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Glue The Heart

von

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Gründe und Wahrheiten

Soviel also dazu. Finn ist beleidigt und Anna macht sich Vorwürfe, allerdings auch nur so lang, bis sie dann auf den Gedanken kommt, dass ich schuld an der ganzen Misere haben könnte.

»Du hast ihn verscheucht, stimmts? Grade eben sind wir noch prima miteinander ausgekommen. Oder mag er vielleicht kein Sushi?«

Jetzt beginnt sie schon wieder zu grübeln und neue Gründe zu suchen. Ein wirklich süßer Charakterzug von ihr, vermutlich hab ich sie auch genau deswegen so gern. Aber mein Lächeln hält nicht lange an, denn es ist Zeit endlich mal Tacheles mit ihr zu reden. Also tippe ich ihr an die Stirn, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen und mustere sie ernst.

«Ich hoffe du weißt, dass im Grunde wirklich nur du dran schuld bist.»

»Wieso ich denn?!«

«Hast du das nicht bemerkt? Es war dein Geturtel. Finn hat erst eine Trennung hinter sich, kein Wunder, dass er dabei so empfindlich reagiert.»

Ich schnappe mir ein Maki-Röllchen und stopfe es mir in den Mund.

»Ach komm schon, klar ist das schwer für ihn, aber ich glaube, er ist wegen was ganz anderem sauer.«

Bei diesen Worten grinst sie eigentümlich, ehe sie sich selbst am Sushi vergreift.
 

Somit kehrt Stille ein, weil wir beide zu sehr mit Kauen beschäftigt sind. Ich schlucke schwer und spüle den Rest mit einem Schluck Bier runter.

«Und wegen was ist er dann sauer? Kannst du mir das sagen?»

»Ach komm, das sieht doch wohl ein Blinder.«

«Was denn?»

Dieser spitzbübische Gesichtsausdruck ist wieder mal typisch für Anna.

»Hast du nicht bemerkt, wie feindselig er mich immer anstarrt, wenn du dabei bist?«

«Na ja, du wirst ihm schon was getan haben. Aber ich weiß, dass du es nicht böse meinst, du warst immer schon so, hast kleine Kinder gequält-»

»Hey! Das stimmt doch gar nicht!«

Ich schaffe es kaum ein Lachen zu unterdrücken. Annas Blick ist jedoch dermaßen furchteinflößend, dass sich mein Verstand noch rechtzeitig einschaltet und mein Lebenserhaltungstrieb meinen Humor in Ketten legt, um ihn zu meinem Leichtsinn zu sperren.

»Er steht auf dich.« sagt sie mit einem immer noch beleidigten Unterton in der Stimme.

Ich starre sie verblüfft an, damit hatte ich nicht gerechnet. Dann schüttle ich lächelnd den Kopf.

«Nein, das tut er nicht.»

»Natürlich tut er das! Merkst du nicht, wie eifersüchtig er ist? Seine Blicke sagen eindeutig „Das ist mein Ian, Finger weg!“. Ein Wunder, dass er mich noch nicht angeknurrt hat, er erinnert mich ja schon ein bisschen an einen streunenden Hund.«

Dann seufzt sie tief und trinkt das Bier aus.
 

»Ich bin sicher, er hat Hunger, willst du ihm nicht was bringen?«

Anna scheint immer noch beleidigt zu sein, aber sie hat eingelenkt, schlussendlich ist sie eben doch zu sanftmütig und versucht einem Streit aus dem Weg zu gehen, auch wenn die Frage einen bissigen Unterton hatte.

«Bist du etwa eifersüchtig?»

Ich kann es einfach nicht lassen, es macht zu viel Spaß, sie aufzuziehen.

»Ich?! … Na ja... ein bisschen vielleicht.« gibt sie zu.

Und mir bleibt nichts anderes übrig, als erstaunt zu blinzeln.

»Ich meine, jetzt hast du Finn ganz für dich. Dabei wollte ich ihn noch ein bisschen auf-«

«Ja ja, schon gut. Hätte ich mir ja denken können.» gebe ich brummig von mir.

