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Jägerpfade

Ein Horizon Zero Dawn MSP
von
Koautor:  Ixana

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Misstrauen

Ich wache auf und strecke mich mit geschlossenen Augen und …

Ähm. Irgendetwas fühlt sich falsch an.

Ich öffne die Augen. Und blinzle. Reibe mir die Augen und blinzle wieder. Reibe sie mir erneut und bin völlig überfordert mit dem, was ich sehe. Vor mir ist mein Wohnzimmer. Der Zustand ist irgendwie fragwürdig, aber es ist definitiv meine Wohnung. Ich setze mich auf dem Sofa auf, auf dem ich offenbar geschlafen habe, auf.

Ich bin zu Hause …?

Was passiert hier?

Die erwartete Freude stellt sich nicht ein, ich spüre eher tiefes Misstrauen. Meine Hand wandert zu meiner Nase und ich halte sie zu. Nein, das hier ist echt und kein Klartraum. Trotzdem freue ich mich immer noch nicht.

Ja, ich bin vor einigen Tagen auch plötzlich von hier nach da geglicht, trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, dass das Zurück genauso spontan passiert. Noch dazu erklärt das nicht, wie das überhaupt passieren kann, konnte, whatever.

Mein ungläubiger Blick wandert durch den Raum, der aussieht, als wäre ein Wirbelsturm hier durchgefegt. Schranktüren stehen offen, der Inhalt von einigen wurde teilweise heraus geräumt und liegt random herum. Was ist hier …

Nein! Nein, nein, nein, nein!

Meine Augen bleiben entsetzt an meinem Lego Tallneck hängen. Das gute Stück steht sonst sicher in einer Plexiglasvitrine auf dem Sideboard. Doch jetzt steht er auf dem Fußboden. Zwar noch auf dem Fuß der Vitrine, aber der Plexiglaskasten liegt daneben.

Hoffentlich ist keine der zarten Leitungen für die LED-Beleuchtung kaputt gegangen! Wer zum Kuckuck war das?!

Ich stehe auf, steige über irgendwas drüber was mich gerade nicht interessiert, und laufe zu dem Lego-Modell. Ich gehe auf die Knie und drücke den Knopf für die Beleuchtung.

Gott sei Dank, sie funktioniert noch.

Ich atme durch, sitze da und sehe mich erneut um.

Was ist hier passiert, während ich nicht da war? Ich habe die Wohnung definitiv nicht so verlassen. Einbrecher? Und ich lieg gemütlich auf der Couch und pennen? Eher nicht, oder?

Verwirrt gehe ich Richtung Flur, um die Tür zu kontrollieren. Mein Blick wandert nachdem Verlassen des Wohnzimmers zur Küche, weil dort das Licht an ist.

Waaaas?

Es steht Geschirr herum und der Kühlschrank ist offen. Auf dem Boden liegt ein kaputtes Ei und ein paar Scheiben Wurst.

Ich spüre den Drang laut zu schreien, aber das kommt wahrscheinlich eher nicht so gut.

Ich schließe die Tür vom Kühlschrank und gehe nun erstmal zur Wohnungstür. Sie ist zu und nachdem öffnen und inspizieren, stelle ich fest, dass sie eher nicht aufgebrochen wurde. Ein Blick ins Kinderzimmer verrät mir, dass hier alles unberührt ist; immerhin etwas. Im Schlafzimmer sieht es ein wenig unordentlich aus, Kissen und Decken liegen merkwürdig durcheinander, ansonsten ist es auch okay. Im Badezimmer läuft das Wasser in die nicht verstöpselte Badewanne. Hoffentlich nicht schon seit drei, vier Tagen …

Moment.

Welchen Tag haben wir überhaupt?

Ich gehe, nachdem ich das Wasser abgestellt habe, ins Wohnzimmer und nehme mein Smartphone vom Tisch. Ich stelle fest, es ist Sonntag.

Sonntag?

Ich zermartre mir das Hirn. Ich bin drüben am Samstag aufgetaucht. Dann habe ich den „Montag“ mit Aloy in der Schlucht verbracht, war am „Dienstag“ bei Grata und am „Mittwoch“ in der Ruine … Ähm. Wie funktioniert das?

