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Fate

A next generation story.
von

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Epilogue

Mit einem lauten Knall sprang Roxannes Tür auf und Dominique hüpfte in das Krankenzimmer ihrer Cousine im St. Mungos Hospital. Roxanne streckte ihr die Zunge heraus, als sie sich vom Schreck erholt hatte und erkannte, dass es niemand anders war. Manchmal stiegen in ihr die Erinnerungen auf an die Nacht, in der Liam sie geholt und sie stundenlang gefoltert hatte, doch jetzt in diesem Moment wollte sie nichts davon wissen, sondern nur in das strahlende Gesicht ihrer verrückten besten Freundin sehen.

„Heute ist es endlich soweit. Wie fühlst du dich? Bist du bereit es der großen Welt wieder zu zeigen?“

Vergnügt setzte sich Dominique an ihr Bett und sah sie erwartungsvoll an. Roxanne konnte ihre eigene Aufregung kaum unterdrücken. Sie war schon den ganzen Vormittag hippelig gewesen und mit der Ankunft von Dominique konnte sie nicht mehr an sich halten und quietschte laut auf.

„So was von bereit. Wann kommt der Arzt endlich?!“, gab sie grinsend zurück.

„Keine Sorge. Ich hab natürlich bevor ich hierher gekommen bin jeden Arzt auf dieser Station abgeklappert und allen Bescheid gesagt, dass du jetzt bereit bist für deinen großen Moment!“

„Du meinst wohl mit jedem Arzt auf dieser Station geflirtet“, erwiderte Roxanne mit einem noch größeren Grinsen, das Dominique nur schelmisch zurückgab.

Roxannes Blick heftete sich auf die Tür. Sie hatte lange genug gewartet. Wenn der Arzt nicht in den nächsten zehn Sekunden durch diese Tür kam, würde sie ihm Feuer unterm Hintern machen. Glück für den Arzt, dass er bei neun hereinkam und sie freundlich anlächelte.

„Wie ich höre sind sie bereit?“, begrüßte er Roxanne. Sie mochte diesen älteren Herrn. Er hatte vom ersten Augenblick alles daran gesetzt ihre Füße wiederherzustellen und jetzt Monate später schienen die ewiglangen Heilzauberprozeduren Geschichte. Sie durfte zum erstem Mal aufstehen (nicht, dass sie es schon klammheimlich mehrfach probiert hatte) und würde hoffentlich endlich wieder gehen können.

