etwas das garnichts mit dem rauchen zu tun hat
Autor: AlitaMacabreYoko
(Restaurant der gehobenen Preisklasse. Alle Tische sind besetzt.)
ERSTER GAST (Verzehrt genüsslich seinen Tafelspitz.)
ZWEITER GAST (steht vom Nachbartisch auf, kommt herüber und versetzt dem ersten Gast eine Ohrfeige): Ah, ein Genuss!
ERSTER GAST: Würden Sie das bitte unterlassen! Das ist für mich äußerst unangenehm.
ZWEITER GAST: Sie wollen mir verbieten, dass ich Sie ohrfeige? Was sind Sie für ein lustfeindlicher Mensch! (ohrfeigt ihn)
ERSTER GAST: Entschuldigen Sie schon, was heißt da lustfeindlich? Das tut ja weh, was Sie da tun. Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass Sie mit Ihrem so genannten "Genuss" anderen Leuten schaden? Hören Sie sofort auf damit!
ZWEITER GAST: Dass Sie mir meinen Genuss nicht gönnen, hab ich schon verstanden. Trotzdem lass ich mir nichts verbieten. Wir leben in einem freien Land. Wo solche Verbote hinführen, haben wir schon in Amerika bei der Prohibition gesehen. (ohrfeigt ihn)
ERSTER GAST: Wenn Sie das nicht sofort einstellen, werde ich mir ernsthafte Gegenmaßnahmen überlegen. Ich werde eine Unterschriftenliste für ohrfeigenfreie Lokale auflegen, und Sie werden sich wundern, wie viele Leute da meiner Ansicht sind!
ZWEITER GAST: Sie werden sich wundern, wie wenig Sie damit erreichen. Sie haben die gesamte Gastronomie gegen sich. Wenn das Austeilen von Ohrfeigen in Speiserestaurants verboten wird, kommt doch niemand mehr in die Lokale! (ohrfeigt ihn)
ERSTER GAST: Schauen Sie, mir ist klar, dass Sie Ihren Genuss brauchen, aber könnten Sie sich nicht darauf beschränken, das nur mit Leuten zu tun, denen das nichts ausmacht? Ich bin durchaus dafür, in Lokalen abgetrennte Ohrfeigenbereiche einzurichten. Aber im allgemein zugänglichen Bereich unterlassen Sie das gefälligst. Sie tun mir wirklich weh!
ZWEITER GAST: Dass Ohrfeigen schmerzen, ist ja medizinisch nicht einmal nachgewiesen. Ich kenne Leute, die ihr Leben lang Ohrfeigen ausgeteilt und eingesteckt haben, und die waren immer pumperlgsund. Das reden Sie sich alles nur ein. Spießer! Lustverweigerer! (ohrfeigt ihn)
ERSTER GAST: So, jetzt reicht's. Wissen Sie, was Sie sind? Sie sind ein rücksichtsloses, asoziales Wesen, das nur auf den eigenen Genuss aus ist und dem die anderen völlig egal sind. Ich fordere Sie ultimativ auf, mich nicht weiter zu belästigen, Sie egoistischer Mensch!
ZWEITER GAST: Ich egoistisch? Was sind denn dann Sie? Nein, mit Ihnen kann man nicht reden. Sie sind halt auch einer von diesen Militanten. (ohrfeigt ihn und geht an seinen Tisch zurück.Vorhang.)
Christian Goldstern
AHS-Lehrer in Wien, bekennender "Militanter" (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.11. 2006)