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Mein Weg zu Dir

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo erst mal :) long time no see!
Ich freue mich zu sehen, dass einige immer noch mit lesen und die Geschichte verfolgen! Danke dafür <3
Ich kann ja mal kurz und bündig erklären, warum sie so lange geruht hat und kein neues Kapitel mehr kam: ich bin das zweite Mal Mama geworden :D <3 Und wie man sich jetzt wahrscheinlich denken kann, war zwischen einem neuen Familienmitglied, was noch mal alles auf den Kopf gestellt hat und einem anderen immer noch kleinem Kind kein Platz für Freizeit. Aber umso mehr freue ich mich, dass ich mir gelegentlich die ein oder andere Stunde am Abend zurückerobert habe und nun wieder schreiben und hochladen kann :)

Zum heutigen Kapitel gibt es zwei Songs zum anhören (wer's mag):
OneRepublic - Someday (Acoustic)
Wake Me Up feat. Fleurie - Tommee Profitt
Viel Spaß beim Lesen!
Liebe geht raus! <3 Komplett anzeigen

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Mimi

»Hätte ich gewusst, dass du das tust, hätte ich dich nie eingestellt.«

Stutzig ziehe ich die Augenbrauen in die Höhe, während Matt neben mir sitzt und ganz diva-like die Arme vor der Brust verschränkt und ein Bein über sein Knie geschlagen hat.

Er ist eindeutig beleidigt. Oder besser gesagt: richtig angepisst.

»Hättest du denn zugestimmt, wenn ich dich vorher gefragt hätte?«

Ein Zischen geht in meine Richtung. »Natürlich nicht«, sagt er. »Wieso sollte ich auch? Unsere Band ist komplett. Was soll dieses ganze Theater hier?«

Beinahe hätte ich gegrinst, weil wir uns gerade wirklich in einem kleinen, alten Theater befinden, was ich für heute gemietet habe. Die Jungs und ich sitzen in einer Reihe und starren alle gebannt auf die kleine Bühne vor uns.

Koichi zuckt nur belanglos mit den Schultern. »Aber es kann ja nicht schaden, mal ein wenig seinen Horizont zu erweitern.«

»Finde ich auch. Was wäre so schlimm daran, einen neuen Sänger in die Band aufzunehmen?«, stimmt nun auch Jingle zu, woraufhin sich beide einen vernichtenden Blick von Matt einhandeln.

»ICH bin der Sänger der Band!«, betont er und deutet mit dem Finger auf sich.

»Keine Sorge«, wirft Tatsuya ein und klopft Matt beruhigend auf die Schulter. »An dich kommt sowieso keiner ran. Ich bin ganz auf deiner Seite, Bro. Wir brauchen keinen neuen Sänger.«

Matt quittiert diese kleine Zustimmung mit einem Nicken, während ich in meinem gepolsterten Sitz immer weiter nach unten rutsche und die Luft auspuste. Ich wusste ja, dass Matt ein Sturkopf ist. Aber, dass er sich nicht mal ansatzweise auf diesen Vorschlag einlässt, wundert mich. Zwar laufen seine Auftritte zwar gut, aber ich habe in den vergangenen Tagen viel recherchiert. Natürlich war ich von nun an bei jedem Auftritt der Jungs dabei und die neuen Songs, die Matt geschrieben hat, kommen gut an, aber … irgendetwas fehlt.

Und nachdem ich einige Zuschauer befragt habe, wurde mir auch klar, was.

Sie waren schlichtweg zu eintönig.

Die Jungs machen bereits seit so vielen Jahren zusammen Musik, dass es scheint, als hätten sie sich festgefahren. Sie ähneln sich inzwischen einander so sehr, dass der Wind raus ist. Keine Frage, sie haben alle unglaubliches Talent und es ist nichts Schlechtes, aufeinander abgestimmt zu sein. Aber das lässt auch wenig Platz für Neues. Und genau das ist es, was der Band und ihren Auftritten fehlt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie deutlich mehr Aufträge hätten, wenn sie etwas frischen Wind in ihren inneren Zirkel bringen würden: eine neue Stimme.

