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Scream in the sphere of destiny

Wage den Schritt hinaus
von

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Losgelöst

Eines Tages, als Kaito mal wieder einfach aus meinem Auto entschwand und es mir somit unmöglich machte, herauszufinden, wo er lebte, hinterließ er einen Briefumschlag auf seinem Sitz.

Darin befand sich einfach ein schlichter Zettel mit der fein, geschwungenen Schrift des Japaners, darauf ein Datum, eine Uhrzeit und die Adresse einer Bar oder eines Clubs, wie ich vermutete.

Darunter hatte Kaito notiert, dass mir meine Belohnung für meine Hilfe bei seinem damaligen Problem ja noch ausstand.

Ich schmunzelte still vor mich hin und trat den Heimweg an.

Stille Aufregung, ein seichtes Kribbeln, hatte sich in meinem Körper ausgebreitet.

Kaito hatte versprochen zu singen.

Würde ich ihn nun endlich wieder hören?

Würde ich wieder dieser Stimme lauschen können, durch die alles begann?

Welche Wirkung würde sie diesmal auf mich haben?

Würde das meine, fast schon, Besessenheit für den Jungen noch steigern?

Bis zu jenem bestimmten Tag tauchte Kaito nicht mehr auf. Ich erwischte mich dabei, dass ich es bedauerte, dass ich es schmerzlich vermisste, ihn an meinem Auto so gewohnt stehen zu sehen.

Doch Kaito war wohl niemand, der sich einfangen lassen würde. Er war unberechenbar und frei wie ein wildes Tier.

Er würde sich auch nicht von mir an eine Leine legen lassen, um mir das Gefühl zu geben, etwas oder jemand Besonderes in seinem Leben zu sein.

Oh, Alan, enttäuscht dich das jetzt? Tut es, oder? Denn du hattest bereits gedacht, dass der Junge dich genauso braucht wie du ihn, nicht wahr?

Ich hasste diese Stimme und doch waren ihre Worte mehr als wahr, wie ich verschämt feststellen musste.

Ich brauchte Kaito. Ich brauchte seine Gegenwart, sein Lachen, sein faszinierendes Wesen, was mich aus meiner staubigen Welt des Alltages riss und daraus etwas Besonderes machte.

Und irgendwo tief in mir drin hatte ich wohl gehofft, dass es Kaito genauso erging. Doch das war ein Trugschluss.

Der junge Japaner brauchte mich nicht.

Eigentlich wusste ich immer noch nicht, was ich für ihn war.

War ich wichtig für ihn?

Eine Hilfe? Eine vertrauenswürdige Person?

Spielzeug, Alan. Du bist nichts als ein Spielzeug für den Jungen. Er hat dich völlig in der Hand und du merkst es noch nicht mal.

Das war nicht wahr!

Zumindest redete ich mir das immer noch ein.

Der Tag, denn Kaito aufgeschrieben hatte, war dann auch endlich irgendwann da.

Die Arbeit, die Konzentration auf meine Fälle, war an diesem Tag fast unmöglich. Meine Gedanken kreisten einzig und allein um den Abend und was mich da vielleicht erwarten würde.

Ich war nervös, stellte ich mit milder Überraschung fest.

Eigentlich war ich mehr als nervös, was sich gegen Abend noch steigerte. Rascher als sonst fuhr ich nachhause, um mich für diese Begegnung vorzubereiten.

Lisa sah mir verdutzt hinterher, als ich ihr nur einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückte als Begrüßung und schief grinsend Richtung Badezimmer entschwand.

»Wir wollen heute Abend noch weg. Die Jungs der Kanzlei und ich. Ein Kunde hat uns zu einem Drink eingeladen.«

Die Lüge kam mir ohne Mühe über die Lippen.

War ich schon so erkaltet? Skrupellos?

Blödsinn. Es würde ja nichts passieren, was ein schlechtes Gewissen nötig machte.

Ach wirklich, Alan?

Natürlich.

Wieder fiel es mir nicht schwer, Kaito nur als weiteres Familienmitglied zu sehen. Als weiteren Sohn. Und was war verwerflich daran, sich somit mit diesem Jungen zu treffen?

Richtig. Nichts.

