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Trust Nobody

'Cause you could lose your heart (ZoSa)
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo an alle,
ich weiß, es ist lange her. Aber ich komm einfach nicht so zum schreiben, wie ich gerne würde. Daher jetzt erst mal das Stückchen. Doch keine Sorge. Das nächste ist schon fertig geschrieben. Müssen nur noch ein paar Feinheiten geändert werden und dann darf meine liebe Betaleserin pbxa_539 (an dieser Stelle nochmals ein ganz großes Danke schön für ihre unermüdliche Schlacht mit meinen Rechtschreib-, Grammatik- und Kommafehlern) es nochmals checken. Hoffe, dass es dieses Mal nicht so lange bis zum nächsten Upload dauern wird.
Viele Grüße
janachen2811 Komplett anzeigen

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Prolog – Verdict (Das Urteil)

„Sind die Geschworenen zu einem Urteil gekommen?“ fragte der Richter und sah den Sprecher der Jury scharf an. „Ja, Euer Ehren“, antwortete dieser und warf einen flüchtigen Blick auf den Angeklagten. Große, blaue Augen blickten erwartungsvoll und zugleich ängstlich zurück. „Wie lautet das Urteil?“ erkundigte sich der Richter. „Wir, die Geschworenen“, begann der Gefragte von einem kleinen Blatt Papier abzulesen. „Befinden den Angeklagten des Mordes für schuldig.“ Ein Raunen ging durch den Saal, während der Blonde mit den blauen Augen noch blasser wurde. „Nein“, formten seine Lippen fast lautlos. „Sanji Duval“, sprach der Richter ihn streng an und er wurde von einem Gerichtsdiener von seinem Stuhl hoch auf die Beine gezogen. „Hiermit verurteile ich Sie, zu lebenslanger Haft in einem staatlichen Gefängnis ohne Möglichkeit auf Bewährung.“ Laut hallte der Hammerschlag in seinen Ohren wieder. Panisch drehte er sich um, suchte den Blickkontakt zu Jeff, seinem Ziehvater. Der alte Mann starrte fassungslos zurück, die Hände haltsuchend und krampfhaft in die Holzlehne vor sich gekrallt. Tatenlos musste er mit ansehen, wie seinem Mündel Handschellen angelegt und dieser abgeführt wurde. Er kannte seinen Sohn lange und gut genug, um zu wissen, dass dieser die schreckliche Tat, welche ihm hier zur Last gelegt wurde, nicht begangen hatte. Und doch sprachen alle Beweise gegen den blonden Koch.
 

Gelangweilt hatte Zoro die Verhandlung verfolgt. Musterte nun aus aufmerksamen, grünen Augen, den blonden, jungen Mann, der weiterhin seine Unschuld beteuerte. Kurz ließ er ebenfalls einen prüfenden Blick über dessen Vater? – so sicher war er sich da nicht – gleiten.
 

Mit Händen und Füßen begann Sanji sich plötzlich gegen die Polizisten zu wehren, schrie immer wieder „Ich bin unschuldig!“ Beeindruckt hob Zoro eine Augenbraue, als der Blonde einen der Gesetzeshüter mit einem erstaunlichen Kick an die nächste Wand beförderte, so dass sogar etwas Putz von der Decke auf den bewusstlos liegen gebliebenen Mann nieder rieselte.
 

Zoro grinste, erhob sich und verließ den Gerichtssaal, schob die Hände in die Hosentaschen. Der Kleine hatte Temperament und anscheinend enorme Kraft in den Beinen. Sehr vielversprechend, der Junge. Vor dem Gerichtsgebäude blieb Zoro stehen, setzte seine Sonnenbrille auf und schlenderte anschließend auf die wartende schwarze Limousine zu. Die hintere, getönte Scheibe fuhr herunter. „Dein Eindruck?“ wurde Zoro gefragt. Desinteressiert lehnte er sich mit dem Rücken an das Auto, beobachtete die Frauen und Männer, welche das Gebäude betraten oder verließen. „Ziemlich dürr, der Kleine“, brummte Zoro schließlich. „Das lässt sich aber ändern. Ansonsten scheint er aber was auf dem Kasten zu haben. Besonders dieser Unschuldsblick. Gibt bestimmt ne Menge Leute, die darauf hereinfallen.“ „Heißt, du könntest mit ihm was anfangen?“ hakte die Stimme aus dem Auto nach. Zoro nickte stumm und die Scheibe schloss sich wieder. Gleich darauf fuhr die Limousine los und Zoro ging ebenfalls seiner Wege.
 


 

Ich weiß ... Es ist etwas kurz. Aber es ist nur der Prolog.

Die folgenden Kapitel werden länger. Versprochen ^^

LG

Recruitment (Rekrutierung)

Es war Nacht. Tiefste und schwärzeste Nacht. Mit angezogenen Knien saß Sanji auf dem Bett seiner Zelle. Glücklicherweise eine Einzelzelle. Die Arme hatte er um seine Beine geschlungen und den Kopf auf die Knie gebettet. Stumme Tränen rollten ihm über sein Gesicht. Wie spät es war, wusste er nicht. Auch nicht, wie viel Zeit bereits vergangen war, seit man das Licht gelöscht hatte. Hier, in dieser weißen, steril und spärlich eingerichteten Zelle, sollte er also den Rest seines Lebens verbringen? Das war nicht fair. Er hatte doch gar nichts getan. Er war doch nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen. Was Jeff jetzt wohl machte? Der plötzliche Gedanke an seinen Ziehvater ließ den Blondschopf leise aufschluchzen. Ein Klicken riss ihn aus seiner Gedankenwelt. Doch noch bevor er den Kopf vollständig heben konnte, stürmten mehrere Männer seine Zelle, hielten ihn an Händen und Füßen eisern fest. So sehr er sich auch zur Wehr setzte, konnte er nichts daran ändern, dass ihm eine Spritze gesetzt und eine klare Flüssigkeit injiziert wurde. Die Welt um ihn herum begann sich zu drehen. Immer undeutlicher nahm er seine Umgebung wahr. Das letzte, was er glaubte zu sehen, war etwas grünes. Ein Grün, dass ihn an die Marimos erinnerte, die er als Kind in einem Aquarium gezüchtet hatte.
 

„Auftrag ausgeführt“, verkündete einer der Männer und Zoro hockte sich neben den schlafenden Sanji. Sacht fuhr er über die Wangen des Blonden, betrachtete nachdenklich die Tränenspuren, sowie seine leicht feuchten Fingerspitzen. Ein verurteilter Mörder heulte? Das hatte er auch noch nicht gesehen. „Bringt ihn raus“, ordnete er an und verließ ebenso leise, wie er gekommen war, das Gefängnis.
 


 

Sanji erwachte in einem hellen, weißen Raum. Außer der Liege, auf der er lag, befand sich nichts weiter darin. Noch nicht mal eine Tür vermochte er in diesem runden Zimmer auszumachen. Konnte allerdings auch auf sein derzeit schlechtes Sehvermögen zurückzuführen sein. Blinzelnd stand er auf, tastete sich an der Wand entlang. Wo war er? Was war geschehen? War er im Himmel? Sollte es diesen wirklich geben?
 

Ein Geräusch ließ ihn sich panisch umdrehen, er drückte den Rücken gegen die Wand hinter sich. Nein, im Himmel war er definitiv nicht, denn wie ein Engel sah der grünhaarige Mann mit dem grimmigen Gesichtsausdruck ganz gewiss nicht aus.
 

„Wo bin ich?“ erkundigte Sanji sich, beäugte den Grünhaarigen skeptisch. „Du bist tot“, erwiderte Zoro schlicht und warf Sanji, dessen Gesichtszüge entgleist waren, etwas zu. „Jedenfalls offiziell“, fügte Zoro an. Mit zittrigen Fingern hob der Blonde das Foto auf und betrachtete es. „Deine Beerdigung. Das Grab befindet sich auf dem Hauptfriedhof, Reihe C, Platz 13“, erklärte Zoro das Bild und entsetzt hob Sanji den Blick. „Warum?“ wisperte Sanji, senkte den Kopf wieder und fuhr sacht über Jeffs Gestalt auf dem Bild. Einen gebrochenen Mann sah er da und es zeriss ihm das Herz.
 

„Deine Tat war … beeindruckend“, begann Zoro. „ICH HABE IHN NICH GETÖTET!“ fiel Sanji ihm sofort ins Wort. Ungerührt fuhr Zoro fort. „Daher gibt dir die Regierung noch eine Chance. Du wirst ab sofort für uns arbeiten. Wir werden dich im Nahkampf, im Schießen sowie Sprengstoff- und Waffenkunde, Etikette und Computer unterrichten.“ Fassungslos starrte der Blonden ihn an. „Wer ist ‚wir’? Und wer, zum Teufel, bist du überhaupt?“ schrie er. „’Wir’ ist eine geheime Organisation der Regierung. Wir treten in Aktion, wenn alle anderen Organisationen scheitern oder deren Maßnahmen zum Scheitern verurteilt sind. Unsere Aufgabe ist es, den nationalen, sowie den internationalen Terrorismus zu bekämpfen. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, legale als auch illegale. ‚Wir’ ist die CP9. Und mein Name ist Zoro. Ich werde mich in der Anfangszeit um deine Ausbildung kümmern.“
 

Perplex starrte Sanji den Grünhaarigen an. Er sollte Terroristen bekämpfen? Die mussten doch alle einen Dachschaden haben. Er war Koch! Nicht mehr und nicht weniger. „Und was ist, wenn ich das nicht will?“ erkundigte sich der Blonde. Zoro ging wieder zur Tür. „Reihe C, Platz 13“, erwiderte er trocken und war im Begriff, das Zimmer zu verlassen.
 

Mit einem Aufschrei stürzte Sanji auf diesen zu, holte mit einem seiner Beine aus und wollte Zoro einen gewaltigen Kick verpassen. Locker fing Zoro das Bein ab, warf Sanji zu Boden, nagelte dessen Hände mit seinen fest und kniete sich über diesen. Frech grinste er den Blonden an. „Versuch das noch mal, wenn wir mit deiner Ausbildung fertig sind. Du hast eine halbe Stunde Zeit, um dich zu entscheiden.“ Mit diesen letzten Worten stand Zoro auf und verließ den Raum. Ließ Sanji mit all den wirren Gedanken allein. Und mit einem wild klopfenden Herz.
 


 

Kaum, dass die Tür ins Schloss gefallen war, setzte Sanji sich auf, schlang seine Arme um die Knie und stütze sein Kinn darauf. Er dachte nach. Obwohl es da nicht sehr viel nachzudenken gab. Verdammt, er war erst 21! Er wollte jetzt noch nicht sterben und genauso wenig, sein Leben hinter Gittern verbringen. Es gab doch noch so vieles, was er tun wollte, was er von dieser Welt sehen wollte. Aber dafür ein … Ja, was genau sollte er denn eigentlich werden? Ein Agent, der mit Genehmigung der Regierung rücksichtslos andere umbrachte? Wozu sonst sollte der Schießunterricht gut sein? Er war so in seine Gedanken versunken, dass er gar nicht hörte, wie sich die Tür öffnete und Zoro zurückkehrte.
 

Nachdenklich betrachtete er den am Boden sitzenden Blondschopf. Irgendwie sah dieser gar nicht wie ein eiskalter Mörder, so wie es aus den Akten hervorging, aus. „Hast du dich entschieden?“ stellte er brummend die alles entscheidende Frage. Kurz zuckte Sanji zusammen, schaute Zoro für einen Moment an, bevor er wieder den Blick senkte. „Was ist mit Jeff?“ stellte der Blonde eine Gegenfrage. Verwirrt zogen sich Zoros Augenbrauen zusammen. „Jeff?“ fragte er nach. „Ja, Jeff. Mein Vater. Kann ich ihn sehen? Ihm sagen, dass es mir weitestgehend gut geht?“ Zoro schüttelte den Kopf. „Nicht, wenn du willst, dass er am Leben bleibt.“ Geschockt sah Sanji den Grünhaarigen an. „Also? Was ist nun?“ verlangte Zoro auf seine Frage eine Antwort. „Unter einer Bedingung“, erwiderte Sanji und Zoro hob eine Augenbraue. „Du bist zwar nicht in der Lage, um Bedingungen zu stellen, aber ich höre.“ Zoro grinste kurz. Es ging hier um sein Leben und der Blonde wollte verhandeln. Entweder war der Kleine nicht in der Lage, zu erfassen, in was für einer Situation er sich befand oder der war einfach nur dreist. Wie auch immer, Zoro war leicht beeindruckt – irgendwie und falls man bei einem Roronoa Zoro überhaupt von ‚beeindruckt’ reden konnte.
 

Sanji erhob sich, blickte sein Gegenüber fest und entschlossen an. „Ihr werdet Jeff aus alldem raushalten. Er wird hiervon nie etwas erfahren und ihr werdet ihn auch nicht als Druckmittel gegen mich verwenden.“ Zoro nickte. „In Ordnung. War’s das?“ Diesmal war es der Blonde, der nickte, bevor er ein „vorerst“ hinzufügte. Wieder musste Zoro kurz grinsen. Dreist! Der Kleine war wirklich absolut dreist. Das würde bestimmt noch sehr interessant mit ihm werden. „Dann komm“, meinte Zoro, drehte sich um und verließ den Raum. Zögernd folgte Sanji ihm, fand sich in einem hellen, langen Gang wieder. „Wohin gehen wir?“ erkundigte er sich und bemühte sich, mit Zoros schnellen Schritten mitzuhalten und sich gleichzeitig aufmerksam umzuschauen.
 

Zoro warf einen kurzen Blick über seine Schulter, lief aber unbeirrt den Gang weiter. „Zu Kalifa“, antwortete er. „Du erhältst bei ihr deine erste Lektion, in Etikette und Anstand.“ Nach einem abfälligen Blick auf Sanjis verschmutzte und verschlissene Kleidung fügte er noch an: „Vor allem wird sie dir was anständiges zum Anziehen besorgen.“ Der Blonde schnaubte. „Ich habe Anstand und weiß, wie ich mich zu benehmen habe“, protestierte er gegen den anstehenden Unterricht. „Und es tut mir leid, dass meine Kleidung nicht deinen Modegeschmack trifft. Aber im Gefängnis gibt es nur begrenzte Auswahlmöglichkeiten.“ Zoro grinste. Oh ja, er würde noch seinen Spaß dabei haben, dem Kleinen die frechen Antworten und die Widerworte auszutreiben. Mit einer Hand stieß er die weiße Flügeltür auf und schritt zielstrebig durch den dahinter liegenden, großen Raum. Er war schon fast bei der Eisentreppe am anderen Ende des Raumes angekommen, als er bemerkte, dass sein ‚Schützling’ ihm nicht mehr folgte.
 

Dieser stand noch immer an der Flügeltür, schaute sich mit großen, staunenden Augen um. Der Raum war riesig groß, hauptsächlich in Metall gehalten und in der Mitte waren einige Computerarbeitsplätze eingerichtet. Ausgestattet mit der neuesten und teuersten Technik.

Dieser … Organisation standen offenbar sehr viele finanzielle Mittel zur Verfügung. Hochkonzentriert arbeiten die Leute vor ihren hochmodernen Bildschirmen und vereinzelt lief einer geschäftig durch den Raum. Zu beiden Seiten des Raumes befanden sich breite Fensterfronten. Dahinter wurde fleißig trainiert, Kampfsport. Das, was die da machten, sah sehr professionell aus und so langsam dämmerte es Sanji, warum Zoro seinen Tritt so leicht hatte abfangen können. Er war zwar kein Schwächling und hatte schon so einige mit seinen Kicks zurecht gerückt, aber mit diesen Elitekämpfern konnte er es definitiv nicht aufnehmen. Noch nicht. Denn schließlich hatte der grünhaarige Mann, welcher gerade mit grimmigen Gesicht auf ihn zukam, gemeint, er würde auch im Nahkampf unterrichtet werden.
 

„Komm endlich“, knurrte Zoro den Blonden an. „Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“ Lässig hob Sanji eine Augenbraue. „Ach, nicht? Was hat denn ein Marimo wie du noch zu tun?“ erkundigte der Blonde sich ruhig, machte einen provozierenden Schritt auf Zoro zu. Dieser holte tief Luft, hob die Hand und streckte Sanji mahnend den Zeigefinger entgegen. Doch noch bevor er den Blonden zusammenstauchen konnte, ertönte eine schrille Stimme. „Roronoa Zoro!“ Der Grünhaarige zuckte kurz zusammen und Sanji drehte sich verdutzt um. Interessiert musterte er die junge, rothaarige Frau, die direkt auf sie beide zusteuerte und Sanji hatte den Eindruck, dass Zoro versuchte, sich hinter ihm zu verstecken. Dieser große, muskulöse Mann hatte Angst vor so einem zarten Geschöpf?
 

Ohne ihn zu beachten, schob sich die junge Frau an Sanji vorbei, baute sich vor Zoro auf und stemmte die Hände in die Seiten. „Wo warst du gestern? Ich hab dich den ganzen Tag gesucht und über hundert Mal bei dir angerufen. Du wolltest mir gestern das Geld zurückgeben, dass du dir von mir geliehen hast!“ herrschte sie Zoro an. „Ich hatte zu tun, Nami“, erwiderte der Grünhaarige ausweichend und Sanji stellte erstaunt fest, dass sein ‚Ausbilder’ leicht nervös zu sein schien. Nami schnaubte abfällig. „Ja, klar. Was hattest du denn zu tun? Schlafen??“ entgegnete sie schnippisch und seufzte dann. „Auch egal. Ich werde dir für den Tag Verzögerung einfach 50 % Zinsen berechnen. Gib mir das Geld jetzt.“ Auffordernd streckte sie Zoro die Hand entgegen. Fassungslos starrte der Grünhaarige Nami an und auch Sanji waren sämtliche Gesichtszüge entgleist. 50 %?? Das war reiner Wucher. „Ich hab es nicht“, presste Zoro zähneknirschend hervor. „Du hast es nicht? Was machst du eigentlich ständig mit deinem Geld? Na gut, ich will mal nicht so sein. Ich geb dir noch eine Woche. Natürlich berechne ich dir für jeden weiteren Tag Zinsen“, meinte Nami und drehte ihm den Rücken zu. „Geldgierige Hexe“, knurrte Zoro und Sanji versuchte nicht einmal, sein breites Grinsen zu verstecken.
 

„Hör auf so dämlich zu grinsen und komm“, grummelte Zoro, packte Sanjis Handgelenk und zog diesen hinter sich her zu der Treppe. Das Grinsen verschwand, machte kurz einer Verwirrtheit Platz, bevor Sanji sich ärgerlich losriss. „Ich kann alleine laufen“, fauchte er und rieb sich das Handgelenkt. Zoro hob eine Augenbraue. „Dann tu es auch“, brummte er zur Antwort und stieg die Treppe nach oben. Nachdem er Zoro einen tödlichen Blick in den Rücken gejagt hatte, folgte er diesem. Wieder ging es einen langen, weißen Gang entlang, bevor sie vor einer mit Zahlenschloss gesicherten Tür an dessen Ende stehen blieben. Zoro klopfte. „Ich komme später wieder. Benimm dich und mach keine Dummheiten“, ermahnte er den Blonden noch und ging dann den Weg, den sie gekommen waren, zurück, ließ Sanji wieder mal allein zurück.
 

Für einen Moment schaute er Zoro nach. Ignorierte sein wild klopfendes Herz, dass er sich beim besten Willen nicht erklären konnte. Doch noch bevor er sich weitere Gedanken darüber machen konnte, wurde die Tür vor ihm geöffnet. Eine blonde Frau musterte ihn, rückte ihre Brille zurecht und ließ ihn dann eintreten. Und Sanji bekam einen ersten Einblick in das, auf was er sich hier eingelassen hatte.

Training

Die nächsten Monate vergingen wie im Flug. Jeden Morgen zur gleichen Zeit wurde Sanji aus dem Bett geklingelt, hatte danach eine halbe Stunde Zeit, um sich zu waschen und anzuziehen, bevor er auch schon von einem schwarzgelockten, jungen Mann mit einer sehr, sehr langen Nase abgeholt wurde. Lysop nahm ihn mit zum Schießstand, wo er ihm den Umgang und das Zielen mit den verschiedenen Handfeuerwaffen zeigte. Danach wurde Lysop von einem blauhaarigen Mann, Franky, abgelöst. Dieser erklärte dem Blondschopf alles, was es zum Thema Waffen, Sprengstoff und mancherlei anderem Kram zu wissen gab. Viel Zeit verbrachte er auch bei Robin, einer schwarzhaarigen, geheimnisvollen Schönheit, die ihn in die Tiefen des Computers einführte. Doch anstatt aufzupassen, lauschte er viel lieber der bezaubernden Stimme dieser Göttin und schmachtete sie still an. Wenn sie ihn dabei erwischte, lächelte die Schwarzhaarige nur. Anders war das bei Nami, der von Zoro als geldgierige Hexe bezeichneten rothaarigen, jungen Frau. Diese unterrichtete ihn in Strategie und in dem Planen von Operationen. Außerdem zeigte sie ihm, wie man topographische Karten las und auch selber welche anfertigte. Sie verstanden sich im Allgemeinen gut. Doch sobald Nami ihn dabei erwischte, dass seine Aufmerksamkeit sank und dieser sie schon fast sabbernd ansah, gab es eine harte Kopfnuss sowie eine minutenlange Strafpredigt. Sein eigentlicher Ausbilder, Zoro, tauchte immer erst irgendwann am frühen Nachmittag auf, hörte sich in Ruhe Namis Gezeter wegen seiner chronischen Verspätungen und die obligatorische Mahnung wegen der immer noch ausstehenden Rückzahlung seiner Schulden, sowie die Drohung über die Erhöhung der Zinsen an. Sobald das hinter ihm lag, schnappte er sich wortlos Sanjis Hand und zog diesen hinter sich her zu einem abgelegenen Trainingsraum, wo sie dann den Rest des Tages verbrachten und Zoro ihn Kraft- und Ausdauertraining bis zum Umfallen absolvieren ließ. Nach einer kleinen, hart erkämpften Verschnaufpause, begannen sie dann, an Sanjis Nahkampffähigkeiten zu arbeiten und diese zu verbessern.
 

