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A simple Job

von

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Finding my religion

Die Sonne stand im Zenit und brannte gnadenlos. Machte ihrem Wesen als gigantischer Feuerball alle Ehre. Gräser, Hecken sowie Bäume waren der Hitze seit Tagen ausgesetzt. Das Grün wies teils braune teils strohgelbe Flecken auf. Normalerweise waren diese Temperaturen typisch für den Sommer, aber im Mai kam er manchen zu früh. Genauso wie manch andere Dinge, die zu früh gekommen waren.
 

Yvette stand im schwarzen Jeans und T-Shirt vor zwei Särgen im Freien. Die ausgehobenen Gräber waren noch leer. Ihr Blick war genauso leer. Ihre Lippen ausgetrocknet. Der linke Arm hing. Mit der rechten Hand griff sie dessen Ellbogen. Sie wirkte ausdrucksloser als ein Mannequin im Schaufenster. Sie hatte verloren. Alles. Der Tod hatte sich Vater und Mutter geholt. Ein Verkehrsunfall. Lastwagenfahrer mit Herzinfarkt. Plötzlicher Spurwechsel auf der Landstraße. Ehepaar gestorben an der Unfallstelle. Für andere nicht unbedingt etwas Ungewöhnliches. Hört oder liest man immer wieder in den Nachrichten. Es war so banal. Sie kam damit einfach nicht klar. Konnte es nicht begreifen. Sie wollte sich nicht trennen. Es war nicht die passende Zeit. So vieles gab es noch. So viele Träume, die nun der Trauer weichen mussten. Sie wollte weinen, konnte aber nicht mehr. Viele Freunde und Bekannte waren gekommen, aber so etwas wie Trost konnte ohne weiteres nicht in sie hineindringen. Der Pfarrer predigte zwar, aber sie vernahm nicht den Inhalt. Ihre Sinne waren seit Tagen betäubt. Sie sah, hörte, roch, schmeckte, tastete und fühlte nichts. Es klappte nichts mehr. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Es wurde hin und wieder schwarz vor ihren Augen, aber sie schaffte es sich auf den Beinen zu halten.
 

„Papa, ich wünschte ich könnte in deinen Sarg steigen und dich umarmen. Sollen sie uns gemeinsam beerdigen. Was ist ein Leben ohne dich. Es ist alles so sinnlos. Alles ohne Bedeutung. Papa, Mama lasst mich nicht zurück.“
 

Alle waren gegangen. Damit sie alleine sein konnte, hatte sie ihre Freundinnen trotz deren Protest weggeschickt. Langsam kniete sich Yvette nieder und legte ihre Hände in den Schoß. Ihre rotbraunen welligen Haare fielen über ihr Gesicht. Sie blickte in Reihen marmorner Grabsteine. Es schien als stünde alles still und keine Brise war zu spüren. Nur der Gesang der Grillen durchbrach die Stille und verlieh der tristen Umgebung etwas Leben. Leben. Was ist es schon Wert ohne die geliebten Menschen. Sie sind nicht mehr da. Kehren nicht zurück. Sie schloss ihre Augen, um für ihre Eltern zu beten. Doch fand sie nicht die richtigen Worte. Ihre Familie war nicht unbedingt religiös gewesen. Das war nie wirklich ein Thema. Wo sie nun vereinsamt war, entwickelte sich in ihr ein Bedürfnis. Sie wollte die Hoffnung aufrechterhalten, ihren Vater und Mutter irgendwann wieder zu treffen. Vielleicht würde ihr dies Kraft verleihen durchzuhalten. Es war komisch, dass sie nun an ein höheres Wesen zu glauben versuchte über das sie bisher sich keine Gedanken gemacht hatte.
 

Im nächsten Moment spürte sie etwas Feuchtes an ihren Fingern, das sie langsam zurück aus Ihrer Versenkung holte.
 

„Nana!“, stammelte sie überrascht und sah ihr ehemaliges Haustier vor sich.

„Halluziniere ich oder bist du wirklich hier?!“ – Sie hob das inzwischen etwas gewachsene Kätzchen zuerst hoch und liebkoste sie anschließend an sich drückend.

„Oh, du bist noch da! Wir sind verwaist, aber wir haben uns meine Nana.“

Sie merkte nicht, dass sie im Schatten einer Person stand, die einen Papierschirm trug.
 

„Mein Beileid, Mademoiselle Yvette.“ – Sanft und kühl erklang die Stimme des Assassinen.

Langsam sammelte sie sich, stand auf und drehte sich zu ihm um. Sie wusste nicht ob sie sich über die Anwesenheit von Herrn Wolf freuen oder ärgern sollte. „Danke. Ehrlich gesagt, hatte ich mit Ihnen nicht gerechnet.“

„Mit Vielem rechnet man im Leben nicht. Deshalb ist ein Schicksalsschlag umso härter, da man unvorbereitet ist. Ich weiß, dass ich dir in deinem Zustand nicht helfen kann, aber es ist offensichtlich, dass du nun Nana brauchst. Mehr als je zuvor.“

Sie spürte wie sich eine wohlige Wärme langsam in ihr auszubreiten begann. Das noch nicht erwachsene Tier stärkte sie und lud sie innerlich auf. Wer weiß, vielleicht hatte dieses Kätzchen etwas Göttliches an sich.
 

„Sie ist förmlich wie eine Einheit mit Nana. Wirkt wie eine Marienstatue. Melancholisch, mütterlich und heilig. Sie hat wahrlich das Aura ihres Vaters geerbt. In ihr wird ein Teil von ihm weiterleben. Wie lenke ich das Gespräch nun zum eigentlichen Thema hin.“
 

Mit einer einladenden Geste begann der Killer: „Wollen wir nicht etwas spazieren? Ewig wirst du hier nicht Wache halten können." Yvette wandte sich ab vom Grab ihrer Eltern und schluckte leicht: „Ich schätze Sie haben recht, aber ich habe keine Lust auf ein Gespräch. Ehrlich gesagt habe ich immer noch große Probleme Ihnen zu Vertrauen.“ Ihre Offenheit überraschte die junge Frau sogar selbst.
 

Sie liefen an etlichen Gräbern vorbei. Der Friedhof ähnelte einem Park zur Erholung. Frei von Lärm und umgeben von Bäumen und Grünflächen. Der Profi begann bedächtig zu sprechen: „Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich nicht unbedingt freiwillig hier.“ Leicht lächelnd fuhr er ohne eine Antwort abzuwarten fort: „Wenn wir uns auch erst seit Kurzem kannten, fand ich einen guten Freund in deinem Vater. Bei unserem letzten Gespräch bat er mich, vorausschauend wie er war, um ein sehr ungewöhnliches und höchst persönliches Gefallen.“ Nun schwieg er, denn der schwierige Teil seiner Nachricht sollte von nun an beginnen. Gerade als er noch einmal ausholen wollte, unterbrach ihn Yve: „Herr Wolf, darf ich für einige Zeit bei Ihnen bleiben?“
 

Der Killer verharrte einige Sekunden verdutzt und nickte anschließend zustimmend. Am Ende hatte das Thema sich von selbst erledigt. Er betrachtete Yvette verwundert. Seine Instinkte warnten ihn womöglich vor zukünftigen Gefahren. Seine Sinne schlugen wohl auch Alarm, da die Ähnlichkeit des Mädchens mit ihrem alten Herren unheimlicher wirkte, als es ihm genehm war.



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