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Behind the Scenes

von

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The Curtain falls

So stark hatte ihr Herz lange nicht geschlagen. Sie war so überglücklich, so erleichtert und so traurig obendrein. Der Gedanke, dass sie wohl nie wieder auf dieser Bühne stehen würde war so surreal und doch wusste sie, dass es wahr war. Den Strauß weißer Blumen in der Hand schritt Asako von der Bühne, zitterte noch immer am ganzen Körper und sie spürte, wie ihr die Tränen in den Augenwinkeln hingen. Dennoch lag ein Lächeln auf ihren Lippen. Ihre Mitschauspielerinnen drängten sich um sie, beglückwünschte sie und sprachen ihre Gefühle aus.

„Asako!“, rief Kiriyan, drückte sich durch die Schar an Frauen. Asako wandt sich von ihrer Gesprächspartnerin ab, zu ihrer Freundin, die schluchzend vor ihr stehen blieb.

„Hey Kiriyan. Wenn hier jemand Grund zum weinen hat, dann bin ich das ja wohl. Siehst du mich weinen?“

Kiriyan lachte leicht, rieb sich mit dem Ärmel über die Augen ohne dabei wirklich auf das noch immer vorhandene Make-Up zu kümmern.

„Nein. Ich kann es trotzdem kaum fassen, dass du gehst.“

„Ich bin doch nicht einfach weg. Wir sehen uns doch trotzdem noch.“

Kiriyan biss sich auf die Unterlippe, warf sich ihr an den Hals und drückte sich an sie. Der Top Star, mehr ehemaliger Top Star, drückte ihre Freundin noch etwas fester, hörte sie an ihrer Schulter schluchzen. Kiriyan war immer so furchtbar emotional, wenn es um Abschiede ging.

„Du wirst mir trotzdem fehlen“, kam es stockend von ihr und vorsichtig schob sie die andere von sich, sah ihr in die Augen.

„Ihr mir doch auch.“ Asako warf einen Blick in die Runde. „Ihr alle werdet mir fehlen.“ Sie schluckte den Klos im Hals hinunter und wandt sich einmal gänzlich an die Tsukigumi-Troupe, die sich um sie versammelt hatte. „Ich weis, ich habe es schon einmal gesagt, aber ich danke euch. Ich weis, ich war nicht immer ganz einfach, aber ich danke euch trotzdem, dass ihr hinter mir gestanden habt all die Jahre. Ich danke euch, dass ich mit euch lachen konnte. Und ich entschuldige mich für allen Ärger, den ich vielleicht nicht nur während des Trainings, sondern auch privat bei euch gemacht habe.“ Asako verbeugte sich einmal tief vor den anderen. „Ich hoffe, dass ihr mir verzeiht. Ich hätte mir keine bessere Troupe wünschen können. Vielen Dank.“

Sie erntete Applaus von den jungen Frauen und Masao kam zu ihr.

„Ich denk mal, dass Kiriyan nicht besser wird“, sagte die junge Otokoyaku frech und erntete einen trotzigen Blick vom zukünftigen Top Star. Asako lachte.

„Vielleicht. Wenn sie Ärger macht, dann stell ihr einfach ein Bein. Dann fängt sie sich wieder.“

„Hey!“, wimmerte Kiriyan und zog eine Schmolllippe. Mirio kam zu ihnen und lachte ebenso, legte Asako dann aber die Hand auf den Oberarm.

„Wir passen schon auf Kiri auf. Jetzt sieh aber mal zu, dass du den Abend noch geniest. Immerhin gehört er dir.“

Ihr Abend. Ihr Abschluss mit Takarazuka. Die Zeit in diesem Theater war so schnell vorrüber gezogen, dass sie sich manchmal wunderte, ob sie nicht erst vor ein paar Wochen in Hanagumi eingeteilt worden war. Es war zwar nicht das Ende, aber ein neuer Anfang. Immerhin würde Takarazuka immer ein wichtiger Teil in ihrem Leben bleiben, der größte Teil und ihr Herz würde wohl immer hier bleiben. Sie nickte und sah nochmal zu Kiriyan.

