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A Vampire's Kiss

von

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Angriff der Ghule

Hi ^_^

Zunächst mal ein dickes Sorry dafür, dass es so lange gedauert hat mit dem Kapitel. Dafür gab es gleich mehrere Gründe: Zum Einen wollte ich, dass das vorletzte Kapitel möglichst gut wird (ob mir das gelungen ist, sei mal dahingestellt), zum Anderen ist es eigentlich nur eine Anhäufung von Kampfszenen (und damit ein ziemliches Problem für mich). Tja, und dann wäre da noch die Planung meines Urlaubs gewesen. Damit kommen wir auch schon zum nächsten Problem: Da ich vom 31.7. bis zum 15.8. auf der schönen Kanalinsel Jersey residiere und nicht weiß, wann oder ob ich überhaupt ins Internet komme, kann es noch ein bisschen dauern, bis der finale Teil online geht.

So, jetzt aber genug mit den schlechten Nachrichten und viel Spaß beim Lesen!!!
 

~~~ ; ~~~
 

Mit einer Mischung aus Missbilligung und Unglauben begutachtete Tala die Überreste seiner beiden Kollegen: „Ich wusste ja, dass die Familie Hiwatari schon immer ein besonderes Talent darin hatte, möglichst viel Dreck zu hinterlassen, aber das schlägt ja mal alles.“ Seine Reaktion auf diesen Anblick hätte auch schlechter ausfallen können; vielleicht bestand ja doch noch die Chance, aus diesem Schloss lebendig (bzw. untot) herauszukommen…

„Ihr seid also nicht sauer?“, ein hoffnungsvolles Grinsen machte sich auf Max’ Gesicht breit und bei Kai begannen alle Alarmglocken zu schrillen. Falsches Timing, ganz ganz ganz GANZ falsches Timing!

„Ob wir sauer sind?! Wir sind fuchsteufelswild!!!“, ein Knurren brachte Bryans messerscharfe Eckzähne zum Vorschein. Im Gegensatz zu Tala plädierte er mehr auf den Einsatz von physischer denn psychischer Gewalt, ein Grund, weshalb unter seiner Pflege damals so viele Pflanzen eingegangen waren. Wer wollte schon blühen, wenn ein irrer Gärtner umging, der das Unkraut mit Dünger in die Luft jagte?

Der einzige, der den Lilahaarigen bei derartigen Ausbrüchen beruhigen konnte, war Kais ehemaliger Kammerdiener. Genau das tat Tala auch, indem er begann, Bryan beruhigend über den Arm zu streicheln: „Ganz ruhig, wir werden sie wieder lebendig machen! Irgendwelche freiwilligen „Spender“?“ Ganz bewusst fiel sein Blick bei diesen Worten auf Kai.

Ray fühlte ein mulmiges Gefühl in sich aufsteigen; auch wenn es seinem Liebsten anscheinend besser ging, so hatte er doch schrecklich viel Blut verloren und konnte bei der geringsten Anstrengung einfach wieder umkippen. Instinktiv schlang er seine Arme um Kai und zog diesen an sich, auch wenn es ihn aufgrund ihres Größenunterschiedes etwas Mühe kostete: „Bedaure, aber ihn brauche ich noch zur Befriedigung meines leiblichen Wohlergehens…“ Auch wenn derlei Zweideutigkeiten normalerweise nicht dem Charakter des Schwarzhaarigen entsprachen, hatte er diese Formulierung ganz bewusst gewählt, schätzte er die anderen beiden Vampire doch so ein, dass es bei ihnen einiges an Verwirrung auslösen würde. Was es auch tat…

Fassungslos und rot angelaufen starrten Tala und Bryan ihn an. Das hatten sie doch eben falsch verstanden, oder? Sie selbst hatten es nach jahrelangem Zusammenleben immer noch nicht geschafft, sich ihre Gefühle zu gestehen und dieser Kerl, der Kai erst wenige Tage kannte, äußerte jetzt ohne Zögern in aller Öffentlichkeit den Wunsch…!?

„Wir tun es!“, entschlossen traten Tyson und Max vor.

„WAS?!“, ihre ehemaligen Gegner waren noch zu sehr im Kontext des vorherigen Themas verankert, als dass sie wirklich begriffen hätten, worum es gerade ging. Waren denn hier alle exhibitionistisch veranlagt?

„Na das Blutspenden! Wir werden es machen!“, mit seinem üblichen, diesmal einigermaßen verwirrt wirkenden Lächeln suchte Max sie wieder in die Realität zurückzuholen.

Dabei erhielt er überraschenderweise Hilfe von dem mit ihm befreundeten Schmiedelehrling: „Ja, immerhin haben wir ja auch unseren Teil zur gegenwärtigen Situation beigetragen… Allerdings müsstet ihr uns dafür wohl ein Messer oder so leihen.“

„Och, dabei helfe ich dir doch gerne, Tyson!“, mit einem regelrechten Haifischgrinsen gab Kai seine Deckung auf, zog sein Schwert und richtete es auf den Vernichter alles Essbarem. Mit Genugtuung sah er, wie Unbehagen in den Augen des Dunkelhaarigen auffunkelte. Gut; durfte der jetzt auch mal einige Sekunden leiden…

Ein kleiner Schnitt in die Handfläche war alles, was der Vampirjäger den Freiwilligen an Schaden zufügte; alles andere musste er wohl in die Rubrik „unerfüllbare Rachegelüste“ verschieben. Doch wie hieß es so schön: Kleine Ursache, große Wirkung. Innerhalb weniger Sekunden standen zwei weitere quicklebendige Vampire vor ihnen und musterten sie mit einer Mischung aus Verwirrung und Argwohn – im Gegensatz zu Bryan und seinem feurigem Temperament hatten sie anscheinend zumindest nicht vor, die Vampirjäger bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit aufzuschlitzen. Was ja auch schon was war.

In Gedanken ging Kai noch mal alle Fakten durch:

Anzahl der geretteten Rays = 1

Gesamtanzahl der Gruppenmitglieder = 10

Davon Vampire = 5

Anzahl der Gegner = Ne ganze Menge

Davon wahnsinnige alte Knacker = 2

Ergebnis der Analyse =

„Wir sollten schleunigst von hier verschwinden!“, waren Tala und Kai sich ausnahmsweise mal einig. Gleich nachdem sie das im Brustton höchster Überzeugung gesagt hatten, starrten sie sich irritiert an; dann verzog sich der Mund des Untoten zu einem schiefen Grinsen, während der Vampirjäger einen Arm um Ray schlang: „Später kommen wir wieder – besser bewaffnet und besser vorbereitet…“
 

~~~ ; ~~~
 

Demütig verbeugte sich Boris vor seinem Herren, wagte es gar nicht, in dessen Augen zu sehen; dafür hatte er viel zu viel Angst vor dem momentanen Ausdruck in ihnen und den Auswirkungen, die dieser auf seine weitere Existenz haben könnte.

Natürlich blieb soviel Unmut nicht verborgen. Ruhig – für Boris Geschmack zu ruhig – stand Voltaire von seinem Thron auf und blieb direkt vor seinem Untergebenen stehen: „Du siehst nicht gut aus, Boris¹. Gibt es irgendwelche Schwierigkeiten?“

„Nein, Herr, es ist nur so…“

„Wie war das? Ich habe dich wegen deinem russischen Akzent eingestellt, also benutze ihn gefälligst auch!“

Wütend biss sich Boris auf die Unterlippe. War ja klar gewesen, dass sein Chef wieder seinen Russlandfimmel auspacken musste. Dummerweise war er im Gegensatz zu den verblendeten Narren, die ihnen bis vor kurzem noch gefolgt waren, nicht aufgrund von fehlgeleitetem Heldentum, sondern schlicht und ergreifend wegen dem Geld hier. Korrektur: Mittlerweile wegen dem Blut. Sein Leben nach dem Tod hatte er sich auch anders vorgestellt…

„Nein, Gospodin, es ist nur so, dass Bryan, Ian, Spencer und Tala uns verraten haben.“

Verständnislos sah Voltaire ihn an: „Und?“

„Sie haben sich Eurem Enkel angeschlossen.“

„UND? Wir haben noch genug andere Soldaten, um Kai von der Idiotie seiner kleinen Liebschaft vor Augen zu führen.“, dieser Kommentar klang beinahe so, als würde er gerade über ein ungezogenes Kind reden, dem man das Nägelkauen abgewöhnen musste, „Und dann wird er uns vollauf unterstützen, glaub mir!“

Wenn Boris daran dachte, wie Kai auf Tala reagiert hatte, war er sich da nicht so sicher. So, wie Ray bislang von ihm verteidigt worden war, würde der Blauhaarige jetzt garantiert nicht damit aufhören…

Doch sollte er wirklich wagen zu widersprechen? Wohl eher nicht.

