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Im Drachenland

von

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Die Insel

Ich schlich mehr oder weniger auf den See zu, wo sich die Drachen tummelten.

Ich suchte mir ein ruhiges Fleckchen und ging dann langsam auf das Wasser zu. Leichte Wellen schlugen ans Ufer und ich trat vorsichtig heran.

Ein großer roter Kopf schob sich langsam ins Spiegelbild des Wassers. Auf einmal zuckte er zurück und es dauerte einen Moment, ehe ich begriff, das ich es war.

Langsam sah ich wieder in die Wasseroberfläche und beobachtete verdutzt und neugierig meine momentane Erscheinung.

Ich war rot, sehr rot und ich hatte offenbar blaue Augen. War das normal bei Drachen?

Ich sah die riesigen Zähne, die schuppige Haut und trat zwei Schritte ins flache Wasser, um den Rest meiner Gestalt bewundern zu können.

Offenbar war ich als Jormugander, als Kampfdrache aufgewacht.

>Naja, besser als ein Transportdrache.<, dachte ich mit leichter Ironie, denn ich hatte keine Lust, meine Drachenzeit mit dem Hin- und Herfliegen von Holz, Eisen, Steinen und Riox zu verschwenden. Ich grinste leicht und der Drachenkopf auf der Wasseroberfläche zog die Lefzen hoch und ließ die riesigen Zähne blicken. Okay, Lachen war eine Entgleisung der Drachengesichtszüge und wirkte eher eindrucksvoll als belustigt. In Natura fand ich mich noch schöner als auf dem Bild, welches ich kannte und drehte mich eitel ein bisschen um die eigene Achse.

Ein lautes Platschen und ein kühler Wasserregen unterbrach mich in meinen Selbstbetrachtungen. Die Wasseroberfläche kräuselte sich, mein Spiegelbild verschwand und vor mir stand ein kleineres, schlammiges, braunes Etwas.

“Da bist du ja wieder.”, meinte es, tauchte unter und vor mir stand ein deutlich sauberer, grünlichgelber Berserker. “

Ich nickte erst einmal vorsichtig, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich gewesen sein sollte.

“Ich hab gehört, ihr seid völlig umsonst mitgeflogen, da war keine Verteidigung.”, meinte das kleinere Geschöpf und seine Augen blickten sehnsüchtig Richtung Meer. “Ich wäre ja gerne mitgekommen, aber der Herrscher schickt bei solchen Angriffen immer nur euch mit, weil...” Der Rest des Satzes blieb in der Luft hängen und der kleine Drache zuckte nur mutlos mit den Schwingen.

“Beim nächsten Mal bist du bestimmt an der Reihe.”; ließ ich verlauten, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich gewesen sein sollte, noch wohin der kleine Drache unbedingt wollte.

Er sah mich an, nickte dann entschlossen und wandte sich wieder ab. “Schön, das ihr alle heil wiedergekommen seid, ihr seid immer so durch den Wind, wenn ihr euch erneuert.”, rief er noch schnell über seine Schulter und tollte sich dann wieder zu den anderen.
 

Mir schwirrte der Kopf.

Erneuern? Verteidigung?

Ich hatte keine Ahnung, wovon der Berserker gesprochen hatte und die Situation schien immer verrückter zu werden.

Ich beschloss, den Drachen aus dem Weg zu gehen, und mich auf der Insel ein wenig umzusehen. Vielleicht gelang es mir unterwegs, meine Gedanken zu ordnen und außerdem, wenn ich schon einmal die Gelegenheit hatte, ein Drache zu sein, dann wollte ich auch wissen, wie sie lebten und wo ich mich befand.
 

Ich ließ den See und die Drachen hinter mir und machte mich auf wackeligen Beinen auf in Richtung Wald.

Hier war es angenehm ruhig und ich schlenderte durchs Buschwerk, während ich die ganzen Ereignisse zu sortieren versuchte und acht geben musste, das ich mit den Schwingen nicht am Gehölz hängen blieb.

Die Schwingen!

Natürlich, wenn ich ein Drache war und Flügel hatte, dann konnte ich auch fliegen. Riesige Freude stieg in mir auf und meine Schuppen kribbelten. Ich spannte die Muskeln, schloss die Augen, bereitete mich zum losfliegen vor und merkte gerade noch, dass ich direkt an eine riesige Eiche gekracht wäre, wenn ich mitten im Wald diesen Versuch zu Ende durchgeführt hätte.

Ob Drachen auch Beulen und blaue Flecke bekamen?

