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Via Inquisitoris: Wiener Blut

Mord in Grinzing
von

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Mord

Dies ist die Fortsetzung zu Via Inquisitoris. Um bei der Lösung des Mordes mitraten zu können, ist es nicht unbedingt notwendig diese Geschichte gelesen zu haben, aber hilfreich, um das Verhältnis der handelnden Personen zueinander leichter zu verstehen.
 

1. Mord
 

You gotta know that she is out there,

When you ´re leaving for the night

She make you think, that she´s playing fair

That´s the real start of the fight
 

e-type: predator
 

Die beiden Männer, die das Gebäude der Gerichtsmedizin verließen, wirkten etwas niedergeschlagen.

„Wirklich, Wondraczek, diesmal bereue ich es zutiefst, dass immer der Leiter der Soko die Pressekonferenz halten muss. Ich sehe die Schlagzeilen des Kurier morgen schon vor mir: Vampirmord in Wien, blutleere Leiche in Grinzing gefunden. Ein wirklich gefundenes Fressen für diese Geier!“

„Abgesehen davon, dass der Aufschrei des Fremdenverkehrsamtes deutlich sein wird“, ergänzte sein Kollege: „Und noch weiß niemand, warum dieser Meinhardt so vollkommen blutleer war. Abgesehen natürlich von der brillanten Vampirtheorie unseres guten Doktors…Moment. Vampire. Ich glaube, da gibt es jemanden, den wir um Rat fragen können.“ Und da ihn sein Chef irritiert ansah: „Na, Vampir-Cullen von Interpol. Sagen Sie nur, Sie haben noch nichts davon gehört.“

Inspektor Andrassy war nicht in der Laune für Scherze: „Hätte ich sollen? Hat der Kerl etwa einen Nobelpreis bekommen?“

„Eigentlich heißt er ja Cuillin, ist Engländer, nein Schotte. Das macht wohl einen Unterschied. Und er hat diese Vampirmorde in Edinburgh und Mexiko geklärt, hieß es. Diese Blutsekten. Deswegen ja auch der Spitzname. Eine Anspielung. Cullen…Sie verstehen?“

„Nein.“

„Das ist aus einem Vampirroman, den meine Tochter zurzeit liest.“ Dann fiel ihm ein, dass sein Chef keine Kinder hatte: „Na, egal. Aber wenn wir ihn hinzuziehen, könnte das unserem Image förderlich sein. Falls er versagt, ist das sein Problem.“

„Mir ist gleich, wer was ist. Hauptsache, wir bekommen diese Mordsache Meinhardt schnell vom Tisch. Und wenn ich mich dafür mit Dracula persönlich treffen müsste.“
 

Lady Sarah Buxton sah ein wenig erstaunt auf, als ihr Gastgeber ein dickes, handgeschriebenes Buch auf den Tisch legte: „Darf ich fragen…?“

„Das ist das wichtigste Nachschlagewerk des Inquisitors.“ Der uralte Vampir nahm ihr gegenüber Platz: „Alle Vampire, die es je gab wurden hier auf Meldung ihres Meisters eingetragen, dem Alphabet nach. Nun, dem jeweiligen Alphabet des jeweiligen Kadash.“ Ihr Vorgänger lächelte ein wenig: „Wie sollte man sonst überprüfen können, ob Vampire betroffen sind? Nicht jeder ist von einer Ermittlung des Inquisitors erfreut. Erst im 17. Jahrhundert wurde diese Pflicht der Meister auf Wunsch des Hohen Rates abgeschafft.“

Sie öffnete es: „Das kann ich mir vorstellen.“ Und das bezog sich auf den vorletzten Satz. Zum letzten erkundigte sie sich: „Haben Sie schon etwas vom Hohen Rat gehört, Wombat?“

„Nein. Und das würden eher Sie. Sie sind der Inquisitor und werden zu jeder Tagung des Rates eingeladen. Wobei ich kaum bezweifle, dass John diesmal der Ernennung zustimmt. Er ist der mächtigste und älteste aller Vampire, die nicht im Rat sind und sich noch nicht zurückgezogen haben.“

„Das bedeutet, dass er sich auch nicht bald zurückziehen wird….“ Und sie wäre nicht ganz ohne väterlichen Rat.