Offenbar hatte Voltaire jedoch sein kurzes Zögern bemerkt. „Keine Sorge, mein Liebling hier…“, seine Hand glitt auf die Schwertscheide an seiner Seite, „…wird uns beschützen, so wie es mich beschützt – gerettet – hat. Jetzt geh, Boris, und gib unseren Ghulen den Befehl, sich für einen Angriff auf dieses Kaff zu rüsten.“

„Wie Ihr wünscht, Gospodin!“, eilig verbeugte sich Boris und rannte dann aus dem Raum.
 

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Erstaunt verzog Mariah eine Augenbraue, als - kaum dass sie Maine betreten hatten – Michael an ihr vorbeisprintete, um Emily in die Arme zu schließen. Alle Achtung, der Typ war entweder mutiger oder suizidgefährdeter als er aussah…

Von all dem bekam Kai nichts mit; zu beschäftigt war er damit, über das nachzudenken, was Ray ihm auf dem Rückweg aus dem Schloss erzählt hatte. Das Schwert beinhaltete also einen Phönix… Nun, das erklärte zumindest Bryans Flammentod und die rasche Heilung seiner eigenen Wunden. Aber was hatte es genau damit auf sich?

„Emily, Mariah, ihr warnt die anderen Stadtbewohner vor der drohenden Gefahr und entwickelt dann mit ihnen Verteidigungsmaßnahmen. Unterdessen begleiten mich Ray, Max, Tyson und unsere vier neuen Mitstreiter zum Schmied.“

Mariah wollte gegen Kais Befehl aufbegehren, doch Ray legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter: „Kai weiß, dass ihr kämpfen könnt, aber er braucht euch hier. Ihr habt genug Nerven, um nicht kopflos durch die Gegend zu rennen oder sich wie Tysons Großvater freudig auf jeden Gegner zu stürzen ohne über die Konsequenzen nachzudenken.“ Widerstrebend nickte die Rosahaarige, nur um gleich darauf ein schiefes Grinsen zustande zu bringen: „Pass auf dich auf, ja? Mir zuliebe.“

Ohne ein Wort zu sagen, beobachtete Kai, wie Mariah samt Emily und Michael hinter der nächsten Häuserecke verschwand. Er war stolz darauf, wie sein Geliebter die Situation gelöst hatte, zeigte es doch Rays Talent für den Umgang mit anderen. Wiedereinmal musste der Jäger sich selbst eingestehen, wie sehr er den Schwarzhaarigen liebte. So sanft, und zugleich doch so entschlossen…

Ray bemerkte, wie Kai ihn versonnen beobachtete, und musste unwillkürlich lächeln: „Ist was?“

Der Ertappte lief rot an, was ein mehr als ungewöhnliches Bild abgab: „Was? Ach nein, nichts!“

„Sicher?“

„Ganz sicher. Und jetzt komm, wir müssen euch Waffen besorgt haben bevor die Sonne wieder aufgeht!“

Schmunzelnd folgte der Vampir seinem Liebsten; endlich hatte er es auch einmal geschafft, diesen in Verlegenheit zu bringen…
 

Stirnrunzelnd betrachtete Max’ Vater die Gruppe vor sich: „An was für Waffen haben Sie denn so gedacht?“

„Warum lassen Sie das nicht einfach unsere Sorge sein und zeigen uns Ihr Sortiment?“, Kai versuchte trotz der Tatsache, dass er das ganze zahlen würde, möglichst tapfer zu bleiben.

Mit zuckendem Augenlid ließ der Schmied seinen Blick zwischen dem Blauhaarigen und Tala schweifen, der gerade damit beschäftigt war, ein in einer Glasvitrine ruhendes Katana vollzusabbern. Angesichts solch eines Anblickes war selbst ihm die Ruhe abhanden gekommen. Schließlich rang er sich zu einer Entscheidung durch: „Meinetwegen, aber ich bleibe in Sichtweite, während Sie meine Ware betrachten!“

Würdevoll nickte Kai: „Das ist akzeptabel, zumal ich sowieso mit Ihnen reden wollte.“

Während sie den Anderen also die Suche nach geeigneten Kampfutensilien überließen, machten sie selbst es sich im angrenzenden Hinterzimmer des Ladens bequem. Dort war es so leise, dass sie in aller Ruhe ein Gespräch führen konnten, und doch noch immer nicht zu abgeschieden als dass sie eventuelle Schwierigkeiten hätten verpassen können.

Mit einem Handzeichen deutete Max’ Vater Kai an zu sprechen, eine Aufforderung, welcher der Blauhaarige mit einem gewissen Unbehagen nachkam: „Ich wollte noch einmal mit Ihnen über das Schwert sprechen, dass ich bei Ihnen erworben habe… Vielleicht können Sie mir ein wenig mehr darüber erzählen?“

Gedankenverloren nickte der Ältere: „Ich hatte mir schon etwas derartiges gedacht. Nun, ich erwarb das Schwert erst wenige Tage vor Ihrem Eintreffen aus dem Nachlass eines Großgrundbesitzers. Zu Lebzeiten war er ein anständiger Kerl und passionierter Waffensammler gewesen, und so hoffte ich zurecht darauf, ein paar schöne Stücke in meinen Besitz bringen zu können. Darunter befand sich auch Euer Schwert. Zweifellos die Schöpfung eines Meisterschmiedes, und wüsste ich ihren Namen, könnte ich Euch zweifellos auch mehr über sie sagen…“

„Dranzerklinge.“, einer spontanen Eingebung folgend, sprach Kai den Namen aus, der schon die ganze Zeit über in seinem Kopf widerhallte. Er wusste nicht, ob es der Richtige war, aber die Wärme in seiner Brust schien genau das zu verkünden.

„Wie bitte?“, irritiert sah der Schmied ihn an.

„Der Name dieses Schwertes ist Dranzer; sagt euch das irgendetwas?“

Sichtlich verwirrt überlegte der Ältere einen Augenblick. Dann jedoch erhellte Erkenntnis seine Züge: „In der Tat weiß ich etwas über ein Schwert mit diesem Namen – besser gesagt über zwei: Dranzer und Black Dranzer, die beiden Phönixklingen. Der Legende nach wurden sie für zwei Brüder einer hochangesehenen Familie geschaffen, die das genaue Gegenteil voneinander waren; Victor, der Ältere, liebte es andere Menschen zu tyrannisieren, während sein jüngerer Bruder Arthur sein Bestes tat, um die durch seinen Bruder hervorgerufenen Leiden zu lindern. Eigentlich sollten die Zwillingsschwerter sie zur Annäherung aneinander bewegen, doch stattdessen brachten sie nur noch mehr Streit. Victor wollte auch noch die zweite Klinge in seinen Besitz bringen, weshalb es zur offenen Auseinandersetzung zwischen den Brüdern kam. Letztendlich ging Arthur als Sieger hervor – doch sein Bruder versprach im Todeskampf, zurückzukehren und seine Rache zu vollziehen. Daraufhin begründete Arthur mit seinem Schwur, die Wiederkehr seines Bruders zu verhindern, die Familientradition der Untotenjagd.“

„Lassen Sie mich raten: Der Familienname der beiden Brüder war nicht rein zufällig Hiwatari, oder?“, eigentlich wusste Kai die klischeehafte Antwort auf seine Frage schon.

„In der Tat. Leider kann ich Ihnen jedoch nicht sagen, wo das andere Schwert gelandet ist.“ Das brauchte Max’ Vater auch gar nicht…
 

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Fasziniert starrte Kai das vor ihm auf dem Tisch liegende Schwert an. Nun, eigentlich nicht das Schwert an sich, sondern nur dessen Griff, in den kunstvoll ein Vogel eingraviert worden war. Als Auge war ein schwarzer Opal eingelassen, der im Licht des Kaminfeuers in allen möglichen Farben aufleuchtete.

Die Stimme seines Großvaters riss ihn von dem Schauspiel los: „Siehst du Kai, ich habe das Schwert unseres Vorfahren ersteigert; es wird uns im Kampf gegen das Böse helfen.
 