Sie grinst mich breit an. Also wieder ganz die alte, stelle ich beruhigt fest.

»Na ich geh dann mal, bevor er mir an die Gurgel springt. Tu bloß nichts, was ich nicht auch tun würde.«

«Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich mich an den Rest heranwagen würde.»

»Sei kein Weichei Ian, hab ich dir denn gar nichts beigebracht?«

«Nichts Brauchbares zumindest.»

Wir grinsen uns an.

Dann verabschieden wir uns und meine Aufgabe liegt wieder darin, mich auf meinem äußerst verstimmten neuen Mitbewohner zuzubewegen. Hoffentlich hat sich seine Laune etwas gebessert.
 

Mit einem Teller Sushi und ner neuen Flasche, mache ich mich also todesmutig auf den Weg zu meinem eigenen Zimmer. Als ich es betrete, liegt Finn zusammengerollt in meinem Bett und hat irgendwas in der Hand, das er sich ziemlich genau ansieht. Damit scheint er so sehr abgelenkt zu sein, dass er mich gar nicht bemerkt hat. Ich unterdrücke ein Seufzen und komme näher. Dann stelle ich den Teller und die Flasche am Nachtkästchen ab und sehe genauer hin, ehe ich knallrot werde.

»Gib das sofort wieder her!«

Im Bruchteil einer Sekunde bin ich über ihm und reiße ihm mein Tagebuch aus der Hand. Dabei ignoriere ich das überraschte Aufkeuchen Finns oder seine halbherzigen Versuche, das Tagebuch mit seinem Körper abzuschirmen und damit zu verstecken. Es nützt aber alles nichts, wir liefern uns nur einen kurzen Kampf, dann gehört es wieder mir.

Trotzdem bin ich ziemlich außer Puste, als ich mir die Seite ansehen kann, die er gerade gelesen hat.

Peinlich, ohne Frage, sehr peinlich sogar. Ich hatte vor ein paar Tagen einen Traum, einen aufregenden, erregenden, meinen Körper in Beschlag nehmenden Traum, der mir immer noch deutlich im Gedächtnis eingebrannt ist, aufgeschrieben.
 

Mit hochrotem Kopf klappe ich das Büchlein wieder zu. Ich schäme mich und ich bin wütend und ich will ihn anschreien, keine Frage, aber die Gedanken in meinem Kopf kreisen. Ich weiß nicht, welchem ich den Vorrang geben soll, also schweige ich noch und versuche sie auszusortieren.

»Weiß Anna, dass du auf Kerle stehst?«

Das Pochen in meinen Ohren nimmt zu, meine Hände verkrampfen sich zu Fäusten.

«Du... »

Ein einziges wütendes Wort. Ich kann es immer noch nicht richtig ausformulieren, aber meine Tonlage entspricht schon ziemlich dem, was ich ihm an den Kopf werfen will.

»Also eher nicht.«

Finns Stimme klingt gelassen.

«Das war nur ein Traum.» stelle ich klar und zwinge mich tief durchzuatmen.

Meine Wut bringt momentan nichts, er ist viel zu ruhig und ich kann im Augenblick nur verlieren. Obwohl ich schon Lust hätte, ihn anzubrüllen.
 

Ich sehe ihn fest an.

«Ist das ein Hobby von dir? Die Tagebücher anderer Leute zu lesen?»

»Nur die schlecht versteckten.«

Was soll diese freche Antwort? Was habe ich ihm eigentlich getan, dass er mich jetzt so anzickt?

»Dieser Typ, Daniel, wie lange bist du schon in ihn verknallt? Oder sollte ich dich fragen, wie lange du schon weißt, dass ich sein Halbbruder bin, oder ob das der Grund war, weshalb du mich bei dir einquartiert hast?«

Mir ist der Mund aufgeklappt.

«Woher weißt du das alles?» frage ich tonlos.

