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Tochter des Hohepriesters

Das Schicksal eines kleinen Mädchens
von

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VII

VII
 

Wir fuhren in eine nicht sehr weit von Memphis gelegene Stadt namens Sakkara, der Stadt der bedeutenden Pyramiden. Von hier aus sollte meine eigentliche Reise erst richtig losgehen. Den Weg, den wir von Theben nach Memphis zurückgelegt hatten, war eher eine formale, notwendige Sache gewesen und nichts im Vergleich zu dem, was mich nun erwarten sollte.
 

Ich entstieg der Kutsche. Wir waren an einer kleinen Hütte gehalten. Die kümmerlichen Gemäuer dieses Gebäudes aus Ziegeln waren alt und verstaubt. Sie waren abgenutzt worden, vom Sand der Wüste, der in Stürmen auf die Wände prasselte. Und Sand gab es hier zuhauf. Wir befanden uns am äußersten Rand der Wüste.
 

Der Anblick war unbeschreiblich. Endlose Weiten aus Sanddünen, bis zum Horizont gab es nichts anderes als Sand und nochmals Sand. Bis einige hundert Ellen lang in die Wüste hinein gab es noch Palmen, die, je weiter man sah, immer verkrüppelter und kleiner wurden. Sie vielen den heißen, trockenen Sand zum Opfer. Hier herrschte Seth. Er war der Herr der Wüste.
 

Ich sah mich um. Die Luft flimmerte wegen der Hitze, die mit dem Höchststand der Sonne ihr Maximum erreicht hatte. Es sah so aus, als begänne hier das Nichts, als wäre dies das Ende der Welt. Trotzdem sollte es, weit entfernt, eine Oase geben, eine bewohnte Oase, in der es sogar einen Tempel des Re und höchstwahrscheinlich auch einen Tempel für Seth gab. Doch bis dorthin waren es Tage.
 

Mein Blick suchte meinen Vater. Er war gerade mit einem untersetzten älteren Mann ins Gespräch gekommen. Sie schienen sich zu kennen. Sie gingen auf die Stallungen zu. Ich konnte mir vorstellen, was dieser Gebäudekomplex hier am äußersten Rande zur Wüste der Stadt darstellte. Man konnte sich hier Kamele, Wüstenschiffe, ausleihen, um damit zur Oase zu gelangen. Diese Tiere waren einzig und allein für so einen Ritt geeignet. Alle anderen Last- und Reittiere würden im Sand versinken und früher oder späten verenden. Ich war noch nie auf einem Kamel geritten, doch das sollte sich gleich ändern.
 

Ich spielte zum ersten Mal seit unserem Aufbruch von Zuhause mit dem Gedanken der Flucht. Ich konnte, da mein Vater nun mit diesem Mann verschwunden war, ganz leicht weglaufen und damit meinem Schicksal entgehen. Doch ich verwarf diesen Gedanken gleich wieder. Mein Vater würde ganz Sakkara und Memphis und welche Stadt auch immer auf den Kopf stellen, um mich zu finden. Und dann, wenn er mich aufgespürt hätte, hätte ich nichts mehr zu lachen. Außerdem, wo sollte ich denn bloß hingehen, ein kleines Mädchen, das die Stadt nicht kannte? Ich könnte ja zum Pharao nach Memphis, doch er würde mich bestimmt nur...
 

"Ia-Re!", rief mich mein Vater streng zu sich. Als ich zu ihm sah, erkannte ich, dass fast alles schon bereit zum Aufbruch war. Ein paar kräftige Männer luden unser Gepäck, und das war nicht gerade wenig, auf zwei Kamele, jeweils rechts und links seines Rückens und perfekt ausbalanciert. Ein weiterer Mann belud ein Kamel mit Essensvorräten und zig Wasserschläuchen.
 

"Los, lass dir beim Aufsteigen helfen, denn wir haben keine Zeit zu verlieren!", bellte Vater mich an. Verstohlen verdrehte ich meine Augen.
 

Nein, weglaufen konnte ich wirklich nicht! Wohin denn auch? Deshalb stahl ich mich weg und versteckte mich hinter einer Gruppe Palmen, deren Stämme mich vor den Blicken meines Vaters schützen würden. Ich hockte mich in den Sand, zog meine Knie an und legte meine Arme um meine Beine. Dann bettete ich meinen Kopf auf meine Arme. Ich wollte heulen, doch ich konnte nicht. Es war, als ob die Wüste meine Tränen verdunsten ließ, bevor sie meine Wangen hinunter laufen konnten.
 

