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Knall Boom Bang!

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Knall Boom Bang!


 

Knall Boom Bang
 

Es war eine fantastische Idee. Eigentlich die beste, die er je hatte. Okay, vielleicht die beste Idee in der letzten Zeit. Aufgeregt saß Osterhase im Flieger auf den Weg nach Deutschland, um seinen älteren Bruder aufzusuchen. Eine genaue Adresse hatte er von diesem nicht, denn der Kontakt zu seinen Brüdern war ziemlich eingeschlafen. Zu Santa hegte er hin und wieder sporadischen Nachrichtenverkehr, wobei man sagen musste, dass dieser ebenfalls vom Älterem ausging. Während zwei seiner Brüder in Aachen, mehr oder minder, unter den Menschen direkt lebten, zogen Santa und er es bisher vor für sich zu bleiben. Santa, welcher von allen Kindern heiß geliebt wurde, weil er gratis Geschenke brachte und man ihm dafür nur Honig ums Maul – äh natürlich lieb und artig sein und einmal im Jahr einen Brief schreiben musste, lebte am Nordpol. Zusammen mit seinen Sklaven - oder Elfenarmee, wie er es nannte. Dort war es so arschkalt, dass ihm die kleinen Kinder nicht hin folgten. Taktisch eben gut gewählt, da auch Erwachsene nicht freiwillig hinkamen. Er selbst hatte Santa nur einmal besucht, nämlich als dieser dorthin gezogen war. Blöde versprochene Umzugshilfe. Fast hätte er sich dabei beide Ohren und seinen puscheligen Schwanz abgefroren. Daraufhin hatte er sich geschworen nie, nie, nie und nochmals nie wieder auch nur einen Fuß in diese Eiswürfelmaschine zu setzen. Mit Erfolg!

Auf seiner Osterinsel war es eh viel besser, es war kuschelig warm, sodass die Bunnys dort freizügig, statt in dicken Wintermänteln, rumliefen. War ein wesentlich besserer Anblick, soviel war klar.

„Entschuldigung, mein Herr. Wir sind gelandet und Sie müssten das Flugzeug jetzt verlassen“, holte ihn eine freundliche Damenstimme aus seinem Gedankengang.

Die Reise war schneller vergangen, als er dachte. Nun musste er nur noch Zahnfee finden, was für viele sicher ein schwieriges Unterfangen war, aber eigentlich musste man nur der Spur des Geldes folgen. Oder der wackelnden Zähne. Kurz um hatte er einen Kindergarten aufgespürt. Nirgendwo gingen mehr Zähne verloren, nirgendwo hatte Zahnfee mehr zu tun, als hier, bei diesen kleinen und lauten Nervensägen. Fehlte nur noch ein potentieller Zahnverlierer. Vielleicht das blonde Mädchen, welches beim Fange spielen um den Baum mit ihrer Freundin diesen immer nur knapp verfehlte. Wieso war ihm die Idee nicht schon zu Weihnachten gekommen, als hier sicher Schnee lag. Beim Hinfallen oder Rodeln verloren selbst die Erwachsenen alles Mögliche.

„Mama, wieso hat der Mann ein Hasenkostüm an?“

„Wahrscheinlich hält er sich für den Osterhasen.“

Die Mutter des Jungen sagte dies mit einem leicht spöttischen Ton, weswegen ihr Sohn zu Lachen anfing. Trotzdem fixierte sie ihn mit einem misstrauischen Blick. Am liebsten hätte er ihr ins Gesicht geschrien, dass er sich nicht nur für den Osterhasen hielt, sondern dieser auch schlichtweg war. Mit zusammen gekniffenen Lippen schluckte er diesen Kommentar dann noch herunter. Diese Beherrschung schien das Schicksal belohnen zu wollen. Auch wenn die beiden Menschen weiter gegangen waren, konnte er sie dank seiner großen Ohren immer noch sehr gut hören. Gerade verkündete der Knirps stolz, dass ihm heute endlich sein wackeliger Zahn heraus gefallen sei. Bingo! Unauffällig folgte er den beiden zu deren Haus. Zum Glück ein Einfamilienhaus. In einem Mehrparteienhaus, wäre die weitere Überwachung schwieriger geworden. Schließlich war er sich nicht mehr ganz sicher, wie sein Bruder in die Zimmer eindrang, um Zahn gegen Geldstück zu tauschen.
 

Endlich war es Nacht und auch die Eltern des Bengels waren schlafen gegangen. Im Schutz des Gestrüpps, welches um das Haus und auf dem Grundstück verteilt war, hatte er beobachtet, wie der Zahn unter das Kissen gewandert war. Bevor er seine Nachtwache begonnen hatte, hatte er sich noch mit Energydrinks und einer Nudelsuppe eingedeckt. Diese hatte echt nicht Übel geschmeckt. So etwas fehlte ihm auf der Osterinsel, stellte er für sich fest. Sein Blick wanderte auf sein, mit Hasenohren und Flauschbezug ausgestattetes, Handy. Drei Uhr früh. Wie lange brauchte sein Bruder denn? Er wurde alt und langsam. Oder hatte er beschlossen genug Zähne zu haben? Pfff~, als ob der je genug Zähne hätte. Lächerlich. In dem Punkt war sein Bruder unersättlich. Mit einem weiteren Schluck leerte er nun seinen vorletzten Energydrink, als sich endlich etwas zu tun schien.

„Aha… interessant“, murmelte er leise, während er das Geschehen betrachtete.

