Zum Inhalt der Seite

Im Drachenland

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Erwachen

Ich erwachte, weil mir die Sonne warm auf den Bauch schien und öffnete ein Auge. Ich sah seltsam strahlend blauvioletten Himmel, die Sonne stand im Zenit und ich schob die Farbe des Himmels darauf, das sie mich blendete. In nicht weiter Entfernung hörte ich das leise Rauschen des Meeres, Wellen, wie sie gegen Felsen brandeten.

Was für ein schöner Traum. Ich schloss meine Augen erneut und seufzte genüsslich auf.

Ein leises Grollen drang an mein Ohr. Es klang weder bedrohlich noch gefährlich, dennoch hatte ich diesen Ton noch nie vorher wahr genommen.

Es klang wie aus mehreren Kehlen zugleich, tief und beruhigend.

Dieses Geräusch zwang mich, meine Augen erneut zu öffnen und ich war immer noch auf der Insel.

Ich hob den Kopf um mich nach dem Verursacher des Grollen umzusehen...

...und starrte auf einen blassrosa, schuppigen Bauch.

Meinen blassrosa, schuppigen Bauch.

Ich schrie auf, aber es war kein Schrei sondern eher ein lautes Brüllen. Und ich brüllte gleich noch ein zweites Mal.

Nun war es nicht mehr nur das blanke Entsetzen, nein ein Schmerz mischte sich in meinen Schrei, als Feuer aus meiner Nase brach und mir den Bauch verbrannte.

Ich versuchte mich auf die Beine zu kämpfen, aber der Versuch scheiterte kläglich, da ich keine Ahnung hatte, wie ich mit vier krallenbewaffneten, verkrümmten Gliedmaßen und zwei offenbar aus meinem Rücken wachsenden Flügeln von der Rückenlage auf die Füße, ich mein Krallen kommen sollte.

Ich fiel zurück und blieb wie eine Schildkröte auf dem Rücken im kühlen Gras liegen und wartete darauf, das ich aufwachte.

Die Schuppen auf dem Bauch brannten noch leicht, aber der Schmerz ebbte schnell ab und auch aus meiner Nase drang nur noch weißer Rauch.
 

Auf einmal schob sich ein riesiger, schwarzer Kopf direkt in mein Blickfeld und ich erstarrte erneut vor Schreck. Den Brüller konnte ich gerade noch unterdrücken, denn ich glaube, das Geschöpf mit den glühenden Augen hätte es bestimmt nicht witzig gefunden, wenn ich ihm die Nase verbrannt hätte.

Feuer, Drachen, das Meeresrauschen...

Offenbar war ich im Traum Teil einer meiner eigenen Inseln geworden und zwar nicht als Herrscher, sondern einer der Bewohner.

Moment mal, spürte man denn im Traum Schmerzen?

Eigentlich nicht und die schuppigen Schuppen, die statt weicher Haut meinen Bauch bedeckten brannten immer noch sehr real. Ich blinzelte. Und blinzelte noch einmal.

Der Schmerz blieb und der schwarze Kopf vor meiner Nase blieb ebenfalls.

Das Geschöpf schnaubte kurz auf und es klang sehr missbilligend in meinen Ohren. Dann wandte es sich ab, verschwand und kurz darauf hörte ich ein leises melodisches Grollen: “Sie träumt mal wieder von großen Taten.”

Das Grollen, es war kein Grollen, es war die Sprache, in welcher der Drache sich offenbar mit den anderen unterhielt. Und ich verstand jedes Wort.
 

Mir entgleisten vermutlich gerade alle Gesichtszüge, sofern das bei Drachen ging, als ich mir meine momentane Lage bewusst machte.

Ich war auf einer Insel, ich lag auf dem Rücken, ich verstand Drachensprache, ich war offenbar ein Drache, denn ich spuckte Feuer und das schlimmste, ich hatte keine Ahnung, wie sich ein Drache aus der Rückenlage erhob, ohne lächerlich auszusehen.
 

Ich blieb noch viele Minuten liegen, starrte in den violetten Himmel und überdachte meine Lage. Ich hatte keine Ahnung, wie ich hergekommen war, noch wo ich war, noch was genau ich war.

Aber langsam wurde ich auch neugierig.

Also startete ich einen neuen Versuch, auf meine vier Gliedmaßen zu kommen. Es gestaltete sich nicht einfacher als beim letzten Mal, ich zappelte und strampelte und auf einmal fiel ich auf die Seite.

Ich hatte die Flügel vergessen. Ein Mensch würde sich an den Kopf greifen, als Drache blieb mir nur ein empörtes Schnauben, wobei ich das Gras vor mir bis auf die Erde absengte.

