Zugfahrt mit Folgen
1. Kapitel: Zugfahrt mit folgen
Wir saßen, wie jeden Tag nach der Schule am Bahnhof und warteten auf den Zug.
Mit wir sind Marie, Chrissie (Christina), Emma, Vanessa, Lilly und ich, Charly (Charlotte) gemeint. Wir sind eine Clique und gehen durch dick und dünn.
Lilly ist meine beste Freundin, mit ihr kann ich über alles reden.
Genauer genommen saßen die anderen und ich stand, wie immer, daneben. Das war aber kein Problem für mich, ich war es gewohnt.
Da ertönte die ansage, dass der Zug gleich einfährt. Schnell schnappten wir uns unsere Taschen und standen auf.
Als der Zug einfuhr, ließen wir alle aussteigen und stiegen dann ein. Ich steig als letzte von uns Mädchen ein. Wir gingen zum Raucherabteil. Lilly, Emma, Chrissie und Marie setzten sich in den Vierer. Vanessa setzte sich auf einen der zwei Klappsitze. Ich wollte mich gerade auf den zweiten Klappsitz setzen, als Vanessa dort ihre Tasche abstellte. Ich schaute sie verdutzt an.
Da sagte Emma leicht empört: „Ich wollte meine Tasche da doch hinstellen.“
„Wir können deine Tasche ja auf meine draufstellen“, antwortete Vanessa, stand auf, nahm Emmas Tasche und stellte sie auf ihre Tasche drauf. Dann setzte sie sich wieder.
Ich stellte mich halb vor Vanessa und schaute sie einfach nur ein. Dann fragte ich etwas zögernd: „Darf ich mich da hinsetzen?“ Ich zeigte auf den Platz. Doch Vanessa antwortete nicht sondern saß einfach nur stumm da. Ich fragte ein weiteres mal, ob ich mich setzen dürfe und sie blieb ein weiteres mal stumm.
Da wurde ich wütend.
Ich nahm Emmas Tasche und schmiss sie auf den Boden. Ich wollte gerade nach Vanessas Tasche greifen, als Emma aufsprang. „Ey du Schlampe, lass deine Finger von meiner Tasche!“, schrie sie mich an, schuppste mich weg und hob ihre Tasche wieder auf Vanessas drauf. Ich stolperte nach hinten. Verzweifelt blickte ich zu meiner besten Freundin Lilly. Sie schaute mir kurz in die Augen, drehte sich dann aber einfach stumm weg.
Ich schaute sie noch kurz an, dann drehte ich mich um und ging zum Gruppenwaggong. Ich drehte mich nicht mehr zu den anderen um und sagte auch kein Wort mehr.
Im Gruppenwaggong suchte ich mir eine freie Reihe und setze mich.
Als wir fünft Minuten später am Bahnhof ankamen, stand ich auf und verließ den Zug.
Meine Freundinnen verließen zusammen lachend den Zug.
Ich würdigte sie keines Blickes sondern ging stumm zu meinem Fahrrad und schloss es auf.
Lilly trat neben mir zu ihrem Fahrrad und schloss es auch auf.
Wir fuhren nebeneinander her nach Hause; sie wohnte eine Straße von mir entfernt. Unterwegs sprachen wir kein Wort. Als wir an die stelle kamen, wo unsere Wege sich trennten , murmelte sie ein leises „Ciao“ und bog dann ab.
Als ich zu Hause ankam, brachte ich, wie immer, mein Fahrrad in die Garage und ging dann ins Haus. Dort aß ich zusammen mit meinen Eltern Mittag. Ich ließ mir nichts anmerken.
Erst nach dem essen ging ich in mein Zimmer, schloss ab und ich ließ mich schluchzend auf mein Bett fallen. Ich ließ meinen Tränen freien lauf denn ich wusste, dass ich sie eh nicht hätte aufhalten können. Ich weinte und weinte.
Erst nach zehn Minuten, die mehr viel länger vorkamen, kamen keine Tränen mehr.
Ich setzte mich auf. Ich fühlte mich leer. Und so einsam. Es war schrecklich.
Ich saß noch da, saß einfach nur da und war einsam.
Dann stand ich auf, ging zu meinen Schreibtisch und setzte mich wieder.
Ich fing an, meine Hausaufgaben zu machen.
Ich war gerade in eine Matheaufgabe vertieft, als das Telefon klingelte. Seufzend stand ich auf und ging zum Telefon.
Ich nahm ab und sagte: „Charlotte Meyer“
„Hi Charly! Ich bin’s, Lilly.“, sagte diese.
„Hallo...“, murmelte ich.
„Ich wollte dir noch mal sagen, also wegen vorhin... das meinten die nicht so...“, meinte sie.
„Aha...“, meinte ich nur skeptisch.
„Wirklich!“, versuchte sie mich zu überzeugen.
„Ja. Sonst noch irgend was?“, fragte ich etwas genervt.
„Nein, dass wollte ich dir nur sagen...“, sagte sie.
„Okay“, meinte ich.
„Ciao, bis morgen“, verabschiedete Lilly sich fröhlich.
Ich legte auf. Dann ging ich wieder in mein Zimmer. Dort schmiss ich mich auf mein Bett und dachte nach.
Sie meinten dass nicht so... sie meinten es nicht so, eigentlich wollten sie mich gar nicht ausschließen, dass war nur ein versehen.. sie wollten mir doch nicht etwa wehtun, mich verletzen, sie sind ja schließlich meine Freundinnen.
Wer bitteschön sollte denn den scheiß glauben? Ich meine, es merkt doch sogar ein Blinder, dass sie das sehr wohl so meinten und dass sie mich sehr wohl ausschließen wollten.
Ich wurde wütend, aber auch traurig. Meine beste Freundin, oder das Mädchen, was ich immer für meine beste Freundin gehalten hatte (ob sie es noch war, wusste ich nicht), log mich an, und zwar wie gedruckt. Wieso sagt sie so einen Mist? Ich meine, wieso versucht sie mir klar zu machen, dass die anderen das nicht so meinten? Sie glaubt doch nicht etwa, das mich so etwas aufheitern würde, oder? Wenn sie mich wirklich hätte aufheitern wollen, hätte sie vielleicht „Tut mir echt leid, was da vorhin im Zug passiert ist und noch mehr tut es mir leid, dass ich dir nicht geholfen habe oder dir gefolgt bin“ oder etwas in der Art sagen können aber doch nicht „Das meinten die nicht so“! Ich meine, wenn sie lügt macht mich das noch nur noch trauriger... Lilly hat doch echt keine Ahnung! Und so was soll meine beste Freundin sein?