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Though Choices

♡ Tᴏᴜʏᴀ × ℕ ♡
von

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Es vergingen einige Tage, ohne dass wir auch nur ein Wort miteinander wechselten. Ich bemerkte zwar seinen Blick, doch sagte nichts weiter dazu und wollte einer Konfrontation lieber aus dem Weg gehen. Die Zeit verstrich, ohne dass einer von uns sich um den anderen kümmerte. Wahrscheinlich war ich derjenige, der den Großteil dazu beigetragen hatte. Es war ungewohnt, wieder so weit voneinander entfernt zu sein, nachdem wir uns doch gerade so nahgekommen waren, und ich bereute fast, dass es so ausgegangen war und wir keinen Schritt weiter waren als zu Beginn unserer sogenannten Beziehung. Aber war es meine Schuld? N allein war dafür verantwortlich, dass ich den Kampf gegen Kyouhei verloren hatte, und dass er jetzt selbst darunter leiden musste, mein Vertrauen ausgenutzt zu haben, war ebenfalls sein Verdienst. Man kann sich eben nicht immer alles nehmen und niemals etwas dafür zurückgeben. Und ich habe ihm schon genug gegeben und war viel zu nachsichtig mit ihm. Was habe ich denn bis jetzt dafür zurückbekommen?
 

»Touya«, murmelte er einmal, als ich im Flur an ihm vorbeiging. Ich drehte mich nicht um. Ob es mir selbst schon unangenehm war, ihn auch nur anzusehen? Es war nicht so, dass ich mir Schuldgefühle machte. Auf keinen Fall. Es war immerhin alles seine eigene Schuld. Aber irgendwie tat es mir trotzdem leid, ihn allein zu lassen und auch die zweite Aufgabe, die ich noch hatte, so dermaßen zu verhauen, dass ich mich eigentlich mehr für mein eigenes Verhalten schämte als für alles andere. Warum war das nur so schwierig? Es fiel mir schwer, darüber nachzudenken und mir ins Gedächtnis zu rufen, was eigentlich an dem Tag vor zwei Wochen abgelaufen war. Jedes Mal, wenn ich daran zurückdachte, kamen mir wieder neue Details ins Gedächtnis und je länger ich darüber nachdachte, anstatt es nur zu verdrängen und N als den Schuldigen an meiner Misere anzusehen, kam immer mehr Klarheit darüber, was an dem Tag eigentlich wirklich abgelaufen war. Die Erinnerungen daran, dass es mit meinen Pokémon und mir schon lange nicht mehr so gut lief und dass ich schon lange zuvor mein Training als Champion und vertrauenswürdiger Trainer vernachlässigt hatte, kamen zurück. Hatte ich nicht schon Tage zuvor bemerkt, dass ich inzwischen zu einem faulen Trainer geworden war, der ohne seinen Drachen kaum noch eine Chance gegen Neuanwärter hätte? War es dann nicht auch meine eigene Schuld und nicht nur die von N? Was hatte N eigentlich damit zu tun?
 

Ich war mir nicht mehr ganz so sicher, was wirklich an diesem Tag passiert war und warum ich meinen Freund dafür angeschrien hatte, obwohl er meine Nähe suchte, mich wirklich sehr liebte und einfach nur bei mir sein wollte. Wessen Verdienst war es denn nun eigentlich wirklich, wenn N nicht der Schuldige war? Etwa mein eigener? Vielleicht hatte es einfach zu sehr wehgetan, es sich einzugestehen. Eigentlich sollte ich mir einfach erst einmal durch den Kopf gehen lassen, was genau passiert war. Es half nichts, die Schuld nur bei N zu vermuten und stattdessen nicht nach einer Lösung zu suchen, wie es in Zukunft wieder besser für uns beide laufen könnte. Ich war schließlich immer noch für N verantwortlich und hatte mir eingeredet, dass ich zumindest diese eine Sache auf die Reihe kriegen würde. Aber anscheinend kam ich nicht einmal mit N so gut zurecht, wie ich gedacht hatte. Obwohl er sich so oft unschuldig wie ein Kind verhielt und vielleicht all die Jahre über nie wirklich erwachsen wurde, war diese Verantwortung vermutlich doch einfach zu viel für mich. Vielleicht sollte ich erst einmal mein eigenes Leben auf die Reihe bekommen, bevor ich auch nur versuchen konnte, für N da zu sein.
 

Ich hatte im Laufe der Zeit als berühmter Trainer viel Geld verdient, auch wenn meine Zeit als Champion nicht lange angedauert hatte. Dennoch machte ich mir Sorgen, wie lange diese Ersparnisse wohl reichen würden und wie schnell ich eine neue Arbeit brauchen würde. Ewig warten durfte ich natürlich auch nicht. Aber irgendwie fühlte ich mich noch viel träger als zuvor. Alles, seitdem ich den Titel als Champion verloren hatte. Ich hatte seit dem Tag nicht einmal richtig mit jemandem darüber geredet, obwohl ich das Gefühl hatte, als würde N sich mit Absicht immer in meiner Nähe aufhalten. Ob er darüber sprechen wollte? Ich zumindest hatte bis zum heutigen Tag nicht einmal das Verlangen verspürt, überhaupt daran zu denken, was passiert war. Es zu verdrängen war so viel leichter gewesen. Doch N ging auch nicht mehr nach draußen und lief immer in der Wohnung herum, als wollte er mich damit konfrontieren und mit mir sprechen. Wenigstens aus meinem Zimmer hielt er sich fern. So hatte ich wenigstens ab und zu ein wenig Raum für mich, auch wenn er sonst immer in der Nähe war. Es war komisch, sich gleichzeitig so nah und doch so fern zu sein. Aber auch wenn es mir unangenehm war, schien er es für das Richtige zu halten. In Ruhe lassen wollte er mich auf jeden Fall nicht. Dickköpfig wie immer.
 