Der Arzt entfernte die letzten Verbände und Roxanne war begeistert, weil ihre Füße endlich wieder wie Füße aussahen. Dominique griff nach ihren Händen und gemeinsam wagten sie den ersten (offiziellen) zaghaften Versuch. Sie wankte und ihre Beine zitterten wie Espenlaub, weil sie das Gewicht eines Körpers gar nicht mehr gewöhnt waren, doch ihr gelang mehrere Schritte bevor sie fast umfiel. Sie strahlte wie ein Honigkuchenpferd. Jetzt hatte sie nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern genauso viele Narben als Beweis für ihre Geschichte. Dominique verdrehte die Augen und lachte als sie Roxannes glückseliges Gesicht sah. Das hier war ein guter Tag. Der beste Tag seit langem.
 

~~~
 

Dominique übte mit Roxanne Gehen für den Rest des Tages. Irgendwann fielen sie erschöpft auf Roxannes Bett und lagen Schulter an Schulter, während sie in ihren Erinnerungen kramten und über all die schöne vergangene Zeit sprachen. Sie hatten schon soviel zusammen erlebt, dass sie gar nicht mehr aus dem In-Erinnerung-schwelgen herauskamen.

„Weißt du noch als Hugo Rose immer damit aufzog, dass sie ihren Kopf verloren hätte?“, sagte Roxanne gedankenverloren und biss sich im nächsten Augenblick auf die Lippe. Sie warf Dominique einen entschuldigenden Blick zu. Es war immer noch schwer über die Toten zu sprechen. Von einer Sekunde zu anderen war die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit aus ihnen heraus entwichen wie Luft aus einem Ballon. Dominique dachte an all die Menschen, die sie verloren hatten.

„Wir sollten nicht traurig sein und verstummen, sondern in ihre Erinnerungen im Herzen behalten und jedem davon erzählen, ob er es hören will oder nicht“, entschied sie für sich laut. „Weißt du noch als James und Fred alle Ballons bei Mollys Geburtstagsparty mit Wasser gefüllt hatten und sie dann platzen ließen? Wir waren alle pitschnass!“

„Und Molly war so sauer auf die beiden. Wochenlang haben sie nicht miteinander geredet.“

Roxanne lächelte zustimmend. Sie spürte bestimmt auch den Kloß im Hals, sobald sie den Namen eines Verstorbenen in den Mund nahmen. Dominique wollte nicht mehr daran denken, dass der gut aussehende Bibliothekar für all das verantwortlich gewesen war. Sie wollte nur das Gute sehen, wie etwa, das sie endlich etwas gefunden hatte, in dem sie wirklich gut war. Zum ersten Mal konnte sie sich eine Zukunft vorstellen. Sie wusste noch nicht genau was sie machen würde, aber irgendetwas mit Büchern und Rätseln schien ihr genau richtig. Sie wollte nicht an die vielen Opfer denken, sondern daran, wie viele überlebt hatten und jetzt genau wie sie eine Zukunft haben konnten. Und sie wollte keinen der Verstorbenen vergessen.

So lagen Roxanne und Dominique noch stundenlang im Krankenhausbett und versuchte mit den alten Geschichten die Narben der jüngsten Geschehnisse zu verdrängen. Sie schluckten jeden Kloß runter und erzählte sich von ihren Familienmitgliedern, als wären alle von ihnen noch gesund und munter. Keiner von ihnen wollte sich mit dem Grauen beschäftigen, das sie erlebt hatten.

Dominique bewunderte Roxanne für ihre Stärke, die trotz ihrer Verletzungen ihr Lachen nicht verloren hatte. Sie selbst wurde das Gefühl nicht los festzustecken, weder vor noch zurück zu können. Sie dachte an die Zukunft, wollte optimistisch bleiben und dennoch klopfte die Vergangenheit mit lautem Pochen an ihre innere Tür. Sie fürchtete sich davor aufzumachen und all diese Erlebnisse noch einmal zu durchleben. Für jetzt wollte sie diese Tür nicht öffnen. Doch eines Tages musste sie sich mit alldem auseinandersetzen müssen. Nur nicht heute.
 

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All die Gesichter. Immer wieder Hugo. Der anklagende Blick. Der Nebel. Die Angst. Die Macht. Das Gefühl alles zu bezwingen. Der Rausch. Hugo. Das Leben, das aus ihm floss. Sein Lächeln.

Rose schoss keuchend aus einem ihrer Alpträume und fand sich in ihrem Bett wieder. Durch das Fenster sah sie wie der Tag gerade begonnen hatte und der Horizont heller wurde. Ein Blick neben ihr zeigte ihr einen eingerollten Scorpius, der im Gegensatz zu ihr schöne Träume hatte. Sie beneidete ihn für seine Sorglosigkeit und war zeitgleich unendlich dankbar dafür, dass er neben ihr lag und sie aus jedem ihrer Alpträume wieder aufweckte, wenn es ihr selbst nicht gelang daraus aufzuwachen. Er hatte eine Engelsgeduld mit ihr und wohnte freiwillig bei ihren Eltern, um bei ihr sein zu können, obwohl sein Vater davon sicher nicht begeistert war.

