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Das rote Tuch

von

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Der Mönch

Kadar hatte sein minder aufgeschürftes Knie bereits vollends vergessen, als Malik ihn an der Hand durch eine der verwinkelten Seitengassen Damaskus' zog. Ihr Zuhause befand sich nicht allzu weit entfernt zwischen den vielen Palmen am Stadtrand; sie waren schon des öfteren in der Stadt gewesen, um zu spielen oder um verschiedenste Dinge zu besorgen. Etwas, das ihnen nicht immer besonders leicht fiel, denn die Stadtwachen hatten die beiden Jungen noch nie durch die großen Tore von Damaskus gelassen und sie immer wieder heimschicken wollen. „Wo sind eure Eltern?“ hatten sie gefragt „Geht nach Hause.“. Doch Malik hatte bisher immer einen Weg gefunden, um die aufmerksamen und schwer bewaffneten Wachen zu umgehen; entweder hatte er sich in den Karren eines Händlers geschlichen und sich dort zwischen den Kisten und Fässern versteckt, bis Jener die breiten Stadttore passiert hatte oder er hatte sich unter größere Menschengruppen, die Damaskus besuchten, gemischt. Keine der Wachen fragte nach, wenn ein Kind irgendwelchen Erwachsenen folgte. Meistens gehörte dieses dann nämlich zu den Männern und Frauen dazu. Glaubten sie jedenfalls.

Vor einigen Wochen hatte Malik dann eine Kluft in der Stadtmauer Damaskus' entdeckt. Gut versteckt hinter stacheligem Gestrüpp war der klaffende Riss nicht leicht zu erkennen und gerade einmal so breit, dass ein Junge in seinem Alter hindurchpasste, wenn er krabbelte. Seither begleitete Kadar seinen großen Bruder in die Stadt, die im Sonnenlicht braun-golden schien. Zuvor hatte er immer völlig nervös draußen gewartet, wenn Malik gefühlte Ewigkeiten lange in Damaskus verschwunden war, um Sachen zu besorgen. Sachen wie Essen oder Geld zum Beispiel. Denn davon hatten sie und ihre Mutter selten genug.

Natürlich gab es auch vor der Stadt ein paar Geschäftsleute, die verschiedenste Waren anboten... doch diese waren bei Weitem nicht so interessant wie die, die man auf abenteuerlichen Reisen innerhalb der Mauern Damaskus' fand.
 

Der kleine Kadar sprang leise summend neben seinem großen Bruder her, der ihn nach wie vor an der Hand hielt. Und obgleich die Sonne mittlerweile hoch am klaren Himmel stand und unbarmherzig auf die Köpfe der Menschen herab brannte, hatte sich der 5-jährige den roten Schal seiner geliebten Mutter um den Hals gelegt. Er sah damit vielleicht aus wie ein Mädchen, doch das war ihm egal. Leicht flatterte der leichte Stoff - das kleine Stück 'Mutter', das man mit sich tragen konnte - hinter dem fröhlichen Kind her „Malik? Was besorgen wir heute? Bekomme ich ein paar Datteln? Die Kerne sind blöd aber sonst hab ich die voll gern!“.

Malik, der selbsternannte 'Meisterdieb', lächelte breit und straffte die schmalen Schultern. Natürlich würde er Kadar seine heiß geliebten Datteln besorgen „Klar.“. Er wusste sogar schon wo, kannte jeden Verkaufsstand und jeden Händler des hiesigen Marktes in- und auswendig. Viel zu oft schon hatte er leckere Früchte und frisches Gemüse unbemerkt aus tiefen Kisten und von hohen Tischen gestohlen, manchmal sogar etwas getrocknetes Fleisch oder ein gerupftes Huhn. Seine Mutter hatte ihn dafür gelobt und dabei mit diesem seltsamen Lächeln im blassen Gesicht durch seine Haare gestreichelt.

Sie hatte sich bestimmt ganz arg gefreut!

Noch mehr als über Essen freute sich Mutter aber über Münzen, die Malik mit nach Hause brachte. Es war nicht immer so einfach an welche zu kommen, denn man musste dafür an und in die kleinen Geldbeutel der Leute gelangen. Ab und zu – wenn man einen Fehler machte – fingen diese Personen an ganz laut nach den Wachen zu schreien oder sie traten und schlugen nach einem, nannten einen „Dreckiges Pack!“ oder „Ratte!“.

