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Des Nachts sind die Labore still

Wie Josh zu Mael fand
von

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The Gala's End, Teil 1

Kapitel 13: The Gala’s End, Teil 1
 

Mein Satz hallte noch in der Küche nach, obwohl es hier definitiv kein Echo gab. Die körperliche Nähe vorhin hatte mich erschreckt und unvorbereitet erwischt, so war ich einfach geflohen. Nun war ich selbst in die Offensive gegangen und das so unverhohlen. Während keiner von uns ein Wort sagte, spürte ich wie mein Gesicht heißer und heißer wurde. Schließlich ging ich in die Hocke und legte beide Hände vor mein Gesicht. Das. War. Mir. Verdammt. Peinlich! Wie konnte mir das nur rausplatzen? War ich dumm oder so was? Klar, war ich dumm, dass hatte sich ja bereits vor Jahren erwiesen, indem ich einfaches „verliebt sein“ nicht abstellen konnte und stattdessen über zehn Jahre daran hing.
 

Aber Joshua … Ich konnte gar nicht mehr klar denken. Mit Joshua war das alles auf eine einfache und unerklärliche Weise anders und … einfacher. Ich wusste, woher auch immer, dass er mich deswegen nicht aufziehen oder auslachen oder zurückweisen würde. Dennoch schoss mir das Blut in den Schädel. Meine Arme und Beine weich durch die plötzliche Ungleichverteilung von Blut in meinen Körper. Selbst wenn Joshua mir keinen Strick daraus drehen würde, würde ich es machen. Wie unverfroren. Wie überheblich. Wie …
 

„Süß.“
 

Mein Herz setzte mindestens einen Schlag aus. Ohne mich zu rühren, bewegten sich meine Augen und schielten durch meine Finger hindurch. Joshua hatte sich ebenfalls in die Hocke begeben, seinen Kopf leicht schrägliegend auf der rechten Hand abgestützt, seine Linke gerade vor sich baumeln lassend. Sein Blick war amüsiert und erfreut, mit einem Hauch von Rosa auf den Wangen. Mir Worte abzuringen, fiel mir schwer.
 

„Was?“, krächzte ich.
 

„Du und deine Reaktion.“ Wenn möglich lief ich noch röter an. „Aber Mael, du musst dich zu nichts drängen. Ich war voreilig und wollte dich damit sicher nicht verschrecken.“ Joshua senkte seine Augen und das Lächeln von eben verschwand hinter einem sorgenvollen Blick. Manchmal wüsste ich wirklich gerne, was er dachte.
 

„Meinst du, weil sich meine Erfahrungen nur auf Frauen beschränken?“ Joshua sagte nichts, doch seine Augen huschten flüchtig zu den meinen, ehe sie wieder die bleichen Fliesen musterten. Ich nahm meine Hände vom Gesicht und lächelte verlegen. „Bullshit. Wenn ich dazu nicht bereit wäre, hätte ich sonst vorgestern so eine dämliche Ansage gemacht?“
 

Joshuas Blick milderte sich. Ich streckte meine rechte Hand aus und haschte mit dem Zeigefinger nach Joshuas Hand. Vorsichtig verhakte sich mein Zeigefinger mit seinem. Die Berührung war leicht und vorsichtig, wie eine sommerliche Briese, die über zu hohes Gras strich. Mir wurde abermals warm, wenngleich anders als vorher. Mein Herz schlug kräftig und zügig. Die Wärme, welche ich spürte, breitete sich von diesem beständigen Klopfen aus, wie Tinte auf einem Zellulosetuch. Jedoch war es kein hässlicher Fleck, den man als Rorschach-Test hätte verwenden könnte. Die unzähligen Ausläufer verteilten sich zu verspielten Wirbeln und wachsenden Blumen. Das traf es recht gut.
 

Joshua sah auf unsere Finger, dann mir ins Gesicht. Sein Blick ernst, aber nicht mehr besorgt. Seine Ernsthaftigkeit dauerte an und ich begann an meiner Unterlippe zu kauen. Verlegen senkte ich meinen Blick. Er hatte nichts gesagt und doch war mir, als hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen.
 

„Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich sagte doch, ich werde mich noch etwas belesen. Außerdem… es ist nicht so, dass ich komplett unwissend bin…“ Ich sah wieder auf und erkannte die hochgezogene Augenbraue. Was? War er verwundert, weil ich die richtigen Worte fand? Oder amüsiert darüber, was für einen Blödsinn ich redete? „Nun schau nicht so …“, sagte ich und verzog etwas missmutig das Gesicht. Vielleicht hatte sich meine Tomatenröte bereits gelegt gehabt, oder auch nicht, zumindest jetzt spürte ich ein neues Aufflammen meiner Wangen. „So oder so wäre es mir ein inneres Blumen pflücken, das mit dir zu tun.“
 

Ich konnte einfach nicht konkret werden. Darüber nachdenken ok, aber es laut aussprechen? Alles mit Geduld, bitte. Ich arbeitete ja schon an mir!
 

Joshua schmunzelte meiner Formulierung wegen, ehe er seinen Zeigefinger löste und sich meine Hand in ihrer Gänze schnappte. Ruhig und gemächlich zog er sie hoch und führte meinen Handrücken an seine Lippen. Das hatte Joshua bereits gemacht, als er krank und sehr anhänglich gewesen war. Nun war er voll da und tat es trotzdem. Diese altmodische Geste…! Seine Lippen drückten sich sanft gegen meine Haut und ich hielt die Luft an. Über unsere verbundenen Hände hinweg sah er mich an. Sein Grau schimmerte verschlagen, verspielt und mit einem Hauch von gieriger Ungeduld.
 

„Mir auch.“
 

Ich sah weg und hielt meine freie Hand vor mein Gesicht.
 

„Blödmann.“
 

Während des Wochenenddienstes war eines definitiv klar geworden. Joshua gegenüber wurde ich schwach. Dass ich mich ihm schnell entgegenwarf, die Nähe genoss, mit ihm rumalbern konnte und mich küssen ließ, kam nicht von ungefähr. Ich wusste ja, dass ich in ihn verschossen war, aber war es üblicherweise so schlimm? War das dieses Hals-über-Kopf, wovon immer die Rede war? Mein Atem wurde unstet, wenn er mich ansah, als könnte er sich nichts Besseres vorstellen als mich aufzuessen. Mein Herz stolperte und setzte aus, raste und hüpfte, wenn er mich berührte. Ein zufälliges Streichen, ein bewusstes Verhaken unserer Hände, ein Anlehnen an seinen stattlichen Oberkörper.
 

Die Küsse waren zunächst mehr sporadisch gewesen. Nach unserem Gespräch in der Kaffeeküche, nutzte Joshua den restlichen Sonntag um mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit einen Kuss zu stehlen. Oft nur kleine Schmatzer, meist auf den Mund, aber auch die Wange und dreimal an meinen freien Hals. Diese drei waren für mich besonders schlimm gewesen. Sie kribbelten nicht nur nach wie Feuerameisen, sondern ich zuckte ungewollt zusammen. Als würde ein Stromschlag von dem Ort, den seine Lippen berührten, bis runter in meine Zehen weitergeleitet werden. Ich gestand, ich war am Ende des Tages etwas überfordert, aber auch ziemlich glücklich. Dass Joshua damit eine bestimmte Taktik verfolgt hatte, begriff ich erst am nächsten Tag.
 

Bevor ich zu Bett ging, war mir noch etwas anderes aufgefallen. Unschlüssig stand ich vor dem Badezimmerspiegel und betrachtete diesen einen roten Fleck an meinen Hals. Das Ziehen, welches ich bei seiner sehr intensiven Umarmung gespürt hatte, war nun ein leuchtender Knutschfleck geworden. Ich war stolz darauf und zugleich peinlich berührt. Sollte ich ihn verstecken? Unter einem Tuch? Einem Pulli? Aber die nächsten Tage würde es sehr drückend und schwül werden. Im Labor gab es zwar eine Klimaanlage, die war aber nicht so sehr kalt. Der Laborkittel hatte ebenfalls lange Ärmel. Ich würde heillos eingehen, zöge ich einen Pulli drunter oder Tuch um meinen Hals. Zumal ich noch nie ein Tuch getragen hatte. Schwer seufzend, überlegte ich, wo ich auf einen Sonntagabend Makeup herbekommen würde. Andererseits interessierten mich Joshuas und Elias Reaktion, würde ich diesen roten Schönheitsfleck offen zeigen.
 

