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BlueberryCastle

Weil ihr anders seit
von

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Kapitel 6

Den Rest des Tages hatte Alice damit zugebracht mit den Zwillingen zu spielen und nachzudenken. Wobei spielen bei den beiden bedeutete, kleine Tiere zu quälen, die Alice ständig versuchte zu retten und dabei selber ins Visier der Dämonenbrut geriet, Fallen aufzustellen, deren Verstecke sie sich zu merken versuchte um nicht versehentlich hinein zu tappen und gefährliche sowie akrobatische Meisterleistungen zu vollbringen, wie im Handstand das Treppengeländer runter zu rutschen. Eigentlich war es für Alice mehr ein lebensbedrohliches Babysitten, nach dem sie unglaublich müde war und einfach nur ins Bett wollte.

Es gab aber jemanden, mit dem sie sich unbedingt noch unterhalten musste. Victor würde gleich aufstehen und dann, so hatte sie vor, würde sie ihn in die Mangel nehmen. Er war der Auslöser für das alles hier. Er hatte sie hergebracht, dabei aber so einige Details vergessen zu erwähnen.

Sie stand um 21 Uhr als es bereits dunkel wurde vor seiner Tür und wartete. Es dauerte auch nicht lange bis jemand kam. Allerdings nicht aus Victors Zimmer. Alice kannte ihn noch nicht, war sich aber dennoch sicher, dass sie es hier mit Vincent zu tun hatte, Victors Bruder.

Warum hatten die eigentlich so verdammt ähnliche Namen? Hätte sie die beiden nicht nacheinander kennengelernt, hätte sie sich die Namen auf keinen Fall gemerkt und sie ständig verwechselt.

Vincent sah seinem Bruder ähnlich, wirkte aber älter, etwa Dreißig. Gut sah auch er aus, was keinen mehr überraschen sollte. Er machte einen sehr wichtigen Gesichtsausdruck, ordnete gerade sein honigblondes Haar, das wahrscheinlich so lang war wie Victors. Aber er hatte es zurückgegelt weshalb Alice den Drang verspürte einmal kräftig hindurch zu wuscheln damit er nicht so schrecklich brav aussah. So erinnerte er sie an Draco Malfoy aus Harry Potter im ersten Teil, nur in größer natürlich. Außerdem trug er eine modische Nerdbrille in der Hand, was darauf schließen ließ, dass es sich um eine Lesebrille handelte. Er trug einen schwarzen Anzug und sah so schick darin aus, dass er wohl auf dem Weg zu einer Gala oder ähnlichem sein musste.

„Guten Abend“, sprach der Vampir seine neue Mitbewohnerin an und nickte ihr zu.

„Hallo“, antwortete diese, „ich bin Alice, freut mich dich kennen zu lernen.“ Er erweckte den Eindruck als sollte man mehr als höflich zu ihm sein. Und sie hatte das Gefühl er war eine wichtige Persönlichkeit. Wie Premierminister oder so.

Er stellte sich ihr nicht näher vor, was Alice nicht wunderte, denn entweder ging er davon aus, dass sie von ihm gehört hatte oder er hielt sich einfach für höher gestellt, was wohl stimmte, Alice aber dennoch ein wenig wütend machte.

„Du wartest auf Victor, nicht war?“ Allerdings wartete er nicht auf eine Antwort. „Er ist heute am frühen Abend bereits aufgebrochen. Heute hat er keinen Dienst im Krankenhaus, aber einen Dienst hat er dennoch.“

„Du meinst den Dienst, bei dem ich ihm begegnet bin? Den gefährlichen?“

Der Vampir nickte und ging bereits weiter. Offensichtlich hatte er sich nicht auf ein längeres Gespräch eingestellt. Alice aber wollte ihn noch nicht davonlassen.