Rose wusste, dass sie für all ihre Taten nichts besseres als Askaban verdient hätte, doch nach langem Hin und Her, hatte vor allem ihre Mutter sich für eine vorläufige Sicherheitsverwahrung ausgesprochen. Alle übrig gebliebenen schwarzen Schachfiguren wurden in ihren Elternhäusern oder an einem Ort überwacht, machten eine Therapie und lernten mit allem wieder umzugehen. Doch Rose konnte sich nicht vorstellen jemals wieder unter Menschen zu gehen. Es wussten doch alle was sie getan hatte. Sie erinnerte sich daran wie sie ihre Mutter in den Sommerferien angefleht hatte sie auf eine Schule nach Frankreich zu schicken. Damals hatte sie natürlich nicht wegen Scorpius nach Hogwarts zurückkehren wollen, doch jetzt wollte sie nach Frankreich gehen, weil niemand sie dort kannte. Sie hatte diesen Wunsch noch nicht offen ausgesprochen. Scorpius würde sofort mit ihr mitkommen wollen, aber sie wollte nicht, dass er für den Rest seines Lebens sich nach ihr richten würde. Tränen stiegen in ihren Augen auf. Sie hatte Scorpius nicht verdient. Er würde das irgendwann merken und sie verlassen, weil sie so anstrengend war oder weil ihm bewusst wurde, dass sie eine Mörderin war und für immer mit diesem Stigma leben würde.

Langsam schälte sie sich aus ihrer Bettdecke. Ihre nackten Füße auf dem kalten Boden ließ sie kurz erschauern bevor sie sich auf dem Weg nach unten machte. In der Küche fand sie ihren Vater vor, der wie sie nicht schlafen zu können schien.

Er blickte auf und deutete auf den Platz neben ihm am Küchentisch. „Möchtest du auch einen Kaffee?“, fragte er sie, während er mit dem Löffel in seiner eigenen Tasse rumrührte. „Ich hab gerade eine Kanne voll gemacht“.

Rose nahm das Angebot an und setze sich mit einer Tasse Kaffee zu ihrem Vater. Gemeinsam hingen sie einen Augenblick ihrer Gedanken nach bevor Rose den Mut zusammen nahm und ihren Vater nach seinen Erfahrungen mit traumatischen Erinnerungen fragte.

Er strich ihr über den Kopf. „Ich weiß Rosie du kannst es nicht mehr hören, aber mit der Zeit wird es besser werden. Irgendwann sind es nur noch verblassende Erinnerungen. Natürlich kann ich mich nicht in dich hineinversetzen. Du hast viel schrecklichere Erfahrungen durchgemacht, aber dennoch bin ich sicher, dass du Kraft daraus schöpfen wirst. Du bist schließlich meine Tochter.“

Roses Hand zitterte und sie musste ihre Kaffeetasse wieder abstellen. Sie war so gerührt von den Worte ihres Vaters. Er nahm ihre Hand und lächelte sie weiter an. Ihr wurde das Herz schwer.

„Aber was ist mit Hugo? Ich hab ihn getötet. Wie kann ich das je vergessen?“

„Ganz einfach mein Schatz. Du warst nur ein Werkzeug in der Hand eines anderen. Alles was du tun kannst ist dein Leben für Hugo mit zu leben. Das bist du ihm schuldig. Lebe und denke an ihn!“

Sie fielen sich in die Armen und Rose hatte das Gefühl endlich zuhause angekommen zu sein.
 

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Scorpius war aufgewacht und hatte die andere Betthälfte leer vorgefunden. Seine Kehle hatte sich sofort zugeschnürt und er war aufgestanden um nachzusehen, wo Rose war. Er sah sie mit ihrem Vater in der Küche reden und erleichtert atmete er wieder aus. Er wollte ihren Moment nicht stören und so schlich er wieder nach oben. Oben angekommen wusste er nicht wirklich etwas mit sich anzufangen. Im Augenblick ging nichts wirklich voran. Auch mehrere Monate nach dem Ende der Manipulation waren nicht alle Dinge geregelt worden. Man hatte entschieden wie man mit den Kindern verfuhr, die andere getötet hatten. Man hatte allen Betroffenen die Möglichkeit für eine Therapie angeboten, doch Scorpius war nicht danach mit jemand über seine Ängste zu reden.