Es ist effektiv ein Tag vergangen, zumindest hier. Das ist eigenartig. Wie alles eigentlich, fällt mir im nächsten Moment ein. Wieso wundere ich mich überhaupt noch über irgendwas? Warum versuche ich etwas zu verstehen, was eigentlich gar nicht passieren können sollte?

Mein Smartphone zeigt mir außerdem einige ungelesene Nachrichten. Die üblichen Verdächtigen: Sandra, Joe, Chris … Nichts Spektakuläres oder Merkwürdiges in den Nachrichten. Außer, dass Sandra augenscheinlich angefangen hat sich irgendwann Sorgen zu machen, weil ich einfach nicht geantwortet habe.

Ich schreibe allen zurück und packe das Smartphone wieder auf den Tisch. Ich starre es eine Weile an.

Zu gern würde ich meine Männer kontaktieren. Das ich mich nicht wirklich freue wieder hier zu sein, hängt wahrscheinlich auch genau damit zusammen. Ich kann meinen Mann und meinen Sohn nicht sehen, nicht mit ihnen reden oder sonstiges. Ich bin sonst kein gefühlsduseliger Mensch, aber diese extrem bizarre Situation sorgt dafür, dass sich alles viel intensiver anfühlt. Und das allein sein jetzt gerade, fühlt sich extrem intensiv an. Ich fühle mich, wie der einzige Mensch auf der Welt. Meine Augen werden feucht und spüre, wie mir die Tränen über die Wangen laufen. Für mich sein stört mich eigentlich nicht, aber das hier ist kein „allein sein“, das jetzt ist eher „einsam und verloren sein“.

Mein wässriger Blick wandert durch das Wohnzimmer. Ich kann mir nicht erklären, was hier passiert ist. Einen Moment habe ich den Eindruck mich selbst zu sehen, wie ich überfordert durch die Schränke wühle. Wie ich ungläubig Dinge in die Hand nehme und sie drehe und wende, als hätte ich sie noch nie gesehen.

War ich das?

Ich spüre, wie mich leichte Kopfschmerzen überfallen und sich ein hässliches Gefühl von Hilflosigkeit sich ausbreitet. Ich muss mich sortieren und am besten das Wohnzimmer gleich mit. Ich fange also an aufzuräumen, stelle den Tallneck vorsichtig wieder auf seinen Platz und mache Ordnung. Immer wieder sehe ich mich selbst, wie ich Dinge vorher ungläubig aus dem Schrank genommen habe, wenn ich sie wegräume.

Was ist hier nur passiert? Was ist mit mir passiert?

Ich gehe in die Küche und räume das Schlachtfeld dort auf. Ein Glas ist zu Bruch gegangen und an einer der Scherben ist etwas Blut. Ich betrachte meine Hände und sehe tatsächlich einen Schnitt an einem meiner Finger. Vor meinem inneren Auge spult sich die Szene ab: Ich halte das Glas, inspiziere es und drücke zu fest am oberen Rand. Das Glas bricht und ich schneide mich am Daumen. Immer noch versuche diese Szenen irgendwie zu begreifen, schaffe es aber nicht. Genauso, wie ich nicht verstehe, wie ich in einem Videospiel landen konnte, um dann urplötzlich wieder zu Hause zu sein …

Ich sammle die Scherben zusammen und entsorge sie. Ich räume das restliche Geschirr, Tee, Soßenpackungen und anderes zurück an seinen Platz. In dem ganzen Chaos habe ich es nicht gleich gesehen, aber jetzt registriere ich etwas, das für ein Schaudern bei mir sorgt.

Da stehen zwei Tassen nebeneinander. Das eine ist meine Evoli-Tasse und das andere ist ihre gealterte Version, die ich meinem letzten Klartraum gesehen habe. Ich sehe mich wieder selbst, wie ich in der Küche stehe und die „neuwertige“ Tasse ungläubig betrachte und dann die alte danebenhalte.

Plötzlich fällt der Groschen bei mir.

„Sanya“, flüstere ich in die stille Wohnung und habe den Eindruck damit Geister heraufzubeschwören.