»Ich hab doch schon gesagt, dass du schlecht im Verstecken bist. Sein Foto lag unter deinem Bett und meine Matratze genau daneben. Was glaubst du also sehe ich als allererstes, wenn ich mich hinlege und den Kopf nach links drehe?«
 

«Finn...»

»Anna ist ein nettes Mädchen, sie hat es nicht verdient, dass du nur mit ihr spielst.«

«Finn...»

»Ich sollte wohl wieder gehen, mich bei meinen Eltern entschuldigen und so.«

Mit diesen Worten stand er auf und begann seine Sachen zusammen zu suchen.

«Das kann doch alles nicht wahr sein!»

Ich stöhne genervt. Dann packe ich Finn am Unterarm und zerre ihn aufs Bett zurück.

«Du bist so stur und ständig ziehst du deine eigenen Schlüsse, ohne dir meine Version der Dinge anzuhören! Du willst doch die Wahrheit hören, oder? Ich wette du hast es nicht geschafft, dir das ganze Tagebuch durchzulesen.»
 

Ich setzte mich stur aufs Bett, lehne mich zurück und blättere die erste Seite auf. Dann räuspere ich mich.

„Mein erster Tag in der neuen Schule war nicht lang, so wie immer und Anna ist auch in meiner Klasse. Wie üblich gibt es Gerüchte über uns. Anna sagt, dass es ihr nichts ausmacht, aber ich weiß, dass es nicht so ist. Später hat sie mir anvertraut, dass sie bereits ein Auge auf einen Typen namens Daniel geworfen hat, der anscheinend mit uns in die gleiche Klasse geht. Sie sagt, sie will sich offiziell jemand angeln, damit sie mal von mir loskommt. Typisch... „

»Warte. Anna war in Daniel verknallt?«

Ich schaue auf und mustere Finn ungnädig.

«Ja, sie ist eben auch nur ein Mädchen. »

»Dann hast du ihn ihr ausgespannt?«

«Nicht direkt.»

Finn sitzt mittlerweile etwas entspannter am anderen Bettende und scheint wirklich daran interessiert zu sein, was damals geschehen ist. Erleichtert beobachte ich, wie er mich zunehmend auffordernd ansieht.

»Ja und weiter?«
 

«Na ja. Ich war wohl immer schon ein Mädchenschwarm.»

»Und ganz schön eingebildet.«

Ich grinse.

«Nein, das ist die Realität. Ich kann selbst nichts dafür und mir wäre es eigentlich lieber, wenn sie mich alle einfach nur in Ruhe lassen würden.»

Stelle ich klar, ehe ich mit den Schultern zucke.

«Anna musste die Eifersucht der anderen meistens ausbaden. Sie hatte kaum Freundinnen, deshalb haben wir noch mehr Zeit miteinander verbracht, was das Ganze auch nicht gerade besser gemacht hat. Natürlich wollte ich ihr helfen, wo auch immer ich konnte und deshalb hab ich dann auch irgendwann ein Treffen mit ihr und Daniel arrangiert.

Die ganze Sache ging ziemlich in die Hose. Daniel hat ihr nämlich anvertraut, dass er eigentlich was von mir wollte und kein bisschen an ihr interessiert war.»

Ich mache eine Pause, um zu seufzen.

«Sie hat wochenlang kein Wort mehr mit mir gewechselt und ich wusste nicht mal warum. Bis sie irgendwann auf mich zugekommen ist und verkündet hat, dass sie über ihn hinweg ist und ich nun an der Reihe wäre. Kurzum, sie hat uns verkuppelt.»
 

Finn ist der Mund aufgeklappt, ein Anblick für Götter, dieser ungläubige und völlig verdatterte Gesichtsausdruck.

»S.sie hat was?«

«Ja, schwer zu glauben, oder? Aber so ist sie nun mal.»

»Und jetzt bist du mit ihr zusammen?«

Finns Stimme war ein Flüstern, ein Zeichen davon, wie gebannt er mir gelauscht hat.

Ich lächle und schüttle den Kopf.

«Sie sagte, wenn es schon alle glauben, könnten wir es auch offiziell machen. Sie meint, dass sie damit keine Ausflüchte mehr braucht, wenn sie mich sehen will und ich meine Neigungen leichter verstecken kann.»

