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APD - Teil 2

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„Detective Inspector! Warten Sie bitte kurz“, hörte ich Shinsai hinter mir sagen und drehte mich um.

Irgendwie kam mir diese Situation bekannt vor – ich war auf dem Weg nach Hause und Shinsai, natürlich mit einer Tasse Kaffee in der Hand, hielt mich davon ab.

Die Tatsachen, dass es mitten im August, ich seit kurzem befördert worden und Shinsai anscheinend selten guter Laune war, sprachen dagegen.

Allerdings fragte ich mich wirklich, wie man bei dieser Hitze Kaffee trinken konnte...

„Was gibt’s denn?“, wollte ich wissen. Eigentlich wollte ich einfach nur nach Hause und ich hatte Fye gesagt, dass ich ihn von seiner Arbeit abholen würde. Außerdem irritierte es mich ein wenig, dass meine Chefin dermaßen gut gelaunt war, als hätte sie gerade den Lottojackpot gewonnen.

„Haben Sie nicht etwas vergessen?“, fragte sie mich.

Ich wüsste nicht was. Sogar den Bericht des letzten Falles hatte ich pünktlich abgegeben. Das konnte es also nicht sein – und soweit ich wusste, hatte auch heute niemand Geburtstag...

Fragend hob ich eine Augenbraue.

„Sie wollten jemanden abholen“, sagte sie.

„Ja, deshalb will ich ja auch jetzt los...“, gab ich zurück.

„Ich rede vom Polizeipräsidenten Moore.“

Das hatte ich tatsächlich vergessen – weil sie mir das zwischen Tür und Angel nebenbei gesagt hatte...irgendwann letzte Woche, als ich genug mit einem Fall zu tun gehabt hatte.

Moore wollte mal hier vorbeischauen...den Grund hatte Shinsai mir gegenüber entweder nicht erwähnt oder ich hatte auch das vergessen. Und eigentlich war es mir auch relativ egal.

„Sie haben es tatsächlich vergessen!“, sagte Shinsai plötzlich.

„Warum kann das nicht jemand anderes machen?“, wollte ich wissen.

„Eigentlich wolle ich Moore ja persönlich abholen, aber mein Wagen hat den Geist aufgegeben“, erklärte Shinsai.

„Was ist mit den Dienstwagen?“, fragte ich.

„Alle unterwegs“, lautete die klare Antwort. „Und keine weitere Diskussion, lassen Sie Chiefinspector Moore nicht warten.“

Ich grummelte genervt, setzte mich aber in Bewegung, Richtung Parkplatz. Warum eigentlich immer ich?!

„Und seien Sie gefälligst etwas freundlich!“, rief Shinsai mir nach.
 

Das Café lag direkt auf dem Weg zum Citybahnhof, deshalb beschloss ich, Fye auf dem Hinweg zum Bahnhof abzuholen, denn dann musste ich keine weiteren Stopp einlegen, wenn ich Moore abgeholt hatte. Mich ärgerte nur, dass ich quasi zweimal hin- und herfahren mussten, da wir auch noch hier in der Nähe wohnten. Was für eine Spritverschwendung. Aber die konnte ich wenigstens von den Spesen abrechnen...

Aber musste es so verdammt heiß sein?

Ich parkte meinen BMW eine Weile später und betrat das Café.

Das Café war recht gut besucht, und ein Kellner schwirrte geschäftig herum, doch Fye konnte ich nicht entdecken. Ich durchquerte den Raum mit den Tischen, um zur Theke zu gelangen. Gerade als ich diese erreichte tauchte Fye durch eine Tür hinter der Theke auf, die in den Nebenraum und zur Küche führte.

„Du bist ja schon da!“, rief er mir begeistert zu und schmiss sich halb über die Auslagen.

„Ich bin noch gar nicht fertig“, fügte er hinzu. „Warte einen Moment, ja?“ Damit war er auch schon wieder verschwunden und ich lehnte mich an die Theke.

Knapp eine Minute später stand er wieder vor mir – nur ohne die Schürze von vorhin.

Er strahlte mich an. „Schön, dass du mich abholst“, sagte er und winkte seinem Kollegen zu. „Wiedersehn, Charly!“

„Wir müssen noch zum Citybahnhof“, sagte ich, als wir zum BMW herübergingen. Fye sah mich groß an. „Wieso das denn?“

„Weil Shinsai mich darum gebeten hat, Chiefinspector Moore abzuholen“, antwortete ich.

„Wohl eher aufgedrängt, wie?“ Fye kicherte und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. „Ist doch nicht schlimm, wir haben ja Zeit!“

Ich hoffte, dass das auch noch so blieb, nachdem wir Moore beim Revier abgesetzt hatten.
 

Der Citybahnhof war der Kleinste der fünf Bahnhöfe, mit nur vier Bahnsteigen, worüber ich recht froh war. Denn dann musste man nicht unbedingt suchen. Allerdings fragte ich mich, warum Moore nicht bis zum Hauptbahnhof weiterfuhr, der quasi gleich neben dem Revier lag.

Bisher aber gab es auch keinen Grund, nach jemanden Ausschau zu halten, denn der Bahnhof war so gut wie verlassen, bis auf einen Schaffner der anscheinend gelangweilt auf und ab schlenderte.

„Wie ist der Chiefinspector so?“, fragte Fye, während wir uns auf eine Bank niederließen, um zu warten.

„Ich weiß nicht. Hab ihn noch nicht persönlich kennen gelernt“, meinte ich. „Shinsai scheint aber große Stücke auf Moore zu halten. Zumindest hatte sie gute Laune...“

„Gute Laune? Na, dann.“

Er wurde durch eine Lautsprecherdurchsage unterbrochen, die verkündete, dass ein Zug auf Gleis Zwei einfuhr. Dieser Zug würde dann weiterfahren – allerdings als Untergrundbahn, dessen Linie direkt hier mündete und mit den anderen Bahnhöfen, zumindest drei davon, verbunden war.

Trotzdem würden sicher viele Leute aussteigen, weil sie in das Einkaufsviertel wollten, das hier ganz in der Nähe begann und ein paar Blocks weiter ein großes Einkaufcenter beherbergte. Seit Ashura gedroht hatte, dieses in die Luft zu jagen, war es noch berühmter als vorher.

Weshalb sich das Bild des gerade eben noch verlassenen Bahnhofs in einen Bienenstock wandelte, nachdem der Zug stand und die Türen aufgegangen waren.

Einsteigen tat kaum jemand, da die meisten mit der U-Bahn, die direkt gegenüber des Einkaufcenter auch eine Station hatte, wieder hierher zurückfuhren oder noch einen Abstecher in die Altstadt machten.

Wir warten, bis der Andrang ein wenig abgeklungen war und hielten dann nach dem Chiefinspector Ausschau.

Shinsai hätte mir wenigstens eine Beschreibung geben können...

Doch das war gar nicht nötig, wie es sich kaum eine Sekunde später herausstellte, denn gleich darauf stand der Chiefinspector vor uns.

Er war etwas größer als Fye, ungefähr doppelt so alt, aber trotzdem schien er noch recht fit zu sein. Er musterte uns kritisch, als könnte er es nicht so recht glauben, dass zumindest ich von der Polizei war.

„Ich dachte, Inspector Shinsai würde mich abholen“, stellte er dann fest.

„Sie hat mich gebeten, Sie abzuholen“, antwortete ich und versuchte nicht gerade so zu klingen, hätte ich eigentlich was Besseres vorgehabt..

Chiefinspector Moore sah nicht unbedingt begeistert aus, aber er folgte Fye und mir zum Wagen.

Und gesprächig schien er auch nicht unbedingt zu sein, denn auf der Fahrt zum Revier sagte er kein Wort.

Aber dagegen hatte ich eigentlich auch nichts, ich sollte ihn ja bloß abholen und herfahren, nicht ihn unterhalten.
 

„Da wären wir“, meinte ich, als ich den BMW direkt vor dem Eingang zum Stehen brachte.

Shinsai war immer noch nirgends zu sehen. Wo blieb sie denn?

„Warte kurz“, meinte ich die zu Fye und öffnete die Wagentür. „Ich bringe Sie noch zum Büro, Chiefinspector.“

Was eigentlich ja nicht geplant war.

Vielleicht hätte ich ja doch lieber am Fuhrpark parken sollen, denn jetzt mussten wir das halbe Gebäude durchqueren.

Als wir in der ersten Etage aus dem Treppenhaus kamen, begegneten wir Sakura, die wohl soeben vom Informationscenter aus in Richtung Cafeteria, die ja am Ende des Ganges war, unterwegs war.

„Kurogane-san!“, meinte sie erstaunt. „Ich dachte, du hast Dienstschluss.“

„Eigentlich ist das auch so – aber Shinsai hat mich gebeten, Chiefinspector Moore abzuholen. Wo steckt sie?“, erklärte ich.

„Oh, in ihrem Büro, würde ich mal vermuten“, antwortete sie. „Guten Tag, Chiefinspector“, fügte sie dann noch höflich und freundlich lächelnd an.

„Dann sehen wir einfach dort nach. Vielen Dank.“

Auf dem Weg zum Büro begegneten uns niemand mehr, bis auf ein paar Leutnants, und dann standen wir schon vor Shinsais Büro. Ich klopfte an.

„Ja, bitte“, tönte es von innen.

„Der Chiefinspector“, meinte ich, nachdem ich die Tür geöffnet hatte.

„Nicholas!“, rief Shinsai erfreut. „Danke, Detective Inspector.“ Klang so, als könnte ich endlich gehen.

Das Gesicht von Moore hellte sich auf, während er das Büro betrat. „Mina. Wie geht es dir?“

Mehr bekam ich nicht mit, weil die Tür zurück ins Schloss fiel und ich mich auf den Weg zum Wagen machte, um endlich nach Hause fahren zu können.

Fye wartete am Wagen.

„Hier hat sich gar nichts verändert...“, stellte er fest.

„Nicht viel, da hast du recht“, antwortete ich.

Aber das war eigentlich nicht schlecht. Letztes Jahr hatten wir beileibe genug Veränderungen gehabt. Und das reichte mir zumindest noch ein bisschen – ich fand es gut, wie es jetzt war.

„Fahren wir nach Hause“, sagte ich.
 

Wir verließen gerade den Lift, als uns Subaru entgegenstürzte. Anscheinend hatte er auf uns gewartet. Und es schien irgendwas passiert zu sein.

„Entschuldigen Sie die Umstände, aber sie müssen mir helfen, Kurogane-san! Hokuto-chan ist verschwunden!“
 

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„Jetzt beruhig dich erst mal, Subaru-kun!“, sagte Fye, während er ihm einen Eistee herüberschob.

Mittlerweile saßen wir in meiner Küche und Subaru hatte bis auf den einen Satz von eben nicht viel mehr als Entschuldigungen und Gestammel hervorgebracht. Es schien wirklich ernst zu sein,

„Seit wann ist sie denn nicht mehr da?“, fragte ich.

„Seit gestern mittag. Das ist gar nicht ihre Art! Sonst ist sie nie über Nacht weggewesen, ohne vorher Bescheid zu sagen“, berichtete mein Nachbar aufgelöst.

Hokuto war wirklich etwas aufgedreht, aber in solchen Dingen wirklich verlässlich.

„Warst du schon bei der Polizei?“, fragte Fye.

„Ja, natürlich! Sie haben die Vermisstenanzeige aufgenommen, aber gesagt, dass sie erst nach vierundzwanzig Stunden etwas machen können und sich melden, sobald sie etwas neues haben“, antwortete er. „Aber ich kann nicht mehr länger warten, ich mache mir solche Sorgen.“

Ich nickte. Allerdings befürchtete ich, dass ich auch nicht mehr tun konnte, als die Kollegen der Vermisstendienststelle.

„Wo hast du deine Schwester denn das letzte Mal gesehen?“, fragte ich.

„Zuhause, sie ist weggefahren!“, erzählte er. „Sie schreibt gerade an einem Roman, einen nach einer wahren Begebenheit und meinte sie hätte etwas Neues herausgefunden, was sie dann überprüfen wollte.“

„Hat sie gesagt wo und was?“, wollte ich wissen, doch Subaru schüttelte frustriert den Kopf.

„Nein – das ist es ja gerade.“ Er schien noch mal darüber nachzudenken, schüttelte dann abermals den Kopf. „Wirklich nicht.“

„Worum geht’s denn in dem Roman?“, erkundigte sich Fye.

„Eh...ich glaube es geht um Industriespionage und so was...“, meinte Subaru, etwas unsicher. „Aber genaueres weiß ich auch nicht.“

„Oh – wirklich? Klingt spannend“, sagte Fye. „Hatten wir nicht vor kurzem so ein Fall in der Zeitung stehen?“

Subaru nickte. „Ja, genau das wird es wohl sein.“

Ich erinnerte mich an den Artikel. Es ging um eine Schmiergeldaffäre in einem Chemiekonzern, der sogar einige Polizisten bestochen hatte, um seine Abfälle billig entsorgen zu können. Außerdem beschafften sie sich Konzepte anderer Firmen und setzten diese um, bevor die anderen Anspruch darauf erheben konnten – Beweise, dass ihnen die Idee geklaut worden war, hatten sie natürlich nicht. Einige der Beteiligten hatte man verhaften und vor Gericht bringen können, jedoch vermutete man noch unbekannte Hintermänner, die man nicht hatte ermitteln können.

Hatte sie also irgendwie zu viel in Erfahrung gebracht und war deshalb verschwunden?

Keine besonders beruhigende Vorstellung.

„Wurde bei dem Konzern schon nach gefragt, ob sie dort aufgetaucht ist?“, fragte ich. Subaru nickte. „Ja, ich habe dort angerufen. Sie meinten, sie wäre nicht dort erschienen.“

Das konnte genauso gut gelogen sein, damit niemand vorbei kam und sie dort fand...

„Leider kann ich da auch nicht weiterhelfen“, sagte ich. „Es gibt keinen Anlass, einen Durchsuchungsbefehl zu ordern. Am besten fährst du selbst einfach mal hin und fragst persönlich. Vielleicht war sie zu dem Zeitpunkt des Anrufes auch noch gar nicht da.“

„Das werde ich wohl tun“, antwortete Subaru. „Trotzdem, vielen Dank.“ Er trank seinen Eistee aus und erhob sich dann.

„Meinst du wirklich, er soll allein dort hinfahren?“, fragte Fye, nachdem Subaru gegangen war. „Ich meine, wenn seine Schwester wirklich dort festgehalten wird, dann könnte es für ihn ziemlich gefährlich werden.“

„Ich weiß – aber ich denke nicht, dass sie erneut Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen. Schon gar nicht die der Polizei.“

„Stimmt – sie haben schon genug mit dem einen Verfahren gegen sie zu tun.“

„Sie taucht schon wieder auf“, sagte ich. Hokuto hatte vielleicht diesmal wirklich nur vergessen vor lauter Recherche ihrem Bruder Bescheid zu sagen.
 

Einige Stunden später – Fye und ich aßen zusammen gerade zu Abend – klingelte das Telefon. Und ich ahnte, dass es das Revier war – und tatsächlich, als ich abhob, wurde meine Vermutung bestätigt.

„Kurogane-san“, meldete sich Sakura am anderen Ende. „Es tut mir wirklich Leid, aber ich fürchte, du musst deinen Feierabend unterbrechen.“

„Worum geht’s denn?“, fragte ich.

„Um die U-Bahn-Mordserie. Es gab schon wieder eine Tote. Laut dem Personalausweis ist es eine Hokuto Sumeragi.“

Das zum Thema ‚wieder auftauchen’. „Ich mache mich sofort auf den Weg.“
 

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„Willst du nicht lieber Subaru-san Bescheid sagen?“, fragte Fye, doch ich schüttelte den Kopf. „Keine Zeit. Außerdem – er ist doch gar nicht da.“ Ich stand schon halb auf dem Hausflur. „Wenn er wiederkommt, sag es ihm lieber noch nicht. Ich bin so schnell wie möglich wieder da“, sagte ich. Fye nickte. „Okay.“

Ich machte mich schnell auf den Weg zur ‚Fünften Station’, die erste Haltestelle der U-Bahn auf der Karzer-Linie vom Hauptbahnhof aus in Richtung Parkbahnhof.

Dort wimmelte es von Polizisten und Krankenwagen. Der Bereich um die Schienen war mit Absperrband gesichert und niemand, der nicht eine Polizeimarke hatte, wurde durchgelassen. Selbst die Presse nicht.

Eine U-Bahn, die das Opfer offensichtlich erwischt hatte, stand auf den Schienen und wurde von einigen Leuten der Spurensicherung untersucht. Somit war es nicht schwer, Storm und auch Shaolan ausfindig zu machen, die sich mit dem Blut an der Frontscheibe des Zugwagens beschäftigten.

Die Bahn war wohl ein Stück zurückgesetzt worden, denn das Opfer lag einige Meter weiter auf den Schienen, zugedeckt mit einem weißen Laken. Ich hoffte wirklich, dass es nicht meine Nachbarin war.

Doktor Meyer und einige seiner Assistenten aus der Pathologie standen schon daneben, anscheinend warteten sie nur darauf, die Leiche mitnehmen zu dürfen.

„Ah – Kurogane-san!”, rief er zu mir herüber, während ich näher kam. „Kommen sie ruhig herunter – der Strom ist abgestellt worden.“

Sonst würden sie wohl auch kaum alle auf den Gleisen herumstehen. Ich sprang den einen Meter tiefer auf die Gleise und stand gleich darauf neben den Gerichtsmedizinern.

