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Candle on the Water

von

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Funkelnder Bernstein

Den ganzen Weg zurück zum Dorf konnte sie das Gefühl beobachtet zu werden nicht abschütteln.

Primrose konnte es nicht einmal an irgendetwas festmachen. Es gab keine Geräusche oder Bewegungen im Schatten. Sie blickte sogar immer wieder zum Himmel hinauf und konnte nichts entdecken.

Es war ein seltsames Gefühl, so als liefe sie nicht auf festem, vertrautem Erdboden, sondern über den Rücken eines Tieres. Eine großen, gefährlichen Tieres, welches ein falscher Schritt ihrerseits aus dem Schlaf hochfahren lassen konnte, sodass es sie verschlang. Primrose redete sich selbst ein, dass es albern war, so etwas zu denken und sie schalt sich einen Feigling. Kaum hatte sie die ihr bekannten Waldwege verlassen, sah sie Gespenster!

Sie atmete erleichtert auf, als sie den Hauptweg wiederfand, welcher direkt ins Dorf führte. Doch sie traute sich nicht, sich umzudrehen. Dabei fürchtete sie seltsamerweise mehr das, was sie dann nicht sehen würde, als das, was sie sehen könnte. Eilig machte sie sich auf den Weg nach Hause.

Ihr Weg führte sie sofort zu einem der wenigen Einhornponys, welches in ihrem Dorf lebte und für sein Talent als Heiler bekannt war. Fennel kannte sich mit Heilkräutern aller Art aus und schaffte es durch seine Magie irgendwie - sie hatte nie ganz verstanden, wie - den Kranken oder Verletzten ihre Schmerzen zu nehmen. Primrose wollte, dass er sich die beiden Fohlen ansah, ob es ihnen auch wirklich gut ging.

Sie klopfte an seine Tür und die Tür öffnete sich wie von selbst - natürlich durch seine Magie. "Guten Morgen", begrüßte der Einhornhengst Primrose noch bevor er sie gesehen hatte. Das Erdpony trat ein und legte vorsichtig ihr Bündel auf der gepolsterten Bank ab, welche den Wartebereich darstellte. "Guten Morgen, Fennel", grüßte sie zurück, "Das hier musst du dir ansehen! Ich habe im Wald zwei Fohlen gefunden, ganz allein. Kannst du nach ihnen sehen?"

Sogleich war Fennel an ihrer Seite. Der Hengst überragte sie um Einiges. Er musterte sie kurz und Primrose erinnerte sich daran, wie sie aussehen musste, schmutzig und zerzaust. Doch sie war nicht hergekommen, um ihn zu beeindrucken. "Gefunden?", hakte Fennel nach, "Ganz allein? Na, dann bring sie mal hinüber ins Behandlungszimmer, ich schaue mir die Beiden gern an."

Der Aufforderung kam Primrose sogleich nach und brachte das grüne Bündel in das Behandlungszimmer, wo sie es auf der Liege ablegte. Fennel öffnete es mit seiner Magie und musterte die beiden Einhornfohlen eingehend. Zuerst nahm er das Weiße hoch und untersuchte es. Das Babypony öffnete die Augen und sah sich um. Primrose befürchtete, es würde sich fürchten in der fremden Umgebung und in Gesellschaft fremder Ponys, doch es sah sie nur still an.

"Dem Kleinen geht es gut", meinte Fennel schließlich, "Ein gesundes, kleines Einhorn." Vorsichtig legte er den kleinen Hengst wieder ab und wandte sich dem anderen Fohlen zu. Als er es hochnahm, begann das Kleine zu strampeln und - spreizte zum Erstaunen aller zwei kleine Flügel. Primrose machte einen Hopser rückwärts. "Aber...!"

