Thread: Petition - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten

Sehr geehrter Herr Dr. xxxxxxx,

mit Erschrecken[!] musste ich feststellen, wie wenig die SPD dazu bereit ist, sich der CDU bei deren eindeutig als populistisch zu bezeichnendem Vorhaben in den Weg zu stellen, das Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen entgegen aller Expertenmeinungen, Warnungen von NGOs und Privatinitiativen sowie Vereinen durchzusetzen. Es ist schon erstaunlich für die größtenteils akademischen Politiker in Berlin, wie wenig sie bereit sind, sich mit der Thematik vorurteilsfrei auseinander zu setzen und es wider besseren Wissens (oder zumindest: der Möglichkeit, sich dieses Wissen anzueignen) trotzdem einzubringen.

Wie Sie sicher aus den Medien und vielleicht eigener Recherche wissen, ist es durch das geplante Gesetz nicht nur absolut unmöglich, wirksame Sperren für derartige Inhalte zu erstellen, sondern leistet auch Vorschub beim Abbau der freiheitlich-demokratischen Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland. Schon jetzt, noch bevor das Gesetz verabschiedet wurde, werden Stimmen seitens der CDU, aber auch aus Kreisen der Wirtschaft laut, die Sperren, sobald sie einmal erstellt wurden, auch auf andere Gebiete auszuweiten. Laut Grundgesetz Artikel 5, Absatz 1 findet in Deutschland keine Zensur statt. Aber genau DAS wird dieses Gesetz erreichen: eine Zensur von Internetinhalten.

Selbstverständlich habe ich und mindestens 130.000 weitere Zeichner der Petition gegen dieses Gesetz keinerlei Intention im Erwerb und Konsum von kinderpornografischen Inhalten. Aber wie bereits mehrfach in den Medien zu erfahren war - sofern man gewillt war, diese überhaupt zu lesen! - ist WEGSEHEN (und nichts anderes würde das Gesetz bewirken) keine Lösung des Problems. Die einzige Möglichkeit, ohne den Rechtsstaat endgültig auszuhebeln ist das SPERREN derartiger Seiten sowie das Überführen der Betreiber an die Justiz. Salopp gesagt dürfte aber auch das schwer werden: Es gibt bereits jetzt genügend Rechtsmittel, um Betreiber solcher Seite in Deutschland, dem Großteil Europas und den USA dingfest zu machen. Nachweislich liegen auch die meisten derartiger Seiten auf Servern der vorgenannten Länder. Darum ist es mehr als fraglich, was eine Zensur bewirken soll. Wird auch nur ein Kind weniger vergewaltigt, weil wir die Seite einfach nicht mehr sehen können? Ich behaupte: Nein! Das wäre in etwa so, als würde ich Ihnen die Augen zu halten, während jemand ihr Auto stiehlt. Weg ist es trotzdem, ob Sie das nun sehen oder nicht.

Fraglich ist des Weiteren, ob das BKA ohne richterliche Verfügungen überhaupt berechtigt ist, solche Sperren zu betreiben bzw. zu überwachen.
Ein weiter und nicht zu vergessender Punkt ist die Unwirksamkeit der Sperren. Der Großteil des kinderpornografischen Materials findet sich laut genügend Experten nicht auf freizugänglichen, per bspw. Google zu findenden Seiten, sondern auf gesonderten, nirgendwo öffentlich bekannten Servern, teilweise mit Passwortzugängen oder werden von Person zu Person direkt verschickt, ohne Umwege über Server. Auch der Postweg spielt dabei eine große Rolle.

Frage an Sie, Herr Dr. xxxxxx: Möchten Sie, dass das BKA jeden Ihrer Briefe öffnet und untersucht, ob sie verbotenen Inhalt verschicken? In Deutschland gilt das Unschuldsprinzip. Solange keine zwingender Verdacht besteht, darf nichts, aber auch gar nichts gegen Sie unternommen werden, was Sie in Ihren Grundrechten verletzen würde. Aber genau das stellt dieses Gesetz dar. Einen schweren Eingriff in die Grundrechte jedes einzelnen Bürgers.

