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Das Tor der Dimensionen

von

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Die mysteriöse Wurzel

1. Die mysteriöse Wurzel
 

Krachend fiel die Tür ins Schloss und Ilona stürmte mit wutverzerrtem Gesicht in den Hof.

"Jetzt sei doch nicht gleich sauer!", hörte man eine Stimme vom Balkon herabrufen.

"Lasst mich gefälligst in Ruhe!" Das Mädchen, das gerade die Einfahrt verließ, versuchte die Ent-schuldigungen ihrer Freunde zu ignorieren. Warum mussten sie sie auch erst so auf die Palme brin-gen? Nie konnte man es ihnen recht machen. An allem, was Ilona tat, hatten sie etwas auszusetzen. Da sie für heute wieder einmal genug von diesen ewigen Beleidigungen hatte, war sie einfach ohne ein weiteres Wort gegangen. Sollten sie doch schreien solange sie wollten. Sie waren ja selber schuld!
 

Zwar wohnte sie sogar in derselben Straße, doch hatte sie jetzt nicht die geringste Lust nach Hause zu gehen, um sich dort den unvermeidlichen Fragen ihrer Mutter zu stellen: ,Warum kommst du denn schon so früh? Habt ihr euch gestritten?' Darauf konnte sie getrost verzichten.

Während Ilona also, einem kurzfristigen Beschluss zufolge, den Feldweg, welcher zu einem großen Wald führte, entlang wanderte, ging hinter ihr bereits die Sonne unter; der laue Ostwind trieb die dunklen Gewitterwolken immer schneller in ihre Richtung. Allerdings interessierte sie das im Mo-ment relativ wenig. Sie freute sich einfach, mal ein bisschen Ruhe zu haben, schloss kurz die Augen und genoss es, wie ihr langes, braunes Haar wehend ihr Gesicht umspielte. Äußerlich sah sie un-glaublich gelassen und entspannt aus, aber innerlich tobte sie noch immer vor Zorn über ihre soge-nannten Freunde. Weshalb waren sie nur andauernd so fies zu ihr? Was machte sie eigentlich falsch? Ilona kämpfte mit den Tränen, konnte sie schließlich auch unterdrücken und versuchte an etwas anderes zu denken.
 

Je länger sie so durch die Dämmerung spazierte, desto mehr vergaß sie tatsächlich den vergangenen Nachmittag mit all seinen Problemen. Nach einiger Zeit fing sie an, von irgendwelchen völlig unre-alistischen Dingen zu träumen. Das war überhaupt ihre Lieblingsbeschäftigung. Sich in andere Wel-ten hineinzuversetzen um ihren, wie sie fand, überaus langweiligen Alltag ab und zu hinter sich zu lassen.

Wer sie sah, musste wohl denken, sie wäre ein ganz gewöhnliches siebzehnjähriges Mädchen, das Poster von Stars in seinem Zimmer aufhängte und mit seinen Freundinnen über nichts anderes dis-kutierte, als darüber, wer nun eigentlich der süßeste Junge der Schule war... doch wer sie so ein-schätzte, täuschte sich gewaltig! Ihr Raum war nicht mit Starpostern zugepflastert - so was hielt sie für vollkommen sinn- und niveaulos - sondern ihre Wände waren übersät mit Bildern, auf denen schillernde, silberne und goldene Drachen abgebildet waren; Postkarten mit Burgen und Poster von wundervollgezeichneten Magiern mit langen Umhängen und Stäben, an denen leuchtende Kugeln befestigt waren, drängten sich dicht an dicht. Das war ihre Welt! Sie liebte das Mysteriöse, Unbe-stimmte, konnte einfach nicht genug bekommen von übernatürlichen Geschichten oder Phantasy Romanen, die nicht selten an die tausend Seiten umfassten.

Egal, wo auch immer sie sich befand, überall und zu jeder Tageszeit konnte sie sich in ihre eigene kleine Welt zurückziehen, wobei sie dann alles andere um sich herum vergessen wollte, was ihr meist auch mit Leichtigkeit gelang. In ihrer Phantasie existierten all die Wesen, die sie auf ihrem armseligen Planeten vermisste - magische Wesen.
 