Wie im Zeitraffer spult sich der vergangene Tag ab. Wie ich panisch in die Wohnung komme. Wie ich versuche mich zu orientieren, mich selbst abtaste und betrachte. Wie ich die Wohnung auf den Kopf stelle … Offenbar war sie hier, während ich dort war.

Wir haben die Körper getauscht?!

„Scheiße!“, fluche ich laut.

Im nächsten Moment bin ich dankbar, dass Sanya die Wohnung nicht verlassen hat. Wer weiß, was ihr da draußen passiert wäre!

Etwas schlimmeres, wie von einem Wächter beinahe getötet oder von einem Wildschwein plattgemacht zu werden? In einem Bunker zu ertrinken oder zu erfrieren?, flüstert es böse in meinem Kopf. Einen Moment grüble ich, ob es für Sanya hier wirklich gefährlicher ist, wie für mich in ihrer Welt …

Die Antwort ist: Ja!

Ich kenne ihre Welt, aber für sie ist hier alles fremd. Sie ist vergleichbar mit einem Mitglied eines indigenen Stamms, dass plötzlich in einer Großstadt auftaucht. Sie ist eine Wilde, wenn man es so will.

Schäm dich für diese Bezeichnung, tadle ich mich gedanklich selbst.

Zurück zum Wichtigem: Sanya war hier. Falls diese Körpertausch-Geschichte wieder passiert, und ich habe das Gefühl, das es wieder passieren wird, wird sie wieder hier sein …

Ich sollte versuchen ihr eine Nachricht zu hinterlassen. Und mir dringend Gedanken wegen morgen machen, weil da ist Montag und ich muss wieder auf Arbeit. Aber erst Sanya. Ich hole Papier, nehme die zwei Tassen mit und gehe ins Wohnzimmer. Ich setzte mich an den Esstisch und überlege angestrengt, was ich ihr schreiben soll, will, muss. Ich schreibe etwas und schlage mir im nächsten Moment vor die Stirn.

Englisch, Herrgott. Die Sprache der Alten ist Englisch. Konzentrier dich, Anja!

Ich knülle das Papier zusammen und nehme mir ein neues Blatt. Ich schreibe ihren Namen groß oben hin. Das sollte sofort ihre Aufmerksamkeit wecken.

Okay, weiter im Text.

Nach einigem Grübeln und mir die Schläfen massieren, habe ich einen kurzen Text zusammen, den sie hoffentlich auch lesen und verstehen kann:

„Sanya,

My name is Anja. We chance our body’s. I don’t know why.

Please stay here, you are safe here.“

Ich will es nicht zu kompliziert machen, weil ich Graiks Gekritzel noch im Hinterkopf habe und mir nicht sicher bin, wie gut sie das hier überhaupt lesen können wird. Allerdings …

„I believe the reason for the happenings is in your world. Can you write me, what happened, bevor you came here the first time?“

Ich lege den Zettel auf den Tisch, ein leeres Blatt und einen Stift dazu und stelle die beiden Tassen daneben.

Ich hoffe, dass dieser Zettel nie von Sanya gelesen wird, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es ein Zufall war oder aus Versehen passiert ist, dass wir unsere Plätze getauscht haben. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass es vorbei ist. Das Misstrauen sitzt tief hinten in meinem Kopf und ich kann es nicht abschütteln.

Bis ich die Wohnung wieder ordentlich habe, ist es früher Abend. In der Zeit habe ich viel nachgedacht. Zum Beispiel, dass ich Glück habe, dass meine Familie nicht da ist. Das wäre bizarr geworden. Vor allem nach meiner Rückkehr. Wie hätte ich mein Verhalten erklären sollen?

Was mich dazu gebracht hat, darüber nachzudenken was Sanya jetzt in ihrer Welt macht. Sie wird vermutlich darüber verwundert sein, bei Aloy und Rost zu sein. Nun gut, Rost wird eventuell noch nicht zurück sein, aber die Teenagerin wird da sein. Ob Sanya ihr irgendetwas sagt? Wohl eher nicht … wie soll man so etwas auch erklären?

Ich sitze auf dem Sofa, esse Pizza und starre die Tassen an. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass dieser ganze Kram mit den Sachen zu tun hat. Die Tasse, der Schlüsselbund – das sind meine. Wie sind ihre verwitterten Varianten in Sanyas Welt gelandet? Was genau ist eigentlich Sanyas Welt überhaupt? Ein Game? Eine alternative Zukunft? Eine andere Dimension? Alles gleichzeitig?