Auch Fennel hatte erstaunt inne gehalten und betrachtete das kleine Fohlen. "Aber..." Primrose schüttelte ungläubig den Kopf. "Es ist doch ein Einhorn! Wie kann denn ein Einhorn Flügel haben wie ein Pegasus?" Fennel hatte sich von dem ersten Schrecken erholt und begann nun, auch das zweite Ponyfohlen zu untersuchen. "Solch ein Pony nennt man Alicorn - das solltest du eigentlich wissen. Unsere Prinzessin ist schließlich eines." "Ja, ja", gab Primrose zurück und ärgerte sich, weil er sie für so ungebildet hielt, "Aber sie ist eine Prinzessin - mehr noch - sie ist beinah eine Göttin! Unsterblich und ewig... Celestia ist... Sie ist kein gewöhnliches Pony wie wir."

"Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir hier ein kleines Alicorn haben", erwiderte Fennel ruhig, "Ein Mädchen, um genau zu sein." "Aber wo kommt es her? Wie kann noch ein Alicorn existieren neben Celestia?" Sie hatte sich bisher nie Gedanken darum gemacht, woher Celestia selbst eigentlich gekommen war. Sie herrschte über dieses Land seit Jahrhunderten und die Zeit davor war den Ponys nur noch vage in Erinnerung. Es gab Legenden, Geschichten und sogar ein paar sehr fantastische Märchen, aber Primrose konnte sich nicht erinnern, dass auch nur eine dieser Quellen den Ursprung von Celestia preisgab.

Hätte Fennel ihr gesagt, sie habe eine Fee gefunden, hätte sie dies noch eher glauben können, als ein kleines Alicorn. Primrose musste sich erst mal setzen. Das war alles ein wenig viel für einen Tag. So aufregend ging es in ihrem Leben normalerweise nicht zu...

Fennel atmete tief durch. "Ich schlage vor, ich stelle ein paar Nachforschungen an und du kümmerst dich in der Zwischenzeit um die Kleinen", sagte er, "Sie sind offensichtlich gesund und brauchen vorerst wohl nur gewöhnliche Babybetreuung." Primrose nickte langsam. Fennel sah das alles so sachlich und war so gefasst. Das war vermutlich auch die richtige Einstellung. "Sag mir bitte sofort Bescheid, wenn du etwas herausgefunden hast, ja?", bat sie ihn. Der Einhornhengst nickte. "Natürlich. Doch dass die Kleine ein Alicorn ist, solltest du vielleicht nicht gleich überall rumerzählen... Nur vorsichtshalber. Und nun erzähl mir mal genauer, wo du diese Fohlen gefunden hast."

Primrose erzählte ihm die ganze Geschichte: Das Metallstück, die Holzsplitter, die Kutsche und das Bündel im Gebüsch. Nach kurzem Zögern erzählte sie ihm auch von dem Gefühl, beobachtet zu werden. Sie wusste nicht, ob sie sich das nur eingebildet hatte oder ob es eine Form von Magie gewesen war, doch sie wollte es ihm nicht verschweigen, falls es doch irgendwie wichtig war.

Fennel hörte ihr schweigend zu und nickte hin und wieder verstehend. Als sie geendet hatte, kommentierte er ihr Erlebnis in keinster Weise. Stattdessen reichte er Primrose ein Buch über Fohlenbetreuung. "Falls du noch Fragen hast, kannst du jederzeit wieder vorbei kommen", meinte er nur, "Ich werde Amber sagen, dass sie für dich ein paar Fohlensachen heraussuchen soll. Sie hat beinah alles von unseren Kleinen aufgehoben."

Amber war Fennels Frau. Die goldgelbe Einhorndame mit der rotbraunen Mähne war mit Leib und Seele Mutter. Ihre drei Kinder waren ihr ganzer Lebensinhalt. Deshalb kannte Primrose sie auch nicht besonders gut. Sie hatten nicht besonders viel gemeinsam und wenn Amber von ihren Kindern erzählte, konnte Primrose nur nicken und lächeln. Aber Fennels Angebot wollte sie gern annehmen. "Danke", erwiderte sie leise.
 