„Er ist noch jung.“

Sarah entkam ein Lächeln. Ihr Adoptivvater war an die viertausend Jahre alt, aber Wombat war fast zehntausend Jahre älter, da konnte er diese Stellungnahme treffen. Erstaunt hörte sie in diesem Moment ihr Handy klingeln. Es gab nur wenige Wesen, die diese Nummer hatten: „Sarah Buxton?“

„Guten Tag, Lady Sarah.“

„Inspektor Cuillin!“ Sie war überrascht. Seit ihrem Kurzbesuch in Brüssel vor einem halben Jahr hatte sie nichts mehr von dem schottischen Interpol-Inspektor gehört: „Was verschafft mir denn die Ehre?“

„Sagen Sie nur, Sie haben noch nichts von dem neuesten Vampirmord gehört?“

„Ein Vamp…“ Sie musste ihren Schrecken niederkämpfen, sich daran erinnern, dass er Vampire für reine Fabelwesen hielt: „Äh, nein. Ich bin im Moment in der Nähe von Canberra auf Besuch bei einem alten Freund.“

Er atmete hörbar auf: „Schön für Sie. Dann haben Sie mal nichts mit einer blutleeren Leiche zu tun. – Oder würde Sie das interessieren?“

Schließlich hielt er sie für eine Reporterin – und für eine, die in dieser Hinsicht buchstäblich Blut geleckt hatte. Außerdem hatte er bereits feststellen dürfen, dass sie über äußerst fähige Informanten verfügte. Das wollte er sich zu Nutze machen. Und auch, wenn er dafür seine Schweigepflicht brechen musste. Stunde um Stunde war er um sein Telefon geschlichen. Kam heraus, dass er geplaudert hatte, dass er gegen seine Pflichten verstoßen hatte, würde er sein Amt verlieren, aber…Ja, aber. Ohne Lady Sarah und ihre Verbindungen wäre dieser Mord in USA nie geklärt worden, würde die Blutsekte weiter morden. Und er hatte an die beiden kleinen Kinder in Edinburgh gedacht, an deren blutleeren Leichen er sich geschworen hatte, so etwas nie mehr zuzulassen. Wer garantierte ihm, dass der Wiener Mord nicht nur ebenfalls der Anfang einer Serie war wie in seiner Heimatstadt? So war er zu dem schwerwiegenden Entschluss gekommen sie anzurufen. Gleich, was es ihn kosten mochte – nie wieder wollte er an den Leichen von Kleinkindern stehen und an seine eigenen denken müssen.

„Ehrlich gesagt, ja“, erwiderte die Jägerin der Jäger der Nacht wohlerzogen: „Wo wurde denn schon wieder eine blutleere Leiche gefunden? In Europa?“ Das war schließlich zu vermuten, wenn er zu dieser Nachtzeit anrief. Dort war Tag.

Er atmete unwillkürlich erneut ein wenig auf: „In Wien, genauer, in einem Vorort namens Grinzing. Walter Meinhardt wurde vollkommen blutleer im Garten eines gewissen Georg Bauer gefunden. Sein Nachbar. Klingelt es bei Ihnen?“

„Nicht wirklich. Sollte es?“ Unwillkürlich schlug sie allerdings in dem Buch vor ihr nach. Walter Meinhardt war nicht zu finden. Nun, ein blutleerer Vampir hätte sie auch verwundert. Aber Bauer….Georg Bauer in Wien….Das war ein Vampir. Hatte er etwa die grundlegendste Regel ihres Volkes vergessen? Die der Unauffälligkeit? Das wäre ein Fall für den Kadash.

„Schade“, meinte der Inspektor: „Wie lange sind Sie noch in Australien?“

„Sie haben mich doch nicht angerufen, um mich hier zu lassen, oder?“ Überdies musste sie nun die Angelegenheit überprüfen, das war schließlich ihre Pflicht.