Dieser Montag erschien mir anders. Irgendwie heller, freundlicher. Die Luft war klar und der Sonnenaufgang herrlich gewesen. Blau ging in violett, rot und orange über, ehe sich eine helle Scheibe über die Dächer der Hochhäuser schob. Bei offenem Fenster hatten die Vögel mich bereits um vier Uhr früh geweckt. Einmal umgedreht, döste ich weiter, ehe es an der Zeit war aufzustehen. In der Tram war erstaunlich wenig Betrieb. Sonderbar, doch einen Feiertag schloss ich aus. Es war mitten im Jahr, früher Herbst beinahe, da gab es keine gesetzlichen Feiertage mehr.
 

Wie dem auch sei. Ich betrat das Labor wie gewohnt mit einem Kaffee in der Hand. Die ersten hektischen Seelen kamen mir entgegen. Flüchtige Grüße flogen durch die Flure. Die Abendbeleuchtung der Flure war bereits abgestellt worden, sodass ich das mittlerweile vertraute Flackern des einen Spotlight nicht grüßen konnte. Je näher ich dem Labor kam, desto mehr spannte ich mich unbewusst an. Noch war ich unbefangen, guter Dinge und mein Hirn noch nicht wirklich wach. Doch alsbald ich durch die Tür trat, legte mein Hirn einen Schnellstart hin, da wäre Windows neidisch drauf.
 

„Vor seinen Freunden?“, frage Elias skeptisch nach.
 

„Hm. Was hätte ich tun sollen? Der Typ war so ein Großkotz. Der brauchte einen Denkzettel“, erwiderte Joshua.
 

„Morgen“, sagte ich.
 

„Moin!“, rief Elias mir flüchtig zu und redete weiter mit Joshua. „Großkotz hin oder her, du kannst nicht einfach in feste Freundesstrukturen eingreifen. Das Ganze hätte auch total nach hinten losgehen können.“
 

„Ist es aber nicht“, bemerkte Joshua trotzig und etwas stolz zugleich. Wie ein Kind. Er hatte meinen Gruß nicht erwidert, mir aber einen Blick geschenkt, der mich hatte erröten lassen. Ich ging zu meinem Tisch und stellte Tasche und Kaffee ab. Allein diese wenigen Worte ließen mich gedanklich einen Marathon laufen. Für die Einmischung hatte Joshua definitiv eine verdient. Aber ich würde es nie über mich bringen ihn zu schlagen. Besser ich dachte mir eine andere Art von Strafe aus. Doch im Moment war ich emotional zu flatterhaft, als das ich solch eine Racheaktion ruhig durchdenken könnte und verschob es auf später. Für jetzt jedoch wurde mir peinlich bewusst, dass Joshua mit Elias den Freitagabend auswertete. Etwas empört unterbrach ich sie, merkte jedoch schnell, dass keiner es böse gemeint hatte. Joshua war es gewohnt mit Elias über so was zu reden und ein bisschen hatte ich das Gefühl, dass er sich vergewissern wollte, inwieweit seine Aktion gut oder schlecht gewesen war. Elias war ein erstklassiger Mediator. Er managte sowohl Joshua als auch mein zerstreutes Gemüt. Am Ende dieser Diskussion hatte ich Elias auf meiner Seite und Joshua schien zu schmollen. Griesgrämig betrachtete mich Joshua, als sein Blick auf meinen Hals fiel. Ich hatte mich für die offene Variante entschieden. Zugegeben, ich hatte es heute früh schlicht vergessen. Dieser kleine Fleck war sogleich Anstoß für die nächste Diskussion. Joshua trat nämlich näher, tat so als biss er herzhaft in meinen Hals, an jene Stelle und zog sich siegessicher zurück. Er biss zwar, aber nicht doll, was trotzdem ausreichte, um mein Gesicht zu entflammen.
 

„Du-!“, entkam es mir empört. Elias stimmte mit ein und erinnerte Joshua daran, keine Küsse im Labor zu verteilen. „Da hörst du’s!“, bestätigte ich ihn. Joshua zuckte nur mit den Schultern. Elias bemerkte den Knutschfleck und ging davon aus, er sei gerade erst entstanden. Mit noch mehr Inbrunst redete er auf Joshua ein. Wir kamen vor dem Mittag nicht zum Arbeiten…
 

In dieser Woche stellten sich einige Dinge heraus. Etwa über welche Themen Joshua und Elias so redeten. Nämlich über alle Themen und das recht offenherzig. Auch fand ich heraus wie Joshua einige Dinge wahrnahm. Sachen, welche ich als trivial einstufte, hob Joshua auf besondere Art hervor. Und Momente, in denen ich ihm gegenüber laut geworden war, spielte er herunter. Mich beschlich das Gefühl, dass Joshua nicht erst seit ein paar Tagen seine Argusaugen auf mich geworfen hatte. Seine Fürsorge gipfelte in Kleinigkeiten, die mir jetzt erst wirklich bewusstwurden.
 