Auf einmal wurde sie äußerst unsanft aus ihren Gedanken gerissen, als sie gegen einen dicken Baum stieß. Wie sie nun merkte, war sie bereits, ohne es mitbekommen zu haben, in ihrem Wald ange-kommen. In dem Wald, in dem sie schon so oft gewesen war, dass sie es gar nicht mehr zählen konnte. Hier kam sie immer her, wenn sie abschalten wollte oder eben, wenn sie ihren Träumen nachhängen wollte, für die niemand aus ihrer Umgebung so richtig Verständnis hatte.

Sie trat, wie schon hunderte Male zuvor in ihrem Leben unter das Laubdickicht und suchte sich einen Pfad durch das Gebüsch. Immer tiefer drang sie in das Unterholz ein, wobei sie bald an einer Stelle angekommen war, an der sie sich bei ihren früheren Spaziergängen noch nie befunden hatte. Als dem Mädchen das bewusst wurde, war es allerdings schon zu spät. Ilona hatte vollkommen die Orientierung verloren, bekam panische Angst nicht mehr zurück zu finden. Verzweifelt lief sie in irgendeine beliebige Richtung und bemerkte dabei nicht, dass sie durch diese verrückte Handlung nur noch tiefer in den Wald hineinlief.

Plötzlich stieß sie auf eine riesengroße Wurzel, die mindestens zweieinhalb Meter aus der Erde rag-te. Das Holz sah sehr alt aus, was Ilona zu dem Schluss brachte, dass der Baum wohl schon vor mehreren Jahren gefallen sein musste. Sie umkreiste das leblose Gewächs vorsichtshalber aus eini-gem Sicherheitsabstand und fand schließlich an dem Ende, an dem die Wurzel einmal in der Erde gesteckt habe musste, eine Art Eingang, der, soweit sie es erkennen konnte, in einen unterirdischen Gang mündete. Ilona war eigentlich nicht feige, aber beim Näherkommen der dunklen Wölbung hatte sie dennoch ein mulmiges Gefühl im Magen. Was mochte das wohl sein? Und vor allem, was befand sich dahinter?
 

Mutig trat sie durch die Öffnung und fühlte dabei fast körperlich, wie sie schlagartig von der Fins-ternis umschlossen wurde. Am ganzen Körper zitternd - was zweifellos von ihrer leichten Beklei-dung verursacht wurde - tastete sie sich Schritt für Schritt im Dunklen voran. Nie konnte sie vor-hersehen, was sie hinter der nächsten Biegung möglicherweise erwarten würde, und das jagte ihr schreckliche Angst ein. Sie hasste diese Ungewissheit! Ihre unbändige Phantasie zeigte ihr natürlich wieder die irrsten Möglichkeiten, von dem was sich eventuell in der Höhle verbergen mochte... manchmal war diese Gabe ein regelrechter Fluch!
 

Nach einiger Zeit konnte sie weit vor sich einen fahlen Lichtschimmer sehen und als sie sich noch ein paar Meter weiter bewegt hatte, stieg auch auf einmal der metallische Geruch von Blut in ihre Nase. Hatte sie sich vorher gefürchtet, so geriet ihre Angst jetzt beinahe außer Kontrolle. Was war das? Vielleicht war es nur ein totes Tier?! Aber es konnte auch genauso gut ein verletzter Mensch, die Beute eines Raubtiers, das sich noch in der Nähe aufhielt und nur darauf wartete auch sie zu zerfleischen, oder sonst irgendetwas ganz furchtbares sein. Eine Weile rang sie mit sich, einfach wieder umzukehren und alles zu vergessen, doch ihre Neugier gewann in ihrem Kopf die Oberhand. Sie wusste, würde sie jetzt gehen, würde sie das alles hier nie mehr loslassen. Ihre Gedanken wür-den so lange um diesen Ort und sein Geheimnis kreisen, bis sie es gelüftet hatte. Vorsichtig ging Ilona weiter auf das Leuchten am Ende des Tunnels zu und hoffte bei Gott, dass sie ihre Abenteuer-lust diesmal nicht in große Gefahr brachte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Aranori
2007-01-14T12:22:13+00:00 14.01.2007 13:22
Dein Lieblingswort ist „Phantasie“, das weiß ich noch! Zwar wird die mal wieder (ja, hau mich ruhig fürs Sticheln xD) durch die Traurigkeit der Protagonistin hervorgerufen, aber ich finde es in diesem Fall sehr sympathisch: sie läuft erst mal richtig knackig gegen einen Baum. Das ist mir selbst auch schon passiert. ^^°


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