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Sherlock Holmes - Ein farbenfroher Mord

von

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Tudor Hall

Natürlich hatten wir im warmen Inneren gewartet bis Lestrade eine Droschke organisiert hatte und wir in dicker Kleidung aus dem Haus traten. Die Fahrt begann und der Inspektor begann damit uns mit den Details zu versorgen. Demnach war der Graf während einer Abendgesellschaft plötzlich verschwunden. Während noch diskutiert wurde, ob man nun nach dem Gastgeber suchen sollte, wurde seine Leiche bereits von einem der Gäste entdeckt.

„Wie ist er gestorben?“, wollte Holmes wissen.

Lestrade zuckte nur mit den Schultern.

„Da… sind wir uns ehrlich gesagt noch nicht ganz sicher.“, gestand er.

Der Detektiv verwies auf mich.

„Kein Problem, der werte Doktor wird uns sicher Aufschluss darüber geben.“

Ich versprach mich nützlich zu machen und erfragte noch weitere Details über den Grafen. Wir wussten nun, wie er sein Vermögen angehäuft hatte, jedoch fehlten uns Angaben zu seiner Person. Lestrade verriet uns, dass er bereits um die 60 war, an Ruhestand jedoch keinen Gedanken verschwendete. Er residierte in Tudor Hall, das in der Grafschaft Mayfields lag, ein prächtiges Anwesen, wie es der Inspektor beschrieb. Zudem liebte es der Graf Feste zu veranstalten und Freunde einzuladen.

„Und während dieser Leidenschaft musste er sein Leben lassen.“, murmelte ich.

Lestrade bejahte und die Droschke kam wenig später zum Stehen.

Tudor Hall war ein großes Gebäude, das hoch in den Himmel ragte. Es mochte an der vorangegangenen Abendstunde liegen, doch die dunklen Mauern starrten uns wie ein schwarzes Monstrum entgegnen.

Wir stiegen aus und mussten feststellen, dass auch hier das Schneegestöber gewütet hatte. Darum eilten wir mit schnellen Schritten um Eingang. Zwei Constables waren davor postiert und ließen uns unverzüglich ein, als sie das Gesicht ihres Vorgesetzten erkannten. In der Eingangshalle verschafften wir uns schnell einen Überblick. Lestrade bat uns ihm zu folgen und wir stiegen nach ihm eine hohe Treppe hinauf. Oben angekommen standen wir bereits mitten im Geschehen. Ein weiterer Constable, direkt vor einer massiven Holztür postiert. Im Gang davor zwei Männer mit weißen Kitteln. Ich erkannte den Rechtsmediziner wieder, den wir bereits bei einigen anderen Fällen getroffen hatten, mitsamt eines Assistenten. Sie waren über ein großes Leinentuch gebeugt, unter dessen sich nur eines befinden konnte.

Lestrade gab uns ein Zeichen und wir schritten auf die Männer zu.

„Dr. Orchid, Sie müssen die Leiche gleich wieder freilegen. Mr. Holmes ist eingetroffen. Und Dr. Watson möchte sicherlich ebenfalls einen fachmännischen Blick darauf werfen.“

Der Leichenbeschauer sah zu uns hoch und nickte.

„Natürlich. Dann wird der Abtransport noch etwas warten müssen.“

Zusammen mit seinem Assistenten entfernte er das Tuch und die Leiche eines älteren Mannes kam zum Vorschein. Seine Augen waren geschlossen, Gesicht und Anzug voller Blut.

Holmes ging sofort in die Knie und verschaffte sich einen ersten Eindruck.

Ich wollte ihm in nichts nachstehen und trat ebenfalls zu dem Körper. Ich musterte ihn mehrfach und brummte unsicher.

„Dieser Mann scheint mehrere Verletzungen aufzuweisen. Auf den ersten Blick kann ich keine definitive Todesursache nennen.“, musste ich gestehen.

Mein Kollege pflichtete mir bei, ihm schien es erst nicht anders ergangen zu sein. Der Graf lag mit ausgestreckten Armen vor uns und Holmes untersuchte dessen Hände.

„Schürfabdrücke. Von einem Seil, oder ähnlichem.“, meinte er und ich konnte ihm anhand der Abdrücke nicht widersprechen.

„Jemand könnte den Grafen gefesselt haben. Möglicherweise ein Einbrecher. Doch das Opfer befreite sich und der Dieb musste ihn beseitigen.“, spekulierte ich.

Holmes ging nicht darauf ein, sondern untersuchte die Unterarme.