Aber, wie ich mir bereits vorher denken konnte, ist Matt gegen diese Idee.

»Ich möchte dich als Singer and Songwriter doch gar nicht ersetzen, Matt. Du bist fantastisch auf der Bühne.«

Ein weiteres Zischen.

Ich seufze. »Nun sieh sie dir doch wenigstens erst ein mal an, bevor du voreilige Schlüsse ziehst«, bitte ich ihn, weil ich in den heutigen Vormittag wirklich viel Arbeit investiert habe. Es war nicht so einfach, ein inoffizielles Casting für eine mehr oder weniger noch unbekannte Band zu organisieren.

»Schön«, gibt Matt sich schließlich zu meiner Überraschung geschlagen und schielt zu mir rüber. »Aber nur, weil wir Freunde sind und ich dir hiermit den ersten und letzten Gefallen tue.«

Ein kleines Grinsen legt sich auf meine Lippen und ich schaue ihn zuversichtlich an.

»Ich danke dir.«

»Bedank dich nicht zu früh. Das hier wird nach hinten losgehen.«

Grinsend verdrehe ich die Augen. Er ist einfach unbelehrbar. So ein Dickkopf. Aber mir war klar, dass es nicht einfach werden würde. Nun ist es meine Aufgabe, ihn vom Gegenteil zu überzeugen …
 

Diese Aufgabe stellt sich schwieriger raus, als erwartet. Denn seit der erste Bewerber seine Füße durch die Tür gesetzt hat, wird es immer schlimmer. Zehn Leute waren bis jetzt da, alle männlich, und einer schlechter als der andere. Sie singen schief, sie treffen die Töne nicht und können die Melodie nicht halten. Kurz gesagt: es ist blamabel. Vor allem für mich, weil ich diese Leute eingeladen habe.

»Das ist die pure Zeitverschwendung«, stellt Matt nach zwei Stunden ernüchternd fest, während er sich die Schläfen reibt, als hätte er Kopfschmerzen.

Gerade hat ein weiterer Teilnehmer einen Coversong zum Besten gegeben und sogar die letzten Textzeilen komplett vergessen. Den Rest des Liedes hat er gesummt. Peinlicher geht es wohl kaum.

»Und, hat es euch gefallen?«, fragt er am Ende hoffnungsvoll.

Ich grinse unsicher, während die Jungs einfach nur betreten den Blick abwenden.

»Ja, ähm … danke. Wir melden uns.«

Der Typ nickt und wirkt ganz zufrieden, doch ich streiche seinen Namen gleich auf meinem Klemmbrett durch, als er die Bühne und den Saal verlässt.

»Bitte, Mimi«, sagt Matt deutlich gelangweilt von dem Ganzen. »Bitte erlöse uns davon.«

Wir sehen einander an und ich weiß, dass er vermutlich recht hat. Aber so einfach will ich nicht aufgeben, dafür habe ich bereits zu viel Arbeit in das Casting gesteckt. Auf meiner Unterlippe kauend schaue ich auf mein Klemmbrett. Noch zwei Teilnehmer sind übrig und als ich den Namen des nächsten Kandidaten lese, erhellt sich mein Blick.

»Ihr habt es gleich geschafft, Jungs. Der Nächste wird's rocken, das weiß ich«, sage ich etwas zu euphorisch und ernte dafür reihenweise Gestöhne. Sogar Jingle und Koichi, die anfangs gar nicht so abgeneigt von der Idee waren, sehen inzwischen so aus, als würden sie bald einschlafen. Zumindest Koichi's Gähnen spricht Bände.

»Na, schön. Wer ist der Nächste?«, fragt Matt und richtet sich geschäftig in seinem Sitz auf, während er lässig ein Bein über das andere geschlagen hat.

»Er heißt Jin Akanishi und ist …«

»Halt, sprich nicht weiter«, unterbricht Jingle mich aufgebracht. »Du meinst nicht wirklich DEN Jin Akanishi, oder?« In Sekundenschnelle tippt er etwas in sein Smartphone ein und hält mir dann einen YouTube Kanal unter die Nase. Ich grinse.

