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Sherlock Holmes - Mission: Silberfalke!

von

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Ein Besuch in Sussex

Anmerkung des Autors Dr. John Watson: Die folgenden Ereignisse finden im August 1907 statt. Wie ich bereits in meinem Bericht zum Fall ‚Der zweite Fleck‘ beschrieb, zog es Holmes für seinen verdienten Ruhestand in die Grafschaft Sussex, wo er sich ausgiebig der Bienenzucht widmen wollte. Zudem möchte ich anraten meinen Bericht des ‚Illustren Klienten‘, der sich im September des Jahres 1902 abgespielt hat nachzulesen, da er meiner heutigen Geschichte mehr Kontext verleiht.
 

Nachdem ich mein Gepäck überprüft und meinen Platz wieder verließ, in dem ich die Hälfte der Fahrt ein Buch gelesen, die andere jedoch in einen tiefen Schlaf verfallen war, stolzierte ich auf die Tür zu und trat ins Freie. Die kühle, gerade zu raue Luft Sussex‘ strömte mir entgegnete, die sich doch so sehr von jener in London unterschied. Es war einige Zeit her, dass mich meine Reise aufs Land hinaus führte, freute mich aber, einige ruhige Tage hier verbringen zu dürfen. Auf dem Bahnhof herrschte wie erwartet kaum reges Treiben und auch eine Droschke zu finden erwies sich als keine sonderlich große Herausforderung. Der Droschkenfahrer erwies sich sogar als so aufmerksam, mein Gepäck zu verstauen und mir ins Innere zu helfen. Mit dem Hintergedanken ihm später ein akzeptables Trinkgeld zu bezahlen, nannte ich ihm Holmes‘ Adresse und die Fahrt begann.

Das Domizil meines Freundes befand sich glücklicherweise nicht zu sehr vom Bahnhof entfernt, immerhin kam es nicht selten vor, dass ihn Geschäfte immer wieder zurück nach London führten. Zu diesem Zweck hatte er auch seine alte Wohnung in der Baker Street, die einst unsere gemeinsame war nicht aufgegeben. Ob es dem Zwecke diente, dass er sie als Labor und Lagerraum benötigte, oder der guten Mrs. Hudson nicht zumuten wollte noch einen neuen Mieter bedienen zu müssen hatte ich ihn nie gefragt. Immerhin war die Beste auch nicht mehr die jüngste und hatte bereits unter Holmes‘ Eigenheiten stark zu kämpfen gehabt. Normalerwiese stattete ich meinem Freund in jenen Räumlichkeiten einen Besuch ab, doch dies war das erste Mal, dass er mich zu sich einlud. Bald hatten wir unser Ziel erreicht und ich reichte dem Kutscher seinen Lohn, nachdem ich mein Gepäck wieder entgegengenommen hatte. Auch wenn meine Augen in den Jahren etwas nachgelassen hatte, erkannte ich das Cottage meines Freundes am Ende der Straße. Nach wenige Minuten war ich angekommen und klopfte gegen die Holztür. Es dauerte nicht lange, bis mir geöffnet und eine Dame im gehobenen Alter öffnete.

„Sie müssen der gute, Herr Doktor sein, nicht wahr? Treten Sie bitte ein, Mister Holmes erwartet Sie bereits.“

Ich dankte und folgte der Aufforderung. Ich erinnerte mich, dass Holmes mir in seinem letzten Schreiben von ihr berichtete. Mrs. Sinclair war sehr aufmerksam und sicher eine würdige Nachfolgerin für Mrs. Hudson, was die Wünsche und Belange meines Freundes betraf.

Im Flur stellte ich meine Koffer ab und ließ mich in der Küche erst einmal mit einem Wasser bewirten. Ich erkundigte mich über den Gemütszustand meines Freundes, doch die Haushälterin tat sich schwer, diesen zu beschreiben. Schließlich ließ sie mich in die Privatgemächer des Detektivs, wo ich auf ihn warten sollte. Zum Glück nicht lange, denn kurz darauf betrat eine seltsame Gestalt in weißer Aufmachung den Raum. Ich hätte tatsächlich einen Moment gezögert anzunehmen, dass es sich dabei um meinen Freund handelte, hätte er die Schutzmaske nicht aufgemacht, unter welcher sein rötliches Gesicht zum Vorschein kam. Er entledigte sich nun auch des Overalls seines Imkeranzugs. Ihm zu Hilfe zu eilen erwies sich als unnötig, er schien bereits einiges an Routine an den Tag zu legen.