Die Tage hatten alle den selben Ablauf. Nur selten gab es kleine Abweichungen im Zeitplan. Nur heute schien etwas anders zu sein. Das hatte Sanji im Gefühl und es lag nicht nur daran, dass Zoro heute besonders spät dran war. Immer wieder glitt sein Blick zur Uhr und von dort zu der Tür, durch die der Grünhaarige jeden Tag den Raum betrat. Derweil vertrieb er sich die Zeit damit, sich mit Nami zu unterhalten. Mittlerweile hatte er von jedem, mit dem er engeren Kontakt hatte, erfahren, was der- oder diejenige getan hatte, um hier zu landen. Nur von Zoro wusste er es nicht. Genau genommen wusste er von diesem so gut wie überhaupt nichts. Das wenige, was er von den Anderen über den Grünhaarigen erfahren hatte, half ihm auch nicht weiter, sich ein richtiges und vollständiges Bild von Zoro zu machen. Und wie aufs Stichwort erschien auf einmal Zoro, das unbekannte Wesen. Stirnrunzelnd betrachtete Sanji den Grünhaarigen, der mit noch kleineren, verschlafenen Augen und noch grimmigerer Miene als sonst auf ihn zu kam. Wortlos griff er Sanjis Hand, zog diesen grob von dessen Platz hoch und mit sich in Richtung der Trainingsräume. Verwundert starrte der Blonde ihn an. Dass Zoro nicht gerade gesprächig war, wusste er inzwischen, aber kam doch sonst wenigstens ein Wort der Begrüßung und wartete er doch immer Namis Ansprache ab. Ein kurzer Blick über die Schulter bestätigte Sanji, dass die Rothaarige über die Nichtbeachtung seitens Zoros nicht sehr erfreut war. „Zoro“, keifte sie auch sofort und stellte sich diesem in den Weg. „Hast du eigentlich mal auf die Uhr geschaut? Du bist heute verdammt spät dran. Ich hab auch noch andere Sachen zu tun, als hier für Sanji den Babysitter zu spielen, bis du dich mal bequemst, hier aufzutauchen“, fuhr sie Zoro an. Dessen grüne Augen verengten sich und er knurrte leise, bedrohlich. Dieses Knurren veranlasste Sanji dazu, einen Schritt zurück zu machen. Der Ton war irgendwie beängstigend. „Nami“, knurrte Zoro die junge Frau leise an. „Geh mir aus dem Weg und lass mich in Ruhe!“ Sicherheitshalber machte Sanji noch einen Schritt zurück. Dieses Benehmen ließ sich die Rothaarige bestimmt nicht gefallen und das würde sie Zoro garantiert auch gleich mit Hilfe von Kopfnüssen mitteilen. Umso verwunderter war Sanji, als Nami nur schnaubte, den Grünhaarigen lediglich mit giftigen Blicken bedachte und Platz machte. „Komm endlich“, zischte Zoro ihm zu und riss ihn somit aus seiner Verwirrung. Nicht mal an seine Schulden hatte Nami Zoro erinnert. Wie schon gesagt, irgendwie schien heute etwas anders zu sein.
 

In ihrem Trainingsraum angekommen, setzte sich Zoro wortlos auf den Boden, lehnte sich an die Wand, verschränkte die Arme vor der Brust und schloss die Augen. Blinzelnd betrachtete Sanji die grimmige Miene und die verkrampfte Haltung seines ‚Ausbilders’. Keine Anweisungen, Befehle oder Aufforderungen, mit irgendeiner der üblichen Trainingseinheiten zu beginnen, erfolgte. „Ist bei dir alles in Ordnung?“ durchbrach er vorsichtig die Stille und machte einen Schritt auf den anderen zu. Auch wenn er nicht sehr viel, bzw. fast gar nichts über Zoro wusste und sie die meiste Zeit mit Streiten verbrachten, mochte er Zoro – irgendwie – und machte sich Sorgen wegen des doch recht merkwürdigen Verhaltens. Langsam öffneten sich die grünen Augen, fixierten Sanji böse funkelnd. Und doch glaubte Sanji in diesen auch ein Fünkchen Trauer entdeckt zu haben. „Kümmere dich um deinen eigenen Kram und nicht um Sachen, die dich nichts angehen.“ Sanji schnaubte. „Na, hör mal“, protestierte er. „Es geht mich sehr wohl was an, wenn du dich hier nur an die Wand lehnst und pennst, anstatt mir was beizubringen, wie es eigentlich von dir erwartet wird.“ Abwartend blickte er Zoro an. Wartete darauf, dass dieser sich nun erhob, ihm die Leviten las und sie sich auf kurz oder lang prügelnd durch den Raum bewegten. So, wie es recht häufig zwischen ihnen vorkam. Wobei Sanji leider eingestehen musste, dass er dabei immer den Kürzeren zog, auch wenn sich ihre Raufereien immer mehr in die Länge zogen, er dem Grünhaarigen nicht mehr sofort unterlegen war. Doch leise knurrend schloss Zoro seine Augen wieder, machte keinerlei Anstalten, sich zu erheben und Sanji zu maßregeln. „Du hast bereits sehr große Fortschritte gemacht. Da ist es nicht schlimm, wenn wir das Training heute mal vernachlässigen“, gab er noch von sich. Seufzend ließ sich Sanji gegenüber von Zoro nieder. Der Grünhaarige brachte ihn durcheinander. Nicht nur, weil dieser ihn soeben zum ersten Mal gelobt hatte, sondern auch durch dessen Wandel. Erst zischte er ihn wütend an und dann teilte er ihm milde mit, dass es nicht schlimm wäre, das Training mal schleifen zu lassen. Und das, wo Zoro doch sonst immer so akribisch auf die Einhaltung der Trainingszeiten achtete. „Was ist los?“ startete Sanji einen erneuten Versuch, aus dem Grünhaarigen schlau zu werden. „Manchmal hilft es, darüber zu reden“, fügte er noch an. Zoro öffnete seine Augen erneut. Wütend blitzten diese Sanji an. Und doch konnte der Blonde da noch etwa in ihnen erkennen. Etwas, das Sanji nie gedacht hätte, jemals bei dem Grünhaarigen zu sehen. Schmerz und eine unendliche Traurigkeit, spiegelten sich in den grünen Iriden wider. „Wenn ich darüber reden will, werde ich es schon tun“, knurrte Zoro und schloss die Augen abermals. Erstaunt hob Sanji eine Augenbraue. Hatte sein Gegenüber doch soeben zugegeben, dass ihn was beschäftigte, etwas belastete. Das war schon mehr Information, als er in den ganzen Monaten, die er jetzt schon hier war, bekommen hatte. „Dann erzähl mir etwas anderes“, forderte der Blondschopf Zoro auf, um diese Stille zwischen ihnen zu vertreiben. „Gibt es eine Möglichkeit, dass du einfach mal die Klappe hältst?“ Leicht genervt und ein wenig frustriert schaute Zoro seinen ‚Schützling’ an. Dieser lächelte ihm entwaffnend entgegen. Ein Lächeln, das sein vor langer Zeit erstarrtes und hinter einer hohen Mauer verschlossenes Herz erreichte und schneller schlagen ließ. „Nein“, antwortete Sanji schlicht, grinste Zoro weiter fröhlich an. Kurz war es wieder still in dem kleinen Raum und Sanji hatte den Eindruck, so etwas wie Verwirrtheit auf Zoros Gesicht entdeckt zu haben, bevor dieser tief seufzte. „Wenn du dann Ruhe gibst, beantworte ich dir eine Frage“, meinte der Grünschopf schließlich. „Eine Frage also“, murmelte Sanji und betrachtete Zoro nachdenklich. Es gab so vieles, was der Blonde wissen wollte. Eine einzige Frage reichte da bei weitem nicht aus und musste wohl überlegt sein. Das, was ihn aber am meisten interessierte, war wohl das Offensichtliste. „Wie bist du hierher gekommen? Ich meine, was hast du getan, um hierfür rekrutiert zu werden?“ „Ich habe jemanden getötet“, antwortete Zoro schlicht und Sanji verdrehte die Augen. „So~o genau wollte ich es gar nicht wissen“, erwiderte er mit deutlich sarkastischem Unterton, runzelte dann leicht die Stirn. „Irgendwie kann ich gar nicht glauben, dass du jemanden getötet hast.“ „Warum nicht?“ Sanji zuckte mit den Schultern. „Weiß auch nicht. Irgendwie trau ich es dir nicht zu, dass du jemanden heimtückisch umbringst.“ Zoro richtete sich etwas auf, lehnte sich zu Sanji rüber und stützte seine Hände rechts und links von dem Blondschopf ab. Mit verengten, fast eiskalten Augen schaute er in die blauen seines Gegenübers. „Glaube es. Ich habe jemanden getötet, eiskalt und ohne jegliche Vorwarnung. Und ich bereue meine Tat bis heute nicht. Seitdem habe ich im Auftrag der CP9 noch sehr viele weitere Menschen getötet und wenn es von mir verlangt wird, würde ich auch dich, ohne zu zögern, eliminieren“, raunte er, beobachtete genau Sanjis Reaktion, bevor er sich erhob und den Raum verließ.
 

Zurück blieb ein verwirrter Blondschopf mit weit aufgerissenen, blauen Augen. Und einem wildklopfendem Herz, das ihn mehr irritierte und zu schaffen machte, als die soeben gehörten Worte. „Du kannst sagen, was du willst und dabei noch so finster und kalt schauen, ich glaube dir nicht, Marimo“, murmelte Sanji, wusste selbst nicht, woher er diese Selbstsicherheit in Bezug auf den Grünhaarigen nahm. Vielleicht waren es die Augen Zoros. Diese unendlich grünen Augen, in denen trotz der Kälte und Härte, die diese fast immer ausstrahlten, auch eine Leere, Traurigkeit und Einsamkeit lag.
 

Einige Tage waren seit dem Gespräch vergangen. Tage, in denen Zoro ihm größtenteils aus dem Weg gegangen war. Selbst das Training hatte ein anderer übernommen. Ein schwarzhaariger Kerl mit Sommersprossen und einer fast nicht zu ertragenden, ständigen guten Laune. Und mit einer ausgeprägten Schlafkrankheit. Der Kerl konnte sprichwörtlich im Gehen einschlafen. Einmal wäre Sanji beim Krafttraining fast erstickt, weil das Gewicht für seine Arme viel zu schwer gewesen war und die Schnarchnase von einer Sekunde auf die andere eingeschlafen war. Nur seinem eisernen Willen und seiner Gelenkigkeit, war es zu verdanken, dass ihn die Gewichtstange nicht erdrosselt hatte. Wütend hatte er Ace anschließen durch den Raum gekickt und sich danach wutschnaubend in sein Zimmer zurück gezogen. Da befand er sich auch jetzt, als es leise an der Tür klopfte.

A dibiously Dinner invitation

Verwirrt blinzelte er die Tür an. Wer wollte denn jetzt noch was von ihm? Das Training war vorbei und irgendwelche Sonderdinge standen nicht an. Jedenfalls hatte Nami nichts dergleichen erwähnt. „Herein“, rief er, blieb allerdings auf dem Bett liegen, richtete sich lediglich etwas auf und stützte sich auf die Unterarme, betrachtete gespannt die Tür. Ein grüner Haarschopf tauchte in der nur einen Spaltbreit geöffneten Tür auf. Erstaunt sah er Zoro an, wartete darauf, was dieser wohl von ihm wollte. „Geh zu Kalifa und lass dir was schickes zum anziehen geben“, brummte Zoro. Fragend hob Sanji eine Augenbraue. „Wofür?“ „Wir gehen Essen. Wir treffen uns in einer halben Stunde in der Lobby“, informierte Zoro kurz angebunden und verschwand wieder. Perplex starrte Sanji die wieder geschlossene Tür an. Essen gehen? Es sollte mit Zoro essen gehen? Auf einmal? Nachdem er Sanji die letzten Tage gemieden hatte, wie die Pest?
 

Unwillkürlich bildete sich eine Lächeln auf Sanjis Lippen. Vorfreude erfasste ihn. Endlich, nach fast schier endlosen Monaten, würde er mal wieder nach draußen kommen. War ihm das Verlassen der Einrichtung doch strengstens verboten worden. Schnell erhob er sich, lief die elendig langen Gänge zu Kalifas Gemächern und holte den für in bereitliegenden Anzug ab. In Windeseile hatte er sich umgezogen, etwas zurecht gemacht und wartete nun, nervös, wie ein Teenager vor dem ersten Rendevouz, in der Lobby auf Zoro. Immer wieder warf er einen Blick auf die Uhr. Die halbe Stunde war längst vorbei und auch die darauffolgende näherte sich dem Ende. Sichtlich angepisst lehnte Sanji an der Wand, kaute auf dem Filter seiner Zigarette herum. Wie gern hätte er sie angezündet. Doch die feindseligen Blicke, die ihm allein wegen dem unangezündeten Glimmstängel zugeworfen wurden, reichten ihm. Die Vorfreude war wie weggeblasen. Er hasste es versetzt zu werden, besonders, da er ja noch nicht einmal wusste, was diese Essenseinladung bedeuten sollte. Ein leises ‚Klick’ sowie der helle Schein einer kleinen Flamme, holte ihn aus seinen trüben Gedanken. Blinzelnd und zugleich fragend starrte er abwechselnd das Feuerzeug und Zoro an. „Ich glaube, die finden es nicht so toll, wenn hier geraucht wird“, murmelte Sanji und deutete mit dem Daumen auf die herumwuselnden Leute. Zoro zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Wen interessiertes?“ fragte er und zündete die Zigarette des Blondschopfs an. Ein schneller, böser Blick bracht die zum Schweigen, welche gerade protestieren wollten. „Lass uns gehen“, brummte Zoro und deutete mit dem Kopf zur Tür. Sanji nickte und folgt Zoro. „Tut mir leid wegen der Verspätung“, nuschelte der Grünhaarige leise und Sanji schmunzelte leicht. Mittlerweile hatte er mitbekommen, dass Zoro leichte Orientierungsprobleme hatte und sich des öfteren mal in den Katakomben verirrte.
 

Tief atmete er die frische Luft ein, sobald sie durch eine schwere Eisentür das Gebäude verlassen hatte und er starrte den sternenklaren Nachthimmel an. Waren die Sterne eigentlich schon immer so hell und schön gewesen? Und der Mond erst! Er hatte das Gefühl, das Alles zum ersten Mal zu sehen. Sanji schloss die Augen, genoss den leichten Wind, der sein Gesicht streichelte. Als er einen stechenden Blick auf sich spürte, öffnete er die Augen wieder und drehte sich um. Sah Zoro, der mit verschränkten Armen an einer schwarzen Limousine lehnte und ihn mit einem vagen Lächeln beobachtete. Verdutzt blinzelte Sanji. Zoro konnte Lächeln? Er schaute genauer hin und ehe er sich versah, hatte der Grünhaarige wieder die gewohnte neutrale und undurchdringliche Maske aufgesetzt.
 

Die Limousine brachte die beiden in die Stadt, ließ sie vor einem wahren Luxusrestaurant aussteigen und verschwand gleich darauf wieder. Sanji musterte den Nobelschuppen. Er hatte bereits viel über diesen Laden gehört. „Kennst du es?“ erkundigte Zoro sich neben ihn leise. „Ich hab einiges über das Restaurant gelesen und gehört. Soll recht gut sein, haben einen hervorragenden Koch, aber ich war noch nie hier“, erwiderte der Blondschopf, nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und ließ den Rest auf den Bürgersteig fallen, trat diese mechanisch aus. „Irgendwann ist immer das erste Mal“, murmelte Zoro und schob Sanji in Richtung der Eingangtür.
 

Schweigend saßen sie am Tisch, schauten überall hin, nur nicht zu ihrem Gegenüber. Stumm seufzte Sanji. Sie benahmen sich wirklich wie beim ersten Rendevouz. Dabei hatte er noch nicht mal den Hauch einer Ahnung, wie er überhaupt zu der Ehre kam, in dieses exklusive Restaurant ausgeführt zu werden. Dieser Gedanke ließ ihn die Stirn runzeln. „Wie …“, begann Sanji, wurde aber durch Zoro unterbrochen, der zeitgleich den Mund geöffnet hatte. „Du warst Koch?“ fragte er in dem Versuch, ein kleines Gespräch in Gang zu bringen. Sanji schnaubte. „Ich bin Koch!“ antwortete der Blonde im Brustton der Überzeugung. „Nur, weil ich jetzt nicht mehr als solcher arbeiten kann, höre ich nicht auf, einer zu sein.“ Zoro nickte darauf hin lediglich leicht mit dem Kopf. Und wieder war es still zwischen ihnen. „Wie komm ich eigentlich zu der Ehre, von dir eingeladen zu werden? Und dann auch noch in so ein schickes Restaurant?“ durchbrach Sanji diese schließlich und gab damit auch gleichzeitig seiner Neugier nach. Zoro, der gerade an seinem Getränk nippte, sah ihn an und zuckte mit den Schultern. „Eine kleine Belohnung, da deine Ausbildung so gut wie beendet ist“, antwortete er neutral und stellt das Glas zur Seite. Aufmerksam beobachtete Sanji, wie Zoro neben sich griff und ein kleines Päckchen – hübsch verpackt – zutage förderte. Überrascht hob der Blonde eine Augenbraue, als dieses wortlos vor ihm abgelegt wurde. „Was ist das?“ fragte er erstaunt nach, zupfte leicht an den Bändern des Präsents. Wieder ein Schulterzucken seitens Zoros. „Ein kleines Geschenk“, gab Zoro von sich. Skeptisch und mit äußerster Vorsicht begann er das Päckchen auszupacken. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl, schrillten seine inneren Alarmglocken. Nachdem sämtliche Bänder und das Papier entfernt war, lag eine schlichte Holzkiste vor ihm. Er warf nochmals einen fragenden Blick auf Zoro und hob dann den Deckel langsam an. Mitten in der Bewegung erstarrte er, blicke die silberne Handfeuerwaffe mit großen Augen an. „Was …?“ begann er fassungslos.
 

Zoro beugte sich etwas nach vorn, schaute ihn ernst an. „An dem Tisch dahinten sitzt ein braunhaariger Mann. In seiner Aktentasche befindet sich ein CD-Rom. Du hast zehn Minuten Zeit, diese zu holen und damit nach draußen hinter das Gebäude zu kommen. In der Herrentoilette befindet sich ein Fenster, dass zum Hof führt. Dort wartete die Limousine. Solltest du innerhalb der zehn Minuten nicht dort auftauchen, ist der Wagen weg und du auf dich allein gestellt“, erklärte Zoro ruhig, gerade so, als würden sie sich lediglich über das Wetter unterhalten und stand dann auf. Er war schon halb am Tisch vorbei, als er nochmals stehen blieb und auf Sanji herabblickte. „Denk gar nicht erst daran und versuch auch nicht zu fliehen. Wir finden dich, egal in was für einem Loch du dich verstecken würdest“, warnte er den Blonden leise und suchte sich dann einen Weg zwischen den Tischen hindurch zum Ausgang.
 

Aus geschockt geweiteten Augen starrte Sanji ihm kurz hinterher, bevor er die Hände zu Fäusten ballte und auf die Holzkiste vor sich blickte. Dieser verdammte Mistkerl. Warum hatte er nur angenommen, dass es sich hier lediglich um eine Essenseinladung zum Abschluss seiner Ausbildung handeln könnte? Und schon wieder befand er sich mitten in einer Gewissensfrage, grübelte was er nun tun sollte, während die Zeit unerbittlich gegen ihn lief. Kurzentschlossen holte er die Waffe hervor, erhob sich und schritt mit grimmigen Gesichtsausdruck auf den von Zoro gemeinten Tisch zu. Kühl lag die Waffe in seiner Hand, der Arm hing gerade nach unten und das Gewicht der Schusswaffe konnte er deutlich an seinem Oberschenkel spüren. Am Tisch des Mannes angekommen hob er die Waffe und hielt sie diesem an den Kopf. „Rück die CD-Rom raus“, herrschte er diesen kalt an. Kein Zittern in der Stimme und auch seine Hand blieb vollkommen ruhig, verriet nichts von dem inneren Gefühlssturm, der Angst und Aufregung, die von ihm Besitz ergriffen hatte.
 

Unbeeindruckt hob sein Gegenüber den Kopf, musterte ihn kurz und widmete sich wieder dem Essen. „Sicher, dass du es dir gut überlegt hast, was du hier tust? Du wirst das Restaurant nicht lebend verlassen, Kleiner“, meinte dieser abfällig. Leise knurrte Sanji. Er hasste es, wenn man ihn ‚Kleiner’ nannte und wenn man ihn unterschätzte. Aus dem Augenwinkel sah er einen wahren Bär von einem Mann auf ihn zustürmen. Noch bevor dieser überhaupt Hand an Sanji legen konnte, hatte der Blondschopf das Bein gehoben und diesen aus der Drehung heraus mit einem kräftigen Kick einmal quer durch das Restaurant geschickt. Die Pistole lag nach der Aktion wieder an der gleichen Stelle wie zuvor. „Ob ich hier lebend raus komme oder nicht, das lass mal mein Problem sein. Und jetzt schieb die verdammte CD rüber“, knurrte Sanji, entsicherte die Waffe.
 

Klappernd sank der Löffel zurück in die Suppe. „Du bist so gut wie tot“, erwiderte der Braunhaarige und blitzte Sanji wütend an. Ein schneller Blick bestätigte dem Blondschopf, dass sich ihm nun von mehreren Seiten bewaffnete Bodyguards oder ähnliches näherten. Kurzerhand rammte er dem Mann seinen Ellenbogen ins Gesicht, öffnete den Aktenkoffer selbst und schnappte sich die CD-Rom. Über die Tische sprang er zum anderen Ende des Lokals, eilte die Treppe zu den Sanitäranlagen runter, riss die Tür zur Herrentoilette auf und steuerte das Fenster an. „Nein“, hauchte er ungläubig und starrte das mit schweren Eisengittern verschlossene Fenster an. „Du verdammter Mistkerl“, schrie er und trat mit ganzer Kraft gegen eine der Kabinentüren, welche sofort nachgab und in viele Einzelteile zersplitterte.
 

Seine Gedanken überschlugen sich. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis seine Verfolger hier auftauchten. Er musste hier weg und zwar schnell. Er wusste nicht mal, wie viel Zeit ihm überhaupt noch blieb. Sanji rannte den Weg bis zu den Treppen zurück, drehte aber augenblicklich um, als ihm die Handlanger des braunhaarigen Mannes entgegen kamen. „Verfluchte Scheiße“, schimpfte er, duckte sich und brachte sich hinter einem Wandvorsprung vor einer Salve Kugeln in Sicherheit. Doch nur für den Moment. Die schweren Schritte kamen immer näher. Gleich würden sie ihn erreicht haben und dann würde es aus mit ihm sein. Aber er wollte doch noch nicht sterben. Nicht jetzt, nicht hier und schon gar nicht so! Verzweifelt huschten seine Augen umher, blieben an einer kleinen, unscheinbaren Tür schräg von ihm auf der anderen Seite des Flurs hängen. Er hatte keine Ahnung, wo diese hinführte, war auch egal, er musste hier weg, wenn er nicht gleich von Kugeln durchlöchert werden wollte. Mit einem waghalsigen Sprung überquerte er den Flur und verschwand hinter der Tür, lehnte sich auf der anderen Seite dagegen. Tief atmete er ein und aus, konnte es nicht glauben, dass er es wirklich durch diesen Kugelhagel geschafft hatte.
 

Das Gehämmere und Gepoltere gegen die Tür erinnerte ihn daran, dass er noch lange nicht außer Gefahr war. Schnell rappelte er sich auf und sah sich um. Er befand sich in einer Küche. Toll. Unter anderen Umständen hätte er dieser weitaus mehr Beachtung geschenkt und hätte auch mal einen Blick über die Schultern der Köche in die Töpfe geworfen. Doch jetzt hatte er andere Probleme. Sanji stieß sich von der Tür ab und rannte die Gänge, auf der Suche nach einem Ausweg, entlang. Stellte nebenbei fest, dass er seinen Platz an der Tür gerade rechtzeitig verlassen hatte, da diese nun auf ihre Kugelsicherheit geprüft wurde. Zum Leidwesen aller Personen in der Küche, war die Tür nicht sehr stabil.
 