»Touya...« Wieder diese leise Stimme, die mich dazu drängte, endlich mit ihm zu reden und die Sache endgültig zu klären. Es machte mich wahnsinnig, dass mir selbst nicht einfiel, was ich zu ihm sagen sollte. Ich hatte die Befürchtung, ich würde ihn wieder anschreien, sobald ich auch nur den Mund aufmachen wollte. Konnte er nicht einfach abwarten, bis es mir wieder besser gehen würde? Ich hatte gerademal heute damit begonnen, die Gesamtsituation langsam zu verkraften und der Realität ins Auge zu sehen. Unser Streit war ebenfalls bereits zwei Wochen her und auch wenn ich zumindest darüber nachdenken konnte, ohne mich zu schämen, hatte ich dennoch das Gefühl, als würde ich noch eine lange Zeit brauchen, um mir darüber klar zu werden, was ich eigentlich von nun an machen wollte. Diese Frage wollte ich zumindest mit mir selbst klären, bevor ich mit N darüber reden können würde. Aber N sah das anders. Er wollte sofort reden und schien es nicht mehr auszuhalten, dass wir einander anschwiegen. »Touya, warum ignorieren wir uns?«, fragte N irritiert. Er stand im Türrahmen zum Wohnzimmer und beobachtete mich dabei, wie ich aus dem Fenster in die Wolken starrte. »Ich verstehe nicht, was passiert ist... Touya, warum reden wir nicht mehr miteinander?« N war deutlich verzweifelt und schien wirklich nicht zu verstehen, warum ich seit Tagen nicht mehr mit ihm sprach. Auch ihm schien das ständige Schweigen unglaublich unangenehm zu sein, weshalb er bis jetzt nur zaghaft versucht hatte, mich auf irgendeinen Weg darauf anzusprechen. Doch nun wurde er lauter. Anscheinend hielt er es nicht mehr aus und wollte Klarheit schaffen. »Worüber willst du denn reden?«, fragte ich ihn sichtlich genervt. Warum konnte er nicht einfach ruhig sein, bis es mir besser ging? Natürlich würde er nicht für immer schweigen können, und wir lebten nun einmal noch immer zusammen und sahen einander die ganze Zeit über. Aber im Moment wäre es mir wirklich lieber gewesen, er wäre für eine Weile ausgezogen. Ich musste noch so viel selbst verstehen, bevor ich mit ihm reden konnte.
 

»Ich wollte einfach nur noch einmal mit dir reden«, antwortete er und lächelte schwach. »Wenn es für dich in Ordnung ist, noch einmal mit mir über das zu sprechen, was passiert ist. Damit ich auch verstehen kann, was in deinem Kopf vor sich geht.« »Ich denke nicht, dass es noch etwas gäbe, was gesagt werden müsste«, erklärte ich ihm. Hatte ich ihm nicht bereits gesagt, wie ich über sein Verhalten dachte? Er hatte mich belogen und herablassend auf mich niedergeblickt, als ich ihm vom Ende meines Traumes erzählt hatte. Er hatte meinen Traum mit Füßen getreten, obwohl er selbst keinen Traum mehr besaß und nur noch belanglos vor sich hinlebte, die meisten Tage nur damit verbrachte, mit fremden Pokémon zu spielen und seine Zeit zu vergeuden. Solange er sich nicht ändern würde, würde ich auch nicht mehr mit ihm darüber sprechen wollen. Das würde doch eh nicht weiterhelfen. Wieso verschwendete er seine Zeit nun schon wieder mit solchen Betteleien, wenn er sie doch auch dafür nutzen könnte, in seinem Leben endlich voran zu kommen?
 

»Du willst nicht mit mir reden? Dann will ich einfach ein wenig bei dir sein und dir etwas beweisen. Wäre das machbar?«, fragte er und ich war mir nicht sicher, ob dies eine Art Trick war, um sich ein wenig bei mir einzuschleimen. N hatte mir bereits bewiesen, dass er ein paar hinterhältige Tricks draufhatte. Auch wenn ich das zu Beginn vor allem von ihm niemals vermutet hatte. »Ich denke, dass wir uns einfach eine Weile nicht sehen sollten«, erklärte ich ihm. »Das wäre einfach besser für... für dich. Um ein wenig zu vergessen und vielleicht ein paar Sachen an dir zu ändern. Damit wir wieder besser miteinander auskommen können.« Es war ja nicht gelogen. Ich wollte wirklich, dass er sich unsertwegen ändern würde.
 