Man musste vorsichtig sein. Vorsichtig und flink. Sonst kassierte man ein blaues Auge oder Schlimmeres.
 

Das Treiben am Marktplatz hielt sich zur frühen Mittagsstunde in Grenzen. Die meisten Menschen mieden die stechende Hitze zu dieser Zeit und hielten sich lieber zu Hause oder zumindest im Schatten auf anstatt zwischen den vielen Verkaufsständen umher zu spazieren.

Malik ließ seinen prüfenden Blick über die Männer und Frauen schweifen, die mit Händlern in der nahen Umgebung sprachen oder Gemüse, Gewürze, Töpfe und dergleichen mit abschätzend wiegenden Köpfen betrachteten. Heute würde es der 'Meisterdieb' von Damaskus nicht schaffen seiner lieben Mutter Geld mitzubringen, denn es waren viel zu wenige Leute unterwegs; man konnte zwischen ihnen nicht gut untertauchen. Doch zumindest die Datteln für seinen kleinen, hungrigen Bruder wollte der Junge besorgen, denn er wusste, dass das Abendbrot in ihrem Heim wie immer mager ausfallen würde.

„Das ist aber ein großer Vogel! Schau mal!“ stieß Kadar völlig baff hervor und riss Malik damit aus seinen Gedanken über Früchte und glänzende Münzen. So wie seine Aufmerksamkeit glitten auch seine fragenden Augen sofort zu seinem jüngeren Bruder, der mit erstauntem Blick gen Himmel deutete. Ein auffallend großer Schatten huschte einen Wimpernschlag später über Kadar hinweg und der ältere der beiden Jungen hob seinen Kopf nun ebenso, um nach dem erwähnten Vogel Ausschau zu halten.

Doch dort am Himmel war nichts. Malik runzelte die Stirn „Da ist nichts.“.

„Doch, ich habe ihn gesehen! Er war groß und weiß. Bestimmt war es ein Adler!“ meinte der Jüngere aufgeregt und fing an über das ganze Gesicht zu strahlen. Malik kam nicht umhin leise lachen zu müssen, als er dem Anderen durch das staubige Haar wuschelte. Hätte Kadar keine Ohren gehabt, er hätte im Kreis gegrinst!

„Mama hat einmal gesagt, dass Adler ganz schön groß sind! Ich glaub es war einer!“

„Hm. Dann sollten wir nachher vielleicht nach Federn suchen, manchmal verlieren Vögel die.“

„Auja!“
 

Den Weg zu dem Marktstand mit den vielen getrockneten Früchten über ahmte Kadar nun die Geräusche eines Adlers nach. Oder jedenfalls gab er Laute von sich, von denen er glaubte, dass diese Vögel sie ausstießen. Malik war sich ja nicht ganz so sicher, ob Adler 'Kräh kräh kräh' machten... er hatte noch nie einen gehört; meistens umkreisten diese Tiere die hohen Turmspitzen Damaskus' und waren daher zu weit weg um sie von Nahem zu sehen.

Der jüngere Bruder hatte seine Arme wie Flügel von sich gestreckt, schlug damit auf und ab und hüpfte auf den Zehenspitzen hinter Malik her.
 

Nur wenige Schritte von ihrem angepeilten Ziel entfernt hielt Malik schließlich inne und wendete sich zu seinem kleinen Adler-Bruder um. Im selben Moment stieß Kadar mit einer Frau zusammen, die einen großen, tönernen Topf auf ihrem Kopf balancierte – oder jedenfalls balanciert hatte. Denn durch den Zusammenstoß mit dem 5-Jährigen stolperte die, mit hübschen Tüchern verhüllte, Dame. Ihre verzierte Tonvase fiel und ging laut klirrend zu Bruch; das darin enthaltene Wasser ergoss sich über den gesamten Boden zu ihren Füßen und versiegte schnell im staubtrockenen Grund.

Malik hielt den Atem an und für einige schnelle Herzschläge lang schien die Zeit stillzustehen. Seine dunkelbraunen Augen huschten zwischen Kadar, dem zerbrochenen Krug und der verärgerten Frau hin und her – mehr gab es für ihn in diesem prekären Moment nicht. Letztere fing nun an laut vor sich hin zu schimpfen, natürlich machte sie dadurch auch andere Passanten auf die ganze Szene aufmerksam. Kadar wusste offenbar gar nicht wie ihm geschah; er starrte auf die vielen rotbraunen Scherben am Boden und kratzte sich in einer verlegenen Geste am Hinterkopf. Seine Lippen formten eine Entschuldigung, die man in dem plötzlichen Menschengetümmel ringsum gar nicht mehr verstehen konnte. Der Kleine wippte unruhig mit den Füßen und sein hilfesuchender Blick fiel schließlich auf seinen Bruder.