„Eine Schnittverletzung. Ein breiter Schnitt, direkt oberhalb der Hand.“

Auch dieser fiel mir auf.

„Aber keinesfalls tödlich“, stellte ich fest. Die Blutung hatte bereits gestoppt, ich konnte also nicht auf Anhieb sagen, wie fatal sie wirklich gewesen war.

Mein Freund inspizierte Kleidung und Oberkörper der Leiche.

„Überall Blutstropfen, aber nicht so viele wie an seinem Kopf. Ich gehe davon aus, dass er mit einem schweren Gegenstand geschlagen wurde, dafür spricht das viele Blut an seinem Hinterkopf.“

Ich pflichtete ihm bei. Dabei konnte es sich definitiv um die Todesursache handeln.

„Ein weiteres Detail kann ich Ihnen nennen. Bei dem Fundort handelt es sich definitiv nicht um den Tatort. Das Opfer zieht eine Spur von Blutstropfen hinter sich her, die im Gang entlanglaufen.“, teile Holmes mit.

Ich und der Inspektor mussten ihm rechtgeben. Vermutlich war das Opfer noch eine Weile getorkelt, bevor es an dieser Stelle zum erliegen kam.

„Gut, dann folgen wir einfach der Spur.“, schlug ich vor.

Doch Holmes hob die Hand.

„Eines nach dem anderen. Sie erwähnten Zeugen, Inspektor?“

Lestrade nickte und zeigte auf die massive Holztür.

„Ja, es handelt sich um die Gäste des heutigen Abends. Es sind sechs an der Zahl. Ich habe sie alle im Salon versammelt, sie sind verständlicherweise sehr aufgewühlt.“

Mein Freund nickte.

„Gut, dann beginnen wir am besten gleich mit den Befragungen, bevor Details verschwinden oder jemand Zeit hat, sich eine Geschichte zu überlegen.“, stand für ihn fest.

Inspektor Lestrade stimmte ihm zu und gemeinsam betreten wir den Salon. Kaum waren wir eingetreten erhoben sich bereits mehrere Gestalten und musterten uns prüfend. Wie Lestrade erwähnte, waren es sechs Personen, drei Männer und drei Frauen. Sie wirkten alle mitgenommen, immerhin hatten sie erst vor kurzem die Leiche ihres Freundes und Gastgebers entdecken müssen.

„Inspektor! Wie lange wollen Sie uns noch hierbehalten?“

Ein Mann in mustardfarbenen Anzug war vor uns getreten und wirkte geradezu erbost. Sein Gesicht wies strenge Züge auf und seine Haltung gerade, trotz der Anspannung.

„Wir tun hier nur unsere Arbeit, Herr Oberst.“, rechtfertigte sich Lestrade schnell.

Jetzt fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

„Sie sind Oberst von Gatow! Stellvertretender Regimentsleiter des Berkshire-Regiments!“, erkannte ich den Mann wieder.

Während meiner Zeit in Afghanistan war ich dem Oberst lediglich einmal begegnet, also er uns darauf vorbereitete, was uns in der heißen Wüste zu erwarte hatte. Sein Patriotismus war beinahe so legendär wie sein Narzissmus.

Ich räusperte mich.

„Dr. John Watson, ehemaliges Mitglied des 66ten Berkshire-Regiments.“, stellte ich meine Person vor.

Der Oberst beließ es bei einem anerkennenden Nicken und musterte dann meinen Begleiter.

Doch es war Lestrade, welcher vor Vorstellung für ihn und zugleich dem Rest der Anwesenden übernahm.

„Dies hier sind Mr. Sherlock Holmes und Dr. John Watson. Ich habe sie beratend zur Ermittlung hinzugezogen um für eine schnelle Aufklärung zu garantieren.“, erklärte er.

Eine Frau in blauem, mit Federn verzierten Kleid trat näher.

„Sie sind doch dieser Meisterdetektiv, nicht wahr? Mit Ihrer Anwesenheit fühle ich mich in der Tat erleichtert.“

Holmes verbeugte sich leicht.

„Ich werde mein Möglichstes tun, Mrs…“, begann er und wartete darauf, dass sich die Frau selbst vorstellte.

Diese folgte sogleich.

„Peacock. Ich bin… war eine Freundin des guten Grafen. Es ist schrecklich, was mit ihm geschehen ist.“

Ich konnte nicht sagen, ob ihr Ihr Auftreten eher als kokett oder mehr als verschlagen einordnen sollte.

