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Ghosts

von

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Prolog

„Ich will, dass du mein Trauzeuge bist.“, Rays Worte treffen Kai wie ein Schlag ins Gesicht. Alle Sehnsüchte, alle Hoffnungen, die er bis jetzt gehegt hat, werden mit diesem einen Satz zerschmettert. Ray wird Mariah tatsächlich heiraten; keine „brüderliche“ Fürsorge, keine aufgebauschte Kindheitsschwärmerei, sondern für immer . Denn dass eine Ehe genau das für Ray bedeutet steht außer Frage.

Wie gerne würde Kai in diesem Moment toben, schreien, alles kurz und klein schlagen. Seinen Segen verweigern und dann raus, weggestürmt wie ein wilder Stier. Allein, er kann nicht. Nicht wenn er Ray in die Augen sieht. Nicht, wenn er auf die Gefühle hört, die er für diesen Mann hegt, seinen besten Freund. Der Mensch, den er mehr liebt als alles andere auf der Welt.

Langsam nickt Kai, bringt ein leises 'Wann?‘ heraus. Das Lächeln, das Ray ihm schenkt, ist so strahlend, dass es in den Augen schmerzt.
 

Die Hochzeit selbst findet aus terminlichen Gründen in Tokyo statt, zwischen zwei Turnieren. Obwohl keiner von ihnen beiden Christ ist, haben Ray und Mariah sich für eine kirchliche Trauung entschieden; das ist zum einen billiger und zum anderen liegt in der Exotik dieser Zeremonie auch eine gewisse Romantik. So oder so ähnlich hat Ray es zumindest erklärt, als Kai ihn gefragt hat, warum sie nicht chinesischer Tradition gemäß heiraten.

Einziges Zugeständnis an die Vorstellungen der Ahnen ist die Farbe des Brautkleides: ein leuchtendes Scharlachrot. Eigentlich müsste das in einem schreienden Kontrast zu Mariahs Haaren stehen, aber das tut es nicht. Sie sieht wunderschön aus, wie eine Prinzessin, als sie mit einem aufgeregten Lächeln und vor Freude geröteten Wangen das Eingangsportal der Kirche durchschreitet. Jeder Wimpernschlag ein stummes Versprechen, jedes Rascheln von Seide Verheißung kommender Freuden. Mariah glüht regelrecht von innen heraus.

Ray steht die ganze Zeit über einfach nur stocksteif da, starrt seine Braut mit jenem schon fast ein wenig debilen Grinsen an, das mit wahrem Glück einhergeht. Es ist ein guter Gesichtsausdruck für ihn.

Das Grinsen wird sogar noch größer, als Mariah schließlich neben ihm vorm Altar stehen bleibt. Die Orgel hört auf zu spielen und der Priester, ein ernster älterer Herr, beginnt mit seiner Ansprache. Von guten und von schlechten Zeiten ist die Rede, von Krankheit und Gesundheit, von Leben und Tod. Worte, die Ray und Mariah mit einem Lächeln und einem gehauchten ‘Ich will‘ beantworten.

Als der Pfarrer fragt, ob jemand Einwände gegen diese Ehe habe, bleibt Kai still; die einzige Reaktion, die er sich erlaubt, ist seine Linke zur Faust zu ballen. Scharf graben sich seine Nägel in die Handfläche, hinterlassen fünf perfekte kleine Bögen. Er kann das den Beiden nicht wegnehmen, er darf es einfach nicht.
 

Nach der Hochzeit. Nach dem Festessen. Nach einem Toast, an den Kai sich kaum noch erinnern kann, obwohl er selbst ihn gehalten hat. Kai ist auf den Balkon geflüchtet, um dem Trubel zu entkommen. Frische Luft zu schnappen, wie er Max auf dessen besorgten Blick hin gesagt hat. Dort drinnen kann er nicht atmen.

Kai will sich ja für Ray freuen, er will es wirklich, allein es gelingt ihm nicht. Nicht wenn es sich anfühlt, als hätte er ein Schwert verschluckt, nicht wenn jeder Blick, jedes Lächeln das Ray Mariah zuwirft nur ein weiterer Stich ins Herz ist. So kann er nur hier draußen stehen, die Arme auf dem Eisengeländer, die Augen gen Firmament gerichtet. Als Kind hat Kai die Sterne geliebt, war fasziniert von all den Konstellationen, den Planeten und Galaxien; jetzt erscheint ihm ihr Licht nur noch kalt, ein totes Echo vergangener Träume.

Kurz lässt sich ein Fetzen von „Can’t Buy Me Love“ vernehmen, ehe das leise Klicken der Balkontür den Rest abschneidet.

„Ich wollte nur mal nachsehen, ob bei dir alles in Ordnung ist.“, Mariah sagt das ohne große Umschweife. Tritt dann neben ihn, stützt sich ebenfalls auf der Brüstung ab.

„Ich…“, Kai will eigentlich irgendetwas Abwiegelndes erwidern, doch seine Stimme klingt wie eine rostige Gießkanne. Mariah wirft ihm einen Blick zu, in dem nichts als Sympathie zu lesen ist, und in diesem Moment wird Kai eines klar: Sie weiß es!