»Doch, genau den meine ich.«

»Wow …«, meint Jingle ehrfürchtig, während Matt irritiert auf dessen Smartphone starrt.

»Wer soll das sein?«

Sofort heimst er sich von Tatsuya einen Klapps gegen den Oberarm ein. »Kennst du ihn etwa nicht? Er veröffentlicht schon seit Jahren selbstgeschriebene Songs auf seinem YouTube Kanal und hat inzwischen eine recht große Reichweite als Influencer.«

»Als wer?«

»Oh, Bro«, meint Tatsuya kopfschüttelnd, als wäre er enttäuscht von seinem Bandleader. »Du solltest dich echt mal mehr mit den sozialen Medien befassen, sonst lebst du ewig hinterm Mond.«

Matt's Antwort ist ein Zähneknirschen. »Würde ich ja vielleicht, wenn ich nicht ständig Auftritte für uns organisieren müsste, damit wir alle unsere Miete bezahlen können.«

»Dafür hast du ja jetzt Mimi«, entgegnet Tatsuya mit einem breiten Grinsen in meine Richtung, das ich unsicher erwidere. Er sollte Matt besser nicht noch weiter reizen. Er ist eh nicht bester Laune und ich habe Sorge, dass er Jin von vornherein ablehnen könnte, weil er ihn als Konkurrenz sieht. Auch ich habe mir einige YouTube Videos von ihm angesehen und er hat wirklich Talent. Daraufhin habe ich ihn angeschrieben und ihn gefragt, ob er Interesse an einem Casting für eine Band hätte. Zu meiner Verwunderung hat er sofort zugesagt.

Wir verstummen alle kurz, als hinter uns die Tür auf geht. Jingle dreht sich vorsichtig um, nur um sich dann umso schneller wieder abzuwenden und meine Hand zu drücken.

»Ich kann's nicht fassen, dass er wirklich gekommen ist. Wie hast du das nur geschafft, Mimi?«

Ich schenke ihm ein nervöses Lächeln und gleich daraufhin betritt Jin auch schon die Bühne. Er hat eine Akustik Gitarre mitgebracht und winkt uns zur Begrüßung zu.

»Hi, ich bin Jin.«

»Das wissen wir!«, platzt es viel zu schnell und viel zu laut aus Jingle raus und beinahe wäre er von seinem Sitz aufgesprungen. Beruhigend lege ich ihm eine Hand aufs Bein.

»Hallo, Jin. Schön, dass du gekommen bist. Wir würden uns freuen, wenn du uns was vorspielen würdest, damit wir einen Eindruck davon bekommen, was so deine Stilrichtung ist.«

»Nicht, dass das nötig wäre …«, quatscht Jingle erneut völlig überdreht dazwischen, woraufhin er einen bösen Blick von Matt erntet und sich dann schnell eine Hand vor den Mund legt. Gott, wenn das weiter so geht, wird Matt ihn aus Prinzip ablehnen. Und Jingle wird er gleich erwürgen.

Jin stimmt einen Song an und ich erkenne ihn sofort, nach den ersten Zeilen. Er spielt »Someday« von One Republic und er macht es zu einer wunderschönen Akustik Version. Seine Stimme ist sanft und gefühlvoll, ähnlich wie die von Matt, wenn er singt, nur nicht ganz so rau. Aber dennoch einprägsam. Ich kann verstehen, warum Jingle ein Fan von ihm ist.

Er spielt sogar das komplette Lied durch, obwohl seine Vorgänger meist schon nach dem ersten Refrain aufgehört haben. Seine Finger gleiten so gekonnt über die Gitarre, als hätte er nie was anderes getan und als er fertig ist, fühle ich mich ein bisschen glückselig.

Ich denke, wir haben unser neuestes Mitglied gefunden - vorausgesetzt die anderen sind damit einverstanden. Doch nach Matts Blick zu urteilen, der nun hart auf meinen trifft und so gar nicht voller Begeisterung steckt, irre ich mich da gewaltig.