Hm, wann hörst du auf, dich selbst zu belügen, Alan?

Wieder blieb ich ungewöhnlich lange im Badezimmer, versuchte das spießige Äußere des Anwaltes hinter mir zu lassen, um nicht völlig verstaubt und altbacken zu wirken.

Dass mir das gelungen war, drückte die mehr als verblüffte Miene meiner Frau und die anerkennende meiner Tochter aus.

»Siehst toll aus, Paps. Mal nicht so spießig wie sonst immer. So würde ich sogar mit dir vor die Tür gehen.«

»Danke, Susan. Du schmeichelst mir.«

Ich drückte meine Tochter herzlich an mich und sie ließ es zur Abwechslung sogar einmal geschehen. Ich glaube, ihr war die unterschwellige Wandlung ihres Vaters nicht entgangen. Und sie schien es nicht zu stören.

Lisa hingegen war wohl nicht so ganz überzeugt von meiner neuen Art. Das Misstrauen schimmerte nun recht deutlich in ihren Augen.

Sie musterte mich abschätzend. Ich hatte die altbekannten Klamotten einmal gegen lockere Sachen getauscht, trug eine enge Jeans und ein dunkles Hemd, was am Kragen offen stand.

Ich fühlte mich so wohler. Und bestimmt nicht wie 34.

Mein gut gebauter Körper kam deutlich zur Geltung.

»Nur ein Drink mit einem Klienten?« fragte Lisa mit gehobener Braue.

Ich trat zu meiner Frau und erstickte jeden Zweifel in einem leidenschaftlichen Kuss, was Susan genervt aufstöhnen und verschwinden ließ.

Die Wangen Lisas waren gerötet, als ich meine Lippen von ihren löste. So hatte ich sie eine ganze Weile schon nicht mehr geküsst. »Nur ein Drink. Vertrau mir, hm?«

Sie nickte benommen und strich sich das blonde Haar aus der Stirn.

Du bist ein Lügner, Alan. Ach und ein Arsch, hab ich das schon erwähnt?

Voller Aufregung fuhr ich in einem Taxi durch die bereits dunkle Stadt, überall blinkten mir Leuchtreklamen und kunterbunte Lichter entgegen.

Vor dem Club ließ mich der Taxifahrer heraus.

Dutzende Leute tummelten sich schon davor, zumeist Jugendliche mit dunkel angemalten Gesichtern und ziemlich ausgefallenen, schwarzen Klamotten.

Nur gut das ich mich für diesen Abend ebenfalls für etwas Dunkles entschieden hatte, sonst wäre ich aufgefallen wie ein bunter Hund.

So aber schenkten mir die jungen Männer nur flüchtige Blicke, die der Frauen blieben da schon länger an mir haften, um mich interessiert zu mustern.

Doch dafür hatte ich kaum Augen. Über die Köpfe der wartenden Menge suchte ich nach Kaito.

War er schon hier?

Wie sollte ich ihn in diesem Gewühl überhaupt finden?

Wir hatten keinen Treffpunkt ausgemacht.

Kurzentschlossen zog ich mein Handy hervor und wählte mit leiser Nervosität die Nummer des Jungen.

Hoffentlich ging er ran. Hoffentlich war er überhaupt hier. Hoffentlich hatte er sich nicht nur einen Scherz mit mir erlaubt.

Meine Bedenken wurden recht schnell zerstreut, als nur nach einem Klingeln die Stimme Kaito’s erklang.

Hatte er auf meinen Anruf gewartet?

»Alan?«

Warum jagte mir mein Name allein von seiner Stimme gesprochen solche Schauer über den Leib?

»Hey, Kaito. Ich steh vor dem Club. Mir ist nur eben aufgefallen, dass wir keinen wirklichen Treffpunkt ausgemacht haben.« Ich lachte leise und er fiel darin ein.

Dann spürte ich schon ein seichtes Tippen auf meiner Schulter und wand mich mehr als verwirrt um.

Kaito stand grinsend vor mir, das Handy am Ohr, welches er nun rasch zuklappte.

»Hab dich gefunden.« Die dunklen Augen glitzerten zu mir auf und ich hatte die völlig bescheuerte Vision, wie ich den Jungen in jenem Moment an mich zog und in meine Arme schloss.