Während sich die Köche und Küchenjungen duckten und flach auf den Boden drückten, rannte Sanji so schnell er konnte bis zum anderen Ende der langen Küche, versteckte sich dort hinter einem der silbernen Tische, die Waffe im Anschlag. Was nun? Der Raum war hier zu Ende und er saß in der Falle. Stumm fluchte er, drehte sich leicht um und schielte zu seinen Verfolgern. Schnell duckte er sich, als er sah, wie diese auf ihn anlegten. Fest kniff er die Augen zusammen, wartete, bis der Kugelhagel verebbte und öffnete die Augen wieder. Wie hypnotisiert starrte er die silberne Klappe wenige Meter vor sich an. Wieso war ihm diese nicht schon eher aufgefallen? Das war eindeutig die Müllklappe, kannte er aus dem Baratie. Sollte er es wagen? Wusste er doch nicht, wie weit und wie steil diese nach unten ging. Aber wenn er weiter hier rumsaß und nichts tat, würde es gleich aus mit ihm sein. „Oh, scheiß drauf“, fluchte Sanji, hob die Waffe über seinen Kopf und feuerte diese wahllos ab. Er ließ die Waffe fallen, richtete sich auf, machte einen Schritt nach vorn und sprang dann Kopfüber, die Arme nach vorn gestreckt, in die viereckige Öffnung.

A small piece of freedom (Ein kleines Stückchen Freiheit)

In einem rasanten Tempo rutschte der Blonde die steile, silberne Röhre lang runter. Leise Zweifel kamen in ihm auf, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war. Erschossen werden klang, im Gegensatz zu mit dem Kopf auf Stein aufzukommen, um einiges verlockender. Doch für ein Zurück war es längst zu spät. Licht tauchte am Ende des Tunnels auf und ehe er sich versah, landete Sanji, Kopf voran, in einer riesigen Tonne voll von Küchenresten, welche seinen Sturz weich abfingen. Kurz atmete der Blondschopf durch, rümpfte dann die Nase und kletterte eilends aus dem Müllbehälter heraus. Schnell zupfte er noch ein Salatblatt von seinem Kopf, bevor er eine wacklige Holztreppe nach oben und aus dem Keller stürmte.
 

Kaum, dass er das Untergeschoss verlassen hatte, sah er auch schon in einiger Entfernung die wartende Limousine. Eine unendliche Wut stieg in ihm auf und von einer dunklen, schwarzen Aura umgeben stampfte er auf das Auto zu. Er würde diesem Graskopf ja so was von den Arsch aufreißen und es mehr als nur genießen, diesen einmal quer durch die Stadt zu kicken.
 

„DU!“ zischte er, als er die hintere Tür der Limousine aufgerissen und Zoro aus schmalen Augen fixiert hatte. Lässig hob Zoro eine Augenbraue. „Wurde ja langsam Zeit. Die zehn Minuten sind nämlich um“, erwiderte er ruhig und packte eine Stoppuhr weg. „Du mieser, kleiner…“ Sanji schäumte vor Wut so sehr, dass ihm noch nicht mal eine passende Beleidigung für den Grünhaarigen einfiel. „Marimo“, presste er zwischen seinen Lippen hervor. „Dieses verdammte Fenster war mit schweren Eisengittern verschlossen! Und erzähl mir jetzt nicht, dass du das nicht gewusst hast. Ich werde dir dafür so was von in den Arsch treten, dass noch deine Enkelkinder einen großen Bogen um jede Sitzgelegenheit machen werden“, zeterte der Blondschopf. „Reg dich ab“, brummte Zoro, griff Sanjis Handgelenk und zog ihn in den Wagen. Sobald die Tür hinter diesem zugefallen war, setzte sich das Auto auch schon in Bewegung. Sanji wurde mehr oder weniger sanft auf einen Sitzplatz dirigiert. „Lektion eins: Vertraue niemandem. Lektion zwei: Die Dinge sind nie so, wie sie scheinen. Und Lektion drei: Erwarte immer das Unerwartete und sei auf alles vorbereitet“, teilte Zoro dem Blonden mit und griff erneut nach dessen Hand, zog diese zu sich. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zog er ein dunkelgrünes, fast schwarzes Tuch aus der Tasche und verband damit die kleine Verletzung an Sanjis Handrücken.
 

Perplex starrte Sanji Zoro an. Brauchte einen Augenblick, um dessen Worte zu verarbeiten und noch einen weiteren, um zu registrieren, dass er sich anscheinend verletzt hatte. „Hier“, erhob Zoro schließlich wieder das Wort und hielt dem Blondschopf einen kleinen, silbernen Schlüssel vor die Nase. Skeptisch betrachtete er diesen. „Was ist das?“ hakte er nach. „Wonach sieht es denn aus?“ fragte Zoro zurück. „Das ist ein weiteres Geschenk.“ Sanji schnaubte. „Kannst du behalten. Für heute hab ich genug Überraschungen durch deine Geschenke gehabt“, brummte er missgestimmt, lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen zurück und starrte finster aus dem Fenster. Zoro zuckte mit den Schultern, verstaute den Schlüssel wieder in seiner Hosentasche und lehnte sich ebenfalls in seinem Sitz zurück.
 

Schweigend verlief der Rest der Fahrt, beide hingen ihren eigenen Gedanken nach, bis die Limousine vor einem weißen Wohnhaus hielt. „Das hier ist nicht das Gebäude der CP 9“, stellte Sanji fest. „Richtig“, bestätigte ihm Zoro und stieg aus. „Kommst du?“ Misstrauisch folgte der Blondschopf Zoro aus dem Wagen. Sah dabei zu, wie dieser die Haustür des Mehrfamilienhauses aufschloss und auf den Fahrstuhl am Ende des Ganges zuschritt. „Was wollen wir hier?“ versuchte er Zoro ein paar Informationen zu entlocken. „Wirst du gleich sehen“, erwiderte dieser, stieg in den Aufzug, nachdem sich die Türen geöffnet hatten und drückte den Knopf für die 17. Etage. Fragend sah Sanji den Grünhaarigen an, blieb aber weiterhin wachsam und argwöhnisch. Zu deutlich hallten Zoros Worte von vorhin im Wagen in ihm wider.
 

Kaum, dass sich die Fahrstuhltüren abermals geöffnet hatten, ging Zoro zielstrebig den langen, hellen Flur entlang. Vor der Wohnungstür mit der Nummer 1317 blieb er schließlich stehen, schloss die Tür auf und betrat die Wohnung. „Dein neues Zuhause“, teilte Zoro mit und hielt Sanji erneut die Schlüssel vor die Nase. Verwirrt blinzelte der Blondschopf ihn an, betrat zögernd die Wohnung und sah sich um.
 

Er stand inmitten eines hellen Wohnzimmers. Gleich neben der Tür befand sich die doch recht großzügig geschnittene, offene Küche. Auf der gegenüberliegenden Seite führten zwei Stufen in das Schlafzimmer und wahrscheinlich auch ins Bad. So genau konnte er das von hier aus nicht sehen. Vorsichtig machte er ein paar Schritte in die Wohnung, strich mit den Fingerspitzen leicht über die Arbeitsfläche der Küchenzeile, welche die Küche von dem Wohnzimmer trennte und schaute sich mit großen Augen in der Wohnung um, ignorierte dabei den Blick Zoros, welcher mit verschränkten Armen neben der Eingangstür lehnte und ihn musterte. „Wo ist der Haken?“ fragte Sanji misstrauisch. Schlussendlich, nach Beendigung der kleinen Besichtigung, stellte sich Sanji an die große Balkontür und schaute nachdenklich nach draußen. Was sollte das? Warum bekam er auf einmal eine Wohnung? Eine eigene Wohnung, für ihn ganz allein und weit ab von den Räumlichkeiten der Organisation, wohlgemerkt. „Warum?“ fragte er leise. „Hmm?“ machte Zoro, hob eine Augenbraue, änderte ansonsten nichts an seiner lässigen Haltung. „Was meinst du?“ Sanji drehte sich um, fixierte den anderen Mann mit einer Mischung aus Verärgerung und Verwirrung. „Du weißt ganz genau, was ich meine“, herrschte er den Grünhaarigen an. „Was soll das alles hier?“ Er machte eine weit ausholende Geste, die den gesamten Raum einschloss. „Warum bekomm ich auf einmal diese Wohnung? Weit ab von euren neugierigen Augen?“ Ruhig erwiderte Zoro den herausfordernden Blick, lehnte auch weiterhin völlig gelassen an der Wand. „Deine Ausbildung ist abgeschlossen“, begann er zu erklären. „Du hast die letzte Prüfung bestanden und hast dadurch ein paar Rechte erhalten. Unter anderem, dass du nicht mehr zwangsläufig in der Organisation wohnen musst. Dachte, es würde dir hier besser gefallen, als in dem kleinen Zimmer, welches du in den letzten Monaten bewohnt hast. Aber wenn du nicht willst…“ Zoro zuckte gleichgültig mit den Schultern.
 

Perplex starrte Sanji sein Gegenüber an. Zoro machte sich Gedanken um ihn? Und warum, verflucht noch mal, begann sein Herz dabei zu hüpfen und schneller zu schlagen? Skeptisch und misstrauisch zog er die Augenbrauen zusammen. Ihm gefiel die Wohnung und auch die Vorstellung, etwas abseits der Organisation zu leben, doch glaubte er nicht, dass ihm dies alles einfach so geschenkt wurde, ohne Haken oder ähnliches. „Wo ist dabei der Haken?“ erkundigte er sich sogleich und Zoro seufzte leise. „Warum denkst du, dass es einen Haken gibt?“ stellte er eine Gegenfrage. Sanji schnaubte. „Weil ich Euch mittlerweile kenne. Ihr tut nichts ohne Gegenleistung, Hintergedanken oder Euch einen Vorteil zu verschaffen.“ Zoros selbstgefälliges, zufriedenes Lächeln irritierte ihn. „Du scheinst ja doch noch ne ganze Menge mehr gelernt zu haben, als ich dachte“, meinte dieser und stieß sich von der Wand ab, schlenderte langsam auf Sanji zu. „Kein Haken“, antwortete er schließlich, nachdem er dicht vor dem blonden, jungen Mann stehen geblieben war. „Nur ein paar Regeln, die zusätzlich gelten und einzuhalten sind.“ Erneut schnaubte der Blondschopf. Von wegen kein Haken, was waren zusätzliche Vorschriften denn bitte schön sonst?? „Ich höre“, erwiderte Sanji und unterdrückte das Verlangen, sich eine Zigarette anzuzünden.
 

„Als erstes“, begann Zoro aufzuzählen. „Du bist immer und überall zu jeder Tages- und Nachtzeit für uns erreichbar.“ Wie durch Zauberei, hatte er ein Handy in der Hand, welches er prompt in der Hosentasche des Blondschopfs verschwinden ließ. „Trag es immer bei dir. Egal, wo du bist oder hingehst und sorge dafür, dass der Akku immer geladen ist. Zubehör liegt dort hinten in der Schublade.“ Erstaunt hob sich Sanjis fein geschwungene Augenbraue. Die hatten hier schon Dinge deponiert, ohne zu wissen, ob er die Wohnung überhaupt annehmen würde? „Guck nicht so“, brummte Zoro. „Ich bin mir sicher, dass du die Wohnung willst, egal, was da noch für Forderungen kommen.“ „Aha“, machte der Blondschopf. „Das eben war Punkt eins. Was gibt es sonst noch?“ fragte er dann. Zoro lächelte schief. „Du stehst nicht mehr unter dauernder Beobachtung. Das heißt jedoch nicht, dass du jetzt machen kannst, was du willst.“ Und schon wieder schnaubte Sanji. Als ob ihm das nicht bereits klar gewesen wäre. „Kontaktaufnahme mit alten Bekannten bzw. generell mit Leuten, die dich von früher kennen, ist strikt verboten. Die Gegend rund um das Baratie ist absolute Sperrzone für dich. Verstanden?“ Abwartend schaute Zoro den blonden, jungen Mann an. Sein Tonfall duldete keinen Widerspruch und dennoch wartete er nur darauf. Sanji presste seine Lippen fest aufeinander, so dass diese nur noch ein schmaler Strich waren. Trotzig erwiderte er den festen, starren Blick des Grünhaarigen. „Ob du verstanden hast?“ wiederholte Zoro gefährlich leise und zischend, stützte eine Hand dicht neben dem Blonden an der Wand ab. „Ja“, quetschte Sanji zähneknirschend hervor, ignorierte, wie so oft in den letzten Monaten, sein wild schlagendes Herz, ob der Nähe zu Zoro. Klar und deutlich hatte er Zoros Worte gehört und sie auch verstanden, doch ob er sich auch daran halten würde, war eine ganz andere Frage.
 

„Punkt drei“, fuhr Zoro fort und riss Sanji somit aus seinen Gedanken. „Falls du jemanden kennen lernen solltest oder ein Nachbar dich in ein Gespräch verwickelt und fragt, was du machst, als was du arbeitest, dann sagst du, dass du zur Zeit auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit bist. Du bist gerade auf einen Selbstfindungstrip, versuchst dich neu zu orientieren. Mit keiner Silbe darfst du etwas über die Organisation preisgeben.“ Eindringlich sah Zoro den Blondschopf an, welcher nur das Gesicht verzog. „Für wie bescheuert hältst du mich eigentlich?“ giftete Sanji. Frech grinste Zoro, wandte sich von ihm ab und schlenderte zur Wohnungstür. In der geöffneten Tür blieb er mit dem Rücken zu dem Blondschopf stehen, eine Hand lag locker auf der Klinke, welche dem Hausflur zugewandt war. „Ich halte dich nicht für bescheuert“, meinte er mit todernster Stimme und Sanjis Augen wurden vor Erstaunen riesengroß, nur um sich bei den weiteren Worten des Grünhaarigen zu Schlitzen zu verengen. „Nur für sehr blond“, fügte dieser nämlich mit einem hörbar fiesen Grinsen an. „Du!“ grollte Sanji und Zoro zog es vor, schnell die letzten Schritte aus der Wohnung zu machen und die Tür hinter sich zuzuziehen. Genau im richtigen Moment, wie er an dem schweren Poltern gegen die Tür erkannte, fragte sich aber, was der Blonde so schnell griffbereit gehabt hatte, was dieser gegen die Tür geworfen hatte. Schulterzuckend versenkte er die Hände in den Hosentaschen und machte sich auf den Weg, das Gebäude zu verlassen.
 

Mit vor Wut zusammengeballten Händen starrte Sanji die geschlossene Tür an. „Idiot“, grummelte er die Tür an und humpelte dann zu dieser hinüber, streifte seinen Schuh wieder über seinen Fuß. Die Aktion war schon ziemlich kindisch gewesen, aber daran war nur sein überschäumendes Temperament schuld. Schulterzuckend drehte er sich um, ließ seinen Blick durch die Wohnung schweifen und ein Lächeln zierte mit einem Mal seine Lippen. Seine eigene Wohnung! Ein Platz ganz für sich allein. Fern ab von den Augen der Organisation. Hier konnte er tun und lassen, was er wollte. Ohne darüber nachzudenken, führten seine Füße ihn schnurstracks ins Schlafzimmer und erschöpft sowie todmüde fiel er auf das große, weiche, gemütliche Bett. Noch ehe sein Kopf das Kissen richtig berührte, war er eingeschlafen. Einfach nur glücklich, über das kleine bisschen Freiheit, was er bekommen hatte.

First Mission (Der erste Auftrag)

Völlig gerädert und mit ganz kleinen Augen schlich Sanji durch die langen Flure der CP9. Er fühlte sich, als hätte man ihn aus dem Bett getreten und anschließend durch den Fleischwolf gedreht. Dieses Gefühl war kein Wunder, wenn man bedachte, dass er von einem absolut grausigen Klingelton in einer absolut unmöglichen Lautstärke mitten in der Nacht aus dem Tiefschlaf gerissen worden war. Und der Vibrationsalarm hatte sein übriges getan, um ihn senkrecht im Bett sitzen zu lassen und dann mit einem Satz aus diesem raus zu springen. Verpeilt hatte er nach der Ursache gesucht, hektisch seine Hosentaschen durchwühlt, bis er auf das kleine Gerät gestoßen und ihm schlagartig alles wieder eingefallen war. Die Essenseinladung, das Restaurant, der letzte Test und schließlich die Übergabe der Wohnung, zusammen mit dem Handy. Verwirrt hatte er das Gespräch angenommen, nur um dann von einem schlecht gelaunten Zoro brummend in die geheiligten Räume der CP9 beordert zu werden. Ohne weitere Erklärung hatte sein Gesprächspartner aufgelegt. Keine Mitteilung darüber, warum er jetzt, mitten in der Nacht, dorthin kommen sollte. Nur ein ‚Sofort’ und ein ‚Beeil dich’ hatte der Grünhaarige, welcher just in diesem Moment auf ihn zu kam, noch geknurrt.
 

„Was issen los?“ fragte Sanji nuschelnd und total verschlafen, als Zoro auf einer Höhe mit ihm war. „Einsatzbesprechung“, knurrte dieser einsilbig und musterte den Blonden. „Was ist?“ fauchte Sanji den Grünhaarigen an, konnte es absolut nicht leiden, so angestarrt zu werden. Ungerührt ließ Zoro seine Augen weiter über sein Gegenüber gleiten, der sich sichtlich unwohl unter diesem Blick fühlte und von Sekunde zu Sekunde angepisster wurde. „Du siehst müde aus“, brummte Zoro schließlich und Sanji klappte der Unterkiefer nach unten. Doch schnell hatte er sich wieder im Griff. Er schloss den Mund wieder, presste die Lippen fest aufeinander und versuchte, den anderen allein durch seine Blicke dazu zu bewegen, auf der Stelle tot umzufallen.
 

Zoro beachtete diesen Blick nicht weiter, steckte die Hände in die Hosentaschen und ging an Sanji vorbei. „Du kannst dich anstrengen, so sehr du willst, aber so schnell wirst du mich nicht los. Das haben schon andere versucht. Und jetzt komm. Lucci wartet“, brummte er. Sanji ballte seine Hände zu Fäusten, schloss die Augen und atmete tief durch. ‚Ruhig, ganz ruhig bleiben’, sprach er sich selbst in Gedanken zu. Doch alles gute Zureden half nichts. In einer fließenden Bewegung drehte er sich um, riss sein Bein hoch und zielte auf den Grünling, mit der Absicht, diesen an die nächstbeste Wand zu befördern.
 

Blitzschnell wandte Zoro sich um, fing den Fuß, welcher schier unaufhaltsam auf seine Rippen zuflog, mit den Händen ab. Überrascht weiteten sich seine Augen, als er dem Druck hinter Sanjis Tritt nicht standhalten konnte und seine Füße über den Boden rutschten, bis sie durch die Wand am Weiterrutschen gehindert wurden. Rasch legte sich seine Verblüffung und das übliche, überhebliche Grinsen kehrte auf seine Lippen zurück. „Lass uns das hier auf später verschieben“, sagte er und ließ Sanjis Fuß los. „Lucci wartet nicht gern und wir kommen eh schon zu spät“, fügte er an und drehte sich um. „Dann sollten wir aber auch den richtigen Weg nehmen“, knurrte Sanji, griff nach Zoros Arm und zog ihn in die entgegengesetzte Richtung. Abermals weiteten sich Zoros Augen, erschrocken blickte er auf die Hand, die locker, aber dennoch unnachgiebig sein Handgelenk umfasste. Die Haut, welche der Blondschopf berührte, kribbelte unangenehm – nein – das Gefühl war angenehm, verwirrte ihn. Es war lange – verdammt lange – her, dass er diese Art von Kribbeln zum letzten Mal gespürt hatte. Warum tauchte es jetzt auf einmal wieder auf? Weil diese blonde Giftnudel ihn berührte? Unwirsch riss er sich los, brachte zeitgleich seine Gesichtszüge wieder unter Kontrolle, stopfte die Hände in die Hosentaschen und lief schweigend, sowie stur gerade aussehend neben dem Blondschopf her. Konzentrierte sich darauf, sämtliche irritierende Gedanken und Gefühle aus seinem Kopf, Geist und Körper zu verbannen.
 

Sanji hob lediglich eine Augenbraue und schielte aus dem Augenwinkel zu dem Grünhaarigen, als dieser seinen Arm ruckartig zurück zog. Innerlich zuckte er mit den Schultern, tat Zoros Verhalten als eine weitere mysteriöse Eigenart ab. „Wer ist eigentlich dieser Lucci?“ erkundigte er sich, um das Schweigen und die plötzliche, merkwürdige Stimmung zwischen ihnen zu durchdringen.
 

„Rob Lucci ist der Chef der CP9 und für die Planung aller Einsätze verantwortlich“, informierte Zoro ihn knapp, stieß die große Flügeltür auf und marschierte direkt auf den Besprechungsraum, welcher sich etwas oberhalb auf einer Balustrade hinter großen Glasfronten befand, zu.
 

Sanji blinzelte, starrte den schwarzgelockten Mann mit dem doch recht eigenwilligen Bart an, sobald sie das Zimmer betreten hatten. Sein erstaunter Blick lag nicht etwa an dem schwarzen Zylinder, den dieser Lucci zu seinem perfekt maßgeschneiderten, schwarzen Anzug auf dem Kopf trug. Sondern an dem, was sich da auf seiner rechten Schulter befand. Saß da wirklich eine weiße Taube? Eine weiße Taube mit einem schwarzen Schlips wohlgemerkt! Sanji schloss seine Augen, schüttelte kurz den Kopf und öffnete seine Augen wieder. Nein, keine Sinnestäuschung. Die Taube mit der Krawatte war immer noch da.
 

„Wie schön, dass ihr uns auch mit eurer Anwesenheit beehrt“, gurrte die Taube auf einmal und Sanji hatte sichtlich Mühe, seinen Unterkiefer daran zu hindern, nach unten zu klappen. Leise und nur verhalten hörte er Zoro knurren. Dieser dirigierte ihn gerade auf einen freien Stuhl und bedeutete ihm mit festem Druck auf die Schulter, sich zu setzen. Anschließend ließ sich der Grünhaarige auf den Stuhl neben ihn fallen.
 

„Da wir nun vollständig sind, können wir ja anfangen“, kam es aus dem Schnabel der Taube. Sanji sah sich um. Niemand der anderen schien sich an dem quatschenden Vogelvieh zu stören. „Lucci“, ermahnte Kalifa den Schwarzhaarigen mit der Taube und rückte ihre Brille zurecht. Kurz warf dieser ihr einen Blick zu, bevor er einen Knopf auf der Fernbedienung in seiner Hand betätigte und sich daraufhin ein Hologrammbild öffnete. „Don Creek“, begann nun Lucci zu sprechen und deutete auf das Bild. „Auch genannt ‚Der Pate des Eastblue’. Er ist seit zweit Tagen in der Stadt und residiert in dem Hotel Red Carpet Inn. Heute Abend wird er die Stadt wieder verlassen. Davor wird er sich aber noch mit einem russischen Geheimagenten, über den unsere Informanten noch nichts herausfinden konnten, treffen und ihm hochsensible Unterlagen überreichen. Diese Unterlagen dürfen nicht übergeben werden. Das ist unser erstes Ziel. Das zweite ist, Don Creek festzusetzen.“ Sanji hörte aufmerksam zu, verstand die Worte und was eigentlich von ihm erwartet wurde. Aber dennoch bildeten sich in seinem Kopf jede Menge Fragezeichen, während Lucci den Plan und ihre Vorgehensweise erklärte.
 