„Diese Biester.“, stöhnte er auf.

„Sie bereuen Ihr neues Hobby doch hoffentlich nicht bereits, oder, Holmes?“, fragte ich einen Hauch schelmisch.

Der Detektiv legte seine Aufmachung beiseite und ließ sich in dem bequemen Stuhl vor mir nieder.

„Nun, zunächst versichere ich Ihnen, dass es sich keineswegs um ein ‚Hobby‘ handelt, wie Sie es nennen. Bienen sind erstaunliche Wesen, das müssen wir anerkennen. Immerhin würde es uns ohne diese nützlichen Tiere gar nicht mehr geben.“

Ich bezweifelte diese Behauptung, wollte meinem Freund aber nicht schon so früh nach meiner Ankunft widersprechen.

„Ich zeige sie Ihnen, nachdem wir uns einen Tee gegönnt haben.“, kam Holmes‘ nächster Vorschlag.

Ich nickte zustimmend, bat aber, dies in geeignetem Abstand zu tun. Weder glaubte ich, dass Holmes einen Ersatz-Anzug besaß, noch wollte ich mich in so ein Teil zwängen. Also warteten wir darauf, dass uns Mrs. Sinclair den Tee brachte, bevor wir weiteres angingen. Danach hielt Holmes sein Versprechen und führte mich nach draußen. Ich erkannte die Kästen bereits von weitem, in denen Holmes seinen geliebten Bienen in neues Zuhause beschert hatte.

„Ich gestehe, ich möchte diesen Tierchen zwar nicht zu nahekommen, aber ich freue mich bereits auf den leckeren Honig, den ich bei Ihnen genießen werden darf.“

Mein Freund tadelte mich sofort mit einem strengen Blick.

„Watson! Sie haben wie erwartet nicht verstanden, worum es bei meiner Erforschung von Bienenstämmen geht. Die Gewinnung von Honig ist dabei doch ziemlich zweitrangig.“

Zwar wollte ich ihm da widersprechen, dass es sich bei Honig nun mal um das Markenzeichen dieser Tiere handelte, beließ es aber dabei. Bis Holmes‘ Haushälterin das Abendessen zubereitet hatte, beschloss der Detektiv mir etwas die nähere Umgebung um das Cottage herum zu zeigen. Dabei bekam ich immer mehr den Eindruck, dass Holmes seine Entscheidung nicht bereuen würde. Es war angenehm ruhig und gar als Idylle zu bezeichnen. Er war bestimmt froh, dem geschäftigen Treiben in London entkommen zu sein.

Schließich wurde es dunkel und wir kehrten im Speisezimmer ein. Uns wurde Roastbeef mit Yorkshire Pudding serviert und ich beschloss sogleich zu überprüfen in wie weit sich die Kochkünste der Frau von jenen derer Mrs. Hudsons unterschied, an welche ich mich so viele Jahre gewöhnt hatte. Ich wusste, dass essen für Holmes nur eine leidige Pflicht war, dies schien sich nicht groß geändert zu haben, wenn ich ihn mir so betrachtete. Mir hingegen schmeckte das Mahl aber durchaus und ich gab mehrere Komplimente an die Köchin ab. Während des Essens erzählte ich von den neuesten Entwicklungen in London, meinem neuen Domizil in der Queen Anne Street und dass ich nur noch ausgesuchte Patienten behandelte. Dem war zum einen geschulten, dass mich meine zweite Frau mehr in Beschlag nahm und nichts davon hielt, dass ich den ganzen Tag arbeitete. Einem Besuch bei Holmes hatte sie jedoch nichts entgegenzusetzen, kannte sie meine Abenteuer mit dem Detektiv inzwischen doch schon in und auswendig. Holmes berichtete weiter von seinen Forschungen der Bienenzucht und auch von Klienten, die ihn immer noch aufsuchten. Den meisten erteilte er inzwischen eine Absage, sollte es sich bei dem Fall nicht um ein wahres Mysterium handeln. Wie etwa der Fall, der ihm letztens von Harold Stackhurst nahegetragen wurde, einem Klienten, dem ich selbst eine Empfehlung erteilt hatte. Er berichtete mir von dem interessanten Fall, den ich beschloss später zu dokumentieren und der den Titel ‚Die Löwenmähne‘ erhalten sollte.