„War es ein Unfall?“, fragte ich. Meyer schien diese Frage erwartet zu haben.

„Selbst wenn es keiner war – was ich erst nach einer gründlichen Obduktion feststellen kann – die U-Bahn ist sicher die Todesursache. Die Bahn war beim Aufprall sicher noch an die vierzig Stundenkilometer schnell. Der Zug kam hier zum Stehen“, sagte er und deutete dann die Gleise herunter. „Da hinten ist das Unglück passiert. Etwa fünfzig Meter vorher. Der Zugführer hat sofort die Notbremse gezogen – aber es dauert nun mal bis so ein Zug steht.“

„Man hat mir gesagt, dass die Tote Hokuto Sumeragi sein soll“, sagte ich.

„Zumindest ihrem Ausweis nach, ja“, antwortete Meyer. „Die persönlichen Sachen hat die Spurensicherung aber schon. Sie kennen sie?“

„Meine Nachbarin“, meinte ich knapp.

„Gut – dann dürften sie ja in der Lage sein, die Leiche zu identifizieren“, gab der Pathologe zurück und hob ohne weitere Umschweife das Tuch an. „Und? Ist sie es?“

Anscheinend war sie auch noch von der Bahn überrollt wurden. Absolut kein schöner Anblick.

Ich bereute fast, dass ich zu Abend gegessen hatte.

„Nein – sie ist es nicht...“, sagte ich, nachdem ich mich wieder gefangen hatte. „Verdammt – Sie hätten mich vorwarnen können!“

Aber immerhin – dies war nicht Hokuto. Die Frau sah ihr zwar ähnlich, aber sie war es nicht. Nur wie kam sie dann an den Personalausweis meiner Nachbarin und wer war sie wirklich?

Doktor Meyer ließ das Tuch wieder fallen. „Nun – das freut mich für Ihre Nachbarin. Dann werde ich wohl herausfinden müssen, wer sie war.“

Ich nickte. „Ich denke mal, Sie können sie dann mitnehmen.“

„Nein, es müssen noch Fotos gemacht werden. Sie sollten Storm und Li vielleicht den Zustand der Leiche mitteilen“, meinte Meyer.

Ich wandte mich um und ging zu Storm und Shaolan herüber.

„Und, wie sieht’s aus?“, erkundige ich mich. Eigentlich ist das nach einem Blick auf den blutverschmierten Zug offensichtlich.

„Wir können davon ausgehen, dass es das Blut vom Opfer ist“, meinte Storm. „Zumindest, wenn sich nicht zufällig jemand anderes vor diesen Zug geworfen hat.“

„Ist ziemlich unwahrscheinlich“, stimmte ich zu.

„Den Blutspritzern nach ist sie direkt auf den Zug aufgeprallt und dann heruntergerutscht.“

Er deutete auf besagte Stellen, ein großer Blutfleck, an den Rändern auseinander gelaufen und erst in größere und kleinere Spritzer, die gegen die Fahrrichtung zerlaufen waren und eine am seitlichen und unterem Ende verwischte Blutspur. „Im Labor werden wir das anhand der Proben noch mal feststellen und mit Hilfe der Fotos der Blutspritzer finden wir auch sicher heraus, wie schnell der Zug zu besagtem Zeitpunkt war. Aber, vermutlich hat Ihnen das Doktor Meyer schon erzählt, wir nehmen an, dass es an die Vierzig Stundenkilometer waren.“

Ich nickte. „Hat er.“

„Ist es denn Ihre Nachbarin?“, fragte Shaolan vorsichtig.

„Nein“, antwortete ich und der Junge sah schon sehr erleichtert aus.

„Ich kümmere mich dann um die Fotos des Opfers“, sagte er. Anscheinend waren sie hier fertig, denn Storm nickte.

„Ich komme sofort nach“, meinte er.

Ich warnte sie besser vor – Meyer vergaß das bestimmt. Viel half es aber anscheinend nicht, denn ich konnte von hier aus sehen, dass Shaolan erblasste, nachdem er das Opfer gesehen hatte. Doch er fasste sich ebenso schnell wie ich mich zuvor und fing an, alles zu fotografieren. Aber bei der Mordkommission zu sein war nun mal manchmal hart. Das wussten aber alle, die schon ein paar Monate dabei waren.

„Wo sind die persönlichen Sachen des Opfers?“, wollte ich dann an Storm gewandt wissen.

„Hat Kessler.“ Storm deutete zu einem Beamten in einem Schutzanzug der Spurensicherung, der auf dem Bahnsteig stand. Ich fragte mich immer noch, wie Storm seine Leute unterscheiden konnte, wo sie doch alle mehr oder weniger gleich aussahen und überall durcheinander liefen. Aber im Moment schienen sie darauf zu warten, erst richtig los zu legen und jedes Steinchen umdrehen zu können.

Ich ging zu Kessler herüber, der einen durchsichtigen Beutel mit den – ebenfalls sorgfältig, einzeln eingetüteten – Sachen in der Hand hielt.

Ich breitete diese einige Schritte weiter, nebeneinander auf dem Boden aus, um sie durchzusehen. Eine Brieftasche, ein Schlüsselbund, Lippenstift und einige Einkaufsbons. Und natürlich die Handtasche.

„Was ist in dem Portemonnaie?“, fragte ich und Kessler zückte ein Notizbuch.

„Personalausweis, Krankenkarte, Kreditkarten, Büchereiausweis und etwas Kleingeld“, ratterte er herunter, nachdem er die richtige Seite gefunden hatte. „Die Karten alle auf den Namen Hokuto Sumeragi.“

„Und was ist mit den Schlüsseln?“

„Die Schlüssel sind anscheinend Haustürschlüssel und ein Briefkastenschlüssel. Kein Autoschlüssel, dafür ein noch unbekannter, vielleicht ein Vorhängeschloss oder dergleichen.“

Kein Autoschlüssel würde auf Hokuto zutreffen. Ich nahm die Schlüssel zur Hand und zog meinen eigenen hervor. Wenn es die von Hokuto waren, müssten sie ähnlich sein, da sie zur Eingangstür des Hauses passten.

Doch die Schlüssel stimmten ganz und gar nicht überein – es war nicht einmal derselbe Hersteller. Also gehörten diese Schlüssel wohl dem Opfer. Es sei denn, die gehörten einem dritten Unbekannten.

„Und das war alles in der Handtasche?“, erkundigte ich mich und Kessler nickte.

Wenn die Schlüssel ebenfalls Hokutos wären, wäre die Erklärung sicher schnell gefunden – die Handtaschen wurden irgendwie vertauscht. Aber so...?

Irgendwas war hier nicht ganz richtig – ich wusste nur nicht was...

Ich steckte die Sachen sorgfältig in die größere Tüte zurück und gab sie Kessler wieder.

Wieso hatte das Opfer keine eigene Brieftasche, sondern das Portemonnaie von Hokuto, nicht aber auch ihre Schlüssel? Wie war sie daran gekommen? Und wieso war diese Frau überhaupt vor die U-Bahn geraten? Vielleicht sollten wir damit anfangen, herauszufinden wer sie war.

Storm trat neben mich.

„Es sieht so aus, als hätte unser Serientäter wieder zugeschlagen“, stellte er fest.

„Sieht so aus, das Opfer passt zumindest ins Profil“, stimmte ich zu. „Allerdings, so ganz passt es auch wieder nicht. Wenn es der Serientäter war, hätte er dann nicht bei der Vierten Station weitergemacht? Wieso überspringt er eine?“

„Das ist eine gute Frage, auf die ich leider aber keine Antwort habe“, antwortete Storm. „Da solltest du einen Profiler fragen.“

„Erst mal muss ich die Zeugen befragen“, meinte ich. Und die Aussicht stimmte mich überhaupt nicht gut. Das waren an die fünfzig Leute, auch wenn Kollegen auch einige Zeugen übernahmen. Das bedeutete, ich durfte die Nacht auf dem Revier verbringen, mir den Unmut der Zeugen anhören, weil sie um diese Zeit hergeschleift worden waren und vor allem bedeutete es Berge von Papierkram. Hoffentlich bekamen wir etwas Brauchbares heraus.
 

„Ich komme heute nicht mehr nach Hause“, sagte ich. Am anderen Ende der Leitung hörte ich ein enttäuschten Seufzer.

Ich war mittlerweile auf dem Revier, hatte gerade den Zugführer und drei andere Zeugen befragt und nutzte die paar Minuten Verspätung des Nächsten, um Fye anzurufen.

„Das ist unfair~“, maulte er, „dauernd musst du Nachtschicht schieben.“

„Mit gefällt das auch nicht“, gab ich zurück. „Vielleicht schaffe ich’s ja, aber ich fürchte, dass es dann sehr spät werden wird. Ich habe so um die zwanzig Zeugen zu befragen.“

„Ich weiß“, meinte Fye. „Du kannst halt nichts für deine Arbeitszeiten.“

„Ja – wenn die Leute sich wenigstens zu festgelegten Zeiten umbringen würden...“, antwortete ich sarkastisch. Das Leben wäre sehr viel einfacher – zumindest der Job.

„Ach! Ist es eigentlich Hokuto?“, wollte Fye dann wissen.

„Nein, zum Glück nicht.“

Er stieß wieder einen Seufzer aus – diesmal einen erleichterten. „Aber aufgetaucht ist sie noch nicht, oder?“

„Nein.“ Ich sah einen Beamten um die Ecke biegen, der wohl meinen nächsten Zeugen dabei hatte. „Ich muss jetzt weitermachen“, sagte ich.

„Viel Spaß“, erwiderte Fye und konnte ihn leicht kichern hören.

„Vielen Dank für dein Mitleid“, murrte ich. „Gute Nacht.“

„Gute Nacht – äh, hoffentlich bis später“, flötete er.

„Du brauchst nicht wach zu bleiben“, sagte ich. „Bis morgen.“

Ich legte auf und wandte mich dann dem Zeugen zu, der inzwischen angekommen war.

„Setzen sie sich ruhig“, sagte ich und deutete auf den Stuhl. Ich ließ mich ihm gegenüber nieder.

„Ich hoffe, das geht schnell. Ich habe nämlich keine Lust, die ganze Nacht hier zu sitzen...“, moserte er auch gleich los.

„Das liegt an Ihnen“, meinte ich und musste mich beherrschen, ihm zu sagen, was ich davon hielt, mir die Nacht um die Ohren zu schlagen und Leute zu befragen, die nichts gesehen hatten. Stattdessen startete ich das Aufnahmegerät. „Also. Ihr Name, bitte...“
 

Um halb Eins ging der letzte Zeuge – doch das hieß für mich noch lange nicht, dass ich auch nach Hause gehen durfte. Ich musste noch die Zeugenaussagen miteinander vergleichen – auch wenn sich alle sehr ähnlich angehört hatten. Und auch alles andere als viel versprechend.

Das würde ewig dauern... typische Bürokratie.

Ich hoffte, dass die Kollegen mehr Erfolg gehabt hatten.

Gerade als ich damit anfangen wollte, die Aussagen erneut durchzugehen, kam einer von Meyers Assistenten herein.

„Detective Inspector? Doktor Meyer hat die Autopsie beendet“, sagte er. Anscheinend sollte ich vorbeikommen. Immerhin, besser als Berichte zu lesen und eine kleine Pause, oder eher Abwechslung war sicher auch nicht schlecht. Auch, wenn die Pathologie nicht unbedingt der geeignetste Ort dafür war.

Ich erhob mich und machte mich auf den Weg zur Gerichtsmedizin.

Praktischerweise lagen die Büros, in denen auch die Verhöre stattfanden, im Erdgeschoss, genau über der Pathologie.
 

„Also?“, frage ich ohne Umschweife, als ich auf Doktor Meyer zutrat, der bei der aufgebahrten Leiche stand.

Er fuhr herum, anscheinend hatte er mich nicht kommen hören. Typisch – wenn er mit seinen „Patienten“ beschäftigt war, vergaß er alles um sich herum. „Sie sollen sich doch nicht immer so anschleichen!“

„Das habe ich auch gar nicht. Außerdem haben Sie Ihren Assistenten vorbei geschickt.“

„Ach ja – stimmt“, meinte er. „Kommen Sie ruhig näher...“

Er wartete, bis ich neben ihm stand. „Todesursache ist – wie wir vermutet haben – der Zug. Den Aufprall darauf hat sie wahrscheinlich überlebt. Der Zug hat sie allerdings überrollt, das war dann wohl die Todesursache“, verkündete er dann. „Aber: Sie ist nicht von allein gesprungen.“

Von einer U-Bahn überrollt zu werden, stellte man sich besser nicht vor...

„Also war es Mord?“

„Ich denke schon. Jemand hat sie auf jeden Fall gestoßen und das sehr heftig. Also wird es schon Absicht gewesen sein.“

„Es steht außer Frage, dass es ein Versehen gewesen sein könnte?“

„Nun – ich denke, ein heftiger Schlag auf den Kopf schließt ein Versehen wohl aus?“

„Allerdings.“

„Es gibt Übereinstimmungen mit den letzten drei Leichen“, fuhr Meyer fort. „Allerdings auch Abweichungen. Handelt es sich um den Serientäter?“

„Das steht noch nicht fest. Daran hatten wir aber auch schon gedacht“, meinte ich. „Vielleicht ist es aber auch nur Zufall oder ein Trittbrettfahrer, der sich das zu Nutze machen will.“

Dazu müsste er aber Details wissen, die wir vor der Presse zurückgehalten hatten, damit das nicht passierte. „Wissen Sie schon, wer sie ist?“

„Bisher noch nicht. Aber wir lassen gerade ihre DNA durch den Computer laufen und das Zahnschema sowie die Fingerabdrücke werden abgeglichen. Sie hat keine auffälligen Merkmale. Wenn sie sich schon mal etwas gebrochen hatte, lässt sich das jetzt sehr schlecht feststellen. Immerhin gibt es kaum noch einen Knochen, der heil geblieben ist.“

„Nicht unbedingt verwunderlich“, sagte ich. „Schließlich hat sie ein Zug überfahren.“

Meyer nickte. „Und mindestens zweimal ist sie sehr hart aufgeschlagen“, fügte er hinzu. „Aber selbst wenn sie das überlebt hätte – man hätte nichts mehr für sie tun können. Die inneren Verletzungen wären viel zu schwerwiegend gewesen. Vom Blutverlust mal ganz abgesehen.“

Ich wollte gar nichts genaueres über den Zustand ihrer Organe wissen. Das konnte ich mir schon vorstellen – und das musste auch nicht unbedingt sein. Mir hatte der Anblick an der U-Bahnstation schon gereicht.

Jetzt ging es eigentlich schon besser, weil ich darauf vorbereitet war und außerdem, auf dem Metalltisch sahen die Leichen immer anders aus. Zumindest nicht mehr ganz so blutig und vor allem nicht mehr so unnatürlich verdreht. Auch wenn sie jetzt einige Schnittwunden aufwies, die aber von Meyer stammten.

„Ehrlich gesagt – ich hätte ihr nicht gewünscht, danach noch am Leben gewesen zu sein“, meinte ich. Der Gedanke war unvorstellbar.

„Der Schock hätte sicher ihre Schmerzen überdeckt“, stellte Meyer nüchtern fest. „Aber sie wäre für immer ein Pflegefall geworden, vom Hals abwärts gelähmt – mindestens.“

Da war es wohl wirklich besser, dass sie nicht überlebt hatte. Die andere Aussicht war ebenfalls kein Leben mehr, allenfalls ein Existieren.

„Dann geben Sie Bescheid, sobald Sie wissen, wer sie war“, meinte ich – bevor Meyer doch noch auf die Idee kam, mir Details zu erläutern, die ich nun wirklich nicht wissen wollte.

Ich würde wahrscheinlich ohnehin nicht mehr besonders gut schlafen – wenn ich dazu überhaupt noch eine Möglichkeit bekam.
 

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File 4

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Ich ließ die Tür leise ins Schloss fallen, um Fye nicht zu wecken. Im Flur war es gerade hell genug, um sehen zu können, deshalb ließ ich das Licht aus. Ich würde mich auch im Stockfinsteren zurechtfinden, aber dann würde ich wohl über Blacky stolpern, der die Angewohnheit hatte, plötzlich irgendwo unvermittelt aufzutauchen. Da kam er auch schon herangeschlichen. Würden seine Augen das wenige Licht nicht reflektieren, hätte ich ihn wohl mal wieder übersehen. Er folgte mir in die Küche, wo ich mir etwas zu trinken holte. Obwohl es schon halb drei in der früh war, war es immer noch sehr warm. Zwar nicht mehr so heiß wie heute mittag, aber ich schätzte, dass es immer noch an die fünfzehn Grad Celsius sein dürfte.

Ich hatte noch einige Zeugenberichte durchgesehen und vor allem bei dem des Zugführers war ich sehr gründlich gewesen. Allerdings hatte ich noch nichts herausgefunden. Zumindest nichts Neues.

„Kuro-nyan? Bist du das...?“, hörte ich Fye aus dem Schlafzimmer.

War er also doch wach. Oder – vielmehr aufgewacht, er klang ziemlich verschlafen.

