Gebrochene Flügel

Gesoräch

Gebrochene Flügel 6
 

Gespräch
 

Sev saß neben dem Jungen, der in seinen Armen lag. Der Mann hatte ein Buch in der Hand und schien etwas zu lesen. Leise trat er näher und dann bemerkte Harry, dass Severus Draco etwas vorlas. Irgendwie war das schon süß.

Wer hätte auch jemals ahnen können, dass Severus Snape so etwas tun würde?
 

"He, hast du gut geschlafen?", unterbrach der dunkelhaarige Junge und lächelte Draco an.

Der erwiderte das schwach und streckte die Arme aus.

"Soll ich auch zu dir sitzen?"

Ein Nicken. Irgendwie kam es dem Jungen-der-lebt so vor, dass Draco sich wie ein kleines Kind benahm. Aber war das nicht verständlich?

Ein par Erinnerungsfetzen kamen ihm in den Sinn: Der Blonde mit seinem Vater, der ihn wie einen Gegenstand behandelte, nur forderte, nichts gab, Druck ausübte...

War es dann nicht selbstverständlich, dass Draco danach schrie, dass seine Seele danach verlangte, etwas Liebe und Zuneigung zu bekommen?
 

Außerdem war der Blonde momentan auch ziemlich hilflos, doch es passte einfach nicht zu dem früher so stolzen Slytherin. Es passte nicht zu dem Bild, das man über die Jahre hinweg, von ihm aufgebaut hatte.

Aber was tat man nicht alles? Er würde es schon schaffen, dass es Draco bald besser ging und er zu seinem alten Selbst zurück fand. Jedenfalls war das das Ziel, das er sich gesetzt hatte.
 

Nun aber setzte er sich neben den blonden Jungen und legte ebenfalls einen Arm um ihn. Das schien der Kleine als Einladung zu sehen, denn er rutschte aus Sevs Armen, in die des schwarzhaarigen Jungen.

"Ein Schmusedrache, hm?", lächelte Harry und begann damit, dem anderen über den Rücken zu streicheln.

Severus hatte das Verhalten seines Patensohnes mit gemischten Gefühlen betrachtet. Es passte ihm nicht wirklich, dass Potter das Sorgerecht für den Kleinen hatte, aber tun konnte er auch nichts mehr. Und er konnte froh sein, dass Harry es ihm erlaubte, hier zu bleiben. Nicht auszudenken, was er getan hätte, hätte er nicht hierher gedurft.
 

Wobei klar war, dass er nicht allzu lange bleiben konnte. Bald würde die Pflicht wieder rufen.

Deshalb musste er die Zeit solange nutzen, wie er konnte.

Erneut sah er zu seinem Patensohn, der sich inzwischen vertrauensvoll an den anderen gekuschelt hatte und es sich gefallen ließ, dass ihm der Nacken gekrault wurde.

"Ich werde mal in die Winkelgasse gehen und Trankzutaten besorgen."

Mit diesen Worten erhob sich der Mann.
 

"Wofür das?"

Harry blickte Severus an und fragte sich, ob er sich vielleicht doch nicht in das Bild hätte einmischen sollen.

"Ich werde noch ein paar Tränke für den Kleinen brauen. Traumlostränke und welche gegen Schmerzen, damit du genügend da hast."

Damit war er mit einem Plopp verschwunden.
 

Ein leiser Seufzer entkam dem Schwarzhaarigen und dann merkte er, wie Draco den Kopf drehte und ihn ansah.

"Hm... hab ich was falsch gemacht?"

"Nein..."

Sachte strich Harry eine blonde Strähne aus dem Gesicht und lächelte dann den Jungen an. Harry war sich nicht sicher, ob er der Grund war, warum Severus gegangen war, oder, weil Draco zu ihm gekommen war. Lief es am Ende nicht wieder auf ihn heraus?
 

"Magst du was essen?"

Ein Nicken antwortete ihm und so löste sich Harry von Draco und stand langsam auf.

"Ich weiß nicht wie es mit dir ist, aber willst du im Wohnzimmer essen? Langsam wird dir hier doch sicher auch langweilig, oder?"

Draco antwortete ihm mit einem strahlenden Lächeln.

"Schön, dass es dich freut. Na, dann wollen wir mal!"