»Aber ich will nicht vergessen!«, schrie er regelrecht. Jetzt stand N nicht mehr ruhig im Türrahmen wie zuvor, sondern ging mit hektischen Schritten auf mich zu. »Ich will einfach nur bei dir sein! Habe ich dir das nicht deutlich genug gemacht? Denkst du etwa wirklich, dass all dies hier nur eine Show wäre? Obwohl wir uns doch so gut kennen, scheinst du nicht zu begreifen, wie ernst es mir mit dir ist! Ich habe mich noch nie bei jemandem so wohl und geborgen gefühlt wie bei dir und ich werde dich sicherlich nicht einfach aufgeben! Vor allem jetzt, wo ich weiß, dass du genauso für mich fühlst! Denkst du wirklich, ich würde einfach wieder verschwinden? Du hättest dir das früher überlegen müssen, als du mir versprochen hast, immer für mich da zu sein! Wo sind deine guten Vorsätze jetzt, wenn ich dich brauche? Anscheinend waren das ja wohl auch nur leere Worte!« N war völlig außer sich und sein ganzer Körper begann zu zittern. Ich konnte nicht deuten, ob es vor Wut oder einfach vor Aufgebrachtheit war. Auf jeden Fall konnte ich ihn wohl nicht so schnell dazu bringen, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Es musste eine Qual für ihn gewesen sein, überhaupt solange ruhig zu bleiben und nichts weiter zu sagen. All die Wut über die vergangenen Tage hatte sich deutlich in ihm angestaut.
 

Das passte mir nicht in den Kram, denn eigentlich war mein Plan gewesen, einfach Gras über die Sache wachsen zu lassen und abzuwarten, bis ich selbst klarer über die vergangenen Tage nachdenken konnte. N hatte immerhin einen Fehler begangen, den ich ihm nicht so schnell verzeihen würde und den er auch nicht von einem Tag auf den anderen wiedergutmachen konnte, auch wenn er es sich noch so sehr wünschte und schon fast forderte, dass ich für ihn da sein musste, weil es eben meine Pflicht war. Doch egal wie sehr er sich anstrengte und mich anbettelte, ich solle es einfach vergessen, ich konnte es nicht. Nicht im Moment. Allerdings spürte ich bereits, dass meine Wut jetzt, da ich, wenn auch ungewollt, wieder mit ihm gesprochen hatte, langsam zu verfliegen begann. Irgendwie machte mich Ns Nähe glücklich, auch wenn das auf irgendeine Art und Weise ziemlich fatal war. Eigentlich sollte ich noch immer sauer auf ihn sein. Doch war mir nicht bereits klar geworden, dass er nicht allein der Schuldige war? Je mehr ich bemerkte, dass auch ich einen großen Teil dazu beigetragen hatte, umso mehr schämte ich mich dafür, dass ich so blind gewesen war, die Schuld nur bei ihm zu suchen. Er hatte sich falsch und schlecht verhalten. Doch dass ich verloren hatte, war nicht darauf zurückzuführen. Im Moment war ich einfach nur noch sauer auf ihn, weil ich nicht wusste, ob ich ihm vertrauen könnte.
 

Ich konnte sein Handeln noch immer nicht verstehen oder nachvollziehen. Aber sicherlich würde es mit der Zeit wieder besser werden und dann würde auch meine Wut auf sein unbedachtes Handeln komplett verschwinden. Dann würde ich ihm wieder vertrauen können. Wenn er mir nur ein wenig Zeit dafür geben könnte, mir über all das, was passiert war, klar zu werden. Warum konnte er nicht einfach solange warten? Ich wollte mich nicht mit ihm streiten und es tat weh, daran zu denken, ihn immer und immer mehr Tag für Tag weiter zu verletzen. Aber warum konnte er nicht einfach einsehen, dass es eben Zeit brauchte, bis ich darüber hinwegkäme und ihm wieder vertrauen könnte? Ich würde doch niemals für immer auf ihn sauer sein. Aber er schien nicht einmal diese kurze Zeit warten zu können....
 

»Du wirst aber wohl oder übel auf meine Hilfe warten müssen«, antwortete ich und versuchte so gelassen wie möglich zu bleiben. »Ich habe auch Gefühle und Wünsche. Du bist nichts Besonderes und schon gar kein Sonderfall. Du hast mir sehr wehgetan und es wird nun eben ein wenig dauern, bis ich dir wieder vertrauen kann, und solange wirst du dich wohl gedulden müssen.« N schüttelte den Kopf und sah mir tief in die Augen. Es dauerte einen Augenblick, bis er anscheinend die richtigen Worte gefunden hatte, mit denen er mit antworten wollte. »Wenn du mir nicht mal die Chance geben willst, meinen Fehler wiedergutzumachen, kann deine Liebe zu mir ja nicht so besonders groß sein«, meinte er mit einem Gesichtsausdruck, den ich nicht deuten konnte. Er sah so ernst aus. So anders als sonst. »Als ich dir gestanden habe, wie gern ich dich habe, hast du da vielleicht einfach nur die Chance gewittert, meinen Körper berühren zu dürfen? Ging es dir nur darum? Ist das die Form von Liebe, die ihr Menschen so verzweifelt sucht? Ich habe den Verdacht, dass sich unsere Ansicht von Liebe grundlegend unterscheidet.«
 