„Ich bin mir sicher, dass du wundervoll bist, Kiriyan. Genieß es.“

„Das sagt die richtige. Jetzt raus mit dir. Sonst gehst du nie.“

Nochmals lächelte Asako glücklich, nickte nochmals Mirio und Masao zu ehe sie erneut den weißen Strauß nahm und sich diesen genauer besah. Sie hatte sich schon oftmals vorgestellt dieser Tradition endlich nach zu kommen, aber dass der Tag gekommen war, war dann doch wieder unglaublich. Nicht nur, dass sie diesen Stauß bekam, sie bekam ihn als Top Star. Gemächlich ging die Otokoyaku durch den Gang richtung Ausgang, verabschiedete sich dabei noch von all den Leuten, die im Gang standen und die sie so lieben gelernt hatte. Ihr Herz pochte bis zum Hals als sie durch die großen Glastüren schritt und die Menschenmasse erblickte, die dort auf sie wartete, gefolgt von Blitzlichtgewitter und Musik. Für einen Augenblick stand sie nur auf der Stelle, sah sich einmal um. Dass so viele Leute nur wegen ihr da waren hatte sie nicht erwartet. Sie trat aus den Türen heraus, sah sich erneut um, lächelte anschliesend glücklich und drängte die Tränen etwas zurück. Sie hob die Hand und winkte den ihr völlig fremden Menschen zu, bekam dafür Applaus und einige von ihnen riefen ihr Glückwünsche zu. Es war ein so unvergesslicher Moment, dass Asako sich sehr zurückhalten musste. Wie lange sie in dem Blitzlichtgewitter stand wusste sie nicht, aber sie kostete jede Sekunde davon vollends aus.
 

Ein paar Meter entfernt stand ein tiefschwarzer Wagen, bereit um die ehemalige Otokoyaku auf zu sammeln und nach Hause zu fahren. Daran gelehnt wartete Saeko, in einen Anzug gehüllt, die Haare hochgesteckt, mit einem Hut und Sonnenbrille, denn erkannt werden wollte sie in diesem Moment im besten Willen nicht. Dieser Abend gehörte ganz allein Asako. Sie wusste wie aufreibend und doch so befriedigend es war dort inmitten der ganzen Menschen zu stehen die einen verehrte und um den Abschied aus Takarazuka trauerten. Sie wusste, dass ihre Freundin diesen Augenblick im Herzen behalten würde, auch, wenn Saeko für den Abend noch so viel mehr geplant hatte. Sie hatte sich entschlossen der Frau ihres Herzens endlich die ganze Wahrheit zu erzählen.

Seit der verregneten Nacht in der Asako endlich wieder zur Besinnung gekommen war, waren einige Monate vergangen. Der Abend selbst war für Asako mehr als nervenaufreibend gewesen, war mehr als einmal in Tränen ausgebrochen als ihre Freunde in Asako's Wohnung auf sie gewartet hatten. Bei Osa hatte sie besonders lange im Arm gelegen, was Saeko merkwürdigerweise nichts mehr ausmachte, anders als vor wenigen Jahren noch wo sie vor Eifersucht fast zerflossen wäre. Sie hatten sich die ganze Nacht ausgesprochen, Asako hatte zugehört und sie hatten sich Asakos Seite der Geschichte angehört. Das schlechte Gewissen nagte noch immer an der ehemaligen Tsukigumi-Darstellerin, denn sie machte sich Vorwürfe nicht früher eingegriffen zu haben, doch sie hatte versprochen, das alles hinter sich zu lassen. Asako war inzwischen zu ihr gezogen, denn sie hatte es in ihrer alten Wohnung nicht mehr ausgehalten und hatte fast ihr komplettes Inventar entsorgt. Nur der Sessel, den sie schon so lange hatte, stand, etwas aus der Reihe fallend, im Wohnzimmer und war regelmäßig in Benutzung. Auch zwischen ihnen hatte es sich inzwischen eingerenkt. Sie schliefen in einem Bett und auch wenn sie sich meist nur ein paar Stunden gesehen hatten wenn Asako vom Training nach Hause gekommen war, reichte es völlig. Es war keine Eifersucht mehr nötig, keine Bedenken über die Gefühle des jeweils anderen.
 

Nachdem Asako an ihrem Fanclub vorbeigegangen war, der fein säuberlich aufgereiht vor der Menschenmasse hockte und sie verabschiedete, ebenso an den ganzen anderen Menschen, die sie bewundernd angesehen hatte, und an der Gruppe Takarazuka-Darstellerinnen, unter denen sie auch ihre Freunde entdeckte, warf sie nochmals einen Blick in Richtung des Takarazuka-Gebäudes. Sie spürte, dass es Zeit war das ganze ab zu schließen und sie hätte sich kein schöneres Ende ihrer Ära wünschen können. Ihr Blick fiel die Straße hinunter zu dem Wagen, der schon für sie bereit stand und sie musste abermals lächeln. Trotz der vermumten Gestalt erkannte sie die Dame ihres Herzens genau. Der Abend fing also erst an. Gemächlich ging sie zu der Frau, die ihr lächelnd die Tür zu dem Wagen öffnete und Asako drehte sich nochmals um, winkte den Menschen, die die ganze Zeit mit ihr durchgehalten hatten ehe sie schlussendlich auf den Beifahrersitz stieg und die Tür geschlossen wurde. Noch immer sah sie durch die Scheibe das Blitzlichtgewitter und sie sah sich das Szenario an bis sich der Wagen in Bewegung setzte und sie das Theater hinter sich liesen. Erst dann nahm Saeko den Hut und die Sonnenbrille ab,