„Ja...schlaf weiter...“, rief ich zurück und ging in Richtung Schlafzimmer, wobei ich Blacky diesmal wirklich übersah und über ihn stolperte. Ich konnte mich rechtzeitig am Türrahmen abstützen, sonst wäre ich wohl wirklich hingefallen. Ich unterdrückte einen Fluch und sah zu Blacky, der beleidigt, aber total unschuldig zu mir aufblickte und dann gekränkt davon stolzierte.

„Alles...in Ordnung...?“, nuschelte Fye.

„Ja... nur Blacky...“, gab ich zurück und betrat das Schlafzimmer. Fye setzte sich auf und rieb sich über die Augen. Aber ein Grinsen brachte er trotzdem zu Stande. „Immer im Weg, wie?“

„Hab ich dich geweckt?“, fragte ich nach, während ich mein Hemd aufknöpfte.

„Nein – nicht wirklich. Ich hab nicht fest geschlafen“, gab er zu und fuhr sich durchs Haar, bevor er sich wieder hinlegte. „Aber jetzt bist du ja da...“, murmelte er ins Kissen, offensichtlich wieder halb am Schlafen.

Er drehte sich mit einem zufrieden klingenden Brummen zu mir um, als ich, nachdem ich noch schnell unter der Dusche gewesen war, mit unter die Bettdecke rutschte.

„Ewww... deine Haare sind ja noch nass“, murmelte er, was ihn anscheinend aber trotzdem nicht davon abhielt, weiter zu mir zu rücken und seinen Kopf an meine Brust zu lehnen.

Ich legte meine Arme um ihn, es war zwar sehr warm, aber in letzter Zeit hatten wir uns wirklich selten gesehen

„Nacht“, sagte er leise und schien dann auch gleich darauf eingeschlafen zu sein. Was mich nicht wunderte, inzwischen war es drei Uhr in der Früh.
 

Ich wurde wach, weil es hell war. Doch nach einem Blick auf dem Wecker, bereute ich, schon wach geworden zu sein – es war fünf Uhr morgens. Ich hatte gerade mal zwei Stunden geschlafen. Aber ich musste sagen, diese wenigstens gut. Trotzdem war ich noch ein wenig müde. Fye zog seinen Kopf unter die Decke und rückte noch näher an mich heran, als ich mich bewegte, um auf den Wecker zu schauen. Er fand wohl auch, dass es noch definitiv zu früh war, um aufzustehen. Ich würde auch erst frühestens um halb sieben auf dem Revier sein müssen und fand es ganz nett, noch eine Stunde liegen bleiben zu können.

Deshalb zog ich Fye noch ein wenig näher und strich ihm durch die Haare. Er reagierte mit einem wohligen Seufzer und schlummerte weiter.

Ich konnte nicht mehr einschlafen, was eigentlich aber auch egal war, da ich in einer halben Stunde sowieso aufstehen musste.

„Wieso bist du eigentlich zur Polizei gegangen?“, wollte Fye plötzlich nach einer Weile wissen.

„Ich wollte eigentlich schon immer zur Polizei.“

Fye schien das wirklich zu erstaunen. „Echt? Dann ist es ja gut, dass du zur Polizei gegangen bist~“, sagte er. „Nicht nur, weil wir uns sonst wohl nie kennen gelernt hätten, sondern auch, weil ich finde, dass du ein wirklich guter Polizist bist.“ Er legte den Kopf leicht in den Nacken, um mir ins Gesicht zu sehen. „Erzähl! Ich wusste nämlich nie richtig, was ich machen wollte!“

„Das glaub ich dir“, meinte ich und zauste ihm kurz durchs Haar. „Mein Vater war auch Polizist, vielleicht liegt es ein wenig daran“, fuhr ich fort.

„Wirklich? Dein Vater war auch Polizist? Auch hier in Abaton?“

„Nein, in Japan“, antwortete ich – und dann klingelte das Telefon.

„Hmn~ also, das ist sicher nicht die Weckauskunft“, meinte Fye und grinste. „Ist bestimmt für dich!“

War es auch. Als ich abhob, war Sakura am Apparat. „Du musst sofort herkommen“, sagte sie, als ich mich meldete.

„Sag mir bitte, dass es nichts mit U-Bahnen und einer neuen Leiche zu tun hat“, sagte ich.

„Nein, das nicht, aber es hat mit der letzten Leiche zu tun.“

„Die läuft doch nicht weg – muss es jetzt sofort sein?“ Ich wäre eh in einer Stunde da gewesen.

„Meyer sagte, es wäre dringend“, bestätigte Sakura. Und wenn unser Gerichtsmediziner meinte, dass es eilte, dann tat es das meistens auch. Denn bei ihm kam das recht selten vor.

Was wohl daran lag, dass er es manchmal schlicht und einfach vergaß.

„Ich bin unterwegs“, gab ich zurück, legte auf und drehte mich zu Fye um, der hinter mir stand.

„Kein gemeinsames Frühstück, hm?“, stellte er leicht vorwurfsvoll und enttäuscht fest. Die Enttäuschung konnte ich sehr gut nachvollziehen.

„Sieht so aus“, antwortete ich. „Tut mir leid.“
 

„Also?“, fragte ich, als ich die Pathologie betrat. Ich musste mich dreimal wiederholen und dem Gerichtsmediziner auf die Schulter klopfen, damit er überhaupt merkte, dass ich da war und erschrocken von der Leiche, die er gerade untersuchte, aufblickte.

„Da sind Sie ja schon!“, stellte er fest.

„Sie haben auch gemeint, es wäre dringend“, gab ich zurück.

Er nickte. „Stimmt, ich habe bei dem letzten Opfer etwas gefunden, was Sie interessieren wird“, verkündete er. Natürlich interessierte mich das, denn bisher hatten wir eigentlich noch keine Indizien die auf den Täter hinwiesen gefunden.

„Und was?“, hakte ich nach, als er nicht weiterredete.

„Haare.“

„Haare?“

„Ja, Haare. Sie hatte sie in der Hand. Es war gar nicht so leicht, sie zu finden, weil das Opfer die Haare buchstäblich in der Hand hatte“, erklärte er. Ihn schien das ziemlich zu faszinieren – mich eher nicht, deshalb unterbrach ich ihn, als er anscheinend noch mit weiteren Ausführungen beginnen wollte.

„Dann vermute ich mal, es sind nicht ihre“, sagte ich und er nickte beflissen.

„Allerdings. Kommen Sie mit in das forensische Labor – ich bin sicher, dass die Analyse abgeschlossen ist.“

Da das forensische Labor gleich neben der Pathologie lag, genauer gesagt, waren die beiden Abteilungen nur mit einer Glastür voneinander getrennt, war es auch nicht weit. Storm war nicht anwesend, dafür aber der Labortechniker Jones und auch Kessler, die von ihren Mikroskopen aufsahen. Kessler war der Blutspezialist, soweit ich wusste, und Jones war in der Ballistik, beide waren aber auch in der DNA-Analyse sehr bewandelt.

„Und, meine Herren?“, wandte sich Meyer an die beiden Sergeants, als erwartete er, dass sie ihm jetzt den Sinn des Lebens mitteilen würden.

„Fest steht, dass die Haare definitiv nicht vom Opfer stammen. Außerdem sind es drei Verschiedene“, fing Kessler an.

„Und, wir wissen, von wem sie stammen“, fügte Jones in bedeutungsschwerem Tonfall hinzu. „Sie stammen...“

„...von den ersten drei Opfern“, ertönte es von der Tür her und die beiden Forensikanalytiker verzogen enttäuscht das Gesicht, weil ihr Chef ihnen diese tolle Sensation natürlich wieder mal wegschnappen musste. Wahrscheinlich ärgerten sie sich gerade darüber, es ihm anscheinend schon gesagt zu haben.

„Richtig“, bestätigte Jones und sie nickte eifrig. „Jeweils säuberlich eines von jedem der letzten drei Opfer des U-Bahn-Killers.“

Ich drehte mich zu Storm um, der sich mit Frühstück in der Hand zu uns gesellte und seinen zwei Mitarbeitern zufrieden zunickte. Die machten sich wieder an ihre Arbeit, auch wenn ich nicht wusste, woraus diese jetzt bestand.

„Das bringt uns auch nicht viel weiter – zumindest wissen wir jetzt, dass es anscheinend der Serienkiller war“, meinte ich. Eigentlich hatte ich ja auf mehr Hinweise gehofft oder gleich auf eine Spur, die auf den Täter hinwies.

„Aber immerhin scheint es der Täter zu sein – wer sonst sollte an die Haare der Opfer kommen?“, erwiderte Storm.

Da hatte er eigentlich nicht ganz unrecht.

„Aber sonst wurde nichts gefunden?“, wollte ich wissen.

„Nein“, meinte Storm. „genauso wenig wie bei den letzten Opfern. Bis auf die Haare.“

Normalerweise änderten Serientäter ihre Methoden nicht – weshalb also die Haare? Um diesen Fall mit den anderen in Verbindung zu bringen? Hatte der Täter aus Versehen die Vierte Station übersprungen? Oder doch mit Absicht, denn woher sollte er denn dann die Haare haben oder auf die Idee gekommen sein, sie dort zu hinterlassen? Oder war es vielleicht ein Hinweis, etwas, womit er uns etwas sagen wollte und es war geplant gewesen war, die Vierte Station auszulassen?

Zu viele Fragen ohne Antworten, und das vor dem Frühstück...

„Ist an den Haaren irgendwas ungewöhnliches?“, wollte ich wissen. „Bis auf den Fundort, meine ich.“

„Nein, eigentlich nicht“, antwortete Kessler. „Sie sind ganz normal... Natürlich unterscheiden sie sich, da sie ja von verschiedenen Personen sind, in Struktur, Farbe und Dicke, aber...“

„Sie sind gleich lang“, fiel Jones plötzlich ein. „Die Haare haben die gleiche Länge. Sie sind abgeschnitten worden, das kann man an den Enden sehen. Sie sind alle insgesamt an die drei Zentimeter lang, von der Haarwurzel aus gemessen.“

„Dann ist das wohl Absicht – zumindest, dass sie gleich lang sind. Sonst würde sich doch niemand die Mühe machen. Da die Opfer alle unterschiedlich lange Haare haben, kann das kein Zufall sein. Und schon gar nicht, weil es drei sind“, sagte Storm und ich nickte dazu. Selbst wenn es nur zwei wären, wäre es unwahrscheinlich dass sie zufällig exakt dieselbe Länge hätten.

„Dann kann es doch auch sein“, warf Meyer ein, „das der Täter wollte, dass wir sie finden – und zwar genau dort, wo wir, oder eher ich, sie gefunden habe...Ich frage mich nur, warum?“ Er legte den Kopf schief und schien über etwas nachzugrübeln, bevor er sich auf dem Absatz umdrehte, als wären wir gar nicht mehr da und zurück in die Gerichtmedizin ging. Hoffentlich vergaß er nicht, sich zu melden, falls er was Neues herausgefunden hatte...

Ich verließ die Abteilung der Spurensicherung ebenfalls. Ich wollte mir gleich noch einmal die Zeugenaussagen vornehmen und auch Sakuras Auswertung des Überwachungsvideo des Bahnsteigs durchgehen. Aber zuvor brauchte ich dringend was zum Frühstück, weshalb ich den Weg zur Cafeteria einschlug.
 

File 4 – Closed

File 5

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Nach dem Frühstück stürzte ich mich wieder auf die Aktenberge mit den vorläufigen Berichten und den Zeugenaussagen.

Ich mochte Büroarbeit nun wirklich nicht, aber etwas anderes konnte ich ja jetzt auch nicht tun, außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich etwas übersehen hatte und etwas an diesem Fall nicht stimmte.

Alles sah danach aus, als würde es sich um den U-Bahnmörder handeln, der vor zwei Monaten angefangen hatte, mithilfe der U-Bahn seine Opfer entweder zu töten oder loszuwerden. Das erste Opfer war zuerst als Selbstmord zu den Akten gelegt worden, doch als eine zweite Leiche auftauchte, die ebenfalls auf dieselbe Art und Weise aufgefunden worden war, und deren Autopsie ergeben hatte, dass sie eindeutig nicht durch die U-Bahn getötet, sondern pre-mortale Verletzungen im Kopfbereich aufzeigte, die auf einen heftigen Schlag auf den Kopf hinwiesen, war sie wieder aufgegriffen worden. Außerdem stellte sich nach Befragung der Angehörigen heraus, dass das Opfer weder Anzeichen für Suizid oder auch nur den geringsten Hauch an Depression zeigte. Das hatte Anlass geben, das erste Opfer erneut zu obduzieren, wobei sich dann herausstellte, dass auch dieses nicht durch die U-Bahn, sondern wegen einer Fraktur der Schädelplatten und an einer Hirnblutung verstorben war. Fälschlicherweise war die, wegen dem Verdacht auf Selbstmord, als Folge des Aufpralls auf die U-Bahn bestimmt worden.

Dennoch hatten wir keinerlei Spuren auf den Täter gefunden.

Und jetzt gab es ein drittes Opfer, dass ins Muster passte und den Doppelmörder zum Serienkiller machte.

Aber es blieb nun die Frage, weshalb der Täter gerade jetzt eine Verbindung zwischen seinen Opfern herstellte, denn die Verbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Opfer war so gut wie gar nicht vorhanden gewesen.

Und jetzt fragte ich mich wirklich, was der Täter damit bezwecken wollte...

Was mich außerdem irritierte war, dass niemand etwas gesehen hatte, was eigentlich der Fall sein müsste, wenn jemand andere, die betäubt oder schon tot waren, vor eine U-Bahn warf.

So etwas war in der Regel nun wirklich nicht unauffällig. Aber er war weder auf den Überwachungsbändern noch von Anwesenden auf dem Bahnsteig gesehen worden.

Und ich fragte mich, was die Tatsache, dass das letzte Opfer die Brieftasche meiner Nachbarin in ihrer Tasche hatte. Ich hoffte, es bedeutete nicht, dass sie das nächste Opfer war, sondern das aus reinem Zufall passiert war.

Leider glaubte ich nicht an Zufälle...

Ich las noch einmal die Autopsieberichte von Doktor Meyer durch.

Das Gefühl, dass irgendetwas fehlte, wollte sich einfach nicht verabschieden...

Mir fiel auf, dass bei dem zweiten Opfer keinerlei Haare oder sonstiges, was nicht ihr oder zu ihr gehörte gefunden wurden war.

Ich griff zum Telefon neben mir und rief unten in der Pathologie an.

Meyers Assistent kam an den Apparat.

„Doktor Meyer ist gerade beschäftigt“, teilte er mir mit. Ich bat ihn, Meyer auszurichten, dass er doch noch einmal das zweite und erste U-Bahn-Opfer gründlich nach Haaren, die nicht zu den Opfern gehörten zu untersuchen. Der Pathologiehelfer sagte, er würde es tun und das Meyer sich schnellstmöglich melden würde. Ich bedankte mich und legte wieder auf.

Ich suchte mir von allen drei Fällen die Listen der Zeugen heraus und ging sie durch.

Es waren so viele, dass ich knapp zwei Stunden brauchte, um sie zu vergleichen und zu dem Ergebnis kam, dass es rein gar nichts gebracht hatte. Mir waren zwar einige Namen aufgefallen, die öfters auftauchten, aber nachdem ich deren Zeugenaussagen gelesen hatte, stellte sich heraus, dass sie Pendler waren und somit täglich an den Stationen waren oder dort vorbeikamen... außerdem waren es immer noch an die zwanzig Leute, die dafür in Frage kamen.

Es war zum Verzweifeln.

Frustriert starrte ich die Aktenberge an, die sich um mich herum auf dem Schreibtisch stapelten. So viele Berichte und Befunde – aber keine einzige Spur oder den Hauch eines Hinweise, um in diesem Fall weiter zu kommen.

Ich sah auf die Uhr. Fast Mittag. Kein Wunder, dass in diesem Büro mittlerweile eher Temperaturen wie in einer Sauna herrschten. Wahrscheinlich war mal wieder die Klimaanlage kaputt. Wie sollte man denn da vernünftig arbeiten?

Am besten wäre es wohl, wenn ich eine kleine Pause machte und mir etwas zu trinken holte. Im Moment kam ich ja ohnehin nicht weiter...

Vielleicht sollte ich mich einfach noch mal direkt an den Tatorten umsehen. Auch, wenn ich nicht glaubte, dass die Spurensicherung etwas übersehen hatte. Aber es war ein Grund aus dem Büro herauszukommen und den Papierkram eine Weile liegen zu lassen...
 

Ich schlug die Autotür zu, nachdem ich auf einem Parkplatz in der Nähe der Vierten Station gehalten hatte und ausgestiegen war. Gegen Mittag waren hier trotz der Hitze viele Leute unterwegs, und dementsprechend dauerte es ein wenig, bis ich die Treppe herunter zu der Untergrundbahn gelangte.

Hier bot sich kein anderes Bild, als oben, denn die Station hatte den Betrieb wieder aufnehmen dürfen, nachdem die Spurensicherung alles gründlich abgesucht hatte. Nur Gleis Zwei, an dem der Mord stattgefunden hatte, war außer Betrieb gesetzt und abgesperrt worden. Davor stand ein gelangweilt aussehender Bahnbeamte, der offensichtlich dazu abgestellt worden war, aufzupassen, dass hier niemand unbefugt hereinkam. Mithilfe meiner Polizeimarke verschaffte ich mir Zutritt.