Ich verfluchte mein Schicksal. Im Tempel des Re hatte ich noch daran geglaubt, dass eine Zukunft als Priesterin ein guter Gedanke war, doch nun schien mir auch dieser verwerflich. Warum konnte ich nicht in Ruhe zu Hause sitzen bleiben? Wenn nötig würde ich sogar meinen Unterricht vernachlässigen oder anders, mich zu Tode lernen. Aber nein, dieser Luxus war mir nicht gegönnt, stattdessen schikanierte mich mein Vater.
 

"Ia-Re, verdammt! Komm sofort her, Bastard!", schrie mein Vater. Doch ich dachte nicht daran, ihm zu folgen. Nie im Leben.
 

"Komm sofort her, oder du wirst es bereuen!", schrie er wieder und ich hörte, dass seine Stimme sich entfernt hatte. Wie gerne hätte ich nun gedacht, dass er mich hier nicht suchen würde, wie gern hätte ich mich vor ihm in Sicherheit gefühlt, doch ich wagte nicht einmal daran zu denken... Wie schön wäre doch ein Leben, dass ich nicht im Schatten meines Vaters verbringen könnte, ohne dass seine wachsamen Augen mich überall hin verfolgten, ohne dass er mich immer herum kommandierte. Wie gerne hätte ich jetzt jemandem meinen Kummer gebeichtet, wie gerne würde ich mich von jemandem trösten lassen...
 

Es dauerte nicht lange, bis mein Vater mich fand. Ich sah und hörte ihn nicht kommen, sondern merkte, dass es plötzlich dunkel wurde. Ich sah auf und erblickte meinen Vater, der sich vor mir aufgebaut hatte. Ich fürchtete schon, er würde mich schlagen und mich anbrüllen, doch er tat es nicht. Forschend blickte er mich an, dann bückte er sich, packte mich am Arm, zog mich hoch und schleppte mich zu den Kamelen, die bereit zum Aufbruch waren. Er schob mich zu einem der Männer, die ich vorhin beim Beladen der Kamele gesehen hatte und dieser hievte mich hoch, in den Sattel des Tieres.
 

"Kannst du dich alleine im Sattel halten?", fragte er mich freundlich. Ich nickte zur Antwort und ruckte im Sattel hin und her, um eine bequeme Position zu finden.
 

"Bindet sie fest, sonst fällt sie runter!", befahl mein Vater den Männern grob, obwohl er mitgekriegt haben musste, was ich dem Mann gesagt hatte. Ich verzichtete auf sämtlichen Protest und ließ es über mich geschehen, wie der Mann meine Fußgelenke am Sattel befestigte und mir ein Seil um die Tallie schlang und mich damit am Sattelknauf festband. Ich kam mir vor wie eine Gefangene, die ich in einem gewissen Grade auch war. Und ohne das ich etwas dagegen unternehmen konnte, ging die mir endlos erscheinende Reise los.
 

***
 

Wir waren schon lange unterwegs. Die Sonne neigte sich langsam dem Westen zu, wo sie unterging. Langsam nahm die unerträgliche Hitze ab, von der mich mein leichter weißer Mantel mit Kapuze nur spärlich hatte schützen können. Meine Kleidung klebte an meinem Körper, ich schwitzte, doch das verschaffte mir auch keine Abkühlung.
 

Wohin ich auch sah, erblickte ich nur Sand, Sand und nochmals Sand. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich eine Priesterin werden sollte, hätte ich gedacht, mein Vater wolle mich dem Tode aussetzen.
 

Einer der Männer, die mit uns mitritten, ritt mit seinem Kamel näher zu mir. Schweigend, ohne jegliche Reaktion auf mich, reichte er mir einen Wasserschlauch, den ich wie automatisch ergriff und gierig ein paar kräftige Schlücke nahm. Alleine an diesem Geschehnis, dass schon einige Male stattgefunden hatte, könnte ich ein wenig die Zeit einschätzen. Doch auch wenn ich es versuchte, es schien meinen Verstand und meine Vorstellungskraft zu übersteigen. Alleine über etwas genauer nachdenken zu wollen, war mir schon nicht mehr möglich, es war, als ob ich dafür mehr Kraft aufwenden müsste, als ich hatte. Es war eigentlich nichts anstrengendes am Kamelreiten, doch die sengende Hitze und der immerwährende, einlullende Rhythmus der Schritte des Tieres auf dem ich saß, schien mir meine Kraft zu nehmen.
 

