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Music makes me High

von

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Dieser Abend war fast so wie immer. Ich kam nach Hause, meine Mutter hatte irgendwie erfahren, dass ich in letzter Zeit nicht in der Schule war und verschaffte mir prompt einen Termin bei unserer Direktorin. Ich hatte Glück, Emil war gerade nicht da und bevor die Bombe explodieren konnte, hatte ich mich schon in meinem Zimmer verschanzt und bereitete mich auf meinen ersten Schultag nach einer langen Zeit vor. Den Stundenplan sowie einige Bücher hatte ich irgendwie verschlampt und packte nur einen Block und ein paar Stifte in meinen unbenutzten und fast noch jungfräulichen Ranzen.
 

Am nächsten Morgen quälte ich mich aus meinem Bett und machte mich langsam auf den Weg in das mir so fremde Gebäude, in dem ich mich eigentlich auf meine Zukunft vorbereiten sollte.

Ich kam zu spät, war ja klar.

Aber da ich mich erst bei unserer Direktorin melden sollte, verpasste ich ja sowieso die erste Stunde.
 

Es war nach dem Klingeln. Dieses sonst so hektische und von Rufen und Lärm durchflutete Gebäude lag nun in völliger Stille. Ganz mutterseelenallein schlurfte ich nun durch den Flur und blieb vor der Tür zum Sekretariat stehen. Ich beschloss mein reuevollstes und armseligstes Gesicht aufzusetzen um auszusehen, als würde ich gezwungen zu Hause zu bleiben. Ich klopfte vorsichtig an der Holztür wartend darauf, dass ein leises „Herein“ zu mir hinaus drang.

Ich trat mit zutiefst gesenktem Kopf ein und blickte die Sekretärin aus großen blauen Augen an. Ein ebenso betrübtes „Morgen. Ich hab einen Termin bei Frau Köhler“ verließ meine Schmollschnute. „Ach ja, Robyn, lang nicht mehr gesehen. Nimm doch schon mal in ihrem Büro platz. Sie müsste bald da sein“, brachte die mir schon oft in dieser Situation begegnete Frau lächelnd entgegen. Ein flüchtiges Grinsen spürte ich auch über meinen Mund huschen um sich dann gleich wieder in eine Trauermiene zu verwandeln.
 

Das Büro lag gleich neben an. Die Wände waren mit dunklem Holz verkleidet und machten einen sehr strengen und einen auch etwas beängstigenden Eindruck. Doch dass Alles lies mich relativ kalt. Ich war nur hier um meine Show, die schon so oft Premiere feierte, abzuziehen und mal wieder alle von meinen guten Vorsätzen und meiner Reue zu überzeugen.

Ich lies mich auf den mickrigen Holzstuhl vor ihrem Schreibtisch plumpsen und stütze meinen Kopf auf meine Händen ab. Ich war so müde. Ich rutschte immer tiefer bis mein Kopf schließlich auf dem Tisch lag und ich die Gelegenheit für passend empfand meinen zu kurz gekommenen Nachtschlaf nachzuholen. Da entdeckte ich einen Füllhalter, der nur etwa zehn Zentimeter von meinen Augen entfernt stand. In meiner Schräglage konnte ich die kalligraphisch perfekte Aufschrift darauf lesen: „Regina Köhler“. Dieses Wunder der Technik faszinierte mich irgendwie so sehr, dass ich es mir einfach näher anschauen musste. Ich nahm den Füller aus seiner Halterung und fing an, an dem Ding rumzuschrauben, bis auf einmal ein Teil der Kappe mit einem leisen Knacken abbrach. Und just in diesem Moment ging die Tür auf und die Direktorin trat ein.
 

Etwas überrumpelt versuchte ich das von mir verkrüppelte Stück Schreibmaterial irgendwo zu verstecken und schob es unter meinen Hintern.

„Robyn, schön, dass du her gefunden hast“, begrüßte sie mich mit einem äußerst aufgesetztem Lächeln. Ich tat dasselbe und schlüpfte sofort wieder in meine Rolle des getreten Hundes. Jetzt lag alles an mir, wie schnell die Sache beendet sein würde. Mein Motto lautete:
 

Einfach immer Ja sagen.
 

Das konnte ich fast im Schlaf .

„Du weißt, warum du hier sitzt“, begann sie das Kreuzverhör.

„Ja“, brachte ich ihr mit gesenktem Blick entgegen.

