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Einzelposting: USK als JuSchG abschaffen?!


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Von:    Azamir 10.09.2009 16:27
Betreff: USK als JuSchG abschaffen?! [Antworten]
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was mich vor einer woche erst richtig richtig erschreckt hat, war ein für kinder zurechtgebastelter film über meteoriteneinschläge auf der erde.

mir war für einen moment richtig schlecht bei dem gedanken, wie es den letzten menschen auf der Welt irgendwann gehen muss - wenn die Menschheit ausstirbt. klar, das ist weit, weit, weit weg in der Zukunft, aber der Gedanke hat mich derart fertig gemacht, dass mir fast schlecht war.

Das war GRSUSLIG. und der Aufhänger dafür war ein ganz einfacher, simpler Film über Meteoriteneinschläge in der Vergangenheit der Erdgeschichte.

Daer Film hätte in Deutschland (war in nem französischen freizeitpark) vermutlich FSK 6 gehabt.

Die reaktion auf einen Film, ein Spiel oder ein anderes in einem medium dargestelltes Werk hängt SEHR stark von der Situation ab.

Ich kenne diverse Fanfic-Autoren, die am Anfang ihrer Geschichten vor sexueller Gewalt, Drogenmissbrauch, psychologischen Störungen u.ä. warnen, und zwar spezifisch für Leute, bei denen diese Darstellungen in den Geschichten als "Trigger" agieren könnten, die also auch schon Erfahrung mit diesen Sachen gemacht haben und so in alte Verhaltensmuster zurückfallen könnten, die sie eigentlich überwunden hatten (z.B. Anorexie).

Eingesunder Mensch, der über das Verhalten einer 24/7 kalorienzählenden Magersüchtigen liest, ist entsetzt über das, was er liest, weiter beschäftigt es ihn vermutlich aber nicht. ein Mensch, der selber zur Anorexie tendiert, darunter leidet oder litt, kann dadurch getriggert werden und selber das Verhalten zu kopieren anfangen.

müssen deswegen Geschichten über Anorexie verboten werden und für alle potentiell Anorexiegefährdeten Personen (also prinzipiell mal alle Menschen) unzugänglich bzw. schwer zugänglich gemacht werden?

Ich denke nicht.

und im Endeffekt das gleiche ist es doch mit anderer Gewalt auch. nur wer die entsprechende Disposition hat, wird Verhaltensweisen aus einem Medium unreflektiert kopieren.

Dass Kinder in ihrem instinktiven Lernprozess noch sehr viel stärker dazu tendieren, vorgeführtes Verhalten zu kopieren, ist logisch und von der natur prinzipiell auch gewollt - aber das beschränkt sich einerseits nicht auf Medien und ist andererseits bei Medien durch zusätzliche Erziehung durch Eltern und andere Autortätspersonen im leben des Kindes besser kontrollierbar als bei realen Vorbildern.

Ich denke, dass Empfehlungen für die Altersgruppe, in der sich ein Kind für dieses Thema interessieren und es auch verabreiten kann, durchaus sinnvoll sind. Ich habe in den letzten Jahren einige Bücher, die ich als Teenager gelesen und geliebt habe, nochmal gelesen oder Fortsetzungen dazu in die Finger gekriegt - der Storyverlauf, der mir damals unglaublich durchdacht vorkam, war heute doch sehr von der naiven Kindersicht geprägt.
Jedoch finde ich die Bestrebungen, Kindern "altersungemäße Inhalte" vollständig zu verwehren für absoluten Humbug.