»Willst du mich verarschen?«, flüstert er mir zu, so dass die anderen und Jin es nicht hören. Ich zucke leicht mit den Schultern, weil ich nicht so ganz weiß, was ihn gestört hat. Jin's Auftritt war nahezu perfekt. Ein Wunder, dass er noch keinen Plattenvertrag hat. Unauffällig lehne ich mich näher zu Matt rüber.

»Was ist dein Problem? Er ist perfekt«, flüstere ich hinter hervorgehaltener Hand.

»Perfekter als ich? Willst du das damit sagen? Willst du mich durch ihn ersetzen?«

Fassungslos sehe ich ihn an. »Niemals! Was denkst du bitte von mir?«

»Trotzdem. Das ist nicht unser Stil. Er passt nicht zu uns.«

»Passt er nicht zu uns oder passt er nicht zu dir?«, erwidere ich zunehmend wütend über sein abweisendes Verhalten. »Wie es mir scheint, sind alle anderen recht angetan von ihm.«

Matts Blick wandert zu seinen Bandkollegen, deren Gesichter eine andere Sprache sprechen als seins.

»Lass mich raten«, meine ich nun fast schon beleidigt. »Es ist völlig egal, wer durch diese Tür kommt. Du boykottierst sowieso jeden von ihnen.«

»Ich bitte dich, Mimi«, zischt Matt leise. »Diese Leute waren eine Beleidigung für unsere Band.«

»Und Jin gibst du keine Chance.«

Matt kneift die Augen zusammen und ich kann deutlich sehen, wie seine Kiefer sich anspannen. Ob er es inzwischen bereut, mich eingestellt zu haben?

»Na schön, wie du willst«, lenkt er schließlich doch ein und lehnt sich in seinem Sitz zurück. »Wir haben noch einen Bewerber. Würdest du bitte hier warten, bis das Casting vorbei ist? Dann verkünden wir unsere Entscheidung«, sagt Matt nun an Jin gerichtet, was mich sichtlich überrascht. Ich spüre, dass er keinen Streit will und dass er das mehr für mich als für sich macht, aber … er könnte wirklich etwas weniger stur sein.

Frustriert puste ich die Luft aus und werfe das Klemmbrett zu Boden. Völlig egal, wer jetzt noch auf der Liste steht … es macht sowieso keinen Unterschied. Matt wird sich nie darauf einlassen.

Jin nimmt ein paar Reihen hinter uns Platz und im selben Moment geht die Tür zu dem kleinen Theatersaal auf und eilige Schritte sind zu vernehmen. Die Person rennt, als wäre sie auf der Flucht. Irritiert wende ich den Kopf und bleibe mit meinen Blicken an der jungen Frau hängen, die geradewegs auf die Bühne stürmt, als würde es hier um Leben und Tod gehen.

Ihre langen blonden Haare, die recht unordentlich geflochten sind, flattern hinter ihr her. Sie trägt eine blaue Schuluniform, sieht aber deutlich älter aus, als es den Anschein macht. Völlig perplex sehe ich sie an, weil ich total vergessen habe, dass die letzte Teilnehmerin weiblich ist. Die einzige Frau, die sich auf das Casting beworben hat. Die Jungs sehen ebenfalls verwirrt zur Bühne, während Matt die Stirn in Falten legt.

»Hey, ich bin Zoey und ich habe nicht viel Zeit. Wäre also besser, wenn wir gleich anfangen«, begrüßt sie uns und streicht hastig eine verirrte Haarsträhne hinter ihr Ohr.

»Wieso hast du keine Zeit?«, fragt Matt sie irritiert.

»Das ist meine Mittagspause«, antwortet sie.

»Gehst du etwa noch zur Schule?« Matt mustert sie fragend von oben bis unten, als wäre gar keine Antwort mehr nötig. »Minderjährige sind beim Casting nicht gestattet.«

»Äh … nein? Ich bin nicht minderjährig.«

»Dann läufst du also immer in Schuluniform rum?«

»Ja, ist das verboten?«

Ich muss mir das Lachen verkneifen. Sie ist ganz schön frech. Was Matt anscheinend so gar nicht gefällt. Das war klar.