„Kommen Sie nach Wien? Das freut mich. – Ich wohne in einem Hotel direkt am Westbahnhof.“ Er nannte den Namen: „Da können Sie nach mir fragen.“

„Ich werde es tun. Bis dann, Inspektor Cuillin.“ Sie drückte die Taste ihres Handy und sah auf: „Es tut mir Leid, Wombat, aber ich fürchte, ich muss nach Wien.“

Der alte Vampir nickte: „Das ist das Leben des Kadash. Nun, ich werde hier auf Sie warten. Einiges müssen Sie noch lernen, wie zum Beispiel die tödlichen Kugeln des Inquisitors zu gießen.“

„Danke.“
 

Nur vierundzwanzig Stunden später landete Sarah in Wien-Schwechat, nicht sonderlich überrascht am Flughafen erwartet zu werden. Sie lächelte: „Sie sind in der Tat ein sehr guter Polizist, Inspektor.“

„Ich nahm an, dass Sie nichts mehr in Canberra halten würde – und das war der erste Direktflug. Sind Sie sehr müde?“

„Nein, ich habe im Flugzeug geschlafen.“ Nun, eher gejagt, aber das war nichts, was er erfahren sollte: „Um was geht es?“

„In welchem Hotel sind Sie?“

„Ich nahm das Gleiche wie Sie. Ich fand das praktischer.“

„Oh.“ Kenneth Cuillin lächelte etwas: „Das wird Sie dann enttäuschen. Mein Chef zahlt nicht gerade nobel. Aber das Frühstücksbüfett ist phantastisch.“

„Fein.“ Sie tat erfreut, obwohl sie nur der Regel der Unauffälligkeit zuliebe davon essen würde: „Dann fahren wir hin und Sie erzählen mir, was los ist?“

„Kommen Sie zu den Taxis.“
 

Im Hotel stellte der Inspektor rasch fest, dass sie sich nicht nur ein einfaches Zimmer wie er genommen hatte, sondern eine Suite, die aus Schlaf- und Wohnzimmer bestand. Nun ja, Lady Sarah. Er hatte ja schon in London gesehen, dass da Adel und Reichtum beisammen war. Er wartete im Wohnzimmer höflich bis sie umgezogen zurückkehrte und sich setzte.

„Der Tote heißt…hieß Walter Meinhardt. Man fand ihn auf dem Grundstück seines direkten Nachbarn, eines gewissen Bauer, Georg Bauer. Ein Bauunternehmer. Da er vollkommen blutleer war, dort aber kein Blut gefunden wurde – nirgendwo, übrigens – machten natürlich Gerüchte um einen Vampir die Runde. Und den ermittelnden Beamten hier in Wien, einem Inspektor Andrassy und einem Wondraczek, fiel ein, dass meine Wenigkeit mit den Blutmorden in Edinburgh und Mexiko zu tun hatte und forderten mich an. Wissen Sie, dass ich inzwischen den Spitznamen: Vampir-Cuillin habe?“

„Oh je…nun ja, Sie hatten ja auch schon zweimal mit so etwas zu tun. – Sie sagten, die Leiche war blutleer – aber auch kein Blut in der Umgebung?“

„Ja. Keines in der Umgebung der Leiche, aber auch keines in seinem Haus. Wie gesagt, gleich nebenan. Meinhardt lebte allein, so dass es auch keine Zeugen gibt wie er in Nachbars Garten gelangte. Immerhin ist der von einer zweieinhalb Meter hohen Mauer umgeben und das Tor ist zumeist geschlossen. Überdies sitzt da ein Wächter.“

Georg Bauer war ein Vampir und besaß sicher wie viele altes Geld, so dass weder das Grundstück noch Angestellte an sich merkwürdig waren. Aber dennoch – kein wahrer Vampir war doch in der Lage, einen Menschen leer zu trinken. Das schafften nur Gebissene. Hatte Bauer etwa das ungeheuerliche Verbrechen begangen, solche unglücklichen Wesen erschaffen? Dann war dies sein Todesurteil. Aber zunächst benötigte sie weitere Informationen. Die Pflicht des Kadash war es zu ermitteln, dann erst zu urteilen und zu richten: „Also kann man davon ausgehen, dass das Opfer nicht uneingeladen durch das Tor ging.“

„Wir, also die Wiener Kollegen und ich, vermuten, dass er tot war, ehe er dort im Gebüsch abgelegt wurde. Was natürlich bedeuten würde, dass jemand mit seiner Leiche im Arm mal eben über diese hohe Mauer gesprungen ist. Und das hat nicht einmal Errol Flynn geschafft.“

„Äh, wer?“

„Sagen Sie nur, Sie haben nie einen Film mit ihm gesehen? Die werden doch dauernd im Fernsehen wiederholt.“

„Nein“, gestand sie: „Ich habe es nicht so mit Fernsehen.“

„Er war ein bekannter Schauspieler für Heldenrollen. – Zu Meinhardt: die hiesige Polizei hat so gut wie nichts über ihn herausgefunden, was an sich schon verdächtig ist. Keine Arbeit, keine Hobbies, keine Bekannten, keine Fehler.“

„Aber er muss doch von etwas gelebt haben?“

„Ja. Zehntausend Euro im Monat wurden auf sein Konto eingezahlt. Immer bar.“

Sarah starrte den Inspektor an. Der nickte.