Es hatte keine zwei Stunden gedauert bis Amber vor ihrer Tür stand, im Gepäck eine ganze Wagenladung an Babyausstattung. Primrose, die keine jüngeren Geschwister hatte, hatte gar nicht gewusst, was man für ein Fohlen - glaubte man Amber - alles dringend benötigte. Sie war Amber auch nur schwerlich wieder los geworden, hatte sie regelrecht rauswerfen müssen, um die Flut an Ratschlägen und Erklärungen zu stoppen.

Nicht, dass sie nicht dankbar gewesen wäre, doch es war einfach alles etwas zu viel auf einmal für Primrose.

Nun saß sie im Wohnzimmer auf dem Boden und vor ihr auf einer Krabbeldecke saßen die beiden Kleinen. Nachdem sie gewickelt und gefüttert worden waren, waren sie auch schon munterer als zuvor. Der kleine Hengst sah sich ruhig um und schien alles um ihn herum ganz genau zu studieren, während seine... Schwester - Primrose nahm einfach mal an, dass sie Geschwister waren - Gefallen an einem Ball gefunden hatte. Sie lehnte sich auf das Spielzeug und wippte von einer Seite zur anderen.

Primrose beobachtete das Spiel. Es fiel ihr immer noch schwer den Begriff des Alicorn - ein beinah mystisches Wesen - mit einem Babypony in Verbindung zu bringen. Das erschien ihr viel zu gewöhnlich. Ein Alicorn wurde in ihrer Vorstellung nicht wie ein normales Pony geboren und wuchs auf. Doch nun hatte sie ein Alicornfohlen vor sich und es benahm sich völlig normal wie jedes andere Ponyfohlen wohl auch.

Primrose seufzte. "Also... Wir werden wohl eine Weile mit einander auskommen müssen", begann sie zu sprechen. Die Kleinen verstanden sie sicherlich noch überhaupt nicht, doch so hatte sie zumindest das Gefühl, auch etwas zu tun. Fennel versuchte herauszubekommen, woher sie kamen und Amber hatte ihnen all diese tollen Sachen geborgt. Primrose wollte etwas mehr tun, als nur die Aufpasserin zu spielen.

Ihr fiel ein, dass sie überhaupt nicht wusste, wie die beiden Kleinen hießen. Doch sie konnte sie ja schlecht nur 'Die Kleinen' nennen. Ponys brauchten Namen. Sie musterte die beiden Fohlen eingehend. Sie wirkten sehr königlich, dachte sie und zumindest das Mädchen war ein Alicorn und damit war sie irgendwie königlich. Sie sollte ihnen also entsprechende Namen geben.

Nachdenklich schnaufte sie. Wie nannte man ein Pony von vornehmer Herkunft? Sie kannte sich mit solchen Dingen wirklich nicht aus. In ihrem Dorf benannte man Fohlen gern nach Blumen oder anderen Dingen aus der Natur. Aber das schien ihr viel zu simpel. Sie konnte die Beiden nicht einfach Tulip und Daisy nennen oder so. Doch wie...? Dann kam ihr eine Idee.
 

Primrose bettete ihre zwei Pflegekinder sorgsam in der Wiege, welche Amber ihr geborgt hatte und deckte sie zu. Eine Weile betrachtete sie die Fohlen einfach. Sie hoffte sehr, dass Fennel ihre Eltern rasch ausfindig machte und sie zu diesen zurück konnten. Es war ja nicht so, dass sie die Kleinen nicht niedlich gefunden hätte, aber sie war nun mal nicht ihre Mutter und Primrose fühlte sich auch zu jung und nicht reif genug, um eine zu sein.

Eigentlich wäre sie ja schon alt genug, wenn man es genau betrachtete, doch sie hatte sich selbst nie als mütterlichen Typ gesehen oder daran gedacht, sich einen Gefährten zu nehmen und eine Familie zu gründen. Zumindest nicht bisher. Aber sie wollte scih diesen Gedanken gar nicht weiter hingeben. Sie würde die Fohlen bald schon wieder abgeben - müssen - und dann es würde sie nur traurig machen, wenn sie sich nun ein Leben mit ihnen ausmalte.