Malik atmete einmal tief ein bevor er hastig an die Seite des anderen Jungen eilte, in seinem Kopf legte er sich bereits alle möglichen Entschuldigungen zurecht.

Oh nein, oh nein. Was, wenn die Wachen kamen?

„Ver... Verzeihung!“ murmelte der 8-jährige hervor, als er seinen Bruder, der schon wieder den Tränen nahe war, an die Hand nahm. Doch die Frau beachtete die kleinlaute Bitte um Vergebung nicht, ihre schrille Stimme übertönte die des eingeschüchterten Kindes bei weitem.

„Was fällt dir ein, du Bengel??“ blaffte sie Kadar wütend entgegen „Ich fordere eine Entschädigung. Sofort! Oder ich rufe die Stadtwache!“.

Der Junge mit dem roten Schal klammerte sich fest in die fleckige, beige Tunika, die sein älterer Bruder trug, seine Schultern bebten und er suchte erfolglos nach Worten. Immer wieder öffnete und schloss sich sein Mund, doch er brachte keine einzige vernünftige Phrase hervor.

„Schmutziges Straßenpack!“ gellte die Dame weiter; hinter ihr standen viele Schaulustige und schüttelten die Köpfe, manche von ihnen bedachten Malik und Kadar mit abschätzenden oder angewiderten Blicken.

Noch einmal holte Malik tief Luft, um zu sprechen „Es... es war keine Abs-“

„Es ist mir egal ob es Absicht war oder nicht! Bezahlt mir meinen Krug!“

Das leise Weinen Kadars mischte sich nun zwischen das Gemurmel der Umherstehenden und das verzweifelte Stottern Maliks. Die aufgebrachte Frau trat näher an sie beide heran und der 8-Jährige wich einen Schritt weit zurück, zog Kadar mit sich.

„Wir haben kein... wir haben kein Geld. E-es tut mir-“

„Na los!“ keifte die Frau weiter; ihre braunen Augen, die unter dem Kopftuch hervorblitzten schienen Malik durchbohren zu wollen, als sie ihm ihre Hand fordernd entgegenstreckte.

Oh. Oh weia.

Der Junge schaffte es nicht dem Blick der in Rage Geratenen stand zu halten und seine glasigen Augen wanderten hin und her, blickten über den Kopf oder die Schultern der Frau hinweg.
 

Auf eine der beiden Schultern legte sich Sekunden später eine behandschuhte Hand und eine tiefe Männerstimme gebot der... der Furie Einhalt „Ruhig.“.

Sofort hielt die Dame inne und wendete sich empörten Blickes dem großgewachsenen Mann zu, der zu ihr und den beiden Kindern in die Mitte des Ringes aus neugierigen Passanten getreten war. Malik blinzelte dem Fremden perplex entgegen und drückte dabei die Hand seines leise schluchzenden Bruders, der den seltsamen 'Neuzugang' aus nassen Augen musterte. „Der Adler.“ hauchte Kadar sofort verhalten und drängte sich enger an Malik, der sich nun schützend vor den Kleineren stellte; denn 'Ein junger Mann beschützt seinen kleinen Bruder. Egal was passiert.'.
 

Der beunruhigend gelassene Mann, den Kadar schwärmerisch als 'Adler' tituliert hatte, wirkte nicht unbedingt wie ein Raubvogel... eher wie einer der Mönche, die man ab und an in Damaskus erblicken konnte. Er trug eine weiße, kunstvoll bestickte Robe, die ihm beinahe bis zu den Fußknöcheln reichte; eine rote Schärpe und ein breiter Ledergürtel hielten das imposante Kleidungsstück in der Mitte des breitschultrigen Körpers zusammen. Eine weite Kapuze war tief in das fremde Gesicht mit dem kurzen, etwas grau melierten Kinnbart gezogen – so weit, dass ein Schatten die Augen des Mönchs verdeckte.

„Hier. Und legt eure gierigen Hände nicht an Unschuldige.“ brummte der Fremde, als er der verstummten Frau ein paar Münzen in die Hand drückte und somit an der Stelle der beiden Kinder für die zerstörte Vase bezahlte. Der Mann sprach gelassen, doch in seinem rauen Unterton schwang etwas mit, das Malik nicht zu deuten vermochte.