Ein bisschen schäme ich mich, als ich Finn davon erzähle, nicht mal ihm habe ich es gesagt. Genaugenommen, habe ich ihm fast gar nichts erzählt.

«Ich hatte nicht vor, dir etwas vorzuspielen, das war Annas Idee.» beteure ich ihm.

Annas Worte klingen mir immer noch in den Ohren und ich kann spüren, wie ich dabei rot werde.
 

»Was ist mit Daniel? Was ist passiert? Und woher wusstest du, dass ich sein Halbbruder bin?«

So viele Fragen auf einmal, aber ich schätze er hat auch darauf eine Antwort verdient. Ich überlege einen Moment, ehe ich antworte.

«Daniel war mein erster Freund, meine erste Liebe.»

Es fällt mir schwer, das zu formulieren und dabei sachlich zu bleiben, daher starre ich verlegen aufs Laken.

Wieder atme ich langsam durch, dann sehe ich wieder auf.

«Knapp zwei Jahre lang hat es gehalten, dann begannen seine familiären Probleme.

Angeblich hatte er seinen leiblichen Vater gefunden und ihn heimlich aufgesucht.»
 

»An den Tag kann ich mich auch erinnern.« erklärt Finn bitter.

Ich kann nur ansatzweise erahnen, was sich damals bei ihnen abgespielt haben muss. Daniel ist schließlich gleich alt wie Finn, die ganze Familie stand wohl unter Schock und gleichzeitig wurden Daniels Hoffnungen zerschmettert, ein normales Verhältnis zu seinem Vater aufbauen zu können.

«Von dem Tag an war er völlig anders, demotiviert und mit seinen Gedanken weit weg. Bis er mir irgendwann einfach gesagt hat, dass er zu einer Tante ziehen wird, weil er es hier nicht mehr aushält. Am gleichen Tag hat er mit mir Schluss gemacht und die Koffer gepackt. Am Tag darauf war er verschwunden.»
 

Ich fühle mich etwas unwohl bei den nächsten Worten, deshalb zögere ich, sie auszusprechen.

«Ich.. hab deiner Familie die Schuld dafür gegeben und... euch auch aufgesucht. Allerdings hab ich euch nur... beobachtet. Ich war zu feige hinzugehen und was zu sagen.»

»Oh mein Gott, du bist der Stalker, von dem damals die Rede war.«

Vermutlich bin ich das sogar.

Finn hält sich eine Hand vors Gesicht und ich schäme mich.

Wenn ich nur wüsste, was in diesem Moment in ihm vorgeht, ob er mich verachtet, oder Daniel? Ob er uns die Schuld für seine Probleme gibt? Wäre Daniel damals nicht bei ihm aufgetaucht, wäre sein Leben wohl immer noch unbeschwert, vielleicht hätte er sich auch nie zu seinem Lehrer geflüchtet, um Anerkennung und Zuneigung zu erhalten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  _Haru_
2011-07-05T20:10:54+00:00 05.07.2011 22:10
ääh.. ich war erstmal vll verwirrtz, dass es aus Ians Sicht geschrieben ist xDD
Aber dieses Kapitel erklärt ja einiges O_O
Daniel und Finn sind also Halbbrüder?
Ich frage mich, ob sie sich auch ähnlich sehen und Ian deshalb vllt auch auf Finn stehen könnte >D
freue mich schon auf das nächste~
Von: haki-pata
2011-07-04T18:20:21+00:00 04.07.2011 20:20
Irgendwie wird es nicht unbedingt besser für den armen Kerl.
*seufz*

Und jetzt! Nächstes Kapi! Hopp, hopp.
Von:  sensi-chan
2011-07-04T14:08:22+00:00 04.07.2011 16:08

dieses kapitel is so toll ♥
man erfährt so viel~
hach
und des ganze mal aus ians sicht zu sehn is auch cool :3
man~
i will wissen wies weiter geht
(ian der spanner lol)


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