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Ja, Voltaire hatte das Schwert ihres Ahnen ersteigert. Nur leider das des falschen… Statt ihnen zu helfen, hatte Black Dranzer langsam aber sicher das Herz seines Großvaters vergiftet, Bedürfnisse geweckt, die nichts mit Edelmut oder Anstand zu tun hatten. Seit Voltaire in den Besitz der Klinge gelangt war, hatte er der Gier und der Zerstörungswut gehuldigt, war dafür letztendlich sogar selbst das geworden, was er früher bekämpft hatte: Ein Monster.

Doch erst jetzt, wo man ihm all dies an Fakten und Fiktion an den Kopf geworfen hatte, begriff Kai es wirklich. Bislang war die Erinnerung an Black Dranzer genauso in seinem Kopf verschüttet gewesen wie all die anderen Mosaiksteinchen, die zusammengesetzt ein Gesamtbild des Wahnsinns ergaben. Und nun, plötzlich, sah er hinter den Nebel, erkannte nicht nur die Anfänge, sondern auch was es nun zu tun galt.

Mit einem Nicken, das auch als stummer Dank gewertet werden konnte, ging Kai in Richtung Tür: „Ich weiß jetzt, was ich wissen wollte. Kommen Sie, wir wollen sehen, ob meine Freunde mit der Auswahl ihrer Waffen fertig sind…“

Gemeinsam traten sie wieder in den Verkaufsraum, in dem es nun merklich ruhiger und gesitteter zuging. Außer Max und dem ziemlich verloren wirkenden Tyson hatten anscheinend alle ihre Wahl getroffen, saßen doch sämtliche Vampire einträchtig nebeneinander auf der Ladentheke und hielten die betreffenden Stücke in Händen.

„Max, Tyson, warum habt ihr euch nichts ausgesucht?“, so ganz konnte Kai die Beiden nicht verstehen; wollten die sich nicht verteidigen?

Ausnahmsweise lächelte Max mal nicht, sondern lief nur rot an: „Na ja, weißt du… Meinem Vater gehört doch die Schmiede und Tyson ist sein Lehrling und… Du musst kein Geld für uns ausgeben, uns reichen auch unsere alten Waffen!“

Max Vater konnte sich ein Lachen nicht verbeißen: „Stimmt, du bist mein Sohn, und deshalb ist es mir eine außerordentliche Ehre, dir und Tyson eine Waffe zu schenken; Gott weiß, dass du im Gasthaus deiner Ma mehr als genug dafür geschuftet hast. Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte: Nehmt doch die Armbrust und den Hammer hinter euch, sie sind wie Rays Krallen von demselben Schmied angefertigt worden, der auch Kais Schwert geschaffen hat.“
 

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„Ach ja?“, erstaunt blickte Ray auf die an einem Lederhandschuh montierten Stahlklauen in seinen Händen hinab. Eigentlich hatte er sie nur ausgewählt, weil er mit ihnen zumindest ansatzweise eine Chance haben dürfte, seine Angriffe bewusst in eine Richtung zu lenken. Okay, der auf den Handschuh gestickte weiße Tiger hatte auch eine gewisse Rolle gespielt… Aber jetzt stellte sich plötzlich heraus, dass es sich dabei um eine weitere Verbindung zu Kai handelte!

Auch Max und Tyson wussten offenbar nicht so ganz, was sie von der Sache halten sollten, denn sie musterten die ihnen dargebotenen Waffen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Verwirrung. Schließlich meinte der Sohn des Schmiedes: „Dad, das ist eine Repetierarmbrust… Ich weiß doch gar nicht, wie man damit umgeht!“

„Och, das lernst du schon, hast ja bald genug Ziele, um zu üben.“, vertrauensvoll klopfte ihm sein Vater auf die Schulter und Ray konnte nicht verhindern, dass ihm bei diesem Anblick ein kalter Schauer über den Rücken lief. Ziemlich kaltblütig…
 

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Als er sah, wie Ray kurz erzitterte, konnte Kai sich ein Grinsen nicht verkneifen. Vorsichtig schlich er an den Schwarzhaarigen heran und stellte sich dann so hinter der Ladentheke auf, dass er bequem die Taille seines Geliebten umschlingen und diesen zu sich herunter ziehen konnte: „Bevor es zur Schlacht kommt, sollten wir noch die Paarung festlegen².“

„WAS?!“, vor lauter Fassungslosigkeit hätte Tala beinahe in die Klinge des Katanas gegriffen, das er vorhin noch bewundert hatte. Die übrigen Kampfgefährten reagierten nicht ganz so extrem, liefen aber zumindest dunkelrot an.

Ja, tief in seinem Inneren war Kai halt doch ein kleiner Sadist. So hatte er auch seine helle Freude daran, erst einige Sekunden zu schweigen, ehe er antwortete: „Wir werden uns in Zweiergruppen aufteilen, die von Mariah und Emily an strategisch günstigen Stellen platziert werden und helfen, die Stadt gegen eventuelle Angreifer zu verteidigen. Natürlich erst, nachdem ich eure Waffen bezahlt habe.“
 

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Mit einem Seufzen sah Boris sich die Gruppe vor sich an: 50 Ghule würden also zum Angriff bereitstehen. Das waren wenige, zu wenige angesichts der Tatsache, dass Kai Vampire und verdammt wütende Dorfbewohner als Verbündete hatte.

Eigentlich ein absurder Gedanke, dass einige zornige Bauern etwas gegen so mächtige Feinde wie sie ausrichten konnten; aber Boris war in einem kleinen, russischen Dorf mitten im Nirgendwo aufgewachsen und hatte daher schon manche Bauernaufstände miterlebt. Daher war er im Gegensatz zu Voltaire auch nicht so vermessen zu glauben, sie würden einen überwältigenden Sieg erringen, vielmehr wünschte er sich einige zusätzliche Männer an seine Seite. Dummerweise stammten die meisten ihrer Ghule aus Maine und wären garantiert nicht davon begeistert gewesen, ihre eigenen Familien niederzumähen…

„Geht zur Waffenkammer und rüstet euch mit dem aus, was ihr benötigt. Danach stellt ihr zwei von euch als meine persönlichen Leibwächter ab und unterteilt den Rest in Gruppen, die dann in und um Maine herum für Zerstörung sorgen. Übertreibt es aber nicht; wir wollen nur, dass die Leute kuschen ohne nachzudenken. Tot nutzen unsere Nahrungsquellen uns nichts – zumindest, wenn zu viele sterben.“

Aus den Reihen der Soldaten erklang betretenes Lachen, als sie sich an die Ausführung der Befehle machten. Bis auf die wenigen Anhänger des harten Kerns, die regelrecht danach gierten, möglichst brutal zu agieren, gehorchten die meisten Soldaten nur, weil sie auf den Sold angewiesen waren und/ oder sich vor den Konsequenzen einer Befehlsverweigerung fürchteten…
 

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Nachdem die Gruppen gebildet worden waren, machte sie sich auf zu ihren jeweiligen Einsatzorten. Bei der Festlegung der Paare hatte es keine großen Überraschungen gegeben: Ian und Spencer waren ebenso ein Team wie Tala und Bryan, Tyson und Max sowie Ray und Kai.

Einerseits fand Ray es schön, dass er so die Gelegenheit erhielt, mal längere Zeit mit Kai zusammenzusein. Andererseits war er sich in Anbetracht der Umstände nicht sicher, wie er sich benehmen sollte.

„Worüber denkst du nach?“, der Klang von Kais Stimme sorgte dafür, dass dem Vampir ein angenehmer Schauer über den Rücken lief.

Bemüht unbekümmert meinte er: „Ich weiß nicht so recht; da sind einfach zu viele Dinge… Was bis jetzt geschehen ist, was wohl noch alles vor uns liegt, was wir machen, wenn das alles hier vorbei ist…“

Kai war nicht entgangen, dass Rays Stimme bei den letzten Worten leicht gezittert hatte. Beschützend legte er einen Arm um ihn: „Was wir anschließend machen? Ganz einfach…“

Bei der Erkenntnis, dass das Gesicht des Jägers seinem immer näher kam, weiteten sich Rays Augen. Als sie sich dann schon fast so nahe waren, dass sich ihre Nasenspitzen berührten, hatte ihr gemeinsamer Herzschlag den Rest der Welt vollkommen aus Rays Bewusstsein verdrängt.