Noch während mir die Frage durch den Kopf ging, beschloss ich, dass ich heute keine Lust hatte, die Antwort darauf herauszufinden. Ich war schon durcheinander genug.

Also bewegte ich mich auf meinen vier Klauenfüßen weiter durchs Dickicht, bis es sich wie von Zauberhand lichtete und ich auf etliche Gebäude starrte.
 

Menschen tummelten sich zwischen den einzelnen Häusern und ich beobachtete das Treiben staunend.

Drei Gebäude fielen mir sofort ins Auge, weil sie riesengroß waren und dennoch an ihnen gebaut wurde.

Aus riesigen Schornsteinen quoll Rauch heraus. Junge Männer schleppten massenweise Holz hinein und Steine und Eisen heraus. Steinbruch, Eisenschmiede und Holzverarbeitung. Drachen standen in der Nähe und bekamen Platten aus Stahl auf die Köpfe probiert. Sie liessen die Prozedur geduldig über sich ergehen und grummelten leise miteinander, während die Menschen sich beeilten.

Wow, ich hatte ja keine Vorstellung, wieviele Rohmaterialien hier verarbeitet wurden und wieviele Menschen es gab.

Aber angesichts der vielen Drachen auf der Wiese, wurde mir klar, das diese Ressourcen auch dringend benötigt wurden. Es war eben doch etwas anderes als es nur auf dem Bildschirm zu sehen.

Ich verließ meinen Beobachtungsposten im Wald und sah mir die Gebäude näher an.

Zuerst kam ich an der Eisenschmiede vorbei.
 

Ich sah riesige Schmelzöfen in großen Hallen. Überall waren Menschen damit beschäftigt, glühendes Eisen aus den Öfen zu holen und mit dem Hammer in Form zu schlagen.

Entlang der Hallenwände standen tausende von Stahlplatten, alle nur für die Ausrüstung der Drachen bestimmt.

Einer der Jungs machte einige Schritte in meine Richtung, aber da ich schon ohne diese Gewichte am Körper Schwierigkeiten mit der Koordination hatte, bewegte ich mich schleunigst weg von der Eisenschmiede und sah mir den Steinbruch genauer an.

Es wurde während des Ausbaus gleichzeitig gearbeitet und so kam es mir vor, wie eine chaotische Menschenansammlung bestehend aus Bauarbeitern und welchen, die die Steine förderten und in ihre Form schlugen.

Die Bauarbeiter schleppten Holz und Eisenteile heran, aus allen Ecken drangen Klopf- und Hammergeräusche bis mir die Ohren klingelten und ich weiterzog.

Also die Produktionsgebäude waren nichts für empfindliche Drachenohren, wie ich fand, allerdings wäre ich wohl auch in menschlicher Gestalt hier aspirinabhängig geworden.
 

Ich zog weiter durch das Dorf, oder Kleinstadt oder wie auch immer man das hier bezeichnete.

Ich kam vorbei an einem Haus, wo seltsam, stechende Düfte in meine Nase stiegen, die ich nicht einordnen konnte, aber irgendwie war meine Neugier mit meinem Geruchssinn abhanden gekommen. Ich wollte gar nicht wissen, woher sie entstammten oder wer sie verursachte.

Ich bog nach links ab und stand auf einem Platz, wo finster aussehende Drachen, die ich unter ihrer Rüstung als Phytons erkannte einen kleinen Holzverschlag bewachten. Davor standen schwer beladene Transportdrachen.

Lehrlinge waren mit dem Abladen beschäftigt und unter den kritischen Augen der Phytons verschwanden sie in dem Holzverschlag, während wieder andere heraustraten.

Ich schüttelte den Kopf, erstaunt darüber, wieviele Menschen in diese ca. vier mal vier Meter große Hütte passten und stellte mir vor, wie sie sich darin gegenseitig auf die Füße traten.
 

“Hey du!”

Einer der Phytons wandte mir seinen riesigen Kopf zu und seine stechenden schwarzen Augen borten sich in meine, im Vergleich mit ihm, minimale rote Erscheinung.

Unwillkürlich wich ich drei Schritte zurück. “Ja?”

>Drachengrollen konnte also auch piepsig klingen.< schoss mir durch den Kopf, während ich auf die Antwort des Großen wartete.

“Hast du auch was abzuladen?”, wollte der auch prompt ungeduldig wissen.

Abladen?

Ach so, mir gingen ganze Kronleuchter auf. Ich stand vor dem Eingang der Drachenhöhle, die ja unterirdisch angelegt war. Deswegen passten so viele Leute gleichzeitig herein.