„Und?“, fragte die andere als sie an einer Ampel zum stehen kamen. „Wie fühlt es sich an?“

„Unglaublich. Unwirklich.“

Asako sah nur, wie Saeko am Steuer grinste und sich etwas mehr in ihrem Sitz zurücklehnte.
 

Zuhause angekommen hängte Asako den Strauß Blumen, immerhin waren es Kunstblumen, wenn auch sehr fein verarbeitete, zu Saeko's Strauß, den sie vor Jahren erhalten hatte und betrachtete sich beide. Sie hatte auch eine der Federn von ihrem Federrad zu der des ehemaligen Tsukigumi-Stars gehängt, ganz wie es Brauch war. Danach ging Asako zurück ins Wohnzimmer, wo Saeko schon mit einem Glas Sekt in der Hand auf sie wartete. Sie grinste schief.

„Ich dachte es gibt keinen Alkohol im Haus?“, fragte Asako frech, nahm eines der Gläser dennoch in der Hand.

„Zur Feier des Tages. Wir wollen uns ja nicht betrinken. Es passiert immerhin nicht jeden Tag, dass eine Takarazuka-Geschichte zuende geht.“

Asako trat an die andere heran, nahm deren freie Hand und drückte sie vorsichtig.

„Unsere fängt aber erst an. Auch wenn Takarazuka immer ein Teil von uns sein wird.“ Als Saeko etwas bedrückt zu Boden sah stockte Asako jedoch. „Was? Was ist los?“

„Du kennst meine Geschichte nicht.“

„Hm?“

Saeko sah auf, stellte das Glas beiseite und sah ihr in die Augen.

„Ich kenne deine Geschichte bei Takarazuka. Ich habe dir aber nie meine erzählt, aber ich würde es gerne nacholen. Das heißt... wenn du gewillt bist mir zu zu hören.“

Die jüngere nickte leicht und setzte sich zu Saeko auf die Couch, stellte ihr Glas beiseite ehe sie die Beine hochlegte und sich an ihre Freundin lehnte. Die ältere legte den Arm um sie, schwieg aber für einige Sekunden.

„Du musst das nicht machen, wenn du nicht willst“, sagte die Jüngere und schmiegte den Kopf an Saeko's Schulter.

„Ich will es ja. Es ist nur so schwer an zu fangen.“

„Erzähl mir doch einfach, wie du nach Takarazuka gekommen bist.“

„Gut. Aber Asako? Unterbrich mich bitte nicht.“

Asako nickte nur etwas, nahm die Hand der anderen und strich zärtlich mit den Fingerspitzen über die zarte Haut.
 