Nahe hinter ihnen knackte ein Zweig im Unterholz des Waldes auf. Voller Bedauern ließ Kai seinen Geliebten los: „Dann werde ich hoffentlich endlich dazu kommen, dich zu küssen. Vergib mir, falls ich gleich zu grob zu dir sein sollte…“

Irritiert realisierte Ray, wie er von dem Blauhaarigen am Arm gepackt und so herumgewirbelt wurde, dass sie nun Rücken an Rücken zueinander standen. Zähflüssig wie Sirup tropfte das Wort „Verteidigungsstellung“ in seinen Geist.

Kaum war er Kais Befehl gefolgt und hatte seine Krallen aus dem Handschuh ausgefahren, da stürmten auch schon bewaffnete Ghule aus dem Wald hervor.
 

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Gelangweilt gähnte Ian; heute war echt nicht sein Tag. Respektive seine Nacht. Zuerst meinten Kai und Co. ihn einfach mal umbringen zu müssen und jetzt durfte er mit Spencer auf einem drögen Bauernhof Wache schieben, anstatt in aller Ruhe seine „Großer, böser Seme“-Lache zu üben. Unfair!

Die Tatsache, dass sein Partner nicht allzu kommunikativ veranlagt war, machte die Situation auch nicht unbedingt angenehmer. Statt etwas gegen Ians Langeweile zu unternehmen, rannte Spencer bloß mit seiner eigentlich als Waffe gedachten Sense über die Felder und mähte diese ab – eine Tätigkeit, die nicht zuletzt aufgrund der Tatsache lächerlich wirkte, dass in das Sensenblatt ein Totenkopfsymbol eingraviert worden war.

Plötzlich ertönte ein lauter Schrei. Erstaunt sahen die beiden Vampire dabei zu, wie zuerst ein Kopf und dann der dazugehörige Rest des Körpers auftauchte.

In diesem Moment realisierte Ian, was gerade vorgefallen war: Spencer hatte anscheinend beim Ausholen mit der Sense einen im Getreidefeld versteckten Feind gestreift – das würde zumindest erklären, weshalb dieser sich eine Hand auf eine heftig blutende Schnittwunde am Oberarm presste.

Der Kleinere vermeinte ein leises Rascheln zu vernehmen; zugleich sah er, wie einige der Ähren sich einer unsichtbaren Erschütterung folgend bewegten. Ohne noch großartig darüber nachzudenken, sprintete er los…
 

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„Seid ihr euch sicher, dass das sein muss?“, unglücklich sah der junge Priester dabei zu, wie zwei offensichtlich Verrückte in der kleinen Kirche umhereilten.

„Keine Sorge Pater Kenny, wir sind gleich wieder verschwunden!“, beruhigend klopfte Max dem Geistlichen auf die Schulter, „Wir suchen nur ein bisschen was zusammen, um die Stadt besser gegen den bevorstehenden Einfall der Untoten Horden verteidigen zu können.“

„Ich möchte euch ja nicht im Weg stehen, aber ich wurde gerade erst hierher versetzt, um diese Kirche zu leiten und… WAS?!“, vor Schreck wäre Pater Kenny beinahe seine Brille von der Nase gerutscht. Diese Typen waren hochgradig schwachsinnig!

Er war gerade ernsthaft dabei zu überlegen, ob er sich nicht einfach im Beichtstuhl verschanzen und warten sollte, bis die Zwei wieder abzogen, als ein Stein durch eines der Buntglasfenster geflogen kam. Von dem splitternden Glas erschreckt, rannte der braunhaarige Priester aufquietschend hinter den Altar, wo er sich so klein wie möglich machte; ein Haufen vor dem kaputten Fenster stehender Ghule genoss den Anblick spottend.

Doch das selbstgefällige Grinsen wurde schlagartig aus ihren Gesichtern gewischt, als sich eine ganze Abfolge von Bolzen in einen von ihnen bohrte. Entgeistert starrte der Getroffene Max an, der gerade damit beschäftigt war, ein neues Magazin in seine Armbrust einzulegen.
 

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„Du, Tala, darf ich dir eine Frage stellen?“, erwartungsvoll blickte Bryan zu dem Rothaarigen auf.

Der war damit beschäftigt, von ihrem Wachtposten auf dem Dach des Rathauses aus nach Feinden Ausschau zu halten. „Sicher, warum nicht?“

„Weshalb hast du eigentlich Voltaires Befehl verweigert und mich stattdessen wiederzubeleben versucht?“

Talas Glück war es, dass er gerade mit dem Rücken zu Bryan stand, denn andernfalls hätte dieser gesehen, dass sein Gesicht nun die selbe Farbe wie sein Haar hatte: „Ähm… Na ja… Du bist doch mein bester Freund…“ Am Liebsten hätte er seinen Kopf gerade auf die Dachziegel geknallt; da hatte er mal die Chance, seiner heimlichen Liebe seine Gefühle zu gestehen, und dann sagte er so was…

„Ach so…“, enttäuscht verharrte Bryan in seiner sitzenden Position, schlang zusätzlich noch die Arme um die Beine. Eigentlich hatte er gehofft, jetzt etwas anderes zu hören…

Das Klirren von Metall riss den Lilahaarigen aus seinem Selbstmitleid. Als er hinuntersah, fand er auch eine Erklärung für das Geräusch: Unten liefen gerade einige von Voltaires Soldaten vorbei. Schnell gab er Tala ein Zeichen und gemeinsam sprangen sie mit gezogener Waffe vom Dach hinunter.
 

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Während Ian auf seinen Partner zu rannte, nahm er ein fast unmerkliches Surren wahr; dann streifte ein Luftzug seine Wange. Verdammt, die hatten einen Bogenschützen in ihren Reihen! Sein einziges Glück war wahrscheinlich, dass er so klein war und daher logischerweise auch ein kleineres Ziel abgab…

Nach der ersten Schrecksekunde machte Spencer sich daran, erneut mit seiner Sense auszuholen; im Nahkampf war die Waffe weniger gut zu gebrauchen, und so sollte er wohl seine Chance ergreifen und die Gegner möglichst lange auf Abstand halten.

Ein unvorsichtiger Feind unterschätzte die Reichweite der Sense und wurde geradewegs in zwei Hälften geteilt, den bereits am Arm verletzten Ghul konnte er zumindest in Ians Nähe bugsieren.

Der jüngere Vampir hatte mittlerweile seine Waffen gezogen und durchtrennte mit seinem Dolch die Kniesehne des Zurückweichenden, während sich sein Kurzschwert in die Brust eines Soldaten bohrte, der gemeint hatte, sich von hinten an ihn heranschleichen zu können.

Mit grimmiger Miene wandte sich Spencer dem nun am Boden liegenden, weil Dank Ian bewegungsunfähigen, Feind zu. Er wollte gerade zum Hieb mit der Sense ausholen, da bohrte sich ein Pfeil in seiner Schulter. Ein unwilliges Knurren entrang sich der Kehle des blonden Hünen; niemand verwundete ihn ungestraft!

Ein gezielter Tritt in den Unterleib gab dem am Boden liegenden Ghul den Rest und dann stapfte Spencer auch schon in Richtung des Bogenschützen davon. Dass er auf seinem Weg dorthin noch von einer ganzen Reihe anderer Pfeile getroffen wurde, war ihm momentan vollkommen egal…
 

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Zuerst wussten die Ghule nicht, wie sie auf Max’ Angriff reagieren sollten, doch dann dämmerte ihnen langsam, dass sie gerade ein verdammt gutes Ziel abgaben. Rückzug kam wohl auch nicht in Frage, also gab es nur eine Möglichkeit: Den Gegenangriff.

Der erste Feind der durch die Fensteröffnung sprang staunte nicht schlecht, als ihm von der Seite ein Hammer in die Rippen geschlagen wurde. Ein lautes Knacken ertönte und dann wurde er nach hinten geschleudert, direkt auf einen heranrückenden Kollegen.

Interessiert lugte Max hinter einer Säule hervor, um das sich ihm bietende Schauspiel besser verfolgen zu können. Alle Achtung, Tysons Schlag hatte eben mehr als gesessen; so wie der ausgeholt hatte, war seine neue Waffe wohl nicht nur härter, sondern auch leichter als die Alte… Na ja, die Tatsache, dass der Griff des Hammers die Form eines asiatischen Drachens hatte, hätte ihnen schon einen zarten Hinweis auf dessen Qualitäten bieten sollen…

Aber auch Max’ Armbrust war etwas ganz besonderes, wie die auf das Magazinkästchen gemalte Drachenschildkröte zeigte; das hoffte er zumindest. Ein Wunderwerk der Technik, das vorhin schon mehr als deutlich seinen Wert bewiesen hatte – und es jetzt wieder tun konnte, wurde Tyson doch gerade von einem Ghul bedroht, der sich im Gegensatz zu den Anderen nicht durchs Fenster, sondern durch die Tür hereingewagt hatte.