Der Zug stand nicht mehr auf den Gleisen, er war in eine Halle gebracht worden, die in ein forensisches Labor umgewandelt worden war, um die Blutspuren genauer analysieren zu können und den gesamten Zug nach anderen Spuren und Hinweisen durchzukämmen.

Der Bahnsteig an sich sah unverdächtig aus. Mehrere Schildchen zeigten an, dass dort etwas gefunden worden war, dass ein Indiz sein könnte. Wahrscheinlich waren die meisten aber unbrauchbar...

Ich trat an die Bahnsteigkante heran, auf der Höhe, an dem die Lage der Leiche markiert war.

Mir fiel auf, dass es relativ nah bei der Tunnelöffnung lag. Was hatte Meyer gesagt? Hier war der Zug zum Stehen gekommen, der Aufprall war aber wahrscheinlich fünfzig Meter vorher?

Ich maß die Entfernung mithilfe von Schritten ab. Erstaunlicherweise stand ich jetzt knapp einen Meter neben der hinteren Wand der Station, dort wo der Tunnel begann – oder endete, in diesem Fall. Nun – es hatte einen gewissen Effekt, sich vor den Zug zu werfen, sobald er aus dem Tunnel kam, aber die Chance, den Zeitpunkt zu verpassen müsste sehr hoch sein. Die meisten Selbstmörder wählten doch eher einen mittigeren Abschnitt, dort, wo der Zug noch schnell genug war, sie ihn aber abschätzen konnten...

Ich sah herüber zum anderen Bahnsteig, an dem Hochbetrieb herrschte. Mir fiel auf, dass die meisten Leute eher mittig standen, an den Seiten aber nur ein paar Kleingruppen, die sich anscheinend unterhielten. An den Wänden jedoch kaum jemand. Ich hörte den Zug gegenüber ankommen. Eigentlich war es klar, dass die Leute in der Mitte standen – dort hielt der Zug. Dieser Zug hielt kurz vor dem anderen Tunneleingang, also knapp vierzig Meter weiter, als der Zug hier. Das war also der normale Haltepunkt der Züge. Nach zwei Minuten fuhr der Zug weiter. Normalerweise wäre es kein Problem zu entkommen, man musste einfach nur in den nächsten Zug steigen. Allerdings war es doch etwas weiter bis zum nächstgelegenen Bahnsteig, vor allem wenn es voll war und man vorne an der Bahnsteigkante war. Wenn man dann auch noch jemanden vor den Zug stieß, lief man Gefahr festzustecken. Jetzt wusste ich also, warum der Randbereich gewählt worden war – hier waren wenig Leute, also käme der Täter schneller weg. Allerdings müsste das von den Kameras erfasst worden sein. Ich sah mich nach ihnen um, nur eine der sieben Kameras insgesamt, war in der Nähe und eventuell in der Lage, diesen Bereich zu überwachen. Sie waren schwenkbar. Ich musste Sakura-chan unbedingt fragen, ob sie schon etwas herausgefunden hatte, weil sie die Bänder mit Unterstützung von Shaolan durchsehen wollte.

Da ich auf dem Bahnsteig nichts mehr entdecken konnte, sprang ich auf die Gleise herunter. Sie waren zeitweise still gelegt, zumindest bis zu bestimmten Weichen, also musste ich nicht damit rechnen, mich vor einem Zug in Sicherheit zu bringen. Da ich den Bereich um die Leiche herum schon mehrmals gründlich überprüft hatte, wollte ich mich jetzt in Tunnelnähe und im Tunnel selbst umsehen. Gestern war das nicht möglich gewesen, da der Zug noch auf den Gleisen gestanden hatte und erst gestern Nacht weggebracht worden war. Die Spurensicherung hatte wohl auch bis in die Nacht arbeiten müssen... Einige der Scheinwerfer standen noch im Tunnel herum, damit hatte die Spurensicherung den Tunnel wohl erhellt. Doch sie waren alle wieder zusammengepackt und vom Strom genommen worden, sodass ich mich wohl mit einer Taschenlampe zufrieden geben musste. Ich erwartete ohnehin, nicht unbedingt etwas neues zu finden.

Ich ließ meinen Blick über die Gleise streifen, die aus dem Tunnel herausführten, und dann zur Wand der Bahnsteigskante. Ich sah einige Blutspritzer, die aber markiert waren. Es sah zu aus, als wäre das Blut von oben dorthin getropft. Irgendwas daran machte mich stutzig, aber ich kam nicht darauf, was. Doch ich konnte auch nicht weiter darüber nachdenken, denn ich hörte ein Geräusch. Und es kam aus dem Tunnel. Ich drehte mich um und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Also – eine U-Bahn war es nicht, dazu war es zu leise gewesen. Außerdem war es kein Rauschen oder Rattern gewesen, sondern eher ein Klappern oder Klirren. Ob es eine Ratte gewesen war? Ich trat ein paar Schritte in den Tunnel hinein. Da war es wieder. Eindeutig ein Klappern. Und ich konnte leise Atemgeräusche hören, die von den Wänden wiederhallten. Meine waren es nicht, ich hatte kurzzeitig die Luft angehalten um zu lauschen. Irgendjemand war hier drin. Ich schaltete die Taschenlampe auf, um nicht ein gutes Ziel abzugeben. Vorsichtig bewegte ich mich weiter in den Tunnel hinein und knapp zehn Meter weiter konnte ich einen Schemen ausmachen. Wieder ein Klappern und ein Keuchen. Der Schatten bewegte sich hektisch.

„Hey, wer sind Sie? Sie dürfen hier nicht rein“, meldete ich mich zu Wort, vielleicht war es ein Bahnangestellter oder auch ein sehr mutiger Schaulustiger, denn die Leute von der Spurensicherung beschäftigten sich noch mit dem Zug. Und die würden hier auch nicht im Dunkeln herumtappen.

„Ku...Kurogane-san? Bist du das?”, kam die erstaunte Gegenfrage. Ich knipste die Taschenlampe an und mein Gegenüber hob geblendet die Hand vor die Augen.

„Hokuto-san! Was machst du denn hier?!“
 


 

File 5 – Closed
 


 

Puh. Entschuldigung, dass es schon wieder soooo lange gedauert hat, aber ich hatte einen Hänger. Zudem ist mein Laptop kaputt und somit muss ich am PC schreiben, wenn der mal frei ist und ich dran darf. Und dann muss ich auch noch passende Ideen haben... jaha~ ich hoffe, dass File 6 schneller fertig ist. Ich bemüh mich auf jeden Fall, aber da die Ferien auch wieder zuende sind, kann es sein, dass es trotzdem länger dauert. Also, entschuldige ich mich schon mal, für das ganze Warten... ^^“

File 6

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„Ich hänge fest“, sagte Hokuto und lachte verlegen auf.

„Was?“, fragte ich, wahrscheinlich nicht die intelligenteste Reaktion, aber das war nun wirklich auch eine sehr ungewöhnliche Antwort auf die Frage, was sie hier tat.

„Ich habe mich mit dem Fuß zwischen den Gleisen verfangen und jetzt hänge ich fest“, wiederholte sie. „Und es wäre nett, wenn du aufhören könntest, mir ins Gesicht zu leuchten.“

„Entschuldigung...“, sagte ich und leuchtete auf den Boden. Tatsächlich, sie steckte fest.

„Wie kommst du eigentlich hier her, und warum?“, wollte ich wissen.

„Das erzähl ich dir, sobald du mir hier rausgeholfen hast.“

„Du hast verdammtes Glück, dass die Gleise gesperrt sind und hier keine Züge fahren....“, sagte ich und drückte ihr die Taschenlampe in die Hand.

„Ohoho~ ja, genau so sieht’s aus!“ Sie nahm es anscheinend mit Humor.

„Dein Bruder macht sich übrigens Sorgen“, informierte ich sie, während ich versuchte, möglichst schmerzfrei ihren Fuß wieder loszubekommen.

„Subaru-chan macht sich immer Sorgen!“, gab sie zurück, während sie auf einem Bein balancierte und sich auf meiner Schulter abstützte, um nicht umzufallen. „Aber ich hab einfach total vergessen anzurufen! Ich war wohl zu beschäftigt, aber...Huuuch—!“

Mit einem doch etwas heftigerem Ruck hatte ich sie befreit und sie wäre wirklich nach hinten gekippt, hätte sie sich nicht noch festgehalten. Ihr Schuh war zwar hängen geblieben, aber den bekam ich auch noch frei und sie ihn zurück. Während sie ihn anzog und mir dann die Taschenlampe zurück gab, fragte sie: „Und was machst du hier, Kurogane-san?“

„Ich bin an einem Fall dran“, antwortete ich. „Aber was machst du hier? Du dürftest gar nicht hier sein.“

„Oh, das habe ich mir schon gedacht. Aber ich schreibe doch an diesem Roman“, erklärte sie, während wir uns wieder Richtung Tunnelausgang bewegten, „da dachte ich, ich sehe mich mal um...“

„Was hat ein Chemiekonzern denn bitte mit der U-Bahn zu tun?“, wollte ich wissen.

„Das frage ich mich auch! Deshalb wollte ich ja nachsehen.“

Irgendwie klang das ein wenig zu hastig, aber vielleicht bildete ich es mir ja auch nur ein.

Wir erreichten die Station und ich half meiner Nachbarin auf den Bahnsteig, bevor ich selbst hinaufkletterte.

„Dein Bruder wird sich sicher freuen, dich wiederzusehen“, meinte ich. „Ich bring dich nach Hause.“

„Oh, das ist nett! Aber Subaru wird wohl bei Sei-chan sein... Ich hab ihn, bevor ich in den Tunnel gegangen bin, angerufen. Mir ist nämlich eingefallen, dass ich völlig vergessen hab, ihm zu sagen wo ich bin.“ Sie kicherte.

„Na, wenn du meinst“, antwortete ich. Irgendwie war Hokuto ein wenig seltsam – zumindest seltsamer als sonst.

„Er hat sich gar nicht mehr eingekriegt, als ich in angerufen habe... du kennst ihn ja, wenn er sich Sorgen macht...“, fing sie an zu reden, während wir die Treppen nach oben und zum Parkplatz herübergingen.
 

„Danke fürs Mitnehmen!“, meinte Hokuto, als sie ausstieg. „Obwohl... war ja derselbe Weg, oder nicht?“ Wieder kicherte sie.

Eigentlich war ich ja noch immer im Dienst, aber Fye würde es mir sicher gewaltig übel nehmen, wenn ich hier her fuhr, aber nicht mal für fünf Minuten zu ihm rauf kam, sondern gleich wieder zur Arbeit fuhr. Außerdem – ich hatte Durst und es könnte nicht schaden, wenn ich mich umzog, bevor ich noch mal zum Revier fuhr. Es war echt viel zu warm zum Arbeiten...

„Da hast du recht“, antwortete ich und stieg ebenfalls aus.

Im Aufzug redete Hokuto ausnahmsweise mal nicht und als wir angekommen waren, war sie mit einem „Na, dann macht’s mal gut!“ in der Wohnung verschwunden.

„Du bist ja wieder da!“, rief Fye mir entgegen, der auf den Flur trat, als ich die Tür aufgeschlossen hatte.

„Ja. Ich habe Hokuto nach Hause gebracht. Ich hab sie im U-Bahntunnel aufgegabelt“, antwortete ich und ließ die Schlüssel auf die Kommode fallen ließ.

„Oh – sie ist also wieder da! Da wird sich Subaru-kun aber freuen!“, sagte er und ich nickte.

„Sicher – Hokuto hat ihn auch schon angerufen gehabt. Ist noch Eistee da?“

„Aber klar. Steht im Kühlschrank. Hast du schon Feierabend?“ Er strahlte mich an.

„Nein, leider noch nicht. Ich muss später noch mal zum Revier.“ Wir gingen hinüber zur Küche. Fye war enttäuscht, das sah ich, auch wenn er es sich wohl nicht anmerken lassen wollte. „Mir gefällt das auch nicht, ich würde auch viel lieber hier bleiben“, sagte ich deshalb und zog ihn kurz an mich, um ihm durchs Haar zu streicheln und ihn kurz zu küssen, bevor ich mich zum Kühlschrank umwandte, um mir ein Glas Eistee einzuschenken.

„Hmn“, machte er, ungewohnt einsilbig. „Weißt du, wann du wieder kommst, heute Abend?“

„Keine Ahnung“, antwortete ich und trank einen Schluck. „Du kennst Shinsai ja...“

Er nickte und sah mich irgendwie vorwurfsvoll an.

„Ich kann ja auch nichts dafür“, sagte ich. „Ich geh mich dann mal umziehen.“

„Hm“, kam es nur von Fye. Es klang nachdenklich. Aber er war in letzter Zeit auch ein wenig anders als sonst... und da war ich mir sicher, dass ich mir das nicht einbildete. Irgendwas schien ihn zu beschäftigen.

Ich trank mein Glas leer und ging zur Tür.

„Hast du eine Affäre?“

Ich blieb erstaunt im Türrahmen stehen und drehte mich zu Fye um.

„Was?!“

„Hast du eine Affäre?“, wiederholte er und sah mich misstrauisch an. Was war denn jetzt mit ihm los?

„Nein! Wie kommst du denn darauf?“, fragte ich irritiert. Also, das hatte ich nun wirklich nicht erwartet. „Und wieso sollte ich?“

Er senkte kurz den Blick, bevor er mich wieder ansah. Sein Blick wirkte kühl, aber auch ein wenig unsicher. „Du bist so oft weg...wir sehen uns gar fast gar nicht mehr. Und wenn dann bist du zu müde, um Zeit mit mir zu verbringen“, meinte er. Es klang regelrecht so, als wäre ich Schuld und würde es mit Absicht machen.

„Ich kann ja auch nichts für meine Arbeitszeiten“, rechtfertigte ich mich. „Und im Moment ist es wirklich ein komplizierter Fall.“

„Und warum ziehst du dich dann um?“

„Es ist verdammt warm, darum. Die Sachen sind durchgeschwitzt. Und wo ich schon mal hier bin, kann ich--...“

„So...du bist also nur hergekommen um was zu trinken und dich umzuziehen!“, maulte er und verschränkte die Arme. Jetzt benahm er sich aber wirklich kindisch!

„Das stimmt doch gar nicht!“, protestierte ich.

„Ach ja. Du wolltest Hokuto-chan nach Hause bringen, das hatte ich vergessen.“ Es klang schnippisch.

„Denkst du etwa, ich hätte was mit meiner Nachbarin?!“

„Warum nicht? Die kennst du schließlich länger als mich!“

„Ach, und das ist ein Grund, dass du mir so was unterstellst?“

Den letzten Satz hatte ich fast geschrieen. Ich war wirklich wütend geworden. Ich hatte ihm nie Anlass gegeben, zu denken, ich würde ihn betrügen. Ich hatte auch keinen Grund dazu.

Deshalb verstand ich auch nicht, wie er auf so etwas Absurdes kam.

Fye starrte mich eine Weile an. Dann drehte er sich plötzlich wortlos um. Ich sah, dass seine Schultern bebten und er die Hände zu Fäusten ballte.

Sofort verrauchte meine Wut. Weinte er etwa?

Wir hatten so gut wie noch nie gestritten und schon gar nicht über so etwas.

War ich zu weit gegangen? Schließlich hätten wir das eigentlich auch vernünftig bereden können. Ich fuhr mir mit einer Hand durch die Haare und trat einen Schritt auf ihn zu. „Fye...ich“

„Nein, lass es...“, unterbrach er mich. Seine Stimme schwankte ein wenig.
 

File 6 – Closed

File 7

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„Fye...“

Ich brach ab, da er sich umdrehte und mich mit einer Mischung aus Wut und Enttäuschung ansah. Und ich sah leisen Zweifel in seinem Blick, zumindest glaubte ich es.

Er schüttelte bloß den Kopf und rauschte an mir vorbei aus der Küche.

Ich drehte mich irritiert zu ihm um.

„Wo willst du hin?“, fragte ich, weil er die Eingangstür ansteuerte.

„Arbeiten“, meinte er patzig zurück. Dann war er auch schon aus der Wohnung. Die Tür zog er lauter als sonst hinter sich zu.

Was war in letzter Zeit eigentlich los?

Wir hatten einige kleinere Meinungsverschiedenheiten in den letzten Wochen gehabt – aber so etwas? Ich wusste immer noch nicht, wie er auf die Idee kam, ich würde ihn betrügen...

Mir war aufgefallen, dass Fye in letzter Zeit ein wenig bedrückt schien, zumindest wenn er meinte, dass ich es nicht merken würde. Doch ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, woran das liegen könnte. Ich hatte es auf das heiße Wetter und seine Arbeit im Café, in dem ja jetzt Hochbetrieb herrschte und er auch öfter arbeiten musste, geschoben. Denn eigentlich war ich mir sicher gewesen, dass er es mir sagen würde, wenn ihn etwas Wichtiges nicht passte oder es ihm nicht gut ging. Ich war mir plötzlich unsicher darüber, ob es richtig gewesen war, ihn nicht darüber auszufragen und abzuwarten, dass er es entweder von sich aus erzählte oder dass er an dem Tag einfach nur müde gewesen war.

Sollte ich ihm nach und ihn fragen, was er eigentlich wollte? Ihn zur Rede stellen? Ihm erklären, dass er sich da in eine Sache verrannt hatte, die nicht stimmte?

