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Sherlock Holmes - Das Heulen des Wendigo

von

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Das Gesicht des Wendigo

Miss Pembroke und ich kauerten uns eng aneinander um uns Wärme zu spenden. Sie ergriff sogar meine Hände um sie auf diese Weise zu wärmen. Augenblicklich wurde ich in der Zeit zurückversetzt und erinnerte mich, wie meine Frau Mary stets meine Hand gehalten hatte. Doch die Frau neben mir war aber nicht Mary. Doch dies änderte nichts daran, dass sie jemand war, der meinen Schutz benötigte. Nachdem gefühlt eine Stunde verstrichen war, hielt ich es nicht mehr aus. Ich richtete meinen Kopf nach oben und begann zu brüllen.

Ich formte meine Hände zu einem Trichter und stieß Hilfeschreie aus.

Miss Pembroke wollte sich mir anschließen, doch ich hielt sie davon ab. Sie sollte ihre Kraft sparen, es war sinnvoller uns abzuwechseln.

Es war der zweite Wechsel, als sich endlich etwas rührte. Zwei Gestalten tauchten über uns auf. Zu meinem Glück erkannte ich, dass es Holmes und Palmer waren.

„Holmes! Sie schickt der Himmel!“, keuchte ich.

Das tat er ihm wahrsten Sinne des Wortes. Mit vereinter Kraft wurden ich und Miss Pembroke von unseren Rettern nach oben gezogen.

„Doktor Watson, nachdem wir Sie im Haus nicht vorfanden, haben wir die Gegend abgesucht.“, informierte mich Mr. Palmer.

„Miss Pembroke ist verletzt, wir müssen sie so schnell wie möglich zurückbringen!“, sagte ich entschieden.

Dann reichte ich Holmes das Notizbuch und erzählte von der eisigen Leiche. Mein Freund durchstöberte es eine Weile, dann schien er eine Erkenntnis zu haben.

„Mr. Palmer, schaffen Sie es alleine, Miss Pembroke zum Haus zu bringen?“

Dieser bestätigte es, während Holmes selbst wieder in die Vertiefung sprang.

„Holmes! Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?“, beklagte ich mich.

„Ich muss einen Blick auf diesen Toten werfen! Bitte warten Sie solange und ziehen mich dann hoch!“, wies mich der Detektiv an.

Während Mr. Palmer die arme Miss Pembroke zurückbrachte, wartete ich geduldig auf meinen Freund. Ich hätte ihm in aller Ruhe den Zustand der Leiche schildern können, doch dies reichte ihm wohl nicht.

Nach wenigen Minuten kehrte er zurück und ließ sich von mir nach oben ziehen.

„Ich hatte bereits einen Verdacht, doch jetzt ist es mir klar.“, stöhnte er.

Ich zog die Augenbrauen nach oben.

„Sie wissen, um wen es sich bei dem Toten handelt?“, fragte ich verblüfft.

Holmes nickte, schuldete mir aber die Antwort.

„Kommen Sie, Watson. Sie müssen sich etwas ansehen.“, sagte er stattdessen und zog mich mit sich.

Die Hoffnung, wir würden nun ebenfalls den Rückweg zum Haus antreten, zerschlug sich. Stattdessen wagten wir erneut den Aufstieg des Hügels. Gott sei dank hatte sich der Schneesturm inzwischen etwas gelichtet, wodurch sich unsere Sicht deutlich verbesser hatte.

Oben angekommen kämpften wir uns durch einige Bäume, bis wir schließlich an einer Lichtung angekommen waren. Dies musste die Feuerstelle sein, welche Mr. Palmer erwähnt hatte.

Unverzüglich wurde ich kreidebleich. Auf einem Baumstumpf vor saß eine haarige Gestalt, auf seine Gäste lauernd.

Unwirklich starrten uns die kalten, leeren Augenhöhlen der Kreatur an. Es handelte sich um einen Hirschkopf mit einem pelzigen Unterleib. Das Fell, mochte man es so nennen, erschien mir selbst gestrickt. Nur der Kopf schien tatsächlich dem Tier zu gehören. Und unter dem Fell.. erkannte ich eine Hose. Zusammen mit einem Paar Schuhen.

„Wer... wer verbirgt sich darunter?“, hakte ich nach.

Holmes präsentierte mir die Antwort unverzüglich. Er packte den Hirschkopf und zog ihn samt Fell vom Körper darunter.

