Gewittergrollen
Hällöle. Da bin ich wieder.
Ja das letzte Kapitel war kurz. Aber ich erwähnte auch, das es in dieser besagten Datei oft nur kurze Sequenzen befinden. Es sind kurze Szenen die keine eigene Storyline haben. Sie greifen dabei nur vielleicht 5 Minuten von Ran und Shin-ichis Leben ab. Auch die folgende ist so ein kurzes Gespräch zwischen den beiden. Und es ist die gezogenen Nummer von Leira. Bitte dieses Kapitel ist für dich.
Leira ist für 2 Tage nach Berlin gefahren. Und wenn sie heute Abend zurückkommt, möchte ich sie hiermit überraschen.
Aber euch allen wünsche ich auch viel Spaß beim lesen.
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Das Gewitter grollte über dem kleinen Haus. Ran rollte sich auf ihrer Matte zusammen und zog die Decke über die Ohren. Wenn sie doch nur nicht so ängstlich wäre, dachte sie bei sich. Was ist schon ein Gewitter? Nichts wovor man sich fürchten musste.
Ein Arm legte sich um sie und zog ihren Körper ein Stück zurück bis sie mit einem anderen Körper zusammenstieß. Ein wenig Geborgenheit erfasste sie. Doch dann riss sie sich zusammen.
"Lass los.", sagte sie scharf und schob den Arm von sich fort.
"Oh man, ich möchte wissen warum du dich nicht einmal wie ein Mädchen benehmen kannst." Der junge Mann rollte sich auf den Rücken und verschränkte die Arme hinter seinen Kopf.
"Was willst du damit sagen?", fauchte Ran wütend und richtete sich auf.
"Naja, da will dich mal jemand beruhigen weil du Angst hast und du lässt es nicht zu." Shin-ichi schielte zu Ran hinüber.
"Ich habe keine Angst."
"Ach und warum zitterst du wie Zweige im Wind?"
"So tue ich das? Das glaube ich nicht. Außerdem will ich nicht Danke sagen müssen und das erst recht nicht zu dir."
"Das verlange ich doch gar nicht. Und was wäre so schlimm daran?"
"Am Danke sagen?"
"Auch. Und das du dich mal wie ein Mädchen benimmst."
"Ich will einfach nicht in deiner Schuld stehen."
"Tust du doch gar nicht. Immerhin kennen wir uns schon eine Ewigkeit. Und früher hast du dir auch immer helfen lassen. Was sollte dann jetzt so anders daran sein?"
"Wir sind älter geworden. Das ist es. Ich will nicht, dass irgendjemand die Situation falsch versteht."
Shin-ichi blickte sich um. "Wer sollte das falsch verstehen? Wir sind allein."
Ran wurde rot. "Man leg meine Worte nicht so auf die Goldwaage." Sie wurde langsam wütend. Dieses Gespräch forderte ja förmlich dazu heraus ihre Gefühle zu offenbaren. Aber wollte sie das wirklich? Sie hatte Angst davor, Angst vor ihren Gefühlen und was er dazu sagen würde.
"Ach jetzt verstehe ich.", fuhr Shin-ichi fort. "Du möchtest nicht, das ich mir falsche Hoffnungen mache. Denn wenn ich meinen Arm um dich lege, könnte ich ja was ganz bestimmtes wollen, etwas was du jedoch nicht willst." Shin-ichi zog das Wort 'ganz' ganz genüsslich in die Länge. "Das ist ja richtig süß von dir. Aber keine Sorge. Ich werde damit schon fertig, ich bin ein Mann."
"Nein, das ist es nicht."
"Nicht? Dann versucht du also doch nur mit deiner ablehnenden Art deine wahren Gefühle vor mir zu verstecken?", meinte er trocken. "Ach Ran, die kenne ich doch schon seit einiger Zeit."
Ran klappte die Kinnlade nach unten.
"Tja, wenn sich ein Mädchen und ein Junge gut verstehen und auch gut miteinander auskommen, wird es wohl früher oder später passieren, das sie dieses besondere Gefühl füreinander entdecken." Shin-ichi starrte zur Decke empor. "Eines der schönsten Gefühle die ein Mensch erleben kann. Aber wenn man dieses Gefühl erst einmal in sich entdeckt hat, lernt man auch eine andere Art an Angst kennen. Die Angst vom anderen abgelehnt zu werden oder ihn zu verletzen. Und man erkennt, das man auch selbst auf diese Art verletzbarer geworden ist." Shin-ichi holte Luft. "Ich weiß das du schon fündig geworden bist und nun warte ich darauf, wann du endlich mitbekommst, das auch bei mir mehr hinzugekommen ist." Nach einer kurzen Pause rollte er sich zur Seite und zog Ran zurück auf die Matte. "Es ist spät, wir sollten endlich schlafen." Erneut legte er seinen Arm über Ran.