Sicher Alan, mach dich zum Vollidioten.

Scheiße, wie hatte ich diesen Anblick vermisst. Dieses Lachen. Diese Augen.

Und…diesen Körper, stellte ich mehr als verschämt fest. Kaito trug wieder solch hautenge, knappe Klamotten, dass ich wahrlich Mühe hatte, meinen Blick abzuwenden.

Wie musste es dann erst Frauen ergehen?

Und tatsächlich warfen recht viele junge Frauen in der Schlange verstohlene Blicke auf den jungen Japaner, was dunkle Gefühle in mir aufwühlte, die ich schwerlich benennen konnte.

Ich hatte das irrsinnige Bedürfnis, Kaito als mein eigen zu markieren und zog ihn nun wirklich einfach zu mir, um den Arm um seine Schulter zu legen.

Er sah kurz ein wenig überrascht aus, doch ohne weiteres lehnte er sich dann leicht gegen mich und lächelte zu mir auf.

Für alle anderen wirkten wir nicht mehr als gute Freunde, doch für mich war es viel mehr.

Diese Gedanken waren schwächlich und ich schob sie nachdrücklich beiseite.

Nur ein weiterer Sohn, hm, Alan? Oder wie war das?

Der Club war gut gefüllt. Überall tanzende und feiernde Menschen, die sich zu den Bässen der düsteren Musik bewegten.

Es war lang her, dass ich in einem Club gefeiert hatte. Dass ich überhaupt gefeiert hatte.

Und ich spürte, wie ich es vermisst hatte.

Harte, elektronische Musik klang aus den Boxen, gegen Mitternacht kam sogar eine noch recht unbekannte Band auf die Bühne des Clubs und brachte die Menge mit wilden Gitarrenriffs und kehligem Gesang in Wallung.

Bis vor kurzem noch wäre ich wohl aus diesem Club mit einem Kopfschütteln geflüchtet, doch durch Kaito hatte ich die Nuancen einer jeden Musikrichtung erst wirklich kennengelernt.

Ich begann in Musik mehr als nur Töne zu sehen, die aneinandergereiht zur bloßen Unterhaltung dienten.

Die Musik drückte Lebenseinstellungen aus. Brachte Gefühle und Gedanken musikalisch herüber.

Und diese Musik hier war rebellisch und aufbegehrlich. Was hätte besser zu meinem jetzigen Lebensabschnitt gepasst?

Ich mischte mich ohne Hemmungen in die wogende Menge und bewegte mich intuitiv zu den Klängen der Musik.

Was würde Lisa wohl sagen, wenn sie dich jetzt sehen könnte? Oder deine Kollegen Alan?

Alle Gedanken, alle Sorgen, jedes Gefühl, außer dem der völligen Zufriedenheit, wurde von den Klängen der Musik hinfort gewischt.

Es war befreiend. Hier konnte ich einmal ein anderer Mensch sein als nur der Anwalt, der seriöse Alan Harpor, den ich sonst verkörpern musste.

Ich hatte lange Zeit vergessen, was Spaß und Vergnügen überhaupt war.

Die Nähe und Wärme dieser vielen Menschen hatte einen ganz besonderen Reiz. Gepaart mit den Drinks, von denen ich zu späterer Stunde schon einige vernichtet hatte, kam eine sinnliche, fast erotisch-ausgelassene Stimmung auf.

Nicht selten tanzten Frauen und Mädchen in meiner Nähe, die rasch näher rückten und ihre Hüften und Arme um mich herum kreisen ließen.

Mehr als eindeutig war das Interesse in den hübschen, weiblichen Gesichtern und oft musste ich mich all zu aufdringlichen Damen erwehren, deren Hände schon in gefährliche Tiefen rutschen wollten.

Natürlich schmeichelte mir diese Aufmerksamkeit.

Welcher Mann fühlte sich nicht gern begehrt?

Frauen hatten sich mir schon lang nicht mehr so genähert, mit diesem lüsternen Glitzern in den Augen, was nur eins verheißen konnte.

Sex war hier genauso an der Tagesordnung wie Alkohol und Drogen; alles konnte man bekommen, wenn man nur wollte.