Ich erstarrte als ich darunter das Gesicht des Meteorologen Mr. Fosters erkannte. Ähnlich wie die Leiche in der Höhle war er zu Tode erfroren. Seine Augen wirkten voller Panik und Abscheu. Seine Haut bläulich und steif.

„Foster... war der Wendigo?“, kam ich ins Staunen.

Holmes, immer noch das Kostüm in der Hand, umrundete den Toten einmal in Gänze.

„Das möchte man meinen. Watson, ich brauche Ihre fachliche Einschätzung wie lange sein Tod bereits her ist.“, sagte er dann.

Ich verstand seine Bitte und trat noch einen Schritt näher.

Ich begann ihn zu untersuchen wie die Frostleiche zuvor. Jedoch musste ich Holmes enttäuschen.

„Es tut mir leid, aber hier vor Ort ist das äußerst schwierig. Es kommen eine Menge Faktoren hinzu. Hat er etwas zu sich genommen? Wärmende Flüssigkeit? Oder hatte er das Kostüm mit dem wärmenden Fell die ganze Zeit bei sich?“, listete ich die Faktoren auf.

„Gehen wir einmal davon aus, dass ihn das Fell nicht gewärmt und erst übergezogen wurde, nachdem er tot war. Und er hat auch sicher nichts zu sich genommen. Und spekulieren wir, dass er sofort niedergeschlagen und ohnmächtig wurde, als er hier ankam.“, grenzte es der Detektiv ein.

Ich nickte und sprach meine Überlegung aus.

„In diesem Fall kann er sehr schnell erfroren sein. Aber was bedeutet niedergeschlagen? Foster hat sich doch als Wendigo verkleidet und Driscoll und Stanhope ermordet. Vermutlich auch den armen Mann in der Eishöhle. Oder etwa nicht?“, hakte ich nach.

Holmes warf mir einen scharfen Blick zu.

„Ja, mein Guter, genau das sollen wir auch denken. Beziehungsweise, was würde man denken, würde man Foster hier vorfinden in diesem albernen Kostüm?“

Ich spann den Gedanken weiter.

„Dass... er es auf sein nächstes Opfer abgesehen hatte. Die Temperaturen allerdings unterschätzte und schließlich erfror.“

Mein Freund nickte und gab mir ein Zeichen ihm zu folgen.

Es dauerte nicht lange, bis wir zurück im Haus waren. Ich wollte mich um die arme Miss Pembroke kümmern, doch Holmes gab mir ein Zeichen still zu sein.

„Das kann warten, Watson. Ich weiß, Ihre Ehre als Arzt schreibt es Ihnen vor sofort zur Hilfe zu eilen, aber Mr. Palmer kann sich noch einen Moment um sie kümmern.“, erklärte er.

Ich wollte aufs Schärfste widersprechen, immerhin konnte sich die Verletzung unserer Klientin durchaus verschlimmern, oder sogar entzünden. In Holmes' Blick erkannte ich jedoch, wie ernst es ihm war. Schließlich stimmte ich zu und folgte ihm. Wir kamen vor einem Zimmer zum Stehen und mein Freund klopfte.

„Watson, Sie haben doch Ihren Webley dabei, richtig?“

Ich tastete meine Taschen ab, nur um sicherzugehen, ihn nicht unterwegs verloren zu haben. Nein, er war an Ort und Stelle. Wenn Holmes mir für gewöhnlich diese Frage stellte, bedeutete dies, dass jener auch in Kürze zum Einsatz kommen würde.

Die Tür schwang auf und Miss Cresswell trat vor uns. Verdutzt starrte sie mich und Holmes an.

„Wir sind wieder zurück, Miss Cresswell. Allerdings ohne Mr. Foster. Dieser ist leider ebenfalls tot. Aber damit haben Sie bereits gerechnet, nicht wahr?“

Die Lektorin verengte ihre Augen und schluckte schwer.

„Was... immer Sie glauben über mich zu wissen...“, begann sie, doch der Detektiv schnitt ihr das Wort ab.

„Oh, ich weiß alles, da können Sie sich sicher sein. Aber das verschieben wir erst einmal. Wenn Sie auch nur die vage Hoffnung haben wollen, den heutigen Tag noch zu überleben, dann tun Sie genau das was ich sage. Verstehen wir uns?“, verlangte er forsch.