Doch dieses Mal ließ ihn Ran gewähren. 'Das auch bei mir mehr hinzugekommen ist.', hallte es in ihrem Kopf.
Der Wind drückte den Regen gegen die Fenster, der stetig gegen die Scheiben klopften. Ein Donner entlud sich. Ran zog den Kopf zwischen die Schulter und kniff die Augen zusammen. Während ihres Streitgespräches eben, hatte sie in keiner Sekunde an dieses heftige Gewitter gedacht.
"Von wegen keine Angst.", murmelte Shin-ichi.
Ran drehte sich in seinem Arm zu ihm um und schaute in seine Augen, deren Weiß hell in der Dunkelheit schimmerten. "Shin-ichi!", sagte sie ehrfurchtvoll. Er wusste also von ihren Gefühlen? 'Und nun warte ich darauf, wann du endlich mitbekommst, das auch bei mir mehr hinzugekommen ist.' Dieser Satz wollte Ran nicht mehr aus dem Gedächtnis verschwinden.
Shin-ichi hob die Hand und strich ihr beruhigend über den Kopf. "Es ist schon merkwürdig, welche seltsamen Wege das Schicksal nimmt.", flüsterte er ihr zu. "Ich hatte Angst dir zu sagen warum ich dich verlassen musste, hatte Angst das dir etwas zustößt, wenn du von meiner Misere und von meinem Aufenthaltsort weißt. Doch nun ist alles vorbei und ich könnte dir alles erzählen. Dennoch tue ich es nicht, aus Angst dich mit der Wahrheit zu verletzen."
"Wenn man dieses Gefühl erst einmal in sich entdeckt hat, lernt man eine andere Art an Angst kennen. Die Angst vom anderen abgelehnt zu werden oder ihn zu verletzen.", flüsterte Ran seine Worte.
"Ja meine Ran-nee-chan."
"Ran-nee-chan?" Ran schloss die Augen. Nur einer hatte sie so genannt. Nur einer. Und wenn dieser eine er war, wenn sich ihre Vermutung nun doch bestätigt und er wirklich der eine war, dann hatte er Recht, das sie sich verletzt fühlen würde. Dann war klar, das er von ihren Gefühlen zu ihm wusste. Sie spürte deutlich die Lanze der Lüge sich in ihr Herz bohren. Das Gefühl der Ohnmacht schien nahe. Ran fühlte sich, als wäre sie zur Salzsäule erstarrt, war nicht in der Lage auch nur eine Faser ihres Körpers zu bewegen. Mühsam schluckte sie. 'Ich hatte Angst dir zu sagen warum ich dich verlassen musste, hatte Angst das dir etwas zustößt, wenn du von meiner Misere und von meinem Aufenthaltsort weißt. Doch nun ist alles vorbei und ich könnte dir alles erzählen. Dennoch tue ich es nicht, aus Angst dich mit der Wahrheit zu verletzen.' Ein Grund ihr absichtlich weh zu tun oder nur eine Ausrede? Sie musste über ihren eigenen Schatten springen, musste darüber hinweg sehen das er sie angelogen hatte, musste die ganze Wahrheit in Erfahrung bringen. Nur so konnte sie sich ein Urteil erlauben über das was er getan oder nicht getan hatte. Sie hatte Angst. Angst vor der ganzen Wahrheit.
"Sieht so aus, als müssten wir beide uns unseren Ängsten stellen.", wisperte Ran. "Erzählst du mir also die ganze Geschichte? Denn so kann ich nachvollziehen was dich dazu bewogen hat und wie der eigentlich Ablauf war. Und…," sie machte eine kurze Pause, "… ich möchte erfahren, wie du es immer wieder fertig gebracht hast mich so zu täuschen."
"Nicht täuschen. Dich in Sicherheit bringen.", korrigierte Shin-ichi Rans letzte Worte. "Ich werde es dir erzählen. Versprochen. Nur nicht jetzt. Das was hier und jetzt ans Licht gekommen ist, reicht fürs erste aus."
Ran hörte seine Erleichterung, aber auch seine Anspannung über das was ihm bevorstand, über das was er ihr zu sagen hatte.
"Und nun schlaf endlich." Shin-ichi zog seine Arme fester um ihrem Körper und Ran drückte sich an seinen Brustkorb.
Sie spürte seinen Atem, spürte seine Körperwärme. Wenn er Angst hatte sie zu verletzen und somit zu verlieren, dann konnte man eigentlich nur einen Schluss ziehen. Doch das würde sie hoffentlich am Ende seiner Erzählung erfahren. Sehnsüchtig kuschelte sie sich tiefer in seinen Arm. Die Geborgenheit fing sie wieder ein. Und so schlief sie seelenruhig in den Armen des Mannes den sie liebte ein, während das Gewitter über dem Haus weiter vor sich hin grollte.