Ein heiseres Schluchzen entringt sich seiner Kehle, dann schießen ihm auch schon die Tränen in die Augen; es ist, als sei ein Staudamm gebrochen - und was da jetzt über ihm zusammenkracht ist nichts, womit Kai umgehen kann. Er fühlt sich klein. Verlassen. Das letzte bisschen Kontrolle, das er hatte, liegt zertrampelt auf dem Boden, lässt ihn schutz- und auswegslos zurück.

Warm schließt sich der Kreis von Mariahs Armen um ihn, zieht ihn näher an sich heran. Kais Kopf kommt auf ihrer Schulter zum Liegen und eine warme Hand streichelt beruhigend über sein Haar. Die Frau, die all seine Hoffnungen zum Einstürzen gebracht hat, nimmt ihn in den Arm, als sei es das Normalste auf der Welt, wispert beruhigende Nichtigkeiten, versteht .



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2008-09-05T22:12:35+00:00 06.09.2008 00:12

Oh mein Gott ;___;
Ich habe Tränen in den Augen, ohne Scheiß!
Obwohl du die ganze Zeremonie und das Drumherum gar nicht weiter ausgeschmückt hast, hat mich Kais "Schicksal" wirklich ergriffen... Himmel, er tut mir so leid! Gut, das wenigstens Mao für ihn da ist (auch wenn die Konstellation ungewöhnlich ist...) - wirklich schön geschrieben, wirklich!
Gut das du im Kurztext ein wenig näher auf den späteren Inhalt eingegangen bist... ansonsten hätte ich die Ff wohl nicht angefangen zu lesen ^^
Von:  WeißeWölfinLarka
2008-04-07T22:48:57+00:00 08.04.2008 00:48
Oh...
Wundervoll.
Ganz einfach.
Diese Konstellation und Aneinanderreihung von Hypo- und Parataxen!
Diese Beschreibungen!
Dieser spezielle Blick auf Mariah: Als Antagonist verhasst, da sie dem Hauptcharakter und Leserliebling diese Schmerzen bereitet; und doch irgendwie liebenswert, wissend, verstehend.
Ihr Wesen ist herzlich - nicht kreischig und verschmälert durch "Fangirlie"-gleiche Verunstaltung wegen Hasstiraden gegen sie.
Ich mag es, wie du sie dargestellt hast.
Weich. Samtig. Erhaben und Trost spendend.
ich freue mich auf ein weiteres Kapitel.
Liebe Grüße,
Mina
Von: abgemeldet
2008-03-11T19:24:32+00:00 11.03.2008 20:24
also ich finde den verlauf der story den du geplant hast ziemlich interessant, deshalb hab ich beshclossen sie mal weiterzu verfolgen.
was mich besonders beeindrcukt hat war diese sache zwischen kai und mariah; obwohl sie es gewusst hat war sie für ihn da wie eine freundin...
kay ich hätte mir kai zwar nicht so emotioal vorgestellt aber s~ schlimm find ich das auch nicht ^^.

was ich allerdings unpassend finde ist die zeitform in der du schreibst; die gegenwartsform finde ich eignet sich nur wenn die ff in der ich perspektive erzählt wird; das klingt so etwas seltsam...
das ist eigentlich das einzige was ich wirklich auszusetzen habe, fände es doch schön wenn du in der vergangenheitsform weiterschreiben würdest...^^

ansonsten...ich bin gespannt...
Von:  Pfefferminze
2008-03-10T18:53:46+00:00 10.03.2008 19:53
Irgendwie steh ich grad vorm heulen Ô,o *schniefz*

wunderschön geschrieben, fesselnd und ich muss aufhören mti die Kommentare von anderen durchzulesen, dann trua ich mich nie alles ncohmal zu wiederholen Q~Q'''''''''

Nja, jedenfalls wunderbar gemacht und ich bin gespannt~~

lg, Ming
Von:  Vergangenheit
2008-03-10T16:29:38+00:00 10.03.2008 17:29
Wow, mal ein ganz anderer Anfang. Und ich muss sagen, er gefällt mir. Ich finde es übrigens immer wieder sehr erfrischend, wenn zwischen Mao und Kai Freundschaft oder eine Art Freundschaft existiert, da sie meist als Streithähne und Konkurrenten um Rei auftauchen.

Das Kapitel ist in einer interessanten Perspektive geschrieben, teilweise als würde Kai selbst erzählen und andererseits hat man das Gefühl, das ein außenstehender Dritter schreibt, aber ich schätze mal, dass Kai sich etwa so fühlt. Also so, als würde er neben sich stehen und würde alles ganz automatisch tun.

Die letzte Szene in der Kai sich an Maos Schulter ausweint ist sehr schön. Obwohl ich weinende Kais eigentlich als Unmöglichkeit ansehe und es in FFs meist dahergeholt wirkt, hast du das gut hinbekommen. Und wie gesagt, ich mag, dass es Mao ist, die ihn tröstet und auch versteht.

Ich bin sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Wenn wir es mit Maos etwas vorlautem Geist zu tun bekommen, dann wird es sicher was zu Lachen geben.

ByeBye
BlackSilverLady


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