Der Schuss traf den Angreifer genau in die Hand, in der er sein Schwert hielt, so dass ihm die Waffe entglitt und er nun seinerseits schutzlos vor Tyson stand. Diese Chance ergriff der Schmiedelehrling sofort und ging nun seinerseits zur Attacke über.

Dem ersten Hieb konnte der Ghul noch mühelos nach hinten ausweichen, doch die beiden rasch darauf folgenden brachten ihn aus dem Takt, so dass er beinahe hingefallen wäre. Während er seinen Schwung abzufangen versuchte, traf ihn der nächste Angriff genau aufs Schlüsselbein; kraftlos knickte sein Arm unter dem Druck seines eigenen Körpergewichtes weg und er landete endgültig auf dem Boden.

„Keine Bewegung!“, ertönte es vom Altar her, provozierte natürlich erst recht zu einer Bewegung. Reflexartig drehten Max und Tyson sich um und erblickten Pater Kenny – nur leider in der Gewalt eines Feindes, der einen Dolch an seinen Hals hielt: „Wenn ihr euch rührt, stirbt er!“
 

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Mit der einen Hand seine Axt umklammernd, nutzte Bryan mit der anderen seine Fähigkeit sich Klauen wachsen zu lassen, um sich von Zeit zu Zeit an der Hausfassade festzukrallen und so seinen Sturz zu verlangsamen.

Diese Option hatte Tala nicht; stattdessen drang er in die Gedanken eines Feindes ein und brachte diesen dazu, seine Arme auszustrecken. Tja, Telepath sein war eben praktisch!

Nicht, dass es ihnen als Vampir allzu viel ausgemacht hätte, aus dieser (zudem noch verhältnismäßig geringen) Höhe zu fallen… Aber das Gesicht der Ghule, wenn Putzbrocken auf sie herabregneten, war einfach zu komisch. Tatsächlich starrte sein unfreiwilliger Fänger Tala gerade an wie das achte Weltwunder. Nun, zumindest tat er das, bis der Rothaarige ihm den Griff seines Katanas gegen die Schläfe schlug; anschließend sah der Ghul wohl nur noch Sternchen.

Im selben Moment in dem Tala auf den Boden aufkam und in Angriffsposition ging, stieß Bryan sich von der Hauswand ab und landete mit einem Salto neben seinem Partner. Natürlich war auch das Teil ihrer Show, aber das mussten die Gegner ja nicht unbedingt erfahren; reichte doch, wenn die Vampire sie – wie auch jetzt wieder – so sehr verblüfften, dass sie das Handeln vergaßen.

Unwillkürlich musste Bryan grinsen; das klappte auch immer wieder… Klar war es irgendwo affig, mehr rumzuhampeln als wirklich zu kämpfen, aber es schränkte die Verletzungsquote erheblich ein. Nicht, dass er irgendein Problem damit hatte, andere zu verletzen oder selbst verletzt zu werden; es war nur einfach so, dass es sich bei diesen Ghulen ebenso Voltaires Marionetten handelte, wie Ian, Spencer, Tala und er es noch vor so kurzer Zeit gewesen waren. Die taten das nicht, weil sie abgrundtief böse waren, sondern weil sie zum Einen einfach Schiss um ihr Leben hatten und zum Anderen wirklich an das glaubten, was Voltaire ihnen erzählte. War ja auch zu verlockend, das Denken jemand anderem zu überlassen, der einem ganz genau sagte, was gut und was böse war.

Nur leider war es in der realen Welt nicht so einfach zu unterscheiden; die Welt war nicht in Schwarz und Weiß aufgeteilt, vielmehr bestand sie aus Abstufungen von Grautönen. Er selbst war ja jetzt auch ein „böser, böser Vampir“ und hatte sich psychisch nicht großartig verändert: Noch immer war er ein leicht reizbarer, teilweise arroganter Mistkerl, der es nicht auf die Reihe bekam, offen über seine Gefühle zu reden – letzteres hätte sich nach seinem Ableben doch mal ändern können, oder?

Das Klirren von Metall auf Metall riss Bryan aus seinen Gedanken. Als er aufblickte rang Tala mit einem Ghul darum, wer als Erstes die Klinge des Gegners wegdrücken und einen Angriff starten konnte.

Verbissen setzte sich Tala zur Wehr, mobilisierte alles an Kraft, was er aufbringen konnte. Dieser Bastard da vor ihm hatte es doch tatsächlich gewagt, sich aus seiner Lethargie zu lösen und seine Attacke gegen Bryan zu richten. Allein der Gedanke an diese Schandtat versetzte den Rothaarigen dermaßen in Wut, dass es ihm irgendwie gelang, sich aus der Patt-Situation zu befreien und im selben Schwung herumzuwirbeln. Mit weit aufgerissenen Augen starrte der Ghul die klaffende Wunde an, welche die wellenförmig geschliffene Klinge des Katanas in seiner Brust hinterlassen hatte. Dann kippte er um.
 

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Vor Schreck wie zu Stein erstarrt, beobachteten Max und Tyson die sich ihnen bietende Szene, fassten gedanklich schnell alle Fakten zusammen:

Der leise wimmernde Pater Kenny befand sich im Schwitzkasten eines mordlüsternen Ghules, der den Geistlichen eine spitze Waffe an den Hals presste und drohte, ihn umzubringen. Gar nicht gut!

Naturgemäß sah der Ghul die Sache etwas anders; für ihn lief gerade alles bestens. Sicher, seine Kollegen waren entweder tot oder außer Gefecht, aber letztendlich bedeutete das nur mehr Ruhm für ihn, wenn er diesen Auftrag erfolgreich beendete. Und das würde er – daran glaubte er umso fester, je mehr die zwei Versager da vor ihm sich mental auf dem Boden wanden. Das war doch mal ein Gedanke, der sein nach dem Armbrustattentat recht angekratztes Ego wieder gehörig aufpolieren konnte…

„Ihr werdet jetzt eure Waffen wegwerfen, mit mir nach draußen gehen und dann – hm, wie könnte ich euch wohl am Besten demütigen? Genau, ich lass euch die gottverdammte Kirche abbrennen! Zu dumm, dass sie nur aus Holz besteht…“, mit einem gehässigen Grinsen streckte der Ghul die Hand mit dem Dolch aus, so dass dessen Klinge in Richtung Ausgang deutete.

Durch die Barriere von Angst und Entsetzen drangen die Worte „Kirche abbrennen“ in Kennys Geist. Schlagartig hörte der Priester mit dem Wimmern auf. Dieser Mistkerl wollte seine Kirche abfackeln? Aber nicht mit ihm!

Entschlossen rammte der Braunhaarige dem Ghul mit voller Wucht seinen Ellenbogen in den Magen und dieser, mehr erstaunt als wirklich verletzt, ließ vor lauter Fassungslosigkeit tatsächlich los.

Noch im selben Moment, in dem Pater Kenny nach vorne stolperte, riss er sich einer spontanen Eingebung folgend sein Kreuz vom Hals, drehte sich um und wendete es gegen seinen Geiselnehmer.

Die Wirkung war erstaunlich: Urplötzlich schien ein grelles Licht aufzuflammen und der Ghul begann sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zu winden. Dann, als das Licht am hellsten war, ertönte ein einzelner, durch Mark und Bein gehender Schrei.

Kaum war die Helligkeit erloschen, gab das gewöhnliche Dämmerlicht der Kerzen den Blick auf einen großen Haufen Asche frei. Schweigend standen Max, Tyson und der Pater eine Weile da, starrten einfach nur vor sich hin.

