und kniete mich nun ebenfalls in ihre Richtung.

„Denk an das was dich verletzt, den Grund den du hierfür hast. Teile ihn mit mir…“, begann sie mit ihrer lieblichen Stimme zu sagen und setzte die Klinge an ihren Unterarm. „Denk an den Schmerz…“, sie durchdrang die Haut und zog einen Blutfaden über ihren Arm. So dünn. Dann hielt sie inne und sah mich an. In ihren Augen funkelte etwas was ich nicht deuten konnte, aber Befriedigung lag in ihren Zügen und ihre Mundwinkel waren leicht nach oben gezogen. Sah ich auch so aus wenn ich es tat? Sie streckte ihre Hand aus und griff nach der meinen, zog sie zu sich und drehte sie mit der Handfläche nach oben. Anya schaute mich fragend an und ohne dass sie ein Wort sagte verstand ich ihre stumme Bitte. Ich öffnete den Mund, schloss ihn wieder und schaute auf meine blasse Haut. Wieder nickte ich nur, hatte Angst dass meine Stimme versagen könnte.

„Denk daran wie gut es dir hiernach geht“, begann sie wieder und setzte dieses Mal die Klinge an meine Haut. Mein ganzer Arm wurde heiß als die kalte Klinge ihn berührte und es war ein eigenartiges Gefühl nicht selber das Messer in der Hand zu halten.

“Sie könnte mich umbringen“, schoss es mir durch den Kopf, aber schnell wurde dieser Gedanke verdrängt als sie meine Haut durchschnitt.

„Alice. Denk an… Jones.“
 

Die Erinnerung an diesen Abend brachte mich zum schaudern. Ich erkannte mich selber kaum wieder. Ich wusste, dass es nicht Anyas Schuld war, sie begleitete mich nur auf meinem Weg nach unten, aber es war der falsche Weg. War ich all die Jahre wirklich so abhängig von Emily gewesen? Ich wusste ja dass sie für mich doch ein Held war, so wie sie sich immer gab, dass sie mich aber so sehr vor dem Sturz bewahrt hatte, hätte ich mir nie zu träumen gewagt. Und dabei hatte sie es nicht mal bewusst getan, sie war einfach nur da, auch wenn selbst dieser Zustand mich teilweise verletzte. Aber ich merkte selber wie kaputt ich ohne sie ging.

„Ich brauche dich doch so sehr…“



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Kommentare zu dieser Fanfic (19)
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Von:  loire
2022-01-02T20:40:17+00:00 02.01.2022 21:40
Taille nicht Teile.
Bei den ersten Absätzen dachte ich noch, urgs. Aber dann hast du mich irgendwie eingefangen. Und jetzt will ich schnell weiter lesen.
Von:  rikku1987
2013-10-16T14:37:25+00:00 16.10.2013 16:37
Ohjeohje was gehtn hier ab schaurig jaja liebe kann einen schon mal zu echt komischen sachen führen
Von:  rikku1987
2013-10-15T05:40:31+00:00 15.10.2013 07:40
Bischerl kurz aber gut
Von:  dragon493
2013-10-12T09:37:28+00:00 12.10.2013 11:37
tolles Kapitel
toll das Anya gewartet hat und Alice sich für die Freundschaft mit Anya entschieden hat
bin sehr gespannt was die beiden als nächstes machen werden
freu mich aufs nächste Kapitel
lg dragon493

Von:  rikku1987
2013-10-08T20:49:00+00:00 08.10.2013 22:49
Juhu es geht weiter bin so glücklich
Von:  dragon493
2013-10-08T07:43:59+00:00 08.10.2013 09:43
Tolles Kapitel
Ich finde es gut das Alice Emily ignoriert
Bin sehr gespannt ob Anja noch wartet
freu mich aufs nächste Kapitel
Lg dragon493
Von:  rikku1987
2013-10-03T14:38:30+00:00 03.10.2013 16:38
Ui na das kann ja noch was werden
Von:  dragon493
2013-10-02T14:23:13+00:00 02.10.2013 16:23
tolles Kapitel
Emily übertreibt ja extrem, wie kann man jemanden zu so was zwingen
Bin sehr gespannt ob Alice nun Emily die Freundschaft kündigt
freu mich aufs nächste Kapitel
lg dragon493
Antwort von:  FeliNyan
02.10.2013 19:40
Vielen Dank ^^
Ja emi dreht schon etwas arg auf xD aber soll ja so sein sie is halt so übertrieben xD
Hoffentlich kann ich das nächste diesmal früher posten ;3
Von:  dragon493
2013-09-26T10:17:49+00:00 26.09.2013 12:17
tolles Kapitel
ich frag mich warum Emily was gegen Anya hat, das sie komplett gegen sie ist
bin sehr gespannt wie sich Alice entscheidet
freu mich aufs nächste Kapitel
lg dragon493
Von:  rikku1987
2013-09-26T06:19:25+00:00 26.09.2013 08:19
Sorry wegen diesem dreifach kommentar aber mein handy spinnt
Antwort von:  FeliNyan
26.09.2013 10:45
Kein Ding war nur verwirrt ^^' Jo ich hab die FF schon etwas vor gearbeitet, damit ich jetzt auch schön regelmäßig Posten kann, aber ist ja auch nicht sooo schwer da die Kaps ja keine Weltbewegende Länge haben xD


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