Ich probierte die neuen Muskeln auf dem Rücken aus und tatsächlich, ich schaffte es, mich nach oben zu schieben und endlich stand ich.

Ich wackelte mit dem Kopf und sah mich um, laufen traute ich mir dann doch nicht zu, ehe ich mich nicht an das ungewöhnliche Gefühl meines neuen Körpers gewöhnt hatte.
 

Ich befand mich auf einer Wiese aus duftendem grünblauem Gras, welche zu meiner linken steil abfiel. Dahinter war das Meer, tiefblau und wunderschön. Ich erkannte weitere Inseln am Horizont und zwei Dinge wurden mir bewusst.

Als Drache konnte ich offenbar wesentlich weiter und schärfer sehen und ich hatte eine verzerrte Sicht, alles wirkte sehr viel mehr Blau, als wenn ich es wie ein Mensch wahrnehmen würde.

Wieder hörte ich ein leises Schnauben und wandte den Kopf in Richtung des Geräusches.

Ich erstarrte vor Ehrfurcht.

Vor mir auf der Wiese befanden sich Drachen, Tausende von ihnen in allen Farben. Manche lagen gemütlich beieinander und dösten in der Sonne, andere tummelten sich in einem See, einige waren auch mit Fressen beschäftigt.

Sie waren wunderschön.
 

Vorsichtig bewegte ich die linke Klaue nach vorn und siehe da, es sah gut aus. Ich freute mich wie ein Honigkuchenpferd und zog die Rechte nach und landete auf dem Bauch.

Ich hatte vergessen, das ich als Drache ja auf allen Vieren unterwegs sein musste.

Zweimal Schnauben später startete ich den nächsten Versuch und setzte mich in Bewegung. Zuerst ganz langsam, aber ich bekam ein Gefühl für die Bewegungsabläufe und wurde schneller.

Als ich an der ersten Herde im Gras liegender Drachen vorbei kam, hörte ich ein leises Lachen.

“Du solltest deine Schwingen besser einziehen, Kleines, oder du wirst getreten.”, hörte ich eine tiefe, männliche Stimme sagen und sah verwundert in diese Richtung.

Der Drache, der mich angesprochen hatte, putzte sich genüsslich die Krallen und sah mich nur flüchtig an. Er war riesengroß, schwarz und furchteinflößend mit all seinen schimmernden Schuppen, aber im Moment sah er eher gelangweilt und belustigt aus.

“Redest du mit mir?”, fragte ich verblüfft zurück.

“Natürlich du Schnarchnase.”, erwiderte er. “Du bist der einzige Drache, den ich kenne, der auf dem Rücken liegt und jedes Mal vergisst du, deine Schwingen wieder einzuziehen.” Ein leises Grollen, das mich an ein Lachen erinnerte, drang aus seiner Kehle. “Ich frage mich nur gerade, was du heute geträumt hast, du siehst noch verwirrter aus als sonst.”

Ich konnte ihn nur fragend ansehen.

Ich stand da wie ein Drachentrottel, unterhielt mich mit einem Tiamaten und das offenbar nicht zum ersten Mal und mir fehlten einfach die Worte.

Der Große dagegen hielt das Gespräch scheinbar für beendet, wandte den Kopf ab und schloss die Augen. Ich war also als unwichtiger Gesprächspartner entlassen.

Dennoch blieb ich stehen und drehte den Kopf zur Seite.

Tatsächlich, meine Flügel hingen schlapp an meinen Seiten runter und schliffen wie ein Umhang neben mir her. Bei Drachen musste dies lächerlich aussehen, kein Wunder das der Große das Interesse verloren hatte.

Ich strengte meine neuen Muskeln mal ein wenig an, und nach zwei Anläufen gelang es mir, die erstaunlich schweren Teile zu beiden Seiten meines Rumpfes fein säuberlich zu falten.

Dann lief ich weiter, dummerweise war das Gleichgewicht nun nicht mehr so einfach zu halten. Offenbar hatte ich die Schwingen wie Stützräder beim Kinderfahrrad benutzt, um nicht umzufallen. Ich schwankte wie ein Fähnchen im Wind und ehe ich mich und den neuen Körper wieder im Griff hatte, schallte aus etlichen Kehlen leises Gelächter in meine Richtung.

Ich war drauf und dran zu flüchten.

Da war ich schon ein Drache, ein edles stolzes Geschöpf und hatte es gleich in der ersten Stunde mehrmals geschafft, mich zum Drachenidioten zu machen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-06-01T14:10:35+00:00 01.06.2009 16:10
lol sieht bestimmt voll genial aus XD


Zurück