Eine gute Stunde später wurden sie aus dem Besprechungszimmer entlassen und Sanji folgte Zoro durch einen wahren Irrgarten von Gängen. „Und was machen wir jetzt?“ erkundigte er sich. Zoro, der die Hände mal wieder in den Hosentaschen versenkt hatte, ging stur geradeaus, vermied es, Sanji anzusehen. „Schlafen“, brummte er missgestimmt. Verdutzt guckte Sanji den Grünhaarigen an. „Schlafen?“ fragte er verwirrt. „Ja, schlafen“, bestätigte Zoro, legte die Hand auf die Klinke der Tür, vor der er gerade stand. „Ist noch was?“ erkundigte er kühl und schaute den Blonden genau so an. „Ihr schmeißt mich mitten in der Nacht aus dem Bett, beordert mich her, um mir eine Stunde lang den Einsatzplan anzuhören und dann soll ich wieder schlafen gehen?“ fragte Sanji nach und suchte in Zoros Gesicht nach einem Anzeichen eines Scherzes. Zoro seufzte. „Die Aktion findet heute Mittag statt“, begann er zu erklären. „Allerdings sind bis dahin noch einige Dinge vorzubereiten, von anderen Leuten. Wir, das heißt du und ich, haben jetzt erst mal nichts weiter zu tun, daher werde ich jetzt schlafen gehen. Was du machst, ist ganz dir überlassen.“ Freudlos trat Sanji mit dem Fuß gegen die Wand. „Und was soll ich machen?“ fragte er mürrisch. „Keiner von denen, die ich kenne ist hier oder wach. Zurück nach … in die Wohnung ist auch sinnlos. Da verplempere ich ja mehr Zeit mit dem Hin- und Herfahren, als alles andere. Und schlafen geht auch schlecht, hab ja kein Bett hier.“ Zoro seufzte abermals. „Dann komm halt mit in mein Zimmer.“ Die Worte waren draußen, bevor er darüber nachdenken konnte. Gerade noch rechtzeitig konnte er seine Gesichtszüge daran hindern, zu entgleisen. Der blonde Kopf ruckte hoch. Blaue Augen fixierten ihn neugierig und ungläubig. „Ist das dein Ernst?“ fragte Sanji nach. „Ja“, knurrte Zoro, öffnete die Tür und trat in das kleine, spartanisch eingerichtete Zimmer. Er wollte und konnte seine Worte nicht zurück nehmen. Würde es dem Blonden doch nur zeigen, dass er sich nicht immer unter Kontrolle hatte, ihm auch mal Worte einfach so raus rutschten und er etwas tat, was nicht geplant war.
 

Zögernd betrat Sanji den Raum, schaute sich mit großen Augen um, obwohl es nicht viel zu sehen gab. An der gegenüberliegenden Seite der Tür stand ein Bett, auf welches sich Zoro gerade rücklings fallen ließ. Ein recht großes Doppelbett, wie Sanji erstaunt feststellte. An der Wand rechts neben dem Bett stand ein kleiner Schreibtisch mit dem dazugehörigen Drehstuhl. In der Mitte des Schreibtisches lag ein hochmoderner, pechschwarzer Laptop und gleich daneben ein kleines Handy, das dem seinen sehr ähnlich war. Mit den Fingerspitzen fuhr er über die glatte Oberfläche des Nussbaumholzes. Auf der anderen Seite stand ein Sideboard sowie ein eintüriger Kleiderschrank. Keinerlei Accessoires standen auf der Oberfläche der Kommode. Auch sonst gab es nichts, was den Raum etwas auflockerte, ihm etwas wohnliches, heimisches verlieh. Nur drei längliche Gegenstände – ein weißer, ein rot-schwarzer und ein komplett schwarzer – lehnten an der Wand neben Zoros Bettseite. „Was ist das?“ fragte Sanji neugierig und kam etwas näher. Zoro öffnete eines seiner bereits geschlossenen Augen, folgte dem Blick des Blonden. „Katana“, antwortete er einsilbig. „Nicht anfassen“, fügte er noch brummend hinzu und Sanji blieb abrupt stehen. „Gleich drei Stück?“ frage Sanji weiter. „Sammelst du die?“ Genervt seufzte Zoro. Warum musste der Blondschopf auch ständig quatschen? Er wollte doch nur seine Ruhe haben. „Nein, ich sammle sie nicht. Ich kämpfe im Drei-Schwerter-Stil“, brummte er und drehte sich auf die Seite. „Und jetzt halt die Klappe und leg dich hin. Wir sollten nachher ausgeruht sein.“ Sanjis Augenbrauen schossen in die Höhe. Skeptisch musterte er die freie Bettseite. „Meinetwegen kannst du auch auf dem Boden schlafen, wenn dir das lieber ist“, hörte er erneut Zoros Stimme und er blickte diesen an. Die grünen Augen waren geschlossen. Schulterzuckend trat er auf das Bett zu und legte sich neben Zoro auf den Rücken. „Schlaf gut“, murmelte Sanji, schloss die Augen und war schneller eingeschlafen, als er gedacht hätte.
 

„Hmm“, machte Zoro und war ab dem Moment, als sich der schmale Körper des Blondschopfs auf der anderen Hälfte des Bettes niederließ, hellwach. Sein Herz schlug schneller, während die ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge Sanjis die Stille in dem kleinen Zimmer vertrieben. Deutlich konnte er die Wärme spüren, die der andere Körper ausstrahlte, obwohl da sehr viel Platz zwischen ihnen war. Warum brachte ihn die Nähe Sanjis durcheinander? Warum beschleunigte sich sein Herzschlag und warum wurde er so nervös, dass er nicht mehr schlafen konnte? Er konnte doch sonst immer und überall und unter den unmöglichsten Gegebenheiten schlafen. Gefühle … Verächtlich verzog er das Gesicht. Gefühle waren etwas, was er nicht brauchte, sich nicht leisten konnte, behinderten sie ihn doch nur in der Ausführung seines Jobs. Und waren es nicht diese ‚Gefühle’ gewesen, die ihn erst in diese Situation und schließlich hierher zur CP9 gebracht hatten? Fest presste er seine Augen zusammen, konzentrierte sich auf seine Atmung und schlief schlussendlich doch ein.
 


 

Sanji erwachte, streckte sich ein wenig, bevor er die Augen öffnete und … erschrak. Gerade noch in letzter Sekunde konnte er den Laut, der sich in seiner Kehle gebildet hatte und nach draußen wollte, wieder runterschlucken. Nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, musterte Sanji die im Schlaf so vollkommen entspannten Gesichtszüge Zoros. Er suchte die ihm wohl bekannte Härte und Kälte, oder auch diesen gewissen gehässigen Ausdruck, welche der Grünhaarige immer aufsetzte, wenn er ihn mal wieder reizte, ärgerte oder auf irgendeine Art und Weise schikanierte. Doch er fand nichts dergleichen. Zoros Antlitz strahlte Ruhe, Entspanntheit und Wärme aus. Er wirkte so jugendlich und auf eine merkwürdige Weise auch zerbrechlich. Sanji runzelte die Stirn. Keine Frage, Zoros Gesicht war immer noch männlich und markant, aber dennoch … Er konnte es sich nicht erklären, wie jemand im Schlaf komplett anders aussehen konnte. Zoro erschien ihm gerade, wie ausgewechselt.
 

Wie in Trance streckte Sanji eine Hand nach dem nur wenige Zentimeter von ihm entfernten Gesicht aus. Mit jedem Zentimeter, die sich seine Fingerspitzen Zoros Gesicht näherten, schlug sein Herz eine Nuance schneller. Als er schließlich die weiche Haut berührte, begannen seine Fingerkuppen zu kribbeln. Sacht bewegten sich die Finger über Zoros weiche Haut und erneut runzelte Sanji die Stirn. Weiche Haut? Ja, weiche, makellose Haut. Er war erstaunt, hätte nicht gedacht, dass sich Zoro so … so gut … anfühlte. Langsam wanderten seine Finger von der Wange zu Zoros Kinn, fanden dort zarte, vorwitzige Bartstoppeln vor, die ihn an den Fingerspitzen kitzelten. Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf seine Lippen. Ohne es selbst zu bemerken, bedachte er Zoro mit einem liebevollen, verträumten Blick, während seine Finger weiterhin dessen Gesicht erkundeten.
 

Erst als sich Zoro leicht zu regen begann, kam Sanji wieder zu sich und registrierte, was er da tat. Hastig zog er seine Hand zurück und sprang aus dem Bett. Er begann sich hektisch in dem Zimmer umzusehen, suchte etwas, hinter dem er seine rotglühenden Wangen verbergen konnte. Doch Zoro kuschelte sich lediglich etwas tiefer in die Laken und schmatzte kurz und zufrieden, dachte gar nicht daran, aufzuwachen.
 

Dennoch griff sich Sanji ein Buch, das oben auf der Kommode lag. Als er es anhob und sich mit diesem zu dem Schreibtisch begeben wollte, fielen zwei Bilder heraus, segelten zu Boden und blieben mit der belichteten Seite nach unten zeigend liegen. Neugierig bückte sich Sanji, hob die beiden Fotos auf und drehte sie um. Erstaunt betrachtete er das erste Bild. Ein etwa zehnjähriger Junge mit grünen Haaren – eindeutig Zoro – stand neben einem in etwa gleichaltrigen Mädchen mit blau-schwarzen Haaren. Frech grinsten die beiden Kinder in die Kamera, hielten beide jeweils mit einer Hand ein Holzschwert in die Höhe, welche sich in der Mitte überkreuzten. Auf einem Schriftzug an der Wand hinter den beiden konnte Sanji die Wörter ‚Koshiro’ und ‚Dojo’ entziffern. Er vermutete, dass es sich um den Ort handelte, an dem Zoro den Schwertkampf erlernt hatte. Aufmerksam musterten seine blauen Augen das Mädchen. Fragte sich, wer sie war und was für eine Beziehung Zoro zu ihr hatte. Langsam war er während der Betrachtung an den Schreibtisch heran getreten und ließ sich nun auf dem Stuhl nieder.
 

Er legte das Buch zur Seite und das erste Foto vor sich auf den Tisch, wandte seine Aufmerksamkeit nun dem zweiten Bild zu. Eine junge Frau lächelte ihm entgegen. Sie sah dem Mädchen von der anderen Fotografie zum verwechseln ähnlich. Doch fand Sanji einige Unterschiede zwischen den beiden. Liebevoll lächelte sie in die Kamera, hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und warf dem Fotografen einen koketten Blick zu. Sanjis Herz krampfte, zog sich schmerzhaft zusammen. Warum tat ihm der Gedanke, dass die Frau Zoro meinte, nur so weh? Aber noch mehr schmerzte die Vorstellung, dass Zoro das liebevolle Lächeln und den Blick höchstwahrscheinlich auf die selbe Art erwidert hatte.
 

Mit zittrigen Fingern legte er das Bild neben dem anderen auf der Tischplatte ab. Seine Augen huschten immer wieder von einem zum anderen, saugten jede noch so kleine Winzigkeit in sich auf. Er war so vertieft in die Betrachtung der Bilder, dass er erst bemerkte, dass Zoro nicht mehr schlief, als eine große Hand über seine Schulter griff und die Fotos an sich nahm. Erschrocken weiteten sich Sanjis Augen und er wartete förmlich darauf, von Zoro angeschrieen zu werden. Nach dem Motto, was ihm denn eigentlich einfiel. Umso überraschter war er, als der Grünhaarige sich nur wortlos umdrehte und die Bilder in der Schublade seines Nachtschränkchens verschwinden ließ. „Wer ist das auf den Fotos?“ fragte Sanji leise, sah, wie Zoro bei der Frage leicht zusammenzuckte und sich dessen Rücken versteifte.
 

Langsam drehte der Grünhaarige sich um. Die Augen hatte er geschlossen. Als sich diese öffneten, waren sie ausdruckslos. Keinerlei Emotion spiegelte sich darin wider. Genauso wenig, wie in seinem Gesicht. Einzig und allein die zur Faust verkrampfte Hand gab etwas von Zoros innerem Gefühlsleben wieder, verriet Sanji, dass die Bilder und seine Frage einen wunden Punkt in Zoro berührt hatten. „Das hat dich nicht zu interessieren“, antwortete der Grünhaarige tonlos und ruhig. Viel zu ruhig und beherrscht, wenn man Sanji fragte. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging Zoro zu Tür, öffnete diese und warf einen Blick zurück zu Sanji. „Kommst du?“ fragte er, immer noch mit dieser tonlosen, beherrschten Stimme. „Wir müssen los.“ Seufzend nickte der Blondschopf. Hatte er wirklich eine ernsthafte, ehrliche und informative Antwort auf seine Frage erwartet?
 


 

Skeptisch musterte Sanji die Kochuniform, die ihm von irgendeinem Gehilfen unter die Nase gehalten wurde. „Was soll ich damit?“ knurrte er, fasste mit spitzen Finger das schmuddelige Teil an. „Kurzfristige Planänderung“, brummte Zoro hinter ihm und eine Gänsehaut lief über Sanjis Rücken. Leicht drehte er den Kopf zu dem Grünhaarigen, hob fragend eine Augenbraue. „Don Creek hat ein Mittagessen auf sein Zimmer bestellt. Der Koch höchstpersönlich soll es rauf bringen. Die beste Gelegenheit für uns, einen Blick in sein Zimmer zu werfen und die Unterlagen zu organisieren“, erklärte Zoro.
 

Sanjis Augenbraue wanderte ein Stück nach oben, er musterte Zoro zweifelnd. „Ach, und jetzt denkt ihr, dass er so einfach einem wildfremden Koch, der sein Essen bringt – in einer absolut schmuddeligen Uniform! – gestattet, das Zimmer zu durchwühlen und ihn dann mit den Papieren unterm Arm gehen zu lassen!?“ Zoros Mundwinkel zuckten, doch unterdrückte er den Impuls und verdrehte lediglich seine Augen, richtete seinen Blick anschließend auf den Gehilfen, der Sanji immer noch die Kleidung hin hielt. „Besorg ein sauberes, anständiges Outfit“, brummte er. „Aber…“, setzte der Angesprochene an, wurde allerdings von Zoro unterbrochen. „Sofort. Und ein bisschen flott!“ Seine harschen Worte wurden noch von zu Schlitzen verengten, eiskalten Augen unterstützt und so schnell ihn seine Füße trugen, verschwand der Gehilfe, um das Aufgetragene zu besorgen.
 

Leicht schüttelte Sanji den Kopf, als er sah, wie der junge Mann sich zitternd entfernte. „Musst du ihm so eine Angst einjagen?“ fragte er und blickte Zoro vorwurfsvoll an. Dieser zuckte nur ungerührt mit den Schultern. „Du wolltest eine saubere Uniform und da wir einen engen Zeitplan einzuhalten haben…“ Sanji öffnete den Mund, wollte sich verteidigen, doch brachte Zoro ihn mit einer unwirschen Handbewegung zum Schweigen. „Zurück zum wesentlichen“, begann Zoro zu sprechen. „Don Creek wird erst in einer Stunde zurück sein. Genügend Zeit, um sich in seinem Zimmer umzusehen.“ „Und was, wenn er früher zurück kommt? Oder jemand anderes?“ „Dann hast du dich eben in der Uhrzeit vertan.“ Mit gerunzelter Stirn betrachtete Sanji sein Gegenüber, nahm nebenbei die neue Uniform entgegen. „Und falls wirklich etwas komplett schief gehen sollte, dann hast du ja immer noch die hier“, sprach Zoro weiter und drückte Sanji etwas schweres, kaltes in die Hand. Die blauen Augen weiteten sich, fassungslos starrte er auf die Schusswaffe in seiner Hand. Hart schmiegte sich das kalte Metall an seine Haut. „Zieh dich endlich um“, brummte Zoro und durchbrach Sanjis Starre.
 


 

Seine Hände waren schweißnass. Gemächlich und ruhig ging er den langen Hotelflur entlang, schob den Wagen mit den Mittagessen vor sich her. Er war nervös. Er war schrecklich nervös. Das hier war anders, vollkommen anders als die Sache im Restaurant. Da hatte er nur gehandelt, war getrieben von dem hohen Adrenalinspiegel und hatte nicht den Hauch einer Sekunde zum Nachdenken gehabt, sonst wäre er erledigt gewesen. Hier gab es einen Plan, einen Plan, an den er sich zu halten hatte und bei dem trotz allem noch jede Menge schief gehen konnte.
 

„Halt den Kopf gerade, sonst können wir nichts sehen“, brummte es in sein Ohr, erinnerte ihn daran, dass er nicht wirklich allein auf dem Flur war. Kurz bevor er losgegangen war, hatte Zoro ihm eine Brille auf die Nase geschoben. Eine kleine Kamera war in dieser eingebaut, sodass das restliche Team jeden seiner Schritte auf einem Monitor mitverfolgen konnten. Anweisungen bekam er von Zoro über einen kleinen Minilautsprecher, der fast unsichtbar in seinem Ohr steckte. „Ja, ja“, grummelte er leise, hob den Kopf etwas an und schaute stur geradeaus.
 

Vor der Tür mit der Zimmernummer 23 blieb er stehen, atmete einmal tief durch und klopfte an. „Zimmerservice!“ rief er laut. „Ich bringe Ihr bestelltes Essen.“ Keine Antwort. Sicherheitshalber klopfte er noch mal, bevor er die Generalschlüsselkarte hervor holte und die Tür damit aufschloss. „Hallo?“ rief er abermals, während er die Tür aufschob und seinen Kopf hindurch steckte. Niemand antwortete und auch sonst war es totenstill in dem Zimmer. Er schob den Servierwagen in den Raum, schloss die Tür hinter sich und sah sich um. „Sieh zuerst im Schreibtisch und im Nachtschränkchen nach“, ordnete Zoro an und Sanji verdrehte die Augen, steuerte den Kleiderschrank an. „Welcher Idiot versteckt denn so wichtige Unterlagen an solch offensichtlichen Orten?“ fragte er. „Quatsch nicht, sondern mach einfach“, knurrte Zoro lediglich zurück, zauberte damit ein kleines Grinsen auf Sanjis Lippen.
 

Gewissenhaft durchsuchte Sanji den Kleiderschrank. Doch fand er nichts interessantes und bedachte nun Schreibtisch und Nachtschränkchen mit seiner Aufmerksamkeit. „Nichts“, knurrte er, nach dem er mittlerweile auch schon das Bett auseinander genommen und sorgfältig wieder hergerichtet hatte. „Geh zum Bad“, brummte es in sein Ohr. „Schon dabei“, murmelte Sanji angepisst. Er hasste es, wenn man ihm Befehle erteilte. Besonders auf diese Art und Weise, wie Zoro es tat.
 

Er hatte seine Hand schon nach der Klinke ausgestreckt, als ein kleines Geräusch ihn dazu brachte, sich umzudrehen. Und da war es. Das, was er die ganze Zeit befürchtet und erwartet hatte. Er hatte es gewusst, er hatte es ja so was von gewusst. Er hätte darauf wetten sollen. „Wer sind Sie und was machen Sie hier?“ herrschte der Mann mit den schwarzen Haaren und dem Stirnband um den Kopf ihn an. „Ich bringe das Mittagessen“, antwortete Sanji ruhig und deutete auf den Servierwagen, der mitten im Zimmer stand. Wie gern hätte er sich jetzt eine Zigarette angesteckt. „Sie sind zu zeitig“, knurrte der Schwarzhaarige und kam bedrohlich einen Schritt näher. „Und was wollen Sie im Bad?“ Sanji zwang sich ruhig zu bleiben, ignorierte die Stimme, die ihm ins Ohr zischte, dass er sein Gegenüber ausschalten sollte. „Klo!?“
 

Es war mehr Frage, als Antwort. Etwas, was seinem Gegenüber nicht verborgen blieb. Noch misstrauischer als zuvor wurde er gemustert. „Seit wann gehen die Köche im Bad der Gäste auf die Toilette?“ fragte der Schwarzhaarige und nochmals glitt ein prüfender Blick über Sanjis Körper. „Außerdem habe ich sämtliches Küchenpersonal überprüft. An dich kann ich mich aber nicht erinnern.“ Sanjis Hände waren schweißnass, sein Herzschlag hatte sich mittlerweile auf das Doppelte beschleunigt. Fieberhaft suchte er nach einer passenden und vor allem glaubwürdigen Ausrede. Die knurrende Stimme in seinem Ohr, die ihn ständig aufforderte, die Scheißwaffe in die Hand zu nehmen und mit dem Typen kurzen Prozess zu machen, war ihm dabei keine große Hilfe. „Kurzfristige Aushilfe!?“ meinte er schließlich. Die schwarzen Augen seines Gegenübers verengten sich. „Verarsch mich nicht, Blondie!“ zischte dieser und steckte seine Hand in die Jacke. Zeitgleich griff Sanji nach hinten, wo er seine eigene Waffe verstaut hatte und im selben Moment, wie er diese dem Schwarzhaarigen an die Stirn hielt, blickte er ebenfalls in einen dunklen Mündungslauf. Eine 9 mm, wie er trocken feststellte. Hatte der Waffenunterricht doch was gebracht. Und was nun? Er wusste, dass er nicht abdrücken würde, doch was war mit seinem Gegenüber, der seine Lippen gerade zu einem gehässigen Grinsen verzog. „Und jetzt, Blondie?“ erkundigte sich der Schwarzhaarige dreist. Sanji knurrte, er hasste es, wenn man ihn ‚Blondie’ nannte. „Was wirst du jetzt tun, Kleiner?“ Sanjis Augenbraue zuckte und noch ehe der Andere wusste, wie ihm geschah, fand er sich an der gegenüberliegenden Wand wieder. „Ich hasse es, wenn man mich ‚Blondie’ oder ‚Kleiner’ nennt“, keuchte der Blondschopf und starrte den Schwarzhaarigen wutschnaubend an. „Und du, halt bloß die Klappe, Marimo“, keifte er weiter, als ein genervtes Stöhnen an sein Ohr drang.
 

Nur schwer konnte sich Zoro ein Grinsen verkneifen. Etwas, das er sich selbst nicht erklären konnte und was die Leute um ihn herum dazu brachte, ihn verwundert anzusehen. Wusste doch jeder, wie sehr er Fehlschläge hasste. Doch sobald etwas mit Sanji zu tun hatte, war alles anders. „Komm zurück“, brummte er ins Mikrofon und nahm anschließend das Headset ab. „Zanbai, Kiew, geht hoch und bringt das in Ordnung. Die anderen packen zusammen. Wir brechen hier ab“, ordnete er an.
 