Schließlich räusperte sich Max: „Ich will mich ja nicht beschweren, aber… Sollte das nicht eigentlich nur bei wirklichen Untoten so sein?“

Zum ersten Mal seit dem eben Geschehenem sah der Priester wieder von dem Aschehaufen auf, musterte seinen blonden Gegenüber aus dicken Brillengläsern, die seinem Aussehen etwas Eulenhaftes gaben. Seine Antwort bestand aus einer Gegenfrage: „Wolltet ihr nicht eigentlich die Stadt verteidigen gehen?“
 

~~~ ; ~~~
 

Bisher hatten weder Ray und Kai, noch die gegnerische Seite einen Angriff gestartet, vielmehr umkreisten sie einander, suchten nach möglichen Blößen.

Eine ebensolche meinte ein Ghul bei Ray gefunden zu haben und stürzte mit einem triumphierenden Kreischen in seine Richtung. Nur Dank seiner durch den Vampirismus geschärften Sinne konnte der Chinese im letzten Moment zur Seite ausweichen und rammte dem an ihm vorbeistolpernden Angreifer den Ellenbogen in den Nacken.

Durch den zusätzlichen Schwung flog der Ghul nach vorne, geradewegs in die Reichweite von Kais Schwert. Mit einem Streich beendete Dranzer das Leben des Unglücklichen, sorgte dafür, dass seine Artgenossen wieder ein wenig mehr auf Abstand gingen.

„Weshalb arbeitet ihr eigentlich für meinen Großvater? An seiner charmanten, friedfertigen Art kann es ja wohl kaum liegen.“, in Kais Stimme lag Ruhe und Selbstvertrauen, als er diese Frage stellte. Doch in seinem Inneren fühlte er sich weit weniger zuversichtlich; auch wenn er ans Kämpfen gewöhnt war, so konnte er doch nicht ignorieren, dass es bei dieser Überzahl an Feinden nicht gut für Ray und ihn aussah. Ray… Er würde ihn beschützen, koste es, was es wolle.

Offenbar waren die Ghule von der Frage verwirrt; sei es, weil sie nichts von der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Kai und ihrem Herren gewusst hatten, oder weil sie bis jetzt noch nie von einem ihrer Opfer nach ihren Gründen befragt worden waren, aber sie hatten keine Ahnung, wie sie reagieren sollten. Schließlich trat einer von ihnen einen Schritt nach vorne: „Na ja, er sagte uns, wir könnten ihm helfen, das Böse zu vernichten…“

Von Rays Seite kam ein bitteres Lachen: „Klar, indem ihr wahllos Dörfer angreift und sowohl Vampire als auch Menschen umbringt. Wirklich einleuchtend…“

Gerade hatte er wieder an Lee, Gary und Kevin denken müssen und daran, was für einen fanatischen Gesichtsausdruck Voltaire gehabt hatte. Im Grunde machte er weder Kai noch den Ghulen einen Vorwurf dafür, dass sie bis zu einem gewissen Punkt alles nur in einem Schwarz-Weiß-Raster wahrgenommen hatten; es war einfach nur erschreckend und deprimierend gleichermaßen, dass Voltaire es schaffte, in den Köpfen der Leute herumzustochern und das Tier in ihnen zum Vorschein zu bringen. Nein, falsch, die Bestie.

Kais Hand legte sich auf seine Schulter, erinnerte Ray daran, dass es möglich war, diese Kreatur wieder dahin zurückzudrängen, woher sie gekommen war. Nicht nur möglich, sondern im Grunde genommen sogar so verdammt einfach. Dieser Gedanke zauberte zumindest ein schwaches Lächeln auf Rays Gesicht, als er zärtlich über die Hand streichelte, sie mit seiner eigenen umschloss.

Beruhigt wandte Kai sich wieder dem Sprecher der Ghule zu: „Aber warum legt ihr nicht einfach die Waffen nieder und schließt Frieden mit den Dorfbewohnern? Ihr könnt wohl kaum so blind sein, dass ihr nicht seht, was hier eigentlich los ist!“

Bei diesen Worten zuckte der Redeführer zusammen, als hätte ihn eine Peitsche getroffen. „Nein… Nein, wir sehen sehr wohl, was passiert. Aber Ihr müsstet Euren Großvater gut genug kennen um zu wissen, dass wir beim kleinsten Anzeichen für Verrat sofort exekutiert werden würden…“, hoffnungsvoll sah der Mann auf, „Vielleicht… Vielleicht wenn Ihr uns besiegen und gefangen nehmen könntet…“

Unwillkürlich entrang sich Ray ein Seufzen: „Tja, wir kommen wohl nicht ums Kämpfen herum… Toll.“
 

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Kreidebleich verfolgte der Ghulbogenschütze, wie Spencer sich langsam aber sicher einen Weg durch die Feindesschar bahnte. Mittlerweile war der blonde Hüne schon regelrecht mit Pfeilen gespickt und mit zahlreichen mehr oder minder schweren Kratzern übersäht, also warum konnte dieser Mistkerl nicht einfach Rücksicht auf seinen schwindenden Köcherinhalt nehmen und endlich umfallen?

Ganz einfach: Weil das Leben einfach nur ungerecht war! Andernfalls würde er jetzt sicher nicht mitten in der Pampa, sondern zuhause bei seiner Familie herumsitzen. Aber nein, er hatte sich ja für einen Hungerlohn auf den Soldatenjob bei Voltaire eingelassen und durfte jetzt, wo ihm der Arsch auf Grundeis ging, nicht einmal fliehen…

Ungeduldig tippte ihm eine Stiefelspitze gegen den Rücken. Ungutes ahnend, drehte der Ghul sich ganz langsam um und erschauderte unwillkürlich als er sah, wer da hinter ihm stand: „Aber… Du warst eben noch…“ „Da unten? Hab meine Geschwindigkeit erhöht.“, breit grinsend kratzte Ian sich mit dem Heft seines Dolches am Kopf. „Wieso… Vorhin… Gerannt…“ „Ich dachte mir, dass man seine besten Karten erst möglichst spät auf den Tisch legen sollte. So halten mich alle für den kleinen, unfähigen Nachwuchsvampir, der noch zu jung ist, um irgendwelche besonderen Fähigkeiten entwickelt zu haben. Bei dir hat’s ja offensichtlich geklappt…“

Mit offenem Mund starrte der Ghul ihn an. Ehrlich gesagt wusste er gerade nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Zumal außer Ian auch immer noch von dem sich stetig nähernden Spencer eine Gefahr ausging…

Der war ziemlich erstaunt, als er endlich am Ort des Geschehens ankam und seinen Partner bereits dort vorfand. Nicht, dass er nicht um die Fähigkeiten seines Kollegen gewusst hätte, normalerweise hatte der Kleine nur Hemmungen, sie auch einzusetzen. Ian war von ihnen immer derjenige gewesen, der sich in seiner Rolle als Vampir am unwohlsten gefühlt hatte; vielleicht wurde er ja langsam erwachsen…

Okay, vielleicht auch nicht. Wenn man sich anschaute, wie der Kleine ganz hibbelig von einem Bein aufs andere hüpfte und seine Waffen hin und her schwenkte, waren wohl doch berechtigte Zweifel an seiner geistigen Reife angebracht. War wahrscheinlich der Nachteil daran, als Teenager den Kuss zu empfangen.

He, Moment mal, eigentlich wollte Spencer sich doch nicht Gedanken um Ian machen, sondern sich für den nervigen Pfeilregen „bedanken“! Wütend wandte er sich dem Bogenschützen zu, der seinerseits am ganzen Körper zitternd zurückstarrte. „Du…“ Halbherzig machte der Ghul einige Schritte rückwärts, konnte sich jedoch nicht entziehen, als er am Hals gepackt und hochgehoben wurde.

Alarmiert sah Ian zu. Er hatte nichts dagegen, Feinde im Kampf zu töten, aber so schlaff und zusammengesunken, wie ihr Gegner bis eben noch herumgehangen hatte, erschien das irgendwie… falsch. „Äh, Spencer… Ich will dich ja nicht kritisieren, aber wie wäre es, wenn du ihm mehr Luft zum Atmen und uns damit verbunden mehr Zeit um ihn auszufragen lässt?“

Warum hatte er das jetzt bloß gesagt? Oh verdammt, er entwickelte doch nicht etwa so etwas wie *dadadadam* MITGEFÜHL!? Bäääääh!

Skeptisch sah Spencer seinen Partner an; hoffentlich war das nicht ansteckend! Hatte schon seine Gründe, weshalb er so wenig redete; dann konnten ihn die ganzen bösen kleinen Bakterien, die das eventuell auslösten, nicht auf diesem Weg überrennen. Und die Gefahr des Einatmens von Krankheitserregern hatte sich für ihn ja erledigt…

Nur mit Mühe schaffte Spencer es, von seiner Hypochondrie in die Realität zurückzufinden. Ein leises Knurren ausstoßend, ließ er den Ghul recht unsanft zu Boden fallen.

Der versuchte zwischenzeitlich soviel Luft wie möglich in seine Lunge zu pumpen, während er den Blick seiner tränenverschleierten Augen auf den näherkommenden Ian fokussierte.

Darum bemüht, möglichst schnell wieder den perfekten kleinen Mistkerl³ zu verkörpern, stellte der jüngere der beiden anwesenden Vampire eine (wie er fand) besonders gemeine Frage: „Könntet ihr bitte aufhören, uns und die Dorfbewohner umbringen zu wollen?“

HA! Wie überaus fies von ihm, das magische B-Wort auf eine solch diabolische Art und Weise einzusetzen! Wie bösartig das war, ließ sich doch schon allein daran ablesen, dass ihrem Feind vor lauter Erstaunen über Ians maliziöse Genialität der Unterkiefer herabgesackt war!

Auch Spencer war mehr als perplex über diese Frage: „Kleiner, dir ist schon noch in Erinnerung, was Voltaire mit Arbeitsverweigerern macht, ja? Also warum sollten die Ghule einen Waffenstillstand mit uns schließen?“ Verwirrt bemerkte der Blonde, wie nun er es war, der von den beiden anderen angestarrt wurde. Dann ging ihm auf, weshalb sie das taten: Er hatte geredet – in zwei ganzen, langen Sätzen. Und damit eine Kontaminierung riskiert.

Der Schock über diese Erkenntnis schaffte das, was nahezu zwei Dutzend Pfeile nicht geschafft hatten: Spencer kippte um.

He, im Grunde genommen war das gar nicht so schlecht, schuf es für Ian doch eine gute Verhandlungsbasis: „Ich mach dir einen Vorschlag: Du hilfst mir, meinen Kollegen vor Anbruch des Tages ins Dorf zu bringen und dafür werden du und die Reste deines Einsatztrupps medizinisch versorgt und bewirtet. Abgemacht?“

Skeptisch sah der Ghul auf den Ohnmächtigen hinab: „Und du bist dir sicher, dass zwei Personen zum Tragen reichen?“
 

