Einstehungen
Einheit 01: Einstehungen
"Kazuhi, hohlst du den Tee?"
"Hai, Onii-sama!" Kazuhi stand auf, holte den Tee und schüttete für sich und Yu etwas in 2 Schälchen ein. Durch ihre Unkonzentriertheit zitterte sie aber so sehr, das sie Yus Schälchen vom Tisch runterwarf.
Yu zog skeptisch eine Augenbraue hoch.
"Was ist denn heute nur los mit dir...?"
"Nichts... Es ist gar nichts..." Ihr Herz fing wieder an mit einem gewaltigem Tempo gegen ihre Brust zu schlagen. Schnell bückte sich das Mädchen und hob die Scherben auf, die von dem kaputt gegangenen Schälchen auf dem Boden lagen. Ihr Bruder starrte sie verwirrt an. Natürlich schenkte er den Worten seiner Schwester keinen Glauben. Sie war eine zu schlechte Lügnerin.
"Ahhh..." Kazuhi stöhnte leise auf. Sie hatte sich an einer Scherbe die Handfläche aufgeschnitten.
"Schwester!" Yu stand auf und schaute sie besorgt an. Das Mädchen in dem grünen Kimono kauerte sich auf den Boden zusammen, umklammerte ihre bereits blutige Hand und schaute verzweifelt zu ihrem Bruder hoch.
Dieser eilte zu einem kleinen Schrank und zog dort ein kleines Päckchen Verband raus.
Kazuhi schauderte, als ihr Bruder sich neben sie hinkniete und sie bat, still zu halten.
Mit vorsichtigen und langsam Bewegungen bandagierte er ihre Hand ein.
Die Umgebung des gerade mal 14 Jähren Mädchens verschwamm zu einem nichts.
Sie konnte nur noch ihren Bruder und seine warmen Berührungen wahrnehmen. In ihrem inneren tobte ein verzweifelter Kampf. Ihr Herz schlug in diesem Moment nur noch für ihren Bruder, was ein Verzweifelten Konflikt zwischen Gedanken und Gefühlen in ihrem inneren verursachte.
Am Abend saß sie dann da. Zitternd und zusammengekauert auf ihrem Bett. Die Hand war immer noch verbunden. Sie hatte abgelehnt am Nachmittag zu Dr. Croford zu gehen und die Hand untersuchen zu lassen. Stattdessen war das immer noch der Verband von ihrem Bruder.
Ihr Atem war unregelmäßig. Zu viel Verwirrung schwebte in ihrem Kopf, als dass sie einen anständigen Atemzug nehmen könnte.
Schon lange nahm dass, wo vor sie so viel Angst hatte, Gestalt an.
Liebe.
Ständig probierte sie sich in Gedanken zu ermahnen, dass sie sich das alles doch nur einbilden würde, aber es war bei weitem nicht so.
Schon vor diesem Traum hatte sie immer ein merkwürdiges Gefühl in der Nähe ihres Bruders.
"Nein!" Sie kniff die Augen zusammen. So was durfte sie nicht denken.
Wenn der Krieg vorbei ist, würde sie ihren zukünftigen bei einem Omiai kennen lernen.
Und auch Yu wird dann SEINE zukünftige kennen lernen.
Gedankenverloren stand Kazuhi auf. Noch immer hatte sie den grünen Kimono von heute Nachmittag an. Langsam verließ sie das Zimmer und machte sich auf den Weg in den Raum, wo sie und ihr Bruder immer die Teezeremonien abhielten.
In dem Raum angekommen, setzte sie sich vorsichtig auf den Boden.
Vor ihr stand ein Koto.
Sie strich langsam über die gespannten Fäden und zupfte ein bisschen. Auch wenn es stockdunkel war konnte sie spielen, was sie meistens tat, wenn sie Kummer hatte.
Oder sie ging zu Yu. Aber im Moment wollte sie ihn lieber meiden.
Zu sehr kroch ihr die Angst unter die Haut, sich endgültig in ihren Bruder zu... zu verlieben.
Leise und still rollte eine Träne über ihre Wange. Sie tropfte auf das Koto und hinterließ einen feuchten Punkt als Spur, was Kazuhi inne hielten ließ.
'Was für eine Schande', dachte sie.
So was wie sie sollte man schlagen.
Sich in den eigenen Bruder zu verlieben...