Doch darauf hatte ich es nicht abgesehen.

Nein, mein Ziel war ein anderes.

Immer, wenn die Situation es zuließ, ohne dass es seltsam gewirkt hätte, war ich in Kaito’s Nähe und berührte jenen flüchtig.

Wir lachten und steckten die Köpfe zusammen, wenn wieder einmal besonders seltsame Gestalten an uns vorbeischritten oder recht aufdringliche Damen verscheucht werden mussten.

Ich schirmte Kaito vor den Händen vieler Mädchen ab und er tat mir denselben Gefallen, indem er mir die Frauen vom Leib hielt.

Oft musste ich mich beherrschen, nicht einen Arm um Kaito’s Hüfte zu schlingen und so mit ihm zu tanzen, um den niederen Gefühlen in mir nachzugeben, wenn meiner Meinung nach wieder einmal zu viele Blicke auf dem Körper des jungen Japaners lagen.

Ich wollte ihn beschützen.

Und ich wollte…

Was, Alan? Ihn besitzen?

Ich wusste es nicht.

Noch immer wehrte ich mich hartnäckig gegen jeden Gedanken, der von meinem frommen Weg und der Vorstellung von Kaito als Sohn abwich.

Eigentlich hätte mir zu jenem Zeitpunkt schon klar sein müssen, dass meine fast offensichtlich eifersüchtigen Gefühle nicht nur von väterlichem Beschützerinstinkt herrührten.

Doch das Verdrängen war wohl eine Gabe des Menschen, die tief verwurzelt war und sich schwerlich überwinden ließ.

Irgendwann in der Früh, nach etlichen Drinks und stundenlangem Tanz, schnappte Kaito meine Hand und zog mich aus dem Club in die Nacht hinaus.

Wir rannten kichernd wie Schuljungen durch die Straßen, vorbei an geschlossenen Geschäften und Behörden.

Ich hatte keine Ahnung, wohin der junge Japaner wollte, doch ich folgte ihm ohne Zögern. Er schien ja ein Ziel zu haben.

Irgendwann erreichten wir ein Viertel der Stadt, das wenig vermögend schien und aus zumeist dunklen Wohnblöcken bestand, in denen nicht selten die Fenster eingeworfen waren oder die Wände mit wildem Graffiti besprüht.

Solche Gegenden mied ich eigentlich. Vor allem bei Nacht.

Kaito zog mich in einen dunklen Hauseingang, zielsicher die Treppen hinauf und schloss eine Tür auf, die zu einer schäbigen Dreiraumwohnung in einem oberen Stockwerk führte.

Alan, was machst du hier? Bist du jetzt völlig verrückt geworden? Du weißt weder, wo du hier bist, noch was der Junge vor hat.

Egal, ich vertraue Kaito.

Sicher. Und wenn jetzt hier gleich noch drei Typen auf der Matte stehen, die einzig und allein darauf warten, dir den Schädel einzuschlagen, um dich dann auszurauben? Vertraust du ihm dann immer noch, Alan?



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Dayce
2010-12-28T20:22:03+00:00 28.12.2010 21:22
Oh, jetzt wird es noch interesanter. Ich glaube fast Lisa schöpft Verdacht.Kuss hin oder her.
Und Hauseingänge sind praktisch, vor allem dunkle!
Nun den.
Tschaui Dayce
Von:  Khaosprinzessin
2010-11-27T17:29:47+00:00 27.11.2010 18:29
Uuuuhhh, was für ein liebes, kleines Stimmchen! *Stimmchen flausch*
Der Club ist toll! Und auch alles andere. Und auf die Gefahr hin, immer den gleichen Mist zu schreiben: Kaito ist toll! Vor allem, als er Alan vorm CLub entdeckt hat und sich dann quasi in seine Arme gekuschelt hat! Zuckerschock!
Nur wo will er mit Alan hin?! Man, wat bin ich neugierig! Mittlerweile grins ich wie dämlich, wenn ich ein neues Kappi entdecke....>.< aber das ist ein Kompliment an deine Geschichte und deinen Schreibstil!!!
Bis zum nächsten Kappi

beast


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