„Sie haben recht gehört.“

„Was auch immer er machte – es war lukrativ. Erpressung?“

„Wir finden keine Beweise. Und die Einzahlungen erfolgten immer in anderen Filialen. Bislang konnte sich niemand an den Einzahler erinnern. Alle Personen, die Meinhardt kannten, schwärmten, wie nett er sei, wie freundlich, wie hilfsbereit. Gegen den war nach den Zeugenaussagen Albert Schweitzer ein Bösewicht.“

Sarah verschluckte gerade noch ihre Frage, wer das denn gewesen sei, da sie sich erinnerte: „Nun, immerhin ein Friedensnobelpreisträger. Da stimmt doch etwas nicht.“

„Das stimmt wiederum. Und das, natürlich abgesehen von persönlichen Sympathien, war der Grund, warum ich Sie anrief. Sie haben sehr gute Kontakte. Könnten Sie die bemühen?“

„Ich werde sehen, was ich tun kann. Und erst einmal sollte ich mit Bauer reden.“

„Der ist heikel. Verschlossen wie eine Auster. Das ist übrigens auch verdächtig bei jemandem, auf dessen Grundstück man eine Leiche fand.“

„Vielleicht redet er lieber mit einem Reporter als mit der Polizei.“ Und ganz sicher würde er mit dem Kadash reden. „Ich bräuchte nur seine Adresse.“

„Natürlich. Ich schreibe sie Ihnen auf. Sie kommen von hier auch ohne Auto einfach nach Grinzing. Mit der Hochbahn, dann umsteigen in die Straßenbahn bis zur Endhaltestelle in Grinzing. Dann müssen Sie die Hauptstrasse geradeaus gehen, an den ganzen Touristenkneipen vorbei. Man nennt sie Heurigenlokale, da wird der neue Wein ausgeschenkt, wurde mir erklärt. Und dann werden die Häuser kleiner, die Strasse enger...Nun, Sie werden es sehen.“

„Heurigenlokale? Oh, das erinnert mich an diesen Film…“

„Ich dachte, Sie sehen nicht fern?“ fragte der erfahrene Ermittler prompt.

Sie kannte ihn doch schon etwas und lächelte nur: „Das war im Kino. Der dritte Mann. Ich war mit Thomas…unserem Butler da. Mein Geburtstagsgeschenk an ihn.“ Sie würde wohl besser nicht erwähnen, dass es der vierhundertste gewesen war.

„Der dritte Mann? Mich wundert, dass Sie auf so einen alten Film…oh, wohl der Butler.“

„Ja.“ Mehr sollte sie dazu nicht sagen, ehe er sich noch wunderte, warum sie 1946 im Kino gewesen war.

„So, hier ist die Adresse. Fahren Sie heute noch hin? Das wäre gut für mich. Oh, und es wäre nett, wenn Sie niemandem gegenüber etwas davon erwähnen würden, dass Sie mich kennen oder wir gar zusammenarbeiten.“

Sarah lächelte. Das war auch ganz in ihrem Sinn: „Ich habe nicht die Absicht, Ihre Lorbeeren zu stehlen.“

Unwillkürlich richtete sich der Polizeiinspektor auf: „Ich mache meine Arbeit um Menschenleben zu retten, nicht um Ruhm oder Reichtum zu ernten. Und ich hätte gedacht, dass Sie das verstehen würden!“

„Verzeihen Sie, bitte“, bat sie fast erschrocken, dass er ihren harmlos gemeinten Scherz so auffasste: „Ich weiß, wie Sie schon in Edinburgh bemüht waren, die Mordserie zu verhindern, wie sehr Sie Anteil nahmen, gerade an den Kindern.“ Sie hatte zwar gewusst, dass er seinen Beruf ernst nahm, ja, sich persönlich getroffen gefühlt hatte, aber jetzt erst erkannte sie das gesamte Ausmaß: „Ich respektiere Sie und Ihre Einstellung, wirklich…“

