Am S-Bahnhof
Es war ein kalter Winter in diesem Jahr und Kai, Ray und Tala standen am Hauptbahnhof der S-Bahn und warteten auf Hilary und Mariah, die den Rest der Jungs zum Shopping geschleift hatten.
"Ich glaube, die brauchen noch ewig.", meinte Tala und zuckte dabei energisch mit den Schultern.
Ray nickte grinsend(er wusste wie sehr Tala recht hatte) und Kai starrte bloß stumm vor sich hin. Er war an diesem Tag mehr als nur depressiv, er hatte ernste Probleme und die konnte er den anderen unmöglich erzählen.
Denn er hatte am Morgen einen Brief von seinem Vater aus Russland bekommen und der Brief hatte ihn an alles erinnert, was er vergessen wollte. Gerade jetzt, zwei Jahre nach rikusas Tod, konnte er keine schlimme Nachricht mehr ertragen.
"Papiii!", rief eine Kinderstimme.
Kai drehte sich um, die Trauer in seinen Augen verschwand für einen kurzen Moment.
"Die anderen sind wieder da!", freute sich Ray.
Tyson hatte8wie eigentlich immer) einen fetten Burger in seiner(laut Kai)Augenkrebs verursachenden Fresse. Hinter ihm kamen Hilary, Max und Mariah, welche einen kleinen Jungen an der Hand führte, aus der S-Bahn.
Kenny war gar nicht mitgekommen, er saß lieber vor Dizzy und zog sich seltsame Seiten im Internet rein(könnten es Pornos sein...?!!!).
Kai sah sich den kleinen Jungen an Mariahs Hand an, wie gerne würde er zu ihm gehen und ihm die Wahrheit sagen. Doch das konnte er nicht.
"Papiiii!!!", rief der Kleine wieder und stürmte in Rays Arme.
Das mit anzusehen war für Kai ein Stich in sein herz, denn eigentlich war es ja sein Sohn.
Der Kleine trug den Namen Misu, das bedeutete "bewegtes Wasser". Kai gab ihm diesen Namen, weil er das Meer so gerne mochte.
Misu war mittlerweile 2Jahre alt, kurz nach seiner Geburt wurde Rikusa von einem Amokläufer an ihrer Schule erschossen.
Misu war das Kind von Kai und Rikusa, doch nach ihrem Tod hatte Kai nicht die Kraft, sich um seinen Sohn zu kümmern.
Deshalb gab er Misu zu Ray und Mariah, die seit 3Jahren verlobt waren. Ray war schon immer der einzige Mensch gewesen, dem Kai vertraut hatte. Misu war nun der Sohn von Ray und Mariah, er hatte keine Ahnung von seinen wirklichen Eltern.
"Und was habt ihr die ganze Zeit gemacht?", fragte Max und grinste breit.
"Nicht viel, wir waren im Kino.", antwortete Ray und streichelte Misu über den Kopf.
"Wenn man mit Kai unterwegs ist, kann man nicht viel machen!", meinte Tyson und schluckte den letzten Bissen seines Burgers. Kai wünschte sich, Tyson würde an diesem Bissen ersticken, aber er sagte nur: "Wie gut, dass wir nicht mit dir unterwegs waren, sonst wären wir wahrscheinlich an deinem Anblick gestorben!"
"Oh, sind wir heute witzig!", schmollte Tyson und verzog den Mund, schließlich zischte er: "Du hast wahrscheinlich noch vor dem Kino gestanden, um JA nicht unter Menschen zu kommen! Könnte ja lustig werden!"
"Also, Kai war mit uns im Kino, wir haben uns einen Horrorfilm angeschaut.", meinte Tala.
"Was habt ihr nach dem Film gemacht?", wollte Hilary wissen. (Das Fragen viel ihr schwer, weil sie fast sechs Einkaufstüten in den Armen und Händen hielt.)
"Wir haben ungefähr 4o Minuten hier auf euch gewartet und darüber gerätselt, wie es wohl wäre vor die S-Bahn zu hüpfen.", antwortete Ray spaßig.
"Das wäre doch was für Kai!", rief Tyson und lachte laut los.
Kai war für einen kurzen Moment wütend, dann sah er zur Seite und beobachtete einen der Züge.
Wie es wohl wäre auf den Schienen überfahren zu werden?
Das war eine plötzlich Frage in Kais Kopf. Diese Art von Selbstmord war mit einem Mal so nah, so dicht und für einen kurzen Moment verspürte Kai den Drang dieser Idee zu folgen, doch er tat es nicht.
"Warum nicht?", dachte er, "Warum tue ich es nicht?"
Für Kai war das Leben schon immer schwer gewesen und als er Rikusa traf, hatte er einen Sinn im Leben gefunden. Mit ihrem Tod verschwand auch der Sinn. Die einzige Kraft, die Kai noch vorantrieb, war Misu. Doch Misu brauchte Kai nicht, für ihn war Ray der Vater und Mariah die Mutter.
Kai war mittlerweile 18 Jahre alt, er versuchte sein Leben eigenständig zu führen, doch dann war da der Brief von seinem Vater. Kais Vater wollte seinen Sohn zurück in die Heimat, nach Russland, holen.
Da würde Kai auch wieder auf seinen Großvater Voltaire und auf seinen früheren Trainer Boris treffen. Aber das waren die Personen, die Kai am meisten vergessen wollte.
"Können wir jetzt gehen?", fragte Hilary, "Mir ist kalt!"
"Jaja, wenn alle fertig sind...", meinte Tala und schließlich verließen sie den Bahnhof. Alle-außer Kai und Ray.