Titel: Wie lange ist es her?
Teil : 1 von 1
Autor: Fusselfiech
Fandom: Yu-gi-oh
Warnung: Dark
Komentar: Eigentlich schreibe ich ja nicht in der Schule, doch das ist im Religionsunterricht
entstanden -.- zum Thema wie der tot bewältigt wird...Da hab ich einfach ein paar Ideen
aufgegriffen...Wer meine vorigen werke kennt wird wissen das das meine erste dieser Art ist.
Ich hoffe sie gefällt trotzdem.
Pairing: Joey x Seto
Disclaimer: Yu-gi-oh gehört nicht mir. Ich hab auch nicht vor damit Geld zu machen,
schließlich hatte die Idee ein anderer und es wäre nicht nett dem sein Anrecht darauf streitig
zu machen.
Wie lange ist es her? Ich habe nicht mehr gezählt. Die Wohnung ist leer, dennoch höre ich das
Rauschen der Dusche. Das Platschen, wenn du mal wieder mit dem Wasser spielst. Dann hört
es auf.
Patsch, patsch, deine nassen Füße auf den Fliesen. Ich muss lächeln, gleich wirst du die
Zahnpaster fallen lassen, du wirst dich bücken um sie auf zu heben. Es gibt ein dumpfes
Geräusch und dein Fluchen ist im ganzen Haus zu hören. Gleich werde ich dich trösten, du
wirst in der Tür erscheinen, die blonden Haare wirr in alle Richtungen verteilt, die Fäuste
reiben die noch müden Augen und die Tränen laufen. Da ist es schon, das Tapp, Tapp, Tapp.
Ich sehe auf.
"Joey..."
Für einen Augenblick bist du tatsächlich wieder da. Ich will dich trösten, denn ich liebe dich,
deine tollpatschige Art, doch der erste Schritt und du bist fort.
Plötzlich höre ich die Kaffeemaschine, im Radio verklingen die letzten Töne von American
Pie und der Sprecher kündigt die Nachrichten an. Sie melden eine Entführung.
"Das Mädchen ist tot...", höre ich den Sprecher sagen.
"Du bist tot...", wispere ich. Er ist tot... Es hallt in mir wieder und ich breche ein weiteres
Mal zusammen. Der Boden ist kalt und dreckig, doch das stört mich nicht. Tränen rinnen
meine Wangen herab. Ich spüre sie. Sie fallen auf die weißen Fliesen. Ich höre sie fast, tropf,
tropf.
Wie oft werde ich noch so hier liegen, mich nicht rühren können, vor Müdigkeit und
Verzweiflung. Ich rolle mich zusammen. Meine Sicht verschwimmt, wie oft noch. Ich sehe
Bilder von dir. Lachend, weinend, liebevoll, erregt, küssend, im Sarg.
Jede Nacht, wenn es dunkel wird, die Ruhe überhand nimmt, kein Geräusch von draußen
eindringt. Du liegst da völlig friedlich wie im Schlaf, die Hände gefaltet und einen weichen
Gesichtsausdruck. Die widerspenstige blonde Strähne fällt in das bleiche Gesicht. Ein letztes
Mal streiche ich über die kalten Wangen, die Strähne hinter dein Ohr. So lange wunderschöne
Wimpern, so ein weiches ebenmäßiges Gesicht. Doch so kalt. Mokuba hat neben mir
gestanden.
Er ist tot...Ich war zusammen gebrochen, das erste Mal... Seit dem immer wieder, wenn mich
die Last der Erinnerungen erdrückt hat. An manchen Tagen habe ich gesehen wie er neben
mir gegangen ist, ich habe in Gedanken seine Hand noch erreichen können.
"Joey...", flüstere ich tränenerstickt, warum haben sie ihn mir genommen? Er hat doch gar
nichts dafür gekonnt... Ich schluchze leise und kralle meine Hände in die Oberarme bis es
schmerzt. Ich will mich fühlen. Warum lebe ich noch? Ich will zu ihm, bin das Leben so
müde, bin es so müde immer allein zu sein. Das Telefon klingelt, doch ich gehe nicht dran.
Düt, düt, düt, macht es und der Anrufbeantworter geht an.
"Seto? Seto... ich weiß, dass du da bist...Bitte geh ran."
Mokuba, doch ich habe nicht die Kraft um aufzustehen. Die weiteren Worte verstehe ich
nicht. Er klingt verzweifelt, weint, doch was er sagt verstehe ich nicht. Niemanden will ich
mehr sehen, das Licht in meinem Leben ist aus und ich irre durch die Dunkelheit. Gestern
habe ich mich verlaufen, weil alles so fremd gewesen ist, so neu. In meiner eigenen Wohnung
erwache ich morgens und weiß nicht wo ich bin, weil du nicht bei mir bist.