„Warte mal“, sie lief ihm ein Stück hinterher, denn er war nicht stehen geblieben, „Ich wollte mich auch bei dir dafür bedanken, dass ich hier wohnen kann.“ Er brummte nur etwas Unverständliches. „Und ich wollte Victor etwas fragen, aber da er nun nicht hier ist frag ich einfach dich.“

Noch immer ging er weiter, wohl in der Annahme sie würde irgendwann aufgeben. Sicher hätte er sein Tempo als Vampir extrem beschleunigen können und sie mit spielender Leichtigkeit aufgehängt. Das machte Alice nachdenklich und gab ihr den Ansporn weiter zu reden. „Kannst du dir denken warum dein Bruder mich hierher gebracht hat? Ich meine... Es muss mehr dahinter stecken als einfach nur Schutz für mich und Blut für ihn.“

„Mein Bruder ist ein hoffnungslos weichherziger Idiot, der sich garantiert nicht mehr dabei gedacht hat!“ Sein Ton klang ziemlich harsch und ließ sie kurz stehenbleiben. Sie musste rennen um ihn erneut einzuholen. Niemand hatte bisher in solch harten Worten über ihren Retter geredet, nicht mal Killian. Jeder hier verdankte ihm einiges, aber das galt wohl nicht für seinen Bruder.

„Und ich sage dir: Er hat. Ich bin davon überzeugt.“ Alice ließ nicht so schnell locker.

„Du nimmst dich ein wenig zu wichtig, Mädchen. Deine Rolle hier ist die eines Blutvorrats und der Köchin. Du verlässt dieses Haus nicht und du stellst gefälligst nicht so viele Fragen.“ Der Vampir knurrte richtig mittlerweile.

„Noch ein Fan, na toll...“, seufzte Alice und dachte dabei an das italienische Supermodel, welches heute morgen so liebreizend zu ihr gewesen war. „Wie auch immer. Viel Erfolg bei was auch immer du heute Abend vorhast. Ich hoffe du bist nicht überall so unfreundlich, obwohl du wahrscheinlich einen Ball besuchst bei dem am Ende alle durch deine Hand sterben und dessen Blutbad morgen in allen Zeitungen steht. Der einzige Überlebende wird sich nur noch an eine unglaublich schreckliche Frisur erinnern können und du verschwindest im Wald um hierher zurück zu kommen und weiter gemein zu mir zu sein-“

„Von was faselst du da? Mach das du ins Bett kommst, Mensch.“

„Ach so, jetzt bin ich also kein Mädchen sondern nur noch ein Mensch! Na schönen Dank!“, rief Alice aus dem Fenster, aus dem Vincent gerade verschwunden war. Sie hatte den Eindruck er hatte die Tür benutzten wollen und war vor ihr geflüchtet. Sehr schön. Sie hatte seine Unfreundlichkeit als Herausforderung gesehen noch viel unfreundlicher zu sein. Auch, weil sie wegen Killian noch immer angefressen war. Zufrieden blickte sie in die Nacht hinaus. Bis ein Käuzchen schrie.

Durch den Schrei erschrocken, verschloss sie das Fenster hastig, zog die schweren Vorhänge davor und beeilte sich in ihr Zimmer zu kommen. Hier wurde man zwangsläufig paranoid.
 

Doch sie kam nicht weit. Gerade wollte sie an einer Ecke des Geländers abbiegen, da ging die große Eingangstür auf und jemand taumelte herein. Da sie erstmal davon ausging, dass es sich sowohl um Freund als auch um Feind handeln konnte, versteckte Alice sich wenig geschickt hinter einer Säule, die gerade mal zwei Drittel von ihr versteckte. Aber besser als nichts.

Wenig mutig spähte das Mädchen so nach unten, bereit jeden Moment zu flüchten. Was dort unten das Haus betreten hatte, sah tatsächlich gefährlich aus, aber das konnte auch an dem vielen Blut liegen, mit dem es besudelt war. Es war Victor.

Schön und gut, sie hatte genau ihn gesucht, aber nun war Alice sich nicht mehr so sicher ob er überhaupt ansprechbar war. Ihr Vermieter sah schlimmer aus als in der Nacht, in der er sie aufgelesen hatte. Wieder war seine Kleidung zerrissen, wieder war sie blutdurchtränkt und schmutzig. Nur konnte er sich diesmal kaum auf den Beinen halten, ließ sich auf die unterste Treppenstufe sinken und lehnte so mit dem Gesicht am Geländer, dass Alice sich sicher war, er würde schnell dessen ins Holz geschabte Muster auf der Wange haben.