Nachdem wir das Essen, das durchaus gemundet hatte verspeist hatten, trug Holmes den Vorschlag an mich heran, morgen doch das Dorf zu besuchen, das kaum einen Kilometer entfernt lag. Ich war froh, dass ich mein Freund nicht gänzlich der Zivilisation entzogen hatte und stimmte gerne zu.

In der Nacht richtete ich mich in meinem Gästezimmer ein und schloss sogar das Fenster, aus Angst, einige der Bienen könnten Holmes entkommen. Natürlich unbegründet, wusste ich doch, wie sorgfältig mein Freund seine Arbeit ausführte.

Am nächsten Tag schien wie am Vortag die Sonne und auch die Luft war durchaus angenehm. Ich fragte mich, ob dies in der Gegend hier die Regel sei. Ebenfalls kein Vergleich zu London, wo mittlerweile gefühlt jeden zweiten Tag dunkle Wolken aufzogen. Nach einem kleinen Spaziergang hatten wir das Dorf erreicht und schlenderten etwas durch die Straßen. Schließlich beschlossen wir ein Lokal aufzusuchen und uns mit einem Tee zu stärken. Aufgrund des guten Wetters nahmen wir im Außenbereich platz und gaben die Bestellung auf. Ein Mann rannte in einiger Entfernung an uns vorbei, ich schenkte ihm jedoch kaum Aufmerksamkeit. Erst nachdem wir den Tee zu uns nahmen, tauchte er wieder vor uns auf. Ich erkannte, dass es sich um einen Constable handeln musste. Dieser musterte uns kurz, verschwand dann wieder, jedoch nur, um mit einem etwas älteren Mann im Anzug zu erscheinen. Dieser musterte uns ebenfalls, wodurch ich doch etwas nervös wurde. Er schien zu überlegen, stolzierte dann aber auf uns zu. Der bärtige Mann zögerte etwas, räusperte sich dann aber.

„Entschuldigen Sie die Störung, aber… kann es sein…, dass es sich bei Ihnen um Sherlock Holmes handelt?“, sprach er uns nun an.

Mein Freund ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und trank seinen Tee aus.

Schließlich bejahte er und ich stellte mich ebenfalls vor.

„Mr. Holmes, ich bin Inspektor Alburry, ich bin für den südliche Distrikt zuständig. Wir… haben hier ein gewisses Problem. Wir haben einen Toten gefunden und sind etwas unterbesetzt. Wir würden Ihre Hilfe wirklich sehr zu schätzen wissen.“, rückte er mit der Sprache heraus.

„Selbst im Ruhestand lässt Sie das Verbrechen nicht in Ruhe.“, frotzelte ich etwas.

Holmes merkte an, dass er nicht mehr als Detektiv tätig war und generell einen Gast hatte. Ich jedoch versicherte, dass dies kein Problem sei. Ein neuer Fall interessierte mich durchaus und meine späteren Leser ohnehin.

Holmes seufzte und willigte schließlich ein, dem Inspektor zu helfen. Also bezahlten wir und folgten dem Mann in die Gasse, in welcher der Tote gefunden worden war. Vor uns lag ein jüngerer Mann, um die 30, eine Untersuchung meinerseits würde sich als überflüssig erweisen. Das Gesicht des Opfers war nur noch eine blutige Masse, man schien mehrfach darauf eingeschlagen zu haben. Holmes bückte sich zu ihm und betrachtete ihn eingehend.

„Können… Sie uns eine erste Einschätzung abgeben, Mr. Holmes?“, bat der Inspektor aufgeregt. Ich nahm an, dass er unter einem gewissen Druck stand, immerhin hatte er es bestimmt nicht oft mit einem Mord zu tun, hier in diesem beschaulichen Idyll.

Mein Freund hingegen ließ sich nicht drängen und nahm jedes Detail in Augenschein.
 

„Inspektor, dieser Mann wurde zweifelsfrei erdrosselt.“, kam es dann von ihm.

Auch mir entgingen die Würgemale am Hals nicht.

„Aber… wozu dann die Gewaltanwendung?“, wollte ich wissen.

Holmes verschwieg mir die Antwort nicht allzu lange.