Schweigend sah er dabei zu, wie der Blonde aus der Kochkleidung wieder hinein in seine normale schlüpfte und ihn schließlich abwartend ansah. Lediglich mit einem Kopfnicken bedeutete er Sanji ihm zu folgen. Während der ganzen Rückfahrt ins Hauptquartier sagte er weiterhin kein Wort, obwohl er den Blick Sanjis genau spüren konnte. Wartete der Blondschopf wirklich darauf, dass er ihn jetzt wegen des vermasselten Einsatzes zur Schnecke machte? Zoro schüttelte gedanklich den Kopf, stopfte die Hände in seine Hosentaschen und stiefelte den langen Gang Richtung Besprechungszimmer entlang.
 

Mit jeder weiteren Sekunde, die der grünhaarige Trottel schwieg und ihn ignorierte, wurde Sanji angepisster. Wütend und auch irgendwie nervös, kaute er auf dem Filter seiner Zigarette rum. Warum sagte der Idiot nichts? Wegen ihm war die ganze Operation ins Wasser gefallen und der Grünhaarige schwieg sich aus. War das jetzt gut oder schlecht?
 

Zoro war schon fast bei der großen Tür angekommen, als Sanjis Geduldsfaden riss. „Verdammt, Marimo“, fuhr er ihn an und griff nach dessen Arm, hielt den Grünhaarigen davon ab, weiter zu gehen. „Sag endlich was!“ forderte er sein Gegenüber auf. Eine Augenbraue Zoros hob sich, fragend blickte er Sanji an. „Du hast doch gesagt, ich solle die Klappe halten. Nichts anderes tue ich.“ Sanji schnaubte. „Seit wann tust du das, was ich dir sage?“ Zoro grinste frech. „Auch wieder wahr“, bestätigte er. „Aber, na gut. Wenn du reden willst, dann beantworte mir eine Fragen: Warum hast du nicht auf mich gehört und den Kerl erschossen?“ „Dazu bestand keine Notwendigkeit.“ „Ob eine Notwendigkeit besteht oder nicht, entscheide ich, nicht du.“ „So leichtfertig gehst du also mit Menschenleben um?“ Entsetzt und aufgebracht starrte Sanji Zoro an. Aus Zoros Gesicht war das Grinsen mittlerweile verschwunden und finster starrte er zurück. „Ich gehe nicht leichtfertig mit Menschenleben um. Ich versuche lediglich meinen Job zu machen und meine Leute zu schützen. Insbesondere dich, da du ja noch nicht sehr viel Erfahrung hast, wie das hier läuft und was für Personen dir über den Weg laufen. Du hast nicht die geringste Ahnung, wozu diese Leute alles fähig sind. Wenn ich dir sage, dass du jemanden töten sollst, dann tue ich das aus gutem Grund“, herrschte Zoro den Blondschopf an. Während Zoros Rede waren Sanjis Augen groß geworden. Er schützte ihn? Und schon wieder begann sein Herz schneller zu schlagen. Sanji senkte den Blick. „Ich kann niemanden töten“, murmelte er leise. Die Worte hatten noch nicht richtig seinen Mund verlassen, da wurde er schon mit dem Rücken gegen die Wand gepresst. Eine große, kräftige Hand hatte sich um seine Kehle gelegt, drückte leicht zu und ein muskulöser Körper hielt ihn an der Wand fest. „In dem Moment, wo ich anfange das zu glauben, bist du tot“, zischte Zoro ihm leise, bedrohlich und mit eiskalter Stimme ins Ohr und war gleich darauf durch die große Tür verschwunden.
 

Ließ Sanji mal wieder mit vollkommen wirren Gedanken und einem wild schlagenden Herzen allein zurück.

„Because he would have killed you otherwise.“

Ruhig zog Sanji an seiner Zigarette, ließ den Blick über das weite Gelände des kleinen Privatflugplatzes schweifen. „Was machen wir jetzt?“ fragte er, nach einem weiteren Zug, an Zoro gerichtet, der mit verschränkten Armen neben ihm stand. „Wir warten“, gab dieser kurz angebunden zurück. „Aha“, machte Sanji missmutig. Das war ja sehr aufschlussreich. An der Besprechung über die weitere Vergehensweise in diesem Fall, hatte der Blondschopf nicht teilgenommen. Allein Zoro hatte mit Lucci und Kalifa gesprochen und dann waren sie auch schon, ohne vorherige Instruktionen, hier her gefahren. „Wir haben neue Erkenntnisse“, brummte Zoro. „Demnach wird Don Creek von hier aus zurück in seine Heimat fliegen, sich aber noch vorher hier mit Fullbody, dem russischen Geheimagenten, treffen. Fullbody wurde von den Kollegen schon festgesetzt. Jetzt warten wir nur noch auf Don Creek.“ Wieder zog Sanji an seiner Zigarette und ließ seinen Blick nochmals über das Areal schweifen. „Was ist mit dem richtigen Flughafenpersonal geschehen?“ erkundigte er sich beiläufig, als er erkannte, dass es auf dem Grundstück nur so von CP9 Agenten wimmelte. „Denen haben wir eine Auszeit gegönnt.“ „Auszeit?“ hakte der Blondschopf verwirrt nach. „Die schlafen alle da drüben im Hangar, gut verschnürt, falls einer vorzeitig aufwachen sollte“, erklärte Zoro und deutete mit dem Kopf auf ein Gebäude am Ende der Rollbahn. „Ich töte nicht wahllos und wenn es nicht erforderlich ist oder von mir verlangt wird“, fügte er noch an und sah mit ernstem Blick zu Sanji. „Auch wenn du das zu denken scheinst.“ Eine Erwiderung behielt Sanji sich vor, so wie er auch den Blickkontakt mit dem Grünschopf mied. Was sollte er darauf auch sagen? Besonders, nach den Worten, die Zoro ihm erst vor wenigen Stunden ins Ohr geknurrt hatte. Noch immer jagte der Gedanke daran ihm einen eiskalten Schauer über den Rücken. Er nahm einen letzten Zug von seiner Zigarette und trat den Rest am Boden aus. Eine Autokolonne hatte soeben das Tor zum Flughafen erreicht. Für ihn das Zeichen, sich auf seine Position zu bewegen.
 

Die Autokolonne näherte sich langsam dem Rollfeld, auf dem eine Maschine bereit stand. Mehrere Mechaniker wuselten um das Flugzeug herum, taten geschäftig, um keine unangenehme Aufmerksamkeit zu erregen. Die Autos hielten in der Nähe und die Männer in den Fahrzeugen eins und drei stiegen aus, sahen sich skeptisch um. Dabei eine Hand griffbereit an ihre Waffen gelegt. Nun öffneten sich auch die Vordertüren der Limousine. Ebenfalls mit der Hand an der Waffe, ging der Fahrer zur hinteren Tür, öffnete diese und schaute sich dabei aufmerksam um. Ein großer, korpulent-muskulöser Mann, den Sanji sofort als Don Creek erkannte, stieg aus, blieb allerdings an der offenen Tür gelehnt stehen und beobachtete das Treiben.
 

Von seiner Position aus hatte Sanji einen guten Überblick auf das Geschehen. Er war angespannt, hoffte, dass dieses Mal alles glatt laufen würde. Lysops zitternde Knie und dessen gehetzter, nervöser Blick taten allerdings nichts, um seine Zuversicht zu unterstützen. Sein bereits eh schon vorhandenes Verlangen nach einer Zigarette wurde noch mehr gesteigert, als er sah, wie Zoro ganz allein auf die Männer zutrat. Das Käppi, welches seinen Kopf zierte und die grünen Haare verbarg, hatte dieser tief ins Gesicht gezogen. „Das Flugzeug wird in ein paar Minuten bereit sein. Sie können gerne schon einsteigen“, hörte er die tiefe Stimme Zoros.
 

Kleine, misstrauische Augen musterten den Grünschopf. „Wo ist Gin?“ fragte Don Creek. Doch noch bevor Zoro antworten konnte, schrie der Mann mit den blau-grauen Haaren: „Das ist eine Falle!“ Unmittelbar nachdem die Worte ausgesprochen waren, hatten Don Creek’s Bodyguards auch schon ihre Waffen in der Hand und zielten auf Zoro. Dieser brachte sich mit einem Sprung und einer seitlichen Rolle aus der Schusslinie, zog in der gleichen Bewegung blitzschnell seine eigene Schußwaffe und erwiderte das Feuer genauso, wie die restlichen Agenten auf dem Rollfeld.
 

Sanjis Herz hatte für einen Schlag ausgesetzt, als er sah, wie sich die Waffen auf den schutzlos dastehenden Zoro gerichtet hatten. Wie hypnotisiert stand er nun da und sah dabei zu, wie Zoro die Kugeln um die Ohren flogen. Er war zu keiner Reaktion fähig, war vollständig erstarrt. Erst das fortwährende Antippen an seine Schulter holte ihn in das Hier und Jetzt zurück. „Sanji“, sprach Lysop ihn aufgeregt an und deutete mit dem Finger in eine Richtung. Sanji folgte dem Fingerzeig und sah, wie Don Creek versuchte, sich aus dem Staub zu machen. Ein schneller Blick zurück zu Zoro zeigte ihm, dass dieser es zwar bemerkt hatte, aber sich momentan nicht von seinem Platz wegbewegen konnte, ohne sich ein, zwei oder auch ein paar mehr Kugeln einzufangen.
 

„Scheiße“, fluchte der Blonde, griff sich Lysops Arm und nahm die Verfolgung auf. „Aber Sanji…“, versuchte Lysop zu widersprechen. Schließlich sollten sie ihre Position halten, bis sie weitere Anweisungen bekamen. „Primäres Operationsziel ist es, die Unterlagen in unsere Hände zu bekommen und Don Creek festzusetzen. Was glaubst du, was er da unter dem Arm spazieren trägt?“ unterbrach Sanji ihn unwirsch und zog seinen derzeitigen Operationspartner weiter hinter sich her. Geradewegs, auf die kleine, im Boden eingelassene Steintreppe zu, die zu einem verwinkelten, alten Tunnelsystem führte. Im Stillen fragte Sanji sich, warum niemand daran gedacht hatte, die Treppe zu sperren oder abzusichern. Sonst dachten die Idioten doch auch an alles!
 

Am Treppenabsatz angekommen ließ er Lysop los, zog seine Waffe und ging vorsichtig nach unten, den Rücken dabei fest an die Wand gedrückt. Leise Schritte und das Klappern von Knie oder Zähnen – so genau konnte er die Geräusche nun doch nicht unterscheiden – zeigten ihm, dass Lysop ihm dicht auf den Fersen war. „Shh!“ machte Sanji und sah den Schwarzgelockten scharf an. Ihre vorsichtigen Schritte und ihr Atem hallten schon laut genug in dem baufälligen, unterirdischen Gewölbe wieder. Da mussten sie sich nicht noch durch gewisse andere Geräusche verraten.
 

Je tiefer sie kamen, desto dunkler wurde es. Nur vereinzelt fielen ein paar Lichtstrahlen durch kleine Öffnungen in Luken oder Kanaldeckeln. Angestrengt kniff Sanji die Augen zusammen, versuchte, so viel wie möglich in der Dunkelheit zu erkennen. Nur sehr langsam gewöhnten sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse.
 

Unten angekommen, überprüfte Sanji vorsichtig die in Blickrichtung liegende Fläche. Der Raum endete wenige Meter vor ihm. Tief atmete er einmal durch, verfestigte den Griff um seine Waffe und sprang mit einem Satz von der Treppe, drehte sich im Sprung in die andere Richtung und sicherte auch diese. Nichts war zu sehen. Nur zwei leere Gänge. Stumm fluchte Sanji. War ja klar gewesen. Und nun? Nachdenklich nagte Sanji auf der Unterlippe. Es waren zwei Tunnel. Sie waren zwei Personen. Jeder von ihnen konnte somit einen der Wege nehmen. Doch widerstrebte es Sanji, Lysop alleine losziehen zu lassen. Und das lag nicht an dessen schlotternden Knie. Er hatte ein ungutes Gefühl. Diese Art von Gefühl, die einem sagte, dass etwas passieren würde, einen sozusagen vorwarnte, ähnlich wie ein Frühwarnsystem.
 

Gepolter, Geklapper und Geklirre riss Sanji aus seinen Gedanken. Dieser Lärm, zusammen mit dem darauffolgenden Schmerzenslaut, verrieten Sanji, welchen der beiden Gänge Don Creek genommen hatte. „Los, komm“, meinte er zu Lysop, schnappte sich wieder dessen Arm und wollte abermals die Verfolgung aufnehmen. „Sollten wir nicht lieber auf die anderen warten?“ warf der Schwarzhaarige ein und stemmte die Hacken in den Boden, sodass Sanji stehen bleiben musste.
 

„Auf die anderen warten?“ Die Augenbraue des Blonden zuckte. „Die sind immer noch damit beschäftigt, dem Kugelhagel auszuweichen. Bis die kommen, ist Don Creek längst über alle Berge. Mit den Unterlagen!“ herrschte er Lysop aufgebracht an. ‚Außerdem ist das hier meine Schuld’, fügte er in Gedanken noch an. Hätte er sich am Mittag nämlich nicht so saudämlich angestellt, müssten sich die anderen jetzt keine Gedanken darum machen, ob sie in der nächsten Sekunde durchlöchert wurden. Die Schussgeräusche waren hier unten deutlich zu hören und kamen nun auch in schnellerer Abfolge. Schien so, als hätten die da oben mittlerweile auf Automatikwaffen umgestellt. Wiederholt fluchte Sanji stumm. „Jetzt komm endlich“, forderte er Lysop erneut auf, der schlussendlich ergeben nickte und die eigene Waffe schützend vor sich hielt.
 

Die ersten paar Meter legten sie zügig zurück, hatte Don Creek doch einen gewaltigen Vorsprung. Doch als sie an die Stelle kamen, wo der Flüchtende die verräterischen Geräusche erzeugt haben musste – mehrere Metallteile und eindeute Spuren in dem Dreck am Boden zeugten davon – liefen sie langsamer, vorsichtiger. Sanji ging voraus, während Lysop von hinten sicherte.
 

Der Tunnel endete in einem quadratischen Raum, von dem drei weitere Gänge abzweigten. „Verdammt!“ fluchte der Blondschopf, dieses Mal recht laut und erntete einen skeptischen Blick von Lysop. „Und nun?“ erkundigte sich dieser und machte einen Schritt aus dem Tunnel heraus. „Ich weiß es nicht“, erwiderte Sanji, der in der Mitte des Gewölbes stand und abwechselnd die drei neuen Wege musterte. Langsam und immer auf der Hut, näherte er sich einem der Tunnel.
 

Ein erstickter, überraschter Laut ließ ihn herumfahren und er sah sich zum zweiten Mal an diesem Tag einem Mündungslauf gegenüber. Lysops Waffe fiel klappernd zu Boden. Nur minimal weiteten sich die blauen Augen, als er sah, wie sich ein hellroter Fleck auf Lysops Hemd an der rechten Seite bildete. Das Messer in Don Creeks anderen Hand, dessen Klinge in dem spärlichen Licht leicht rötlich schimmerte, sagte ihm auch, woher die Verletzung stammte. Locker hatte Don Creek den Arm um den Hals des Schwarzgelockten gelegt, hielt diesen wie einen Schutzschild vor sich. Das Messer gefährlich nah an der Halsschlagader des Gefangenen.
 

‚Scheiße, Scheiße, Scheiße!’, schrie Sanji innerlich, während er nach außen hin einen möglichst ruhigen und sicheren Eindruck machte, hoffte er zumindest. „Waffe weg“, schnarrte Don Creek. „Oder deinem Freund wird es schlecht ergehen.“
 

Sanji, der bis eben auf Don Creek gezielt hatte, sicherte seine Waffe, nahm den Finger vom Abzug und hob beide Hände abwehrend nach oben. „Schon gut“, murmelte er. „Weglegen!“ befahl Don Creek streng. „Aber schön langsam.“ Sanji nickte, ging langsam in die Hocke – Don Creek dabei nicht aus den Augen lassend – und legte die Pistole auf den staubigen Boden. „Sehr schön“, grinste der Pate des East Blue teuflisch. „Braver Junge. Scheinst ja bei diesem Haufen wenigstens Gehorsam gelernt zu haben.“
 

Sanji knirschte mit den Zähnen. Verarschen konnte er sich selbst. Dazu brauchte er diesen übergewichtigen Trottel nicht. Doch leider hatte dieser Trottel noch immer Lysop in seiner Gewalt und er konnte nichts tun. Für einen ordentlichen Kick stand er einfach zu weit weg. Sich näher ran bewegen war auch nicht. Das würde Don Creek nicht zulassen. „Und wie geht’s jetzt weiter?“ fragte er kühl und mit einer Ruhe, die er im Prinzip nicht verspürte. Automatisch kramten seine Hände die Zigarettenschachtel aus der Hosentasche, fischten eines der Nikotinstängelchen heraus und steckten es zwischen die Lippen. „Mist, verfluchter“, rief er aus, nachdem er durch erneutes Kramen in seinen Taschen festgestellt hatte, dass er sein Feuerzeug verloren haben musste. „Du hast nicht zufällig Feuer dabei?“
 

Verdutzt sah Don Creek ihn an, bevor er schallend zu lachen begann. „Du gefällst mir, Kleiner“, meinte der Pate schließlich. „Was hältst du davon, die Organisation zu wechseln?“ Einen tödlichen Blick warf Sanji Don Creek zu, doch noch bevor er etwas antworten konnte, sackte der korpulente Mann schon bewusstlos zusammen. Klirrend landete das Messer vor Sanjis Füßen und auch Lysop sank vor Angst und Schmerzen zitternd zu Boden.
 

Genauso ausdrucks- und emotionslos, wie Zoro ihn anschaute, starrte Sanji zurück. Er ignorierte die anderen Agenten, die nun auch in den kleinen Raum kamen, sich um Don Creek, die Unterlagen und Lysop kümmerten. „Du hast deine Position verlassen“, stellte Zoro nüchtern fest. Sanji nickte, kaute auf dem Filter seiner Zigarette herum. „Der wäre sonst weg gewesen“, erklärte er und Zoro folgte dem Fingerzeig kurz mit den Augen. „Dennoch, du hast eine klare Anweisung missachtet. Schon wieder“, beharrte Zoro weiter, kümmerte sich nicht um die fragenden Blicke der anderen.
 

Sanji zuckte ungerührt mit den Schultern. „Und was willst du jetzt machen? Mich erschießen?“ „Vielleicht““, antwortete Zoro und Sanjis Augen weiteten sich geschockt. In einer schnellen fließenden Bewegung hatte er sich seine, immer noch am Boden liegende Waffe geschnappt, entsichert und richtete diese nun auf Zoro. Lediglich eine Augenbraue des Grünhaarigen hob sich ein kleines Stück, ansonsten veränderte sich gar nichts in dessen Mimik und Gestik. Glaubte der Graskopf etwa nicht, dass er – Sanji – ihn erschießen könnte? Oder war diesem das schlichtweg egal?
 

Doch darüber würde er sich später Gedanken machen müssen. Leicht bewegte sich die Hand mit der Waffe ein Stück nach rechts, zielte nun nicht mehr direkt auf Zoros Kopf, sondern ein wenig an diesem vorbei. Laut hallte der Schuss an den Wänden des Gemäuers wider. Und auch in Sanjis Kopf klang dieser immer wieder nach. Ließ keinen Platz für andere Töne. Nur diesen eine kleine Laut nahm er noch wahr. Das Röcheln des Mannes, den er gerade erschossen hatte und welcher hinter Zoro zu Boden fiel. Das Messer in dessen Hand verdeutlichte jedem, was dieser vorgehabt hatte.
 

Allmählich glitt die Waffe aus Sanjis Fingern, fiel klappernd auf den Steinboden und zerriss so abermals die Stille. Er bekam nicht mit, wie die anderen Agenten Lysop und Don Creek weg brachten. Auch nicht, wie Zoro langsam näher kam, die Pistole aufhob und dicht vor ihm stehen blieb. Sacht legte er eine Hand auf die Schulter des erstarrt vor sich hinblickenden Blondschopfs. Unter dieser kleinen Berührung zuckte Sanji zusammen, hob den Blick und schaute in die unergründlichen, grünen Augen seines Gegenübers. „Ich habe ihn getötet“, wisperte Sanji und richtete seine Augen auf den leblosen Körper.
 

Zoro runzelte leicht die Stirn, musterte den Blonden und versuchte sich einen Reim auf dessen Verhalten zu machen. Er kannte Sanjis Akte, kannte jedes Detail des Falles auswendig. Es bestanden keinerlei Zweifel daran, dass er die Tat begangen hatte. Und doch warf das Benehmen einige Fragen auf, ließ ihn an dem zweifeln, was in den Unterlagen stand und die verzweifelten Worte des Blondschopfs kamen ihm wieder in den Sinn. ‚Ich bin unschuldig!’ hatte Sanji im Gerichtssaal geschrieen und auch später, nachdem er Sanji aus dem Gefängnis geholt und das erste Mal mit ihm gesprochen hatte, hatte der Blonde vehement geleugnet, den Mann getötet zu haben. „Ja, hast du“, bestätigte er Sanjis Aussage. Er hinterfragte dessen Verhalten nicht, äußerte seine aufgeworfenen Fragen und Bedenken nicht laut.
 

Sacht, aber dennoch fest, umfasste Zoro den Oberarm des Blondschopfs und führte ihn aus dem Tunnelgewölbe nach draußen. Verfrachtete ihn in eines der bereitstehenden Autos und nahm neben ihm Platz. Auf ein Zeichen hin brachte der Fahrer sie zu Sanjis Wohnhaus. Während der ganzen Fahrt war es still zwischen ihnen. Keiner sprach auch nur ein einziges Wort. Apathisch saß Sanji in dem Wagen, starrte blicklos vor sich her. Sein Kopf war leergefegt. Kein einziger Gedanke wollte Gestalt annehmen. Das wollte er auch nicht. Er wollte an nichts denken. Und auch nichts fühlen.
 

Zoro brachte Sanji zu dessen Appartement, schaute dabei zu, wie der Blonde mechanisch die Tür aufschloss und seine Wohnung betrat. Den Schlüssel feuerte Sanji teilnahmslos auf die Theke und tapste langsam Richtung Schlafzimmer. Verwirrt und irgendwie auch sorgenvoll betrachtete Zoro den Rücken des Blondschopfs. „Warum?“ fragte er in die bedrückende Stille des Zimmers.
 

Die Stimme Zoros brachte Sanji dazu, stehen zu bleiben, nicht ins Schlafzimmer zu gehen, sich im Bett zu verkriechen und die Decke über seinen Kopf zu ziehen. Doch drehte er sich nicht zu dem Grünhaarigen um. „Warum was?“ hakte er mit tonloser Stimme nach. „Warum hast du ihn getötet?“ stellte Zoro seine komplette Frage und Sanji drehte ihm den Kopf zu. Ausdruckslose blaue Augen sahen ihn an, ließen sein seit vielen Jahren erstarrtes Herz sich krampfhaft zusammenziehen, versetzte ihm einen schmerzlichen Stich.
 