Zum Beispiel die Sache mit dem Besteck. Die Mensa des Labors war täglich geöffnet. Es war nicht nur ein sehr großes Labor mit vielen Angestellten, sondern auch vielen Angestellten, die Sonderzeiten hatten. Joshua und ich aßen am Wochenende und am Montag in der Mensa. Wobei uns montags Elias begleitete. In neun von zehn Fällen vergaß ich, mir Besteck auf das Tablett zulegen. Der Besteckkasten befand sich am Eingang bei den Tabletts. Wie oft war ich in den letzten Wochen deswegen zurück gerannt?! Und wie oft hatte Joshua mir Besteck gereicht, das er „ausversehen zu viel“, gegriffen hatte? Wieso bemerkte ich Blindfisch erst jetzt, nachdem Joshua den letzten Freitag mit meinem Vorgesetzten ausgewertet hatte, dass er in der Schlange hinter mir stand und beobachtete. Ich nahm Gabel und Messer mit. Er das gleiche und zwei kleine Löffel. Klar wunderte ich mich, fragte aber nicht. Erst als ich mir kurz vor der Kasse noch ein Dessert nahm, fiel es mir auf. Verwundert sah ich zu Joshua, den Schokopudding mit Vanillesoße in der Hand, als er mir genauso Wortlos seinen zweiten kleinen Löffel reichte.
 

Oder dass er anbot mich nach den Nachtdiensten nach Hause zu fahren, weil ich etwas zu müde war. Ich gähnte und rieb mir die Augen. Dabei war meine Schlaflosigkeit am Tage die Schuld des Laboradonis‘. Seine Umsichtigkeit empfand ich flüchtig als gruselig. Wenngleich sich herausstellte, dass ich es genoss. Seine Hände waren sanft, sein Blick liebevoll. Ich hörte auf mich zu fragen, was genau Joshua an mir fand. Egal was es war, was ihn an mir faszinierte, es reichte scheinbar für Joshua aus, mich wie etwas sehr Kostbares zu behandeln. Während er da war und mich verwöhnte, dachte ich kaum an etwas anderes als an ihn. Erst daheim beschlich mich die irrationale Furcht, dass, wenngleich Joshua mich scheinbar toll und anziehend fand, er vielleicht von dem was noch kommen würde, enttäuscht sein könnte.
 

Im Internet hatte ich mir diverse Dinge bestellt. Plugs und Gele und so weiter. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Joshua unten liegen würde. Dafür war er viel zu dominant und nahm sich was er wollte. Joshua küsste mich einfach. Ich hingegen überlegte zehn Minuten, ob ich ihn wirklich küssten dürfte. Nein, Joshua würde sicherlich der führende Part bei einem Stelldichein sein. Darum hatte ich begonnen mich daran zu gewöhnen, etwas hinten reinzubekommen. Der Anfang war unangenehm und sonderbar. Es fühlte sich einfach nicht richtig an, an dieser Stelle etwas zu fühlen. Was ich bestellt hatte, war ein Dehnungsset für Beginner gewesen. Dies enthielt Gleitgel zum Einführen und diverse Größen von Plugs. Der Erste war ok gewesen, der nächste war bereits länger und breiter. Damit zu Hause rumzulaufen war etwas komisch, doch ich gewöhnte mich erstaunlich schnell daran. Die nächste Größe war schon anders. Mit der Breite von zwei Fingern, ähnlich lang, mit unebener Oberfläche wurden einige Aktionen schon kniffliger, wie das Bücken. Die letzte Größe besaß einen deutlich größeren Durchmesser und die Länge war ebenso ansehnlich, wenngleich es immer noch schmaler und kürzer wirkte, als ein echtes Glied... Zu Beginn hätte ich nicht gedacht, dass ich jemals zu diesem Punkt gelangen würde. Doch nun führte ich die leicht gekrümmte Länge ein. Der Schluss wurde etwas tricky, aber machbar. Ich spannte meinen Hintern an und ließ den Plug drinnen. Beim Gehen bewegte sich das Ding und piekte hier und da in mir herum. Ich versuchte es zu ignorieren und mich daran zu gewöhnen.
 