Nicht zu vergessen ist schließlich auch noch die moderne Internetstruktur und Angebote von völlig legalen Internetseiten, die z.B. anbieten, umständliche und lange Internet-Adresse zu verkürzen, um z.B. statt https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=3860 viel kürzer http://tinyurl.com/dceu73 zu schreiben. Der Haken an derartigen Adressen liegt auf der Hand: Es ist nicht erkennbar, wohin diese Adresse führt. So kann schnell eine böswillig gesinnte Person einen solche Adresse an verschiedene Leute verschicken, die nichtsahnend auf eine Seite mit kinderpornografischen Inhalt verweist. Was dann passiert ist klar: Stopp-Zeichen, Notiz an das BKA, Hausdurchsuchung, Verlust des Images der Person und nur eventuell eine Freisprechung vor Gericht. Obwohl die Person nie die Intention hatte, derartige Inhalte anzusehen. Auch haben die meisten heute verwendeten Internet-Browser eine standardmäßig aktive Option, Verknüpfungen auf Internetseiten, die zu weiteren Seiten führen, schon im Voraus zu laden, damit das Surfen schneller von statten geht. Auch dort gilt das selbe Prinzip: Ich mache mich strafbar, weil ich auf einer völlig harmlosen Seite surfe, die zufällig oder absichtlich auf verbotene Inhalte weiterleitet, die dann von meinem Browser und ohne mein Wissen oder Wollen vorab geladen werden. Und schon stehe ich mit einem Bein im Gefängnis.

Meine Frage: Wollen Sie das? Wollen Sie den totalen Überwachungsstaat?

Falls, und ich betone das falls, bei der Abstimmung am Donnerstag im Bundestag beschlossen werden sollte, dieses Gesetz zu verabschieden - und dazu dürften nicht wenige Genossen von der SPD nötig sein - werde ich die SPD für immer verlassen. Denn dann hat sie mein Vertrauen restlos aufgebraucht und ich kann sie nur noch als eine Partei von Ja-Sagern betrachten, die _meine_ Vorstellung von Demokratie nicht nur nicht unterstützt, sondern dieser gänzlich und sträflich entgegen steht.


Mit -derzeit noch- freundlichen Grüßen
Alexander xxx, SPD-Mitglied

Alexander Mxxxxx
xxx xxx xxx
Mitglieds-Nummer xxx
xxxxx Magdeburg
Tel.: xxxx - xxx xxx xx



SPD
Landesverband Sachsen-Anhalt
Postfach 4046
39015 Magdeburg
18.06.2009

Kündigung meiner Mitgliedschaft


Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit kündige ich meine Mitgliedschaft bei der SPD und entziehe Ihnen ferner die Erlaubnis zum Lastschrifteinzug.

Auch wenn ich nicht verpflichtet bin, meine Gründe zur Kündigung darzulegen, möchte ich diese kurz ausführen.
Am heutigen Donnerstag, dem 18. Juni 2009, hat die SPD meiner Meinung nach jeglichen Anspruch auf Unterstützung durch ihre Zustimmung zum kontrovers diskutieren Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen verwirkt. Nicht nur das die SPD der CDU/CSU nach dem Mund geredet und die dürftigen Änderungen sogar noch als Eigenverdienst verkauft hat (zur Entschuldung: Die CDU behauptet das selbe über die SPD), nein, viel schlimmer: sämtlichen kritischen Stimmen innerhalb der SPD, angefangen beim Genossen Tauss über zahlreiche SPD-Kandidaten bis hin zum Onlinebeirat der SPD und vor allem über 134.000[!] potentiellen Wählern wurde keinerlei Gehör geschenkt. Die Bedenken, das damit eine Zensur in Deutschland (ich erinnere an Artikel 5, Absatz 1 GG: „Eine Zensur findet nicht statt.“) eingeführt würde, wurden mit fadenscheinigen Argumenten vom Tisch gewischt. Damit hat die SPD nicht nur in meinen Augen endgültig nicht nur der Zensur Tür und Tor geöffnet, sie hat außerdem die rechtstaatlich-demokratischen Grundwerte unseres Staates verkauft. Stichwort Gewaltenteilung: Wer entscheidet noch gleich darüber, was rechtens ist und was nicht? Eine Polizeibehörde wie das BKA? Ich glaube eher nicht.
SO einer Partei werde ich mit Sicherheit auf absehbare Zeit weder mein Vertrauen, noch meinen Mitgliedsbeitrag oder meine Stimme geben.
Ich gratuliere der SPD zur erfolgreichen Beerdigung ihrer selbst und den Bürgerrechten dieses Landes auf Kosten von unschuldigen Kindern, die durch so ein Gesetz weder geschützt noch Täter dingfest gemacht werden. Ich hoffe, dass sowohl die SPD als auch die CDU bei der Wahl im kommenden September die verdiente Strafe ereilt.


Enttäuscht,
Alexander Mxxxxxxx