Machte sich der Mönch über die Frau lustig? Warum? Oder drohte er ihr... irgendwie? Der 8-jährige legte seinen Kopf schräg und beobachtete das Szenario, das sich ihm bot ungläubig. Seine großen Augen wanderten über kleine Messer, die im Gürtel des Gelehrten steckten, über den Gurt, den jener über seiner Schulter trug und der vorn, an der Brust des Mannes, durch ein silbernes, dreieckiges Emblem zusammengehalten wurde. Schließlich blieb Malik's Blick an dem langen Schwert hängen, das der... Mönch an seiner linken Seite trug.

Warum war dieser Herr so schwer bewaffnet? Die Gelehrten trugen doch immer nur dicke Bücher und Schriftrollen mit sich herum, keine Messer und Schwerter.
 

„Verschwindet.“ war das Letzte, das der Mann in der Robe der Frau gegenüber von sich gab und tatsächlich verließ die zuvor so laut zeternde Dame den Platz des Geschehens fluchtartig. Die murmelnde Menschentraube, die das Ganze hier mit angesehen hatte, löste sich auch relativ schnell wieder auf und tat so, als wäre nie etwas geschehen.

Der 'Adler' jedoch, der blieb und wendete sich nun den beiden eingeschüchterten Kindern vor sich zu. Defensiv streckte Malik seine Arme zur Seite aus und bugsierte seinen kleinen, neugierigen Bruder dabei wieder schützend hinter sich. Doch der seltsame Mönch lächelte nur unter seiner noch viel seltsameren Kapuze und betrachtete den angespannt abwartenden Malik beinahe schon etwas belustigt. Schließlich sprach er den älteren der Brüder mit einem etwas netteren Ton, als er ihn zuvor noch bei der wütenden Frau verwendet hatte, an „Du bist mutig. Wie heißt du?“.

Der Fremde hatte ihnen zwar aus der Patsche geholfen, doch Malik betrachtete ihn aus Argusaugen, entgegnete dem Großen nichts sondern presste die trockenen Lippen aufeinander und zog die Brauen zusammen. Was hatte der Mönch - wenn er denn überhaupt einer war - nun vor?

Der Mann lachte ob des Misstrauens, das ihm entgegengebracht wurde, leise in sich hinein und schüttelte seinen Kopf. Ob er unter seiner Kapuze Haare hatte? Lange? Kurze? Vielleicht sogar eine Glatze? Malik hatte noch nie eine Glatze von der Nähe gesehen; gerne hätte er mal eine angefasst.

„Mutig und klug, wie es scheint.“ setzte der Fremde fort und zog zwei weitere Münzen aus seiner Gürteltasche hervor, betrachtete sie kurz und sah dann wieder zu Malik hinab. Der Junge glaubte dabei zwei berechnende, goldbraune Augen im Schatten der vorn spitz zulaufenden Kapuze aufblitzen zu sehen und blinzelte überrascht. Woah. Solch eine Augenfarbe hatte er noch nie gesehen!

„Du tust gut daran deinen Namen nicht jedem Dahergelaufenen zu verraten, Junge.“

Und mit diesen Worten ging der große Fremde vor den Kindern in die Hocke, atmete leise durch und drückte Malik die beiden Goldmünzen in die Hand „Eine für jeden von euch. Kauft euch etwas zu essen... Friede sei mit euch.“
 

II
 

Der 'Adler' verschwand so schnell wie er zuvor aufgetaucht war wieder. Malik und Kadar hatten sich nicht einmal richtig bei ihm bedanken können, da war er auch schon fort gewesen. So... ja, so als hätte er sich in Luft aufgelöst.

„Ich hab doch gesagt er kann fliegen!“ Kadar lächelte seinem großen Bruder mit vollem Mund entgegen. Mit dem Geld, das ihnen der Mann in der weißen Robe gegeben hatte, hatten sie sich Datteln und zwei dieser irrsinnig leckeren Fleischspieße gekauft. Malik fasste an den Schal seiner Mutter, den sie vorübergehend zu einem Beutel umfunktioniert hatten. Sie hatten nach ihren Einkäufen ein paar kleine Münzen zurück bekommen, sie in das rote Tuch eingeschlagen und es daraufhin verknotet; denn keiner von ihnen trug eine Tasche bei sich. Das kleine Bündel lag nun am Schoß des 8-Jährigen und immer wieder blickte er ein wenig unsicher und misstrauisch um sich. Nicht, dass ihm noch jemand das restliche Geld, das er seiner Mutter bringen wollte, stahl!