Nachdem Essen mache ich die Playstation an. Ich will mich vorbereiten, für den Fall der Fälle. Und ich brauche dringend Ablenkung vom einsam sein. Ich sehe mir die Map an, versuche mir die Lage der Orte im Becken einzuprägen und sehe mir die Strecke nach Grabhort an.

Ob in der Zeit von Sanya da auch so viele Maschinen auf dem Weg sind? Und ich stelle erneut fest, dass es echt weit ist.

Rost hat mich damals in der Nähe von Teufelsleid aufgegabelt. Bis dahin ist es ein Tag zu Fuß. Bis zum Grabhort ist es Pi mal Daumen nochmal dieselbe Strecke. Also noch ein Tag, minimum. Vorausgesetzt ich verlaufe mich nicht oder werde anderweitig verlangsamt. Also eher drei Tage. Und vor allem zwei Nächte, die ich unter freiem Himmel verbringen muss. Eine davon sogar im Schnee. Das wird wesentlich komplizierter, wie ich es ohnehin schon dachte.

Plötzlich kommt mir ein anderer Gedanke: war Sanya womöglich auf dem Weg zum Grabhort, als wir unsere Plätze getauscht haben? Teufelsleid ist weit weg vom Becken und mit den Maschinen und Carja auch gefährlich, wieso sollte man dahinlaufen, wenn man keinen guten Grund dafür hat?

„Ich muss dahin, oder?“, murmle ich zweifelnd, während ich den Eingang zum Grabhort auf meinem Fernseher anstarre.

Tja, bleibt noch die Idee mit dem Läufer. Vorausgesetzt ich bekomme ihn handzahm und reitbar, wie bekomme ich ihn ungesehen aus dem Becken? Haupttor fällt aus. Aber das sind noch das Süd- und Nord-Tor … mal sehen ob da was geht.

Aber nicht mehr heute. Ich bin müde und nicht mehr aufnahmefähig. Zähne putzen, waschen und ich falle erschöpft ins Bett. In mein Bett, das ist trotz aller Umstände eine echte Wohltat und ich schlafe sofort ein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe:
Deine restliche Nacht verläuft relativ ereignislos. Du kannst gerne weiter träumen, wenn du das möchtest (was genau, überlasse ich dir).
Als du jedoch aufwachst, bist du überraschenderweise in deiner Wohnung auf der Couch, wo es gefühlt aussieht wie auf einem Schlachtfeld. In deiner Küche steht der Kühlschrank offen und leider sind ein paar Lebensmittel auf dem Boden gelandet.
Finde dich erst einmal zurecht, du kannst auch gerne aufräumen, wenn du das möchtest. Du wirst feststellen, dass inzwischen ein Tag vergangen ist, seit du aus deiner Welt gerissen wurdest.

Gehe gern deinem Alltag nach, wenn du dich dazu in der Lage fühlst.
Fetzen dessen, was hier passiert ist, kommen nach und nach wieder. Du siehst dich dabei immer wieder selbst, wie du panisch in die Wohnung stürmst (die Tür ist geschlossen) und alles auf den Kopf stellst, Schränke etc. durchwühlst und schließlich wohl entscheidest, erst einmal hier zu bleiben.

Wie du damit umgehst, bleibt dir überlassen, allerdings sagt dir dein Bauchgefühl, dass Sanya und du wohl irgendwie die Körper getauscht haben müsst. Du findest des weiteren die verwitterte Tasse in all dem Chaos (es ist exakt die gleiche wie aus deinem Traum).

Du kannst gerne versuchen, mit deiner Familie in Kontakt zu treten, um festzustellen ob alles in Ordnung ist. Man wird sich jedoch lediglich an einen seltsamen Anruf von deinem Handy erinnern und fragen, ob alles okay ist.
Du kannst dem 'Besucher' aus der Zukunft, die es so ja nichtmal gibt, gern eine Nachricht hinterlassen, wenn du das möchtest und bei all dem Chaos daran denkst. Komplett anzeigen

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