»Na, schön«, unterbreche ich schließlich die kleine Unterhaltung, damit wir nicht noch mehr kostbare Zeit verlieren. »Was möchtest du singen?«

»Meine eigene Version von Wake Me Up.«

»Wir sind eine Rockband«, erklärt Matt ihr beiläufig, als wäre es nötig, sie aufzuklären. Doch Zoey zuckt nur mit den Schultern.

»Ich weiß«, sagt sie und legt das Playback in den CD Player. Sie fängt einfach an. Mutig.

Doch dann tut sie etwas, dass uns alle stutzen lässt.

Sie zieht ihre Schuhe aus. Bunte Socken kommen zum Vorschein, die überhaupt nicht zusammenpassen. Die zieht sie dann auch noch aus, bis sie schließlich Barfuß auf der Bühne steht.

»Hat sie einen Knall?«, flüstert Matt mir zu, aber ich weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll.

»Also, ich finde die Auswahl sehr spannend. Das ist mal was Neues«, versuche ich Matt stattdessen zu begeistern, doch dieser gibt nur ein genervtes Schnauben von sich. »Ja, klar.«

Ich verdrehe die Augen. Er ist wirklich nur schwer zu beeindrucken.

Das Playback beginnt und ich bin überrascht, die sanften Töne eines Pianos zu hören. Die Musik von Avicii ist mir anders in Erinnerung geblieben. Jetzt bin ich noch gespannter auf diese ganz neue Version. Und ich werde nicht enttäuscht …

Als Zoeys Stimme den Raum flutet, halte ich kurz die Luft an. Es passiert nicht oft, dass eine Stimme direkt unter die Haut geht, aber Zoey trifft genau den richtigen Nerv. Ihre Stimmfarbe ist ganz anders als ich vermutet habe. Ich habe erwartet, dass sie wie ihr Äußeres eher zierlich, zerbrechlich und sanft ist, aber sie ist das komplette Gegenteil. Sie ist stark, sie ist rau, sie ist intensiv. Sie hat etwas souliges an sich. Und dabei singt sie so gefühlvoll, dass ich jede einzelne Zeile des Textes genau spüren kann. Er geht geradewegs durch mich hindurch und trifft mich dort, wo ich gerade am verletzlichsten bin - in mein Herz.

Ich wage es und riskiere einen Seitenblick in Matts Richtung. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt. Sein steinharter Blick haftet unentwegt an ihr und die Muskeln seiner Arme sind angespannt.

Ich grinse.

Das ist ein Unterschied zu den ganzen letzten Performances. Bei allen anderen Bewerbern war er gelangweilt, genervt und hat dies auch deutlich raushängen lassen. Zoey hört er zu - richtig zu. Wenn man ihn nicht kennen würde, würde man denken, er hasst es. Aber er hängt wie gebannt an ihren Lippen und ich sehe, was es mit ihm macht.

Es gefällt ihm.

Ein heimliches Lächeln legt sich auf meine Lippen, als ich wieder nach vorne blicke und Zoey die letzten Zeilen ihres Textes singt. Es ist unfassbar, wie mächtig ihre Stimme ist. Wie wunderbar würde sie mit Matts Stimme harmonieren.

Als sie endet ist es für eine ganze Weile totenstill unter uns. Schließlich räuspere ich mich und ergreife als Erste das Wort.

»Danke, Zoey. Das war …«

»Unglaublich«, beendet Tatsuya meinen Satz, woraufhin Matt ihn fassungslos ansieht, als wäre er ihm gerade in den Rücken gefallen.

»Ich kann auch noch was anderes singen, wenn ihr wollt. Vielleicht eine schnellere Nummer?«, meint Zoey und wirkt völlig unberührt von diesem Kompliment, als hätte sie nicht gerade unser aller Welt erschüttert.

»Das wird nicht nötig sein«, antwortet Matt viel zu schnell und richtet sich in seinem Sitz auf. Verblüfft schaue ich ihn an. »Die Entscheidung ist bereits getroffen.«

»Matt«, flüstere ich ihm zu. »Sollten wir das nicht erst mal besprechen?«

»Wozu?« Fragend sieht er mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. »Ich will keinen von ihnen.«

Wie vor den Kopf gestoßen klappt mir der Mund auf.