“Also, was ist nun?” Der Phyton kam einen Schritt auf mich zu und ich wich noch vier Schritte zurück und schüttelte wild mit dem Kopf.

“N... nein, k... keine Sachen zum Abladen.”, stotterte ich schnell und hoffte, damit wäre das Gespräch beendet.

Der Große blickte grollend in meine Richtung.

“Dann troll dich!”, brummte er dann. “Hier herumlungern ist nicht erlaubt, wie du weißt.”
 

Nein, wusste ich nicht, aber ihm das zu erklären hätte ihn vermutlich überanstengt und mir einen Satz heiße Ohren beschert, also beschränkte ich mich auf ein Nicken und machte auf dem Absatz kehrt.

Wenn ich jetzt nach rechts abgebogen wäre, wäre ich da lang gekommen, wo ich hergekommen war, aber die Neugier trieb mich weiter geradeaus.

Vor mir stand ein riesiges helles Gebäude aus weißen Steinen, ohne Fenster und Türen und mit Durchgängen groß genug für alle Drachen.

Menschen gingen hinein oder kamen lachend heraus, Gruppen von Männern in langen Gewändern, die angeregt miteinander diskutierten und auch hier waren überall Drachen.

Ich befand mich im Hauptstadtgebäude, Sitz des Herrschers über die Insel, die Menschen und Drachen hier.

Wenn ich herausfand, auf wessen Insel ich mich befand, dann konnte ich vielleicht mit ihm oder ihr reden und meine missliche Lage erklären?

Voller Elan schloss ich mich also einer Gruppe von Glaurungs an, die eben ins Gebäude gingen.

Ich folgte ihnen bis zu einem großen Raum und wollte auch weiter hinterher gehen, als der Letzte sich auf einmal zu mir herum drehte und ein drohendes Grollen in meine Richtung ausstieß. Ich blieb wie angewurzelt stehen.

“Du bist ein Angriffsdrachen.”, knurrte er “Du hast hier nichts verloren.”

“W... okay.”, erwiderte ich schnell, denn eine Frage nach dem Warum hätte ihn vermutlich verärgert und das war das letzte, wonach mir der Sinn stand.

Ich hatte keine Ahnung, welche Regeln es hier gab, für wen sie galten oder wie ich mich zu verhalten hatte. Im Moment, Auge in Auge mit einem grummeligen Glaurung blieb mir nur der geordnete Rückzug.

“Ich war in Gedanken.”, brummte ich und wandte mich ab.

Ich wanderte noch eine Weile im Hauptstadtgebäude herum, aber ich fand weder heraus, wer der Herrscher war, noch ob er überhaupt da war.

Ich war ratlos und inzwischen auch hungrig.

Ich überlegte flüchtig, wann ich das letzte Mal etwas gegessen hatte, aber ich konnte mich nicht mehr erinnern. Kein Wunder, das mein Magen inzwischen Purzelbäume schlug.

Nur, wo bekam man als Drache etwas zu fressen her? Und was noch viel interessanter war, was bekam eigentlich ein Drache hier zu fressen?
 

Da ich im Hauptstadtgebäude vermutlich nicht fündig werden würde, begab ich mich wieder nach draußen. Ich wusste ja, das es eine Jagdhütte gab und auch jede Menge Fleisch, ich musste also nur herausfinden, wo sie sich befand.

Ich wanderte weiter durch die Ortschaft, jetzt nur noch von Hunger getrieben. Ich fand das Haus des Drachenmeisters und den Energietempel, die Jagdhütte jedoch fand ich nicht.
 

Grummelnd verzog ich mich zurück in den Wald und überdachte meine Lage.

Ein neuer Gedanke schoss mir durch den Kopf und ich knurrte noch lauter. Oder war es mein Magen?

Die Jagdhütte versorgte die Drachen auf den Flügen, zumindest war es im Spiel so. Wenn also das Spiel für mich jetzt Realität geworden war, dann hatte ich ein Problem, denn auf der Insel versorgten sich die Drachen selbst.

Nur womit?

Sollte ich etwa auf die Jagd gehen müssen? Und wenn ja, was sollte ich jagen? Ich konnte keiner Fliege was zuleide tun und außerdem, rohes Fleisch gehörte noch nie zu meinen Lieblingsgerichten.

Ich bezweifelte doch stark, das die Drachen sich ihr Fleisch weich brieten und dazu Kartoffeln und Gemüse verzehrten.

Jetzt, fand ich auf einmal, war es ein guter Zeitpunkt aufzuwachen.



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