Doch es waren noch so viele offene Fragen, um die sich noch niemand kümmerte. Der Aufbau des Bahnhofs Kings Cross war eine der wichtigsten Angelegenheiten gewesen. Genauso wie das Auslöschen der Erinnerung aller Muggel, die in der Nähe der letzten Schlacht gewesen war. Das kostete soviel Zeit, dass alle verbliebenen Ministeriumsmitglieder und zahlreiche Freiwillige daran Tag und Nacht hatten arbeiten müssen. Nun stand der Aufbau des Ministeriums im Vordergrund. Eine endgültige Lösung für Hogwarts war noch nicht gefunden worden. Die Bildung war gerade nicht im Fokus der Bemühungen, sodass Scorpius sich inzwischen einfach nur langweilte. Ihm war vorher nie bewusst gewesen wie sehr er die Schule gemocht hatte. Es hatte ihm gefallen für die Schule zu büffeln und es war ihm auch leicht gefallen.

Jetzt saß er nur den ganzen Tag im Haus. Die Lust an Quidditch war ihm auch irgendwie vergangen. Das Haus der Weasleys lag zwar am Rand einer Ortschaft, in der fast nur Zauberer wohnten, aber er verspürte dennoch keine Lust auf einen Besen zu steigen. Alle seine Mitstreiter aus dem Slytherinhaus hatten auf der anderen Seite gestanden. Er war der einzige Slytherin gewesen, der eine weiße Schachfigur gewesen war. Natürlich war Albus zurückgekehrt und sie sahen sich hin und wieder, aber da war noch soviel ungesagtes zwischen ihnen und es war schwer weiterzumachen. Er kam sich ein wenig vor als hätte er seinem besten Freund die Freundin ausgespannt. Albus hatte ihm versichert, dass er das nicht so empfand und dass er sich für Rose und ihn freute, doch es würde noch einige Zeit ins Land gehen bis sie ihre Freundschaft wieder wie früher war. Er seufzte.

Rose kam zurück und sah, dass er wach war. „Hab ich dich geweckt?“

Er schüttelte den Kopf und zog sie an sich heran, gab ihr einen kleinen Kuss und lächelte sie an. Sie lächelte zurück und kuschelte sich an ihn. Er war okay, solange sie bei ihm war. Alles würde wieder gut werden. Das Leben ging schließlich weiter.
 

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Alice besuchte jeden Tag Louis. Es war zu ihrem Ritual geworden. Sie war sich sicher, dass ihr Freund sich darüber freute, aber meistens war er nur geistesabwesend in sich versunken und hörte gar nicht was sie ihm erzählte. Dennoch gab sie nicht auf, denn irgendwo tief in ihm drin war immer noch der Louis, der sich um sie gekümmert hatte, als ihr Herz wegen Albus gebrochen war. Sie würde nie vergessen, dass er nach ihr gesehen hatte und versucht hatte sie von ihrem Kummer abzulenken. Dank Fate hatte sie in all der Zeit auch nie wieder an Albus gedacht und jetzt kam es ihr wie eine dumme Schwärmerei vor. Es lag für sie so weit zurück, obwohl noch kein ganzes Jahr seitdem vergangen war.

„Ich weiß gar nicht mehr was ich an Albus fand, weißt du?“, eröffnete sie Louis bei einem ihrer Besuche. „Er ist so naiv und lässt sich leicht beeinflussen. Ich brauche jemanden, der Stärke zeigt und der mich in meinen schwachen Momenten unterstützt.“

Louis sah aus dem Fenster und schien wie immer nichts mitbekommen zu haben.

Alice seufzte und fuhr mit ihrem Monolog fort. „Ich glaube wäre Fate nicht gewesen, hätte ich soviel anders gemacht. Ich hätte nie gewusst, wozu ich eigentlich fähig bin und was mir wichtig ist.“

Sie ließ ihre Gedanken schweifen und stellte sich ihr Leben vor ohne diesen brutalen Einschnitt. Sie hätte sich vielleicht Rose irgendwann anvertraut und sie hätten sich ausgesprochen. Dazu war es bis heute noch nicht gekommen, weil Rose sie immer noch mied und ihr nicht in die Augen sehen konnte. Sie hoffte, dass sie eines Tages miteinander reden konnte. Es tat weh ihre beiden besten Freunde verloren zu haben. Rose und Louis sprachen beide nicht mehr mit ihr und sie fühlte sich alleingelassen mit all ihren Gedanken. Wahrscheinlich kam sie deswegen jeden Tag zu Louis.

Aber sie wollte nicht in dunkle Gedanken versinken. Sie zwang sich zu einem Lächeln.

„Weißt du Louis ich glaube in einer anderen Welt hätten wir gut zueinander gepasst. Ich glaube ich hätte mich in dich verliebt, weil du mir geholfen hast über Albus hinwegzukommen.“

Alice beugte sich vor und gab Louis einen Kuss auf die Wange, den er nicht einmal wahrnehmen zu schien.

„Danke für alles“, flüsterte sie ihm ins Ohr bevor sie aufstand und ging.

Morgen würde sie wieder kommen und jeden Tag danach, solange bis Louis sie wieder ansah und mit ihr sprach. Und auch Rose würde sie nicht aufgeben. Sie war stark. Sie hatte die Kraft für alle da zu sein und sie zurück ins Licht zu führen, dessen war sie sich sicher.
 