Mit diesen Worten deckte er den Blonden erst einmal auf, fischte dann eine von den oberen Wolldecken heraus und legte sie dem anderen um. Erst, als das getan war, hob er Draco auf die Arme und verließ den Raum.
 

Der Blonde fragte sich hinterher, wie Harry die Tür geöffnet hatte, ohne, dass er seinen Stab oder die Hände genommen hatte. Aber das war nebensächlich, denn nun saß er hier auf der großen und bequemen Coach. Die Wolldecke hüllte ihn ein und auf dem Sessel, den Harry extra ganz ans Sofa geschoben hatte, saß selbiger.

Draco fühlte sich wohl und das bemerkte natürlich auch der Schwarzhaarige.

Ein Lächeln legte sich auf seine Züge.

"Gefällt es dir hier?"
 

Überrascht blickte Draco den anderen an.

"Ja, es ist schön hier. Das ist deine Wohnung?"

Sein Blick glitt weiter über die Einrichtung: Die Ledercouch -auf der er saß, die Technik - TV und Musikanlage, Schränke, Vitrinen, Vorhänge - die große Fenster verhängten, der weiche und helle Teppich, und der schöne Glastisch, auf dem ein magisches Artefakt stand.
 

"Mhm... ja, ist es. Gewöhn dich daran, du wirst hier bleiben."

Graue Augen fixierten ihn, stellten eine lautlose Frage.

"Weißt du noch, was ich gesagt habe, als ich dich herholte?"

Kopfschütteln.

"Also, ich erkläre dir, was passiert ist: Als die Verhandlung deiner Eltern war, war ich im Ausland. Ich bin da von Dumbi hingeschickt worden. Jedenfalls, als ich wieder kam, erfuhr ich, dass die Verhandlung deiner Eltern schon gewesen war und dass man dich weggebracht hatte."

Harry machte eine kurze Pause, blickte dem anderen in die Augen.
 

"Ich war wütend, als ich von einem Auror hörte, dass man dich in ein Waisenhaus gesteckt hätte. Also bin ich ins Ministerium und da zu Fudge. Den hab ich dann so lange zu Brei geredet, bis er endlich nachgab und mir das Sorgerecht für dich überschrieb. Ein Punkt, den er aber verlangte, war, dass du meinen Namen annimmst."
 

Draco war leicht verwirrt von den vielen Informationen. Das Erste, was er wissen wollte, war:

"Du hast ihn bedroht, oder?"

Ein extrem sadistisches Grinsen Harrys, bestätigte seine Vermutung. Als nächstes sickerte ihm durch, dass er seinen Namen ändern sollte.

"Was heißt, ich soll deinen Namen annehmen?"
 

"Nun, du sollst Potter heißen. Fudge hat darauf bestanden und ich hab dem zugestimmt. Ich bezweifle, dass du mit dem Namen Malfoy sehr weit kommen wirst."

Bedrückt senkte Draco den Kopf.

Ja, er wusste, dass seine Eltern viele Fehler gemacht hatten. Aber sie hatten ihn geliebt und das war ihm auch etwas wert. Dass Lucius in ihm mehr einen Erben gesehen hatte, als einen Sohn, schien er nicht begriffen zu haben - vielleicht, weil er es nicht anders kannte?

Plötzlich spürte er eine Hand auf seiner Schulter.
 

"Ich weiß, dass du deine Mutter und deinen Vater geliebt hast. Und ich will auch nicht unterstellen, dass deine Eltern dich nicht liebten, das taten sie bestimmt."

Harry unterließ es mit Absicht, Lucius Malfoy schlecht zu reden, denn das wäre in diesem Moment und in dieser Situation das Falscheste, das er tun konnte.

"Aber es ist nun mal leider auch so, dass sie Todesser waren und der Name Malfoy dafür spricht. Du wirst nichts erreichen, wenn du bei jemanden in der Zauberwelt ankommst und sagst: Hallo, mein Name ist Draco Malfoy, ich bin hier wegen dem Stellenangebot!"
 

"Ich weiß..."

"Kleiner, ich möchte dir wirklich nichts Böses... Ich möchte, dass es dir bald wieder gut geht. Ich bin noch immer sauer darüber, wie man dir das hatte antun können..."