„Ich bin nach Takarazuka gekommen durch eine Empfehlung meines alten Lehrers. Er sagte, dass ich ein ausserordendliches Talent hätte und dass ich es weit bringen könnte. Ich hatte schon vorher von Takarazuka gehört, aber so wirklich in Betracht gezogen hatte ich es nie. Dennoch hielt man mir immer mein Talent vor und irgendwann habe ich angefangen daran zu glauben, dass ich es mit Leichtigkeit zum Top Star bringen konnte. Die Takarazuka-Schule fiel mir vergleichsweise schwer, aber dennoch hatte ich es irgendwann zu meinem Abschluss und in eine der Troupes geschafft, Tsukigumi. Zu meinem Eintritt dort hatte ich mir diese Taschenuhr gekauft. Ich fand sie wunderschön und sie stand damals für die ganzen Träume, die ich hatte. In Tsukigumi hatte ich einige Jahre nur sehr kleine Rollen gespielt, was mich damals sehr frustriert hat. Ich dachte mir, wenn ich wirklich so talentiert bin, wieso schaffe ich es nicht wie so viele andere zumindest in den Shinji Kouen Produktionen eine einigermaßen große Rolle zu bekommen? Damals war ich noch ziemlich naiv, denn keiner der neuen Schauspieler erhielt sofort eine große Rolle. Nach drei Jahren habe ich Natsuki kennen gelernt. Damals hatten wir nie wirklich viel miteinander zu tun und auch als ich die nach Hoshigumi gewechselt hatte waren wir nicht mehr als Bekannte. In Hoshigumi habe ich auch das erste Mal eine Hauptrolle bekommen, wenn auch nur im Shinko-Cast, aber ich fühlte mich so wundervoll dabei. Die ganze Aufmerksamkeit hatte mir das Adrenalin in die Adern geschossen und ich wollte mehr davon. Ich hatte Natsuki wieder getroffen. Sie war bei meinem Auftritt gewesen und fand mich wundervoll. Ich war damals sehr geschmeichelt und wir fingen an uns öfter zu treffen. Es ging eine ganze Weile und es lief sogar immer besser. Ich war beliebt, hatte immer größere Rollen und hatte sogar Fans. Irgendwann fand ich heraus, dass Natsuki hinter meinem Rücken die Fäden zog und ich wollte mich von ihr lossagen. Damals hab ich sehr schmerzhaft zu spüren bekommen, dass Natsuki geradezu besessen von mir war und mich auf keinen Fall loslassen wollte. Wenn ich wirklich Top Star werden wollte, dann hatte ich gefälligst bei ihr zu bleiben. Zuerst spielte ich mit, fing aber an mein eigenes Netz zu spinnen. In der Zeit habe ich auch Gaichi kennen gelernt. Sie war damals für mich nicht mehr als ein Laufbursche und ein Spielzeug, aber immerhin war sie da. Sie war eine Ablenkung für den Terror, den Natsuki auf mich ausgeübt hatte, genau wie viele andere auch. Irgendwann hatte Natsuki davon Wind bekommen und hat mich zur Rede gestellt. Ich habe ihr gesagt, dass ich keine Lust mehr auf sie habe und dass ich es ganz alleine zum Top Star bringen würde. Die Rechnung bekam ich postwendend einige Monate später. Ich wurde in die Senka-Troupe versetzt. Ich wusste genau, dass es Natsuki's Schuld war ud da war es mit meinem Traum vom Top Star vorbei. Natsuki hatte es geschafft mir sämtliche Kontakte zu unterbinden und auch Gaichi, die mit mir nach Senka versetzt worden ist, hatte mich sitzen gelassen, da sie es für meine Schuld hielt, dass sie in Senka sein musste. In dem Moment hatte ich gemerkt, dass ich alles verloren hatte, was mir etwas bedeutete und selbst Hiromi lies mich hängen nachdem ich sie angeschrien hatte. Ich weis nicht wie lange ich in Selbstmitleid versunken bin, aber es war viel zu lange. Trotzdem spielte ich meine Rolle weiter, lächelte auf der Bühne und tat, als ginge es mir gut, obwohl es mir mieserabel ging. Irgendwann erhielt ich die Nachricht, dass ich mit einer der Troupes auf Tour gehen würde, obendrein mit mir in der Hauptrolle als Oscar und als André. Eine Doppelbesetzung also. Ich war damals so überglücklich, dass ich geweint hatte, das heißt, bis ich gesehen hatte, wer mit mir den Lead übernehmen würde.“

„Natsuki“, warf Asako dann doch ein und Saeko nickte etwas, lehnte den Kopf an den ihrer Freundin.