Er amtete durch: „Ich reagiere wohl ein wenig überempfindlich. Manche Kollegen haben etwas gegen Reporter. Ich habe auch nur bei Ihnen gelernt, dass Sie verschwiegen sind.“ Er hob die Hand: „Ich werde mich jetzt auch auf den Weg machen und in der Gerichtsmedizin nachfragen, ob sie endlich herausgefunden haben, warum Meinhardt blutleer war und woran er gestorben ist.“

„Das wissen sie noch immer nicht?“

„Das Problem ist, dass sie nicht wissen, wonach sie suchen sollen. Alles, was sie an Verletzungen gefunden haben, war ein Stich in den Oberschenkel, aber wohl nicht einmal von einem Messer. Da wollten sie weiter machen. Auch nach Drogen suchen und so weiter. Das dauert.“

„Darf ich mir dann auch das Haus des Opfers ansehen?“

„Ich werde mir Ihnen hingehen. Aber Sie werden nichts finden. Die Kollegen der Rechtsmedizin waren akribisch – und unser Opfer hat einem Innenarchitekten freie Hand gelassen. Alles sehr aufgeräumt.“

„Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie Erfolg haben.“

„Auch Sie.“
 

Sarah kaufte sich an der Rezeption ein Touristenticket für drei Tage und erkundigte sich nach den Nummern der Bahnen. Ihr Deutsch war nicht sonderlich gut, aber dafür reichte es. Wie viele Vampire verbrachte sie viel Zeit mit Sprachen lernen. Lord John hatte das auch stets gefördert.
 

Nur eine halbe Stunde später stieg sie in Grinzing aus der Straßenbahn. Mit einem raschen Blick vergewisserte sie sich, dass diese tatsächlich hier wendete, ehe sie durch den Torbogen auf die Hauptstrasse des Weinortes trat. Um diese Tageszeit oder eher Abendzeit waren eine Menge Menschen unterwegs und sie entdeckte recht und links die Heurigenlokale, in deren beleuchteten Gärten die Gäste saßen, ohne freilich mehr als einen Blick darauf zu werfen. Ihr Ziel lag woanders und so folgte sie der allmählich ansteigenden Straße. Einmal musste sie noch nach dem Weg fragen, dann fand sie das Haus des Opfers, wie zu erwarten durch die menschliche Polizei versiegelt. Aber sie interessierte sich auch mehr für das Nachbargrundstück. Immerhin sollte hier ein Vampir wohnen.

Die Mauer darum war wirklich ungewöhnlich hoch. Anscheinend schätzte Georg Bauer seine Ruhe – und hatte sie dennoch nicht gefunden. Nur, wie war der Tote darüber gekommen? Für einen Vampir war es möglich, ihn zu werfen, aber wer war so dumm und legte sich eine Leiche in den eigenen Vorgarten, wenn er mit dem Tod zu tun hatte? Sie würde wohl wirklich fragen müssen, natürlich nur als Mitarbeiterin des Inquisitors. Das erschreckte die Betroffenen doch deutlich weniger. Sie klingelte am Tor.

Ein großer und breitschultriger Mann öffnete eine Klappe: „Wir geben keine Interviews und kaufen nichts.“

„Ich habe etwas für Herrn Bauer.“ Das war kein Vampir, sie musste behutsam sein. Immerhin interessant, dass er solches Sicherheitspersonal hatte. Sie zog die Plakette des Kadash aus der Tasche: „Geben Sie es ihm und sagen Sie ihm, dass ich mit ihm sprechen möchte.“

Der Wächter nahm die silberne Plakette. Das Zeichen darauf kannte er nicht, zwei Hände, die sich zur Faust geballt wie schützend über etwas wölbten, umrahmt von belaubten Zweigen: „Das soll Herr Bauer kennen?“

„Geben Sie es ihm einfach.“ Und Gnade wer auch immer diesem törichten Vampir, wenn er das Zeichen des Kadash nicht erkennen würde.

„Und Ihr Name?“

„Er wird ihn wissen.“ Nun ja, zumindest ihre Funktion. Sie hatte in Edinburgh und Mexiko gelernt, dass sie mit ihrem wahren Namen nicht hausieren gehen sollte.
 