»Ich habe dieses ganze Theater nur dir zu Liebe mitgemacht, Mimi. Und jetzt ist es vorbei.«

»Matt, du kannst nicht einfach …«, setze ich an, doch Tatsuya springt bereits ein.

»Hey, Bro, wir sollten das wirklich kurz besprechen, findest du nicht? Ich finde, sie war echt gut. Sogar mehr als gut.«

Schweigend stimme ich ihm zu, auch wenn es mich wundert, das ausgerechnet von ihm zu hören, war er doch bis vorhin noch auf Matts Seite.

»Jin war aber auch gut«, mischt sich nun auch Jingle ein. Koichi hingegen hat den Kopf schief gelegt und sieht so aus, als würde er angestrengt nachdenken.

»Okay, ich sehe, wir haben alle eindeutig redebedarf«, stelle ich fest und lege eine professionelle Stimme auf, woraufhin Matt die Arme vor der Brust verschränkt und an mir vorbei marschiert.

»Schön, dann reden wir. Draußen.«

Die Jungs folgen ihrem Anführer vor die Tür, während ich mich noch kurz bei Jin und Zoey entschuldige und sie bitte, kurz auf unsere Entscheidung zu warten.

Als ich vor den Saal trete, ist bereits eine hitzige Diskussion entstanden.

»Ich verstehe nicht, warum wir überhaupt einen zusätzlichen Sänger oder Sängerin brauchen. Wir sind bis jetzt auch sehr gut ohne ein weiteres Mitglied klargekommen«, meint Matt zu den anderen und klingt dabei ziemlich vorwurfsvoll. Die anderen wirken bereits recht eingeschüchtert. Es ist, als würde er auf Tauben schießen.

»Hey, hey, was haltet ihr davon, wenn wir uns alle erst mal beruhigen?«

»Du musst zugeben, dass sie echt fantastisch gesungen hat«, meint Koichi nun etwas kleinlaut in die Runde. »Ich fand Jin besser«, sagt Jingle.

Matt zischt. »Das sagst du doch nur, weil du anscheinend sein Fan bist. Hast du dich mal gefragt, warum er überhaupt hier ist, wenn er doch selbst schon so sehr berühmt ist im Internet? Wozu braucht er dann uns? Ich kann es dir sagen: solche Typen wollen nur eins von anderen Musikern haben: ein Sprungbrett. Nichts weiter sind wir für ihn. Er hat ohne Zweifel großes Talent, wahrscheinlich mehr als wir alle zusammen - aber als Solo Künstler. Er hat anscheinend noch keine Bühnen Erfahrung und will sich an uns testen, wie das so ist. Nein, auf keinen Fall lasse ich so jemanden in die Band.«

Woah. Das war eine Ansage. Jingle sieht aus, als hätte Matt ihn gerade einen Kopf kürzer gemacht. Allerdings ist er noch nicht fertig, denn nun wendet er sich Tatsuya zu.

»Und du willst Zoey doch nur in der Band haben, weil du auf sie stehst.«

»Das äh … das stimmt doch gar nicht«, antwortet Tatsuya stotternd, als hätte man ihn ertappt. »Ich denke wirklich, dass eine weibliche Stimme eine Bereicherung für uns wäre. Denk doch nur mal an die ganzen Balladen, die ihr zusammen singen könntet. Das würden die Zuschauer lieben.«

»Seit wann tun wir das, was die Zuschauer lieben? Ich dachte, wir tun das, was wir lieben?« Matt scheint völlig außer sich zu sein, weil keiner ihn versteht. Ich atme frustriert aus, weil ich keine Ahnung habe, wie ich die Situation noch retten kann. Konfrontation?

»Ich habe genau gesehen, dass es dir gefallen hat. Sogar sehr«, fordere ich ihn heraus, woraufhin er mich empört ansieht, als hätte ich ihn gerade zutiefst beleidigt.

»So ein Schwachsinn.«

Gott, warum kann er es nicht einfach zugeben?