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Albus streifte ziellos durch die Gänge des Hauses. Er kam in die Küche, drehte aber wieder um, weil er keinen Hunger hatte. Er ging in den Garten, doch ihm war nicht danach sich auf die Terrasse zu setzen oder Quidditch zu spielen. Er wanderte die Treppe hoch und öffnete die Tür zu seinem Zimmer, doch er hatte keine Lust auf seinem Bett Comics zu lesen. Er öffnete stattdessen die Tür neben seiner und trat vorsichtig in Lilys Zimmer ein.

Es sah noch genauso aus wie im letzten Sommer. So unaufgeräumt und chaotisch konnte nur seine Schwester ihr Zimmer hinterlassen. Albus stieg über die verschiedenen Stapel aus Büchern, Comics, Spielzeug und Scherzartikeln, um sich einen Weg zum Bett zu bahnen. Dort ließ er sich sinken. Seine Augen wanderten durch das Zimmer und registrierten jedes Detail. Tränen stiegen ihm in die Augen, weil er sah wie Lily durch dieses Zimmer schritt und wahllos Dinge aus ihrem Regal herausgriff, um sie dann hinter sich auf den Boden zu werfen, weil es nicht das war, was sie suchte, obwohl sie nicht einmal wusste, was sie suchte. Er würde sie danach fragen und sie würde nur laut lachen, mit der Schulter zucken und weiter Dinge herausnehmen und auf den Boden werfen. Ihre Mutter würde hereinkommen und mit Lily über ihre Unordnung schimpfen. Lily würde wieder lachen und darauf verweisen, dass Genies ihr Chaos brauchten, um richtig kreativ zu sein. Sie wäre nämlich dabei sich einen neuen Scherz auszudenken und sie musste davon unbedingt Onkel George berichten.

Stunden später fand sein Vater Albus im Zimmer seiner Schwester. Er hatte sich zusammengerollt und war vom vielen Weinen erschöpft eingeschlafen.

Sein Vater setzte sich zu ihm aufs Bett und ließ wie Albus seinen Blick durchs Zimmer schweifen.

Mit tränenerstickter Stimme sagte er: „Ich kann auch immer noch nicht glauben, dass sie fort ist. Es erscheint so unwirklich. Ich glaube manchmal immer noch daran sie zu hören wie sie lacht oder wie durch das Haus rennt und dann wird mir plötzlich klar, dass sie nicht mehr da ist.“

„Das Haus ist so still geworden“, pflichtete Albus seinem Vater bei. Er hatte das Gefühl, dass mit Lily alle Fröhlichkeit und jeder Spaß aus dem Haus entwichen war.

Sein Vater zog ihn in eine Umarmung und Albus war froh ihn bei sich zu haben. Schon oft hatten sie zusammen gesessen und über die vergangenen Ereignisse gesprochen. Vorher hatte Albus nie wirklich verstanden, wie sein Vater sich gefühlt haben musste nach allem was er durch gemacht hatte. Immer nur hatte er gehört was für ein Held sein Vater gewesen war. Der Auserwählte, der den dunklen Lord besiegt hatte. Jetzt konnten sie das erste Mal einander wirklich gut verstehen, Sie sprachen über die Dunkelheit, die Albus in seinem Herzen gefühlt hatte. Die Menschen, die er getötet hatte. Sie sprachen über eine mögliche Zukunft. Aber sie kehrten immer wieder zurück zu den Menschen, die sie verloren hatten und vor allem zu Lily, die ein Loch in ihre Herzen gerissen hatte. Nie würde diese Lücke in ihren Herzen wieder geschlossen werden können.

„Albus, du hast Besuch!“, rief seine Mutter von unten und Albus löste sich widerwillig aus der Umarmung seines Vaters, verließ mit demselben Widerwillen das Zimmer seiner Schwester und ging die Treppe hinunter.

Dort erwartete ihn mit einem strahlenden Lächeln Claire Parkinson und für eine Sekunde dachte Albus daran, dass die Welt vielleicht um eine Person ärmer war, aber es immer noch so viele andere Menschen in seinem Leben gab, die für ihn da waren.
 

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Molly traf heute zum ersten Mal Adams Familie. Sie kannte die Woods natürlich schon vom Sehen, aber es war etwas ganz anderes ihnen heute offiziell vorgestellt zu werden. Sie konnte immer noch nicht glauben, dass Adam sie noch auf dem Schlachtfeld nach einem Date gefragt hatte. Sie war ihm in die Armen gefallen, als ihr klar geworden war, dass sie den Puppenspieler besiegt hatte und alles zu Ende war. Er hatte ihre Umarmung stürmisch erwidert, sie dann ganz verschmitzt angesehen und sie gefragt, ob sie sich vorstellen könnte mit ihm einmal Essen zu gehen. Sie war rot angelaufen und hatte zu James hinüber gesehen, der sich für sie riesig gefreut hatte und ihr verstehen zu geben hatte, dass sie sich diese Chance nicht entgehen lassen sollte.