Wie bitte? Ich habe ihn benutzt? »Das ist nicht wahr, N«, antwortete ich schnell, um dieses Missverständnis aus der Welt zu schaffen. »Du weißt genau, wie viel ich für dich empfinde. Sonst würde ich dich nicht einfach bei mir wohnen lassen. Ich hab schon viel zu viel für dich getan und nichts von dir zurückbekommen. Aber ich erwarte das auch nicht, weil ich dich gern habe. Ist das nicht Beweis genug, dass ich dich liebe? Ich bin einfach im Moment nicht mehr fähig, dir all diese Dinge zu schenken. Aber wenn wir uns Zeit nehmen und das, was kaputtgegangen ist, wieder aufbauen, dann können wir es vielleicht noch einmal versuchen. Vielleicht können wir auch einfach nur gute Freunde sein. Du weißt, dass ich so oder so immer für dich da bin und dich niemals im Stich lassen würde. Ich könnte mir auch vorstellen, mit dir zusammenzuleben als wären wir Brüder -« »Aber ich will keine einfache Freundschaft und ich will nicht nur dein verdammter Bruder sein!«, protestierte er. »Du hast mir doch schon gesagt, dass du mich gern hast! Wie kann denn ein kleiner Fehler all diese Gefühle einfach so auslöschen? Willst du mich verarschen?« Nun war es Zorn, der sich in Ns Augen widerspiegelte. Seine Stimme war schon lange nicht mehr so leise und zaghaft wie zu Beginn des Gesprächs und ich spürte, dass er nun mit aller Kraft versuchte, seinen Willen durchzusetzen.
 

Ich merkte ihm regelrecht an, wie wütend es ihn machte, dass er gerade das bekommen hatte, was er sich gewünscht hatte und es nun wieder verloren hatte. Er wollte es nicht einsehen. Wahrscheinlich hatte er sich deshalb so schlimm verhalten und war immer aufdringlicher und taktloser geworden. Deshalb hatte er mich angelogen und immer wieder mit Nachrichten kontaktiert. Weil er mich nicht verlieren wollte und seine Zuneigung zu mir inzwischen bereits viel zu groß war. Es war wahrscheinlich schon fast ungesund. Ich hatte zuvor nicht bemerkt, dass er wahrscheinlich nur aus extremer Liebe gehandelt hatte. Irgendwie hatte ich bis jetzt angenommen, er hätte mich ein wenig ärgern wollen oder wäre egoistisch gewesen. Doch irgendwie schien er mich doch sehr zu lieben. Warum hatte ich früher nicht daran gedacht, dass ich doch etwas so Besonderes für ihn war? Sicherlich hatte er große Angst gehabt, mich zu verlieren, auch wenn ich doch für ihn da war. Ich konnte ihn selbst jetzt noch nicht richtig verstehen, aber zumindest war mir jetzt klar, dass ich ihm wirklich wichtig war und dass ich vielleicht auch ein wenig auf ihn eingehen müsste. Doch dann sagte er etwas Unerwartetes, mit dem selbst ich nicht gerechnet hatte, obwohl ich dachte, ihn inzwischen zumindest annähernd gut zu kennen. »Oder ist das alles ein Plan von dir? Willst du mich erpressen, Touya? Indem du mir Schuldgefühle machst?«
 

»Was? Aber du bist doch derjenige, der...!« Was hatte das nun wieder zu bedeuten? War das wirklich sein Bild von mir? In dem Augenblick wurde mir klar, wie wenig N überhaupt über die Vorfälle an dem Tag, an dem ich meinen Kampf verloren hatte, verstanden hatte. Er war viel zu fixiert auf seinen eigenen Standpunkt. Er hatte mich eben vermisst und hatte nur darauf geachtet, dass ich bei ihm bleiben würde und für ihn da wäre. Ob er gedacht hätte, ich würde ihn nur ausnutzen und verarschen wollen? Dachte er, ich wäre immer nur zur Pokémon-Liga abgehauen, weil ich nur ein Spiel mit ihm spielen würde? Oder sogar, weil er für mich nur ein Freund von vielen wäre? Was hatte er nur über mich gedacht?
 

N hatte wohl nur auf das geachtet, was sein Vater ihm jahrelang über die Menschen beigebracht hatte. Dass Menschen böse und hinterhältig waren, war das allgemeine Bild, was N von allen um uns herum hatte. Irgendwie hatte es mich schon gewundert. Ich war wohl der Einzige, über den er anders dachte und den er für vertrauenswürdig hielt. Wenigstens ich war in seinen Augen keiner von den Bösen. Oder war ich das doch? Hatte er etwa Angst, dass ich genauso schlimm wäre wie die Menschen in den Geschichten seines Vaters? Das war zumindest nicht ganz auszuschließen. Wenn man sein ganzes Leben lang jeden Tag immer nur davon hört, wie schrecklich, grausam und bösartig die Menschen doch wären, war es kein Wunder, dass N bei jeder meiner Handlungen fürchtete, ich würde ihn wohlmöglich verletzen wollen.
 