Miss Cresswell nickte schwach.

Holmes trug ihr auf in unserem Zimmer zu warten und keinerlei Mucks zu machen. Die Frau folgte, während wir in ihr Zimmer eintraten und die Tür hinter uns schlossen.

„Holmes! Was hat die Frau mit der Sache zu tun?“, hakte ich nach.

Doch für eine Antwort schien mein Freund keine Zeit zu haben. Schnell durchforsteter er den Raum und kam vor einem Schrank zum Stehen.

„Hier drin können wir uns verstecken.“, entschied er.

Noch bevor ich nachfragen konnte, hatte Holmes den Schrank bereits geöffnet und war damit beschäftigt die Kleidungsstücke auf dem Bett von Miss Cresswell zu verteilen. Dann stülpte er die Decke darüber, so dass es am Ende wirkte, als würde eine Person darunter schlummern.

Dann zog er mich mit sich und zusammen drängten wir uns in den Schrank.

Es war eng und wir war bewusst, dass ich den größeren Teil an diesem Umstand beitrug.

„Watson, seien Sie so leise wie möglich. Wenn ich Ihnen ein Zeichen gebe, verlassen wir den Schrank und Sie richten Ihren Revolver auf die Person, die gleich vor uns stehen wird. Haben Sie verstanden?“

Ich nickte und legte eine Hand an meine Waffe. Jedoch hatte Holmes nicht verraten wie lange genau wie warten sollten. Es vergingen erst 5, dann 10 und schließlich 15 Minuten. Erst dann hörte ich, wie die Tür zum Zimmer aufging. Wir vernahmen Schritte, die sich zu unserem Glück dem Bett und nicht dem Schrank näherten.

Dann hielten sie inne und ein Kichern war zu vernehmen.

„Du bist die letzte, du kleines Miststück. Verrecke!“, sagte eine tiefe Stimme und zeitgleich gab mir Holmes das Zeichen

Wir stürmten aus dem Schrank und traten nach vorne. Ohne zu zögern richtete ich meinen Webley auf die Gestalt vor uns.

Es war ein Mann um die 40, in dicke Kleider gehüllt und ein Messer in der Hand. Er hatte es gerade in die Decke gerammt, unter welcher sich jedoch nur die Kleidungsstücke aus dem Schrank befanden.

Sein Gesicht wirkte verwirrt und ungläubig. Als wollte er es nicht wahrhaben, dass wir vor ihm standen. Oder, dass er seinen Plan nicht hatte beenden können. Aber auch in meiner Miene spiegelten sich Unverständnis und Unglauben wider. Die Person vor mir konnte gar nicht vor mir stehen. Immerhin... war sie längst tot.

„Sie... Sie sind Daniel Stanhope!“, entkam es mir.

Holmes schüttelte langsam den Kopf.

„Nein, ist er nicht, Watson. Er hat sich uns gegenüber lediglich als jener ausgegeben. Den echten Mister Stanhope haben Sie in der Höhle gefunden. Er dürfte dort schon mindestens eine Woche lang rumliegen.“

Ich starrte abwechselnd ihn, und abwechselnd den falschen Stanhope an.

„Der erfrorene Mann war der Butler?“, hinterfragte ich erneut.

Der Detektiv bejahte.

„Ja, nachdem ich mir das Notizbuch ansah und die Art wie der Mann sich die Kleidung angelegt hat, war mir sofort klar, dass er als Butler arbeiten musste.

Der falsche Stanhope hat uns gegenüber doch erwähnt, dass er für eine Agentur arbeitet. Niemand kannte ihn vor seinem Einsatz hier. Es war ein leichtes für ihn, den echten Butler zu töten und seinen Platz einzunehmen. Er musste diesen nur an einen Ort verstecken, wo er lange nicht gefunden werden konnte.“

Ich begann zu verstehen. Aber gleichzeitig verstand ich auch gar nichts.

„Ja, aber Holmes... dieser Stanhope muss doch auch tot sein! Wir haben seine Leiche gesehen!“, erinnerte ich.

Mein Freund schmunzelte nur leicht.

„Haben wir das, Doktor? Erinnern Sie sich zurück. Im Keller war es dunkel und im Schacht sowieso. Nur die Lampe spendete uns Licht. Wir 'glaubten' lediglich Stanhope gesehen zu haben.“

Nun begann ich langsam an meinem Freund zu zweifeln

„Aber... er sah genauso aus wie Stanhope! Und wer soll es denn sonst gewesen sein?“, blieb ich dabei.

