Mediendiskriminierung und Comics im Tagesspiegel
Comics, einschließlich Manga, haben nach wie vor mit ihrem deutschen Öffentlichkeitsbild schwer zu kämpfen. Da ist es besonders erschreckend, dass diejenigen, die es eigentlich besser wissen müssten, fleißig weiter ihr Bestes tun, damit sich daran auch so rasch nichts ändert. Wie zum Beispiel der Berliner Tagesspiegel. Dieselbe Tageszeitung also, die seit einem knappen Jahr regelmäßig auf ihrer Online-Seite über Comics feuilletonisiert - auch wenn dort Manga höchstens dann besprochen werden, wenn Carslen ganz groß "Graphic Novel" vorne draufdruckt, damit der geneigte Tagesspiegel-Leser auch ja merkt, dass hier über etwas für Erwachsene geschrieben wird - aber immerhin.
In eben jenem Tagesspiegel lesen wird jedoch heute auf Seite 3 in einem Artikel, der eigentlich gar nichts mit dem Thema zu tun hat (es geht um die Bekenntnisse einer Bankerin) in geradezu gefährlicher Beiläufigkeit folgenden Blödsinn:
"Wie eine Schülerin fühle sie sich, wenn sie ihrem Abteilungsleiter erklären muss, mit wie vielen Kunden sie gesprochen hat und wieviel Geld diese Gespräche der Bank gebracht haben. Solange die Zahlen stimmen, darf sie ihren Job zu machen, wie sie es für richtig hält. Wenn nicht, muss sie sich von ihm belehren lassen, muss jedes Gespräch vorher mit ihm durchgehen, wird bei Terminen von ihm begleitet. Sie, eine Frau Anfang 50, eine Bankfachwirtin, die schon beraten hat, als ihr Chef noch Comics las."
Comics werden also mit metaphorischer Selbstverständlichkeit wieder einmal zu einem Synonym nich nur für Kindlichkeit als Gegensatz zum Erwachsensein, sondern auch für Unvernunft und rückständische Entwicklung. Wer Comics liest, ist noch nicht so weit, sondern verharrt bis auf weiteres in Unreife. Er braucht noch nicht ernst genommen zu werden. Als vollwärtig vernünftiger Bürger muss man Comics schon lange hinter sich gelassen haben.
Das besonders Fatale daran ist, dass der Comic-Teil des Tagesspiegel nur für diejenigen zugänglich ist, die explizit danach suchen (im Druck-Feuilleton finden sich die Comic-Beiträge in der Regel nicht), also sozusagen nur für die eh schon aufgeklärten Comic-Leser da ist, während solch abwertende Vorurteile mit heuchlerischer Beiläufigkeit in die der Allgemeinheit zugänglichen Artikel untergeschmuggelt werden und somit die Ideologie der Comicverachtung weiter in der Öffentlichkeit festigen.
Es gibt absolut keine Rechtfertigung in dem Artikel, warum ausgerechnet Comics für den Unreife-Vergleich herhalten musste. Aus irgendeinem Grund fand Autorin Miriam Schröder das passend. Herzlichen Dank dafür, Frau Schröder!
Also, werter Blog-Besucher: bist du zufällig schon Anfang 20 und liest noch Comics? Pech gehabt, Leben verwirkt. Aus dir wird wohl kein funktionierendes Mitglied der Gesellschaft mehr.
Update: Hier noch der ganze Artikel.
Level up my Pokemon Squibys
Würd ich jetzt nicht so eng sehen.
> Würd ich jetzt nicht so eng sehen.
Das Problem ist ja gerade, dass die Aussage durch den fehlenden Konjunktiv kritiklos verallgemeinert wird. Die Autorin hat sich ganz offenbar keine weiteren Gedanken darüber gemacht. Für sie stellt die Aussage eine ebenso fraglose Selbstverständlichkeit dar wie für die porträtierte Bankerin.
Man müsste auch den ganzen Artikel dazu lesen, aber die Grundaussage ist schon, dass hier endlich mal eine sagt, "wie es wirklich ist". Eigentlich im Hinblick auf den Job als Bankerin, aber dieser Grundgestus überträgt sich eben auch auf das angenommene Bild von Comics.
Wie gesagt, der Artikel richtet sich an Leute, die über den Begriff Comic in diesem Zusammenhang gar nicht weiternachdenken, weil es darum eigentlich nicht geht. Eben dadurch überträgt sich diese Infaltilisierung von Comics so problemlos auf den Leser, weil sie so beiläufig kommt. Und deswegen muss man sich die Sachen einfach mal etwas genauer anschauen, um zu verstehen, was einem hier eigentlich vermittelt wird.
***Blog zu deutschen Manga-Publikationen***
Jetzt mal Ernsthaft: Ich persönlich finde die Textstelle jetzt nicht ganz so extrem, allerdings ist es mal wieder interessant zu sehen wie Comics immer noch in der heutigen Gesellschaft gesehen werden. Generell wird man als "erwachsener" Comic-Fan sowieso häufig belächelt /=
***Blog zu deutschen Manga-Publikationen***
Leider sehen viel zu wenig Menschen, dass Comics auch sowas wie Kunst sind. Die meisten haben ja, wenn man den Begriff "Comic" benutzt eher Cartoons oder Superhelden im Kopf (obwohl es einige seeeeehr gute Superheldencomics gibt) und da kommt, dann kaum jemand drauf, dass jede einzelne Seite eines guten Comic eben ein Kunstwerk ist.
LSR - your drugs!
was soll ich als Comic Produzent und Verkäufer sagen.
Aber mal im Ernst, vielleicht aber auch nur vielleicht kann man das ja ändern wenn alle Comic und Manga Fans sich endlich mal zusammen raufen und aus dem Dunklen Loch des reinen Fantums raus tretten und neuen Leuten zeigen was es wirklich heist Comics und Mangas zu mögen.
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