Er hatte wohl nicht verstanden, weshalb ich wirklich sauer war. Weil ihm Pokémon-Kämpfe und Titel nichts bedeuteten, hatte er es nie nachvollziehen können. Vielleicht bemühte er sich auch nicht oder es lag ihm einfach nicht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Vermutlich dachte er, ich wäre nur gespielt sauer und würde das nutzen, um ihn zu erpressen. N hatte Pokémon-Kämpfe immer verabscheut und vielleicht war es zu viel von mir gewesen zu erwarten, dass er verstehen würde, wie wichtig mir die Rolle des Champions war. Aber zurückblickend hatte ich auch nie wirklich viel darüber gesprochen und ihm auch nie erklärt, was es mir eigentlich bedeutete. Eigentlich hatte ich viele Dinge, die mir wichtig waren, als selbstverständlich angesehen und mir nie darüber Gedanken gemacht, was N eigentlich davon hielt. Hätte ich ihm doch nur klargemacht, dass es mir einfach wichtig war, hätte er es vielleicht aus Prinzip akzeptiert und mir beigestanden. Aber ich hatte ja nie mit ihm darüber geredet. Obwohl ich ihn so oft nach seinen Interessen gefragt hatte, wusste er eigentlich wenig über mich. Im Grunde war ich derjenige, der sich ihm gegenüber nie wirklich geöffnet hatte. Wie hätte er mich dann überhaupt verstehen können?
 

»Tut mir leid, N... Ich... Ich glaube, ich verstehe langsam ein wenig, warum du so ungewöhnlich reagiert hast und dass du es nicht böse meintest«, antwortete ich ihm und versuchte ihn ein wenig zu beruhigen, indem ich ihm erst einmal zustimmte. Eigentlich konnte ich ihn ja auch verstehen und vielleicht würde ich doch nicht so viel Zeit brauchen, ihm zu verzeihen, wie ich noch vorhin gedacht hatte. Eigentlich war ich schon gar nicht mehr so sauer auf ihn wie zu Beginn des Gesprächs. Der Verlust meines Titels machte mir zwar noch zu schaffen, aber hatte ich die Schuld nicht ein wenig zu sehr bei N gesucht? Mir war doch von Anfang an klar gewesen, dass ich etwas ändern wollte und dass ich meine Rolle viel zu sehr vernachlässigt hatte. Das hatte ich doch vor dem Kampf gegen Kyouhei schon gewusst. N hatte kein bisschen Schuld daran, dass ich einfach ein schlechter Trainer gewesen war. Wäre ich von Anfang an ein guter Champion gewesen, wäre es nie auf diese Situation hinausgelaufen. Dann hätte ich Kyouhei auch so besiegt, ohne mich ablenken zu lassen. Vielleicht war es meine eigene Schwäche, die dazu geführt hatte, dass ich besiegt worden war. Selbst Ns Anruf hätte den Kampf nicht mehr so dermaßen verändern können, wäre ich einfach von Anfang an im Vorteil gewesen. Aber die Wahrheit war eben leider, dass ich von Anfang an der Schwächere gewesen war, und das war nicht Ns Schuld gewesen.
 

»Wenn du es wirklich verstehst, dann gib mir wenigstens eine Chance. Gib mir eine Chance zu beweisen, dass ich mich wirklich weiterentwickeln und dazulernen kann. Ich werde dich auch nicht enttäuschen«, versicherte er mir und mir blieb nichts anderes übrig, als zögerlich zu nicken. Auch wenn er mich nicht überzeugen würde, wäre dies vielleicht der Antrieb, den er bräuchte, um sich wirklich zu ändern und um mir nicht noch mehr Sorgen und Probleme zu bereiten als nötig. Vielleicht konnte er sich ja wirklich ändern. Er hatte es doch schon einmal getan und sich von der egoistischen Person, die ich damals kennengelernt hatte, in einen Menschen entwickelt, der versuchte, alle Meinungen zu akzeptieren und sich liebevoll um seine Freunde kümmerte. Vielleicht würde er sich ja noch weiterentwickeln können und lernen, dass er mir und den anderen Menschen vollstens vertrauen konnte, wenn ich ihm nur mein Vertrauen schenken würde. »In Ordnung«, antwortete ich ihm. »Ich gebe dir diese eine letzte Chance. Beweise mir, dass du nicht wieder zu der unselbstständigen Person geworden bist, die ich damals kennengelernt habe. Seit ich angefangen habe, dich vom Team Plasma zu befreien, hast du solche Fortschritte gemacht und bist endlich diesen wichtigen Schritt gegangen. Bitte zeig mir, dass dies nicht alles umsonst war.«
 

»Gut«, antwortete N und kam ein Stück weiter auf mich zu. »Dann werde ich mich jetzt auf das einlassen, was du dir wünschst. Soll ich dir zeigen, wie sehr ich mich inzwischen schon auf euch Menschen einlassen kann und wie sehr ich die Menschen um mich herum bereits verstehe?« Verwundert sah ich ihm dabei zu, wie er vorsichtig meine Hand in seine legte und sie festhielt. Dann beugte er sich ein wenig zu mir nach unten und als er gerade dabei war, mir immer näher zu kommen, spürte ich, wie sehr die Finger meine eigenen umgriffen, als würde er sich ablenken wollen, und wie seine Hand dann zu zittern begann. Immer fester umgriff er meine Hand mit seiner eigenen, bis es mehr als deutlich war, dass er gerade etwas tat, was ihm selbst sehr schwer fiel. Als er mir tief in die Augen sah und noch einmal tief durchatmete, bevor er die Augen schloss, unterbrach ich sein Handeln mit den Worten: »Du musst das nicht machen.« Doch N schüttelte den Kopf. »Doch, das muss ich. Sonst verliere... ich dich für immer...« Dann nahm er wieder ein wenig Abstand von mir und sah traurig zu Boden. Ohne etwas zu sagen verdeckte er sein Gesicht mit seiner Hand und setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer. Irgendwie schien es ihn so fertigzumachen, dass er einfach zu schwach war, sich anderen Menschen anzunähern. Auch wenn er es versuchte.
 