Sie wandte sich von den schlafenden Fohlen ab und stieg in ihr Bett. Primrose zog das Buch heran, welches Fennel ihr geliehen hatte. Sie wollte noch ein wenig darin lesen, richtig lesen und nicht nur die Seiten überfliegen wie bisher. Über der Lektüre schlief sie schließlich ein.
 

Etwas weckte sie auf. Primrose hätte nicht sagen können, was es gewesen war, doch sie schreckte aus dem Schlaf hoch wie durch einen lauten Knall. Hastig sah sie sich um und lauschte in die Dunkelheit des Schlafzimmers. Die Kerze auf ihrem Nachttisch war in ihrem eigenen Wachs ertrunken und im spärlichen Mondlicht, welches durch die Vorhänge schien, konnte sie nicht viel erkennen.

Es war auch nichts zu hören und doch hatte sie das Gefühl, als müsste sie etwas hören können. Das fehlende Geräusch machte sie unruhig und Primrose stand leise auf. Sie hatte ein sehr ähnliches Gefühl wie heute Morgen im Wald, so als sei etwas nah bei ihr, das doch nicht da war. Einer Ahnung folgend trat sie an die Wiege heran und sah nach den Fohlen.

Diese schliefen friedlich und schienen nichts bemerkt zu haben. Primrose schüttelte den Kopf. Sie bildete sich wohl wirklich nur etwas ein. Vermutlich hatte sie nur etwas Dummes geträumt und war deshalb aufgewacht. Leise trat sie von der Wiege zurück und ging in die Küche, um noch etwas zu trinken, bevor sie sich wieder hinlegte.

Sie nahm ein Glas aus dem Schrank und zog einen Krug mit Wasser. Da der Mond durch das Fenster schien und sie in der Küche keine Vorhänge zuzog abends, machte sie sich nicht die Mühe, eine Kerze anzuzünden.

Primrose warf einen Blick in den nächtlichen Garten. Alles wirkte friedlich und ruhig, so als schliefen nicht nur die Ponys in ihren Häusern. Noch während sie dies dachte, fiel ihr Blick auf das Nachbarhaus und dort auf etwas, das sie stutzen ließ. Die Tür stand weit offen. Im Haus brannte kein Licht, was sie noch merkwürdiger fand.

Sie schob den Krug und das Glas nach hinten und trat leise durch die Hintertür in den Garten. Auf der Straße konnte sie kein Pony sehen, doch wieder überkam sie das unbestimmte Gefühl von Gefahr. Diese nahm mit jedem Schritt, den sie auf das Gartentor zu machte, sogar noch zu. Primrose wünschte sich, sie wäre mit einem dunkleren Fell zur Welt gekommen. Im Mondlicht musste sie leuchten wie eine Laterne.

Eine Bewegung ließ Primrose inne halten. Eindeutig hatte sie etwas über die Straße huschen sehen, doch sie hatte nichts gehört. Angestrengt lauschte sie, ließ ihre Ohren hin und her pendeln, doch sie konnte nichts ausmachen. Mit langsamen Schritten trat sie an das Gartentor heran, duckte sich dahinter und warf einen vorsichtigen Blick auf die andere Seite.

Nun bemerkte Primrose, dass nicht nur bei ihren direkten Nachbarn die Tür weit offen stand, sondern auch an anderen Häusern. Nun bekam sie es wirklich mit der Angst zu tun. Irgendetwas ging hier vor, eindeutig. Doch was? Und wieso schien sie das einzige Pony im Ort zu sein, das etwas bemerkte? Wieder bewegte sich etwas unweit von ihr. Primrose hielt den Atem an und duckte sich noch ein wenig tiefer hinter das Gartentor.

Etwas trat aus dem Schatten zwischen zwei Häusern. Es war kein Pony, eindeutig kein Pony. Noch nie hatte Primrose solch eine Kreatur gesehen. Ihre Gestalt war lang und schlank und sie schien auf ihren Hinterbeinen zu laufen. Doch genau genommen lief sie nicht und im zweiten Moment war sie sich nicht mal sicher, ob es denn Hinterbeine hatte.