„Weil er dich sonst getötet hätte“, erwiderte Sanji schlicht, legte die letzten paar Schritte zu seinem Schlafzimmer zurück und ließ die Tür langsam ins Schloss fallen.

Talk to me - Part 1

Zwei Wochen waren seit seinem ersten Auftrag vergangen. Zwei Wochen, ohne dass Sanji jemanden von der CP9 gesehen oder etwas von ihnen gehört hatte. Zwei Wochen war es her, seit er Zoro zuletzt gesehen hatte und sein Herz aus dem Gleichgewicht geraten war. Zwei Wochen, in denen Sanji mehr oder weniger einem normalen Leben nachgegangen war. Er hatte sich mit seiner Nachbarin – ein ruhiges, liebes Mädchen namens Conis, angefreundet. Sie lebte mit ihrem Vater gleich hinter der Tür gegenüber. Er hatte die beiden zu sich zum Essen eingeladen. Endlich, nach so langer Zeit, hatte er wieder das tun können, was er am besten konnte – Kochen. Für Gäste, Freunde. Und diese bewirten, für ihr leibliches Wohl sorgen. Etwas, das Sanji die vergangenen Ereignisse zwar nicht vergessen, dafür aber in den Hintergrund hatte verdrängen lassen. Bis zu eben diesem Moment, als das Telefon geklingelt hatte. Ganze zwei Wochen hatten seine Telefone kein Geräusch von sich gegeben und noch bevor er den Hörer abgenommen hatte, hatte Sanji gewusst, wer sich am anderen Ende melden würde. Mit rauer und dunkler Stimme hatte Zoro ihm kurz erklärt, was anstand und dass er ins Hauptquartier kommen sollte.
 

Er hatte das Hauptquartier kaum betreten, da kam ihm auch schon Ace entgegen, welcher ihn kurzerhand am Arm packte und mit sich zurück nach draußen zog. „Was soll das?“ fauchte Sanji und befreite sich aus dem Klammergriff. „Observation“, erklärte der Schwarzhaarige schlicht und ein fragender Blick aus blauen Augen traf ihn. „Zoro hat gemeint, dass ich dich mitnehmen soll. Sollst halt ein bisschen Routine bekommen.“ Sanji hob eine Augenbraue, änderte an seinem fragenden Blick nicht viel. „Ja“, grummelte Ace. „Und du sollst aufpassen, dass ich während der Überwachung nicht einpenne“, gab er zähneknirschend zu. Zufrieden schmunzelte Sanji. Er kannte mittlerweile Ace’ kleines Schlafproblem. Der Kerl konnte wirklich immer und überall von jetzt auf gleich einschlafen.
 

Ein wenig ratlos starrte Sanji das Schulgebäude, auf welches er von der versteckten Position an der Straßenecke einen sehr guten Blick hatte, an. Seine obligatorische Zigarette glimmte zwischen seinen Lippen vor sich hin. „Wen sollen wir hier denn überwachen?“ wollte er wissen. „Wenn ich mich richtig erinnere, hat Zoro von einer reichen Lady in einer Villa gesprochen. Das hier ist ein Schulgebäude.“ Ace nickte. „Da fahren wir gleich hin. Ich will nur kurz nach meinem Bruder sehen.“ „Du hast einen Bruder?“ Wieder ein Nicken des Schwarzhaarigen. „Weiß er, dass du lebst und für die CP9 arbeitest?“ Dieses Mal schüttelte Ace den Kopf. „Nein, sonst hätten sie ihn längst beseitigt. Die CP9 existiert offiziell gar nicht. Jeder, der außerhalb der Organisation davon weiß oder erfährt, wird eliminiert. Ruffy glaubt, dass ich bei einem Feuer im Gefängnis ums Leben gekommen bin.“ „Lass mich raten: Die CP9 hat das initiiert?“ Abermals nickte Ace. „Sie haben es wie einen ‚Unfall’ aussehen lassen. Ruffy weiß, wie gerne ich mal mit ‚Feuer’ spiele und diesen Umstand haben sie sich zu Nutze gemacht“, erklärte Ace mit einem wehmütigen Lächeln. Sanji nickte lediglich, was sollte er dazu auch groß sagen? „Und was ist mit dir?“ wollte Ace wissen. „Wie haben sie deinen Tod vorgetäuscht?“ Der Plauderton des Schwarzhaarigen irritierte Sanji etwas, kannte er solche Stimmungsumschwünge doch eigentlich nur von Frauen. „Ich weiß nicht“, murmelte der Blondschopf, dachte nun auch zum ersten Mal darüber nach. Zoro hatte damals bei ihrem ersten Gespräch zwar erwähnt, dass er offiziell tot sei, aber bis heute hatte er nicht weiter darüber nachgedacht. „Kannst ja mal Zoro fragen, der kann dir das bestimmt sagen“, meinte Ace und drückte sich gleich darauf etwas mehr in den Schatten der Hauswand.
 

Sanji wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Schulgebäude zu. Ein schlaksiger Junge, gekleidet in knielangen blauen Shorts, einem ärmellosen roten Hemd und mit Sandalen an den Füßen kam gerade heraus. Auf seinem Kopf thronte ein Strohhut, welcher die schwarzen Haare zum Teil verdeckte. Zusammen mit ein paar Schulkameraden verließ der kleine Bruder von Ace das Grundstück. Scherzend und plaudernd liefen sie den Weg entlang, entfernten sich Schritt für Schritt. „Er sieht glücklich aus“, murmelte Sanji. „Ja, so sieht es aus“, bestätigte Ace mit einem für Sanji undefinierbaren Unterton. Er drehte leicht seinen Kopf, musterte den Schwarzhaarigen, dessen Augen einen wehmütigen Ausdruck angenommen hatten. „Was ist?“ fragte Sanji nach, schaute Ruffy und seinen Freunden nach. „Meinst du nicht, dass er glücklich ist?“ Ace schüttelte den Kopf. „Vielleicht schon glücklich – irgendwie. Aber der frühere Glanz und die Freude ist aus seinen Augen verschwunden“, wisperte Ace und drehte sich um, nachdem Ruffy außer Sichtweite war. „Komm jetzt, wir haben noch was zu erledigen.“ Mit schnellen Schritten entfernte sich Ace und Sanji hatte Mühe, dem Schwarzhaarigen zu folgen. „Machst du das öfter?“ erkundigte Sanji sich, als er zu Ace aufgeschlossen hatte und zündete sich eine neue Zigarette an. „Hin und wieder“, antwortete Ace. „Immer dann, wenn ich ein wenig Zeit habe.“ „Ist dir das nicht verboten worden?“ „Schon, aber solange sie es nicht wissen …“ Ace zuckte mit den Schultern, ließ den Satz offen stehen. Auch Sanji schwieg, hing nun seinen eigenen Gedanken nach. Er erinnerte sich an Zoros Worte, an das Verbot, sich dem Baratie zu nähern. Aber versprochen hatte er schließlich nichts. Er hatte lediglich gesagt, dass er Zoros Worte verstanden hatte.
 


 

Die Beobachtung der Villa verlief recht ereignislos. Weder betrat irgendwer das Grundstück, noch verließ es jemand. Auch sonst war alles ruhig. Niemand hielt sich im Garten oder Hof auf. Selbst im Haus war alles ruhig. Sie wurden von Robin und einer schlecht gelaunten Nami, die sich lautstark darüber beschwerte, warum sie denn solch niedere Arbeiten verrichten sollte, abgelöst. Sofort war Sanji Herzchenversprühend um die Orangehaarige herumgehüpft und hatte ihr versichert, dass es ihm nichts ausmachen würde, den Job für sie zu übernehmen und mit der liebreizenden Robin Wache zu halten. Ace hatte den liebestollen Blondschopf einfach am Hemdkragen gepackt und diesen mit sich Richtung Hauptquartier geschleift. Dementsprechend schlecht gelaunt wanderte Sanji nun durch die Gänge der CP9, auf der Suche nach Zoro. „Marimo!“ rief er laut, als er den Grünhaarigen endlich erblickte, dieser allerdings gerade durch eine Tür wieder aus seinem Sichtfeld verschwinden wollte.
 

Nicht nur Zoro drehte sich erstaunt nach dem Blonden um. Auch einige andere Mitarbeiter bedachten Sanji mit gerunzelter Stirn und fragten sich im Stillen, wer oder was denn ein ‚Marimo’ war. Zoro verfluchte sich selbst, dass er auf diesen doch recht eigenwilligen Spitznamen überhaupt reagierte. Lässig lehnte er an der Tür, schaute dem Blondschopf abwartend entgegen. „Was habt ihr dem alten Sack eigentlich erzählt?“ wollte dieser wissen, sobald er mit Zoro auf einer Höhe war. Fragend hob Zoro eine Augenbraue, verstand nicht, worauf Sanji hinaus wollte. „Was sollen wir wem erzählt haben?“ hakte er deshalb nach. Sanji verdrehte die Augen. „Ich will wissen, wie ihr meinen Tod vorgetäuscht habt. Was habt ihr Jeff erzählt? Irgend ne Story müsst ihr ihm ja aufgetischt haben.“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Ist die Frage so abwegig?“ „Abwegig vielleicht nicht, aber interessant, dass du jetzt erst damit kommst.“ „Marimo!“ zischte Sanji und funkelte den Grünhaarigen gereizt an, als er das Grinsen auf dessen Gesicht bemerkte. Der schien ja sehr viel Spaß an ihrer kleinen Unterhaltung zu haben. „Hör auf mich so zu nennen“, fauchte Zoro zurück. „Was, verflucht noch mal, ist ein Marimo überhaupt?“ Erst hatte Sanji den anderen nur perplex angesehen, dann lächelte er und griff nach einer der grünen Haarsträhnen. „Marimos sind Mooskugeln, eine Algenart“, erklärte Sanji. „Sie haben die gleiche Farbe, wie deine Haare. Als Kind habe ich welche in einem Aquarium gezüchtet.“ Gedankenverloren strich der Blondschopf durch Zoros Haare, zupfte immer mal wieder an einer Strähne. Vergaß vollkommen, wer da vor ihm stand und wo sie sich befanden.
 

Und auch Zoro schien das vergessen zu haben. Allein die zarten Hände, die da gerade durch seine Haare fuhren, existierten noch, beschleunigten seinen Herzschlag und waren wie Balsam für seine Seele, die schon so lange in Dunkelheit lebte. Gelächter von der anderen Seite des großen Raumes holte Zoro in das Hier und Jetzt zurück. Ruppig löste er den Kontakt zu Sanji, entfernte sich einige Schritte von diesem und ignorierte das verwirrte Blinzeln des Blondschopfs. „Bei der Überführung vom Gerichtsgebäude zum Gefängnis kam es zu einem Verkehrsunfall. Die Bremsen eines LKWs haben versagt und dieser ist ungebremst seitlich in den Gefängnistransporter gerast. Der Fahrer, der Beifahrer sowie die zwei polizeilichen Begleiter als auch der Insasse, Sanji Duval, kamen bei dem Zusammenstoß ums Leben“, ratterte Zoro den offiziellen Bericht herunter, drehte sich um und verschwand durch die Tür. Dass Sanji ihm immer noch entgeistert hinterher blickte, bekam er nicht mit. Es war ihm auch egal, dass sein Abgang gerade wie ein Flucht wirken musste. Denn er musste einfach nur weg. Weg von Sanji, weg von diesen zarten Händen, weg von diesem Herzklopfen und weg von diesen verwirrenden Gefühlen. Verdammt, er hatte es doch fast geschafft. Er konnte sich doch jetzt nicht ablenken, von seinem Ziel abbringen lassen. Und schon gar nicht von einem Blondschopf, den er erst seit so kurzer Zeit kannte. Planlos rannte Zoro durch die Gänge, achtete weder auf den Weg noch auf irgendwelche Personen, die ihm begegneten. Irgendwann stand er vor seiner Zimmertür, ging aber nicht hinein. Krampfhaft schloss sich seine Hand um die Türklinke, während er seinen Kopf gegen das Holz lehnte und die Augen fest zusammen kniff. Mit aller Macht versuchte er, Sanji aus seinem Kopf zu verbannen, sein Herz dazu zu bringen, wieder in einem vernünftigen Rhythmus zu schlagen. Wie lange war es her, dass dieses so aus dem Gleichgewicht geraten war? Wie viel Zeit war vergangen, seit er das letzte Mal so etwas ähnliches gefühlt hatte? Sanjis Bild vor seinem inneren Auge wurde von einer jungen, schlanken Frau mit blau-schwarzen Haaren ersetzt, welche ihn liebevoll anlächelte. „Nicht jetzt“, wisperte er leise und presste die Stirn noch ein wenig mehr an die Tür, als könnte er so die unliebsamen Erinnerungen auslöschen.
 

„Zoro?“ Leicht zuckte er zusammen, als die zaghafte Stimme hinter ihm erklang. „Ist a… alles in Ordnung?“ wollte Lysop mit zitternder Stimme wissen, kannte er den Grünhaarigen so doch gar nicht. „Ja, Lysop“, knurrte Zoro in alter Manier, ballte seine Hände nochmals fast schmerzhaft fest zu Fäusten, bevor er sie entspannte und sich zu dem Schwarzgelockten umdrehte. „Was gibt es?“ fragte er. Sein Gesichtsausdruck war wieder so neutral wie eh und je. Und auch in seiner Stimme spiegelte sich nichts von seinem kurzen emotionalen Ausbruch wider. Skeptisch musterten Lysops kleine Augen ihn und einige Sekunden ließ er die Musterung ruhig über sich ergehen, bevor er die Augenbrauen verärgert zusammen zog. Er erzielte damit die erhoffte Wirkung. Lysop löste sich aus seiner Starre und machte sicherheitshalber einen Schritt zurück. „Ähm …“, begann der Schwarzgelockte stotternd. „Du sollst zu Lucci kommen. Nami und Robin haben sich gemeldet. Lady Alvida hatte Besuch in der Villa.“ „Buggy?“ hakte Zoro nach und Lysop nickte. „Lucci will jetzt mit dir die weitere Vorgehensweise besprechen. Er vermutet, dass die beiden eine Verschwörung planen. Aber wir wissen immer noch nichts genaues.“ Diesmal war es Zoro, der nickte, bevor er sich umdrehte und den Gang herunter lief. „Äh … Zoro!?“ meinte Lysop, hob den Arm und deutete leicht zitternd in die andere Richtung. Doch Zoro reagierte nicht, ging einfach weiter. „Ach, war nicht so wichtig“, murmelte Lysop schließlich, zuckte mit den Schultern und machte sich aus dem Staub, bevor der Grünhaarige bemerkte, dass er in die falsche Richtung ging und er ihm gleich noch mal über den Weg lief. Dann würde Zoro garantiert schlechte Laune haben. Und einem schlecht gelaunten Zoro ging man besser aus dem Weg.
 

Ziemlich ratlos hatte Sanji dagestanden, fast minutenlang die Tür, durch welche Zoro geflüchtet war, angestarrt. Er fragte sich, über was er sich mehr wundern sollte: über sein eigenes, merkwürdiges Verhalten – was, in drei Teufels Namen, hatte ihn geritten, so vertrauensvoll durch Zoros Haare zu streichen? – über Zoros Verhalten oder über sein Herz, das sich bei dem plötzlich wehmütigen Ausdruck in den grünen Iriden krampfhaft zusammengezogen hatte. Was war nur los mit ihm, mit Zoro? Irgendwas verheimlichte der Kerl doch. Und es wurmte ihn, dass er so gar keine Möglichkeit hatte, näheres über ihn zu erfahren. Mitten in der Bewegung stoppte Sanji. Das Feuer des Streichholzes glimmte nur wenige Millimeter von seiner Zigarette, welche zwischen seinen Lippen steckte, entfernt. Die Distanz war aber dennoch zu groß, um diese in Brand zu stecken. Seit wann wollte er noch mehr über diesen idiotischen Spinatschädel erfahren? Und warum, noch eins, machte es ihm so viel aus, dass es sehr schwierig werden würde, etwas über bzw. von diesem idiotischen Spinatschädel zu erfahren? „Verfluchte Scheiße!“ rief Sanji laut aus, ließ das abgebrannte Streichholz zu Boden fallen und lutschte an dem verbrannten Finger. „Das ist alles nur deine Schuld, Marimo“, knurrte er leise.
 

„Ah, Sanji“, gurrte es hinter ihm. „Gut, dass du gerade hier bist.“ Langsam drehte sich der Blondschopf um, fixierte die Taube auf Rob Luccis Schulter mit tödlichem Blick. Doch diese war sichtlich unbeeindruckt, hob lediglich einen Flügel und zupfte mit dem Schnabel einige Federn zurecht. „Du wirst Zoro begleiten“, erklärte nun Lucci. Fragend hob Sanji eine Augenbraue, doch bevor er nachhaken konnte, erklang eine brummige, dunkle Stimme. „Warum?“ fragte Zoro und trat hinter Lucci aus dem Raum, schenkte Sanji keinen einzigen Blick. „Das ist ein einfacher Auftrag. Schnell rein und schnell wieder raus.“ Lucci nickte. „Genau das richtige, um Sanji in dieses Metier einzuführen. Und wie hast du gerade so schön gesagt? Schnell rein und schnell wieder raus. Zu zweit könnt ihr euch da schneller umsehen und schneller wieder verschwinden.“ Scharf sah Lucci den Grünhaarigen an, welcher zähneknirschend nickte und so einlenkte. „Komm mit“, meinte Zoro zu dem Blondschopf und zusammen machten sie sich auf zur Waffenkammer.
 

Leise trat Kalifa hinter Lucci, sah den beiden jungen Männern nachdenklich hinterher und rückte ihre Brille zurecht. „Was denkst du?“ erkundigte Lucci sich. „Er hat noch nie widersprochen oder eine von unseren Anordnungen infrage gestellt bzw. hinterfragt. Wir sollten ihn beobachten und vorsichtig sein. Du weißt, wie gefährlich er werden kann.“ Lucci nickte. Mit undurchschaubarer Miene sah er Zoro und Sanji nach, bis diese an der Ecke abbogen.
 


 

Sanji verfluchte gedanklich alles und jeden, der in irgendeiner Art und Weise dafür verantwortlich war, dass er jetzt hier, mitten in der Nacht, in der Kälte stand. Allen voran, verfluchte er den grünhaarigen Idioten, welcher nur mit T-Shirt und dünner Jacke bekleidet neben ihm stand. Nicht das geringste Anzeichen gab es, dass Zoro fror. Während er sich arg beherrschen musste, nicht mit den Zähnen zu klappern. Es war einfach nur saukalt – er konnte den Schnee förmlich in der Luft riechen und es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis die ersten Schneeflocken auf die Erde fielen. Mit zittrigen Fingern zündete er sich eine weitere Zigarette an. Wenigstens etwas Wärme. Zu seinen Füßen lagen bereits einige Kippenreste. Frustriert warf er der hellerleuchteten Villa einen bösen Blick zu. Die feierten da drin ein rauschendes Fest, während er sich hier den Arsch abfror. Gemein war das. „Wie lange wollen wir hier noch rumstehen?“ erkundigte er sich genervt bei Zoro. Nur einen kurzen Blick schenkte dieser ihm, richtete seine Aufmerksamkeit gleich wieder auf das Haus. „Solange, bis die Gäste nach Hause gehen und Ruhe in die Villa eingekehrt ist, so dass wir uns ungestört umsehen können.“ Zoro senkte den Blick, starrte auf die Zigarettenstummel. „Die hebst du auf“, brummte er und deutete mit dem Kopf auf den Boden. „Wir dürfen keine Spuren hinterlassen.“ Grummelnd betrachtete Sanji die Zigarettenstummel, bückte sich aber und sammelte jeden einzelnen auf. „Hee“, rief er protestierend aus, als Zoro ihn grob am Arm packte und in ein Gebüsch zerrte. „Was soll das?“ zischte er den Grünhaarigen an und zupfte sich ein paar Blätter aus den Haaren. Stumm deutete Zoro in Richtung der Villa. Sanji folgte dem Fingerzeig und sah, dass sich die große Eingangstür geöffnet hatte. Und auch erst jetzt drangen die fröhlichen, lauten Stimmen von verschiedenen Personen an sein Ohr. Automatisch drückte er sich noch etwas mehr in die Schatten der Bäume und Sträucher. Es dauerte etliche Minuten, bis alle Gäste in ihren Autos saßen, das Grundstück verlassen hatten und außer Sicht- sowie Hörweite waren.
 

Aus den Augenwinkeln heraus musterte Sanji Zoros Profil. Dessen Augen waren stur auf das Gebäude gerichtet, wie schon die ganze Zeit über, die sie sich hier aufhielten. Auch hatte der Grünhaarige größeren und vor allem längeren Körperkontakt mit ihm vermieden, hielt sich stets einige Schritte von ihm entfernt auf und sprach nur das nötigste mit ihm, schenkte ihm auch dann nur einen winzigen, kleinen Blick. Und auch wenn er es ungern zugab, aber es machte ihm enorm zu schaffen, dass Zoro ihn fast ignorierte, ihn kaum beachtete. Es tat ihm weh, versetzte ihm einen schmerzlichen Stich. So gern er es auch weiterhin leugnen würde – schließlich war er, genauso wie Zoro, ein Kerl – aber der grünhaarige Idiot, von dem er so gut wie gar nichts wusste, hatte sich heimlich, still und leise in sein Herz geschlichen. Das war doch zum Haare raufen. Er hatte sich nie für irgendwelche Männer interessiert, war immer nur – mit mehr oder weniger Erfolg – den hübschen Mädchen hinterher gelaufen, hatte bei den Damen heftiges Herzklopfen bekommen. Und dann kam dieser große, ungehobelte, ständig grimmig dreinblickende und doch so gut aussehende und gut gebaute grünhaarige Kerl und brachte sein ganzes Leben durcheinander, so dass sich wirklich alles von einem Moment auf den anderen geändert hatte. Er verstand es nicht. Und das schlimmste: Er verstand sich selbst überhaupt nicht mehr.
 