Damit hatte er jetzt weniger gerechnet, erklärte aber die späte Stunde. Jetzt hieß es aufpassen, denn diese Verfolgung würde schwer werden, besonders, wenn er unauffällig bleiben wollte – vorerst. Wobei es ihm sein Bruder schon leichter machte mit dieser Art der Zahnabholung.
 

Einige weitere Zahn-Geld-Transaktionen später – und dem dezenten Morgenrot am Himmel – war endlich sein Ziel in Sichtweite. Er selbst stand nun im Schatten eines alten, wenngleich auch pompös anmutenden, Schlosses. Sein älterer Bruder hatte schon immer eine Vorliebe für extravagante Sachen. Angeber. Unruhig klopfte sein linker Hinterlauf auf den Boden, als er den letzten Schluck austrank. Es lag ganz klar an den Energydrinks und keines Falls an der Nervosität bezüglich seines Bruders, dass er jetzt so hibbelig war. Ganz klare Sache. Er wollte ihm nur etwas Zeit noch geben. Ja, genau.

`Hasenfuß.´

Die Stimme seines anderen älteren Bruders Sandmann tanzte ihm durch den Kopf. Genauso wie dessen dämliches, spottendes Kichern. Er war kein Hasenfuß, schon lange nicht mehr. Wütend und achtlos ließ er die Dose ins Gras fallen und stapfte in Richtung Eingang. Die Nervosität war verpufft. Knarzend – und erstaunlich schwer – öffnete sich die Tür zum Schloss. An der Rezeption angekommen, schließlich betrieb sein Bruder ein Hotel – wer auch immer hier freiwillig eincheckte, er war weiß Gott kein Innenraumausstatter, aber selbst er erkannte, dass die Einrichtung so ansprechend war, wie ein vergammeltes Osterei - , herrschte gähnende Leere. Verwundern tat ihn das nicht, nachdem was es bis eben noch gesehen hatte. Gemütlich schlenderte er zum Tresen, nur um dort mit seiner Pfote und der kleinen, süßen Bimmel Sturm zu klingeln. Mal gucken, wie schnell seine Nichte war. Es dauerte nur einen Moment, da kam diese – sichtlich müde – herbei geflogen.

„Willkommen beim Hotel zum Zahn. Ich bräuchte ihre Buchungsnummer, Perso- … Du? Was machst du denn hier?“, brach diese ihren auswendig gelernten Text ab, als sie währenddessen zu ihm aufgesehen hatte.

„Bin auch hocherfreut dich wieder zu sehen, kleine Hexe.“

„Ich bin weder klein, noch eine Hexe, sondern eine Fee!“, fauchte sie sogleich, deutete dann zuerst mit ihrem Zauberstab auf ihre silbrigen Flügel und drohte ihm mit diesem im Anschluss.

„Oh~ hat Papi dir ein neues Spielzeug geschenkt?“, säuselte Osterhase.

Vor seiner Nichte hatte er nicht wirklich Angst, auch wenn es schon einige Zeit her war, als er sie das letzte Mal sah. Tatsächlich war sie größer geworden. Nach kurzem Überlegen kam er zum dem Schluss, dass sie jetzt im Teenageralter angekommen sein müsste.

„Das ist kein Spielzeug, ich verhex‘ dich gleich in eine Kröte mit Ohren!“

„Also doch eine Hexe.“

„Was? Nein, ich meine argh!“

Bevor sie sich selbst korrigieren konnte, unterbrach er ihren Redefluss.

„Wo ist mein Bruder?“

„Nicht da.“

„Lügen machen kleine Feenflügel. Ich höre ihn doch aus irgendeinen der Räume was vor sich hin murmeln.“

„Er will nicht gestört werden, schon gar nicht von dir.“

Die Ohren des Osterhasens bewegten sich hin und her, nur um dann stehen zu bleiben. Das rechte Ohr zuckte noch zwei mal kurz, ehe er einen triumphierenden Gesichtsausdruck auflegte. Seine Nichte hatte das Ganze beobachtet und runzelte leicht die Stirn.

„An den zwei kleineren Türen rechts von mir vorbei, die große Flügeltür hindurch. Ich danke dir. Im Übrigen du solltest echt schneller werden beim Zähne einsammeln, dass hat ja ewig gedauert.“

Mit einem Grinsen ließ er seine verdutzte Nichte am Tresen stehen, welche diese Informationen erst noch verarbeiten musste. Es würde sicherlich nicht lange dauern, bis sie sich aus ihrer Starre lösen würde. Er sollte damit recht behalten, denn schon hörte er sie ihm nacheilen. Jedoch war er schneller als sie und öffnete schwungvoll die Flügeltür. Der Raum, welcher eine Mischung aus Büro und Labor darzustellen schien, wenn gleich Letzteres nur auf eine kleine Tinkturenbank mit Kessel reduziert war, war riesig. An einen wuchtigen Holztisch saß zwischen einigen Papieren und Büchern sein Bruder. Dieser blickte sichtlich verärgert, dass man ihn gestört hatte, auf.

„Schon mal was von Anklopfen gehört, Hase?“

Der Angesprochene blieb stehen und trommelte mit seinem einen Hinterlauf schnell und kräftig auf den Boden, sodass es bis in die Haupthalle zu hören war und der Kronleuchter dort ein klingelndes Geräusch von sich gab.

„Hab ich doch“, meinte er dann unschuldig.

Sein Bruder verdrehte die Augen.