„Natsuki. Merkwürdigerweise behandelte sie mich wie jeden anderen und ich schaffte es irgendwie mit ihr zusammen zu arbeiten obwohl sie mein Leben und meinen Traum zerstört hatte. Kaum waren wir von der Tour zurück stand sie bei mir vor der Tür. 'Hat dir der Ruhm gefallen, der Applaus?' hatte sie mich gefragt und ich wusste, dass ich wahrheitsgemäß antworten musste. Sie hätte sofort gemerkt wenn ich sie anlüge und hätte mir das Leben nur noch weiter zur Hölle gemacht. Und das Gefühl so im Rampenlicht zu stehen und umjubelt zu werden war einfach unvergleichlich gewesen. Sie sagte mir, dass sie mir helfen könnte. Ich könnte immer noch Top Star werden, ich müsste nur tun, was sie wollte. Ich lies mich zu ihrem Liebling degradieren, hörte aufs Wort und wie sie versprochen hatte wurde ich aus Senka wieder nach Tsukigumi transferiert, dort wo ich angefangen hatte. Ich hatte mich gefragt wie Natsuki das gemacht hatte, aber ich weis es bis heute nicht. Dort habe ich Kurara kennen gelernt ebenso wie Yuuhi und Kiriyan. Ich habe mich super mit allen dreien verstanden, ebenso wie mit dem Rest der Troupe, wobei ich schnell gemerkt hatte, dass Kurara es nicht bei Freundschaft belassen wollte. Ich traf mich mit ihr, heimlich, weg von Natsuki's Blicken, auch wenn es zwischen uns nie mehr geworden ist. Nicht mal ein Jahr darauf feierten wir den Abschied meines Top Stars und mein Debut als Tsukigumi-Star. Als Kurara mit mir die Kombi gebildet hatte wurde dann Natsuki doch aufmerksam. Damals hatte ich auch flüchtig mit Gaichi zu tun, doch als Natsuki mich gezwungen hatte Kurara den Laufpass zu geben hatte ich einen Zusammenbruch. Gaichi war damals die einzige gewesen, die mir zugehört hatte. Ich erzählte ihr davon, wie Natsuki mich kontrollierte, dass sie mir den Kontakt zu anderen ausserhalb der Proben gänzlich untersagte, damit auch den Kontakt zu Yuuhi und Kiriyan, die ich in der Zeit sehr lieb gewonnen hatte, und davon, dass ich Kurara das Herz gebrochen hatte, ebenso von den ganzen kleinen Affairen, die ich über die Jahre gehabt hatte. Ich kann mich noch gut erinnern, dass das der wohl erste Moment seit Jahren war, dass ich wieder ehrliche Gefühle gezeigt hatte, denn davor hatte ich mich irgendwie stumpf gefühlt, leer. Gaichi sagte mir, dass ich aufhören sollte, dass ich einfach nicht auf Natsuki hören sollte, doch sie verstand nicht, dass mir damals die Kraft dafür fehlte. Ich hatte keinen Grund sie vor die Tür zu setzen, denn sie hatte mir immerhin alles gegeben, was ich wollte. Ich hatte kein Ziel mehr vor Augen, war nicht mehr als ein Hund an der Leine. Das heißt...“

Saeko stockte, zog den Arm etwas enger um ihre Freundin, schloss die Augen und vergrub die Nase in den Haaren der anderen. Asako stockte etwas in den Armen der Älteren, hob etwas den Kopf und sah die Ältere an.

„...bis du auf den Plan getreten bist.“

„Was hab ich damit zu tun? Ich hab doch nichts getan.“

Saeko lachte.

„Du bist dir dessen nur nicht bewusst. Aber dazu komme ich gleich. Es ging weiter dass ich Natsuki angefleht habe, dass ich mich zumindest mit Gaichi treffen konnte um nicht entgültig den Verstand zu verlieren. Zwar hatte Gaichi sich regelmäßig darüber aufgeregt, dass ich immer noch nach Natsuki's Pfeife tanze, aber sie konnte nichts dagegen tun, auch wenn sie es noch so sehr versuchte. Irgendwann teilte man mir mit, dass es ein paar Änderungen in der Aufstellung geben würde. Wir hätten einen Gast aus Hanagumi, die uns die Saison begleiten würde. Ich dachte mir nichts dabei, aber als es dann hieß, dass sie entgültig nach Tsukigumi wechseln würde, wurde ich doch neugierig. Das warst dann du.“ Lächelnd sah Saeko an die gegenüberliegende Wand. „Ich dachte mir 'Wow. Was für eine Schönheit', aber ich hab mir gleich vor Augen gehalten, dass Natsuki mir einen Seitensprung nicht noch einmal durchgehen lassen würde, sei die Situation noch so verführerisch. Trotzdem habe ich dir oft beim Training zugesehen. Ich hab gemerkt, wie du auf Abstand gegangen bist und dich nicht wirklich wohl gefühlt hast. Ich hab dem Drang wiederstanden mich mit dir zu unterhalten, denn als ich angefangen habe auch ausserhalb des Trainings über dich nach zu denken war es vorbei für mich gewesen. Ich hab Gaichi oft von dir erzählt, die Kleinigkeiten, die mir immerzu aufgefallen sind.“

