Zum Inhalt der Seite

Hinter den Wänden aus Eis

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zerstören

Zerstören
 

Schritte hallten von den Steinwänden der endlosen Gänge wider. Er blieb ein paar Minuten stehen, starrte den dunklen Gang hinunter, seine Ohren begannen wegen der Stille allmählich zu schmerzen. Langsam setzte er seinen Weg fort, darauf bedacht nicht laut zu sein.

Klonk, klonk, klonk ...

Wo bin ich hier bloß gelandet?, fragte er sich. Die Aufregung wuchs in ihm. Er versuchte sich daran zu erinnern, was Boris und die Trainer ihn beibrachten.
 

Nur der Wunsch zu Siegen zählt, wiederholte er.

Keine Gnade, wiederholte er.
 

Keine Gefühle, wiederholte er.
 

Bryan spürte einen stechenden Schmerz in seinem Kopf, er stützte sich an der Wand ab, hielt seine Stirn und atmete tief durch, der süße, stechende Geruch menschlicher Verwesung stieg ihm in die Nase.

Ich bin also in den Kellern, dachte er angewidert. Er hob seinen rechten Arm an seine Nase und konzentrierte sich auf seinen eigenen Geruch. Seine Beine zitterten, Bryan hatte das Gefühl, er würde jeden Moment zusammenbrechen.
 

Er beruhigte sich allmählich.

Doch es war ihm nicht möglich sich an den Geruch zu gewöhnen, die stechenden Kopfschmerzen wurden stärker, das Gefühl im Magen unerträglicher.

Während Bryan tiefer in die Keller ging, fragte er sich, ob es Tala auch Schwierigkeiten bereitete den Gestank zu ertragen. Er wollte nicht zu weit hinter seinem Leader zurückfallen.

Bryan kam an offenstehenden Zellen vorbei, oft fragte er sich, ob dieser Ort früher mal ein Gefängnis war. Er machte den Fehler und blickte in eine der Zellen, und sah direkt auf die Leiche eines Jungen, die schon beinahe von Maden zerfressen war.
 

Er versuchte das Würgen und Luftholen zu unterdrücken, ging ein paar Schritte zurück bis er gegen ein Hindernis stieß. Bryan blickte über seine Schulter direkt in die eisblauen Augen Talas.

"Gewöhnungsbedürftig, hm?", fragte Tala. Seine Haut war blasser als sonst. Bryan nickte nur, er war nicht imstande etwas zu sagen.

Tala zog Bryan am Arm aus den Gängen hinaus.

"Es kamen heute fünf weitere Jungen dazu.", die Stimme des Team-Leader klang erschreckend sachlich, als spräche er über eine gewöhnliche Essenlieferung.

Bryan starrte auf den Hinterkopf des rothaarigen.

So kalt war er nicht immer, dachte er bitter.
 

Als sie sich zum ersten Mal begegneten war es ein eisiger, schneiender Tag.

Bryans Magen knurrte sich ein Loch in seinen Bauch, er war vor Stunden von zu Hause abgehauen und hatte vor, nie wieder zurückzukehren. Häufig verbrachte er Stunden auf einen alten Spielplatz, der ohne Zweifel schon bessere Jahre gesehen hatte, und grübelte über das Leben und Schicksale nach.
 

Ein roter Ball rollte vor seine Füße, ein Mädchen mit langen, gewellten blonden Haaren ging auf ihn zu.

"Willst du mitspielen?", fragte sie ihn fröhlich. Bryan sah sie ausdruckslos an, schüttelte den Kopf, was sie deprimiert zu Boden blicken ließ. Ihre Schnute verbarg sie im Kragen ihres dunkelgrünen Mantels. Ohne ein weiteres Wort hob sie den Ball auf und lief zurück zu ihren Spielgefährten.
 

Bryan beobachtete die beide, für Geschwister waren sie vom Aussehen zu unterschiedlich.

Der rothaarige Junge blickte ab und an zu ihm hinüber. Als es dunkel wurde verabschiedete sich das kleine Mädchen, Bryan glaubte verstanden zu haben, dass ihr Name Rumi war.

Ihr Spielgefährte kam direkt auf ihn zu. Er trug einen sehr großen weißen Schal, eine orangefarbige Jacke. Keine Mütze, keine Ohrenschützer. Seine Ohren, Wangen und die Nasenspitze hatten beinahe dasselbe rot wie seine Haare.

"Ich wette, du bist bereits festgefroren.", der rothaarige grinste.

Bryan verzog keine Miene. Diese Bemerkung war nicht sonderlich komisch. Um dem Jungen aber zu zeigen, dass er sich irrte, verschränkte er die Arme, schaukelte mit den Beinen und sah ihn, fast schon höhnend, an. Der rothaarige steckte seine Hände in die Hosentasche, während er mit dem Fuß einige Kreise in den Schnee malte.