Der Blonde sah auf und eine weitere Frage dränge sich ihm auf:

"Warum tust du das alles eigentlich für mich?"

Harry nickte und seine grünen Augen schienen zu leuchten.

"Erstens, fand ich es eine Sauerei. Man kann kein unschuldiges Kind für die Fehler seiner Eltern so leiden lassen. Du hast dem Alten nichts getan, trotzdem sann er auf Rache...

Und dann war da noch mein Egoismus..."
 

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

"Ich mag dich, habe dich nie gehasst. Mag sein, dass du das geglaubt hast, aber das entsprach nicht der Wahrheit. Es war eine dumme Situation damals und heute sind wir ja klüger, nicht?

Im Übrigen mag ich dich wohl etwas mehr, als gut für mich ist."

Der Junge war etwas irritiert, bis er die letzten Worte verstand und eine leichte Röte sich auf seinen Wangen verbreitete. Sein Blick senkte sich, schien beschämt zu sein.
 

Sachte streichelte Harry dem Kleineren über die Wange, hob dann sein Kinn an.

"Hör mal, Drache, du brauchst dich für nichts zu schämen, was dir passiert ist. Verstehst du? Du kannst nichts dafür und glaub mir, niemand macht dich dafür verantwortlich. Und weder Poppy, noch Severus, oder ich, werden etwas darüber erzählen. Du hast schreckliche Dinge erlebt und die Konsequenzen sind leider schlimm und egal was hier auch passiert ist, du musst dich nicht schämen."
 

Tränen rannen über das Gesicht des Blonden und der Dunkelhaarige nahm ihn beschützend in die Arme.

"Ist gut, wein ruhig... alles okay."
 

Dobby kam herein und stellte das Tablett leise ab, genauso verschwand er auch. Nach einer Weile beruhigte sich Draco wieder und richtete sich auf.

"Geht es wieder?"

Der Kleinere nickte. Harry wischte dem Jungen das nasse Gesicht trocken und deutete dann auf das Tablett.

"Jetzt bekommst du was in den Magen."

Die Ablenkung kam Draco gerade recht und er nahm schweigend seinen Teller entgegen.
 

Still beobachtete Harry den anderen. Er wusste, dass es sehr schwer werden würde.

Und außerdem war es nicht gesagt, dass auch Draco etwas für ihn empfand.

Vielleicht Dankbarkeit und Schuldgefühle. Er hoffte, dass der Kleine nicht auf die Idee kommen würde, etwas bei ihm gut machen zu müssen, oder sich zu revangieren.

Er würde Draco auch niemals zwingen, irgendetwas für ihn empfinden zu müssen. Das mit Sicherheit nicht! Er wollte den Kleinen beschützen.

Egal auf welche Waise!
 

Draco selbst saß nun da und spielte nervös mit seinen Fingern. Der Blick war weiterhin gesenkt und Harry machte sich Sorgen. Also erhob er sich aus seinem Sessel und hockte sich auf das Sofa, neben den Blonden.

Sacht legte er einen Arm um die schmalen Schultern und zog den Jungen an sich.

"Draco, es ist alles gut. Zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf, ja?!"

Leicht zitterte der Junge, ließ sich aber dann schützend umarmen.
 

"Scht... lass alles raus, ist gut."

Der Blonde konnte nun wirklich nicht mehr und weinte herzzerreißend. Harry streichelte den Jungen und wiegte ihn etwas, damit er sich beruhigen konnte. Andererseits war der Schwarzhaarige froh, dass Draco endlich seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Mehr noch, als am Anfang.
 

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Nach einer kleinen Ewigkeit, so kam es zumindest Harry vor, schlief der Kleine in seinen Armen ein. Genau zu diesem Zeitpunkt betrat Severus auch das Wohnzimmer wieder und betrachtete das Bild eingehend, bevor er merklich sauer auf den Gryffindor zulief.

"Was hast du mit ihm gemacht? Warum hat er geweint?!", forderte er zu wissen.
 

"Jetzt reg dich erst mal ab und setz dich, bevor ich dir was erzähle."

Die Sache mit den Streitereinen war also nicht vom Tisch, stellte Harry innerlich grinsend, fest.

Unwillig tat der Mann, was man von ihm verlangte. Grummelnd saß er nun also auf einem der Sessel und betrachtete seinen Patensohn, der an den anderen gekuschelt, eingeschlafen war.