„Tut mir leid, Dad. Ich hab noch versucht ihn aufzuhalten. Ich bring ihn wieder raus!“

Dabei packte seine Nichte ihn am Arm, um ihn raus zu schleifen. Beeindrucken tat ihn das wenig, da der Erfolg ebenso ausblieb. Er konnte sich halt verdammt schwer machen, wenn er wollte. In des klingelte am Tresen anscheinend ein neuer Kunde oder Gast. Je nachdem, wie man es auslegte.

„Lass gut sein. Geh nach vorne und kümmere dich um die Rezeption“, wies sein Bruder sie an.

Widerwillig kam sie diesem nach und schloss die Tür hinter den beiden.

„Was willst du?“

„Wie? Begrüßt man so etwa seinen Bruder, den man schon ewig nicht mehr gesehen hat? Kein, wie geht‘s?“

„Als ob auch nur einer von euch hierher kommt, um mal nichts zu wollen. Ich hab zu tun, Hase, also fasse dich kurz oder verschwinde.“

„Schon gut, Zahn, schon gut. Kein Grund gleich so mürrisch zu werden. Ich brauche nur eine Kleinigkeit“, begann er und zog seinen Gürtel von der Hüfte.

„Jetzt sag mir nicht, dir reicht es nicht eine Henne zu haben, welche goldene und silberne Eier legt. Wie ausschweifend ist denn dein Lebensstil neuerdings?“

„Was? Nein, es geht nicht um eine weitere Henne, wobei du die jetzige schon mal modifizieren könntest, dass sie öfters solche Eier legt.“

Der Blick von Zahnfee sprach Bände, weswegen der Osterhase wieder zurück ruderte und ihm versicherte, dass die bisherige Legemenge vollkommen in Ordnung war. Der Ältere war wirklich sehr schlecht drauf. Vielleicht war es doch keine so gute Idee ihn jetzt zu stören. Egal, nun war es zu spät.

„Nein, also pass auf, ich wollte dich fragen, ob du den Gürtel oder zumindest die Eier daran in Bomben verzaubern kannst. Dann wäre ich noch stärker und mit euch anderen endlich auf einem Level.“

„Bomben?“

„Bomben.“

„Bomben.“

„Bomben“, wiederholte der Hase, um dann noch etwas klarer nachzusetzen, „Du weißt schon. Knall, Boom, Bang.“

„Knall... Boom... Bang...“

„Ja~, Bomben eben“, sagte er nun langsamer und gedehnter.

Hatte sein Bruder gerade einen geistigen Aussetzer oder war er plötzlich Schwerhörig geworden? Gerade wollte er es noch einmal sagen, da das vorherrschende Schweigen begann unangenehm zu werden, da räusperte sich Zahnfee auch endlich.

„Erstens: Ich verzaubere nichts. Ich bin kein Magier, sondern ein Alchemist. Geht das irgendwann mal in deinen Schädel rein? Zweitens: Wozu brauchst du Bomben? Du bist der Osterhase, du sollst einmal im Jahr bunte beziehungsweise Schokoladeneier für Kinder verstecken. Und drittens: Was zum Teufel habe ich davon, wenn ich das machen sollte für dich?“

„Na, ja, ist erstens nicht irgendwie beides schon dasselbe? Ich meine, ich hab von dir eine Henne die Eier aus purem Gold und Silber legt.“

„Dies war ein sehr komplexer alchemistischer, züchterischer Vorgang, du Einfaltspinsel“, fuhr Zahnfee ihm ins Wort.

„Schon gut, schon gut. Also keine Magie“, beschwichtigte er den anderen und verkniff sich ihn auf den Zauberstab seiner Nichte anzusprechen, „Zweitens, natürlich zur Selbstverteidigung, falls unser großer Bruder da oben am Nachthimmel wieder Stress macht.“

„Dafür kannst du doch deine Kampftechniken und hast deine energetische Entladungskraft.“

Osterhase verzog kurz das Gesicht. Der Andere machte es ihm heute aber wieder besonders schwer. Er hatte definitiv mehr von einem Lehrer, als von einem liebenden Bruder gerade. Wäre er Santa, oder noch besser Sandmann, dann würde Zahnfee sofort das tun, worum er gebeten wurde. Da war er sich mehr als sicher. Nur bei ihm musste er dieses Spiel spielen. Aber so schnell würde er nicht klein beigeben.

„Versteh doch, wie nützlich und cool es wäre, wenn wir umzingelt sind und ich euch mit meinen Kampftechniken den Rücken frei halte und dann zur Not noch eine Bombe auf eure Angreifer werfen könnte. Das könnte einem von euch vielleicht mal das Leben retten.“

Die Miene seines Bruder ließ nicht erahnen, ob ihn die Argumentation überzeugt hatte oder nicht.

„Und drittens, ich würde dich nie wieder wegen etwas belästigen, weil ich dann alles hätte, was ich brauche um glücklich zu sein.“

„Den Satz höre ich von euch ziemlich oft und irgendwie ist dieses Versprechen noch nie gehalten worden.“

„Ach komm schon, Zahn, bitte, nur noch dieses eine Mal! Gib dir einen Ruck. Ich komm, nun wirklich nicht so oft hier her“, versuchte Osterhase es nun mit einer Prise betteln und der Hoffnung, dass die anderen beiden Brüder hier wirklich öfters auf der Matte standen.

Anscheinend war das Glück auf seiner Seite, denn endlich sank der Kopf des Älteren nach vorne und seine Hand massierte sich die Schläfe.