„Sehen Sie. Neben dem Opfer liegt seine Brieftasche. Das Geld ist noch vorhanden, aber keinerlei Ausweispapiere.“, machte er uns darauf aufmerksam.

„Vielleicht hatte er keine dabei.“, warf der Inspektor ein.

Mein Freund schüttelte aber den Kopf.

„Welchen Grund hätte der Täter dann ihm seine Brieftasche wegzunehmen und wegzuwerfen? Wenn es also nicht wegen des Geldes war, muss er etwas anderes daraus entnommen haben. Dafür spricht auch die Gewalteinwirkung gegen das Gesicht des Opfers. Es ist unmöglich eine Fotographie anzufertigen, niemand könnte ihn noch identifizieren.

Ich überlegte kurz.

„Demnach muss der Täter ein nahestehender des Opfers gewesen sein. Er wollte nicht, dass man den Mann identifiziert und so auf ihn kommt.“

Holmes brummte nur leise.

„Ja, das möchte man meinen. Aber eines ist seltsam. Sehen Sie sich die rechte Hand des Opfers an. Sehen Sie den Ring an seinem Mittelfinger?“, machte er uns darauf aufmerksam.

Ich ging etwas in die Hocke, während sich der Inspektor gleich hinkniete. Holmes behielt wie immer recht. Ich erkannte einen silbernen Ring, der an der Hand des Opfers steckte. Er war durchaus auffallend, mit einem Muster oder dergleichen. Holmes beschwerte sich, seine Lupe nicht dabei zu haben und musste auf seine Augen vertrauen.

„Das Tier, das auf dem Ring könnte ein Adler… nein eher ein Falke sein. Was meinen Sie?“

Ich gestand, ebenfalls unschlüssig zu sein, dass es jedoch ein Vogel war, stand außer Zweifel.

„Dann… werde im Dorf herumfragen, ob jemand mit einem solchen Ring vermisst wird.“, entschloss der Inspektor.

Holmes tätigte aber sofort eine ablehnende Handbewegung.

„Das können Sie sich sparen. Dieser Mann stammt zweifelsfrei nicht von hier. Die Kleidung und die Bräunung seiner Haut sprechen dagegen. Ich bin mir auch sicher, dass es sich bei ihm nicht um einen Engländer handelt.“

„Aber Holmes! Dann wird es gerade zu unmöglich ihn zu identifizieren! Wie sollen wir weiter vorgehen?“, warf ich ein.

Mein Freund überlegte einen Moment und erhob sich dann.

„Mir ist da durchaus eine Idee gekommen. Inspektor, Sie möchte ich bitten, den Tatort zu übernehmen. Sie können die Leiche abtransportieren. Sie, werter Doktor, möchte ich bitten ins Cottage zurückzukehren. Ich werde wohl bis zum späten Abend beschäftigt sein. Sie können sich gerne meiner Bibliothek bedienen.“

Ich schlug vor, Holmes doch helfen zu können, doch davon wollte dieser augenscheinlich nichts wissen. Etwas beleidigt, dass er mich wohl für so nutzlos hielt, willigte ich schließlich ein.

So trennten sich unsere Wege und es würde wie Holmes bereits gesagte hatte, bis zum Abend dauern, bis ich ihn wiedersehen würde. Ich erkannte, dass er etwas abgehetzt wirkte, er war wohl viel unterwegs gewesen. Als er Mrs. Sinclair darum bat, das Abendessen für drei Personen vorzubereiten, stutzte ich.

„Wir erwarten Besuch, Holmes?“

Der Detektiv antwortete nicht direkt, sondern verwies mich auf sein Arbeitszimmer. Ich folgte ihm, wo er sich niederlass und erst einmal einen Moment ausspannte. Ich wollte ihn nicht unnötig drängen, wusste ich doch, wie ungern Holmes in seinem Ruhestand ermittelte. Zumindest in Fällen, die er sich nicht expliziert ausgesucht hatte. Also schenkte er sich und mir ein Glas Brandy ein.

„Nun, konnten Sie in dieser Mordsache bereits weiterkommen?“, versuchte ich meine Frage so beiläufig wie möglich klingen zu lassen.

Mein Freund stellte sein Glas hin und nickte.

„Das kann man durchaus so betiteln. Ich konnte den Fall lösen.“, verriet er.