„Zum Beispiel?“

„Die Art wie du aus dem Fenster gestarrt hast beim Texte lernen. Dass du manchmal mit dem Kopf in den Wolken hängst. Wie du dich über die kleinen Dinge freust, zum Beispiel, wenn du einen Schritt richtig hinbekommst oder ein Lob bekommst. Ich glaube Gaichi hat schon damals mitbekommen, dass ich dir in der Zeit schon hoffnungslos verfallen war, aber obwohl sie mich immer animiert hatte dich zumindest einmal an zu sprechen habe ich mich immer zurückgehalten. Das heißt, bis Natsuki davon Wind bekommen hatte. Wir hatten einen Riesenkrach, es sind diverse Einrichtungsgegenstände geflogen und wir haben uns angeschrieen. Ich sagte ihr, dass ich keine Lust mehr auf ihr Spiel hätte, dass ich es satt hätte ständig zu springen wenn sie rief und dass ich kein Haustier bin, dem man ein Halsband umlegte. Ich wollte einfach nicht mehr. Sie drohte mir mich zu vernichten und ich sagte ihr, dass sie mich mal kann. Keine zwei Tage später hatte ich meinen Rücktritt angekündigt. Dagegen konnte selbst Natsuki nichts machen. Als ich dann erfahren hatte, was mein letztes Stück sein würde, hat irgendetwas in mir Klick gemacht. Ich hatte keine Elisabeth für meinen Abschlussauftritt. Kurara würde eine Saison vorher aussteigen und als Top Star konnte ich entscheiden, welche Musumeyaku ich als Elisabeth haben wollte. Dann aber wollte ich gar keine. Keine der Musumeyaku schien mir passend für die Rolle. Gaichi sagte mir damals, dass ich dich fragen sollte, denn immerhin kann es ausnahmsweise vorkommen, dass ein Otokoyaku die Rolle einer Musumeyaku übernimmt, wenn sich keine passende findet. Aber ich konnte damals nicht. Immerhin hatten wir noch nicht wirklich ein Wort miteinander gewechselt, auch wenn ich schon wusste, dass du meine Nachfolge übernehmen würdest. Dennoch ging es mir nicht aus dem Kopf. Ich dachte mir, dass es vielleicht die einzige Möglichkeit wäre dir zumindest ein Mal nahe zu sein, auch wenn ich nicht davon ausgegangen bist, dass du etwas mit mir emotionalem Krüppel, wie mich Gaichi immer genannt hat, zu tun haben willst. Ich hatte Angst, dass Natsuki verstehen würde, dass ich wegen dir auf sie verzichtet hatte. Immerhin wollte ich nicht, dass sie dir ebenfalls die Karriere versaut und du hattest immerhin noch Osa. Ich wusste, wie sehr du an ihr hängst und ich wollte mich da nicht einmischen. Irgendwann kurz vor deiner ersten Premiere in Tsukigumi konnte ich einfach nicht anders. Ich habe dich gesehen, wie nervös du warst und es war niemand sonst da gewesen. Ich hatte fürchterlich Schiss, aber ich wollte unbedingt zumindest ein Mal mit dir allein sprechen, dich ohne den ganzen Stress, der beim Training immer da war, bewundern und dich besser kennen lernen. Ich weis nicht wie ich es geschafft habe so ruhig zu bleiben als ich dich angesprochen hatte, aber meine Beine waren weich und als ich mich zuhause umgezogen hatte habe ich glaub ich mehr Sachen zu Boden geworfen als jemals zuvor.“ Saeko lachte erneut etwas. „Den Rest der Geschichte kennst du ja. Ich wüsste aber nicht, wie das ganze ausgegangen wäre, wenn du nicht da gewesen wärst.“
 

Geistesabwesend strich Asako über die Finger der anderen, schmiegte sich dabei enger an den warmen Körper. Dann hatte Natsuki sie also erpresst? Oder vielmehr ihr das gegeben, was sie wollte. Sie erkannte parallelen zu dem, was sie erlebt hatte, einige davon zu dem, was sie getan hatte, auch wenn es eine völlig eigenständige Geschichte war. Asako hob den Kopf und sah ihre Freundin eine Zeit lang an, strich ihr dann mit dem Handrücken über die Wange. Der leicht fragende Blick der Älteren lies sie etwas lächeln.

„Das ganze ist jetzt vorbei, okay? Natsuki wird sich nicht nochmal einmischen.“

„Ich weis.“ Saeko nahm sie am Handgelenk, zog sie auf den Schoß, was sich mit der traditionellen Kleidung als nicht ganz so leicht herausstellte. „Nur wir sind jetzt noch wichtig. Und ich gebe dich nicht nochmal her.“

„Musst du auch nicht.“ Asako lächelte und küsste ihre Freundin auf die Schläfe, anschliesend auf die Wange und auf die Lippen. „Ich liebe dich.“

„Ich liebe dich. Schon immer“, flüsterte Saeko leise und lies ihre Finger über den Rücken der anderen gleiten. „Kann ich dich noch um einen Gefallen bitten?“

„Hm?“

„Zieh nochmal diesen schönen Anzug für dich an. Dann hab ich auch eine Überraschung für dich.“

Anzug? Von welchem sprach sie. Asako's Schrank war vollgestopft mit Anzügen, auch wenn sie vor hatte, diese nach und nach zu entsorgen. Sie war keine Otokoyaku mehr, also hatte es auch keine Notwendigkeit mehr nur Männerkleidung zu besitzen. Es sprach nichts mehr gegen ein Kleid oder einen Rock. Dann erinnerte sich Asako aber an einen Anzug, den Saeko immer besonders gern gehabt hatte.