„Komm endlich“, riss Zoros leicht genervte Stimme ihn aus seiner Gedankenwelt. Dieser stand bereits an der hohen Mauer, welche drei Seiten der Villa einzäunte. Die vierte grenzte an eine hohe Klippe eines alten, stillgelegten Steinbruchs. Darunter erstreckte sich ein malerischer See, an dessen Ufern ein schier undurchdringlicher Wald gedieh. Doch für die idyllische Umgebung hatten sie keine Zeit. Sie hatten einen Auftrag zu erfüllen und viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, denn die Sterne am Himmel begannen bereits zu verblassen. In einer schnellen und fließenden Bewegung hatte sich Zoro auf die Mauer gezogen. Sanji folgte ihm und wollte auf der anderen Seite wieder herunter springen, doch Zoro hinderte ihn daran. Wortlos deutete er zu einer kleinen Überwachungskamera mit integriertem Bewegungssensor, die sich links von ihm befand. Dann zeigte er auch noch in die andere Richtung und Sanji entdeckte dort das gleiche Modell. Schweigend teilten sie sich nur über Gesten die weitere Vorgehensweise mit. Zoro übernahm das Gerät auf der linken Seite und Sanji würde die Kamera auf der rechten ausschalten. Rasch hatte Sanji seine Aufgabe erledigt und sah sich suchend nach Zoro um. Er verdrehte die Augen, als er sah, dass der Grünling am Ende der Mauer stand und sich nachdenklich am Hinterkopf kratzte. Er fragte sich, ob Lucci ihn wirklich mit Zoro mitgeschickt hatte, um etwas über Beschattung und Einbruch zu lernen oder ob er einfach nur aufpassen sollte, dass Zoro sich nicht verlief. Er rannte über die Mauer zu Zoro, packte dessen Hand und zog diesen zu ihrem abgemachten Ausgangspunkt zurück. „Und jetzt?“ wisperte Sanji und betrachtete die nun dunkle Villa. „Zur Terrassentür und da rein“, brummte Zoro leise zurück und glitt die Mauer herunter. Wieder folgte Sanji, lotste ihn unauffällig zur Terrassentür, ohne einige Extrarunden durch den Garten zu drehen. Intensiv untersuchte Zoro die Terrassentür, bevor er ein paar Schritte nach rechts machte und ein kleines, dünnes Kabel durchtrennte. „Öffne die Tür. Alarmanlage sollte jetzt aus sein“, informiert Zoro leise. „Sollte?“ hakte Sanji nach. Zoro zuckte mit den Schultern. „Wenn nicht, dann werden wir es früh genug mitbekommen.“ Ungläubig starrte Sanji den Grünhaarigen an. War das sein Ernst? Anscheinend, denn er öffnete gerade die Tür und stumm dankte Sanji allen Göttern, die ihm gerade einfielen, dass es still blieb.
 

Gewissenhaft durchsuchten sie die Räumlichkeiten, stellten alles wieder an den Ort zurück, wo sie es hergenommen hatten, schalteten dabei weitere Sicherungssysteme aus und versteckten sich erfolgreich vor plötzlich auftauchendem Dienstpersonal. „Verflucht“, knurrte Sanji. „Sollten die nicht alle schlafen?“ Wieder mal zuckte Zoro nur mit den Schultern. „Kommt schon mal vor, dass nicht alles nach Plan läuft“, meinte er und wollte den Gang nach links herunter gehen. Sanji packte ihn am Arm, zog ihn nach rechts. „Da waren wir schon“, brummte er und ging zielstrebig auf eine Tür zu, hinter der sie sich noch nicht umgesehen hatten. Grummelnd ließ sich Zoro die Richtung weisen, verzichtete für den Moment darauf, den Blonden darauf hinzuweisen, dass er sehr gut wusste, wo sie bereits gesucht hatten und wo nicht. Sanji öffnete die schlichte, sehr alt aussehende Holztür und sie sahen sich einem dunklen Treppenhaus aus alten Steinen gegenüber. Kalte Nachtluft schlug ihnen entgegen. „Das muss der Eingang zu dem alten Turm neben der Villa sein“, murmelte Zoro und schaute einmal die Treppe herunter und dann herauf. Er betrat das schmale Treppenhaus und stieg die ersten Stufen nach unten. Skeptisch und mit einer bösen Vorahnung starrte er in die undurchdringliche Dunkelheit. „Sei vorsichtig. Achte auf jeden Schritt, den du machst“, flüsterte Zoro und ging vorsichtig weiter. Selbst mit dem Licht ihrer kleinen Taschenlampe konnten sie kaum weiter sehen, als bis zur übernächsten Stufe. Schritt um Schritt gingen die beiden weiter, immer darauf bedacht, wo sie hintraten. Plötzlich geriet Zoro ins Straucheln, wäre beinahe die schmale Steintreppe nach unten gefallen, wenn Sanji ihn nicht im letzten Moment festgehalten hätte. „Aber mir sagen, dass ich aufpassen soll“, schnaubte Sanji, sobald sie beide wieder sicher auf den Stufen standen. Zoro warf dem Blonden nur einen bösen Blick zu, bückte sich und starrte die kleine, undurchsichtige Bogensehne an. „Da wollte einer ungebetenem Besuch ein Bein stellen“, meinte er und stieg über die Sehne drüber. Noch aufmerksamer als zuvor ging er nun weiter. Entdeckte einige Stufen weiter eine zweite Falle. Diesmal war es allerdings keine Bogensehne, sondern eine dünne, sehr scharfe Klinge. „Wenn du da oben gefallen wärst, dann würdest du jetzt kopflos durch die Gegend rennen“, stellte Sanji trocken fest. Zoro knurrte lediglich. Er hasste es, anderen Dank zu schulden. Wortlos stieg er über die Klinge, ging aufmerksam weiter. Es folgte noch eine Handvoll solcher oder ähnlicher Fallen. Wundern, dass es so tief herunter ging, obwohl die Villa selbst nicht so hoch war, taten sie sich nicht. Ein wenig ratlos starrten sie, unten angekommen, die Wand an, die sich vor ihnen erstreckte. „Die wollen uns doch nicht weismachen, dass die die ganzen Fallen auf der Treppe installiert haben, nur um eine Sackgasse zu schützen!?“ Ohne auf Sanji zu achten, begann Zoro, die Wand abzutasten. Suchte nach einer Öffnung, einer versteckten Tür, einem Hebel oder ähnlichem. Mit einem quietschenden Geräusch schwang schließlich eine schmale Tür auf. Vorsichtig näherten Sanji und Zoro sich dieser. Dahinter befand sich ein langer Gang, welchem sie achtsam folgten. „Runter“, raunte Zoro und drückte den Kopf des Blondschopf nach unten, als ein silberglänzende, rotierende Scheibe auf Halshöhe auf sie zuraste. „Verdammt“, schimpfte Sanji. „Was sollen eigentlich all die ganzen archaischen Fallen? Können die sich nichts modernes leisten?“ Zoro grinste. „Sie sind zwar alt, aber verdammt wirkungsvoll und um einiges unauffälliger, als der ganze neumodische Kram. Die funktionieren auch noch, wenn der Strom mal ausfällt“, meinte er und untersuchte bereits die Tür am Ende des Ganges. Eine einfache Holztür. Zu einfach, wie Zoro fand. Und er sollte recht behalten. An der Unterseite der Türklinke fand er eine kleine Nadel, welche höchstwahrscheinlich in ein tödliches Gift getaucht war. Immer auf der Hut, öffnete Zoro schließlich die Tür und trat in den dahinter liegenden Raum. Nach der Einrichtung zu urteilen, handelte es sich um ein verstecktes Arbeitszimmer. Gewissenhaft sahen sie sich um, hatten auch recht schnell die verfänglichen Unterlagen und Dokumente, nach denen sie gesucht hatten, entdeckt und fotografierten diese mit ihren Minikameras ab. Abschließend sah sich Zoro, nachdem sie alles wieder an ihren Platz geschafft hatten, in dem Raum um. Seine Augen blieben an einer breiten und auch recht langen Sitzbank hängen. Sein Gespür sagte ihm, dass damit irgendwas nicht stimmte und er trat langsam auf diese zu, öffnete den Deckel. „Was ist das?“ fragte Sanji und starrte das Paket aus vergilbten Leinenverbänden an. Irgendwie hatte es eine sehr menschliche Form und Sanji lief es eiskalt den Rücken herunter. „Das ist aber nicht das, was ich denke, oder?“ Zoro zuckte mit den Schultern, zückte ein Messer und durchtrennte vorsichtig die Verbände, zog diese anschließend leicht auseinander. Sanji würgte trocken, als das Gesicht eines Mannes zum Vorschein kam. Er drehte sich weg, presste die Hand vor den Mund. „Wer ist das?“ wollte er wissen und fragte sich stumm, warum Zoro bei dem Anblick so ruhig bleiben konnte. „Das ist der vor kurzem verschwundene Politiker Sankt Jalmack“, informierte Zoro ruhig und dokumentierte ihren Fund. „Das dürfte sogar für die CP9 neu sein, dass Lady Alvida etwas mit dessen Verschwinden zu tun hat.“ Freudlos lachte Sanji auf. „Ich denke, das Wort ‚verschwinden’ trifft es nicht mehr ganz. Ich würde jetzt eher von dessen ‚Ableben’ sprechen.“ Zoro nickte. „Lass uns von hier verschwinden. Wir haben alles, was wir brauchen“, brummte er und schloss den Deckel wieder.
 

Genauso vorsichtig, wie sie runter gegangen waren, machten sie sich auf den Rückweg. Als sie an der Tür ankamen, durch die sie den Turm betreten hatten, erwartete sie eine böse Überraschung. Nachdem Zoro die Tür leise geöffnete hatte, sah er sich einem ziemlich verdutzten Wachmann gegenüber.

Talk to me - Part 2

„Sie sind hier“, brüllte dieser plötzlich. „Die Eindringlinge sind im Turm!“ „Scheiße“, fluchte Zoro, knallte die Tür wieder zu und verriegelte diese. „Was jetzt?“ fragte Sanji. Hektisch und nachdenklich schaute Zoro sich um. „Nach oben“, meinte er dann, griff Sanjis Hand und rannte hoch. Zwar wusste Sanji nicht, ob das wirklich so gut war, aber von unten kamen Schritte, zeugten davon, dass eine Flucht nach unten keine so gute Idee wäre. Die Treppe endete an einer Dachluke, gegen die Zoro ein paar Mal mit seiner Schulter schlug, bis diese aufsprang und sie sich auf dem Dach des Turmes befanden. Kurz blinzelte Sanji, als er in das helle Licht der aufgehenden Sonne blickte, welche den Horizont in ein sanftes, orangefarbenes Licht tauchte. Zoro schlug unterdessen hinter ihm die Luke wieder zu und bugsierte einige lose herumliegende Mauersteine darauf. Sobald sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, sah sich Sanji um. Sie saßen in der Falle. Von hier aus gab es keine Fluchtmöglichkeit mehr. „Was machen wir jetzt? Hier geht’s nirgends weiter.“ Laut klopfte es gegen das Holz der Luke und vom Hof drangen Rufe an ihr Ohr. Fragend sah der Blonde Zoro an, der gerade eben beide Minikameras in einen Plastikbeutel verstaute, diesen gewissenhaft verschloss und ihn anschließend in seine Jackeninnentasche steckte. „Wir springen“, meinte er ruhig und trat an den Rand des Turms, sah herunter auf die glatte Oberfläche des Sees. „Springen?“ hakte Sanji fast panisch nach und näherte sich Zoro. Er warf nur einen kurzen Blick über den Rand und schüttelte vehement den Kopf. „Bist du irre? Mal davon abgesehen, dass es da bestimmt über 10 m in die Tiefe geht. Das Wasser des Sees ist eiskalt!“ Zoro hob locker eine Augenbraue. „Hast du eine bessere Idee?“ fragte er ziemlich entspannt und stieg auf die niedrige Brüstung. Sanji schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht“, murmelte er mit weit aufgerissenen Augen und leichenblass. Zoro stieg wieder herunter, trat auf den Blondschopf zu. „Ob du willst oder nicht, ist hier nicht von Belang“, brummte er und dirigierte Sanji näher zum Rand. „Wenn du den Tag überleben willst, wirst du springen müssen.“ „Nein“, hauchte Sanji. „Atme tief ein, wenn deine Füße die Wasseroberfläche berühren und schließ die Augen. Sobald du unter Wasser bist, öffne die Augen wieder und folge den Luftbläschen nach oben“, erklärte Zoro, legte einen Arm um Sanjis Taille und warf ihn mit Schwung über den Rand des Turms. Er ignorierte Sanjis Schrei, genauso auch den Schmerz und das Zusammenkrampfen seines Herzens und folgte dem blonden jungen Mann.
 

Reflexartig schnappte Sanji nach Luft, als die ersten Körperteile mit dem nur wenige Grad kalten Wasser in Kontakt kamen. Doch besaß er noch genügend Geistesgegenwart, um seine Lippen fest aufeinander zu pressen, bevor er vollständig in den Fluten verschwand. Wie Millionen von kleinen Nadelstichen reizte das eiskalte Wasser die Nerven seiner Haut. Sein Muskeln zitterten unkontrolliert. Panisch schlug er beide Hände vor den Mund, da er automatisch nach Luft schnappen wollte. Er strampelte mit den Beinen, stellte erleichtert fest, dass er sich der Wasseroberfläche näherte. Kurz durchbrach er diese Oberfläche. Gerade lang genug, um hektisch und tief nach Luft zu schnappen, bevor das Eiswasser abermals über seinen Kopf schwappte. Sanji spürte, wie seine Kräfte und auch seine Sinne langsam schwanden. Das Blut rauschte in seinen Ohren und auch sein Herzschlag dröhnte. Er konnte nicht mehr unten von oben unterscheiden, vergaß die Tipps, die Zoro ihm kurz zuvor noch gegeben hatte.
 

Plötzlich wurde er am Hemdkragen gepackt und ruckartig nach oben an die Wasseroberfläche gezogen. Hastig atmete er die klare Luft ein, inhalierte den so dringend benötigten Sauerstoff. Seinen ‚Retter’ identifizierte er nebenbei als Zoro, welcher ebenfalls heftig atmete und sich suchend umsah. „Da lang“, keuchte Sanji und deutete mit zittrigen Fingern zu dem gegenüberliegendem Ufer, ignorierte die aufgeregten Rufe ihrer Verfolger als auch die Gewehrschüsse. Zoro nickte und musterte den Blonden, der erbärmlich fror. „Kannst du schwimmen? Bis zum Ufer?“ fragte er, ein leichter Hauch von Besorgnis schwang in seiner Stimme mit. „Wird … wird schon … gehen“, bibberte Sanji, befreite sich aus Zoros Griff und tat die ersten Schwimmzüge. Doch weit kam er nicht, da verkrampfte seine Muskulatur und er tauchte abermals unfreiwillig ab. „Nicht schlapp machen, Blondie“, brummte es in sein Ohr, sobald er wieder oberhalb des Wasserspiegels war. „Nenn … nenn mich nicht so“, protestierte Sanji halbherzig, wehrte sich aber nicht, als Zoro seinen Griff um ihn verfestigte und mit ihm Richtung Land schwamm.
 

Unkontrolliert schlugen seine Zähne aufeinander und er schlang beide Arme fest um seinen Körper, nachdem Zoro ihn an Land gezogen hatte. „Wir müssen hier weg“, informierte Zoro ihn und zog ihn auf die Beine. Wie recht der Grünschopf mit seinen Worten hatte, verdeutlichte die Kugel, welche dicht neben ihm einschlug. Geschockt hob Sanji den Kopf, sah zu den auf der Klippe stehenden Wachen, welche gerade erneut auf sie anlegten. „Komm schon“, forderte Zoro ihn auf, packte ihn am Arm und zerrte ihn hinter sich her. Mehr stolpernd als tatsächlich laufend bewegte sich der Blonde vorwärts. Normale Bewegungen waren bei dem heftigen Beben seiner Muskeln nicht drin. Immer tiefer drangen sie in den Wald vor und Sanji fragte sich, ob sie sich dabei nicht hoffnungslos verirrten. Der Pfad, welchem sie noch zu Anfang gefolgt waren, hatte sich längst in überwucherte Erde verwandelt. Doch unbeirrt lief Zoro weiter und Sanji folgte, hatte keine Ahnung, wie viel Zeit bereits vergangen war, seit ihrem Sprung von dem Turm. Allein der Stand der Sonne gab ihm ein wenig Aufschluss. Diese stand hoch am Himmel, hatte den Zenit bereits sichtlich hinter sich gelassen. Und doch erreichte sie kaum ein Sonnenstrahl. Ein schier undurchdringliches Blätterwerk schirmte das Tageslicht von ihnen ab. Umso überraschter war Sanji, als er auf einmal aus dem Schatten der Bäume heraus in das direkte Sonnenlicht trat. Blinzelnd schaute er sich auf der kleinen Lichtung um. Eine ziemlich baufällige Holzhütte befand sich darauf, welche von Zoro auch gerade näher untersucht wurde. „Wir bleiben hier“, bestimmte der Grünschopf, kam auf Sanji zu und blieb dicht vor ihm stehen. Sanji ignorierte den forschenden Blick, schaute stur gerade aus auf das verfallene Bauwerk. Ihm entging so, dass kurze Aufflackern von Besorgnis in den grünen Iriden Zoros. „Warum?“ fragte Sanji, noch immer bemüht, sein Zittern unter Kontrolle zu bekommen. Auch wenn die Klamotten mittlerweile so gut wie trocken waren, hatte sich die Eiseskälte in ihnen festgesetzt und drang durch bis auf die Knochen. „Hier ist es sicher. Wir haben ein relativ warmes Plätzchen und können uns von hier abholen lassen“, argumentierte Zoro. „Abholen?“ hakte Sanji nach und Zoro verdrehte nur die Augen, packte ihn und schleifte den Blonden die wenigen Schritte bis zur Hütte hinter sich her.
 

Muffig roch es in der kleinen Hütte, aber Zoro hatte Recht. Es war trocken und irgendwie auch ein wenig warm. Auch wenn nur noch ein Teil des Daches erhalten war und die Wände mehr als löchrig waren. Bibbernd setzte sich Sanji in eine Ecke des Raumes, zog die Beine an und schlang die Arme darum, kauerte sich regelrecht zusammen und versuchte dem Beben seiner Muskeln Einhalt zu gebieten. „Zieh dich aus.“ Fassungslos und auch ziemlich sprachlos starrte Sanji den Grünhaarigen an. Hatte er sich eben verhört oder hatte Zoro das jetzt wirklich gesagt? Dieser wühlte sich gerade durch eine Kiste, welche an der gegenüberliegenden Seite stand und förderte ein paar Decken zu Tage. „Worauf wartest du?“ wollte er wissen, als er sich zu dem Blondschopf umdrehte und dieser ihn immer noch nur anstarrte, keine Anstalten machte, der Forderung nachzukommen. „Warum soll ich mich ausziehen?“ hakte Sanji argwöhnisch nach. Zoro verdrehte die Augen. „Ganz einfach“, begann er zu erklären. „Du zitterst wie Espenlaub. Deine Sachen sind immer noch feucht und du holst dir in den Dingern noch den Tod. Also ausziehen und in eine der trockenen Decken hier einwickeln.“ „Oh“, machte der Blonde. Das war logisch. Warum war er nur nicht darauf gekommen? Mit zittrigen Fingern begann Sanji sein Hemd zu öffnen, ignorierte dabei den kritisch-musternden Blick Zoros als auch sein wild klopfendes Herz. Warum machte es ihm etwas aus, sich vor dem anderen zu entblößen? Sie waren doch beide Männer, hatten nichts, was der andere nicht auch hatte oder nicht schon mal gesehen hatte. Also, warum zierte er sich wie ein kleines Mädchen und drehte dem Grünhaarigen jetzt auch noch den Rücken zu?
 

Zoro runzelte, aufgrund von Sanjis Verhalten nur die Stirn. Stumm betrachtete er den schmalen und doch recht durchtrainierten Körper. Fast schon andachtsvoll wanderten seine Augen über Sanjis Gestalt, verlor sich beinahe in dessen Anblick. Hastig, erschrocken und zugleich verwirrt wandte er sich von dem Blonden ab, als er bemerkte, was er da gerade tat. Mit fahrigen Bewegungen entledigte er sich ebenfalls seiner Sachen, kramte aus seiner Hosentasche noch einen ziemlich in Mitleidenschaft gezogenen Schokoriegel und begab sich dann mit den Decken zu Sanji. „Hier“, brummte er und warf eine der Wollbahnen dem Blondschopf zu. Dieser wickelte sich darin ein, setzte sich wieder auf den Boden und zog die Beine an den Körper. Den Kopf auf den Knien abgelegt, starrte er blicklos stur geradeaus, zitterte auch weiterhin. Nachdenklich ließ sich Zoro neben Sanji nieder, legte die Decke allerdings nur lose über seine angewinkelten Beine. Wortlos hielt er seinem Sitznachbarn die eingepackte Süßigkeit hin. Fragend schaute der Blondschopf erst den Schokoriegel und dann Zoro an, bevor er leicht den Kopf schüttelte und die Augen schloss. „Nicht einschlafen, Blondie“, forderte Zoro mit dunkler Stimme und leichte Besorgnis schwang in ihr mit. „Hab dir vorhin schon gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst“, fauchte Sanji leidenschaftslos, ganz anders, als Zoro es sonst von dem Blondschopf gewohnt war. „Und warum soll ich nicht schlafen? Bin müde“, protestierte Sanji leise und tonlos weiter. „Weil du stark unterkühlt bist und das deinen Tod bedeuten könnte“, antwortete Zoro ruhig. „Und wenn schon“, murmelte der Sanji, kauerte sich noch mehr zusammen. Das Zittern seiner Muskeln wollte einfach nicht aufhören und er war so schrecklich müde. Selbst das Atmen fiel ihm so wahnsinnig schwer und strengte ihn unglaublich an. Zoro bedachte Sanji mit einem besorgten Blick und zog die Augenbrauen leicht zusammen. „Komm her“, brummte er nach kurzem Überlegen und streckte die Arme nach dem Blondschopf aus. „Hmm?“ kam es nicht verstehend von Sanji und Zoro verdrehte nur die Augen. „Du sollst herkommen“, wiederholte er ruhig. „Warum?“ Stumm seufzte Zoro. Konnte der denn nicht ein einziges Mal das tun, was man sagte? Musste der denn immer erst hundert Mal nachfragen, hinterfragen und rumdiskutieren? „Weil du immer noch erbärmlich frierst und ich nicht will, dass du hier vor Kälte verreckst.“ Erstaunt hob Sanji eine Augenbraue. Die Worte und auch die Art und Weise, wie Zoro diese ausgesprochen hatte, ließen ihn seine Müdigkeit und die Kälte in seinen Knochen für einen Moment vergessen. Machte sich der Marimo etwa Sorgen um ihn? Und kaum, dass er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, beschleunigte sich sein Herzschlag. „Okay“, wisperte der Blondschopf und rutschte auch schon zwischen die Beine Zoros, lehnte sich an die breite, warme Brust und hoffte, dass der Grünhaarige keine dämlichen Fragen oder Bemerkungen wegen seines rasant schlagenden Herzens hatte. Sorgfältig legte Zoro die Decken über den schmalen Körper und wickelte Sanji sowie sich darin ein, bevor er den Blonden mit beiden Armen umschlang und fester an sich drückte. Kalt war der Körper des jungen Mannes vor sich. Erschreckend kalt. Und hätte er es nicht besser gewusst, hätte er angenommen, dass bereits sämtliches Leben aus diesem Körper entflohen war.
 