Damit verschlug er mir sichtlich die Sprache. Ich wusste, dass mein Freund gut war, aber einen Mörder an nur einem Tag zu stellen?“

Also konnten Sie das Opfer doch identifizieren?“, hakte ich nach.

Mein Freund schüttelte den Kopf.

„Nein, das nicht. Aber ich bin zuversichtlich, seinen Namen in Kürze zu erfahren. Doch eine Identifizierung war nicht nötig um die Tat aufzuklären.“

Ich wollte nachhaken, da steckte Mrs. Sinclair ihren Kopf durch die Tür und kündigte einen Gast an. Der Hausbesitzer bat sie, diesen direkt zu uns ins Arbeitszimmer zu schicken.

Ich sah den Detektiv an und erwartete eine Erklärung. Als diese nicht kam, fragte ich nach.

„Wollen… Sie mir verraten wer uns Gesellschaft leistet?“

Die Antwort haute mich beinahe von den Socken.

„Natürlich, werter Doktor. Der Mörder. Ich habe den Mörder zu uns eingeladen.“

Hätte ich Holmes zu diesem Zeitpunkt nicht so gut wie kaum einen anderen Menschen gekannt, hätte ich seine Aussage sofort als Scherz deklariert. Jedoch konnte ich an seinem Gesicht zweifelsfrei ablesen, dass er es ernst meinte.

„Dann… soll ich vielleicht meinen Wepley holen?“, fragte ich, nur um wenig später zu bemerken, dass sich dieser in meinem Apartment in der Queen Anne Street befand.

Holmes schüttelte den Kopf.

„Unser Gast kann zwar durchaus gefährlich sein, aber nicht für uns. Zumal er noch einiges an Gewicht zugelegt hat und die Tat wohl eher einer seine zahlreichen Handlanger ausgeführt hat.“, fuhr er fort.

Ich wurde zusehends verwirrter, bis die Tür aufging und unser Gast eintrat. Ich staunte nicht schlecht als sich dieser als eine mir bekannte Person herausstellte.

Mycroft Holmes musterte erst mich, dann meinen Freund. Schließlich suchte er sich selbst eine Sitzgelegenheit und nahm Platz.

„Sherlock. Doktor Watson. Es ist mir eine Freude, auch Sie hier zu sehen.“, begann er schließlich.

Ich wusste erst gar nicht, was ich entgegnen sollte, also überließ sich Holmes das Feld.

„Ich muss schon sagen, Mycroft. Dein erster Besuch an meinem Ruhesitz und schon legst du mir eine Leiche vor die Tür.“, wirkte seine Stimme anklagend.

Sein Bruder prustete aber nur.

„Ich bitte dich, Sherlock. Dieser Mann hatte vermutlich den Auftrag dich umzubringen. Ein wenig Dank wäre angebracht.“, rechtfertigte er sich.

Holmes schien aber gar nicht daran zu denken.

„Das ist mal wieder typisch. Selbst wenn der Mann diesen Auftrag hatte, es wäre leichter gewesen, ihn während der Überfahrt auszuschalten, spätestens aber in London. Aber nein, du musstest deinen Leuten ja auftragen, ihn hier in Sussex erledigen zu lassen.“

Mycroft Holmes lehnte sich in seinem Stuhl zurück.

„Nun… der Agent, der ihn beschatten sollte, ist noch recht jung. Es ist seiner fehlenden Erfahrung geschuldet.“

Es war deutlich, dass er meinen Freund damit nicht überzeugen konnte.

„Wohl kaum. Dein Agent sollte den Attentäter nur hier ausschalten um mein Interesse zu wecken. Ein Mann, den man nur schwer identifizieren kann, lediglich an seinem Siegelring an der rechten Hand. Deine Handschrift ist inzwischen so einfach zu erkennen, werter Bruder.“

Man sah Mycroft Holmes nun an, dass er ertappt wurde.

„Was sollte ich auch sonst unternehmen? Du bist ja sonst für nichts mehr offen seit du dich diesen Bienen verpflichtet hast.“

Nun erlaubte ich auch mir, mich in das Gespräch miteinzubringen.

„Verzeihung, aber könnten Sich beide auch mich einweihen, worum es hier geht? Wer genau hatte ein Attentat auf Holmes vor?“, wollte ich wissen.

Während mein Freund schwieg, war es Mycroft, der mich ins Vertrauen zog.