„Na schön. Gib her“, meinte dieser und hielt dann auffordernd die Hand hin.

„Besten Dank. Ich wusste, dass du mich nicht hängen lässt.“

Der Gürtel wechselte den Besitzer und Osterhase sah erwartend zur Zahnfee, welche den Gegenstand hinter sich auf einer Kommode verstaute. Die beiden blickten sich eine Weile an, jeder mit einer anderen Mimik zu erst, bis sich bei beiden ein fragender Blick manifestierte.

„Was?“, kam es aus beiden Mündern gleichzeitig, wobei Zahnfee einen genervten Unterton mitschwingen ließ.

„Na, willst du nicht anfangen?“

„Womit?“, fragte der Ältere.

„Mit den Bomben? Du weißt schon der Gürtel, der da hinter die liegt? Oder zauberst du schon?“

„Zum wiederholenden Male: Ich bin Alchemist! Und für deinen blödsinnigen Sonderwunsch habe ich keine Zeit gerade. Ich hab Wichtigeres zu tun.“

Obwohl Zahnfee noch nicht umher schrie, merkte Osterhase doch deutlich, dass er die Geduld von diesem ziemlich ausgereizt hatte. Normalerweise scheute er keinen Streit mit seinen Brüdern, aber gerade mit diesem sollte er sich jegliche unnötige Auseinandersetzung ersparen, besonders, wenn dieser noch etwas für ihn tun sollte. Langsam ging er rückwärts zur Tür.

„Ja… ähm… natürlich. Bin schon weg, also du weißt ja wo ich wohne, schreib mir einfach, wenn ich den abholen kann. Es hat ja nicht so die Eile. Also war schön dich mal wieder zu sehen und natürlich auch deine Tochter. Ich -“

„Verschwinde!“

„Bin schon weg“, meinte er und zuckte unweigerlich zusammen, als sein Bruder sich bei den Rauswurf ruckartig vom Stuhl erhob.

Er mochte es nicht zugeben, aber Zahnfee hatte es immer noch drauf ihm Angst einzujagen. Von seiner Nichte war nichts zu sehen an der Rezeption, anscheinend war sie mit dem Kunden, Gast, was auch immer, beschäftigt, weswegen er ohne sich von ihr zu Verabschieden das Anwesen verließ.
 

Er hatte ihn wahrscheinlich vergessen, es waren immerhin schon mehr als zwei Wochen ins Land gegangen und sein Bombengürtel war immer noch nicht da. Verärgert war der Osterhase die letzten Tage umher getigert und auch die süßen Bunnys hatten seine Laune nicht heben können. Am liebsten wäre er zurück zu seinem Bruder gefahren, hätte dessen Hotel auseinander genommen und zwar so lange bis er seinen versprochenen Gürtel bekam. Doch da es nicht mehr weit bis zum Osterfest war, steckte er bis an die Ohren in den Vorbereitungen. Gerade hielt er ein sehr wichtiges Meeting mit seinen Mitarbeiterinnen.

„Meine Damen, wir müssen die Produktion steigern. In dem aktuellen Tempo schaffen wir es nicht alle Menschen mit einem Osternest auszustatten. Babette, du kannst mir dreimal sagen, dass wir es immer irgendwie geschafft haben. Es war immer knapp und teils mit beschädigten Eiern, dass gibt uns einen schlechten Ruf. Wir konkurrieren nicht mit irgendwem, sondern mit meinem Rauschebartbruder. Die Schokoladenindustrie kann nicht immer alles retten für uns. Das kostet mich ein Vermögen! Sei still, Else, natürlich kriege ich Anteile an den Schokoladenverkäufen, trotzdem ist es kein großes Gewinngeschäft. Also, ich will in den nächsten Tagen mehr Einsatz von euch sehen, gerade von dir Giselle. Ja, ich weiß ganz genau, dass du mehr am Naschen und Schwatzen bist, als am Arbeiten. Nimm dir ein Beispiel an Henriette.“

Giselle schüttelte empört ihr Gefieder auf und gab erst lautes Gegacker in seine Richtung ab, nur um dann anschließend mit den Schnabel auf Henriette einzuhacken. Diese Wiederum ließ sich das nicht so einfach gefallen und schlug zurück. Es entstand eine allgemeine Unruhe auf der Wiese, welche durch das Piepsen seines Handys komplettiert wurde. Na, super, das hatte man also davon, wenn man einen Betrieb mit einem reinen Frauenanteil führte. Der Osterhase zückte sein Handy und wischte mit dem Finger über den Bildschirm, um einen Blick auf den Eingang seiner Haustür zu bekommen. Smarthomes waren schon eine coole Erfindung.

„Ja?“, fragte er ins Handy hinein, ging allerdings etwas weiter weg von dem immer stärker werdenden Hennentumult.

„Die Post, ein Paket für Herrn Osterhase.“

„Stellen Sie es einfach vor die Tür, danke.“

Damit legte er auf und begann zu überlegen, was das für ein Paket war. Hatte er in letzter Zeit was bestellt bei den hiesigen Versandhäusern? Auf die Schnelle fiel ihm keines ein.

„RUHE!“, schrie er die Hennen an, welche sich nun richtig aufgeheizt hatten, „Ihr wisst was ihr zu tun habt, spart euch eure Energie für‘s Eierlegen auf, statt sie mit diesem albernen Streit zu verbrauchen.“

Damit verließ er die Wiese, auch wenn eines seiner Hühner, es musste Giselle gewesen sein, ihn als Sklaventreiber betitelte. Juckte ihn nicht, er saß am Futterhebel.