Molly hatte mit Adam ein wunderschönes erstes Date. Er gab sich alle Mühe sie all die Sorgen und den Kummer vergessen zu lassen. Er kochte sogar für sie, obwohl das Ergebnis nicht perfekt gewesen war. Dennoch war es der perfekte Abend gewesen, dem noch viele weitere Abende folgten. Dominique zog Molly damit auf, dass natürlich nur sie, die nie daran interessiert gewesen jemand zu finden, mit einem Freund aus einer Schlacht zurückkehren konnte. Molly konnte es selbst nicht glauben, dass ihr dieses Glück vergönnt gewesen war. Manchmal überfiel sie aber das Schuldgefühl. Es kroch leise in sie hinein und lähmte sie völlig. Warum sollte sie dieses Glück verdient haben? Es hätte Fred gehören sollen. Er hätte sein Traum verwirklichen sollen. Er wäre ein wunderbarer Zaubereiminister geworden. Doch ihm war nichts davon vergönnt gewesen.

Wenn sie die Zweifel über ihr Glück überkamen, mussten sie sich zusammenreißen, um nicht in Tränen auszubrechen und sich selbst sagen, dass sie weiterleben musste, damit die Menschen in ihrem Herzen auch weiterleben konnte. Sie hatte sich dagegen entschieden eine Stelle im Ministerium anzunehmen, denn – obwohl händeringend neue Mitarbeiter gesucht wurden – kam ihr ohne Fred die Arbeit dort nicht mehr verlockend vor. Stattdessen hatte sie sich entschieden Lehrerin zu werden. Sie wollte nach Hogwarts zurückkehren und für die verlorenen Seelen da sein, damit nie wieder jemand der Dunkelheit verfiel und daraus nicht mehr zurückkehrte.

Annie öffnete ihr die Tür und grinste ihr verschwörerisch zu. „Adam ist völlig aus dem Häuschen und meine Eltern freuen sich auch auf dich“, flüsterte sie ihr zu, als sie ihr den Weg ins Esszimmer zeigte. „Aber keine Sorge. Ich habe davon geträumt. Der Abend wird ein voller Erfolg werden.“

Molly lächelte erleichtert und auch Annie schien froh darüber zu sein wieder fröhliche Träume zu haben. Dann kam Adam auf sie zu, riss sie von den Füßen und küsste sie stürmisch. Dieses Mal schlich sich kein Schuldgefühl ein. Molly war einfach nur glücklich.
 

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Lorcan nutzte die viele freie Zeit, die er nun hatte, damit seine Erlebnisse bei den schwarzen Figuren aufzuschreiben. Er notierte auf endlos vielen Seiten jede einzelne seiner Beobachtungen. Er musste einfach alles niederschreiben. Vorher würde er keine Ruhe finden. Seine Mutter hatte am Anfang besorgt die Stirn gerunzelt, ihn aber dann in Frieden gelassen und ihm sein Essen vor die Tür gestellt. Sie zwang ihm kein Gespräch auf, sondern ließ ihn einfach machen. Sein Vater hatte darüber nur den Kopf geschüttelt, es einmal mit einem Gespräch versucht und sich dann wieder seinen eigenen Forschungen gewidmet.

Lorcan dagegen konnte kaum die Feder absetzen und innehalten. Meist wachte er plötzlich an seinem Schreibtisch wieder auf nachdem ihn der Schlaf übermannt hatte. Die Feder hatte er dabei immer noch fest umklammert in der Hand. Er schrieb und schrieb in der Hoffnung, dass er irgendwo, irgendwann, irgendwie verstehen würde, warum sein Bruder nicht mehr da war. Doch trotz all seiner Notizen konnte er immer noch nicht verstehen, warum seine andere Hälfte nicht mehr bei ihm war. Er hatte Dominique in einem Brief nach den Notizen seines Bruders gefragt und eines Tages kam eine Eule und brachte ihm das Gefragte, doch auch mit den Notizen seines Bruders konnte Lorcan immer noch nicht verstehen. Er wollte vielleicht auch gar nicht verstehen. Sein Herz klammerte sich an der Hoffnung, dass sein Bruder plötzlich vor der Tür stehen würde und ihm erklären würde, dass das alles von Anfang an sein Plan gewesen war. Hoffnung war etwas, das nicht zu ihm passte. Es war nicht wissenschaftlich, es war unlogisch. Und doch sprang sein Herz wie wild als es an der Tür klingelte und seine Mutter ihn zum ersten Mal seit Wochen rief.