Ich dachte an den stark mitgenommenen Leichnam, der inzwischen sicher dabei war, abtransportiert zu werden.

„Haben Sie ihn gefunden, Mrs. Peacock?“, hakte der Detektiv nach.

Anstatt zu antworten, setzte sich die Frau neben ihr in Bewegung. Sie war wesentlich jünger und wirkte in ihrem roten Abendkleid recht attraktiv.

„Nein, das war ich. Nachdem sich der Graf Zeit mit seiner Rückkehr ließ, trat ich auf den Gang hinaus und fand ihn. Er… war voller Blut.“, erzählte sie entsetzt.

Ich versuchte sie zu beruhigen.

„Schon gut. Der Anblick muss schrecklich für Sie gewesen sein, Ms…“

„Scarlett. Gloria Scarlett.“, nannte sie uns ihren Namen.

Ich musste zugeben, dass das junge Fräulein eine wahre Schönheit war und trotz ihres Alters bestimmt wusste, wie man Männer für sich einnahm.

Holmes wollte wissen, ob der Graf zu jenem Zeitpunkt noch lebte, doch das Fräulein verneinte.

„Nein, ich wollte erst einen Arzt rufen, doch der Professor meinte, es wäre dafür zu spät.“

Bevor wir nachfragen konnten, was sie meinte, meldete sich ein Mann zu Wort.

„Damit meint Sie mich. Professor Plum, mein Name. Ich war ebenfalls ein Freund des werten Grafen.“

Holmes und ich musterten auch ihn. Ein Auftreten war als kühn zu beschreiben, aber Aufmachung hingegen eher als exzentrisch.

„Und… Sie sind Arzt? Dass Sie den Tod des Mannes so einfach feststellen konnten?“, hakte ich nach.

Der Mann verneinte.

„Nein, ich besitze medizinische Kenntnisse, bin aber in erster Hinsicht Biologe. Jedoch… hat das mehr als gereicht um sagen zu können, dass dem armen Mann nicht mehr zu helfen war. Das Einzige das blieb, war, dass der Reverend für seine arme Seele betete und wir die Polizei alarmierten.“, entgegnete er.

Der Mann neben ihm nickte.

„Reverend Green. Ich war nicht im Stande mehr für meinen Freund zu tun.“, klang er eher zurückhaltend und kleinlaut.

Holmes trat vor die Gruppe.

„Und Sie haben die Leiche nicht bewegt?“, wollte er wissen.

Empört verneinte jeder von Ihnen.

„Mrs. White, die Haushälterin wollte ihm die Hand halten, doch ich hielt sie davon ab. Das hätte der Polizei die Arbeit erschwert, Spuren zu finden.“, verriet der Oberst und wies auf eine ältere Dame mit zitternden Händen.

„Ich… habe noch nie so etwas Schreckliches gesehen.“, schwang Angst in ihrer Stimme mit.

Der Oberst berichtete, dass er die übrigen Gäste anwies im Haus zu warten, während er selbst zur nächsten Polizeistation eilte.

Ich hob eine Augenbraue.

„Was war denn mit dem anderen Personal? Konnte der Butler diese Aufgabe nicht erledigen? Und was war mit dem Kutscher?“

Es war der Reverend, der uns informierte, dass der Graf kaum Personal während seiner Feiern duldete.

„Der Kutscher und der Butler haben an diesen Abenden frei. Einzig die Haushälterin und Köchin Mrs. White befindet sich im Haus, um Abendessen und Wein aufzutischen.“

Der Detektiv verstand.

„Mit anderen Worten, außer dem Grafen befanden sich nur Sie sechs in Tudor Hall. Das ist doch richtig, oder?“

Entsetzte Blickte folgen.

„Sie… wollen doch nicht andeuten, dass einer von uns den Grafen getötet hat, oder?“, fragte Mrs. Peacock scharf.

Ich versuchte die Situation schnell zu entschärfen.

„Das hat mein Freund damit nicht gesagt. Es könnte genauso gut ein Eindringling gewesen sein. Scheinbar wurde Ihr Freund vor seinem Tod gefesselt.“, verriet ich. Erntete aber nur einen strafenden Blick von Holmes.

Ich bereute es sofort, Ermittlungsergebnisse weitergegeben zu haben. Es war der Reverend, der sich nun räusperte.

„Also… nein, er wurde nicht gefesselt. Die Spuren des Seils hat er sich selbst zugezogen. Genau wie ich.“, sagte er und streckte uns seine Hände entgegen.