Gerade als sie überlegte wen sie zu Hilfe holen konnte, denn offensichtlich benötigte Victor diese dringend, grub sich der Gedanke in ihrem Bewusstsein nach oben, dass sie genau deswegen hier war.

Sie hatten einen Pakt, sie und Victor, der Alice verpflichtete ihr Blut zu geben, wenn es ihm schlecht ging. Und gerade war es schwer zu übersehen, dass es ihm schlecht ging...

Sich mitleidig beseufzend, machte sie sich also auf den Weg zu ihm. Wenigstens konnte er ihr so nicht einfach weglaufen, wenn sie ihre Fragen stellte. Allerdings schien es gut möglich, dass der Gute ohnmächtig wurde, denn nun drohte er auch noch nach vorne auf die Marmorfliesen zu kippen. „Victor! Haltung!“, rief Alice und beschleunigte ihre Schritte. „Ich bin schon unterwegs...“

Bei ihm angekommen, hockte sie sich vor den mitleiderregenden Anblick eines Vampirs und schnippte ihm gegen die Stirn. Sein Mundwinkel zuckte leicht, was auch schon alles an Reaktion war. „Es ist ein Wunder, dass du es nach Hause geschafft hast. Hey! Mach die Augen auf! Ich weiß was ich dir schulde, aber dafür musst du zumindest halbwegs wach sein... Oder?“ Konnte ja sein, dass Vampire so was instinktiv konnten. Wäre ein lustiger, wenn auch beängstigender Gedanke so ein Vampirgebiss, dass von selbst losschnappte ohne das der Eigentümer darüber Kontrolle besaß.

Aber das war nicht der Fall. Ohne etwas zu erwidern und ohne jede Vorwarnung, zog Victor sie zu sich und biss zu. Vor Schreck vergaß Alice sogar aufzuschreien, weil es doch ziemlich schmerzte. Ihr Hoffnung bestand darin, dass er sich soweit im Griff hatte sie los zu lassen bevor sie zu viel Blut verlor.
 

Während Victor ihr Blut trank und während sich vor Alice' Wahrnehmung ein Nebel zu bilden schien, dachte sie mit leichtem Unwohlsein daran, WIE schlecht es ihm gehen musste, da er weder zu ihr gesprochen noch irgendeine richtige Reaktion gezeigt hatte, mal von dem Biss abgesehen. Was zum Teufel machte er denn da draußen, dass er alle paar Tage dermaßen zugerichtet war? Und warum? Wenn sie das herausbekam, würde sie dann auch wissen warum er sie hier untergebracht hatte?

Als auch ihre Gedanken träger wurden, beendete Victor sein blutiges Mahl, jedoch ohne sie los zu lassen. Er lehnte seinen Kopf an ihre Schulter.

„...Victor?“, piepte Alice.

„...Danke“, antwortete er ihr mit brüchiger Stimme und wollte aufstehen. Rechtzeitig fiel ihr wieder ein weswegen sie ihn gesucht hatte und hielt ihn fest, sodass er sie verwundert ansah. „Wir müssen ein Pflaster auf deine Wunde kleben damit sie aufhört zu bluten“, drängte er.

„Ich muss mit dir reden, ich hab Fragen und ich lasse dich nicht in Frieden ehe du sie mir beantwortet hast!“

Er sah perplex aus, nickte dann aber. „Dann komm mit in mein Zimmer, da habe ich einen Erste-Hilfe-Kasten und wir sind ungestört. Darf ich vielleicht vorher duschen?“

Sie war erleichtert, dass er wieder recht munter war und obwohl sie ihn nicht gerne aus den Augen ließ, weil sie befürchtete irgendwas könnte ihn davon abhalten mit ihr zu reden, stimmte sie zu. Er hatte auch etwas an sich, das er wirkte wie jemand zu dem man lieb sein wollte. Am Ende konnte auch er Gefühle beeinflussen wie Coraline, die nun wieder in ihrem See darauf wartete, dass es wieder regnete. Aber vielleicht lag es auch an dem Blutmangel.

Alice beschlich das Gefühl, dass sie ihm vertraute.

Und das war ungewöhnlich, denn normalerweise hatte sie allen, die sie nicht hasste, ein gesundes Misstrauen gegenüber. Verflucht.



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