Seufzend setzte ich mich neben ihn und wartete, bis er den Kopf wieder hob und mich fordernd ansah. Ob ich ihm helfen oder irgendwas dazu sagen sollte? Natürlich freute es mich, dass er es wenigstens versucht hatte. Aber war das wirklich der richtige Weg? Anscheinend war er bereit, doch es fehlte ihm noch an Kraft, diese eine Grenze zu überwinden. Mir sollte es recht sein. Ich tat ihm nichts, was ihn verletzen würde, und solange er es auch wollte, wäre es doch in Ordnung. Oder quälte er sich so ab, weil er dachte, ich würde das von ihm verlangen? Irgendwie verlangte ich es ja schon ein wenig. Aber konnte er mir das übel nehmen? Wir waren ja nun doch irgendwie ein Paar und auch, wenn ich ihn an den Kopf geschmissen hatte, dass er mir gestohlen bleiben konnte und ich keinen Wert mehr auf eine Beziehung legen würde, saßen wir nun doch hier und er war kurz davor, mir einen Kuss zu geben. »Tut mir leid, dass ich an dir gezweifelt habe«, entschuldigte ich mich bei ihm. Vielleicht würde ihm das die Angst ein wenig nehmen. »Anscheinend hast du doch nicht gelogen und zumindest deine Angst vor Berührungen ist wahr. Ich hatte wirklich gedacht, du hättest nur simuliert, um deinen Willen durchzusetzen. Aber du hast anscheinend wirklich Angst, mich zu berühren. Und dennoch willst du so gerne bei mir sein? Wäre es nicht besser, wenn wir einfach nur Freunde sind? Es fällt mir auch schwer, dich so leiden zu sehen.«
 

»Ich leide nur, weil ich es einfach nicht schaffe!«, gab er zu. Es schien an ihm zu nagen, dass er es nicht übers Herz brachte, diesen kleinen Schritt zu gehen. »Aber ich will bei dir sein, Touya. Ich will nur dich«, meinte er. »Auch wenn ich noch schwach bin. Na und? Du warst auch ein schwacher Trainer, als ich dich kennengelernt habe. Jeder kann sich verbessern und entwickeln. Ich will dir beweisen, dass ich zwar noch in dieser einen Hinsicht schwach bin, aber für dich will ich stärker werden und meine Berührungsängste überwinden. Ich will das wirklich!« Ns Blick wurde wieder entschlossener. Er machte all dies also wirklich nicht nur aus Verzweiflung, sondern weil meine Worte vielleicht doch etwas bewirkt hatte. N wollte mehr über die Menschen wissen und er wollte mir nah sein. Vielleicht sollte ich ihn doch ein wenig dabei unterstützen. Auch wenn es komisch war, dass sich die Situation so gewandelt hatte. »Wie wäre es, wenn du dich einfach bis zu einem bestimmten Punkt nach vorne lehnst und sobald du nach genug bist, übernehme ich?«, schlug ich ihm vor und er wurde sofort rot. Jetzt kam er schon wieder in eine Situation, in der ich die Kontrolle hatte. Aber es ging nun mal nicht anders.
 

»Sagst du das gerade nur um mich aufzumuntern... Oder hast du mir etwa schon verziehen?« fragte er verwundert. In seinen Augen konnte ich den Hoffnungsschimmer regelrecht sehen. »Naja, eigentlich hatte ich ja nie vor, dir auf ewig sauer zu sein«, erklärte ich ihm. »Aber ich musste dich einfach ein wenig in die richtige Richtung schubsen. Wenn man dich nicht ein wenig drängt, handelst du nie. Und wenn ich dir nicht helfe, machst du nur Fehler«, seufzte ich. »Manchmal übertreibst du einfach. Ich will nicht, dass du dich zu sehr in deine Liebe zu mir hineinsteigerst, nur weil das für dich das erste Mal ist, dass du solche Gefühle hast. Ich weiß auch nicht, ob ich mir mit dir überhaupt noch nur eine Freundschaft vorstellen könnte. Zwischen uns ist einfach bereits so viel mehr als das. Ich will nicht, dass das durch dein überstürztes Handeln kaputt geht.« Natürlich gab es noch so viel, über das man hätte reden müssen. Aber vielleicht nicht im Moment. Vielleicht sollte man bei einigen Dingen einfach warten. Ich genoss, dass N wieder normal war und mich nicht mehr anlog. Wir konnten wieder miteinander reden und ich hatte seit langem das Gefühl, als würde er meine Worte richtig aufnehmen und darüber nachdenken. Vielleicht würde ich jetzt endlich alles mit ihm klären können, das mir auf der Seele lag. Ich würde mit ihm darüber reden müssen, dass ich selbst nicht genau wusste, was ich in Zukunft machen würde und dass er schnell Arbeit finden müsste. Auch darüber, dass man sich in einer Beziehung nicht anlügt und dass Vertrauen sehr wichtig ist, hätte ich mit ihm reden müssen. Aber nicht jetzt.
 