Holmes verzog keine Miene.

„Natürlich Thomas Driscoll, wer sonst.“

Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben, doch im Gesicht des falschen Daniel Stanhopes las ich, dass er wohl richtig lag.

„Driscoll? Aber der... starb doch im Wintergarten!“, rief ich ihm ins Gedächtnis.

Doch Holmes schüttelte den Kopf.

„Eben dies hat er nicht getan, mein guter Dr. Watson. Auch wenn ich zugeben muss, dass Sie beide mich mit diesem Schauspiel ernsthaft reingelegt haben. Dies passiert selbst mir nicht oft, dieses Kompliment würde ich Ihnen überlassen, würde es sich bei Ihnen nicht um einen feigen Mörder handeln.“

Der falsche Stanhope schwieg weiterhin und lauschte lediglich Holmes' Ausführungen.

„War das Schauspiel Ihre oder Mr. Driscolls Idee? Lassen Sie mich raten, Sie haben ihn davon überzeugt. Schließlich musste alles genau nach Plan laufen. Ein kleiner Streich, mit dem Driscoll seine Gäste überraschen wollte, der sich aber rasch zu einer Mordserie ausbreitete.“

Stahnhopes Miene entspannte sich, aber nur leicht.

„Ja, ich habe ihn auf diese Idee gebracht. Aber das Kostüm hat er beigesteuert. Dieses wäre für meinen Plan nämlich gar nicht nötig gewesen. Eine simple Maske oder dergleichen hätte ihren Zweck ebenfalls erfüllt. Doch dieser Idiot hatte es als Promotion für sein neues Buch herstellen lassen.“, gab er Aufschluss.

Holmes schien sich dies bereits gedacht zu haben.

„Und während wir alle schockiert auf die vermeintliche Leiche von Driscoll starren sollten, sollten Sie der armen Miss Pembroke als Wendigo verkleidet Angst einjagen. Denn es reichte nicht, einfach nur den Strom auszuschalten. Einer von uns hätte ein Feuerzeug bei sich haben und die falsche Leiche immer noch untersuchen können. Besonders als Arzt wäre Doktor Watson in sekundenschnelle aufgefallen, dass Driscoll gar nicht tot war. Und Ihr toller Plan wäre vollkommen über den Haufen geworfen worden.“

Nun fiel es mir erheblich leichter meinem Freund zu folgen.

„Aber wenn er der Wendigo war... wer hat dann Driscoll aus dem Haus geschafft?“, fragte ich als nächstes.

Darauf hatte mein Freund eine einfache Antwort.

„Niemand hat das. Kaum waren wir aus dem Wintergarten verschwunden, stand Driscoll auf, trat auf die Terrasse hinaus und kletterte über den Sims auf den Dachboden. Das erklärt auch die fehlenden Spuren im Schnee. Die Leiche wurde nicht weggezerrt, sondern befand sich die ganze Zeit über im Gebäude. Dass es ein Schauspiel war, wurde mir auch bald darauf klar, da sich weder rechts noch links vom Tisch, auf dem Driscoll gelegen hatte, geronnenes Blut befand. Dieses war nämlich bereits im Vorfeld präpariert worden. Im Dachboden sollte er also warten, bis sich der Schreck in seinen Gästen festgesetzt hatte. Erst dann sollte er vor uns erscheinen und in einen Lachanfall verfallen.

Doch derjenige der zuletzt gelacht hat... waren Sie, nicht wahr?“

Der falsche Butler schien scheinbar zu überlegen wie er als nächstes handeln sollte. Ich hingegen war bereit eine Kugel abzufeuern, sollte er das Messer aus der Decke ziehen.

„So ist es, Mr. Holmes. Ich musste tatsächlich lachen als ich ihm dort oben den Gar ausmachte. Sie hätten sein Gesicht sehen müssen als ich den Strick um seinen Hals zuzog.“, grinste er nun hämisch.

Der Detektiv räusperte sich.