„Den weißen? Warum den?“

Saeko grinste verschmitzt.

„Lass dich überraschen, Engel. Aber du weist, wie gern ich dich in weiß sehe.“

Asako merkte, wie sie etwas rot anlief. Wieso ihr solche Komplimente immer noch so peinlich waren wusste sie nicht, aber Saeko schafft es immer wieder.

„Wenn ich ihn noch wiederfinde. Aber wieso?“

„Sieh es als Abschluss als Otokoyaku. Ich will nochmal mit dir tanzen.“

Die Jüngere grinste nur, stand auf und sah zu der anderen hinunter, nickte nur einmal bevor sie ins Schlafzimmer ging. Fragte sich nur, wo der Anzug hing. Beim Umzug hatte Asako so einiges weg geworfen, kramte im Kleiderschrank herum und schob einige andere Anzüge und Kostüme beiseite. Sie blieb am Mantel vom Tod hängen, holte ihn aus dem Schrank und besah sich den Samt genau. Beinahe zärtlich strich sie über den Kragen und die glitzernden Steine, lächelte schlieslich. Sie brauchte diesen Mantel nicht mehr, die Rolle oder das, was damit zusammenhing.

„Schlaf gut. Und danke“, sagte sie leise und hing den Mantel zurück, zog daraufhin den weißen Anzug heraus, der direkt daneben hing. Sie brauchte etwas um das traditionelle Outfit aus zu ziehen, dass sie zu ihrem Abschluss bekommen hatte, denn es bestand aus mehreren Schichten und war einfach ausgedrückt sauschwer, wesshalb sie auch länger als sonst brauchte um in den Anzug rein zu kommen. Sie fischte nach den weißen Schuhen, die ebenfalls im Schrank standen und zog diese an die Füße bevor sie sich noch zum Abschluss den weißen Hut auf den Kopf setzte. Wieso Saeko so auf dieses Outfit stand wusste sie nicht, aber wenn es die andere glücklich machte, dann würde sie es immer wieder anziehen. Nochmals kontrollierte sie ihren Kragen als hinter ihr die Tür auf ging.

„Ich wollte gerade...“

Asako blieb das Wort im Halse stecken und ihr klappte die Kinnlade hinunter als sie sich umdrehte und Saeko im Türrahmen stehen sah. Die Ältere war nicht untätig gewesen, hatte sich ebenfalls umgezogen. Sie hatte ein leichtes, langes, verführerisch rotes Kleid an, vorne in Falten gelegt, aber tief genug um einen beeindruckenden Blick in ihren Ausschnitt frei zu geben. Die Träger waren dünn, sodass ihr Schlüsselbein und ihre Schultern dadurch nur besser zur Geltung kamen. Durch ihre hochgesteckten Haare stellte sie auch ihren Hals sehr gut zur Show, ihr frisch aufgelegtes Make-Up mit einem ebenso rotem Lippenstift unterstrich ihre ganze Gesichtsform und machte sie nur noch schöner.

„Gefällt es dir?“ Saeko trat ins Schlafzimmer, zog dabei die Schleppe des Kleides nach und drehte sich einmal vor ihr. Hinten war das Kleid ebenfalls in Falten gelegt, aber bis fast zum Ende des unteren Rückens ausgeschnitten, gab somit den so wohlgeformten Rücken preis. „Ich dachte mir für den besonderen Anlass lasse ich mir auch etwas einfallen.“ Asako versuchte etwas zu sagen, bekam aber keinen Ton heraus und sah dabei zu, wie Asako auf sie zugeschritten kam, wobei das Kleid wundervoll mitschwang als sie die Hüfte etwas mehr als sonst bewegte und schlieslich vor ihr stehen blieb. „Sag etwas, mein Engel.“

„Wow“, war alles, was Asako heraus bekam, beäugte die ältere dann nochmals etwas genauer. Sie hatte Saeko noch nie in einem Kleid gesehen, schon gar nicht in so einem. Die Ältere schob ihre Hände auf ihre Schultern, trat noch etwas näher an sie heran, wodurch Asako das sanfte Parfüm auf der Haut der anderen riechen konnte. Es raubte ihr noch mehr den Verstand als sowieso schon.