»Oh...« N schien überrascht darüber zu sein, dass ich so über die Situation dachte. Ob er es wohl nachvollziehen konnte? »Gehen wir es von jetzt an langsam an. Ich werde mich von jetzt an besser benehmen«, stimmte er mir zu und atmete auf. Anscheinend war er immer noch nicht so bereit, wie ich es mir wünschen würde. »Aber... uhm...« Er druckste herum, als würde er noch etwas sagen wollen. »Würdest du mich... uhm... Würdest du mich trotzdem küssen?«, fragte er. »Das wäre mein erstes Mal und wenn wir einen Neuanfang starten wollen, dann würde ich mich freuen, wenn du es tun würdest. ...Wenn du möchtest!« »Warum denn nicht?«, antwortete ich und legte meine Hand an seinen Hinterkopf. »Keine Sorge, ich mach das schon«, erklärte ich ihm und er nickte zaghaft. So ganz schien er der Sache nicht zu trauen, doch er hatte mich darum gebeten. Eigentlich war er die ganze Zeit über derjenige, der all diese Sachen machen wollte. Das ging doch von Anfang an alles nur von ihm aus. »Stell dich nicht an«, lachte ich und drückte seinen Kopf sanft in meine Richtung. »Du hast du darum gebettelt, also musst du es jetzt auch durchstehen.« »Ja, ja...« Beschämt schloss N die Augen. Es schien ihm immer noch nicht zu passen, dass ich viel mehr Erfahrung hatte als er. »Entspann dich und sei einfach still, dann wird das schon«, bat ich ihn. Mir hatte es besser gefallen, als er zu beschämt gewesen war, um überhaupt den Mund aufzumachen.
 

»Warte«, unterbrach er mein Vorhaben und legte seine Hand so auf meine Brust, sodass ich gezwungen war, wieder ein wenig Abstand von ihm zu nehmen. »Ich will mir das doch lieber aufheben.« Was? Was sollte denn dieser plötzliche Sinneswandel auf einmal? Warum musste er ausgerechnet jetzt, wo auch ich endlich wieder in der Stimmung war, sowas sagen? »Aber...!«, brachte ich nur hervor. Mir fiel einfach nicht ein, was ich weiter zu Ns Stimmungsschwankungen sagen sollte. Das war einfach zu viel für mich. Einerseits sagte er immer und immer wieder, wie sehr er mich doch liebte. Aber andererseits durfte ich ihn nicht anfassen und immer wenn ich ihn soweit gekriegt hatte, machte er doch einen Rückzieher. War das seine Masche? Aber was brachte ihm das? So würden wir uns niemals näherkommen... »Immer noch Angst vor Berührungen?« , fragte ich und er schüttelte den Kopf. »Nein. Also nicht, wenn es um dich geht. Aber ich will, dass es etwas Besonderes wird«, erklärte er. »Aber N, mit dir ist es doch immer etwas Besonderes«, meinte ich genervt und er lächelte nur, als er merkte, dass es mich ärgerte, ihn nicht küssen zu dürfen. Mit einem Mal hatte er den Spieß wieder umgedreht und ich war derjenige, der nun um seine Aufmerksamkeit bettelte. Wie zum Darkrai schaffte dieser Typ das nur immer wieder?
 

»Du hast mich ja auch die letzten Tage warten lassen« , erklärte er. »Ich habe tagelang darauf gewartet, endlich wieder mit dir reden zu dürfen. Jetzt bist du an der Reihe.« Oh nein. Das war schon wieder eine völlig neue Seite an N. Der Mann machte mich einfach fertig damit, dass er immer, wenn ich das Gefühl hatte, er wäre mir unterlegen, irgendeine Überraschung parat hatte. Aber ich konnte ja nicht anders, als mich damit abzufinden. Auch wenn ich ihn noch so gerne schüchtern und unsicher vor mir hatte, würde ich diese Seite wohl erst einmal nicht mehr sehen können. Zumindest bis es endlich soweit wäre. Noch spielte N den Starken, doch ich war mir sicher, sobald es zu dem versprochenen Kuss kommen würde, würden auch seine Knie wieder anfangen zu zittern. Da war ich mir sicher. Vielleicht wollte er es deshalb noch ein wenig in die Länge ziehen.
 

»Jetzt, wo ich mir sicher bin, dass du nicht mehr sauer bist, kann ich die Wohnung ja wieder verlassen « , meinte er und lächelte zufrieden. »Ich bin die ganze Zeit nur hiergeblieben, weil ich sowieso nur an dich denken konnte, Touya. Aber jetzt, wo ich weiß, dass du mir ausgeliefert bist, kann ich ja auch wieder nach draußen gehen, ohne mir Sorgen machen zu müssen.« »Was? Du lässt mich jetzt einfach hier sitzen?« Dieser Typ machte mich dermaßen fertig. Mit jedem Tag wurde sein Verhalten merkwürdiger und es verwirrte mich, nicht verstehen zu können, aus welchen Beweggründen er handelte. Wäre nicht jeder andere nach einem so langen Streit glücklich gewesen ein wenig Zeit mit dem Liebsten verbringen zu dürfen? Aber N hatte mal wieder nur Pokémon im Kopf. »Heute Abend bin ich zurück«, meinte er und war drauf und dran, aufzustehen und abzuhauen. Das sollte wohl eine Verabschiedung sein und er wollte mich einfach so sitzen lassen. Als Rache dafür, dass ich ihn ignoriert hatte? Dieser Typ war doch nicht ganz so harmlos, wie ich gerade noch gedacht hatte. Und ich wurde einfach nicht schlau darauf. Aber diese Spielchen würde er mit mir nicht mehr spielen können. Jetzt war ich an der Reihe.
 