Oder war es besser, ihn einfach in Ruhe zu lassen, bis er sich abgeregt hatte und wir in Ruhe miteinander reden konnten, wenn er wieder kam?

Warum war das so kompliziert? Beide Möglichkeiten konnten die Sache schlimmer machen.

Ich war wirklich ratlos. Außerdem – ich hatte keine Zeit das zu klären und wahrscheinlich holte ich ihn auch gar nicht mehr ein. Das hieß nicht, dass mir die Sache jetzt egal war, aber ich musste sie wohl doch auf heute Abend oder auch Morgen verschieben. Auf jeden Fall musste ich noch mal mit ihm reden und ihm sagen, dass er sich über eine völlig absurde Sache den Kopf zerbrach und sich unnötig Sorgen machte.

Black streifte mir um die Beine und sah fragend zu mir hoch. Er schien auch ein wenig irritiert von Fyes Verhalten zu sein.

„Ich versteh ihn auch nicht...“, murmelte ich und seufzte.

Mein Kater hatte da aber auch keine Ideen – wenn doch, behielt er sie für sich.
 

Ich grübelte immer noch darüber nach, als ich längst wieder auf dem Revier war und die Akten ein wenig ordnete. Auf einen Stapel kamen die Aussagen, die überhaupt nichts gesehen hatten, auf den zweiten die, in denen Zeugen aussagten, etwas gesehen haben zu wollen und der letzte, in denen zumindest wirklich Hinweise vorhanden waren. Der erste Stapel war natürlich der Größte... Aber das hatte ich schon erwartet. Würde es einen konkreten Hinweis geben, wären wir in dem Fall wohl viel weiter.

Anscheinend steckten wir gerade fest... dann würde dieser Fall wohl warten müssen, bis es neue Erkenntnisse gab. DNA-Analyse, die Blutspritzeranalyse, die Auswertung der Spurensicherung und was sonst noch alles dazugehörte.

Ich ließ die letzte Akte – keine Hinweise – auf den Stapel fallen und lehnte mich zurück.

Irgendwie hatte ich das Gefühl bei gar nichts mehr weiterzukommen oder auch überall auf irgendwelche unsichtbaren Mauern zu stoßen. Noch dazu verhielten sich alle Leute in meiner Umgebung plötzlich merkwürdig. Shinsai war schon seit Wochen guter Laune, Hokuto wurde ausweichend und schweigsamer und Fye kam auf Gedanken, die ich nicht nachvollziehen konnte und die er mir anscheinend auch nicht näher erläutern würde.

War es das Wetter oder lag das an mir? Obwohl – bei Shinsai war ich mir sicher, dass es nicht an mir lag. Da vertrug sich die Hitze und das Koffein wohl nicht so gut. Aber bei meiner Nachbarin und vor allem bei Fye fühlte ich mich irgendwie ein wenig an der falschen Adresse...

Als ob ich nicht schon genug zu tun hätte, mich mit diesem Fall auseinander zusetzen, nein, da mussten dann natürlich auch noch jede Menge persönliche Probleme auftauchen. Das Dumme war nur, dass ich anscheinend wohl wirklich nicht in der Lage war, auch nur eines davon zu lösen.
 


 

File 7 – Closed

File 8

File 8
 

Fye war noch nicht zurück, als ich nach Hause kam. Bei der Arbeit konnte er eigentlich nicht mehr sein, da das Café um diese Uhrzeit schon geschlossen hatte. Außerdem hatte ich angerufen und von Charlie erfahren, dass Fye schon gegangen war.

Ich wusste nicht, wo ich ihn suchen sollte, weshalb ich hier blieb, falls er anrief oder zurückkehrte. Was er aber auch noch einige Stunden später nicht tat und ich anfing mir nun wirklich Sorgen zu machen.

Ich hatte wirklich keine Ahnung, wo er sein könnte, und wenn ihm etwas passiert war...

Die Müdigkeit, die sich bei mir in den letzten Stunden eingestellt hatte, war mit einem Schlag verschwunden.

Bisher hatte weder ein Krankenhaus noch Kollegen von der Streife angerufen, das nahm ich als positives Zeichen – aber Fye musste doch irgendwo sein. Natürlich wäre es mir lieber, wenn er nach Hause käme, aber anscheinend war er immer noch wütend. Wenn er wenigstens anrufen würde...

Ich fing an, unruhig durch die Wohnung zu tigern, was Blacky wohl etwas verwirrt, aber neugierig verfolgte. Denn so etwas machte ich selten, genaugenommen war es bisher eigentlich noch nicht vorgekommen. Natürlich war mir klar, dass mich das nicht unbedingt weiter brachte, allerdings hatte ich zumindest das Gefühl, nicht untätig herum zu sitzen. Fye würde das zwar nicht zurückbringen aber...

Auf dem Außenflur polterte es dumpf. Was um viertel nach eins in der Nacht – zumindest auf dieser Etage – recht ungewöhnlich war. Deshalb ging ich nachsehen.

Als ich die Tür öffnete, sah ich erst mal gar nichts, bis ich meinen Blick auf den Boden neben meiner Tür richtete.

„Fye!“

Er hockte an die Wand gelehnt da und hatte den Kopf auf die auf den Knien verschränkten Arme gelegt. Als ich ihn ansprach stieß er einen Seufzer zwischen Frustration und Resignation aus.

„Ich hätte wissen müssen, dass du noch wach bist...“, murmelte er, so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Die Tatsache, dass er dabei den Kopf auch nicht hob, trug wohl auch dazu bei.

„Wo warst du?“, fragte ich, konnte aber nicht vermeiden, dass meine Stimme ärgerlich klang, obwohl ich das nicht wollte.

Fye rappelte sich ruckartig auf. „Ist doch egal“, sagte er, ohne mich dabei anzusehen und wollte sich an mir vorbeischieben. Ich hielt ihn fest.

„Ich hab mir Sorgen gemacht, verdammt. Du hättest wenigstens anrufen können“, sagte ich.

„Darf ich denn gar nicht mehr alleine irgendwo hingehen, ohne dass du mich kontrollierst?“, kam es zurück. Es klang wütend.

„Was...? Das tue ich doch gar nicht. Ich hab nichts dagegen, wenn du was unternimmst“, rechtfertigte ich mich – wieso bekam er denn heute alles in den falschen Hals? „Ich hatte keine Ahnung wo du warst, ich dachte, dir wäre vielleicht was passiert! Was ist los mit dir?“

Seine ganze Haltung änderte sich und er sackte förmlich ein kleines Stückchen in sich zusammen. „Ich weiß es doch auch nicht...“ Jetzt klang er eher verzweifelt.

Ich war ein wenig irritiert darüber, aber vor allem machte sich jetzt die Erleichterung breit, dass er wohlbehalten wieder hier war – auch wenn es sich ja nicht gerade um Tage gehandelt hatte, sondern nur um Stunden. Aber die waren mir wie Wochen vorgekommen...

Ich zog ihn in die Arme.

„Ich bin so ein Idiot“, murmelte er gegen meine Brust und ich spürte, wie er die Hände an meinem Rücken ins Oberteil vergrub.

„Jeder hat mal einen schlechten Tag...“, meinte ich und strich ihm über den Rücken. „Aber jetzt komm erst mal rein.“ Schließlich konnten wir nicht die ganze Nacht auf dem Flur stehen.

Kaum eine Minute später saßen wir uns auf dem Sofa gegenüber.

„Ich...das von heute Mittag“, fing Fye an. „Ich hab das nicht so gemeint.“

„Das weiß ich doch...“, meinte ich. „Aber ich weiß immer noch nicht, wie du überhaupt darauf gekommen bist.“

Fye brachte ein recht verunglücktes Lächeln zustande. „Wahrscheinlich war ich bloß frustriert darüber, dass wir kaum noch etwas zusammen unternehmen... und dass es im Moment ziemlich stressig im Café ist.“ Er seufzte und fuhr sich durch die Haare. „Ich weiß ja auch nicht...“

„Vielleicht hilft es ja, wenn du eine Nacht darüber schläfst.“ Ich warf einen Blick auf die Uhr. „Na ja, was davon noch übrig ist.“ Mittlerweile war es halb zwei.

Fye nickte und sein Grinsen wurde breiter. „Aber nur“, schnurrte er, rückte näher an mich heran und stieß seinen Zeigefinger auf meine Brust, „wenn du mir dabei hilfst.“

„Aber sicher“, gab ich zurück. Wenn er schon mit diesem Tonfall kam, konnte ich das nicht ausschlagen. Auch wenn das hieß, dass wir beide wohl kaum schlafen würden diese Nacht. Aber damit konnte ich auf jeden Fall leben... und Fye anscheinend auch, denn er rückte noch näher. Ich legte die Arme um ihn und wuschelte ihm kurz durch die Haare. Dann stand ich auf.

„Hu~ch“, machte Fye, als er sich auf meinem Arm wiederfand und schlang begeistert die Arme um meinen Nacken. „Was für ein Service“, flötete er.

„Expresssendung ins Schlafzimmer“, meinte ich zurück. Und zwar auf direktem Wege.
 

File 8 – Closed

File 9

Ich weiß, es ist wieder kurz, aber im Moment hab ich wenig Zeit... Entschuldigung hierfür. Aber ich wollte euch nicht noch länger warten lassen. Viel Spaß mit dem neuen Kapitel!
 

File 9
 

Halb Sieben. Insgesamt wohl doch nur zwei Stunden Schlaf. Trotzdem fühlte ich mich wirklich ausgeruht. Ich hatte auch keine Lust jetzt schon aufzustehen, was eigentlich jetzt höchste Zeit wäre, wenn ich pünktlich auf dem Revier erscheinen wollte. Obwohl – eigentlich sollte ich eher. Von wollen war wohl nicht die Rede.

Ich ließ ein paar von Fyes Haarsträhnen durch meine Finger gleiten, welcher ebenfalls wach aber eben so unmotiviert war, was das Aufstehen betraf. Im Gegenteil, er schmiegte sich noch näher an mich und schlang die Arme um meinen Nacken.

„Wieso ist es immer so schnell so früh...?“, murmelte er leise.

„Ich hab keine Ahnung“, gab ich zurück und strich über seinen Nacken. „Aber wenn ich nicht auf dem Revier aufkreuze, wird Shinsai mich auseinander nehmen... Auch, wenn ich dort wohl nicht sehr viel tun kann. Die Akten haben sich über Nacht sicher nicht geändert...“

„Hmn... aber du musst dich zumindest einmal sehen lassen, neh?“, stellte er fest und ließ eine Hand über meinen Oberkörper wandern.

Ich seufzte. „Ja, leider.“

Er fing an, mit seinem Finger herumzutippen. „Dann solltest du aufstehen, sonst kommst du zu spät~“

„Hmn...aber du bist mir deswegen nicht wieder böse?“, erkundigte ich mich.

„Ich überleg’s mir, bis du wieder da bist“, meinte er grinsend zur Antwort und küsste mich kurz.

„Wenn es nichts neues gibt, denke ich, dass es zur Abwechslung mal sehr früh sein wird“, erwiderte ich und richtete mich auf, um aufzustehen und mich fertig zu machen.

„Ich hab heute die Nachmittagsschicht übernommen“, teilte Fye mir mit und streckte sich genüsslich noch ein wenig weiter im Bett aus. „Bis später~“, flötete er mir hinterher.

Ich musste zugeben – ich beneidete ihn darum, dass er im Bett liegen bleiben konnte. Die Welt war manchmal wirklich ungerecht...
 

Als ich das Präsidium betrat, eilte Sakura, kaum dass sie mich gesehen hatte, zu mir herüber.

„Kurogane-san, du sollst dich in Shinsai-sans Büro melden“, teilte sie mir mit. Was hatte ich denn jetzt wieder verbrochen, dachte ich, nickte aber.

„Jetzt sofort?“, fragte ich.

„Ja, es schien wichtig zu sein...“, antwortete das Mädchen, wusste den genauen Grund aber anscheinend nicht.

Also beschloss ich, es gleich hinter mich zu bringen – vielleicht hatte sie ja neue Informationen für den aktuellen Fall? Ich bedankte mich bei Sakura und machte mich auf zu Shinsais Büro.

Als ich eintrat, befand sich dort aber nicht wie ich eigentlich erwartet hatte Shinsai, sondern Moore. Anscheinend bemerkte er meinen irritierten Blick, denn er meinte: „Inspector Shinsai wird eine Weile nicht zum Dienst erscheinen. Deswegen werde ich vorläufig die Leitung dieses Präsidiums übernehmen.“

Eigentlich wären Storm oder ich die Nächstranghöheren der Mordkommission, aber ich hätte diese Aufgabe wohl doch dem Leiter der Spurensicherung überlassen, weil sie mit einer Menge Papierkram zusammenhing. Und das lag mir immer noch nicht so wirklich, weswegen mir das also keineswegs etwas ausmachen würde.

„Aber, weshalb?“, wollte ich wissen. „Ist irgendwas passiert?“

Er schüttelte den Kopf. „Halb so wild. Sie brauchte nur eine Weile Urlaub.“

Irgendwie machte mich das stutzig – aber warum nicht? Shinsai hatte wirklich schon lange keinen Urlaub mehr gemacht, zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern.

Nur, das hätte sie sicher vorher erwähnt... Oder hatte ich das überhört?

Aber das bezweifelte ich. Das hätte ich sicher gehört, weil es mich wahrscheinlich überrascht hätte.

Anscheinend schien Moore zu merken, dass ich ihm das so nicht ganz abnahm. Er seufzte auf und fügte hinzu: „Ein eher unfreiwilliger Urlaub. Sie hatte einen Kreislaufzusammenbruch und ist momentan im Krankenhaus.“

Dazu sagte ich erst mal nichts. Aber eigentlich hatte ich schon länger geahnt, dass das irgendwann mal passieren würde, bei dem ganzen Koffein. Und bei dieser Hitze war das auch kein Wunder...

„Ist es schlimm?“, erkundigte ich mich.

„Ich denke nicht. Also behalten Sie das noch eine Weile für sich, bis man Genaueres weiß.“

Ich nickte. War wahrscheinlich besser so.

„Das war eigentlich alles“, sagte Moore dann nach einem kurzem Schweigen. Sollte wohl heißen, dass ich gehen durfte.

Ein wenig nachdenklich schloss ich die Tür des Büros hinter mir. Irgendwas machte mich an dieser Sache stutzig. Moore tauchte auf und Shinsai landete im Krankenhaus... Aber das war wohl eher Zufall. Seit den U-Bahn-Morden fing ich wohl doch so langsam an, Alles und Jeden zu verdächtigen...

Trotzdem, Moore war mir irgendwie suspekt, obwohl ich nicht sagen konnte, weshalb.

Am besten kümmerte ich mich um wichtigere Sachen, als über so etwas nachzudenken, was sich wohl sowieso als lächerlich herausstellen würde, dachte ich mir und machte mich an die Arbeit – was nicht wirklich lange dauerte, denn es gab immer noch keine neuen Ergebnisse und, erfreulicherweise, auch keine neuen Opfer. Ich überlegte, noch einen zweiten Fall anzunehmen, als wir in der Tagesbesprechung waren, aber ich machte ja auch schon so sehr viele Überstunden und außerdem war es nicht zwingend notwendig, da wir ausreichend besetzt waren. Außerdem wollte ich Fye nicht den, dann berechtigten, Einwand wieder aufgreifen lassen, dass ich wirklich zu viel arbeitete und keine Zeit für ihn hatte.

Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich mit dem aktuellen Fall bald ausgelastet sein würde...
 


 

File 9 – Closed

File 10

File 10
 

„Hier, sieh mal“, meinte Sakura und deutete auf den Monitor. Momentan hatte sie ein Standbild des Überwachungsvideos vom ersten Tatort auf dem Bildschirm – die Qualität hätte besser sein können, aber immerhin hatten wir etwas.

Genauer gesagt, deutete sie auf eine Gestalt, ganz am Rand des Erfassungsradius der Kamera. Das Gesicht war nicht zu erkennen, die sie eine Kappe trug und auch recht unauffällige Kleidung – eine Jeans und ein weißes T-Shirt.

„Was ist mit ihm?“, wollte ich wissen.

„Das ist kurz vor dem Mord“, erklärte sie und ließ die Sequenz weiterlaufen. Die Leute am Bahnsteig drehten sich in Richtung der Gleise um und setzten sich teilweise in Bewegung – anscheinend kam gerade eine Bahn eingefahren. Der Mann verschwand auch aus dem Bild.

Einige Sekunden später erstarrten einige Leute vor Entsetzen und dann brach das Chaos auf dem Bahnsteig aus. Hätte Sakura das Band nicht erneut gestoppt, wäre mir der Mann, der sich – wieder fast aus der Reichweite der Kamera – hastig in Richtung Treppe machte, gar nicht aufgefallen, da er auch noch von anderen Leuten verdeckt wurde.

Sakura vergrößerte den Bildausschnitt mit dem Mann. Jetzt konnte man einige dunkle Flecken auf dessen Hose und T-Shirt erkennen.

„Ist das Blut?“, wollte ich wissen. Denn dann musste der Kerl direkt daneben gestanden haben – eventuell hatten wir ja sogar den Täter.

„Ja, ich denke schon.“, sagte Sakura und nickte.

„Aber wieso haben wir dieses Video erst jetzt?“, wollte ich wissen – es hätte uns eine Menge Arbeit gespart, wenn wir es vor einigen Tagen schon gehabt hätten.