Doch es war nicht Lysander, der im Flur auf ihn wartete, sondern James Potter. Lorcan konnte sich nicht einmal daran erinnern, wann er das letzte Mal mit dem ältesten Potter-Spross gesprochen hatte. Es mussten Jahre sein. Er verstand im ersten Augenblick nicht einmal, warum James ausgerechnet ihn besuchen sollte. Generell hatte niemand ihn besucht oder nach ihm gefragt seit er wieder zuhause war. Ihm war sein Leben noch nie so einsam vorgekommen. Ihm war nie bewusst gewesen, dass er gar keine Freunde gehabt hatte. Schließlich hatte er immer zu Lysander gehen können, wenn er mit jemand reden wollte. Manchmal noch mit Roxanne, aber sonst hatte er sich so gut wie nie mit jemand unterhalten. Er wusste nicht einmal warum er überhaupt in der Quidditchmannschaft gewesen war, wenn er nicht mal ein Teamplayer war. Doch aus seinem Team würde niemand zu ihm kommen und als Letztes hätte er mit dem gegnerischen Teamkapitän gerechnet.

Und dann fiel ihm siedendheiß ein, warum James hier war. Auf einmal fragte er sich warum der Potter erst jetzt aufgetaucht war. Dieses Gespräch war längst überfällig.
 

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Lorcan lud James ein mit auf sein Zimmer zu kommen, wo sich der Potter völlig fehlplaziert vorkam. Sein Zimmer war gefüllt mit Quidditchfanartikeln. Das von Lorcan dagegen mit Büchern, seltsamen Apparaturen und gefühlt Millionen Pergamentrollen, die eng beschrieben war. James hatte das Bedürfnis eine der Pergamentrollen aufzuheben, doch er wollte nicht unhöflich sein. Er fühlte sich eh völlig unwohl in seiner Haut und doch wusste er, dass er dieses Gespräch schon viel zu lange aufgeschoben hatte und er es hinter sich bringen musste, um nach vorne zu sehen.

„Du bist hier, weil ich derjenige bin, der deine Schwester getötet hat, nicht wahr?“

Lorcan fiel direkt mit der Tür ins Haus und ließ James gar keine Zeit darüber nachzudenken wie er dieses Gespräch anfangen sollte. James nickte erstmal nur und suchte für einen Moment die passende Worte um auszudrücken, warum er hierher gekommen war. Hätte er Lorcan noch am selben Tag getroffen, so hätte er ihn wie Fred vermöbelt. Alles aus ihm rausgeprügelt. Doch seitdem war viel Zeit vergangen und er hatte selbst Liam getötet. Nun war sein Zorn auf Lorcan verraucht und alles was er hervorbrachte war: „Erzähl mir bitte wie sie gestorben ist.“

Lorcan zögerte sichtlich und schien sich ebenso unwohl zu fühlen. „Sie ist mir gefolgt als ich mich mit Lysander getroffen habe. Ich wusste, dass der Puppenspieler es so gewollt hatte, aber ich unternahm nichts dagegen. Ich war einfach nur neugierig, was als nächstes kommen würde“, er zuckte hilflos mit den Schultern, „Dann als Lysander gehen wollte, hat Lily ihn getötet. Sie stand nur da und hat gelacht. Ihn mir ist etwas zerrissen in diesem Augenblick und ich hab sie getötet. Sie war erschrocken als sie meine Attacke sah und dann war es vorbei. Ihr Todesfluch, den sie mir noch entgegen geschleudert hatte, konnte ich nur dank des Portschlüssels meines Bruders entkommen.“

James sah, dass Lorcan mit sich selbst kämpfte. Hatte er selbst nicht Liam im Zorn über den Verlust seines besten Freundes getötet? Er verstand Lorcan auf einmal besser als er gedacht hätte.

„Danke“, sagte er schlicht. „Ich bin dir nicht böse. Im Gegenteil ich glaube ich weiß genau was du durchmachst.“

Er reichte Lorcan die Hand und dieser schlug zögerlich ein.

„Das Schlimmste ist es nicht verstehen zu können“, gab Lorcan zum ersten Mal zu. „Ich möchte es verstehen, aber ich begreife nichts davon. Wie konnte irgendetwas davon geschehen? Wie konnten wir nur so dumm sein uns so manipulieren zu lassen? Ich begreife es einfach nicht.“

James nickte. Auch er hatte viele Nächte wach gelegen und immer wieder versucht zu verstehen, wie es soweit hätte kommen können, doch es blieb ein unerklärtes Mysterium für ihn.

„Ich wünschte sie hätten uns einfach für unsere Taten bestraft“, erwiderte er. „Ich fühle mich so viel mehr schrecklich, weil ich einfach weiterlebe als wäre nichts gewesen. Als gäbe es keine Zäsur, als wäre nichts passiert.“

Am liebsten hätte er sich selbst in Askaban eingebuchtet. Er hätte es verdient. Es kam ihm vor, als würde niemand wirklich die Realität der Geschehnisse anerkennen, denn das würde bedeuten, dass etwas so Unerklärliches passiert gewesen wäre. Das Leben ging einfach weiter und James wurde auch nach seinem Gespräch mit Lorcan das Gefühl nicht los, dass er einfach kein Teil mehr von diesem Leben war. So als hätte nur er die Pausetaste gedrückt und war ausgestiegen und der Rest war ohne ihn auf der Achterbahn des Lebens weitergefahren. Er fühlte sich völlig verlassen und allein mit seiner Reue, die ihn auf immer weiter quälen würde.
 


 