Ob die verbliebenen Münzen wohl viel wert waren? Er war ja noch nie so richtig einkaufen gewesen... jedenfalls nicht bis vor ein paar Augenblicken.

Malik und Kadar hatten sich auf einer hölzernen Bank nahe des Marktes niedergelassen und teilten sich nun, im Schatten des Baumes, unter dem die Sitzgelegenheit stand, die Datteln auf. Der ältere sortierte dabei fünf der Früchte auf die Bankseite des anderen Jungen, zwei behielt er für sich selbst.

„Warum bekomme ich mehr als du, Malik?“

„Weil du noch wachsen musst! Ich bin schon groß.“

„Uh-huh.“

Hastig sammelte Kadar vier der Datteln ein, die Fünfte steckte er sich mit einem lauten 'Mmmmh!' in den Mund. Der ältere lächelte zufrieden, als er anfing langsam und ebenso genüsslich wie sein Begleiter auf seinem Dattelanteil herumzukauen.

Er konnte das, was heute geschehen war, kaum fassen. Irgendwie erschien ihm die Begegnung mit dem imposanten 'Adler' wie ein Traum. Dieser Fremde war wie aus dem Nichts aufgetaucht, hatte ohne zu fragen geholfen, ihnen einfach so Geld gegeben und war dann mit einem 'Friede sei mit euch.' verschwunden. Ob sie ihn jemals wieder sehen würden? Wer er wohl gewesen war? Ob er wirklich fliegen konnte, so wie Kadar es gesagt hatte? War er vielleicht gar kein komischer Mönch sondern ein... ein Dschinn, ein Engel? Gab es Engel denn wirklich?

Malik steckte sich seine zweite Dattel in den Mund und hob den gedankenverlorenen Blick gen Himmel. Er würde ja auch gerne fliegen können. So müsste er sich nie wieder in Damaskus einschleichen und dabei durch den Dreck kriechen sondern könnte einfach so über die hohen Stadtmauern hinweg flattern. Er würde den kleinen Kadar dabei auf seinem Rücken tragen und sie würden auf den hübschen Dächern der Moscheen landen, um dort zu spielen. Und manchmal, da würden sie den blöden Wachen Streiche spielen und ihnen von oben kleine Steine auf die Helme werfen. Es musste ja ganz schön scheppern, wenn man einen solchen Helm trug und dabei einen Stein an den Kopf bekam! Malik lachte sich seiner fantastischen Gedanken wegen leise ins Fäustchen und verschluckte sich dabei beinahe an seinem Mittagessen.
 

Ein abrupter, gellender Aufschrei durchschnitt das alltägliche Treiben am Platz und die beiden Jungen auf der schattig gelegenen Bank sahen alarmiert auf. Unruhe machte sich breit, einige Menschen stürmten aus einer nahe gelegenen Seitenstraße und stoben in blanker Panik in alle möglichen Himmelsrichtungen davon. Ein Mann stolperte dabei über eine Lagerkiste und fluchte laut, eine Frau weinte und sogar ein paar der geschäftigen Händler zogen sich von ihren Marktständen zurück.

Es geschah alles so plötzlich; Kadar klammerte sich nach Schutz suchend an den Arm seines Bruders, beobachtete das hektische Treiben ringsum mit offenstehenden Lippen und aus geweiteten, rehbraunen Augen. Binnen Sekundenbruchteilen war das reinste Chaos ausgebrochen, Wachen stürmten in die Richtung aus der all die anderen Unbewaffneten kamen und furchteinflößende Männer mit langen Bögen traten an die Kanten der hoch gelegenen Hausdächer. Irgendjemand brüllte „Er ist tot! Bei Allah, er ist tot!“.

… Tot?

Malik ergriff mit einer fahrigen Hand seinen provisorischen, roten 'Geldbeutel', mit der Anderen Kadar und er erhob sich während er aufgebracht um sich blickte. Im nächsten Augenblick ertönten die Stadtglocken und eine weitere, grölende Stimme erhob sich inmitten all des furchtbaren Lärms „Assassine!! Tötet ihn!“.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2013-02-24T10:24:14+00:00 24.02.2013 11:24
Made my day. Ich habe extra ein wenig gewartet. Jetzt hab ich Lesestoff und bin vollends zufrieden ;D

Danke!


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