Ich höre Schritte, doch es sind nicht deine, an der Tür klopft es, mein Fahrer.
"Sir? Sir, wir müssen los."
Ja, wir müssen los, doch ich schaffe es nicht aufzustehen, meinen Körper zu bewegen. Die
Müdigkeit erdrückt mich und die Schuld lähmt mich. Ich bin schuld gewesen. Ich hätte es
verhindern können und doch habe ich es nicht getan. Wieder dieses Klopfen, er soll aufhören,
mich in Ruhe lassen. Ich bin schon lange nicht mehr hier.
"Geh."
Ich höre meine Stimme, doch sie ist so weit weg. Als wenn ich neben mir stehen würde.
Zunächst hört es auf zu klopfen, weil ich keine Schritte höre wiederhole ich meine Worte
noch einmal. Erneut klopft es einmal, doch dann gibt er auf und ich höre seine Schritte leiser
werden. Er weiß, dass es sinnlos ist, da ich nicht heraus kommen werde. Niemand hat einen
Schlüssel, ich habe ihn dir mitgegeben, du hast ihn in der Hand, allein du trägst den Schlüssel
zu mir, zu meiner Wohnung.
"Seto, warum haben wir nur zwei Schlüssel?"
Ich habe dich in meine Arme gezogen und dir einen Kuss aufgedrückt, das Schloss habe ich
zum dritten Mal auswechseln lassen müssen.
"Weil nur du den Schlüssel zu mir besitzen darfst", habe ich lächelnd geantwortet. Du hast
mich zunächst angesehen. Dieser überlegende Gesichtsausdruck, wenn du versucht hast mich
einzuschätzen.
"Der Schlüssel zu dir?", hast du gefragt. Dann hast du ihn genommen und an mein Herz
gehalten.
"Ich verliere ihn nie wieder."
Das war einer der seltenen Augenblicke in denen du mich herrisch geküsst hast, in denen du
das Ruder in die Hand genommen hast. Ich habe gezweifelt, doch du hast ihn nie wieder
verloren oder vergessen. Doch jetzt, jetzt bist du nicht mehr da. Ich sehe hinaus, die Sonne
scheint, die Strahlen fallen auf den Küchenboden.
"Lass uns die Küche beim Balkon machen", hast du damals vorgeschlagen. Ich habe dich
skeptisch angesehen, du hast darauf grinsend erwidert, dass ich draußen auf dem Balkon
rauchend frühstücken könnte während du mich aus der warmen Küche beobachten könntest.
Es ist kalt, der Wind kommt durch die geöffnete Tür und vereinzelt fallen Schneeflocken
durch das Fenster. Ich strecke meine Hand nach der kleinen zarten Schneeflocke aus und sie
schmilzt sofort. Die Eiskristalle glitzern noch einmal, doch dann ist sie fort. So wie du, doch
du hast keine Zeit mehr gehabt zu glitzern. Träge legt sich die Müdigkeit auf meinen Körper.
Ich werde krank werden, wenn ich jetzt hier einschlafen würde, doch das ist mir egal, alles ist
mir egal. Der Gedanke keimt auf, dass ich aufstehe und in mein Bett gehe, doch ich bin nicht
in der Lage aufzustehen, wie festgefroren unbeweglich liegen meine Glieder auf den kalten
Fliesen. Warum habe ich nicht auf ihn gehört?
"Seto? Seto es ist gefährlich, bitte."
Genervt habe ich aufgeseufzt.
"Hör auf damit. Täglich erhalte ich solche Drohungen."
Es ist Winter gewesen und wir sind aus dem zu Weihnachten geschmückten Kaufhaus
gekommen.
"Seto, bitte lass uns nach Hause gehen."
Wir sind heraus getreten, du hast dich vor mich gestellt, gerade habe ich dir liebevoll über die
Harre streicheln wollen und dir sagen wollen, dass wir nach Hause gehen, da habe ich die
Schüsse gehört. Drei Mal, grausam laut und präzise, doch landen sie nicht in meinem Körper.
Es ist deiner, der bei jedem Treffer zusammenzuckt.
"Joey..."
Meine Stimme hat versagt. Ich habe mich an deinen schlaffen Körper geklammert. Ein
Lächeln ist über dein Gesicht gehuscht. Deine Hand hat über mein Gesicht streichen wollen,
doch sie hat nur noch zucken können. Ich habe nicht mal weinen können, der Schock hat mich
gelähmt.
So wie jetzt. Immer noch liege ich hier, sehne mich so sehr danach zu dir zu kommen, die
schwere Müdigkeit gewinnt gegen meinen erschöpften Körper. Der Schlaf holt mich, bringt
mich zu dir und morgen, wenn ich aufwache, werde ich wieder nicht wissen wo ich bin, oder
werde deine Füße auf den kalten Fliesen hören.
Gute Nacht, Joey.