Seine Miene und Laune war nach kurzer Zeit viel besser, als er wieder auf der Wiese ankam. Dennoch drehten ihm die Hennen bei seiner Rückkehr demonstrativ den gefiederten Hintern zu. Aber auch das war nicht weiter wichtig, denn endlich war er da. Sein Bombengürtel. Er konnte nicht anders, als gedanklich seinen Bruder für die Arbeit zu loben. Die Eier sahen aus wie immer und trotzdem merkte er, dass sie vom Gewicht her anders waren. Begeistert hatte er im Haus den Gürtel begutachtet, ihn vor dem Spiegel umgebunden und stolz Goldie, die von seinem Bruder speziell gezüchtete Henne, präsentiert. Die schwarze Henne mit dem goldenen Kamm und den silbrigen Schwanzfedern zeigte sich wenig beeindruckt, auf ihrem dunkelblauem Samtkissen. Grundsätzlich war sie wenig emotional. Es juckte den Osterhasen in den Pfoten seine neue Errungenschaft zu testen. Nur eine Eierbombe, nur eine, doch im Haus war es keine Idee, weswegen er sich wieder zu den anderen Hennen nach draußen begeben hatte. Nach einer kurzen Überlegung entschied er sich für eines der silbernen Eier. Einen Zünder fand er nicht an diesem, sein Bruder hatte in seiner beigelegten Notiz lediglich ein „Da hast du ihn“ drauf gekrakelt. Damit musste er wohl selber ausprobieren, wie diese funktionierten. Letztlich warf er das Ei einfach mit Schwung einige Meter weit auf den Boden. Es folgte ein Knall, welcher einem Gewehrschuss ähnelte und ein mittellautes „Boom“. Nur damit dann eine große orange Farbwolke mit einem leisen „Bang“ heraus platzte. Ungläubig blinzelte Osterhase. Nach einem kurzen Moment griff er eines der goldenen Eier und warf dieses an eine andere Stelle. Es passierte noch einmal genau dasselbe, nur dass es jetzt eine hellblaue Farbwolke war. Amüsiertes Hühner Gekacker drang an seine Ohren, während er zwei weitere Eier warf. Bis auf zwei andere Farbwolken, änderte sich jedoch nichts.

„HÖRT AUF ZU LACHEN!“, schrie er zornig, jedoch ohne Erfolg, seine Hühner an.

Er hatte ihn verarscht! Lächerlich gemacht! Das würde er bereuen. Ostern hin oder her, er würde jetzt sofort zu seinem Bruder und diesen zu Rede stellen.

„Macht eure scheiß Arbeit oder ich setz euch auf Hungerkur“, fauchte er noch einmal die Hühner an, welche dies aber immer noch nicht wirklich beeindruckte, ehe er wutschnaubend davon stapfte.
 

Dies mal war der Last-Minute-Flug nicht so schnell vorbei gegangen, wie vor ein paar Wochen noch. Was sicherlich an seiner Ungeduld lag, welche sich hier und da immer wieder zeigte. So sprang er förmlich aus dem Flieger heraus, um diesmal gleich und ohne Umwege zum Anwesen des Zahnmeisters zu gelangen. Mit Schwung öffnete er die Tür, ging schnurstracks auf den Tresen der Hotelrezeption zu und an dieser gezielt vorbei. Seine Nichte war, kaum dass die Eingangstür laut gegen die Wand geknallt war, erschienen und hatte begonnen ihren Text runter zu rattern.

„Du schon wieder? Hey, Dad will nicht gestört werden. Ey, hörst du mir zu, Onkel? Er hat Besuch!“

Er spürte, wie sie seinen Arm festhielt und bemüht war ihn anzuhalten. In seiner Rage jedoch zog er sie ohne große Probleme einfach mit sich mit. Vor der Flügeltür angekommen hielt er kurz inne und klopfte dann energisch gegen diese. Schließlich wollte er nicht wieder einen Benimm-Tadel haben. Anschließen stieß er sie auf und während er eintrat, versuchte er seine Nichte endlich vom Arm abzuschütteln.

„Du? Schon wieder?“, fragte Zahnfee genervt, „Wieso kommst du überhaupt rein? Ich hab nicht „herein“ gesagt. Kannst du dich nicht an die einfachsten Höflichkeitsregeln halten?“

„Sei froh, dass ich diesmal angeklopft hab. Lass mich los du kleine Hexe!“

„Immer noch unverändert, tze. Was los? Haben dir deine Farbpupseier nicht gefallen, die Zahn dir gemacht hat, Hoppel?“

Seine Energie den Laden hier auseinander zu nehmen, verpuffte augenblicklich, als seine Ohren diese Stimme wahrnahmen. Im Hintergrund hörte er seine Nichte über den Namen Hoppel kichern, nachdem er sie endlich abgeschüttelt hatte. Die Wut verlagerte sich augenblicklich von Zahnfee auf seinen Gast. Als Osterhase sich zur Seite umdrehte, sah er in das hämisch grinsende Gesicht seines anderen Bruders. Sandmann.

„Was willst du denn hier?!“

„Das geht dich nichts an, Hoppel.“

„Nenn mich nicht so!“

„Gut. Dann Angsthase? Angsthäschen? Oder Hasenfuß? Besser?“

Die Faust von ihm ballte sich und sein Ring begann leicht zu leuchten. Wie gerne würde er ihm jetzt mit einer Druckwelle gegen die Wand schleudern, aber er durfte nicht. Stattdessen zog er scharf Luft ein, um sich etwas runterzufahren.

