Stop the Bullshit, Kai
Er war noch da.
Zugegeben, seine Hose klebte nass und kalt an ihm und seine durchweichten Sneaker froren gefühlt gerade an seinen Füßen fest. Vielleicht verlor er wegen seiner eigenen Dummheit auch einen Zeh; aber er war noch da.
Warum, verdammt nochmal, war er noch da?
„Warum macht ihr sowas?“, murmelte Kai, halb an sich selbst gewandt, und sah den bunt zusammengewürfelten Haufen vor sich an wie eine Jahrmarktattraktion.
„Lass‘ uns gemeinsam wieder zurück in die Stadt, okay?“, Takao grinstes ihn breit an, so als hätte er nicht gerade noch versucht, ihre Bitbeasts zu stehlen und sie am Baikalsee erbärmlich in der Kälte ihrem Schicksal zu überlassen.
Kai starrte ihn nur an, auf seinen Lippen Fragen und nicht das Fünkchen einer Antwort. Warum hatten sie ihm geholfen, statt ihn einfach absaufen zu lassen? Er hatte genau nichts gemacht, um das zu verdienen. Und sie waren … die Bladebreakers eben.
„Das Finale ist bald“, fügte nun Rei hinzu, beantwortete damit zugleich irgendwie auch Kais Frage.
Die leise, hämische Stimme in Kais Hinterkopf, die in der letzten Woche so unglaublich laut gewesen war, begann wieder zu flüstern.
„Wir brauchen dich“, rief nun Manabu dazwischen, und er klang so ehrlich, dass Kai es beinahe glaubte.
Sie sind nur deine Freunde, solange du ihnen etwas geben kannst.
Doch was konnte er schon geben? Er hatte nichts!
Er schluckte schwer an dem Kloß in seinem Hals, sah von Takao zu Rei zu Manabu zu Max und wieder zurück zu Takao, der noch immer breit grinste als hätte er ein Stück Kuchen vor sich, oder … den Weltmeistertitel in der Tasche.
Kai hatte wirklich nichts, noch nicht einmal mehr Suzaku oder Dranzer. Er hatte sie verraten.
„Ich –“, er öffnete den Mund und stockte. Was sollte er auch sagen? „Ich –“ Er suchte nach den richtigen Worten, die es in seiner Situation einfach nicht gab.
Er blinzelte, als ein Schneeball ihn seitlich am Kopf traf. Max grinste ihn unschuldig an. „Stop the bullshit und sag ja“, forderte Max, ein schiefes Grinsen auf den Lippen, und Kai – nun, Kai war sprachlos, während er von einem zum nächsten schaute, ehe er vorsichtig nickte. „Okay“
Sie waren die Bladebreakers, und er war noch da.
Kai schluckte und blickte nach hinten, wo der Fahrer seines Großvaters auf ihn wartete und ihn vermutlich verfluchte. Bevor er wirklich zu den Bladebreakers zurückkehren konnte, musste er dafür sorgen, dass Kuro Suzaku niemandem mehr schaden konnte.
Er wandte sich ohne weiteres Wort um.
„Warte mal, wo willst du denn hin?“, rief Takao, sichtlich irritiert.
Kai hatte nicht die Zeit, um ihnen die Lage zu erklären, und mitkommen würden sie genauso wenig. „Ich muss noch was erledigen“, erklärte er also. Es klang so einfach, auch wenn das, was er vorhatte, bei weitem nichts Einfaches war. Immerhin hatte er ein paar Stunden, um sich einen Plan zurechtzulegen.
Er war schon ein paar Schritte weiter, da rief Takao plötzlich: „Fang!“
Kai handelte mehr aus Instinkt und staunte nicht schlecht, als er Dranzer in der Hand hielt, Suzaku einen Impuls wie einen warmen Sonnenstrahl durch seinen Arm schickte.
Er war noch da, und er konnte mit jeder Tat ab jetzt beweisen, dass er es verdiente.