Sakura zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung, aber ich werde versuchen, ein brauchbares Bild von dem Mann zu bekommen, auf dem man ihn erkennen kann“, versprach Sakura. „Und dann gebe ich auch gleich die Fahndung nach dem Mann raus.“

Ich nickte. Endlich hatten wir eine Spur, eine ziemlich eindeutige sogar.
 

„Sie wollten mich sprechen?“, fragte ich, nachdem ich die Bürotür geschlossen hatte.

So langsam hatte ich wirklich den Verdacht, dass Moore es irgendwie auf mich abgesehen hatte. Das war jetzt schon das dritte Mal in dieser Woche. Wie sollte man denn da in einem Fall weiterkommen, wenn man ständig unterbrochen wurde...?

Ein Blick in das Gesicht des Chiefinspectors bestätigte meine Annahme in beunruhigender Weise, denn er sah schlecht gelaunt aus – noch schlechter als ohnehin, wenn wir uns mal über den Weg liefen.

„In der Tat“, antwortete er in unverkennbaren Autoritätston.

„Um was geht es denn?“, erkundigte ich mich. Schließlich konnte ich keine Gedanken lesen – auch wenn das manchmal praktisch wäre.

„Dachten Sie, Sie kommen damit durch?“, fragte er und sah mich scharf an.

„Womit?“, fragte ich und musste meine Irritation nun wirklich nicht spielen. „Was meinen Sie?“

Er beugte sich ein wenig über den Schreibtisch vor. „Jetzt spielen Sie hier nicht den Unschuldigen. Ich habe mit einigen Zeugen gesprochen, die Sie vernommen haben.“

„Hatten die etwas vergessen?“, fragte ich – mitten in der Nacht und nach so einem Schock konnte das ja mal durchaus passieren und manchen fiel nach einiger Zeit wieder etwas ein, was sie in der ersten Vernehmung nicht mehr genau gewusst hatten, ich fragte mich bloß, warum sie sich dann gleich an Moore gewendet hatten, und nicht an mich.

Ich wusste nun wirklich nicht, was daran so schlimm war. Und ich wusste auch nicht, worauf Moore hinauswollte.

„Mir sind einige Ungereimtheiten in Ihren Berichten und Zeugenaussagen aufgefallen und das habe ich nachgeprüft.“

„Ungereimtheiten? In wie fern?“

„Die Zeugen haben behauptet, dass die Aussagen nicht stimmen.“

Jetzt wusste ich, worauf er hinaus wollte.

„Sie wollen mir unterstellen, ich hätte die Berichte gefälscht?“, fragte ich. Das konnte doch nicht sein. Auch wenn ich den ganzen Bürokram nicht unbedingt mochte – ich erledigte ihn trotzdem ordentlich, um mir solchen Ärger zu ersparen. Außerdem war es strafbar.

„Ich werde das noch prüfen müssen, aber eigentlich ist es offensichtlich. Sie haben das geschickt gemacht, das muss ich zugeben. Eigentlich wäre es nicht aufgefallen, wäre ein Zeuge nicht wieder gekommen, um seine Aussage zu vervollständigen.“

„Ich kann Ihnen versichern, dass ich alle Aussagen nach Vorschrift durchgeführt und protokolliert habe“, erwiderte ich. „Wieso sollte ich denn Falschaussagen erfinden?“

Der Fall war auch schon so kompliziert und anstrengend genug. Außerdem – was sollte mir das denn auch bringen?

„Das weiß ich doch nicht. Tatsache ist, dass die Berichte nicht stimmen.“

„Darf ich diese Berichte sehen?“, fragte ich und er reichte mir einige Akten. Ich kannte sie, weil ich sie angelegt hatte. Ich blätterte sie durch und überflog die Berichte.

„Die habe ich nicht geschrieben“, sagte ich. Oder – genaugenommen Teile davon. Hin und wieder passte etwas wirklich nicht, aber ich konnte mich nun wirklich genau daran erinnern, dass da etwas anderes gestanden haben musste. Nur beweisen konnte ich das nicht.

„Was ist mit den Sprachaufzeichnungen?“, wollte ich wissen. Die machten wir immer, damit wir beim Verfassen der Berichte nichts vergessen konnten.

„Gelöscht. Und die Kopien sind verschwunden“, antwortete er. Er seufzte. „Ich fürchte, ich muss Ihnen diesen Fall entziehen und sie vom Dienst suspendieren, bis die Untersuchungen abgeschlossen sind.“

Ich hoffte, ich hatte mich verhört.

Er streckte die Hand aus und sagte: „Dürfte ich Sie um Ihre Dienstmarke bitten?“

Ich dachte darüber nach, zu protestieren – aber das würde wahrscheinlich nur dazu führen, dass mich zwei Kollegen aus der Dienststelle geleiten sollten. Deshalb ließ ich es sein. Außerdem – ich wusste dass ich die Berichte nicht gefälscht hatte, also musste es jemand anderes gewesen sein. Und da dies untersucht werden würde, würde dies sicher bald schon herauskommen. Widerwillig griff ich in meine Tasche und zog meine Marke heraus.

„Ich bin mir sicher, dass das nicht nötig ist. Können Sie nicht die Sache untersuchen und ich arbeite derweil an dem Fall weiter?“, versuchte ich es jetzt doch.

Doch Moore schüttelte nur den Kopf. „Nein, das ist nicht möglich. Vorschrift.“

Natürlich – das war so klar. Komisch, warum bildete ich mir ein, dass er meine Marke gerade mit Genugtuung kassierte?

Verdammt aber auch – irgendwer schien wirklich etwas dagegen zu haben, dass ich diesen Fall löste. Und gerade jetzt, wo wir endlich eine Spur hatten...
 

„Du bist schon zurück...?“, fragte Fye verwundert, als er auf den Flur trat – kein Wunder, dass ich wieder da war, war wohl auch nicht zu überhören gewesen. Die Tür vibrierte im Rahmen noch nach. „Was ist passiert?“, fügte er hinzu.

„Moore hat mich suspendiert“, meinte ich und knallte die Schlüssel unsanft auf die Kommode.

„Was?!“ Fye schien meinen Ärger also zu verstehen.

Ich hatte versucht, mich nicht darüber aufzuregen – vergeblich. Zumindest hatte ich es geschafft, meinen Ärger nicht an Moore oder einen meiner Kollegen auszulassen, sonst wäre ich meine Marke wohl endgültig losgewesen und das wollte ich ja nun auch nicht.

„Wieso denn?“, wollte Fye wissen.

„Angeblich soll ich die Zeugenaussagen gefälscht haben. Sie führen eine Untersuchung durch. Bis dahin haben sie mich vom Fall abgezogen und suspendiert.“ So langsam hatte ich mich wieder beruhigt – und Fye verdiente es noch weniger, dass ich meine schlechte Laune an ihm ausließ. Aber er schien deswegen nicht böse zu sein.

Er legte mir die Arme um den Nacken und grinste. „Sieh’s doch positiv, Kuro-chan~“, raunte er mir zu. „Dann hast du mal ein wenig Zeit für mich.“

Da war allerdings was dran – auch wenn die Sache mit der Suspendierung ärgerlich war, daran konnte ich ja schlecht was ändern. Ich sollte diesen „Urlaub“ vielleicht doch nutzen. Die Aussicht stimmte mich schon milder. Ich legte nun meinerseits die Arme um seine Hüfte und zog ihn ein wenig an mich. „Da hast du allerdings recht, keine schlechte Idee“, gab ich zurück.

Er zupfte ein wenig an meinen Nackenhaaren. „Oh ja~ manchmal kommen mir da so Geistesblitze“, er kicherte kurz, „vor allem, wenn mir langweilig ist~“

„Dir ist also langweilig, hmn? Ich wüsste da was...“, gab ich zurück und küsste ihn kurz.

„Hmmnnn~ da braucht wohl wieder jemand ein paar Streicheleinheiten zum Frustabbau, was?“ Er zwinkerte kokett und schob seine Hände unter mein Hemd. Trotz der Hitze draußen waren sie angenehm kühl.

„Also – ich habe dagegen zumindest nichts einzuwenden...“, sagte ich und dirigierte ihn langsam den Flur, Richtung Schlafzimmer, herunter.
 

„Du meinst, jemand wollte, dass du nicht mehr an dem Fall arbeitest?“, fragte Fye, der sich entspannt an mich geschmiegt hatte und mit dem Finger kleine Kreise auf meinem Oberkörper zeichnete.

Ich nickte. „Ja...wieso sonst sollte es jemand riskieren, die Berichte zu fälschen?“

„Stimmt, da ist was dran. Ob es Moore war?“

„Ich habe keine Ahnung. Selbst wenn – ich kann es nicht beweisen. Und wenn mir das jemand anhängen will, dann wird er falsche Beweise gegen mich hinterlassen haben...“

Zumindest wäre es logisch. Allerdings – wenn sie zu offensichtlich waren, fiel es vielleicht auf. Aber wenn es jemand vom Revier war – oder Moore, dann war dem wohl nicht so. Und ich konnte nichts dagegen tun. Das ärgerte mich an dieser Sache am meisten.

Gedankenverloren strich ich ein paar verschwitze Haarsträhnen aus Fyes Gesicht.

„Aber wieso eigentlich?“, wollte Fye wissen – die Frage hatte ich mir auch schon öfter gestellt. Eine Antwort hatte ich darauf aber auch noch nicht wirklich gefunden.

„Vielleicht sind wir auf etwas gestoßen, das den Täter in Bedrängnis bringt...“, meinte ich. Aber dann war es doch sehr auffällig, wenn er gleich soweit ging. Schließlich wurde deswegen ja eine Untersuchung durchgeführt. „...oder irgendjemand will davon ablenken...“

„Oder es ist jemand, der dich nicht leiden kann und dir bloß eins auswischen will“, schlug Fye als dritte Option vor. War auch keine so abwegige Idee. Ich nickte.

„Aber um die Berichte zu fälschen muss man einiges riskieren und ich denke nicht, dass es ein Außenstehender war“, gab ich zu Bedenken. Aber dann kamen leider – oder glücklicherweise? – auch nicht mehr viele Personen in Frage. Zudem war das eine ziemlich hinterhältige Methode...

Ich seufzte. Wieso eigentlich immer ich?

Fye drückte verständnisvoll meine Hand. „Das wird schon wieder“, sagte er.

„Wenn Moore dahinter steckt, dann wird er alles tun, um auch die Untersuchung zu sabotieren“, meinte ich, weil es mir gerade in den Sinn gekommen war. Wenn das der Fall war, würde ich meine Marke wohl nie wieder sehen...
 

File 10 – Closed
 

Tausendmal Entschuldigung, dass es so derbe lange gedauert hat, bis ich dieses Kapitel fertig hatte... aber in letzter Zeit hatte ich so viel um die Ohren, da bin ich einfach nicht zum Schreiben gekommen. Aber ein wenig länger ist dieses Kapitel ja und Fluff is auch wieder dabei! XD DEr wird wohl jetzt auch wieder öfter kommen, hehehe. Also - falls es noch Leser gibt *sich Asche aufs Haupt streut* - können die sich auf was freuen - und brauchen hoffentlich nicht mehr so lange warten!!

File 11

Ich bitte vielmals um Entschuldigung, dass es doch wieder so lange gedauert hat... Fast 6 Monate, wenn ich mich nicht irre... *schäääääm* Aber dafür ist dieses Kapitel auch länger (naja, für 6 Monate immer noch zu kurz und ich muss zugeben, drei Seiten davon hab ich allein heute Nacht geschrieben... V.v""") und [WARNUNG!!] Ultra-Fluff!! Naja. Und diesmal wird es wohl hoffentlich nur einige Wochen zur Entstehung des nächsten Kapitels brauchen. Sooo, und jetzt werde ich euch nicht weiter mit einem Vorwort aufhalten. Viel Spaß beim Lesen! *Tempos bereitstell*
 


 

File 11
 

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker ausnahmsweise mal nicht.

Fye hatte erst die Spätschicht im Café und ich brauchte ja nicht früh aufstehen.

Aber trotz der Tatsache, dass der Wecker nicht geschellt hatte, wurde ich früh wach, einfach der Angewohnheit wegen. Die Anzeige zeigte fünf vor sieben. Grund genug liegen zu bleiben. Ein weiterer Grund war Fye, der noch friedlich neben mir lag und tief und fest schlief.

Es war schon eine ganze Weile her, dass wir zusammen aufgewacht oder aufgestanden waren. Vom gemeinsamen Frühstück ganz zu schweigen.

Er hatte recht, ich war wirklich viel zu oft mit der Arbeit beschäftigt… aber leider ging es oft nicht anders. Nun ja – momentan war das natürlich etwas Anderes.

Und ich freundete mich so langsam mit dem Gedanken an, eine Weile nicht zur Arbeit zu müssen – auch wenn mich die Suspendierung und die Tatsache, nicht im aktuellen Fall ermitteln zu können und stattdessen auf die Ergebnisse der Untersuchung warten zu müssen, ärgerte. Allerdings hatte es ja durchaus auch Vorteile.

Ich zog Fye vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, noch ein wenig an mich und strich durch sein Haar. Er quittierte das mit einem leisen Seufzen, schlief aber weiter.

Gegen acht Uhr allerdings regte er sich und drehte sich noch ein wenig verschlafen zu mir um.

„Guten Morgen“, meinte ich und strich ihm einige Strähnen aus dem Gesicht.

„Hmnn~ wie lange bist du schon wach?“, fragte er mit einem kleinen Lächeln und legte die Arme um meinen Nacken.

„Fünf vor Sieben“, gab ich zurück. „Ich wollte dich aber noch nicht wecken...“

„Wie lieb~“ Er kicherte und zupfte an meinen Nackenhaaren, während er seine Stirn an meine lehnte. „Gibt’s denn auch Frühstück, mh?“

„Noch nicht“, gab ich zurück und er sah übertrieben enttäuscht drein. „Wie schade.“

„Hey, es war viel zu gemütlich, um aufzustehen“, verteidigte ich mich und er grinste. „Ist es jetzt auch noch!“, verkündete er und küsste mich kurz, bevor er sich aufsetzte und die Decke zurückschlug. „Ich bin gleich wieder da“, meinte er während er aufstand und zur Tür tappte.

Und das war er dann auch, nachdem ich ihn eine Weile in der Küche hatte herumwerkeln hören. Vorsichtig ließ er sich samt dem Tablett, welches er trug, wieder neben mir nieder. Ich nahm es ihm ab, damit er sich wieder bequem anlehnen konnte.

„So“, meinte er und zog die Decke wieder über seine Beine, „jetzt haben wir sogar Frühstück!“

„Das sieht wirklich gut aus“, lobte ich und legte einen Arm um ihn, während ich mir eine Tasse Tee nahm. Er grinste geschmeichelt und schnappte sich ein Stückchen Toast. „Morgen bist du aber dran!“, sagte er und stupste mir auffordernd mit dem Finger gegen die Brust.

„In Ordnung“, willigte ich ein und er sah zufrieden aus. Ich war allerdings auch der Meinung, dass wir öfter einen Morgen so verbringen könnten.

„Hmnnn.. wir sollten wirklich öfter zusammen frühstücken“, meinte er dann auch, während er sich noch ein wenig mehr an mich lehnte.

„Ja, das dachte ich auch gerade“, meinte ich und zauste seine Nackenhaare.

„Dann sind wir uns ja einig, was?“ Er kicherte.

„Mhn“, nickte ich.

Er drehte sich zu mir um. „Und das wegen gestern… das war wirklich dumm von mir.“

„Mach dir keinen Kopf darüber“, meinte ich. „Du hattest recht, dass ich kaum zuhause bin…“

„Ja… aber das heißt ja noch lange nicht, dass du mich deswegen gleich betrügst.“, unterbrach er mich und legte mir die Arme um den Nacken. „Bist du mir böse, dass ich dir das unterstellt habe?“

„Natürlich nicht. Ich habe ja keinen Grund dazu, mh?“

„Dann ist ja gut“, meinte er, wirkte aber etwas nachdenklich. Allerdings nicht für lange.

„Wollen wir heute was gemeinsam unternehmen?“, schlug er vor.

„Was denn?“, fragte ich.

„Wir könnten einfach was essen gehen oder so“, meinte er. „Oder im Park spazieren gehen.“

„Keine schlechte Idee“, stimmte ich zu. Schließlich hatte ich selbst ja kaum Gelegenheit gehabt, irgendwann mal etwas zu unternehmen. Und der Park war nicht weit. „Gehen wir doch spazieren und dann was essen.“

„Okay. Aber nicht jetzt. Jetzt ist es noch zu bequem!“
 

Gegen ein Uhr machten wir uns auf in den Park. Es war zwar sehr warm, aber im Park standen viele Bäume, die Schatten spendeten und außerdem ein See, der den leichten Wind, der über die Grünanlagen strich, ein wenig abkühlte.

Gemächlich schlenderten wir nebeneinander den Kiesweg entlang, der sich kreuz und quer durch den Park zog und sich wie ein Fluss an manchen Stellen aufgabelte.

Es waren wenige Leute zu sehen, die Wenigen hatten sich in den Schatten zurückgezogen, picknickten oder führten ihren Hund aus. Wahrscheinlich war der Großteil bei der Arbeit oder im Freibad.

Aber all das störte weder mich, noch schien es Fye die Stimmung zu verderben. Im Gegenteil – ihn schien es auch zu freuen.