~~~
 

Er bedauerte es sehr, dass er Askaban in seinen Plänen nie mit einbezogen hatte. Vom ersten Blick auf das Gefängnis war es ihm verhasst. Hier waren seine Eltern in ihren Zellen verrottet und nun war er auch hier gelandet. Der Prozess war kurz und schmerzlos gewesen. Er hatte alles gestanden und das Zaubergamont hatte ihn zu einer lebensgefährlichen Haftstrafe verurteilt. Sein einziges Vergnügen war es gewesen jede Gräueltat, die die Kinder in seinen Auftrag begannen hatte, in jedem noch so schaudrigen, ekligen, abstossend Detail zu beschreiben und sich an den Anblick der Eltern zu ergötzen, die die Hände vor den Mund schlugen, ihre Augen entsetzt aufrissen und in Tränen ausbrachen, als sie hörte, was ihre Kinder alles getan hatten. Das hatte er wahrlich genossen.

Seitdem hatte er nichts mehr zu lachen gehabt und tagein, tagaus in seiner Zelle vegetiert und gewartet. Und dann kam endlich der Moment.

„Besuch für dich!“, rief der missmutige Wächter und an seine Zelle trat ein junger Mann. Er verzog das Gesicht zu einem gehässigen Grinsen und kam ganz dicht an die Zellenstäbe heran, damit der Wächter, der aus der Ferne sie beobachtet, ihr Gespräch nicht hören würde.

„Wurde aber auch Zeit“, zischte er seinem Gegenüber zu. „Ich habe dich schon erwartet.“

Im Gegenüber stand Paul Hyde, doch er ließ sich von dem Äußeren nicht täuschen. Er hatte es gewusst seit dem Augenblick, als er seine Schachfigur vom Feld hätte nehmen wollen und sie sich nicht vom Brett hätte lösen wollen.

„Du musst dir den letzten Rest Vielsaft-Trank für diesen Augenblick aufgehoben haben, nicht wahr, Lysander Scamander?“

Er lachte leise in sich hinein, als er den leicht überraschten Blick seines Gegenübers sah.

„Dachtest du wirklich du könntest mich hinter das Licht führen? Ich bin schließlich das Schicksal und das Schicksal kann man nicht einfach so austricksen. Du hast das Spiel manipuliert und Paul Hyde an deiner Stelle geschickt, nicht wahr? Das ist auch der Grund, warum du nicht zu deiner Familie zurückgekehrt bist. Du hast als einziger willentlich gehandelt und den Tod eines Menschen in Kauf genommen, der nur ein einfacher weißer Bauer gewesen ist. Du hast wahrscheinlich auch noch einen unverzeihlichen Fluch verwendet, den Imperius-Fluch, nicht wahr? Ich wette Hyde konnte sich gegen sein Schicksal nicht einmal wehren und musste tatenlos zusehen, was mit ihm geschah.“

Er sah wie jedes Wort wie ein Messer in sein Gegenüber schnitt, der den verträumten Ausdruck in seinem Gesicht längst verloren hatte. Er näherte sich nun ebenfalls den Zellenstäbe und zischte kalt zurück: „Alles nur um dich zu stoppen. Ich wusste du würdest es nicht zulassen, dass ich dir auf die Schliche kam, also hab ich gegen dich interveniert und mit Erfolg wie ich behaupten würde. Auf der weißen Seite wurde keine einzige Figur mehr verloren und du wurdest geschlagen.“

Er lachte noch lauter auf und sah wie der Wächter kurz zu ihnen herübersah.

„Glaubst du das wirklich kleiner Lysander? Das du durch deinen Trick mich bezwungen hast? Vielleicht habe ich nicht mein endgültiges Ziel erreicht, aber ich habe mehr als genug Schaden angerichtet. Also zu welchem Preis hast du mich aufgehalten? Du hast dich selbst verloren und alle deine kleinen Freunde werden für den Rest ihres Lebens leiden. Ich würde sagen ich habe gewonnen!“

Im nächsten Augenblick spürte er eine Hand, die sich um seine Kehle legte. Sein Lachen erstickte und er schnappte nach Luft. Doch er würde sich diesen Moment nicht nehmen lassen. Mit einem letzten Grinsen hauchte er noch ein letztes Wort über seine Lippen:
 

„Schachmatt!“
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich wusste immer was das letzte Wort der Geschichte sein würde.
Ich hoffe ich konnte euch bis zum Schluss überraschen und fesseln. Ich hoffe es hat euch gefallen. Vielen lieben Dank an alle, die bis hierhin gelesen haben!
Ich werde mich demnächst noch einmal hinsetzen und die Geschichte etwas überarbeiten, meine Fehler ausmerzen, usw.
Also falls euch etwas gestört hat, ihr etwas nicht ganz verstanden habt und euch etwas unlogisches aufgefallen ist, würde ich mich freuen, wenn ihr mich darauf hinweist, damit ich mit berücksichtigen kann bei der Überarbeitung.
Nocheinmal ein herzliches Dank an alle Leser und Kommischreiber!

Liebe Grüße
ChiaraAyumi Komplett anzeigen

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