Ein Telefonat mit meinen Eltern später, musste ich zur Arbeit. Allerdings war ich vom Telefonat ziemlich frustriert und wollte etwas Blödes tun. Die Art Blödsinn, die man eben tat, wenn man noch stinkig mit seinen Eltern war, weil man über Peanuts gestritten hatte. Da, egal was ich tun würde, meine Eltern es nie erfahren, geschweige denn es sie überhaupt interessieren würde, tat ich was wirklich Blödes… Ich tauschte die Endversion zur Dehnung mit einem vorherigen Modell. Da ich mit dem Großen bereits etwas gelaufen war, würde es ja sicherlich kein Hindernis für mich darstellen, länger mit dem Kleineren rumzulaufen. Auf Arbeit musste ich mich auch nicht bücken, jedenfalls nicht viel. Also alles gut, auf zum Nachtdienst. Dachte ich…
 

Bis zur ersten Kaffeepause geschah nichts, was mich meine Idee hätte bereuen lassen. Ich stellte den Wasserkocher an und füllte die Tassen mit Kaffeepulver. Wartend schlenderte ich um den Küchentisch und lief Joshua in die Arme. Er fing mich und drehte mich so um, dass der Tisch hinter mir war. Sein Lächeln war verspielt. Rechts und Links von mir einen Arm abgestellt, bedachte er mich mit einem heißen Blick. Elias hatte gesagt, im Labor keine Küsse. Zu meinem Seelenheil, bat ich Joshua um selbiges. Die Küche jedoch war nicht das Labor.
 

„Josh…“ Ich kam nicht weit, als ich seine Lippen bereits schmecken konnte. Meist schmeckte Joshua nach Kaffee, doch heute noch nicht. Ich schloss die Augen und wollte diesen Kuss wie sonst auch genießen, jedoch öffnete Joshua dieses Mal seinen Mund und ich dummes Kalb tat es ihm gleich. Ehe ich mich versah, strich eine warme Spitze über meinen Zungenrücken und neckte mich. Neugierig ging ich darauf ein und verlor mich schneller als gedacht in diesem Spiel. Ich schlang meine Hände um seinen Nacken, um mehr Halt zu bekommen und ihm näher zu sein. Mein Ehrgeiz war geweckt! Ich wollte als Sieger hervorgehen! Joshua legte seine Arme um mich und schob mich leicht auf den Tisch. Gerade so verhinderte ich, dass mir ein Ton aus der Kehle kroch. Der Plug in mir bewegte sich, drückte sich an eine Stelle, die mich erschaudern ließ. Ich spannte mich mehr an, um dieses Ding daran zu hindern sich zu bewegen, aber es wurde nur schlimmer. Dazu kamen Joshuas Hände, welche auf meinem Po oder meine Hüfte wanderten, mich näherzogen und festhielten. Meine Aussage war gewesen „In einer Woche“. Diese war beinahe rum und Joshua hielt sich minutiös daran, keine zu starken Annäherungen in diese Richtung zu versuchen. Vielleicht wollte er mich nicht bedrängen oder so. Egal. Im Moment war ich hin und weg. Einerseits wollte ich, dass diese Hände meinen Hintern mehr in die Mangel nahmen, andererseits fürchtete ich, dass ich dann ein wirkliches Problem bekommen könnte. Um ein Malheur zu verhindern, sollte der Plug rausrutschen, hatte ich eine besonders enge Shorts an. Aber kein Stoff der Welt würde eine Männlichkeit von ihrer vollen Größe abhalten können. Wärme stieg in mir auf und ich keuchte laut. Joshua hielt inne und ließ mir etwas Luft. Wer weiß, was ich gerade für ein Gesicht machte. Meine Wangen glühten und meine Lippen fühlten sich feucht an. Mein Atem ging schwer und so versteckte ich mich schnell in seiner Halsbeuge. Für einen Moment glaubte ich, dass seine Augen dunkler geworden waren.
 

„Entschuldige…“
 

„Alles gut.“ Joshua strich mir sanft über den Rücken, während ich mich beruhigte. Das war knapp, wirklich verdammt knapp gewesen! Im Kuss versunken, hatte ich mir vorgestellt, nur so zur Probe, wie Joshuas Hände meinen Hintern direkt berührten. Ihn packten und drückten. Dass es nicht der Plug, sondern seine Finger waren, die so unverhohlen in mir stocherten.
 