„Das war doch bestimmt deine scheiß Idee.“

„Na, na, na. Ich hab damit nichts zu tun. Aber ist doch toll, du kannst dir jetzt ganz einfach das Fell färben“, gluckste der andere.

„Ich färb‘ dir gleich was anderes!“

Die Flügeltür klappte zu, anscheinend hatte Zahnfee seine Tochter wieder mal aus dem Büro verbannt und zurück an ihren Arbeitsplatz geschickt. Diese hatte sich weiterhin über den Namen für ihn amüsiert. Es passte dem Osterhasen gar nicht, dass Sandmann ihn vor ihr mit einem so lächerlichen Namen aus Kindertagen angesprochen hatte. Von all seinen Brüdern, war dieser ihm der verhassteste. Selbst Mond mochte er mehr, wenn man das so sagen konnte.

„Oh~ jetzt hab ich aber Angst. Deine kleinen Fellpfötchen sehen aber auch gefährlich aus.“

Der Sarkasmus war nur ein weiterer Impuls um die Situation anzuheizen. Zahnfees mahnende Worte, an beide gerichtet, stießen anscheinend nicht nur beim Osterhasen auf taube Ohren.

„Ich würde dir ja zu rosa raten. Ist eine Trendfarbe dieses Jahr. Die kleinen Mädchen werden dich lieben dafür“, stichelte Sandmann weiter.

Jetzt reichte es. Jetzt war Schluss mit lustig! Er wollte unbedingt eine in die Fresse? Bitte, wer so darum bettelte, dem wollte er dies nicht verwehren.

„Schnauze!“

Seine Fäuste ballten sich und eine davon machte sich auf den Weg in Sandmanns Richtung. Dieser wich aus, allerdings würde er es nicht bei der zweiten oder dritten tun können. Denn auch das Büro von Zahnfee hatte, trotz seiner beachtlichen Größe, seine räumlichen Grenzen. Er bekam noch mit, wie Sandmann seine Brille über die Augen zog und dessen Grinsen so breit wurde, dass man seine perlweißen Zähne aufblitzen sehen konnte. Mit einem Schlag wurde es dunkel um den Osterhasen und in weiter Entfernung hörte er noch die Stimme von Zahn, welche Sandmann wütend anschrie. Die genauen Worte jedoch waren nur ein Rauschen.
 

Etwas kitzelte ihn an der Nase auf ganz unangenehme Art und Weise. Es dauerte eine ganze Weile bis er sich aufraffen konnte seine Augen zu öffnen. Das Licht, welches schwach durch die zugezogenen Vorhänge ins Zimmer eindrang, signalisierte ihm, dass es Tag sein musste. Komisch war nur, dass die Sonne einen anderen Stand zu haben schien. Darüber konnte und wollte er sich aber gerade nicht den Kopf zerbrechen. Den dieser schmerzte leicht und fühlte sich schwer an. Langsam setzte er sich auf, nur um festzustellen, dass er in einem Bett gelegen hatte und in einem fremden Zimmer war. Die Einrichtung war sehr eigen. Osterhase zählte eins und eins zusammen. Er befand sich in einem Zimmer des Zahnhotels. Aber wieso lag er hier? Auf dem Nachttisch entdeckte er ein Glas mit klarer Flüssigkeit, nach kurzem daran riechen und nippen war klar, dass es sich um Wasser handelte. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie durstig er war und gierig trank es in einem Zug aus. Einige Zeit später hatte er sich soweit wieder sortiert, dass er das Zimmer verließ. Seine Beine fühlten sich komisch an, als ob sie Tage lang nicht bewegt worden waren. Mit jedem Schritt konnte er dieses Gefühl allerdings abschütteln. Im Hotel selber war er noch nie gewesen und so hielt er Ausschau nach sämtlichen richtungsweisenden Schildern, bis er den Fahrstuhl erreichte und ins Erdgeschoss fuhr. Während der Fahrt versuchte er sich an irgendetwas zu erinnern, was erklären würde, wieso er in einem Hotelzimmer wach geworden war. Jedoch wollte es ihm partout nicht einfallen. Er hatte sich mit Sandmann gestritten und wollte ihm eine Reinhauen und dann nichts mehr. Normalerweise waren ihm Hangovers, von denen er in seinem Leben schon wirklich mehr als genug hatte, ziemlich egal, aber dieses Mal war kein Alkohol geflossen. Er musste zu Zahn, es führte kein Weg daran vorbei. Vielleicht würde er es ihm erklären können. Und Sandmann? Den würde er ignorieren.

„Hoppel?“, hört er die ungläubig klingende Stimme seine Nichte.

Dieser Name! Aber er fühlte sich noch zu erschöpft, um sich darüber aufzuregen. Er ließ seine Nichte also links liegen und ging zur Bürotür. Dort klopfte er an und wartete. Und wartete. Und wartete.

„Nun sag schon endlich “herein“, Zahn. Ich weiß, dass du da bist“, maulte er halb genervt die Tür an.

„Herein“, kam es dann auch endlich und er trat ein.