Denn - jedes Kind ist anders. Ich habe am Anfang meiner Schullaufbahn, als ich dann lesen konnte, kaum Prosa gelesen, ich habe immer nur Sachbücher haben wollen. ich glaube ich weiß jetzt auch, warum: alles was man uns damals "zugetraut" hat, waren LESELÖWEN. Das mag für 50% der Kinder im Alter von 6 und 7 Jahren geeignetes Lesematerial sein, ich fand die ganzen "Kindgerechten" Geschichten langweilig, naiv, eng und dumm. Erst als dann Romane in mein Blickfeld gerückt wurden, deren "Zielgruppe" eher ab 8-10 Jahren losgeht, habe ich mehr gelesen - Michael Ende, Erich Kästner, das war meins. Meine Lehrer waren da noch der Ansicht, dass diese Bücher zu dick und zu lang für mich wären.......... FAIL.

Ich habe zudem mit 8 (!) Jahren das erste Mal durch meien Schwester das Spielsystem Das Schwarze Auge kennen gelernt - das Spiel ist ab 14, ich war 6 Jahre jünger als die Empfehlung, aber das Prinzip, die Welt, die Idee dahinter haben mich total gefesselt - ich habe mit 10 angefangen die ganzen Regelbücher, die wir zuhause hatten, durchzulesen, wusste mit 12 das meiste Wissenswerte über Aventurien - das Spiel war immernoch "ab 14".

wie gesagt, diese Empfehlungen sind schön und gut, aber für mich auch NUR als Empfehlungen. wer mit 16 schon Splatter gucken kann, ohne davon alpträume zu bekommen, dem würde ich das nicht verbieten wollen. wer mit 17 einen normalen Porno gucken möchte, dem werde ich das nicht verbieten - meine Herrn, ist doch auch nur Sex, das darf man mit 14 schon MACHEN!

Dass ein Kind (= < 14 Jahre) weder mit exzessiven gewaltszenen noch mit Sex zuechtkommt, mag in den meisten Fällen auch stimmen. jedoch ist das für mich kein Grund, es einem erwachsenen Menschen jeglichen Alters, von 18-100+, fast unmöglich zu machen, Literatur mit sexuellen Inhalten zu konsumieren.

Und zur "Gewalt" - einen Spallterfilm finde ich prinzipiell eklig, aber nicht so schlimm. was mir total an die Nieren geht, ist auch gleichzeitig die eigentlich schlimmste Form von gewalt: psychologische. Ich kann bei Szenen, in denen jemand psychologisch fertig gemacht wird, nur mit Worten, keum hinschauen oder weiterlesen. Das kann von den "Aktionen" die passieren total hramlos sein - de Wirkung auf das Opfer (und auf mich) ist um ein vielfaches Größer. Das ist aber genau da, was eben nicht in die Entscheidungen zu den Einstufungen der FSK und USK einwirkt.

insgesamt: ich finde, dass der Kindershcutz wichtig ist, der Jugendschutz übertreiebn wird und die sklavische Einhaltung dieser regelungen, wie sie durch das Gestez angeordnet ist, auf die Masse gerechnet merh Schaden als Nutzen bringt.

denn, mit Verlaub, ein Jugendlicher mit Down-Syndrom ist auf dem Papier zwar irgendwann 16, einen Fim, der Gewalt enthält, kann er aber noch immer nur mit der Wahrnehmung eines vielleicht 5-Jährigen verarbeiten. das ist der Extremfall, aber auch bei "gesunden" Menschen gibt es die volle Palette von schnellentwicklern, die sehr schnell sehr viel begreifen, unterscheiden können und von "altersgerechten" Medien hemmungslos unterfordert und gelangweilt sind, und langsamentwicklern, die von der psychologischen Entwicklung her einfach erst mit 18 so weit sind wie andere mit 15.

diese diversität wird ignoriert, auf sie darf nicht reagiert werden, weil die Gesetze feste Grenzen stecken, und demntsprechend: aktuelle rechtliche Jugendschutzlage für mich FAIL.

Aza.
Sorry you can't define me - Sorry I break the mold - Sorry that I speak my mind - Sorry don't do what I'm told - Sorry if I don't fake it - Sorry I come too real - I will never hide what I really feel [christina aguilera]

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