„Du warst seit dem 16. des letzten Monats nicht mehr in der Schule. Hast du schon den Bußgeldbescheid des Jugendamtes bekommen?“-

„Ja“-

„Du weißt schon, dass du selbst für deine Taten büßen musst.“-

„Ja, ich weiß“-

„So kann das nicht weitergehen. Es geht nicht nur um deine Fehlstunden. Dir fehlt der Stoff, den deine Klasse gerade behandelt. Der Wiedereinstieg wird dir sehr schwerfallen, falls es überhaupt einen geben wird.“-

„Ich geb' mir Mühe. Bitte, geben Sie mir noch eine Chance!“-

„Du hast schon so viele Chancen gehabt“-

„Ich will es aber wirklich versuchen!“-

„Du kannst maximal dieses Schuljahr wiederholen um den verpassten Stoff wieder aufzuholen, aber wenn du so weitermachst, schaffst du dein Abitur niemals“
 

Ihr anfangs so nettes und sarkastisches Lächeln verwandelte sich im Laufe des Gesprächs in eine weniger erfreute Miene. Ich dagegen übertraf mich selbst: Ich begann zu heulen.

„Bitte! Lassen Sie mich nicht hängen! Sie wissen doch selbst, dass ich ohne Abitur verloren bin!“-

„Du kannst den Hauptschulabschluss noch schaffen. Du kannst auf die Regelschule wechseln.“
 

Um Gottes Willen! Ich war eigentlich gar nicht so dumm wie alle dachten. Es gab Zeiten, da war ich Klassenbeste, ein echter Streber. Doch dann kam diese große Veränderung und ich verlor einfach die Lust am Gut sein. Es war kein Ansporn mehr für mich die Beste zu sein. Ich merkte, dass es noch andere Dinge gab, wichtigere.

Frau Köhler atmete tief ein und schien durch mich hindurchzuschauen.

„Nagut, du bekommst eine letzte Chance. Wenn du ab morgen regelmäßig die Schule besuchst, dann kannst du es vielleicht noch schaffen. Aber ich kann dir nichts versprechen“, beendete sie ihren tadelnden Vortag.

Ab morgen?? Ich atmete kurz und hielt die Luft an um sie dann in einem nicht hörbaren Seufzer wieder auszublaßen. Jetzt sprach ich auch aus, was ich dachte:

„Nagut, ab morgen“ und wischte mir meine drei Tränen aus den Augen. Die Direktorin reichte mir die Hand und verabschiedete sich.
 

Beim Verlassen der Höhle des Löwen dachte ich nur daran, dass ich das Schlimmste noch vor mir hatte. Das hier war ein Klacks gewesen. Ein bisschen rumheulen und leere Versprechungen machen, aber jetzt musste ich schließlich in meine Klasse. Na, das konnte ja was werden. Nicht das diese Lerngemeinschaft zu 100% aus Strebern bestand, aber der Großteil missbilligte doch meinen eigenwilligen Lebensstil.

Ich saß in fast jedem Fach allein, ging allein zur Pause und unterhielt mich auch mit sonst keinem. Außer mit Say. Say kannte ich schon, als sie noch Rebecca hieß. Wir waren mal befreundet, doch aufgrund ihrer überaus ehrlichen und damit meine ich taktlosen Art, hielt ich es einfach nicht länger in ihrer Nähe aus. Doch seitdem sie Say ist, komm ich relativ gut mit ihr klar. Man muss nur wissen wie.
 

Wir hatten Deutsch im ersten Stock bei unserer geliebten Klassenlehrerin. So aufgeregt wie in diesem Moment, indem ich die Tür zu unserem Klassenzimmer öffnen wollte, war ich lange nicht gewesen. Auch wenn ich versuchte alles mit meiner Coolness zu überspielen, zitterten dennoch meine Finger. Wie sie wohl alle gucken werden? Und unsere Lehrerin erst. Ob die mich noch erkennen?, ging es mir durch den Kopf. Ich legte mein rechtes Ohr an die Tür und horchte, was da gerade vor sich ging. Ich hörte kaum etwas, nur ein leises aber bestimmtes Reden. Ich trat wieder einen Schritt zurück und fuhr mir durch die zerzausten Haare.

Nagut, dann mal los!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Jessa_
2008-06-02T14:50:00+00:00 02.06.2008 16:50
Hii, na wie gehts?^^
Mal wieder ein tolles Kapitel.
Arme Robyn.
Sie tut mir irgendwie leid obwohl sie ja mit der schule selbst dran schuld ist.
Erfahren wir noch mehr über Say/Rebecca?
Schreib schnell weiter
Glg JEssa


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