Und mir ging es genauso. Es war wirklích angenehm, einfach mal irgendetwas belangloses miteinander zu unternehmen und einfach die gemeinsame Zeit zu genießen.

Eigentlich sollte ich Moore dankbar für diesen ‚Zwangsurlaub’ sein, jedoch hatte ich immer noch das Gefühl, dass mehr dahinter steckte. Und vor allem, dass der Chiefinspector darin verwickelt war. Oder sogar dafür verantwortlich.

Aber vielleicht bildete ich mir das auch alles nur ein, und es war reiner Zufall, dass er mich gerade jetzt suspendierte. Eigentlich war ich mir sicher, keine falschen Zeugenaussagen aufgenommen zu haben… aber es war spät gewesen und ich konnte mich irren. Nur hatte ich ja die Akten gesehen – und was darin gestanden hatte, hatte gewiss nicht ich geschrieben.

„…Kuro-chan? Hey, du hörst mir ja gar nicht zu!“ Fye knuffte mich vorwurfsvoll in die Seite.

„Was…? Ich habe nicht zugehört, tut mir Leid…“, antwortete ich und versuchte mich wieder auf ihn zu konzentrieren.

„Das habe ich gerade gemerkt!“, gab er zurück.

„Ich war in Gedanken… wiederholst du es noch mal?“

„Aber nur, weil du’s bist!“ Er grinste. „Ich habe dich gefragt: Wie wäre es, wenn wir nach dem Spaziergang ein Eis essen gehen? Ich weiß, du magst nicht so gern Süßes, aber ich habe richtig Lust auf einen riiiiiesigen Schokoladen-Erdbeer-Becher mit Sahne und viel Soße!“

„Na klar, warum nicht?“, meinte ich. Ich musste ja nicht unbedingt Eis essen, aber deswegen Fye die Freude verderben? Und etwas zu trinken war bei diesem Wetter ja nicht verkehrt.

„Wunderbar!“, meldete er sich auch gleich begeistert strahlend zu Wort und hakte sich bei mir unter. „Worüber hast du eben nachgedacht?“ , fragte er, nachdem wir einige Schritte weitergegangen waren.

„Ach, nicht so wichtig“, sagte ich. Ich wollte ihn jetzt nicht auch noch mit meinen Verdächtigungen belasten und über meine Arbeit reden, da wir schließlich etwas unternehmen wollten. Und da war das nun wirklich nicht ein optimales Gesprächsthema.

„Machst du dir immer noch Sorgen wegen der Suspendierung?“, fragte er und sah ein wenig bekümmert zu mir hoch.

„Ja, ein wenig. Aber die werden sich schon melden, wenn es was Neues gibt“, antwortete ich und das nicht nur, um ihn zu beruhigen, sondern auch mich. Ich hatte nichts getan und das würde die Untersuchungskommission hoffentlich auch schnell bestätigen.

Deswegen brauchte ich mir darüber auch keine Gedanken machen. Ich drängte diese Gedanken bestimmt zur Seite und verbannte sie in meinen Hinterkopf. Jetzt war erst einmal Spazieren gehen und Eisessen angesagt. Alles andere konnte man später auch noch regeln.

„Stimmt!“, meinte Fye. „Das wird schon.“

„Das denke ich auch“, sagte ich. „Wie wäre es mit Eis?“

„Großartig! Die Idee hätte von mir stammen können!“ Er zwinkerte und zog mich überschwänglich den Weg entlang, der in die Richtung eines kleinen Eiscafés führte, welches sich direkt am Parkrand befand, gleich am Ufer des Sees. Es war kein See an sich, sondern ein etwas größerer Teich, der vor Jahren irgendeinmal dort ausgehoben worden war, aber er wurde von dem Fluss gespeist, der sich auch durch den Park zog.

Es war nicht weit, aber auf dem Weg dahin schwärmte Fye in allen Details von seinem Eisbecher, den er sich bestellen wollte.

„Wenn du willst, gebe ich dir sogar was ab!“, meinte er großzügig und grinste. „Aber nur einen ganz kleinen Löffel.“

„Na, wenn du meinst, dass du den ganzen Becher schaffst…“, gab ich zurück. „Nach deiner Beschreibung waren das mindestens zwei Liter Eis und Soße und ein halbes Kilo Sahne!“

„Du hast ja keine Ahnung, was ich alles essen kann – vor allem wenn es so süß und so lecker ist! Ich nasche eben gern.“ Und damit meinte er wohl nicht nur das Eis, das er in Aussicht hatte – sein Tonfall war eindeutig zweideutig. Und sein Grinsen sprach ebenfalls Bände.

„Na, so lange es nicht ansetzt“, brummte ich gespielt skeptisch zurück und bohrte ihm vorsichtig einen Finger in die Seite. Er zuckte kichernd zur Seite.

„Dann muss ich eben mehr Sport machen – und dann nerve ich dich so lange, bis du mir hilfst!“

„Wenn du das durchhältst.“

„Awww! Du bist so gemein!“

Vor uns kam der See und die Eisdiele in Sicht.

Fye strich mir über den Arm und klopfte mir dann auf die Schulter, bevor er aus heiterem Himmel lossprintete. „Wer zuletzt da ist, zahlt die Rechnung! Hahaha!“

Ich wunderte mich wirklích, wie er bei dieser Hitze so schnell rennen konnte…

„Das ist ja unfair! Du hast ja Vorsprung…“, rief ich ihm nach.

Weit kam er in dem Tempo sowieso nicht. Auf der Brücke, die über den Fluss führte, blieb er außer Atem und mit rotem Gesicht stehen. Wahrscheinlich war es wirklich zu warm für solche Aktionen. Er lehnte sich gegen das Geländer, um auf mich zu warten.

Gemächlich legten wir den restlichen Weg zurück und ließen uns an einem der Tische nieder, an welchem sich Fye sofort die Karte schnappte.

„Hah~ so was sollten wir wirklich öfter machen“, sagte er, während er sie studierte.

„Ja, da hast du recht“, stimmte ich ihm zu.

„Möchtest du einen Eiskaffee oder so?“, erkundigte er sich.

„Ja, warum nicht“, sagte ich. Auf einen Eisbecher hatte ich jetzt keinen Appetit, aber ein Eiskaffee war mal eine Abwechslung.

Als der Kellner kam, orderten wir einen Eiskaffee und Fye seinen Schoko-Erdbeerbecher mit viel Soße und Sahne. Es dauerte eine Weile, bis die Bestellung kam, da das Café recht gut besucht war, aber wir nutzten die Zeit, einfach gemütlich in der Sonne zu sitzen.

Fye strahlte, als der Kellner seinen Eisbecher vor ihm abstellte. „Genau so habe ich mir das vorgestellt.“ Er versenkte den Löffel in der Sahne und schleckte ihn dann genüsslich ab. „Aber wird mir bloß nicht hyperaktiv“, sagte er dann grinsend und deutete auf meinen Eiskaffee.

„Ach was… so schnell geht das auch wieder nicht“, meinte ich.

„Naaa, ich weiß ja nicht…“Er widmete sich wieder seinem Eis. „Aber vielleicht ist das ja gar nicht so schlecht. Nach dem ganzen Eis, muss mich wohl schließlich jemand auftauen…“

Er lehnte sich über den Tisch und sah mich verschmitzt an. „Würdest du das tun?“

„Natürlich. Auch wenn ich bezweifle, dass das bei der Hitze unbedingt nötig sein sollte…“

„Awww… dann eben rein aus Prinzip!“

„Rein aus Prinzip, das natürlich schon.“

„Das klingt schon besser.“ Er grinste und löffelte zufrieden sein Eis, während ich gemächlich meinen Eiskaffee trank.
 

Nachdem wir aufgegessen, beziehungsweise ausgetrunken und bezahlt hatten, machten wir uns auf den Rückweg. Fye musste bald zur Arbeit und hetzen wollte er ja nun auch nicht.

Wir nahmen einen anderen Weg zurück, am Ufer des Sees entlang. Dieser war ein wenig länger, aber soviel Zeit war auf jeden Fall noch vorhanden. Und vor allem meinte Fye, dass ihm der Weg gut tun würde. Er hatte es nämlich geschafft, das Eis restlos aufzuessen. Wie erwartet.

„Und was machst du, während ich im Café bin?“, fragte er.

„Wahrscheinlich werde ich einfach zuhause bleiben und die ausstehenden Berichte schreiben“, meinte ich – jetzt war die Gelegenheit dazu, da ich nicht mit neuen bombardiert wurde. „Und ich kann mich ums Abendessen kümmern.“

„Das wäre sehr lieb von dir“, gab er zurück. „Es müsste noch Fischfilet im Gefrierschrank sein…“

„Kein Problem, ich schau einfach mal, was so da ist.“

In letzter Zeit hatten wir kaum zu Abend gegessen, da ich spät nach Hause gekommen war oder Fye Spätschicht hatte und ebenfalls nicht anwesend sein konnte und so hatten wir uns höchstens mal einen Toast gemacht. Und ich hatte schon seit geraumer Zeit nichts mehr gekocht.

Fye lehnte seinen Kopf an meine Schulter, während wir weitergingen.

„Nudeln haben wir auch noch. Oder möchtest du lieber Reis?“, fragte er.

„Nein, Nudeln sind schon in Ordnung.“

„Hmmmn~ das wird bestimmt lecker!“, meinte er und küsste mich kurz. „Dann kann ich mich ja auf was freuen, wenn ich wieder komme.“

„Allerdings, das kannst du.“

Mir stand ebenfalls der Sinn nach einem weiterem gemütlichen Abend.

Zuhause angekommen verschwand Fye im Bad, um sich eine Dusche zu genehmigen und sich umzuziehen, damit er sich auf den Weg zur Arbeit machen konnte und ich fütterte in der Zwischenzeit Blacky, der mich schon vorwurfsvoll ansah. Dabei hatte er nicht mal einen Grund dazu…

„Ich bin dann weg, bis später!“ Fye kam in die Küche und umarmte mich kurz, bevor er sich von mir löste und sanft meine Hand drückte.

„Bis später.“

„Lass das Essen nicht anbrennen!“, grinste er und war wieder auf dem Flur. Kurz darauf fiel die Tür ins Schloss. Aber auf dem Hausflur konnte ich ihn munter pfeifen hören, während er auf den Fahrstuhl wartete.

„Werd ich nicht“, murmelte ich, als Antwort, die er nun nicht mehr hörte, und grinste.

Was doch ein gemütliches Frühstück, ein Spaziergang und ein Eis alles bewirken konnten…
 

File 11 – Closed

File 12

File 12
 

Es klingelte an der Tür.

Eigentlich kein unalltäglicher Vorgang – wäre es nicht vier Uhr am Morgen und hätte uns das Schellen nicht aus dem Schlaf gerissen.

Fye und ich hatten gestern noch gemütlich zu Abend gegessen und waren danach dann noch eine Runde spazieren gegangen, bevor wir gegen elf ins Bett gegangen waren.

Neben mir murrte Fye irgendwas ins Kissen und drehte sich auf die Seite.

„Mach du auf…“, nuschelte er, ohne die Augen aufzumachen.

Und das tat ich auch, als es erneut klingelte. Ich war es eigentlich gewöhnt, mitten in der Nacht aus dem Bett geholt zu werden – freuen tat ich mich darüber allerdings trotzdem nicht.

Vor allem fragte ich mich, wer jetzt um diese Uhrzeit klingelte…

Ich warf mir etwas über, während ich zur Tür ging.

„Hokuto…?“

Weiter kam ich mit meinem Satz gar nicht, denn sie drängte sich an mir vorbei und schloss hastig die Tür. Sie war ja doch hin und wieder etwas resoluter – aber so etwas war noch nie vorgekommen.

„Es…es tut mir leid, dass ich so spät hier einfalle…aber….“ Ihre Stimme überschlug sich fast, und sie war völlig aufgelöst. „Subaru-chan ist nicht bei Seishiro-san!“

„Und um mir das zu sagen, musst du um diese Uhrzeit hier aufkreuzen…?“ Mein Tonfall war etwas gereizt, aber das lag wohl an der Müdigkeit.

„Nein…ich meine, das ist nicht der Punkt! Das war doch ein Vorwand. Er war nie dort!“

„Ja, aber was hat denn das mit mir zu tun…?“

Sie schien wirklich mit sich zuringen und sah mich nur verzweifelt an.

Fye kam im Bademantel nun ebenfalls auf den Flur. „Hokuto-chan…? Was ist denn los…?“, fragte er und legte unserer Nachbarin die Hände auf die Schultern. „Du bist ja kreideweiß… Setz dich doch… ist etwas passiert?“ Er schob sie ins Wohnzimmer. Ich folgte einfach mal. Blacky blinzelte verwirrt, als wir ihn um diese ungewöhnliche Uhrzeit vom Sofa vertrieben.

„Und jetzt erzähl mal schön der Reihe nach“, sagte ich zu Hokuto.
 

„Kannst du mir helfen?“, fragte Hokuto hoffnungsvoll, nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte.

Subaru war augenscheinlich verschleppt worden und wurde irgendwo gefangengehalten. Hokuto hatten sie gedroht, ihn als nächstes Opfer der U-Bahnmordserie auszuwählen, falls sie zur Polizei ging und es meldete oder versuchte, ihn womöglich zu befreien. Und das alles nur, weil Hokuto einen Bericht über den Chemiekonzern hatte schreiben wollen…

Doch meine Nachbarin hatte es aus Sorge um ihren Zwillingsbruder nicht mehr ausgehalten zu schweigen und hatte deshalb beschlossen, mir alles zu erzählen, in der Hoffnung, dass es niemand sonst mitbekam. Sie hatte Angst gehabt, dass sie beobachtet wurde und hatte deshalb erzählt, dass Subaru sich bei Seishiro aufhielt, falls jemand gefragt hatte.

„Tut mir leid, aber sie haben mich vom Dienst suspendiert“, antwortete ich – ich würde ihr wirklich gern helfen, aber momentan konnte ich wahrscheinlich nicht einmal in das Polizeicomputersystem.

Sie sah mich groß an. „Was? Aber warum denn das?“

„Angeblich habe ich Zeugenaussagen gefälscht…“, erzählte ich und dann den Rest der ganzen Misere.

„Nicht wahr! Wer hat denn das behauptet?“, empörte sich Hokuto. Warum glaubten mir eigentlich alle, außer denjenigen, die dafür sorgen konnten, dass ich meine Marke wiederbekam?

„Chiefinspector Moore…“, meinte ich.

„Allerdings glauben wir, dass er selbst dahinter steckt“, meinte Fye vorsichtig – so eine Vermutung war natürlich riskant, da es schon direkt unter Rufmord und Verleumdung fiel. Aber ich stimmte ihm zu. Und solange wir das für uns behielten, war das natürlich auch nicht mehr als eine Meinung.

„Oh.. dann…dann tut es mir leid. Ich wollte euch nicht noch mehr Probleme machen, als ihr schon habt… und das mitten in der Nacht…“, meinte Hokuto und starrte bekümmert auf den Boden. „Aber…darf ich den Rest der Nacht vielleicht hier bleiben?“, bat sie.

Nun – lange war das nicht mehr, denn es war mittlerweile halb sechs.

„Natürlich“, sagte ich und nickte. „Moment, ich hole dir eine Decke und ein Kissen…“

„Das ist wirklich lieb von euch – es stört euch doch nicht?“

„Aber nein, Hokuto-chan! Keineswegs“, beschwichtigte Fye sie. „Und später sehen wir weiter, in Ordnung? Wir können Subaru-kun schließlich nicht einfach so hängen lassen, neh, Kuro-chan?“

„Da hast du recht“, meinte ich und lud das Bettzeug auf dem Sofa ab.

Na schön. Ich war zwar nicht im Dienst – aber Nachbarschaftshilfe war ja nicht illegal. Auch wenn das vielleicht etwas über die alltäglichen Dinge ging. Und außerdem reizte mich das schon. Von daher konnte ich gar nicht ablehnen.

Hokuto sah sehr erleichtert aus. „Vielen Dank! Eigentlich will ich euch da ja gar nicht mit hineinziehen, aber ich wusste einfach nicht mehr weiter…“

„Es ist völlig richtig, dass du zu uns gekommen bist“, versicherte Fye. „Und jetzt schlaf erst mal, dann sehen wir weiter, mh?“

„In Ordnung, ich versuch’s…“, meinte Hokuto und machte es sich auf der Couch bequem. „Gute Nacht.“

„Nacht.“

Fye und ich verschwanden wieder im Schlafzimmer, nachdem wir das Licht gelöscht hatten.

„Hast du schon eine Idee, wie wir helfen könnten?“, fragte er, während er wieder ins Bett krabbelte und die Decke über sich zog.

„Eigentlich müsste sie zur Polizei und eine Anzeige erstatten – aber wenn Moore wirklich dahintersteckt, dann wäre das zu gefährlich.“ Ich rutschte neben ihn.