~~~ ; ~~~
 

Verstört starrten die anderen Ghule ihren am Boden liegenden Artgenossen an. Der lebte zwar noch, aber wie Tala ihn zugerichtet hatte, war gelinde gesagt „nicht sehr nett“.

Ein halbherzig geführter Angriff auf den Rothaarigen wurde von Bryan mit dem Stiel seiner Axt abgefangen und zurückgeschleudert; war ja wohl das Mindeste, was er tun konnte, um sich zu revanchieren.

Unwillkürlich musste Tala breit grinsen, glaubte er doch mit großer Sicherheit zu wissen, was sein lilahaariger Freund grade dachte. Tja, damit waren sie jetzt wohl quitt; schade eigentlich. Er hätte da noch einige andere Sachen gewusst, mit denen sich Bryan hätte bedanken können…

Er wurde abrupt aus seinen schmutzigen kleinen Tagträumen gerissen, als besagter Partner ihn am Arm packte und herumwirbelte. Instinktiv ließ er sich zur Seite fallen, vertraute der Entscheidung seines Kollegen vollkommen. Immerhin waren sie ein eingespieltes Team, da wusste man, wo die Grenzen des Anderen lagen und wann welche Vorgehensweise erforderlich war.

Tatsächlich sauste ein Langschwert nur knapp an Talas Ohr vorbei, trennte ihm im Fall eine Strähne seines Haares ab.

Währenddessen hatte Bryan seine liebe Mühe, den Sturz seines Partners abzufangen, ehe dieser unsanft Bekanntschaft mit dem Boden machte; seine Axt war dabei nicht gerade von Vorteil…

Kurz entschlossen missbrauchte er das sperrige Ding als Wurfwaffe und traf Dank einer gehörigen Portion Glück sogar den nächsten Angreifer am Kopf. In der Zeit, die dieser zum Umfallen brauchte, schaffte Bryan es, einen Arm um Tala zu schlingen, diesen an sich zu pressen und seinen anderen Arm genau so auszustrecken, dass einer der Ghule mit voller Geschwindigkeit hineinrannte und sich so selbst von den Füßen holte. Alles, was es dann noch brauchte um den armen Kerl in Morpheus’ Reich zu befördern, war ein gezielter Schlag ins Gesicht.

Tala hatte fast das Gefühl, sein Herz müsse jeden Augenblick zerspringen: Er lag hier gerade in Bryans Armen! Okay, der Kampf um sie herum war nicht ganz so romantisch, aber ansonsten war das doch schon mal nicht schlecht…

Über die Schulter seines Angebeteten hinweg konnte der Rotschopf einen weiteren Angreifer auf sie zukommen sehen, der bereits zum Hieb ansetzte. Ohne mit der Wimper zu zucken, ergriff Tala die Klinge mit der bloßen Hand, konnte sich jedoch ein leises Stöhnen nicht verkneifen, als das Schwert in seine Handfläche schnitt.

Der Schmerzenslaut brachte Bryan dazu, den Kopf ein wenig zur Seite zu drehen. Als er sah, wie ein dünner Blutrinnsal Talas Arm hinablief, überkam ihn eine unbarmherzige Wut; dass diese Idioten seinen Arbeitskollegen, Langzeitkumpel und Wahlgeliebten verwundet hatten, war eindeutig zuviel!

Natürlich konnte er nicht ahnen, dass in ihm gerade genau dasselbe vorging wie zuvor in seinem Partner; andernfalls wäre seine Beziehung zu Tala für beide wohl weitaus weniger verwirrend gewesen. Ironie des Schicksals, dass die Konfusion, die sie bei ihren Feinden anrichteten, nichts im Vergleich zu der war, die sie bei einander auslösten…

Trotzdem oder gerade deswegen waren sie ein eingespieltes Team, wussten, wie man die Aktionen des Anderen am Besten auf die eigenen abstimmte und gegebenenfalls für seine eigenen Zwecke nutzte. So kam es, dass Bryan Tala losließ, nur um blitzschnell herumzufahren und mit seinen Klauen dafür zu sorgen, dass der Schwertarm des verhassten Gegners in Zukunft unabhängig von dessen Körper operieren würde.

Bedröppelt starrte Tala für einige Sekunden den abgetrennten Arm an, dessen Hand sich um das Schwert des Ghuls verkrampft hatte und den der Rotschopf dadurch gewissermaßen zusätzlich festhielt; dann zuckte er jedoch gedanklich mit den Schultern, griff am Handgelenk statt an der Waffe zu und missbrauchte das Gliedmaß als Keule, die er dem ehemaligen Besitzer desselbigen über den Kopf zog.

Sei es jetzt wegen der Wucht des Schlages oder wegen dem Schock darüber, was seinen Kopf da gerade getroffen hatte, der Ghul kippte um. Blieb noch einer von der Sorte…

Angriffslustig musterten Tala und Bryan den letzten noch übrigen Feind. Dieser wich schnell einige Schritte zurück: „Äh… Hört mal, ich mach das nur, weil ich eine Familie zu ernähren habe. Aber der nutze ich tot rein gar nichts, also warum vergessen wir die Sache nicht einfach und ich sehe zu, dass ich so schnell wie möglich von hier verschwinde?“

„Hast du gehört Bryan – er will so schnell wie möglich von hier verschwinden. Was hältst du davon?“, Tala sprach mit seinem Partner als seien sie ein altes Ehepaar, von denen der eine etwa seit zwanzig Jahren halb taub war. Der Angesprochene konnte sich ein Schmunzeln kaum verkneifen, als er im selben Tonfall antwortete: „Nun, ich würde meinen, er sollte besser verdammt schnell zu Fuß sein, wenn er ein derartiges Vorhaben gegenüber Voltaire in die Tat umsetzen will. Und zumindest ein klein bisschen suizidgefährdet.“

Der Ghul starrte sie einige Minuten irritiert an, wartete, dass sie noch etwas sagen oder tun würden. Erst dann ging ihm der Sinn dieser Worte auf und er rannte so schnell davon wie er konnte.

Breit grinsend sahen die beiden Vampire ihm nach. „Was meinst du, wird er es schaffen?“ Ehe Bryan auf diese Frage antworten konnte, kippte der Flüchtende mit einem erstickten Röcheln zur Seite; ein Armbrustbolzen steckte in seiner Kehle.