In dem Augenblick, in dem er von der Couch aufstand und sich zufrieden umdrehen wollte, sprang ich ebenfalls auf und drückte ihn mit den Händen auf seinen Schultern wieder zurück nach unten. Er erschrak, als er merkte, dass die Sache für mich noch nicht zu Ende war und er sich nicht einfach so aus dem Staub machen konnte. Mit ein wenig Gewalteinfluss brachte ich ihn dazu, sich wieder hinzusetzen und das zu Ende zu bringen, was er angefangen hatte. »Ich habe doch gesagt, ich werde dir dabei behilflich sein« , meinte ich und genoss es ein wenig, dass ich nun wieder die Oberhand hatte. Nach den furchtbaren letzten zwei Wochen hatte ich mir ein wenig Aufmunterung verdient und er kam mir da gerade recht. »Also warum wollen wir es dann nicht gleich durchziehen?«, fragte ich. »Du kannst also auch ziemlich frech sein«, murmelte N und verdrehte die Augen. »Ich.... Ich habe dir bereits gesagt, dass ich mich anders entschieden habe, Touya. Also nimm deine Hände weg, damit ich aufstehen kann.« N schien zu glauben, dass er so leicht davonkommen würde. Aber so einfach ging das nicht. Ich merkte, dass ich selbst ein wenig aggressiv wurde. Ob das mit den letzten zwei Wochen zusammenhing? Irgendwie hatte ich wohl doch ganz schön viel in mir angestaut. Aber N sah mich noch immer unbeeindruckt an und verlangte noch immer, dass ich ihn loslassen sollte. »Du hast mir einen Kuss versprochen, deshalb fordere ich ihn nun auch ein. Du wolltest doch eine letzte Chance, oder bringe ich da gerade was durcheinander?«, meinte ich und war gespannt darauf, was er jetzt machen würde. Würde er sich dagegen wehren oder würde er wieder in Panik geraten?
 

»Das stimmt, aber... Ich...« Angestrengt suchte N nach einer Ausrede. Aber auch ihm war klar, dass ich irgendwie Recht hatte. Er hatte es mir immerhin wirklich versprochen. Auch wenn ich es nicht so ernst sah und in dem Fall, sollte ich diesen Kuss nun nicht bekommen, nicht böse auf ihm wäre, da ich ihm bereits längst verziehen hatte, wollte ich wissen, was er nun machen würde. Würde er es durchziehen oder sich rausreden? »Du hast ja Recht«, gab er zu. »Irgendwie habe ich es ja versprochen, also hast du in gewissermaßen deinen... « Beschämt sah er zur Seite. »Du hast deinen Anspruch, Touya...« »Du weißt, dass ich gerade nur ein wenig Spaß machen und dich nicht zwingen kann?«, meinte ich, als mir auffiel, dass ich ein wenig zu weit gegangen war. So traurig hatte ich ihn nicht machen wollen. »Nein«, schrie er fast. »Ich mache dieses Mal keinen Rückzieher. Ich werde dir zeigen, dass ich das auch kann. Ich bin ein Mensch und ich habe keine Angst mehr vor sowas.« »Sowas?«, fragte ich und er nickte. »Ja, ich spreche von dem, was du vor einiger Zeit mit mir machen wolltest. Als wir zusammen im Bett waren und du mich angefasst hast«, erklärte er und sah mich wieder mit einem selbstbewussteren Blick an. »Ich habe viel darüber nachgedacht, was du in mir ausgelöst hast, als du mich berührt hast. Das war alles so neu für mich und weil ich nicht wusste, was passieren würde, hatte ich furchtbare Angst davor. Aber jetzt, wo ich weiß, dass du mir niemals wehtun würdest, habe ich keinen Grund mehr, mich davor zu fürchten.«
 

»Ist das wahr, N? Willst du es nochmal versuchen?«, fragte ich und er nickte. »Ich habe dir doch bereits gesagt, dass ich dir gerne gestatte, dass du mich trainieren darfst«, antwortete N rasch. Er spielte nervös an seiner Halskette. »Also, falls du noch immer willst.« »Natürlich will ich das!« Mit so viel Offenheit hatte ich nicht gerechnet. »Aber wenn du nicht mal einen Kuss überstehst, wie willst du dann das schaffen?«, fragte ich, um ihn ein wenig zu necken. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass er ein wenig zu schmollen begann. »Ich habe dir gerade so ein tolles Angebot gemacht«, meinte er. »Und du denkst immer noch an den Kuss? Wenn dir das so wichtig ist, mach ich es eben!« Ich konnte genau spüren, dass er es eigentlich auch wollte. Als er die Worte ausgesprochen hatte zuckte sein Mundwinkel ein wenig, als würde er ein Grinsen verkneifen wollen. Dass er den Unsicheren spielte und nicht zugeben wollte, was er eigentlich dachte, war inzwischen mehr als deutlich. Auch wenn er sich fürchtete und Berührungen neu waren, war er eben doch ein wenig neugierig und schien inzwischen begriffen zu haben, was Liebe wirklich bedeutete. Es würde Spaß machen, ihm noch mehr neue Sachen beizubringen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  akakodokuro
2014-01-22T10:24:41+00:00 22.01.2014 11:24
Sweet *quitsch*


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