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Living In A Toy Box

von

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Chaostheorie

„Hast du so was schon mal benutzt?“

Jazmin wog die schwere Handfeuerwaffe in ihrer kleinen Hand ab. Das Metall fühlte sich kühl an, lag aber unerwartet gut in ihren Fingerchen.
 

Hatte sie so etwas schon mal in der Hand gehabt? Mal überlegen. Sie lebte bis zu ihrem 18 Lebensjahr bei ihrem Vater, dessen Haus sie so gut wie nie verließ, danach verbrachte sie 2 Jahre in der Psychiatrie, in der sie sogar vor Löffeln und deren gefährlichen Auswirkungen geschützt worden ist. Also eher nicht. Nein. Guten Gewissens schüttelte sie den Kopf.

Der Joker seufzte, als müsse er ihr noch einmal das Alphabet von vorn beibringen.
 

„Ist ganz leicht. Einfach entsichern, abdrücken und BUM!“

Bei des Jokers heftiger Gestik zuckte Jazmin zusammen und ließ fast vor Schreck die Waffe fallen.

Unsicher beäugte sie den ihr fremden Gegenstand und ließ ihn von der einen Hand zu anderen wandern.

Entsichern? Wo war denn der Knopf dafür?...Sofern es dafür einen gab. Sie suchte nach beweglichen Stellen, drückte mal da und zog mal dort. Als sie die Waffe näher an den Kopf hielt, um besser zu erkennen, um was es sich handelte, löste sich plötzlich ein Schuss, der nicht einmal 10 Zentimeter am Kopf des Jokers vorbei sauste und mit voller Wucht in die gegenüberliegende Wand knallte. Jazmin erstarrte sofort mit weit aufgerissenen Äuglein, die ihre Überraschung widerspiegelten. Sie wollte etwas sagen, sich entschuldigen, schließlich war es ja keine Absicht...Doch sie brachte nur ein kleines „Oh“ heraus.

Der Joker schaute ebenfalls ein kleines bisschen erschrocken drein, versuchte aber sich nichts anmerken zu lassen. Von einem kleinen Mädchen erschossen werden...noch nicht viele hatten das Vergnügen. Doch statt dem Püppchen die Waffe wieder zu entreißen, die sich nun auch als Gefahr gegenüber ihm entpuppte, lächelte er zufrieden. „Großartig!“
 


 

Die beißend kühle Winterluft schlug Jazmin ins Gesicht. Sie zog den Kragen ihrer Jacke noch höher, bis er ihre roten Lippen bedeckte. Sie war froh, dass sie jetzt wenigstens was halbwegs warmes zum anziehen hatte, auch wenn der rote Anorak der toten Frau, die letzte Nacht „tragischer Weiße“ ums Leben kam, mindestens 2 Nummern zu groß war. Naja, im Grab würde die Alte sowieso kein Jäckchen brauchen, dachte Jazmin sich und wischte jeglichen Gedanken an gebrachte Opfer zur Seite. Sie musste sich jetzt voll und ganz auf das Polizeiauto am Straßenrand konzentrieren. Mit Argusaugen beobachtete sie den fast 10 Meter entfernten Wagen durch die kleinen Zierbäume am Rande des Stadtparks.

Sie war noch nie hier gewesen, obwohl es das Zentrum, ja der Punkt allen Geschehens ihrer Heimatstadt war. Es war einfach wunderschön, wie die mit Schneekristallen bedeckten, dürren Ästchen im Wind schaukelten, kleine, dicke Vögelchen Brotkrümel aufpickten und der klare, helle Sonnenschein selbst das letzte bisschen Schatten erleuchtete. Zu schade, dass all das in wenigen Sekunden in die Luft fliegen würde. Aber egal, um Mitleid zu empfinden war ihr dieser Ort viel zu fremd. Ein wunderschönes, bedeutungsloses Nichts.
 