Die Gestalt war schemenhaft und erschien Primrose halb durchscheinend zu sein. Was sie aber deutlich erkennen konnte, waren die Vorderläufe. Es hatte keine Hufe wie Ponys, sondern seltsame Tatzen, beinah wie die Füße von Vögeln, aber doch anders. Die Kreatur glitt einfach vorbei wie eine Wolke und verschwand wieder.

Primrose zitterte. Ihr Herz schlug laut und sowohl ihr Instinkt, als auch ihr Verstand sagten ihr, sie solle rennen und sich bloß nicht umschauen. Aber sie konnte nicht einfach blind fliehen vor diesen Kreaturen und dem, was auch immer sie hier taten. Sie konnte die Kinder nicht einfach zurücklassen!

Sie ging langsam rückwärts auf die Hintertür zu und sah sich aufmerksam nach der Kreatur um. Primrose wusste nicht, was sie war oder woher sie kam, noch was sie in diesem abgelegenen kleinen Dorf wollen könnte. Doch sie ahnte, dass es nichts Gutes war und dass kein Pony sich ihr in den Weg stellen sollte.

Ihre Knie zitterten als sie über die Schwelle trat und sie traute sich immer noch nicht, sich umzudrehen und damit der Tür den Rücken zu kehren. Sie durchquerte die Küche rückwärts und erst dann drehte sie sich um und lief zurück ins Schlafzimmer.

Primrose lief zu ihrem Kleiderschrank und wühlte aus ihren Wintersachen einen dunklen Umhang heraus, ebenso eine Satteltasche, in welche sie eilig einige der Babysachen hineinstopfte. Unter Ambers Sachen fand sie auch ein Tragetuch. Dies kam ihr jetzt sehr gelegen, auch wenn es schwierig werden dürfte, beide Fohlen zugleich hineinzupacken und an sich selbst festzuschnüren.

Sie nahm gerade das Mädchen aus der Wiege, als sie Schritte im Flur hörte. Primrose fuhr zusammen und wandte langsam den Kopf. Dann kam ihr der Gedanke, dass die Kreatur, welche sie gesehen hatte, kein Geräusch gemacht hatte beim Gehen. Es konnte also nicht das schattenhafte Wesen sein.

Primrose atmete auf, als sich ein Einhornkopf durch die Tür schob. Es war Amber, die sich besorgt umsah. "Prim, ein Glück!", sagte sie leise und kam zu ihr hinüber, "Als ich die Tür offen sah, habe ich schon das Schlimmste befürchtet!" Primrose legte das Fohlen ab. "Amber, was geschieht hier? Hast du dieses Wesen gesehen? Was ist das?"

Die Einhornstute schüttelte den Kopf. "Ich weiß es nicht, doch sie sind gefährlich. Sie beherrschen eine Magie, die... So etwas habe ich noch nicht gesehen! Wir müssen verschwinden!" Ihr Horn glühte auf und das Tragetuch schlang sich um Primrose's Körper und die er kleinen Fohlen. Sie spürte die Kinder gegen ihren Körper gepresst. Ein merkwürdiges Gefühl. Eilig warf sie sich den dunklen Umhang über, um die Kinder und ihr eigenes helles Fell zu verbergen.

"Was tun diese Kreaturen denn?", fragte sie und folgte Amber in den Flur. Diese sah Primrose sorgenvoll an. "Sie... haben etwas getan... mit den Ponys, deren Häuser sie schon durchsucht haben. Sie sind verschwunden. Einfach fort." "Fort?", hakte Primrose nach und sie musste an die Spuren im Wald denken, die ins Nichts führten. Einfach fort...