„Darauf konnte ich zum Glück verzichten. Driscoll galt für uns als tot, egal ob wir seine Leiche je finden würden oder nicht. Doch Sie mussten ebenfalls sterben. Die Leiche in der Höhle konnten Sie nicht vorschieben. Wir kannten inzwischen Ihr Gesicht und auch die körperlichen Proportionen des echten Stanhopes unterschieden sich von den Ihrigen. Nein, Sie mussten Driscoll für Ihren gefälschten Tod nutzen. Zu diesem Zweck begannen Sie, dessen Haar und Bart abzurasieren. Das würde aus ihm optisch einen wesentlich jüngeren Mann machen. Danach schmierten Sie sein Gesicht mit Blut ein, um etwaige Merkmale zu verdecken. Mit Ihrer Kleidung und dem spärlichen Licht würden wir also Driscoll für Sie halten. Es war schon sehr verdächtig, dass er am Kopf blutete, wo er doch angeblich erdrosselt worden war. Demnach mussten Sie seine Leiche nur noch ein zweites Mal verschwinden lassen. Sie zogen ihn nach oben und versteckten diese an einem vorbereiteten Ort. Erst in der späten Nacht hatten Sie Gelegenheit, die Leiche weiter weg vom Haus zu deponieren. Wäre auch nur eine der beiden Leichen, die in Wirklichkeit ein und dieselbe war entdeckt worden, hätte man ihr Spiel durchschaut. Jedoch entdeckte ich weiße Haare am Grund des Schachts. Diese gehörten natürlich keineswegs einer mythischen Gestalt, sondern sind dem Bart von Mr. Driscoll geschuldet. Nachdem ich mich danach in seinem Zimmer umsah, entdeckte ich, dass sein Rasiermesser fehlte. Sie und Driscoll besitzen in etwa dieselbe Größe, zusammen mit den Präparationen mussten wir ihn praktisch für Sie halten.“

Mir schauderte. Demnach war der Mörder die ganze Zeit unter uns.

„Und... Mr. Foster?“, wollte ich in Erfahrung bringen.

Für Holmes schien dies der einfache Teil zu sein.

„Na ja, er wollte dem Meteorologen am Ende alles anhängen. Würden wir ihn draußen in der Kälte im Kostüm des Wendigos vorfinden, würden wir unsere Schlüsse ziehen. Allerdings habe ich die richtigen gezogen. Das war Ihr Fehler, Stanhope. Oder sollte ich lieber Mr. Samuel Pembroke sagen?“

Den Mörder schien er mit letzterer Aussage nicht verblüffen zu können, anders sah es da schon bei mir aus.

„Wie erwartet. Sie haben sich also mit meinem Bruder beschäftigt. Und dadurch kamen Sie auch auf mich.“, kam es vom falschen Butler.

Der Detektiv nickte.

„Ja, während meinen Nachforschungen in London stieß ich auch auf dessen jüngeren Bruder Samuel. Jener saß bereits lange wegen Totschlags im Gefängnis, jemandem wie ihm wäre so eine Tat also durchaus zuzutrauen.“

Samuel Pembroke musste lachen.

„Ja, Mr. Holmes. Ich war immer der schlimmere von uns beiden. Ich war das Monster. Aber mein Bruder... er war die Güte in Person. Er hat es nicht verdient zu sterben. Aber Driscoll... hat ihn einfach immer nur ausgenutzt. Ständig sollte er die Tricks nachstellen, welche dieser sogenannte Autor in seinen Werken verwenden wollte. Viele waren gefährlich, wodurch er sich oft Verletzungen zuzog. Doch dann... ging Driscoll zu weit. Er verlangte etwas zu gefährliches, wodurch schlussendlich die Klinge eines Messers in der Brust meines Bruders landete. Foster und Cresswell waren ebenfalls anwesend und haben meinen Bruder sogar noch animiert. Sie sind genauso schuldig, nicht zuletzt weil sie alles vertuscht und es wie Selbstmord haben aussehen lassen.“

„Und darum wollten Sie Rache nehmen. Für Ihren Bruder.“, schloss Holmes.

Samuel Pembroke nickte mehrmals.

„Ja. Florence hatte mich zuletzt gesehen als sie noch ein Kind war. Ich war mir sicher, dass sie mich niemals wiedererkennen würde. Aber... sie musste einfach hier sein. Sie musste jeden dieser Monster sterben sehen. Ich habe es... auch für sie getan.“

Holmes trat nun entschlossen vor.