Immer wieder verfiel ich in eine Art Trance. Ich konnte meinen Körper nicht mehr kontrollieren und wippte mit den Bewegungen des Kamels vor und zurück. Ich schlief auch immer wieder ein und träumte wirres Zeug, an das, wenn ich wieder aufwachte, ich mich nicht erinnern konnte.
 

Die Sonne ging unter. Es wurde kühler. Ich war sehr dankbar für diese Abwechslung, doch bald bereute ich es, da es immer kälter wurde. Das war die Eigenart der Wüste. Da es keine einzige Wolke am Himmel gab, war es Tagsüber schrecklich heiß, da nichts die Sonnenstrahlen zurückhielt und nachts war es bitterkalt, da nichts die Wärme des Tages bremste.
 

Der Mann mit dem Wasserschlauch kam wieder zu mir. Ich trank abermals etwas, doch dann entfernte sich der Mann nicht wieder, sondern er hantierte in seinen Satteltaschen herum und zog zwei Decken heraus, die er über mich breitete. Soweit ich konnte, nickte ich ihm dankend zu und zog die Decken fester um mich. Ja, es wurde langsam wirklich eisig. Die Decken vermochten zwar nicht die ganze Kälte zu vertreiben, doch ich fühlte mich wohl, dass ich mich in die Decken kuscheln konnte.
 

Wieder nickte ich ein. Diesmal wusste ich, was ich träumte: Ich bewegte mich durch einen Ort, der mir gänzlich unbekannt war und neben mir lief die ganze Zeit ein anderes Mädchen. Es hatte schwarze Haare und ein freundliches Gesicht. Als ich aufwachte, hatte ich Tränen in den Augen. Er jetzt begriff ich, wie einsam ich geworden war. Vater hatte mich von zu Hause weggerissen, von meinen wenigen Freunden und Bekannten.
 

Ich bekam ein wenig Angst. Ich hatte Angst, dass dort, wo mein Vater mich hinbrachte, niemand sein würde, mit dem ich irgendwie reden konnte. Was war, wenn dieser Ort nur eine Ruine war, bei der es zwar eine Quelle gab, wo aber niemand lebte? Wäre das nicht die Hölle auf Erden? Alleine mit meinem Vater und diesen groben Männern?
 

Ich war so in meinen Gedanken verloren gewesen, dass ich nicht gemerkt hatte, dass es heller und auch wieder wärmer geworden war. Die Sonne war knapp über dem Horizont und schickte schon ihre wärmenden Strahlen zu uns. Ich schlug meine Decken zurück und erfreute mich an dem Schein der Sonne.
 

***
 

Es war ein wenig nach der größten Hitze, da kamen wir an einer kleinen Ansammlung von Palmen vorbei. Ein Brunnen war in den Sand gegraben worden und der Schatten der Palmen, unter dem saftiges Grün wuchs, sah einfach verlockend aus. Als ob ich das Gras hätte essen können, knurrte mein Magen, denn ich hatte lange nichts mehr gegessen. Zum ersten Mal nach unseren Aufbruch hörte ich die Stimme meines Vaters.
 

"Wir machen Rast!", rief er, soweit man das Rufen nennen konnte. Ich merkte, dass auch seine Stimme erschöpft klang. Die Kamele steuerten instinktiv auf die kleine Oase zu. Als wir angekommen waren und die Männer abgesessen waren, banden sie mich los. Insgeheim war ich froh darüber, dass sie mich festgebunden hatte, denn wenn ich eingeschlafen war, wäre ich bestimmt duzende Male heruntergefallen.
 

Mir wurde von meinem Reittier heruntergeholfen und als man mich auf die Beine stellte, konnte ich nicht stehen. Meine Beine gaben nach und ich fiel auf mein Gesäß. Ich ließ verzagt meine Schultern hängen. Das viele Reiten hatte meine Beine taub gemacht. Da kam mein Vater vorbei, packte mich, hob mich grob hoch, obwohl ich ihm das nicht zugetraut hätte und trug mich zu den Palmen in den Schatten. Er setzte mich ab und ich krabbelte an einen Baumstamm, um mich dagegen zu lehnen. Ich seufzte. Der Schatten tat wirklich gut!
 

Mein Vater holte ein Bündel hervor, breitete es auf dem Boden aus. In dem Bündel befand sich ein Laib Brot und geräuchertes Fleisch. Vater riss ein Stück von dem Brot ab, legte es vor mich und gab mir auch ein Stück von dem Fleisch. Ich stürzte mich beinahe drauf, doch mir wurde von Vater Einhalt geboten.
 