„Normalerweise, erzwingt man keine Eintrittserlaubnis. Du solltest wirklich an deinem Benehmen arbeiten.“

„Schieb‘ dir deine Knigge-Bücher in den Arsch, Zahn.“

Zahnfee seufzte: „Na, ja. Immerhin fast der alte Hase wieder.“

Hatte er zu viel Fell ins Ohr bekommen oder hörte er da ernsthaft gemeinte Erleichterung in Zahnfees Stimme. Generell war diese so… nun ja… sanft, konnte man es fast nennen. Gruselig. Kurz ließ er sich davon irritieren, kehrte dann zurück zu seinem eigentlichen Anliegen.

„Was sollte das?“, meinte er und deutete auf seinen Gürtel.

„Was meinst du?“

„Tu nicht so ahnungslos. Wo sind meine versprochenen Bomben? Was soll ich mit dem Scheiß hier?“

„Ich weiß nicht, was du meinst. Macht es Knall?“

„Ja, aber -“

„Macht es Boom Bang?“

„Ja, aber es -“

„Dann habe ich deine Anforderungen doch vollkommen erfüllt. Du wolltest Bomben mit genau so etwas haben. Was in diesen sein sollte, davon war nie die Rede. Du hast mir freie Hand gelassen.“

„Ach, Zahn, jetzt stell dich nicht dumm! Du wusstest genau, was für Bomben ich gemeint habe! Warum hast du sie nicht gemacht?“

Zahnfee seufzte, stellte die Ellenbogen auf seiner Schreibtischplatte ab, verschränkte dabei die Hände ineinander und stützte sein Kinn auf diese.

„Weil ich es für eine verdammt schlechte Idee halte, einem leicht zu provozierendem Wesen so etwas zerstörerisches in die Pfoten zu geben.“

„Ich hab mich immer besser unter Kontrolle und das weißt du auch.“

„Genau und deswegen wolltest du Sandmann eine Reinhauen, wegen nichts.“

„Wegen nichts? Hast du Zahnbelag in den Ohren? Er hat sich über mich lustig gemacht und mich provoziert.“

„Ja, und wenn du dich unter Kontrolle gehabt hättest, hättest du da drüber gestanden.“

„Pfff~ war ja klar, dass du ihn wieder in Schutz nimmst. Immer bin ich der Böse. Wo ist der Sandhaufen eigentlich? Ich bin noch nicht fertig mit ihm.“

„Weg.“

„Wie weg? Seit wann?“

Zahnfee schwieg, schien abzuwiegen, ob er ihm eine Antwort darauf geben sollte. Wieso war sein älterer Bruder denn so merkwürdig? Oder war das gerade Taktik? Wollte er Sandmann gerade einen Vorsprung verschaffen? Lächerlich. Er hatte Zahnfee gefunden, Sandmann zu finden war wirklich nicht schwer. Schließlich leitet dieser ja ein erfolgreiches Unternehmen, wie er immer großspurig betonte.

„Seit zehn Tagen.“

„Was? Du meinst Minuten oder Stunden.“

„Nein, Tage.“

Osterhase blickte ihn ungläubig an, ehe er ein verwirrtes, aber vielsagendes „Hä?!“ ausstieß. Zahnfee massierte sich leicht den Nasenrücken. Etwas was er höchst selten tat und immer nur dann, wenn er unangenehme Dinge erklären musste.

„Du hast die letzten zehn Tage im Hotel geschlafen“, machte Zahnfee es schließlich kurz und sah zu ihm herüber.

„Wieso sollte ich zehn Tage in deinem Hotel schlafen? So krass ist der Jetlag von den Osterinseln bis hierher nun auch wieder nicht. Hab ich letztens auch gut geschafft.“

„Es war auch kein Problem des Jetlags.“

„Sondern?“

„Woran erinnerst du dich?“

„Lenk‘ nicht vom Thema ab, Zahn. Ich weiß, dass ich Sandmann eine Reinzimmern wollte und dann in dem Bett wach wurde. Du sagst mir, dass da zehn Tage zwischen liegen. Was zum verfaulten Ei ist passiert?!“

Die Stimme des Osterhasens wurde lauter und ungehaltener. Eine Ahnung keimte in seinem Kopf auf, doch das konnte nicht sein! Erneut massierte sich Zahnfee den Nasenrücken, dieses Mal noch intensiver als vorher.

„Dein zweiter Schlag hätte Sandmann getroffen, dass wusste er und deswegen hat er… er hat dir einen von seinem Schlafsand entgegen gepustet. Dabei hat er versehentlich einen besonders starken erwischt -“

„ER HAT WAS?“, schrie Osterhase zornig.

„Beruhige dich, Hase.“

„Beruhigen? Ich soll mich beruhigen, nachdem mein beschissener Bruder mich mit seinen Kräften angegriffen hat?“

„Verteidigt...“

„Hör auf es runter zu reden! Wir haben uns geschworen niemals unsere Kräfte gegeneinander einzusetzen! Ich hab ihm mit meinen bloßen Pfoten eine mit geben wollen, nachdem ER mich provoziert hat. Dann soll er es nehmen und sich verteidigen wie ein Normalo! Und das „versehentlich“ kauf‘ ihm nicht ab. Der kennt doch seine Sackordnung und weiß in welchen er zu greifen hat! Lass dich doch nicht verarschen, Zahn!“

„Ich habe sein Verhalten auch keines Falls gut geheißen und ihn entsprechend zu Recht gewiesen. Glaub nicht, dass ich das einfach so durchgehen lassen habe. Es tut ihm auch leid. Normalerweise geht die Wirkung nach vier Tagen vorbei. Er war selbst überrascht, dass es so lange anhielt und hat sich jeden Tag nach dir erkundigt. Er wird erleichtert sein, wenn ich ihm sagen kann, dass du wieder ganz der Alte bist.“

„Lächerlich. Der weiß doch nicht mal wie Sorge buchstabiert wird. Der tut nur betroffen, weil er weiß, dass er scheiße gebaut hat“, knurrte Osterhase und verschränkte die Arme vor der Brust.