„Ludger Heinen. Ein deutscher Auftragsmörder, der auf meinen Bruder angesetzt wurde.“

Verdutzt wechselte mein Blick immer wieder zwischen den Brüdern.

„Ihnen ist doch der Siegelring des Mannes aufgefallen, richtig? Hätte man ihn entfernt, wäre eine Identifizierung wahrlich unmöglich gewesen. So war es jedoch einfach seine Herkunft und Gesinnung in Erfahrung zu bringen.“, klärte Holmes auf.

Es war Mycroft, der fortfuhr.

„Heinen gehörte einer Organisation an, die sich Silberfalken nennt. Eine recht neue Gruppierung im deutschen Kaiserreich, die wir mit Argusaugen beobachten.“

Ich nickte langsam.

„Gut… aber wieso sollte es einer dieser Leute auf meinen Freund hier abgesehen haben?“, wollte ich wissen.

Doch Mycroft brachte mir nur ein Schulterzucken entgegen.

„Das kann ich Ihnen nicht beantworten, Doktor. Ich weiß nur, dass mehrere Mitglieder dieser Gruppierung den Auftrag haben, nach England einzureisen. Vermutlich gibt es noch andere Ziele als Sherlock.“

Mrs. Sinclair meldete sich, dass das Abendessen nun bereitstand, doch der Detektiv schickte sie harsch weg.

„Und was genau erwartest du jetzt von mir, werter Bruder?“, wollte er wissen.

Mycroft räusperte sich kurz.

„Ich möchte, dass du nach Bremen reist, wo sich der Standort dieser Gruppierung befindet. Dort sollst du ihren Kopf identifizieren, so dass wir ihn ausschalten können.“, lautete sein Vorschlag.

Holmes rümpfte wie erwartet die Nase. Zwar war es nichts Neues, dass sein Bruder als Klient an ihn herantrat, man erinnere sich nur an den Vorfall mit den Bruce Partington Plänen, doch Mycroft ignorierte konsequent, dass sich sein Bruder im Ruhestand befand. Auf der anderen Seite hatte ich inzwischen auch miterlebt, dass es Holmes kaum möglich war, seinem Bruder einen Wunsch abzusprechen. Also wandte er sich an mich.

„Watson, ich weiß, es war geplant einen ruhigen Urlaub zu verbringen, aber könnten Sie sich vorstellen, mich nach Deutschland zu begleiten?“

Damit überrumpelte er mich etwas, doch meine Antwort folgte kurz darauf.

„Nun, zwar hatte ich mir unsere Zusammenkunft etwas anders vorgestellt, aber Sie kennen mich, Holmes. Ein gefährlicher Fall und noch dazu eine Reise auf den Kontinent? Sofern Vater Staat für unsere Kosten aufkommt, begleite ich Sie gerne.“

Mycroft erhob sich.

„Natürlich wird das Außenministerium für sämtliche Kosten aufkommen. Auch das Hotel in das Sie und Sherlock unterkommen werden ist bereits gebucht. Sie erinnern sich vielleicht an Frederic Woodrow?“, wollte er schließlich von mir wissen.

Ich nickte.

„Natürlich tue ich das. Ist er noch immer für Sie tätig?“

Mycroft bejahte.

„Ja, er hat durchaus bereits einiges an Vorarbeit in Bremen geleistet, seit ich ihn dort stationiert habe. Er kann euch mit allem versorgen, was ihr benötigt, Informationen miteingeschlossen.“

Auch der Detektiv erhob sich.

„Du hast bereits wie erwartet im Vorfeld bereits für alles gesorgt. Also gut, ich werde diese Angelegenheit für dich bereinigen, andernfalls lässt du mich damit ohnehin nicht in Ruhe.“, gab er schließlich sein Einverständnis.

Mycroft Holmes rieb sich freudig die Hände.

„Gut, die Details besprechen wir dann. Aber zuerst… deine Haushälterin hat etwas von einem Abendessen erwähnt?“

Ich und Holmes sahen einander nur an und traten dann zu Tische.

Mycroft Holmes verließ uns noch am selben Abend, als er von einer privaten Kutsche abgeholt wurde. Der Detektiv wies seine Haushälterin an, während seiner Abwesenheit auf seine Bienen aufzupassen. Er schien sie bereits zuvor instruiert zu haben, welche Abfolgen in so einem Fall zu tun seien.



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