Eine Zeitlang war es still zwischen ihnen. Sanji versucht weiterhin, seinen Körper unter Kontrolle zu bekommen und Zoro machte sich Sorgen. Ja, verdammt, er machte sich Sorgen um den Blondschopf, verfestigte immer mal wieder den Griff und drückte ihn näher an sich. Irgendwann musste der doch mal mit dem Zittern aufhören und der Körper sich langsam erwärmen. „Warum tust du das?“ brach Sanji schließlich das Schweigen. Leicht zuckte Zoro zusammen, wurde er doch gerade aus seinen Gedanken gerissen. „Hm?“ machte er und betrachtete den blonden Hinterkopf. „Was meinst du?“ „Das hier“, erwiderte Sanji und deutete mit dem Kopf auf die starken Arme, die ihn festhielten. „Warum wärmst du mich? Wickelst mich so sorgfältig in die Decken ein?“ „Ich kann dich doch nicht einfach erfrieren lassen“, brummte Zoro. „Kannst du nicht?“ hakte der Blondschopf nach und lächelte schwach. „Pass bloß auf. Wenn du so weiter machst, könnte noch jemand auf die Idee kommen, dass du nett wärst und du mich vielleicht gern hast.“ Mit weitaufgerissenen Augen starrte Zoro den Blonden an, presste fest seine Lippen aufeinander. Kurz war er versucht, Sanji loszulassen, ihn von sich zu schieben. Aber er konnte es nicht, schaffte es nicht, sich von dem zitternden, schmalen Körper zu befreien und er musste sich eingestehen, dass er den blonden jungen Mann vor sich wirklich mochte, nicht wollte, dass diesem etwas passierte. Stumm verfluchte er sich. Das war der denkbar schlechteste Moment, um sich das einzugestehen. Wie sollte er diese Gefühle denn nun wieder los werden? War ein wenig schwierig, wenn sich Sanji so wärmesuchend an ihn kuschelte. „So ein Blödsinn“, brummte er leise. Ein verzweifelter Versuch, die Tatsachen doch noch zu verleugnen. Sanji lächelte weiterhin, fühlte sich in der Umarmung gerade richtig sicher und geborgen. Immer schwerer fiel es ihm, wach zu bleiben. Seine Körper fühlte sich so unendlich schwer an und er war drauf und dran einfach einzuschlafen, hätte Zoro ihn nicht leicht geschüttelt. „Ich hab gesagt, dass du nicht einschlafen sollst“, mahnte der Grünhaarige eindringlich. Sanji schreckte leicht hoch, riss für einen kurzen Moment die Augen auf, bevor sie auch schon wieder zufielen. „Es ist so schwer, wach zu bleiben“, murmelte er. „Dafür ist es hier einfach zu still und ich bin so müde.“ „Dann erzähl mir etwas.“ Verwirrt öffnete Sanji die Augen und blinzelte Zoro über die Schulter hinweg an. „Und was soll ich dir erzählen? Weißt doch aus den dämlichen Akten längst alles über mich“, murrte er. „Alles weiß ich nicht“, murmelte Zoro leise. „Hm?“ kam es schwach und müde von dem Blondschopf. „Was weißt du denn noch nicht?“ „Das, was deiner Meinung nach wirklich in jener Nacht geschehen ist.“
 

Sanji drehte den Kopf, blinzelte den Grünhaarigen planlos und verwirrt an. War das jetzt dessen Ernst? Wollte der das wirklich wissen oder war das nur so ein Ablenkungsmanöver? „Warum interessiert dich das?“ fragte er argwöhnisch. Zoro zuckte mit den Schultern. „Es interessiert mich eben“, gab er schlicht zurück. Nachdenklich drehte Sanji den Kopf wieder nach vorn, starrte blicklos auf den Boden ein Stück weit vor sich. „Es war schon spät“, begann er leise zu erzählen. „Ich war der letzte im Restaurant. Hab noch die letzten Ecken in der Küche in Ordnung gebracht, bevor ich nach Hause gehen wollte. Ich bin zur Hintertür raus, damit ich gleich noch den Müll entsorgen kann. Diese führt zu einer kleinen, recht schlecht beleuchteten Seitengasse. Ich hab nicht hingeschaut, als ich raus bin und bin in so einen Typen rein gerannt. Ich wollt den schon fragen, was er hier zu suchen habe, da legte mir auch schon von hinten ein anderer die Hand auf den Mund und ich sah die blutüberströmte Leiche. Verdammt, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie soviel Blut gesehen. Ich war starr vor Schreck. Diese beiden Kerle haben irgendwas davon gesagt, dass ich die Klappe halten soll und dass mir dann nichts passieren würde. Hab nicht wirklich zugehört. Ich war zu sehr von dem Toten abgelenkt.“ Freudlos lachte Sanji kurz auf. „Verständlich, wenn man zum ersten Mal einen leblosen Körper in einer riesigen Blutlache sieht, oder?“ Er wartete gar nicht erst eine Antwort von Zoro ab, sondern sprach gleich weiter. „Dann waren auf einmal Sirenen zu hören und noch ehe ich mich versah, hatten diese Typen mir das Messer in die Hand gedrückt und waren auf und davon. Und ich stand allein in der Gasse, mit einem blutigen Messer und einer dazugehörigen Leiche, als die Polizei eintraf. Ich kann die Polizisten schon verstehen, dass die mich gleich verhaftet und mitgenommen haben. Die Situation sah ja auf den ersten Blick eindeutig aus. Aber ich kannte den Mann doch gar nicht. Was sollte ich denn für einen Grund gehabt haben, zig Mal auf diesen einzustechen? Aber kein Schwein hat das interessiert. Sie hatten eine Leiche und jemanden, den sie am Tatort mit der Tatwaffe in der Hand vorgefunden haben.“
 

Ruhig hatte Zoro sich alles angehört, ging nun in Gedanken Sanjis Akte, Prozessunterlagen und Polizeiberichte durch. Er kannte all die Dokumente auswendig. Hatte er sie doch so oft gelesen. Warum? Die Frage konnte er sich selbst nicht beantworten. Er erinnerte sich an einige Ungereimtheiten, über die er gestolpert war, aber denen er keine weitere Beachtung geschenkt hatte. Genauso wenig, wie der Staatsanwalt, die Jury und der Richter. „Bei der Verhandlung waren gar keine Zeugen geladen“, meinte Zoro schließlich. „Gab es niemand, der irgendwas gesehen oder gehört hat?“ Sanji schnaubte. „Das ist ne winzig kleine Straße, welche ein Stück weiter hinten in einer Sackgasse endet. Die gegenüberliegende Hauswand hat keine Fenster. Da kann also auch niemand was gesehen haben. Ich war der letzte im Restaurant. Jeff war schon gegangen, weil er sich noch mit einem alten Freund treffen wollte.“
 

Ganz in Gedanken und in seine Überlegungen versunken, stützte Zoro sein Kinn auf die schmale Schulter des Blonden. Eine feine Gänsehaut bildete sich bei Sanji, als der warme Atem des Grünschopfs beständig seinen Hals streifte. Sein Herzschlag, der sich gerade erst beruhigt hatte, beschleunigte sich wieder. Zoro spürte, wie der junge Mann in seinen Armen immer mal wieder erschauderte, und auch, dass dessen Herz ein wenig schneller schlug, doch bracht er das alles nicht mit sich in Verbindung, sondern dachte, dass Sanji immer noch fror. Obwohl dessen Haut sich schon wieder recht warm anfühlte. Verwirrt runzelte er die Stirn.
 

„Ist denen denn nicht aufgefallen, dass es zwischen dir und Fullbody keinerlei Verbindung gab?“ hakte er weiter nach. „Und einer von denen hat dich festgehalten die Hand auf den Mund gepresst? Hätten dann nicht blutige Handabdrücke auf deiner Kleidung und auch Blut in deinem Gesicht sein müssen?“ „Waren ja auch“, knurrte Sanji, dem diese sinnlose Fragerei auf die Nerven ging. Was brachte es, das Ganze nochmals durch zu kauen? Die Sache war gelaufen. Er war verurteilt, war ‚offiziell’ gestorben und in eine Organisation eingliedert wurden, deren Mitgliedschaft erst mit dem Tod endete. „Sie haben gesagt, dass dies während der Tat auf meine Sachen und aufs Gesicht gekommen sind“, erklärte er aber schließlich doch noch. Nachdenklich nickte Zoro leicht, fragte wegen der nicht vorhandenen Verbindung zwischen Mörder und Mordopfer nicht weiter nach. Er erinnerte sich, dass in den Protokollen etwas von ‚Mord in Affekt’ gestanden hatte. Demnach ist die Polizei und Staatsanwaltschaft davon ausgegangen, dass es zwischen dem Blonden und Fullbody zu einem Streit gekommen ist, der zu einem Handgemenge geführt habe, in welchen Sanji schlussendlich zum Messer gegriffen haben soll.
 

Zoro fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Das klang selbst in seinen Ohren unglaubwürdig. Außerdem waren das alles nur Vermutungen ohne handfeste Beweise. „Haben die denn gar nicht nach den beiden Typen gesucht?“ fragte er und Sanji seufzte. „Die haben nach meinen Angaben Phantombilder anfertigen lassen. Aber es war dunkel und ich hab nicht viel von denen gesehen. Keine Ahnung, ob die dann wirklich nach denen gesucht haben. Warum auch? Auf dem Messer waren nur meine Fingerabdrücke und ich stand auch direkt neben der Leiche, deren Blut sich überall auf mir befand.“ Abermals nickte Zoro. Auch das hatte er in den Akten gelesen. Also war der Blonde einzig und allein wegen der Beweislast, die eindeutig gegen ihn sprach, verurteilt wurden. Er hatte ja selbst mitbekommen, wie die Argumente der Verteidigung in der Verhandlung von der Staatsanwaltschaft abgeschmettert worden waren. Im Prinzip blieb keine andere Schlussfolgerung übrig, als Sanji für Schuldig zu halten. Dennoch konnte es Zoro jetzt nicht mehr so richtig glauben.
 

„Verdammt“, fluchte Sanji und riss Zoro aus seinen Überlegungen. „Wenn ich diese beiden Typen nur besser gesehen hätte oder mich an sonst irgendetwas wichtiges, auffälliges erinnern könnte. Die haben doch gewiss zu irgendeinem Verbrechersyndikat gehört.“ Bestätigend brummte Zoro. „Vermutlich“, murmelte er. „Fullbody war schließlich korrupt.“ „Bitte, WAS?“ fuhr der Blonde auf und drehte den Kopf leicht. „Du kanntest ihn?“ „Nicht wirklich“, antwortete Zoro und schüttelte den Kopf. „Aber ich hab von ihm gehört. Er hat Schmiergelder angenommen und gewissen Leuten Information über Razzien und ähnliche Einsätze gegeben. Das war allgemein bekannt, aber nachweisen konnte es ihm niemand. Tash hat sich jeden Abend darüber aufgeregt und sich beschwert, dass es so unfair wäre.“ Sanji wurde hellhörig. „Tash?“ fragte er neugierig. War es doch das erste Mal, dass Zoro etwas persönliches preisgab und so, wie er den Namen ausgesprochen hatte, musste Tash eine wichtige Person in dessen Leben sein.
 

Zoros Augen weiteten sich. Hatte er gerade Sanji gegenüber wirklich ihren Namen erwähnt? Doch die lauten Geräusche eines Hubschraubers enthoben ihm einer Antwort. „Wir werden abgeholt“, murmelte er und löste sich von dem Blondschopf. Ging hinüber zu seinen Sachen und kleidete sich wieder an. Seufzend stand auch Sanji auf, schlüpfte in seine klammen Kleider und verfluchte das schlechte Timing gewisser Leute. Nahm sich aber vor, den Grünschopf bei Gelegenheit nochmals dazu zu befragen. Oder anderweitig an Informationen zu kommen. Ob Tash die junge Frau auf dem Foto war, dass er gesehen hatte? Diese und noch sehr viele andere Fragen schwirrten in seinem Kopf, während er hinter Zoro in den Hubschrauber kletterte, der sie zurück in das Hauptquartier der CP9 bringen sollte und somit vorerst kein Platz für Gespräche dieser Art mehr war.

Zoro on Mission


 

Zoro on Mission
 

 
 

 

Tiefste Nacht. Nur der Mond spendete etwas Licht. Ruhig und dunkel lag das Haus, an dem er – Zoro – und sein Team gerade angekommen waren, vor ihnen. Es sollte ein einfacher Auftrag sein. Schnell rein – Zielperson finden und ausschalten – schnell wieder raus. Etwas, das er bereits mehrfach mit Erfolg und ohne Schwierigkeiten erledigt hatte. Auch jetzt lief alles nach Plan. Er und die anderen beiden Männer, welche weitere Ziele im Haus ausschalten sollten, waren unbehelligt in das Gebäude gekommen. Nun stand er vor dem Bett seiner Zielperson. Die Waffe lag in seiner Hand und war bereits entsichert. Der Mann schlief. Es war ein Kinderspiel. Nur noch zielen und abdrücken. Und alles wäre erledigt. Doch etwas ließ ihn eine Sekunde zögern. Der Mann bewegte sich leicht und die hereinfallenden Mondstrahlen ließen die nun sichtbaren, blonden Haarsträhnen golden glitzern. Vor seinem Auge verschwand die Zielperson und machte einem anderen Blondschopf Platz. Einem Blondschopf, der ihm, seit er diesen zum ersten Mal gesehen hatte, nicht mehr aus dem Kopf ging. Er runzelte verwirrt die Stirn. Wieso eigentlich? Wieso spukte der Blonde ihm andauernd im Kopf herum? Er hatte schon andere ausgebildet. Mit diesen auch weitaus engeren Kontakt gehabt. Ohne dieses heftige und verwirrende Herzklopfen. Zuvor hatte er nur bei einer einzigen Person dieses Herzklopfen verspürt. Einer Frau. ‚Die’ Frau, um genau zu sein. Gequält verzog er das Gesicht, als ihr Bild vor seinem geistigen Auge auftauchte. Lachend, fröhlich, aber auch energisch, zielstrebig und tollpatschig. Das Bild veränderte sich und er sah den leblosen Körper dieser jungen Frau vor sich. Inmitten einer riesigen Blutlache. Das Lachen war weg, das Feuer in den Augen erloschen. Qualvoll zog sich sein Herz bei dieser Erinnerung zusammen.

 

Ein Geräusch holte ihn aus seinen Gedankengängen und Erinnerungen zurück. Erstaunt sah er in die hellwachen Augen seiner Zielperson, registrierte nebenbei die Waffe in dessen Hand und bemerkte nun auch den Schmerz, der sich in seiner linken Schulter ausbreitete. Und auch die warme Flüssigkeit, die seine Brust herunter lief. Jetzt war ihm auch klar, was das für ein Geräusch gewesen war, dass ihn aus seiner Lethargie gerissen hatte. Leicht taumelte er ein paar Schritte zurück, griff mit der rechten Hand nach der Schulter und fühlte den blutdurchtränkten Stoff. Er knurrte. Wie hatte er sich nur so ablenken lassen können? Nur gut, dass der Kerl kurz nach dem Aufwachen noch nicht sehr zielsicher war. Dennoch war der Überraschungsmoment nun vorbei und der laute Schuss hatte auch die anderen Bewohner geweckt. Ein zweiter Schuss fiel. Die Kugel schlug knapp neben seinem Kopf in der Wand ein und der Mann, welcher nun aufrecht im Bett saß, fluchte und legte erneut auf ihn an. Doch bevor dieser ein drittes Mal abdrücken konnte, flog neben ihm die Tür auf. Ein weiterer Schuss fiel. „Verdammt!“ fluchte Johnny neben ihm. „Was machst du? Los, komm. Wir müssen hier weg.“ „Der Job ist noch nicht erledigt“, knurrte Zoro, sah dabei zu, wie sich seine Zielperson wieder aufrichtete. Johnny hatte ihn anscheinend verfehlt. „Dafür sind wir es aber gleich. Im ganzen Haus wimmelt es schon vor Wachpersonal. Lass uns verschwinden!“ Energisch zog der andere an Zoros Arm, zerrte ihn aus dem Raum, den Flur entlang und die Treppe nach unten. Sie hatten gerade freies Gelände erreicht, als hinter ihnen die Stimmen und Schritte der Wachleute zu hören waren. Gemeinsam eilten sie auf das wartende Fahrzeug zu. „Beeilt euch“, rief Yosaku, der bereits wieder im Auto saß und ihnen wild gestikulierte. „DA! Da sind die Eindringlinge!“ ertönte es hinter den Flüchtenden. Zeitgleich ging ein wahrer Kugelhagel auf sie los. Zoro hechtete hinter die Hauswand, presste sich mit dem Rücken fest gegen die Wand und achtete auch gar nicht auf den stechenden Schmerz in seiner Schulter. Johnny hatte es unbeschadet ins Auto geschafft – war dieser ihm ja auch ein paar Meter voraus gewesen. Wild gestikulierte dieser ihm, er solle sich doch zu ihnen ins Auto bewegen, während Yosaku das Feuer erwiderte. Doch mit den ganzen zischenden Kugeln in der Luft, war das einfach zu gefährlich. Und auch stieg die Gefahr für das Team im Auto sekündlich an. Zoro knirschte mit den Zähnen. Wegen seiner Träumerei und seiner Unachtsamkeit, waren die Mission und das Team gefährdet. Er musste das in Ordnung bringen. „Fahrt!“ brüllte er über den Lärm hinweg und machte eine entsprechende Handbewegung. Die Augen von Johnny und Yosaku weiteten sich und vehement schüttelten beide den Kopf. „Das ist ein Befehl!“ schnauzte Zoro und fixierte mit stechendem Blick den Fahrer des Wagens. Dieser zuckte zusammen, schluckte und nickte leicht, bevor er Gas gab. Zufrieden sah Zoro dabei zu, wie sich das Auto entfernte, das Team somit in Sicherheit war und nur noch ein verzweifeltes „BRUDER!“ zu ihm rüber wehte.

 

So weit, so gut. Jetzt musste er nur noch schauen, dass er ebenfalls heil aus der Geschichte raus kam. Die Schüsse stoppten, sobald das Auto außer Reichweite war und in der Stille der Nacht hörte er die gemurmelten Zurufe der Wachleute. Ihm war klar, dass sie ihn einkesseln wollten. Doch so leicht würde er es ihnen nicht machen. Schnell überprüfte er seine Waffe, sah sich kurz um und wagte dann einen Blick um die Ecke der Mauer. Doch sofort eröffneten seine Gegner wieder das Feuer und er zog den Kopf schnell wieder ein. Fünf Männer hatte er dennoch zählen können. Das waren vorher mehr gewesen. Da war er sich sicher. Tief holte er Luft, zwang sich zur Ruhe und blendete den pochenden Schmerz in der linken Schulter aus. Dann trat er aus dem Schutz der Mauer heraus, schoss wahllos in die Richtung seiner Verfolger, während er auf das Gebüsch auf der anderen Seite des Weges zuhechtete. Nebenbei sah er, wie zwei der Wachleute getroffen zu Boden fielen, bevor er sich mit einem Hechtsprung und einer Rolle vorwärts in die Sträucher rettete. Rasch robbte er zu einem nahe stehenden Baum und richtete sich an dessen Stamm entlang auf. Vorsichtig linste er nach den Verfolgern, die sich langsam näherten. Er zielte, drückte ab und traf. Da waren es nur noch zwei. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Die schaffte er auch noch. Das Grinsen gefror, als er auf einmal von hinten Stimmen hörte. Da waren die vermissten Wachleute also abgeblieben. Verhalten knurrte Zoro, sank wieder zu Boden und kroch im Schutz des Dickichts Richtung Grundstücksbegrenzung.

 

Unbehelligt erreichte er die hohe Mauer. Die Wachmänner befanden sich ebenfalls im Gestrüpp, was ihm das leise Rascheln verriet. Sehen konnte er sie nicht. Dazu waren die Büsche einfach zu dicht. Ein Vorteil, der zugleich ein Nachteil war. Er konnte sich daher nur auf seine Ohren verlassen und die Entfernung über die Geräusche einschätzen. Er suchte die Mauer ab, versuchte ein Fleckchen zu finden, wo diese eventuell etwas niedriger war. Unter normalen Umständen wäre die Höhe kein Problem für ihn, aber mit der verletzten Schulter, würde es wohl etwas schwieriger werden. Zumal er unter Zeitdruck stand. Er steckte seine Waffe weg und reckte den Arm nach oben, versuchte, den oberen Rand der Mauer zu fassen zu kriegen. Zuckte aber zusammen und fluchte leise, kaum dass er den Arm etwas mehr als normal gestreckt hatte. Die angeschossene Schulter machte ihm mehr Probleme, als er gedacht hatte und zuzugeben bereit war. Er wechselte zum anderen Arm, streckte ihn zum Mauerrand empor, griff diesen und zog sich unter Ächzen, Stöhnen und leisen Flüchen hoch. Schnaufend saß er schließlich da oben und schwang ein Bein auf die andere Seite, sodass er rittlings auf der Mauer saß. Gerade wollte er das andere Bein nachziehen, als erneut ein Schuss fiel. Sein Kopf schnellte hoch. Seine Hand tastete sich zu der rechten Bauchhälfte, von der sich ein brennender Schmerz ausbreitete und seine Augen weiteten sich. Blickten genau in zwei andere, die über den Mündungslauf, aus welchem noch eine Qualmfahne wehte, auf ihn gerichtet waren. Und dann fiel er in die Tiefe. Wie ein nasser Sack und in Zeitlupe. Alles um ihn herum verschwamm …



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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  YumeKahoko
2015-11-08T22:22:18+00:00 08.11.2015 23:22
SPANNENDER GEHTS KAUM!!!
Also ich liebe die Story bisher und würde super gerne wissen wie es denn nun weitergeht mit den beiden!
Außerdem da das hier so kursiv geschrieben ist vermute ich mal das das ein Traum oder so ist. Jedenfalls nicht echt.
Bitte schreib gaaaaaanz schnell weiter!!! Muss wissen wie das ausgeht *vor Spannung nach Popcorn greif*

LG Yume-chan

Von:  Agust_D
2013-12-31T18:48:06+00:00 31.12.2013 19:48
OMG! Is das spannend ^o^
Tolles Kapi :) Freu mich schon aufs nächste ;)
Von:  Agust_D
2013-12-31T18:43:22+00:00 31.12.2013 19:43
Voll süß ^^ zorro ist ja auch nur ein mensch ;)
Ich freu mich aufs nächste kapi
Von:  Agust_D
2013-12-31T18:21:21+00:00 31.12.2013 19:21
Wuhuuu! Jetz wirds spannend :D
Von:  Agust_D
2013-12-31T17:20:25+00:00 31.12.2013 18:20
Boah gänsehaut :O hat sanji gut gemacht ^^
Von:  Agust_D
2013-12-31T16:55:17+00:00 31.12.2013 17:55
Boah Zorro! D:

Ich liebe diese FF <3

Von:  Agust_D
2013-12-31T16:28:34+00:00 31.12.2013 17:28
^^ zorro kann lieb sein ^o^
Von:  Agust_D
2013-12-31T16:04:43+00:00 31.12.2013 17:04
Zorro du arsch! Naja hilft ja alles nicht :)
Tolles chapter ^^
Von:  Agust_D
2013-12-31T15:48:05+00:00 31.12.2013 16:48
Ach ja chronische schlafkrankheit XD
Von:  Agust_D
2013-12-31T15:36:21+00:00 31.12.2013 16:36
Sanji tut mir echt leid :/ Bin gespannt wie es weitergeht ^^


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