„Vollkommener Unsinn! Sie denken ernsthaft, Ihre Nichte hätte das hier gewollt? Nein, Miss Pembroke erscheint mir wie eine Person, der Gerechtigkeit am Herzen liegt. Sonst hätte sie mich niemals in der Baker Street aufgesucht und mich engagiert. Ich verbiete es Ihnen in ihrem Namen zu sprechen.“

Holmes' Forschheit konnte Samuel Pembroke jedoch nicht beeindrucken.

„Mir ist Ihre Meinung herzlich egal, Mr. Holmes. Immerhin... habe ich mein Werk noch nicht erfüllt. Ich wollte Agnes Cresswell zuletzt töten und es wie Selbstmord aussehen lassen. Die Nerven wären mit ihr durchgegangen. Aber die Details sind immer nun egal!“, brüllte er nun und zog aus das Messer aus der Decke. Er stürmte auf meinen Freund zu, doch ich reagierte blitzschnell. Ich schoss und die eine Kugel traf das Bein des Mannes. Er ließ das Messer los und stürzte voller Schmerz zu Boden.

Während Holmes nach etwas suchte, mit dem er den Täter fesseln konnte, versuchte ich die Wunde zu versorgen.

Die Tür wurde kurz darauf aufgeschlagen, es waren Mr. Palmer und Miss Cresswell. Vom Schuss angelockt wollten sie erfahren was los war. Sie staunten nicht schlecht, als sie den vermeintlich toten Mr. Stanhope auf dem Boden erblickten.

Bald darauf war dieser gefesselt und seine Wunde vorsorglich versorgt. Erst als wir sicher waren, dass keine Gefahr mehr von ihm ausging, wagte ich es, nach Miss Pembroke zu sehen. Der Zoologe Palmer hatte ihr Bein inzwischen gekühlt, so dass eine Weiterversorgung für mich ohne Probleme verlief. Sie würde sich schnell erholen, da war ich mir sicher.

Der größere Schock für sie stellte sich für sie dar, als sie erfuhr, bei wem es sich um den vermeintlichen Daniel wirklich handelte. Sie verlangte ihn zu sehen, doch Holmes hielt das im Moment zu gefährlich. Erst nachdem der Kutscher angekommen war und Holmes ihm auftrug, die Polizei zu informieren, welche den Mörder kurze Zeit später abholte, ergab sich die Gelegenheit diesem nochmals in die Augen zu sehen. Es fielen keine Worte, es war lediglich Schuld in Samuels Gesicht zu erkennen. Ich bezweifelte, dass sich diese jedoch auf die Morde bezog. Darauf, ob er seinen Bruder im Stich gelassen hatte, oder dass er seine Nichte in die Sache verwickelt hatte, würden wir wohl nie erfahren. Auch Miss Cresswell musste die Polizei wegen der Verdeckung einer Straftat begleiten. Gerecht wie ich fand, immerhin hatte diese Tragödie nur wegen ihrem und Mr. Fosters Schweigen begonnen. Hätten sie das Geschehene der Polizei gemeldet, wäre vielleicht nichts derartiges wie dieses Wochenende geschehen.

Auch die Leichen Mr. Fosters und des wahren Mr. Stanhopes wurden geborgen und ins Leichenschauhaus gebracht. Mr. Driscolls Leiche ausfindig zu machen war um einiges schwieriger. Samuel hatte sie gut versteckt und der Schneesturm seine Spuren verdeckt. Vermutlich war es nötig bis zum Frühling und dem Abtauen des Schnees zu warten um ihrer habhaft zu werden. Außer natürlich sein Mörder würde das Versteck verraten, was diesem jedoch im Moment egal sein dürfte. Er hatte bestimmt andere Sorgen.

Mr. Palmer war der letzte von dem wir uns verabschiedeten. Er wünschte uns eine sichere und vor allem ruhige Heimreise, einen Wunsch, den ich nur befürwortete

Auf dem Rückweg kam ich nicht umher, Holmes ein klein wenig zu triezen.

„Geben Sie es zu, Holmes. Für einen kleinen Moment haben Sie ebenfalls an den Wendigo geglaubt.“

Mein Freund verdrehte seine Augen und seufzte.

„Selbst wenn dem so gewesen wäre. Hätte ich mich immer mit einem so fähigen Schützen wie Ihnen immer noch sicher gefühlt.“, versicherte er.

Ich schmunzelte.

„Also gut, Holmes. Ich werde Sie daran erinnern, wenn wir dem nächsten Monster begegnen.“



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