Amber nickte. "Ich habe es gesehen. Pansy Blue... Das Wesen hat sie berührt und es wurde... irgendwie dunkel und sie verschwand. Einfach so!" Primrose schluckte. "Wieso tut es das? Ich verstehe das nicht..." "Das musst du auch nicht", unterbrach Amber und ging zur Vordertür, "Wir können später darüber nachdenken. Nun müssen wir uns und die Kinder in Sicherheit bringen! Fennel ist mit einigen anderen Ponys schon voraus gegangen. Komm!"

Primrose folgte Amber nun schweigend und mit klopfendem Herzen. Was geschah hier nur? Wie hatte sich ihre Welt innerhalb eines Tages nur so verändern können? Heute Morgen hatte sie sich noch um Beerenmarmelade Gedanken gemacht, nun war sie auf der Flucht vor schattenhaften Kreaturen, welche die Ponys ihres Dorfes einfach auflösten. Sie hatte entsetzliche Angst.

Amber ging voraus, ganz langsam und dicht an den Hauswänden und Zäunen entlang. Primrose schlich geduckt hinter ihr her und lauschte die ganze Zeit, doch sie hörte nur ihre eigenen Schritte. Ob diese Kreaturen sei auch hören konnten? Oder hatten sie gar keine Ohren? Amber bog in eine schmale Gasse ein. Auch sie lauschte angestrengt in die Nacht hinein.

Etwas raschelte und sie wandte den Kopf zu Primrose, welche stehen blieb. Sie spürte die Bewegung an ihrer Seite und hörte das leise Stimmchen quengeln. Eines der Fohlen war eracht und tat seinen Unmut kund darüber, eingeschnürt und in der Dunkelheit zu sein. Primrose blickte ängstlich zu Amber. Wenn das kleine Schrie, waren sie sofort verraten!

Amber schlug mit einem Huf den Umhang zur Seite und schmiegte ihre Wange gegen die des kleinen Fohlens. "Ist ja gut...", flüsterte sie, "Ist ja gut... Ist ja gut, Kleiner." Primrose beobachtete Amber mit einem neidvollen Blick. Sie wünschte sich, mehr wie die Einhornstute zu sein, tapfer und zielstrebig. Amber zitterte nicht vor Angst vor dem, was in den Schatten lauern konnte. Amber handelte. Primrose ließ die Ohren hängen.

Ihre selbstmitleidigen Gedanken nahmen sie so gefangen, dass sie einen Moment lang nicht mehr auf ihre Umgebung achtete, sondern zu Boden blickte. Deshalb bemerkte sie die Kreatur erst, als sie den Schatten auf sich zukriechen sah. Primrose machte einen hastigen Schritt rückwärts. "Amber!" Das Einhorn wandte den Kopf.

Vor ihnen schwebte eine der Kreaturen. Primrose konnte nun sehen, dass sie tatsächlich keine Beine hatte. Ihr Körper wurde von oben nach unten immer durchscheinender, doch sie schien mit ihrem Schatten auf dem Boden dennoch irgendwie verbunden. Sie konnte es sehen und dann doch nicht. So als würde sie zwei verschiedene Bilder zur gleichen Zeit betrachten und es verwirrte sie.

Nicht einmal die Kontur des Oberkörpers konnte sie genau ausmachen. Zuerst dachte Primrose, die Kreatur trüge eine Art Umhang, dann sah es aber mehr aus, als sei sie von schwarzen Blättern bedeckt, dann erinnerte sie die nebulöse Masse an eine Wolke und doch war es alles drei zur gleichen Zeit. Zwei dünne Arme ragten aus ihr heraus. Eine der merkwürdig geformten Tatzen schwebte genau über ihrem Gesicht, die Glieder wie fleischige, blattlose Äste.

"Lauf!", riss Ambers Stimme sie aus ihren Gedanken. Primrose drehte sich um und rannte los. "Was ist das? Was ist das für ein Wesen?!" "Sei still und lauf!", erwiderte Amber ärgerlich und lief so schnell sie konnte. Primrose hatte Mühe, mit ihr mitzuhalten. Dass sie gesehen hatte, wie sich zu der Kreatur noch eine zweite, dann eine dritte dazugesellt hatte, war auch nicht hilfreich.

