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Weblog-Berichte zu: Ivy Road





Rezension: Ivy Road, Band 1 Doujinshi, Ivy Road, Feuilleton, kacha, Print, Rezension

Autor:  kikidergecko

Diese und die kommenden Rezensionen in diesem Blog werden sich nun erst einmal ausgewählten Print-Publikationen von deutschen Zeichnerinnen und Zeichnern widmen, insbesondere denen die zur diesjährigen MCC erschienen sind. Den Anfang macht Ivy Road von Katharina kacha Kirsch, die bereits mit der Vampirgeschichte Nachtläufer erste Print-Erfahrungen im Indie-Bereich sammeln konnte. Als Nachfolgeprojekt wollte die Autorin einen Webcomic starten, der sich letztendlich auch im Print sehr gut macht.

Die Geschichte startet dramatisch, als Protagonist Ben plötzlich Waisenkind wird und fortan bei seinem Halbbruder Dominick leben muss, der bereits vor langer Zeit den Kontakt zur Familie abbrach. Glücklicherweise besitzt Dominick ein großes Haus (übrigens im Namensgebenden Efeuweg) in einer für Bens Geschmack fast zu ruhigen Nachbarschaft, doch so richtig warm werden sich die beiden nicht. Außerdem scheinen merkwürdige Dinge im Viertel vor sich zu gehen...

Kernelement von Ivy Road ist zu allererst die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Ben und Dominik. Während Ben altersgemäß sehr neugierig und ausfegweckt daherkommt, aber auch schnell frustriert sein kann, gibt Dominick fast durchgehend den coolen, unnahbaren Typen der am liebsten nichts von diesem Blag in seinem Haus wissen möchte. Doch nach und nach taut das Eis zwischen den Brüdern. Was für den Leser abzusehen war, greift Ben mit Überraschung und ab und an sogar Misstrauen auf unds unterfüttert so die Glaubhaftigkeit der Fiktion. Regelmäßig eingestreute Comedy, oft umgesetzt durch mangatypische Stilmittel.

Auch sonst hat Ivy Road viel von einem "typischen" Manga, von den teils sehr feinen, auf anatomische Korrektheit bedachten Zeichnungen und den ausdrucksstarken Gesichtern ihrer Figuren über die ausgiebige, aber nicht übersättigende Verwendung von Rastern (an Stelle von Schraffur) bis hin zum lockeren Paneling und dem tendenziell eher vertikalen Layout der Sprechblasen merkt man, das kachas Wurzeln eindeutig im japanischen Comic liegen. Dennoch versucht die Autorin hier nicht, etwas "fremdes" zu kopieren oder sich einer Comicklultur unterzuordnen nur um des Schlagwortes willen. Mit jeder Seite Ivy Road merkt man, dass dies ihr individueller, sehr persönlicher Stil ist, der sich zwar einer ganzen Reihe von japansichen Stilmitteln und Techniken bedient, sich diesen jedoch nie unterwirft und damit erfreulich frisch (und in westlicher Leserichtung) daherkommt.

Bei all dem Lob gibt es jedoch auch einige Kleinigkeiten, die den Gesamteindruck des ersten Bandes ein wenig schmälern. Soundwords werden passend eingesetzt, jedoch werden sie so gut wie immer in freier Handschrift gesetzt. An vielen Stellen hätten sich separat gesetzte oder künstlerisch besser ausgestaltete Soundwords viel besser gemacht und stärker zur Atmosphäre beigetragen, als es die handschriftlichen es je könnten. Darüber hinaus fällt bei genauerem Hinsehen auf, dass statt klassischer Soundwords, die ja Geräusche durch lautmalerische Buchstabenkombinationen darstellen wollen, tendenziell eher internet-typische Ver-Verbungen wie "dampf" oder "rausch" verwendet werden. Hier hält sich ein zweiter Band auf jeden Fall Raum nach Oben offen.

Weiterhin merkt man Ivy Road in der gedruckten Fassung seinen Ursprung als Webcomic ein wenig an. Der Spannungsbogen im ersten Band mit dem dazugehörigen Storyverlauf, in dem ein wichtiger Nebencharakter eingeführt wird, endet bereits im vierten von fünf Kapiteln, so kommt das letzte fast wie ein Bonus denn als vollwertiges Stück Geschichte daher. Hier und dort merkt man ebenfalls, dass die Seiten unabhängig von der Doppelseitenanordnung in einem gedruckten Buch entworfen wurden, wenn die linke Seite mit einem Umblätter-Cliffhanger endet, der durch die automatische Augenbewegung nach rechts jedoch zu Nichte gemacht wird. Auf opulente Doppelseiten wird ebenso verzichtet.

Abgesehen von diesen kleinen Makeln kommt die Taschenbuchausgabe von Ivy Road sehr nah an professionell verlegte Manga heran. Das in Hochglanz umschlagene Taschenbuch kommt mit farbenprächtigem Cover, einem schön gesetzten Titel, vollwertig bedrucktem Buchrücken und Inhaltsangabe auf der Rückseite daher, bis auf die fehlende ISBN könnte Ivy Road genauso gut auch bei einem kleinen Comicverlag erschienen sein. Neben den bereits erwähnten fünf Kapiteln findet man in der gedruckten Ausgabe noch ein ausführliches Nachwort, allerhand Konzeptzeichnungen und eine Auswahl an (mehr oder weniger gelungenen) Fanarts zur Serie, die einen Hinweis auf die große Beliebtheit der Webcomic-Version geben. So kommt Ivy Road 1 auf gute 150 Seiten und einen Regal-Zentimeter. Vorbesteller bekamen zum regulären Preis von 8€ eine Postkarte und drei Kakao-Kärtchen (gedruckte Auflagen) sowie eine kleine Zeichnung auf der Umschlaginnenseite dazu, doch selbst ohne dieses Beiwerk ist der Preis für einen selbstverlegten Comic noch sehr günstig. Restbestände der ersten Auflage sind derzeit via Mail bei der Autorin bestellbar.

Mit Ivy Road von kacha bereitet eine locker-lustig erzählte Familiengeschichte mit Fantasy-Einschlag der deutschen Indiemanga-Szene den Weg heraus aus dem Netz in die Bücherregale der Leser. Qualitativ unterscheiden sich diese Publikationen kaum noch von klassisch verlegten Comics, so dass man diesen Band quasi uneingeschränkt an alle Menschen weiterempfehlen kann, die sich vor ein paar Manga-Elementen in einem Comic nicht scheuen.




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