Schnell entschuldigte ich mich und ging zum Klo. Mir war das so peinlich, dass ich Joshua nicht ins Gesicht sehen konnte, obwohl ich mir sicher war, mindestens ein amüsiertes Grinsen sehen zu können. Auf Toilette entfernte ich das Ding und sorgte für kein baldiges Wiedersehen. Nach dieser Geschichte war Joshua erstaunlich gut gelaunt. Gegen Morgen schmiedeten wir den Gedanken unser immer noch ausstehendes Date endlich umzusetzen. Ehe wir wirklich mit dem Planen hätten beginnen können, erreichte uns eine Mail. Absender: McFloyd. Betreff: Anwesenheitspflicht zum Treffen der Sponsoren. Galaabend.
 

Ich betrat das Foyer des Hotels und fühlte mich mehr als unwohl. Mein Anzug war schlicht und schon etwas älter. Die Krawatte hatte ich gerade noch hinbekommen. Am unpassendsten war wohl mein Rucksack mit dem Nötigsten für eine Übernachtung. Die sogenannte Sponsorengala wurde in einem gut etablierten Hotel ausgerichtet. Ausgewählte Angestellte des Labors, aus allen Bereichen, nahmen daran teil, um die unzähligen Sponsoren zu bezirzen, welche aus Neugierde und Eigennutz ihr kostbares Geld zur Verfügung stellten. Es ging um Geld und Forschung. Neben unserem Verstand, sollten sich alle entsprechend hübsch herausputzen. Gerade so als zeigte man die Prunkstücke einer besonders seltenen Sammlung. Es begann am Freitagnachmittag mit einem Stelldichein und einem Aperitif. Anschließend stellten die bedeutendsten Forscher ihre Arbeit vor. Jedoch nicht mehr als fünf Personen. Drei am heutigen Abend und zwei am folgenden Vormittag. Man durfte die betuchten Herrschaften schließlich nicht überfordern. Im Anschluss wurde zum Abendessen und geselligen Beisammensein geladen. Scheinbar die edle Variante von Wir-Stoßen-Drauf-An. Jeder Sponsor und Angestellter übernachtete in diesem schicken Hotel. Somit waren die Tage von Freitag und Samstag verplant…
 

Zunächst war ich etwas niedergeschlagen und beleidigt, weil das Date wieder nicht zustande kam. Dann fragte ich mich, ob es nicht nice wäre, diese Örtlichkeiten hier etwas auszunutzen. Endlich war ich mal im Anzug und total herausgeputzt. Ich würde Joshua zeigen können, was ich für ein Hingucker war und in seiner Manier zwischen den Stühlen mit ihm flirten. Zugleich lachte ich mich aus, da ich es sicherlich nicht hinbekommen würde. Doch wenn ich es initialisierte, dachte ich verschmitzt, würde Joshua es vielleicht ausführen?
 

Das Foyer war prunkvoll und glänzte an allen Ecken und Kanten. Der Boden bestand aus spiegelglatten Marmorvierecken. In der Mitte standen vier sehr dicke Säulen, welche bis zur Decke führten. Dahinter wand sich eine weiße Marmortreppe mit rotem Teppich bis in den ersten Stock. Rechts führte eine breite Flügeltür zum Restaurantbereich. Links war die Rezeption, ebenfalls aus Marmor und glänzend. Ich stand etwas zu lange Maulaffen feilhaltend dar, sodass einer der elegant gekleideten und sehr drahtigen Concierge auf mich zu kam. Dass allein war mir peinlich, denn ich hatte nicht mal einen Koffer oder so was, den er mir hätte abnehmen können, beziehungsweise genügend Kleingeld, um ihn für seine Dienste einen Obolus zu geben.
 

„Mein Herr, kann ich Ihnen behilflich sein?“
 

Ah! Zu spät … Ich straffte meine Haltung und erklärte mit einer drucksigen und zu hohen Stimme, dass ich zu der Sponsorengala gehörte, die heute Abend hier stattfinden würde. Der Concierge war höflich und führte mich zu einem Rezeptionisten, welcher mir mit seinem blütenweißen Lächeln erklärte, wo ich hinmüsste. Die Sponsoren besaßen ihre eigenen, edlen Suiten, während wir Laborratten zwar edel, jedoch aus Kostengründen zu zweit untergebracht wurden. Ich bekam eine Schlüsselkarte, die Zimmernummer und die Etage. Man deutete auf die Fahrstühle, welche sich am Ende der weißen Marmortreppe befanden. Zwei Fahrstühle mit filigranen, altmodischem Ziffernblättern über den Türen. Der Zeiger ging mit jeder Etage mit. Mal nach rechts, mal nach links. Das Innere war ebenso extravagant ausgestaltet. Ein Hotelangestellter, ebenfalls im schwarzen Anzug, stand bereit, um für mich die Knöpfe zu drücken. Diese Menschen hatten sicher auch eine spezielle Bezeichnung, die mir in meiner allgemeinen Bewunderung entfallen war.
 