"Esse nicht zu hastig, dass ist nicht gut für deinen leeren Magen.", sagte er belehrend und begann selber andächtig zu essen. Ich sah ihn kurz erstaunt an, doch dann begann ich, seinem Ratschlag folgend, langsam zu essen.
 

Zuletzt nahm ich noch einen großen Schluck Wasser. Nun fühlte ich mich wieder gestärkt. Ich tätschelte meinen Bauch und lief mich nach hinten ins Gras fallen.
 

"Wir haben nun schon mehr als die Hälfte unseres Weges zurückgelegt!", erklärte mir mein Vater mit wieder einigermaßen normaler Stimme.
 

"Wie lange werden wir dort bleiben?", fragte ich neugierig. Vater würdigte mich keines Blickes.
 

"So lange, bis ich dich fertig ausgebildet habe.", war seine knappe Antwort. Ich konnte mir trotzdem etwas daraus ausmalen. Ich würde dort lange bleiben, sehr lange... Das hörte ich aus seiner Stimme heraus.
 

Unsere Rast dauerte nicht sehr lange. Bald wurde ich wieder an meinem Kamel festgeschnallt, nachdem die Männer die Wasserschläuche aufgefüllt hatten und die Reise in eine ungewisse Zukunft ging weiter. Wieder verlor ich schon nach kurzer Dauer mein Zeitgefühl und alles verschwamm vor meinen Augen. Unsere Begleiter sowie mein Vater wurden zu schemenhaften Gestalten und die Sanddünen um uns herum wurden zu einer einzigen goldgelben Masse. Ich verfiel wieder in eine Art Trance. Ich sah plötzlich ein Ding am Himmel... Eine Barke... in der eine Person mit einem Falkenkopf saß...
 

***
 

Ich schreckte hoch, wusste nicht, wo ich war. Ich dachte zuerst, ich befand mich auf einem Schiff im Wasser, da es so schaukelte, doch kurz danach kam ich wieder zu mir und berichtigte mich. Ich war auf einem "Schiff", doch es war eher ein Wüstenschiff, auf dem ich gerade ritt. Und ich war ganz verwirrt, als ich aufsah und plötzlich vor uns eine Ansammlung von Häusern sah. Ich musste blinzeln, ich dachte, dass wir doch tatsächlich zurückgekehrt waren nach Sakkara und dass ich hier die Häuser der kleinen Stadt sah. Dich beim näheren hinsehen waren die Gebäude anders, nun ja, primitiver. Ein großes Haus aus Stein ragte aus der Häusergruppe heraus. Hier wuchsen im Gegensatz zu Sakkara viele Palmen und es war hier so schön Grün, dass ich dachte, ich wäre im Paradies gelandet. Doch meine Hoffnungen wurden sogleich zunichte gemacht.
 

"Siwa! Wir sind da!", verkündete mein Vater, der neben mich geritten war und symbolisch die Zügel meines Reittieres an sich nahm. Verbitterter den je blickte ich meinen Vater an und machte mich gleichzeitig auf das gefasst, was auch immer da auf mich zukommen werden möge...
 


 


 

( Juhu, es geht weida!!!!! Ich freu mich selber total! ^^ Endlich hab ich mich überwunden, weiterzuschreiben, nachdem ich an einer späteren Szene gearbeitet hab. Jetzt hab ich das dazwischen fertig geschrieben und es geht wieder los! ^^ Also ich hoffe, ihr lest weiter! Und ein paar mehr Kommis fänd ich natürlich auch nicht schlecht! <.<

Bis zum nächsten Kapitel,

Bettyna ^.~ )



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-05-07T12:54:54+00:00 07.05.2004 14:54
Du hast ja endlich wieder weiter geschrieben!! *freu*
Hab heute mal wieder im Internet ein bisschen gestöbert, und was seh ich da?! Ein neues Kapitel!! ^^
Hab es natürlich sofort gelesen und kann dir wieder nur Lob aussprechen. Mich würde interessieren, ob das schwarzhaarige Mädchen, was Ia-Re in ihrem Traum gesehen hat, noch eine größere Bedeutung bekommen wird, oder nicht. Bin auch gespannt, was sie nun in diesem Dorf(?) machen werden. Also schreib dann mal schön weiter!
Bye bye
Ifnaka


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