„Hallo Tala, hallo Bryan!“

Alarmiert fuhren die Beiden herum und blickten geradewegs ins Gesicht von Boris, der sich mit zwei Ghulen an seiner Seite und einer Armbrust in der Hand hinter ihnen aufgebaut hatte.
 

~~~ ; ~~~
 

Erschöpft schaute Kai sich auf dem Schlachtfeld um, versuchte in der Scharr verletzter und ohnmächtiger Ghule Ray ausfindig zu machen. Eine müde winkende Hand lotste ihn zu einem ein Stück abseits gelegenen Baumstumpf, wo sein Geliebter angelehnt saß. Erledigt ließ der Vampirjäger sich neben ihn sinken: „Na, den ersten richtigen Kampf gut überstanden?“

„Geht so…“, langsam zog Ray den Klauenhandschuh von seiner Hand, „Wenn ich bedenke, dass die sich noch zurückgehalten haben, um nur ja schnell kampfunfähig gemacht zu werden…“

Tröstend schlang Kai einen Arm um den Vampir, zog diesen näher an sich: „Hey, komm schon, sei nicht so hart mit dir! Für das erste Mal war deine Leistung doch ganz gut und außerdem musst du dir auch mal die Gegnerzahl vor Augen halten!“ In ihm keimte der Wunsch, seinen kleinen Blutsauger so gut es ging wieder aufzubauen. Der schloss gerade die Augen, wollte einfach nur die Wärme genießen, die Kai ihm spendete…

Etwas anderes drang in Rays Geist, ließ ihn seine Müdigkeit schlagartig vergessen: „Tala und Bryan werden von Boris angegriffen!“

„Bist du dir sicher?“

„Ja! Tala – wie du dich sicherlich erinnerst ein Telepath – hat es mir gerade mitgeteilt.“

Leise seufzend stand Kai auf; entgegen aller Vernunft hatte er irgendwie gehofft, dass wäre alles nur ein Scherz und er könnte mal für zwei Minuten ausruhen. Pustekuchen!

Wenigstens war Ray bei ihm… Es sei denn natürlich, die Erde bräche im nächsten Moment auf und würde ihn verschlucken oder ähnliche Nettigkeiten. He, Kai meinte das durchaus ernst! Nach all den vorherigen Ereignissen traute er dem Schicksal so ziemlich jede Scheußlichkeit zu.

Anscheinend hatte Fortuna zumindest dieses eine Mal so etwas wie Mitleid, denn der Boden blieb geschlossen und auch sonst passierte nichts Außergewöhnliches. Gerade wollte Kai erleichtert ausatmen, da erhob sich der Sprecher der Ghule aus seiner Ohnmacht. Also doch nichts mit „nichts Außergewöhnliches“.

Langsam meldete sich jene kleine Stimme in ihm zurück, die ihn zu den sarkastischen Eisklotz gemacht hatte, der er vor seiner ersten Begegnung mit Ray gewesen war; sie plädierte darauf, dem ganzen mit dem Schwert ein schnelles Ende zu setzen und dann mit Ray durchzubrennen. Okay, den schwarzhaarigen Vampir mitzunehmen war Kais Idee gewesen…

Oh oh, Kais Gesichtsausdruck war gar nicht vielversprechend. Ja, doch, er war vielversprechend, allerdings handelte es sich bei diesem „viel“ um viel Gewalt. Hätte er auf SM–Spielchen gestanden, wäre Ray wahrscheinlich hellauf begeistert gewesen, aber so beschloss er, lieber selbst mit dem Verhandlungspartner zu reden: „Ja, kann ich euch irgendwie helfen?“

Offenbar hatte der Ghul Kais momentanen Gemütszustand nicht mitgekriegt, denn fröhlich sprudelte es aus ihm heraus: „Oh, das habt ihr schon! Und weil ihr uns geholfen habt, aus den Klauen Voltaires zu entkommen, werden wir nun euch helfen: Wir geben an alle umherstreifenden Ghultruppen weiter, dass sie in Streik treten sollen.“

„Bitte?“

„Na, da wir jetzt offiziell gefangengenommen sind, kommt unser Herr nicht mehr an uns ran und wir können machen, was wir wollen… Wenn alle nicht mehr mitmachen, kann er uns sowieso mal kreuzweise.“

„Aber… Warum habt ihr das nicht von Anfang an so gemacht?“, fassungslos starrte Ray seinen noch immer quietschvergnügten Gegenüber an.

„Das wäre doch unhöflich gewesen…“

Unhöflich? Voltaire war ein MASSENMÖRDER und die machten sich Gedanken, ob eine Kündigung UNHÖFLICH war!?! Vor Wut und Entsetzen hätte der sonst so ruhige Ray aufheulen können, hätte Kai ihn nicht an sich gezogen: „Danke, das ist sehr freundlich. Wenn ihr uns nun entschuldigt: Wir gehen Boris heimleuchten.“
 


 

¹ Tut er das sonst je?

² Gebt es zu! Als Tyson diese Äußerung in der zweiten Staffel brachte, habt ihr genau dasselbe gedacht wie ich! ^.~

³ Bitte nicht falsch verstehen: Soll nicht heißen, dass Ian einer ist, sondern lediglich, dass er gern einer wäre. Das hilft ihm, mit seinem derzeitigen Daseinszustand klarzukommen; zugleich hegt er die Hoffnung, er könnte den anderen Jungs damit vielleicht imponieren.

Ebenso war die Äußerung Bryans, er sei ein „leicht reizbarer, teilweise arroganter Mistkerl“ nicht so böse gemeint, wie sie sich vielleicht angehört hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Von:  Battosai
2007-04-16T21:24:05+00:00 16.04.2007 23:24
Also das war wirklich GENIAL
also soviele seiten...boahr...
ich bin erstaund *nick*
ich könnte nie sowas so gut schreiben ^^
DU hast wirklich den Kopf gut beschrieben
*smile*
also ich habe mich da kaput gelacht bei Tala und Bryan bei den "akrobatischee" kampfkunst XDD
du hast wirklich gute ideen und ich mag deine FF sehr*nick*
cucu *wink*
*wegwusel*
Von: abgemeldet
2004-08-22T13:56:09+00:00 22.08.2004 15:56
Dafür, dass die Kampfszenen ein Problem für dich darstellten, sind die wirklich genial geworden!! XD~ Dein Humor (Sarkasmus! X3~ *ansabba*) passt echt überall hin; sogar dahin! XD *wegrofl*
... *dahinschmacht* ~__~ Herrlich...einfach zu schön! ^~^
Ich erwähne nur 'die Paarung'! *lol*
Auf jeden Fall so schnell wie möglich weiterschreiben! *muaha* >XD Finale lesen will! (...obwohl..schade, dass es dann schon zu ende sein soll...ó_o)
*knuff&knuddl*
klein kadruen
Von: abgemeldet
2004-08-15T17:18:24+00:00 15.08.2004 19:18
Wie immer geil getroffen! Ich liebe deinen Humor in den noch so schwärzesten Momenten! Ich wurde - wie so oft - im Cafe angestarrt als wär ich ne Massenmörderin nur weil ich mir das losprusten nicht verkneifen konnte!
Von:  Sesshi-Chan
2004-08-08T10:32:31+00:00 08.08.2004 12:32
Coole FF!
Ray als Vampir, find' ich süß.Und Kai als Vampirjäger^^!
Hoffe es geht bald weiter!
Tschüss,
Sesshi-Chan!
Von:  Hayan
2004-08-08T06:35:05+00:00 08.08.2004 08:35
XD
*lach*
unhöflich! XD~~~~~~
echt zum schießen! nei des war genau des, womit man sienen letzten ferientag beginnen sollte !XD
schreib büdde ganz schnell weiter!^^
*umknuffz*
Marakesch
Von: abgemeldet
2004-08-03T14:48:57+00:00 03.08.2004 16:48
Das find ich fies von dir - jetzt lässt du uns hier 2 Wochen auf dem Trockenen ohne ein Schlückchen Wasser sitzen (was jetzt keine Anspielung darauf sein sollte, dass du in Jersey hockst, umgeben von Wasser... arrrghhhh >XD)... Komm du mir nach Hause *grins* <- Hentai? XD

Also, auf jeden Fall hab ich mir ma wieder nen Ast gelacht XD Bin dankbar, dass meine Schwester net wach geworden ist oder der Rest des Hauses... Zu genial >D
Hoffe, du schreibst etwas weiter, wenn du schon da unten hockst. Und wehe, du lässt nach *droh*

HDL! Miss u!
Claudi-Chan


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