"Ich hab mich lediglich mit ihm unterhalten und ihm gesagt, dass er sich für nichts, was ihm wiederfahren ist, schämen muss. Dass du, Poppy und auch ich, darüber schweigen werden und dass ich ihn beschütze."
 

Severus nickte verstehend, schwieg aber.

"Und dann hat er geweint?", fragte er nach einigen Minuten.

"Nein, erst nach dem Essen. Ich denke, dass endgültig auch die letzte Mauer gefallen ist und er einfach nicht länger alles ertragen konnte. Und es ist gut, dass der Junge nun auch alles raus gelassen hat. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre....."

Nun herrschte wieder Schweigen.
 

Severus besah sich den Blonden, der friedlich in den Armen des anderen schlummerte.

So sah der Junge aus, als wäre nichts geschehen.

Leider war die Realität ganz anders....

"Draco sollte im Bett schlafen, das ist bequemer für ihn. Er scheint sehr erschöpft", meinte der Mann dann. Harry wandte seinen Blick auf den Schlafenden.

"Ich wäre mir nicht so sicher, dass er dahin will. Er war erfreut, da raus zu kommen. Lassen wir ihn noch ein wenig hier."

Den grummelnden Laut, den der Tränkelehrer wegen dem nicht Nachkommen seines Vorschlages von sich gegeben hatte, ignorierte Harry gekonnt.
 

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"Ich kann es immer noch nicht verstehen."

Der Gryffindor saß dem Hauslehrer der Schlangen gegenüber und musterte ihn.

"Was meinst du?"

Der Ältere lehnte sich zurück und hatte die Arme ausgestreckt auf dem Tisch, ein Glas in den Händen. Sein Blick war auf den Inhalt dessen gerichtet.

"Dass ich nicht als sein offizieller Pate eingetragen bin!"
 

Dobby huschte zur Küche herein und blieb neben Harry stehen.

"Draco, Sir, schlafen", piepste er und verschwand wieder. Der Junge lächelte. Seit er den Kleinen vor einer Stunde ins Bett gebracht hatte, saß er nun hier mit Severus. Die meiste Zeit hatten sie sich zwar angeschwiegen, aber das kam daher, dass jeder seinen eigenen Gedanken nachgehangen hatte.
 

"Es ist letztlich doch egal, wer von uns das Sorgerecht für ihn hat, oder? Es geht einzig und allein darum, dass wir ihm nun helfen, wieder ein normales Leben zu führen."

Der Tränkemeister sah auf.

"Ja, Draco ist am Wichtigsten", lächelte er etwas melancholisch, was man dem Mann niemals zutrauen würde, wenn man ihn nur von der anderen Seite kannte. Wobei man nicht einmal wusste, was an ihm die echte Seite war, und welche die Gespielte.

"Richtig. Und ich denke, dass er sich auch darüber freut, dass wir uns nicht mehr so zoffen."
 

Nun musste Snape ein Lachen unterdrücken.

"Warte nur, bis wir wieder in der Schule sind."

Auch, wenn diese Worte drohend hatten klingen sollen, so waren sie alles andere, als das.

"Ich hab ja solche Angst. Außerdem steht noch nicht mal fest, ob ich nach Hogwarts zurückkehre."

Überraschung spiegelte sich in den Obsidianen wieder.

"Was soll das denn heißen?! Natürlich wirst du das, zusammen mit Draco!"
 

Harry schüttelte den Kopf.

"Vielleicht will der Kleine nicht dahin zurück?"

Severus stockte.

"Aber..."

"Ich werde noch mit ihm reden, keine Sorge. Aber wir müssen uns darauf einstellen, dass es durchaus so sein könnte."
 

Wieder hüllte Stille die beiden ein und überließ jeden seinen eigenen Gedanken.

Doch beide hatten sie eines gemeinsam:

Sie hofften, dass es dem Kleinen bald wieder gut ging....
 

So, hier beende ich das Kapitel.

Damit hatte ich mich etwas rumgequält... Aber jetzt wo es fertig ist und ich es ja nur noch mal lesen und was ändern oder dazuschreiben musste, ging's leichter!^^

Einleuchtend, oder?

Bye, Mitani