Tatsächlich. Darauf konnten wir die dieselben Abdrücke feststellen, wie bereits an den Händen des Grafen.

„Das… müssen Sie uns erklären.“, bat ich.

Auch Holmes und der Inspektor erwarteten eine Antwort.

Doch es war Professor Plum, welcher dies übernahm.

„Der Graf kam plötzlich in den Salon gestürmt, das Seil in der Hand. Er erzählte uns, dass die Tür zum Wintergarten kaputt sei. Sie ließe sich nicht mehr schließen und das Schneegestöber wurde ungeniert eindringen. Er wollte die Tür mit dem Seil verschließen und brauchte Hilfe. Es war schließlich der Reverend, der ihm zur Hand ging.“

Dieser bestätigte es.

„Und da es so schnell gehen musste, verzichteten wir darauf, uns Handschuhe zu suchen.“, fügte er hinzu.

Holmes nickte verstehend.

„Was ist danach geschehen?“

Mrs. White hielt sich die Oberarme fest umklammert.

„Der Graf… erwähnte plötzlich, dass er etwas dringendes in seinem Arbeitszimmer zu erledigen habe. Er bat uns, uns eine halbe Stunde selbst zu beschäftigen.“, sprach sie.

„Und das haben Sie getan?“, wollte ich wissen.

Alle im Salon nickten.

„Ja, wir haben das respektiert und uns in der Zeit selbst beschäftigt. Als wir in den Salon zurückkehrten, Graf Eutin aber nicht, begannen wir, uns Sorgen zu machen. Wie erwähnt, ging Miss Scarlett auf den Gang hinaus und fand den leblosen Körper.“, berichtete der Oberst.

Holmes schwieg einen Moment, dann fuhr er fort.

„Und darf ich fragen, wo jeder einzelne von Ihnen war, während der Graf beschäftigt war?“

Die Frage nach den Alibis der Anwesenden ließ sich nun nicht weiter aufschieben. Hätte Holmes es nicht angestoßen, wäre Lestrade damit vorgeprescht. Es war der Oberst, der den Anfang machte.

„Ich begab mich ins Billardzimmer um die Zeit totzuschlagen. Ich war allerdings alleine dort, um Ihrer nächsten Frage zuvorzukommen.“

Mein Freund nickte dankend und widmete sich den anderen Gästen.

„Ich ging in das Musikzimmer um etwas auf dem Klavier zu spielen. Und nein, mich hat niemand begleitet. Doch da mein Spiel im ganzen Haus zu hören war, würde ich sagen, ich habe ein recht gutes Alibi.“, sagte Miss Scarlett.

Der Reverend bestätigte es.

„Ja, wir konnten während der ganzen Zeit ihrer Musik lauschen. Sie ist wirklich unglaublich auf dem Klavier.“

Wir sahen ihn an, doch er brauchte eine Weile um zu verstehen.

„Achso! Ich bin zurück in den Wintergarten. Ich wollte überprüfen, ob das Seil auch hält.“

Ich brummte unsicher.

„Etwa die ganze Zeit?“, fragte ich skeptisch.

Doch der Reverend nickte.

„Ja, ich blieb gleich dort um dem Schneegestöber zu lauschen. Mir fiel nichts Besseres ein, was ich in dieser Zeit hätte tun können.“, gestand er.

Holmes blickte nun zum Professor.

„Ich habe die Bibliothek aufgesucht. Das tue ich häufig, wenn ich hier zu Gast bin. Der Graf besitzt eine beeindruckende Sammlung. Und nein, niemand war bei mir, doch ich kann Ihnen die Bücher zeigen, die ich gelesen habe.“, erzählte er.

Nun war Mrs. White an der Reihe, welcher wir aber eine geeignete Schonzeit zugestanden.

„Ich… bin noch einmal ins Speisezimmer um dort das Geschirr abzuräumen. Doch dann verschob ich dies auf später um noch etwas Wein zu trinken. Und… noch einen Happen zu essen. Aber ich war die Einzige am Tisch.“, verriet sie.

Somit war nur noch Mrs. Peacock übrig.

„Ich bin die ganze Zeit über im Salon geblieben, während die anderen sich beschäftigt haben. Ich habe in aller Ruhe mein Glas ausgetrunken, das ich aus dem Speisezimmer mitgenommen habe.“

Mit diesen Aussagen gaben wir uns erst einmal zufrieden. Wir wiesen die Gäste an, sich noch etwas zu gedulden. Widerwillig setzten sie sich wieder, während ein Constable sie im Auge behielt.



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