„Tanz mit mir“, flüsterte Saeko zärtlich in ihr Ohr und eine Gänsehaut stahl sich über den Rücken der Otokoyaku. Vorsichtig fuhr sie mit den Händen über die verhüllte Hüfte der anderen, fühlte ausser dem Hüftknochen nicht wirklich etwas darunter. Asako schmunzelte.

„Das hast du also geplant?“

„Geplant ist gar nichts.“ Saeko strich ihr mit den Fingerspitzen über die Wange. „Sing etwas für mich.“

„Was willst du hören?“

„Etwas schönes.“

Asako musste nachdenken, fing dann an leise eine Melodie zu summen in der sich die beiden wogen ehe sie anfing zu singen.

„Tsurete itte yami no kanata tooku (Führ mich weg von der Dunkelheit)

Jiyuuna tamashii yasurageru basho e (An einen Ort, wo meine Seele in Frieden sein kann)

Futarikiri de oyoide watarou yo (Lass uns beide schwimmen)

Ai to yuu namae no fukai mizuumi o (durch den tiefen See, den man Liebe nennt)

Namida Warai Kanashimi Kurushimi (Tränen, Freude, Sorgen, Schmerz)

Nagai tabiji no hate ni tsukanda (Ich hielt daran fest bis zum Ende meiner langen Reise)

Kesshite owaru toki nado konai (Jetzt kommt die Zeit, die nie mehr Endet)

Anata no ai (Meine Liebe für dich)“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Da-chin96
2012-02-05T09:27:16+00:00 05.02.2012 10:27
Ich habe sie komplett durchgelesen.
Und ich muss sagen WOW. Ich liebe deinen Schreibstil und deine Art, die Gefühle der jeweiligen Personen so gut auszudrücken. Man spürt richtig deine Liebe in diesen Geschichten und wie viel Mühe du dir gibst. Die Charaktere sind tiefgründig und es hat dadurch noch mehr Spaß gemacht deine Geschichte zu lesen.
Ich werde auch alle anderen Lesen.
Von:  Ted
2011-12-10T05:55:01+00:00 10.12.2011 06:55
Hi....

Diese Geschichte ist einfach nur furchtbar… furchtbar genial! ^^

Normalerweise muss ich mich immer zwingen so lange Texte zu lesen, weil meine Konzentrationsfähigkeit des Öfteren sehr zu wünschen übrig lässt und ich dadurch meist schnell die Lust am Lesen verliere, aber bei deiner Geschichte war das komplett anders.. Ich musste mich förmlich dazu zwingen Pausen zu machen, was zu essen/trinken nicht ganz so spät ins Bett zugehen usw. (xD)
Und sowas kommt wirklich sehr, sehr selten bei mir vor, das ich so von einer Geschichte gefesselt bin o.o“

So viel dazu .. aber jetzt komme ich mal zum wesentlichen Teil meines Kommentars ^^

Diese Geschichte hat einfach alles was man sich wünschen kann und beschert einem eine Gefühlsachterbahn vom feinsten, denn man kann sich sehr gut in die Charaktere hineinversetzen und fiebert ständig mit ihnen mit.
Ich finde es toll wie detailliert du die Gestik und Mimik der Charaktere, die Umgebung und auch die vorherrschende Atmosphäre in den einzelnen Szenen/Situationen beschrieben hast, denn umso besser bzw. bildlicher kann man sich das Geschehen vorstellen. Außerdem finde ich es sehr beeindruckend wie du die Wandlung der Charaktere geschrieben/beschrieben hast, wenn nicht sogar faszinierend, vor allem was Asako betrifft. Ich hätte nie geglaubt das man einen Charakter vom lieben, zahmen Lämmchen in ein Monster und wieder zurück verwandeln kann, ohne das es dämlich, stumpfsinnig, lächerlich und total unlogisch rüber kommt, aber da hast du mich positiv überrascht und eines besseren belehrt ^^

Eigentlich würde ich jetzt noch mehr schreiben, aber ich bin einfach so geflasht von der Geschichte, das ich kaum Worte finde um mich ordentlich auszudrücken bzw. zu berichten wie ich deine Geschichte empfunden habe.. zum Anderen muss ich jetzt auch leider off gehen *auf uhr lins* bin spät dran ^^“““
Aber ich sage noch schnell zum Abschluss:

Du hast eine super schöne und brillante Geschichte verfasst, in meinen Augen sogar ein Meisterwerk, und ich hoffe das dein „krankes Gehirn“, wie du es selbst nanntest, noch viele Ideen/Storys ausspucken wird, denn es wäre verdammt schade, wenn du ein solches Talent nicht nutze bzw. verschwenden würdest ^^

LG
Iruya ^^



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