»Kann es sein, dass du einfach Schiss hast, dass sie dir deinen Platz in der Band wegnimmt?«, konfrontiert ihn nun auch Koichi, der anscheinend plötzlich Todessehnsucht hat.

Matt's Kopf schnellt in seine Richtung. Fassungslosigkeit gepaart mit Wut flackern in seinen Augen auf.

»Ist das dein Ernst? Sie? Das würde sie niemals schaffen.«

»Eben«, bestätige ich und lege ihm beruhigend eine Hand auf den Oberarm. »Also, warum regst du dich so auf?«, versuche ich es nun eine Spur sanfter, da Argumente anscheinend nichts bringen.

»Weil diese Idee völliger Blödsinn ist und zudem auch noch überflüssig. Wir brauchen kein neues Mitglied, dass unseren musikalischen Horizont erweitert. Wir brauchen sie nicht. Und ich bin wirklich enttäuscht von euch, dass ihr das anscheinend alle anders seht.«

Schuldbewusst sehe ich zu den Jungs. Alle schauen sich betreten an. Wir fühlen uns wahrscheinlich gerade alle, als hätten wir Matt verraten. Dabei wollte ich doch nur helfen. Und jetzt streiten einfach alle. Das kann doch nicht wahr sein.

»Wie auch immer«, meint Matt schließlich seufzend und fährt sich gestresst durch die blonden, wilden Haare. »Es bleibt dabei. Meine Entscheidung steht fest: nein zu beiden. Entweder ihr akzeptiert das oder ihr lasst es.«

Und mit diesen Worten wendet er sich von uns ab und geht.

Er geht einfach, lässt uns wie Vollidioten stehen. Und genauso fühle ich mich auch. Wie eine Vollidiotin, die ihren Job nicht richtig macht und zudem noch ihren Freund verraten hat.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Linchen-86
2023-08-14T10:36:15+00:00 14.08.2023 12:36
Oh man,

Also erstmal fand ich das Kapitel sehr lustig :D und ja es war klar, dass Matt diese Entscheidung nicht gut heißen würde. Ich glaube er geht diesen Weg schon solange, er lässt sich da einfach nicht gerne reinreden.

Ich kann sogar verstehen, dass er den Sänger da nicht wollte, denn irgendwie wäre die Konkurrenz unter den Beiden doch zu groß und die Spannung innerhalb der Band würde sie auch nicht weiter bringen.

Eine Sängerin finde ich jedoch gut, ist was anderes und bei manchen Songs könnte das wirklich ein Vorteil sein und wenn sie dann noch ein Instrument beherrscht. Super, aber es kann auch gerne Mimi sein :D auch wenn es hier wohl eher nicht darum geht.

Mal sehen ob die Sängerin noch eine Chance bekommt und Matt sich wieder etwas beruhigt...

Bin gespannt
Von:  Hallostern2014
2023-08-04T22:03:42+00:00 05.08.2023 00:03
🤣🤣🤣🤣🤣🤣🤣

Mimi ist der Hammer und ihre Idee erst, ich habe so gelacht weil ich Matts Gesicht Ausdruck so gut vorstellen konnte 🤣 Dieser Dickkopf, er kann froh sein Mimi eingestellt zu haben sie macht ihren Job sehr gut. Er wird es auch überleben. Und dann sich bei ihr bedanken für ihren super Einfall.

Matt ist einfach süß wenn er eifersüchtig ist wenn es um seinen Gesang geht und einer evtl besser ist als er. Aber seine Bandkollgen hören wohl auch andere Sänger/in zu. Matt hatte ja auch viel um die Ohren, dazu zählte auch Mimi zu verführen 🙈.

Zoey gefällt mir 🤣 . Ich bin mir sicher das sie Matt noch überzeugen wird. Ich finde auch das sie gut reinpasst. Das wird Matt noch einsehen, dann wird er sich bei Mimi entschuldigen und es versuchen.

Mimi hat ihren Job nicht schlecht gemacht. Sondern die Band wohl gerettet.

Ich bin wo gespannt was im nächsten Kapitel passiert 🥰🥰🥰



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