Tatsächlich kehrte der Wächter nur Minuten später zurück und öffnete: „Er will Sie sprechen.“ Das klang erstaunt: „Äh, hier, Ihre Marke.“

„Meine..?“ Das Wort kannte sie nicht, aber sie nahm die Plakette wieder an sich.

„Ich dachte, Sie sind von den Bullen.“

Sah sie etwa wie eine Kuh aus? dachte Sarah irritiert. Hoffentlich konnte Bauer englisch sprechen, sonst würde das noch problematisch werden. Sie sollte wirklich mehr Zeit mit Sprachen lernen verbringen. Sie warf einen raschen, unwillkürlichen Blick durch den Garten, ehe sie durch die Dämmerung dem Wächter in das Haus folgte.
 

********************************
 

Im nächsten Kapitel führt Lady Sarah ein Interview mit einem Vampir, während ihr menschlicher Partner die Gerichtsmedizin aufsucht.
 

Ein schönes neus Jahr euch allen.
 

bye
 

hotep



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  don-kun
2011-04-04T21:29:33+00:00 04.04.2011 23:29
Ah, endlich hab ich wieder mal die Zeit gefunden, etwas von dir zu lesen. Es fängt sehr vielversprechend an :)

Kennst du denn Wien und den Ort der Handlung? Von euch ist es ja nicht ganz so weit ...
Von: abgemeldet
2010-01-06T23:08:16+00:00 07.01.2010 00:08
Vielleicht hätte Cuillin statt Flynn eher Bela Lugosi erwähnen sollen... ;) Der Wortwitz mit Marke und Bulle/Kuh war lustig, obwohl ich nicht glaube, dass sich solche Schnitzer mit Sprachunterricht allein vermeiden lassen, in jedem Fall finde ich sie sehr sympathisch.

Was den Mord angeht, heißt es zwar immer der Täter würde zum Tatort zurückkehren, aber so viel Dreistigkeit den soeben Ermordeten im eigenen Vorgarten abzulegen wäre vermutlich selbst für einen mächtigen, alten Vampir ein wenig zu viel des Guten. Allerdings lernen wir Bauer erst im nächsten Kapitel kennen, wer weiß was er für ein Vampir ist - und wen er sich möglicherweise zum unversöhnlichen Feind gemacht hat.

LG

Zwiebel
Von:  Teilchenzoo
2010-01-04T14:44:13+00:00 04.01.2010 15:44
Endlich wieder was von Lady Sarah^^!

Die Anspielung auf Twilight war gut^^ ... jaja, den meine Tochter liest ...

So eine hohe Mauer ... hat da jemand eine Abneigung gegen Bauer, und ihm deshalb eine Leiche in den vorgarten gelegt? Sowieso, wenn der Hausherr so eine Abneigung gegen die Polizeiz hat, wieso hat er die Leiche dann nicht einfach verschwinden lassen? Hat ein dienstmädchen den Toten gefunden? So viele Fragen ... ich bin wirklich gespannt, was der Kadash rauskriegt.

Nett von Cuillin, Sarah anzurufen und hinzuzuziehen. Trotz des eigenntuzes ;).

Dann warte ich mal voller Ungeduld das nächste Kapitel ab.

Lg neko
Von:  kiji-chan
2010-01-01T20:55:42+00:00 01.01.2010 21:55
Ein netter Anfang.
Sarah wird nicht vom hohen Rat informiert, sondern von Inspektorchen.
Da stimmt etwas gewalltig nicht!

Die Andeutung an Twilight war gei~l! So geil. Vampirroman, den meine Tochter liest. loooool

Der Exkurs über deutsche Sprache und über Wien war witzig. Das Hotel beim Westbahnhof ist das, in dem ihr gerne übernachtet (Namen vergessen)?

Ein noch besseres Neues Jahr!


ncha!
Kiji
Von:  dice70391
2010-01-01T17:44:35+00:00 01.01.2010 18:44
...netter Verweis auf die andere große Vampir-Saga neben deiner...aber Cuillin unf Cullen hört und liest sich ja auch fast gleich...

bin schon sehr gespannt welche Entwicklungen sich in diesem Fall noch ergeben...

dice
Von:  Nex_Caedes
2010-01-01T02:21:37+00:00 01.01.2010 03:21
Und zum Jahres anfang eine Spannende Vampier geschichte.

Frohes Neues
Nex Caedes


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