Sie schüttelte sich und zog die schmalen Schultern noch höher. Die blonden Löckchen schienen im Takt mitzuzittern. Durch die knochigen Äste fixierte sie weiter das Auto, sie war sich sicher, dass sie niemand sah, niemand auch nur ein Lüftchen des aufkommenden Sturm spürte. Auf was sie wartete, wusste sie noch nicht so genau. Der Joker sagte ihr lediglich „Wenn sich was tut, drück' auf den Knopf“. Sie erinnerte sich wieder an die kleine Fernbedienung, die sie krampfhaft umklammert in ihrer Jackentasche festhielt. Wahrscheinlich hatte er soviel Vertrauen in sie, dass er wusste, dass sie wusste, wenn sich was „tun würde“...oder so.

Neben der Fernbedienung war sie auch in Besitz einer schicken 9-mm Halbautomatik, die wie eine Bürde in ihrer linken Jackentasche auf ihren Einsatz wartete. Jazmin hoffte jedoch inständig, dass dieser nie eintreffen würde.

So weit sie wusste, war sie allein, also es war keiner da, der sie vor unüberlegten Handlungen schützte...da war nur.

Sie. Allein.

Das machte die Sache nicht unbedingt Angenehmer, aber so wenig wie sie wusste, so sehr war ihr das Warum bekannt.

Batman.

Batman war das Warum. Das Warum ihrer ganzen Existenz, wie die des Jokers, zumindest hatte er ihr es so gesagt.
 

Plötzlich öffnete sich die Tür der Bank und die passenden Polizisten zum Auto verließen das Gebäude. War das jetzt der richtige Augenblick?? Die beiden Polizisten begaben sich zügig, aber ohne Hast zu ihrem Wagen, öffneten ihn und stiegen ein. Jazmin wurde nervös, ihre nun feuchten Finger hielten die Fernbedienung mit dem Fernzünder fest umklammert, ihr Daumen strich immer wieder über den Knopf, der, der wahrscheinlich sogleich sehr viel Unheil anrichten würde. Sie musste sich beeilen, der Motor der Autos sprang an und bald würden sie losfahren. Aber woher wusste sie, dass das der richtige Zeitpunkt war? Zwei Polizisten waren nichts ungewöhnliches, warum solle sie die beiden in die Luft jagen?

Sie biss sich auf die Lippen, verkrampfte die Schultern. Ach was soll's. Sie hielt den Daumen einen Millimeter über der Zündung. Das Polizeiauto rollte, doch kam nicht weit. Jazmin drückte den Knopf und mit einem lauten Kawumm, wie man es nicht mal bei einer Sylvesterbatterie mit 300 Schuss hörte, flog Auto in den wunderschönen Winternachmittagshimmel und kam in Einzelteilen wieder auf den gefrorenen Boden geregnet, Polizisten inklusive.
 

Jazmin zuckte bei der Explosion zusammen und nahm instinktiv die Hand auf den Kopf. Als die ersten aufgebrachten und panischen Menschen aus der Bank gestürmt kamen, wusste Jazmin im Gegensatz zu vorhin nun eindeutig was sich tat: Ihre Flucht.
 


 

Es war unglaublich, ja wortwörtlich. Unglaublich, unmöglich, einfach...großartig. Er hatte es geschafft. Naja, geschafft war vielleicht zu viel, aber er war auf dem richtigen Weg. Solch ein Gefühl von Freude, von Schadenfreude überkam ihn sonst nicht häufig. Ja, es war wahrlich ein Grund zum Feiern. Er wusste es, von Anfang an hatte er es gewusst. Nun ärgerte er sich darüber, dass er auch nur an seinem unglaublichen Genie zu Zweifeln wagte, es ihm auch nur eine Sekunde in den Sinn kam, er hätte das Falsche getan. Doch wieder einmal bewies er sein Gespür für Chaos, das organisierte Chaos. Oh, damit, damit würde Gotham untergehen. Kein Tag würde mehr vergehen, an dem dieses Chaos nicht ausbricht. Plötzlich dachte er an die Möglichkeiten, die es ihm eröffnete. Wenn es mit dem Püppchen funktionierte, dann würde es auch mit anderen gebrechlichen, kaputten, verstoßenen, armseligen Verrückten funktionieren.

Gotham gehörte von nun an dem Chaos.

Seinem Chaos.



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