Sie wollte schreien und weinen, um ihre Angst loszuwerden, wollte ihr nachgeben. Doch sie dachte an die beiden Fohlen, deren kleine Körper eng an ihren gepresst waren. Die Kleinen waren noch hilfloser als sie und brauchten sie, da durfte sie sich nicht selbst benehmen wie ein eingeschüchtertes kleines Mädchen. Sie musste zumindest versuchen, sich zusammenzureißen und weiterrennen.

Amber blieb abrupt stehen als plötzlich eine der Kreaturen vor ihnen erschien. Sie war nicht auf sie zugelaufen oder aus dem Boden aufgetaucht, sie war plötzlich einfach da. Primrose stieg erschrocken und hatte Mühe das Gleichgewicht zu halten. Amber schnaufte und senkte den Kopf. Ein helles Licht schoss von ihrem Horn auf die Kreatur, welche ein Stück zurückwich.

"Lauf, Primrose! Such die Anderen! Wir treffen uns dann dort!", rief sie und trat auf die Kreatur zu. Primrose zögerte. Ambers Magie schien die Kreatur für den Moment aufzuhalten, doch konnte sie wirklich etwas ausrichten? "Amber..." "Mach schon!"

Der plötzlich so scharfe Ton in Ambers sonst so sanft schwingender Stimme ließ Primrose zurückschrecken und sie rannte los. Amber hatte Recht und eigentlich wusste sie das. Primrose lief so schnell ihre Beine sie tragen wollten durch die dunklen Straßen. Doch wohin sollte sie? Amber hatte ihr nicht gesagt, wo der Treffpunkt war und ihr fiel gerade kein möglicher Ort ein. Sie musste einfach aus dem Dorf heraus und sich irgendwo verstecken, bis die Lage sich beruhigt hatte.

Aus einer Gasse schwebte eines der dunklen Wesen heran und streckte seine Tatze nach Primrose aus. Ihr Körper reagierte völlig selbstständig und sprang über den Arm der Kreatur hinweg. Sie landete unbeschadet und lief weiter, verwundert über ihre eigene Leistung. Sonst stolperte sie sogar, wenn sie nur über den Hasendrahtzaun ihres Gemüsegartens hüpfen wollte.

Primrose zwang sich, noch etwas schneller zu laufen. Ihre Beine schmerzten und die Luft brannte in ihren Lungen, aber irgendetwas gab ihr die Fähigkeit, das alles zu ignorieren. Sie galoppierte durch die Nacht, wie sie es in ihrem Leben noch nicht getan hatte. Wie Feuerwerk sah sie das helle Licht von Ambers Magie Schatten werfen.

Sie spürte, dass jemand hinter ihr war. Eine oder mehrere der Kreaturen. Sie musste schneller sein als sie! Um jeden Preis!

"Primrose!" Sie hob den Kopf und im Schatten eines Baumes sah sie Fennel und ein weiteres Einhorn stehen, das sie nicht genau sehen konnte. Primrose lief in ihre Richtung. Sie hatte den Baum fast erreicht, als Dunkelheit sich über sie legte wie ein Schleier. Das Erdpony blickte nach oben und sah eine der Kreaturen über sich, die Arme ausgebreitet, als wollte es sie packen.

Fennel rannte an ihr vorbei und sprang auf die Kreatur zu. Das Leuchten seiner Magie blendete sie für einen Moment und sie konnte nicht genau sehen, was geschah. "Bleib nicht stehen!", rief eine weitere Stimme, "Lauf weiter, wir machen das schon!"

Dieses Mal zögerte Primrose nicht. Sie wandte den Blick wieder nach vorn und lief erneut los. Hinter sich hörte sie einen Schrei, doch sie wagte es nicht, sich umzuschauen. Ein greller Lichtschein ließ die Schatten blasser werden und etwas schoss an Primrose vorbei, riss ein Loch in den Boden vor ihr. Ein brennender Schmerz durchdrang ihren Körper und sie schrie auf.



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