Gold
Verträumt schaute ich auf meinen Ringfinger und konnte es noch immer nicht glauben. Vor ein paar Stunden hatten Mimi und ich uns die goldenen Ringe angesteckt und uns ewige Liebe versprochen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich sie schon viel früher geheiratet. Noch bevor unser kleines Wunder auf die Welt gekommen war. Aber Mimi wollte nicht. Sie hatte sich in den Kopf gesetzt, dass wir erst heiraten würden, wenn unser Kind alt genug sei, dass es die Hochzeit miterleben konnte. Und als wir erfahren hatten, dass wir ein Mädchen erwarteten, wollte sie unbedingt, dass sie ihr Blumenmädchen werden würde.
„Die Kleine ist ja ein ganz schöner Wirbelwind“, klopfte mir Matt auf die Schulter und deutete auf unsere vierjährige Tochter, die gerade mit Mimi tanzte.
„Wenigstens schläft sie dann heute Nacht gut“, erwiderte ich lachend und machte mich auf den Weg zu meiner kleinen Familie. Früher dachte ich immer, dass ein schönes Haus und ein gefülltes Bankkonto der Schlüssel zu einem glücklichen Leben seien, doch seit ich meine beiden Frauen hatte, wusste ich, dass dem nicht so ist. Unbedingte Liebe, unerschöpfliches Vertrauen und eine Person, die immer da ist und mit der man alles teilen kann, bedeuten ein erfülltes Leben.
„Hallo, meine Hübsche“, hauchte ich Mimi leise ins Ohr und schlang meine Arme um sie. Nie hätte ich gedacht, dass diese Frau, meine Frau, noch hübscher sein könnte als sie sowieso schon war. Doch als sie vorhin den Altar entlanggeschritten kam, war ich überwältigt von Mimis Auftreten. In ihrem, wie Sora mir später erklärte, Vintage-Brautkleid und dem Blumenkranz in ihren gelockten Haaren sah sie aus wie ein Engel. Aber selbst in einem Kartoffelsack wäre sie für mich wunderschön gewesen. Immerhin liebte ich sie nicht wegen ihren Aussehens, sondern für die Person, die sie war.
Während Sakura zu Kari rannte, um mit ihr zu spielen, fing ich an, mich mit Mimi auf der kleinen Tanzfläche zum Takt der Musik hin und her zu bewegen.
Wir feierten unsere Hochzeit auf der Wiese eines Restaurants. Mimi hatte alles liebevoll dekoriert. Überall waren rosa und goldene Dekoelemente zu finden. Rosa, weil es ihre Lieblingsfarbe war und Gold sollte ausdrücken, dass unsere Liebe jeden materiellen Reichtum übertraf. Um uns herum tanzten vereinzelt einige unserer Gäste. Familie, Freunde und Kollegen, sie alle waren gekommen, um diesen besonderen Tag mit uns zu verbringen.
„Amüsierst du dich?“, erkundigte sich Mimi und legte ihren Kopf auf meiner Schulter ab.
„Mit dir? Immer“, grinste ich und küsste ihre Schläfe. Auf meinen zweideutigen Kommentar hin lachte sie und drehte ihren Kopf so, dass ich in ihre wunderschönen, karamellfarbenen Augen schauen konnte. Mit jedem Blick, den ich ihr zuwarf, verliebte ich mich ein Stück mehr in diese Frau. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte mir ein „Ich liebe Dich“ auf die Lippen.
Wir tanzten und amüsierten uns den ganzen Abend. Der einzige Wehmutstropfen an diesem Tag war der Moment, als wir Sakura auf Wiedersehen sagen mussten. Mimi und ich hatten beschlossen, unsere Flitterwochen auf einen Kurzurlaub in einem Wellnesshotel zu beschränken. So waren wir nicht allzu lange von unserer Kleinen getrennt, die während dieser Zeit bei meinen Eltern bleiben würde.
„Meinst du, ich sollte mal deine Mutter anrufen und fragen, ob alles okay ist?“, fragte Mimi, die auf dem Beifahrersitz saß, unsicher. Wir hatten noch einige Zeit mit unseren Gästen gefeiert und uns dann auf den Weg ins Wellnesshotel gemacht. Das Hotel wusste Bescheid, dass wir später kommen würden, weshalb der Check-In um diese Zeit noch möglich war.
„Es wird alles gut sein, sonst…“
„Tai! Achtung!“, schrie Mimi panisch.
Und plötzlich war der schönste Tag meines Lebens der Schlimmste.