"Du bist hier öfters. Läufst du von zu Hause weg?", Bryan nickte leicht.

"Dein Vater hat sich wohl auch verändert?"

"Jeder Vater und jede Mutter in der Gegend hat sich verändert.", Bryans Stimme klang schwach, er dachte nicht gern daran, dass von einem Tag auf den anderen seine ganze Kindheit zerstört wurde.

Der rothaarige nickte.

"Kennst du die Kinder hier in der Gegend?", der Junge schob den Schnee von der Bank weg und setzte sich neben Bryan.
 

Die beiden sprachen noch Stundenlang über den August in diesem Jahr. Sie verstanden sich ziemlich gut und hatten sich auch die nächsten Tage wieder getroffen.

Irgendwann entschlossen sie sich, selbst für sich zu sorgen.

Ohne Arbeit, ohne Geld und ohne Erwachsenen.
 

Zusammen entkamen sie jedem noch so wütenden Bäcker oder Fleischer, sie lernten die Gassen Moskaus im Handumdrehen kennen, wussten wo sie niemals jemand finden würde.

Doch jede Glückssträhne hat einmal ein Ende und so kam es, dass sie, als sie den Fleischer wieder einmal erfolgreich beklaut haben, direkt in die Fänge eines Kaukasischen Owtscharka, einen Russischen Schäferhund. Er knurrte beide an, seine Lefzen waren nach oben gezogen, seine Nackenhaare sträubten sich.

Bryan und sein Freund, Tala, waren starr vor Angst. Der Hund machte einen Satz auf die beiden zu, vor Panik ließen sie ihr Diebesgut fallen und wollten schon das Weite suchen, als eine Stimme den Hund vor weiteren Angriffen zurückhielt.
 

"Hier müsste es dir besser gehen", bemerkte Tala. Bryan zuckte zusammen. Er war so sehr in Gedanken abgedriftet, dass er nicht bemerkte, dass Tala ihn zurück an die frische Luft gebracht hatte. Der rothaarige sah direkt in seine Augen. Bryan konnte seinen Blick erwidern, ohne vor Angst zu schlottern. Trotzdem, empfand er, dass sie dennoch etwas bedrohliches und durchbohrendes an sich hatten, deshalb wendete er den Blick meist schnell ab, oder versuchte durch ihn hindurch zu starren.
 

"Geh' zurück ins Bett!", befahl Tala.

Ohne ein weiteres Wort gehorchte sein untergebener Freund. Sein Untergebener ...
 

Der rothaarige setzte sich nach draußen auf die Stufen der Abtei. Er genoss die Stille, den eisigen Wind und die Luftzüge die durch die Wände des alten Bauwerkes glitten. Glücklicherweise gab es hier vorn keine Kameras und selten Wächter, so dass er hier seine Mauer aus Eis für wenige Minuten einreißen konnte.

Mit den Jahren, die er hier in der Abtei verbracht hatte, war es nur immer schwerer gewesen, diese Mauer den Erdboden gleich zu machen. Vielleicht lag es daran, dass er Seine Gunst für sich gewinnen wollte, vielleicht auch daran, dass Er wie ein Vater für ihn geworden war, oder vielleicht weil Er ihn und Bryan vor den Hund gerettet hatte. Vielleicht auch, weil er nie wieder das Gefühl von Angst in seinem Körper spüren wollte.

Es könnte genauso gut jedes dieser Gründe sein, nur im Moment wünschte sich Tala er könne wieder aus vollem Herzen lachen oder Weinen oder einfach Ausrasten.

Er spürte, dass Wolborg wieder sauer wurde. Für einen Moment schloss Tala die Augen, versuchte sein Bit-Beast zu beruhigen, doch vergebens. Die einzige Möglichkeit ihn ruhig zu stellen war ihm zu geben, was er verlangte. Und Wolborg verlangte nach Zerstörung. Also nahm Tala seinen Shooter, zielte auf die Bäume außerhalb des Grundstückes der Abtei und schoss Wolborg dorthin.

Durch die Macht von Biovolts' Wissenschaftlern waren Wolborg und er zu Monstern gemacht worden, die Sklaven ihrer eigenen Zerstörungswut waren.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  AyshaMaySezaki
2013-07-28T12:40:59+00:00 28.07.2013 14:40
au man. ich wünsche mir fast schon, dass tala endlich, zusammen mit seinem team, aus der Abtei liefen könnte. Dieser Ort ist das schrecklichste was man je erlebt hat. da bin ich mir sicher. Tala war sicher ein süßes kind.
aber warum haben sich alle erwachsenen so verändern, in dem kuren 'rückblick'?
mach weiter so. bisher ist es ech tinteressant und ich bin gespannt wies weiter geht.
lg


Zurück