„Das dachte ich mir auch. Dann bleiben wohl nur noch wir zwei, was?“ Er bettete seinen Kopf auf meiner Brust. „Da werden wir wohl ein wenig Detektiv spielen müssen, was?“

„Wenn die mich dabei erwischen, dann bezweifle ich, dass ich meine Marke jemals wiedersehe…“, meinte ich. „Aber so sieht’s wohl aus.“

Er grinste. „Dann sind wir ja ein Team, so wie früher.“

„Ja, so wie früher…aber eigentlich sind wir das doch noch immer, oder nicht?“

Er tätschelte mir die Schulter. „Richtig. Das sind wir.“ Er küsste mich kurz und schloss dann die Augen. „Schlaf schön.“

„Mhn. Du auch…“
 

„Das ist wirklich lieb, dass ihr mir helft!“, sagte Hokuto beim Frühstück.

„Aber natürlich“, meinte Fye und goss sich Tee nach. „Schließlich geht es um deinen Bruder.“

Es war natürlich riskant, wenn ich auf eigene Faust ermittelte, aber untätig herumsitzen wollte ich natürlich auch nicht. Und solange das Untersuchungsverfahren lief – und ich schätzte, dass das noch eine Weile dauern würde – hatte ich ja nun wirklich nichts zu tun.

„Wo wollt ihr anfangen?“, fragte meine Nachbarin und kraulte Blacky hinterm Ohr.

„Du könntest uns deine Recherchen und Aufzeichnungen von deinem Roman zeigen…“, meinte ich. Vielleicht fanden sich da ja Anhaltspunkte. „Und du weißt wirklich nicht, warum dein Bruder entführt worden ist?“

„Nein – ich weiß nur, dass er entführt worden ist, weil ich Drohbriefe bekommen habe.“

„Hast du die noch?“

„Ja, natürlich. Aber sie sind natürlich getippt…“

Das hatte ich mir schon gedacht. Man konnte zwar herausfinden, mit welchem Drucker er ausgedruckt wurde, aber diesen dann aufzutreiben… Selbst wenn ich die Unterstützung von Sakura hätte, würde es lange dauern und es war sehr aufwändig.

„Ich weiß aber, was drinsteht“, fuhr Hokuto fort. „Nämlich: ‚Keine Polizei, oder es passiert ein Unglück’ und ‚Wir beobachten dich’.“

„Hast du eine Ahnung, von wem sie kommen könnten?“, fragte Fye.

Hokuto zuckte mit den Schultern. „Mir würde nur der Chemiekonzern einfallen. Ich habe da nämlich einige brisante Fakten…“
 


 

File 12 – Closed

File 13

File 13

Die Gebäude des CFC, ein großes Chemie-Unternehmen, tauchten vor ihr auf. Sie ließ ihren Wagen an den Straßenrand ausrollen und schaltete die Beleuchtung aus. Es wurde Zeit, die Gerüchte zu überprüfen – steckte dort eventuell doch Wahrheit dahinter?

Die Aufregung kribbelte ihr im Nacken, so wie jedes Mal, wenn sie einer Spur nachging.

Sie beugte sich herüber zum Beifahrersitz, um die Taschenlampe und die Kamera aus dem Handschuhfach zu holen und sie einzustecken, bevor sie die Wagentür öffnete und ausstieg.

Es war dunkel und kalt. Sie zog fröstelnd ihren Mantel ein wenig enger um sich, schaute sich noch einmal forschend um und ging dann auf das Gelände zu.

„Tja… Weiter bin ich noch nicht“, meinte Hokuto, als ich von ihrem Manuskript aufsah.

Sie hatte ihr gesamtes Material und auch den teilweise fertigen Roman aus ihrer Wohnung geholt.

„Aber das ist doch schon länger her und ein ganz anderer Konzern!“

„Ja… aber es gab Hinweise darauf, dass beide Unternehmen darin verwickelt waren. Nur konnte sich der Andere reinwaschen.“

„Und damit hat er den Ersten erst recht ins Unglück gestürzt. Der Begründer hat sogar Selbstmord begangen“, sagte Hokuto. Auch das hatte ganz groß in der Zeitung gestanden.

„Aber man hat nur den Abschiedsbrief gefunden, oder nicht?“, meinte Fye und schob die Blätter des Manuskriptes zusammen und steckte sie in die Mappe zurück.

„Mhn“, nickte ich. „Eine Leiche gab es nicht – nur den Abschiedsbrief und eine Menge Spuren, die allerdings von dem Begründer des Konzerns Kagakura-Industries, Koujou Kagakura stammten.” Mehr hatte auch nicht in der Zeitung gestanden. Und den Rest hatte die Polizei zurückgehalten, um, bei einem eventuellen Mord, Nachahmungstäter zu vermeiden.

Doch der Fall wurde als Selbstmord abgeschlossen, da sich ein Mord als unwahrscheinlich herausgestellt hatte. Es waren nur Spuren vom Opfer gefunden worden, aber keine von einem vermeintlichen Täter. Und es wäre dem Täter unmöglich gewesen, keine zu hinterlassen oder sie verschwinden zu lassen, ohne dass er die des Opfers mitverwischte oder vernichtete.

Koujou Kagakura war nie wieder aufgetaucht. Seine Leiche allerdings auch nicht.

„War es wirklich Selbstmord?“, fragte Hokuto und sah mich erwartungsvoll an.

„Ich habe keine Ahnung. Offiziell schon. Und es hat alles – bis auf den fehlenden Toten – darauf hingedeutet…“

„Kagakura-Industries war ein Pharma-Konzern, oder?“, fragte Hokuto.

„Ja. Jetzt ist das Gelände vom Konkurrenten übernommen worden.“

Das war auch ein Pharma-Konzern, der allerdings nicht nur Medikamente, sondern auch Kosmetika herstellte.

„Ich hol mal die Zeitung….“, meinte Fye und stand auf, um zum Briefkasten zu gehen.

Keine Minute später war er wieder da. „Es wurde schon wieder eine Frau vor eine U-Bahn gestoßen. Aber diesmal hat sie überlebt!“, sagte er und breitete die Zeitung auf dem Tisch aus. „Sie ist nämlich nicht direkt auf die Gleise, sondern daneben gefallen und wurde nur gestreift.“

Wahrscheinlich waren die Leute jetzt vorsichtiger beim Einfahren der U-Bahn und standen nicht mehr so nah an der Kante. Vernünftig war es allemal.

„Ist sie im Krankenhaus?“, fragte ich.

„Ja“, sagte Fye. „Aber über ihren Zustand steht hier nichts, nur dass sie lebt.“

Aber das war ja wenigstens eine gute Nachricht.

Ich überlegte, ob es sich lohnen könnte, hin zu gehen. Aber wahrscheinlich war da überall Polizei, und ich bezweifelte, dass sie mich einfach so durchließen. Oder sie gaben es nach oben weiter und das würde mir noch mehr Ärger einbringen.

„Soll ich sie besuchen gehen?“, fragte Hokuto. „Ich kann ja sagen, dass ich etwas über sie schreiben will.“

„Einen Versuch ist es wert“, sagte ich. So bekamen wir vielleicht ein bisschen was raus.

Fye nickte. „Gute Idee.“

Hokuto grinste. „Na dann. Ich krieg bestimmt einiges aus ihr raus, wenn ihr Zustand das zulässt.“

„Und wir sehen, ob wir Subaru irgendwo finden“, meinte ich.

So einfach wie das klang, würde es sicher nicht sein, aber hier herumsitzen war auch nicht besonders hilfreich.

„Ja. Ich bin so froh, dass sie ihre Drohung nicht wahrgemacht haben…“, sagte Hokuto. „Wahrscheinlich hat die Frau gar nichts damit zu tun, aber besser, ich frage mal nach….“

Sie stand auf. „Am besten geh ich gleich….“ Sie schnappte ihre Tasche, bevor wir irgendwas erwidern konnte und war weg. „Bis später dann!“ Die Tür fiel ins Schloss.

„Mhn. Und wo fangen wir an?“, wollte Fye wissen.

„Am besten bei den Drohbriefen…“, meinte ich. „Wir kopieren sie, legen die Kopien zurück in Hokutos Wohnung und schicken die Originale direkt an Sakura. Sie soll sie untersuchen, ohne irgendjemanden etwas davon zu sagen.“

Vor allem nicht dem Chefinspektor.

„Vielleicht findet sie raus, woher die kommen. Oder sie kann es zumindest eingrenzen.“

„Alles klar. Das klingt nach einem Plan. Dann lass uns schnell rübergehen…“

Wenigstens hatten wir den Schlüssel. Und meine Nachbarin hatte sicher nichts dagegen, wenn wir uns mal umsahen.
 

Wir fanden die Briefe – auf dem Schreibtisch. Sogar noch in den Umschlägen.

Fye und ich nahmen sie herüber zu mir, kopierten sie vorsichtig, tauschten die Umschläge aus – Marken waren nicht drauf, sie waren wohl direkt eingeworfen worden – und legten die Kopien dann zurück.

Die Anderen steckte ich in einen Beweismittelbeutel und dann in einen Umschlag, den ich an Sakura adressierte. Mit einer Notiz, dass sie auf keinen Fall die Briefe weitergeben sollte oder irgendetwas darüber erzählte.

Wenn wirklich jemand im Polizeipräsidium dafür gesorgt hatte, dass ein Verfahren gegen mich eingeleitet wurde, dann war es besser, dass niemand davon wusste.

Es war ja nicht so, dass ich alle verdächtigte, aber je mehr es wussten, desto unsicher wurde die Sache.

Es ärgerte mich, dass ich so gesehen selbst nichts tun konnte.

Wir brachten den Umschlag nicht zum Präsidium, sondern direkt zu Sakura. Besser, sie nahm ihn persönlich mit aufs Revier, damit auch gewährleistet war, dass ihn niemand Anderes las.

Und wenn ich dauernd bei der Polizeistation aufkreuzte war das ja auch verdächtig.

Außerdem nutzten wir den Umstand, dass wir schon mal dort waren, für einen kleinen Spaziergang im Naturschutzgebiet.

Hier waren keine anderen Spaziergänger, bis auf ein paar Läufer oder Radfahrer, aber auch die waren seltener als im Park.

Wahrscheinlich lag es auch an der Uhrzeit.

Auf jeden Fall war es ganz angenehm und entspannend. Eigentlich wollten wir ja nach Subaru suchen, aber ohne Hinweise war es sinnlos und wir mussten auf Sakuras Ergebnisse warten.

So lange konnten wir eigentlich kaum irgendwas tun.

Und es war gar nicht so schlecht, mehr mit Fye zu unternehmen. Der schien es nämlich auch sehr zu genießen.
 

Nachdem wir wieder zurück waren, wussten wir nicht so recht, was wir jetzt tun sollten, außer auf Hokuto zu warten. Sie hatte sich noch nicht gemeldet.

Ich machte Tee und wir setzten uns aufs Sofa. Draußen war es mittlerweile wieder brennend heiß.

„Und…? Glaubst du wir finden Subaru-kun….?“, fragte Fye.

„Ich hoffe es… Wenn DNA-Spuren an den Umschlägen oder den Briefen sind, kommen wir vielleicht ein wenig weiter….“

Aber sicherlich hatte der Täter Handschuhe getragen….Aber vielleicht hatte er ja auch einen Fehler gemacht. Wissen konnte man das ja nie.

Wir konnten nur abwarten.

Fye lehnte sich gegen mich. „Ich hoffe es auch. Subaru-kun ist so ein netter Kerl. Und Hokuto-chan würde es das Herz brechen, wenn ihm etwas zustoßen würde.“

„Ja….“

Die Beiden waren zwar völlig unterschiedlich, wenn man bedachte, dass sie Zwillinge waren, aber dafür hingen sie wirklich aneinander. Beinahe unzertrennlich.

„Wir finden ihn schon wieder“, meinte ich. „Aber scheint, als müssten wir ein wenig warten….“

„Mhnhm… ja. Aber vielleicht hat Hokuto-chan ja schon was rausgefunden…“ Er streichelte über meine Brust und schmiegte sich an mich. Ich schob einen Arm über seinen Rücken.

„Werden wir sehen, wenn sie wieder da ist…“

„Oh ja… kuscheln wir solange, hmmm?“, fragte er und grinste.

„Warum nicht. Wir haben ja sonst nichts zu tun….“ Ich fuhr ihm durchs Haar und küsste ihn.

Es war zwar warm, aber nicht zu warm, um sich ein wenig mit ihm zu beschäftigen.
 

File 13 – Closed
 

---
 

Ich weiß: Es ist zu kurz. Viel zu kurz! Aber ich wollte enlich ein neues Kapitel rausbringen, bevor die FF hier ganz stirbt *wiederbeleb* XD

Ich hoffe, das nächste Kapitel schaff ich schneller. Es liegt nicht am Tempo mit dem ich tippe (das Kapitel war jetzt innerhalb von 3 Stunden getippt...) es liegt eher daran, dass ich nicht so genau weiß WIE ich es schreiben soll XDDD

Naja. Bis ämh.... dann XD



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Von:  NightcoreZorro
2014-08-27T04:58:09+00:00 27.08.2014 06:58
Die FF ist wirklich gut, heb die Pausierung auf!
Es ist total spannend und ich will nicht aufhören mit Lesen ^^
Wenn Moore wirklich hinter der geplanten Suspensierung steckt, dann mag ich ihn wirklich nicht, aber.. - es tut mir im Herz weh.. - ich könnte es auch Fye zutrauen T_T
Dass er das gemacht hat, damit Kuro-nyan bei ihm ist xD
Ich mein, mit einhacken kennt er sich doch aus.. und gut schauspielern kann er auch, um es zu verheimlichen..
Ich bleibe skeptisch! XD
Hilf Fye aus der Schlinge des Verdächtigen und schreib weiter :P
lg!
Von: abgemeldet
2014-05-28T19:58:23+00:00 28.05.2014 21:58
Ich hab's dann bis hierher geschafft. Diese FF ist wirklich wieder gut geschrieben. wirklich unerhört, dass Kurogane einfach suspendiert wurde. Ich schätze dieser Moore hat Dreck am Stecken...
Ich würde mich freuen, wenn du die FF fortsetzen würdest. Mich würde wirklich sehr interessieren wie es weitergeht.
Von: abgemeldet
2014-05-27T19:12:24+00:00 27.05.2014 21:12
War wieder toll zu lesen. Ich hoffe doch dass die beiden nicht mehr Beziehungsstress bekommen...
Von: abgemeldet
2014-05-27T18:13:52+00:00 27.05.2014 20:13
Schon wieder Kapitel 4 geschafft. Bis hierhin auf jeden Fall sehr spannend. Das mit dem Serientäter ist eine gute Idee
Von: abgemeldet
2014-05-24T14:41:21+00:00 24.05.2014 16:41
Ein vielversprechender Anfang. Bin mal gespannt wie's weitergeht. Wie es aussieht haben Kurogane und Fye mal wieder keine Ruhe ^^
Von: Maryhase
2011-08-12T21:02:18+00:00 12.08.2011 23:02
So so so...
Wir sind jetzt durch. Aber wir hoffen, dass wir nicht noch weitere
1 1/2 Jahre auf das nächste Kapitel warten müssen XD
Ist nicht böse, aber ernst gemeint.

(Oder wir schicken dich mit Kermit in die Berge von Balkjebeeke!!!
Ja, wir sind auch mit dieser Geschichte zugange XD
Die bekomme nämlich ich vorgelesen, wobei sich meine Vorleserin Lisa-Marie91 sehr mit den unterschiedlichen Sprachen schwer tut = sie verzweifelt beim vorlesen X3)

Liebe grüße,
Lisa-Marie91 (hier: Zuhörer)
maryjoa3004 (hier: Vorleser)
Von: Maryhase
2011-08-11T20:42:30+00:00 11.08.2011 22:42
arme shinsai...
aber schön ist, dass fye und kuro-pon ihren streit überwunden haben.
werde bald weiterlesen

liebe grüße,
maryjoa3004
Von: Maryhase
2011-08-10T17:15:50+00:00 10.08.2011 19:15
Hokuto ist wieder da!!! *freu*
wie gut, dass kuro-pon nicht zufrieden war und nochmal zum tatort gegangen ist XD
sonst hätte er hokuto ja nicht gefunden X3

liebe grüße,
maryjoa3004 =3
Von: Maryhase
2011-08-06T20:46:04+00:00 06.08.2011 22:46
so...
mittlerweile schon bei kapitel 4...
die kapitel sind noch sehr interessant ^^
aber bei einer autorin wie dir nicht anders zu erwarten XD

kurogane kann einem wirklich leid tun.
wacht er nach nur 2 stunden schlaf schon wieder auf...
hach ja...

mal sehen wann wir weiterlesen ^^
liebe grüße,
maryjoa3004 =3
Von:  BabyTunNinjaDrac
2010-03-27T11:28:46+00:00 27.03.2010 12:28
Aww~ Wie schön, ein neues Kapitel APD *~* Das hat mir gefeeehlt! *___*v *dich anglitzer* <3
Also... ein kurzes Kapitel, aber trotzdem cool! Ich finde Hokuto hier so cool dargestellt, in deiner FF wird sie mir immer sympatischer! :D So eine mutige und coole junge Frau! >3<
Kuro und Fai sind natprlich wieder superniedlich! Aw~! <3 Dieser letzte Absatz... toll! >3< (auch wenn Kuros 'Warum nicht' erstmal ein bisschen gefühlskalt rüberkam xD")... Ich finde es schön, dass sie sich nicht unterkriegen lassen... hach jaa~ Ein schönes Pärchen eben! <3
Na gut, dann will ich mal das Beste für die Unternehmnungen (auch für Sakuras Untersuchung...)der drei hoffen! :D
Ich freue mich aufs nächste Kapitel! <3


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