Das würde Sandmann ihm büßen, soviel stand fest.

„Hast du noch welche von diesen Farbbomben?“

„Ähm… ja.“

Zahnfee sah überrascht aus bezüglich des abrupten Themenwechsels. Langsam erhob er sich von seinem Knochenthron und ging um den Schreibtisch herum. Vorsichtig öffnete er eine Schublade von einem der nahestehenden Schränke und holte weitere silberne und goldene Eier hervor.

„Reichen die?“

„Ja, perfekt. Gib her.“

Gierig bestückte Osterhase seinen Gürtel. Zahnfee schloss währenddessen die Schublade wieder und kam auf ihn zu.

„Gut, dann besprechen wir jetzt nur noch kurz die Bezahlung und dann kommen wir zu den Versprechen, dass du mich nie wieder behelligen wirst.“

„Das Versprechen ist hinfällig, da du mir nicht das gemacht hast, was ich gefordert habe. Und was heißt hier Bezahlung?“

„Denkst du ich vergeude meine Zeit kostenlos? Merk dir, umsonst ist nicht mal der Tod.“

Aus den Augenwinkeln beobachtete Osterhase, wie sein Bruder hinter seinem Rücken verschwand. In Gedanken hing er aber immer noch an den letzten Satz von diesem. Umsonst war nicht mal der Tod? Woher hatte er denn diese merkwürdige Lebensaussage her? Gab es das als Kalenderspruch?

„Aua! Spinnst du?“, fuhr er dann zusammen.

Mit einer Pfote schlug er um sich, als sein Bruder ihn ein zweites Mal Schwanzfell heraus rupfte.

„Lass das! Es dauerte ewig den so flauschig hinzubekommen. Warum ausgerechnet das?“

„Weil mir das ausgegangen ist.“

„Kannst du nicht was anderes nehmen? Mein Rückenfell?“

„Das ist nicht so kostbar. Ich würde natürlich auch gerne eine Hasenpfote oder einen Hasenzahn von dir nehmen, wenn es dir lieber ist“, raunte Zahnfee, mit einem gierigen Ton, dicht in sein Ohr hinein.

„Ach~, weißt du Zahn, ich wollte den eh mal wieder ausdünnen. Bedien dich. … Aber übertreib es nicht“, presste er den letzten Satz heraus, während der Ältere noch drei Büschel mehr zupfte.

„Das reicht mir. Besten dank.“

Zufrieden befüllte er ein leeres Einwegglas. Osterhase rieb sich an der schmerzenden Stelle und drehte sich beleidigt zum Gehen um. Er hatte schließlich noch etwas vor.

„Wozu wolltest du denn jetzt die restlichen Eier?“, fragte ihn überraschend Zahnfee.

Er drehte sich zu diesem und grinste breit.

„Ich werde diese Dinger“, sagte er und deutete dabei auf den Gürtel, „nehmen und meinem sandigen Bruder in den Arsch schieben, bis er wie ein Einhorn Regenbögen furzt.“

Damit ließ er den Älteren ohne ein weiteres Wort allein in seinem Büro. Verdutzt blieb der Hotelbesitzer zurück und blinzelte ungläubig, ehe ein Glucksen sich einen Weg aus der Kehle bahnte. Dieses Bild, welches sich plötzlich vor seinem geistigen Auge abzeichnete, war einfach zu amüsant. Er musste seiner Schwägerin unbedingt eine Nachricht schreiben. Sollte Hase dies wirklich vorhaben, wollte er von diesem Spektakel unbedingt Videomaterial. Selten ließ er sich zu solchen bildlichen Vorstellungen hinreißen, doch irgendwie hatte Osterhase es geschafft dieses Bild von einem Regenbogen pupsenden Sandmann in sein Hirn einzubrennen. Aus dem Glucksen war ein Lachen geworden, welchem er auf seinem Stuhl hinter seinem Schreibtisch freien Lauf ließ.
 

Das komische Geräusch aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters hatte ihr förmlich das Blut in den Adern gefrieren lassen. Hastig war sie zu diesem geeilt und fand ihn hinter seinem Schreibtisch vor. Dabei bebte sein Körper und sein Mund war weit geöffnet. Lachte er? Er hatte noch nie gelacht. Wieso lachte er um Himmelswillen? Es klang kalt und unheimlich. Sein Zustand machte ihr Angst. Sie hatten Vorbereitungen zu treffen, falls der Mann im Mond wieder etwas unternahm um hierher auf die Erde zurück zukehren. Sie mussten hart arbeiten und konzentriert bleiben. Gerade war ihr Vater aber alles andere als das. Er war ja schon immer komisch nach Besuchen von ihren Onkeln. Dieses Mal war es aber mit Zweien gleichzeitig in so kurzer Zeit definitiv zu viel für ihn gewesen. Leise schloss sie die Flügeltür zum Büro und kehrte zur Rezeption zurück. Sie hoffte, dass ihr Vater sich mit absoluter Ruhe schneller wieder fangen würde. Eines stand für sie jedenfalls fest. Egal was sie dafür lernen oder tun musste. Für das nächste halbe Jahr, hatten ihre Onkel absolutes Hausverbot!



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