„Welches Stockwerk darf es sein?“
 

„Die siebte Etage, bitte.“ Mir schwitzten die Hände. Ich war unheimlich aufgeregt. Zugleich war ich nervös und bereute meine schlechte Vorbereitung. Wer wusste schon mit wem ich das Zimmer teilte?! Wäre ich etwas aufmerksamer gewesen, hätte ich dieses Detail vielleicht im Vorfeld der E-Mail entnommen und mir ein Zimmer mit Joshua teilen können. Es wäre so perfekt gewesen! Zumal wir diesen Abend opferten, statt auf ein Date zu gehen. So hätten wir wenigstens die Nacht zusammen gehabt und ich hätte meine Aussage einhalten können. „Eine Woche“, hatte ich gesagt. Genau genommen, hieß das Samstagabend. Aber von der heutigen Gala ausgehend, spekulierte ich noch nicht mit eventuell zur Verfügung stehender Freizeit am Samstagabend. Wer wusste was da noch kommen würde? Ich ärgerte mich, wischte, versucht unauffällig, meine Hände in meinen Hosentaschen ab und ließ sie dabei gleich lässig stecken. Joshua würde sicherlich mit einem anderen, ebenso genialen, Forscher in ein Zimmer gesteckt werden. Von wegen: Genial zu Genial. Ich ärgerte mich wirklich… Hatte nicht ich mich die letzten Wochen mit Joshua herumgetrieben? Ihm schöne Augen gemacht, war bei ihm daheim und hatte ihn geküsst, ehe ich selbst wusste, was ich getan hatte?! Stände es nicht mir, unter allen anderen, als erstes zu in ein Zimmer mit diesem Laboradonis zu gehen? Immerhin war ich es doch, der in ihn verl-
 

Ich brach meinen eifersüchtigen Gedankengang ab. Alsbald ich für mich allein veranschlagen wollte, dass nur ich Joshua liebte, kam mir Johannes wieder in den Sinn. Ich war mir immer noch ziemlich sicher, dass dieser in Joshua verliebt war oder gewesen war. Die Position Joshua alleine zu lieben, konnte ich somit gar nicht an mich reißen…
 

Ich bedankte mich beim Fahrstuhlführer und ging mäßigen Schrittes den Flur entlang. Dieser war mit sandbraunem Teppich ausgelegt und die Wände waren in einem angenehmen Beige gestrichen. Fenster gab es keine, nur Spotlights, die mich stark an jene auf der Arbeit erinnerten. Nur flackerte hier kein einziges der warmen Leuchtkreise. Mein Zimmer war die 0777. Eine Glückszahl eigentlich. In einer pseudowissenschaftlichen Zeitschrift las ich mal einen Artikel zur Zahlenlehre. Davon gab es bereits diverse. In jener ging es um Doppel- und Mehrfachzahlen. Die Erklärung stand darunter und hatte mehr mit dem Universum zu tun, als mit Gott oder dem Glauben. Es war mir sympathisch. Alles hatte ich nicht behalten, doch die Sieben stand eben für eine glückliche Fügung vom Universum oder so. Ach, das war zu lange her! Die Hände aus den Taschen genommen, rutschte mir mein Rucksack von den Schultern und ich hielt ihn an den Trägern mit der linken Hand fest. In der anderen Hand hielt ich die Schlüsselkarte und friemelte eine Weile am Türschloss. Man hatte mir auch nicht erklärt, wie das Ding zu benutzen war. Mit leicht entnervtem Schnauben öffnete sich endlich die Tür. Die Schlüsselkarte tat ich beiseite und trat ein. Auch dieses Zimmer, wenngleich es keine Suite war, war für mich schon der Wahnsinn! Edel eingerichtet, geräumig, mit großen Fenstern und einem Balkon mit einer hammermäßigen Aussicht! Ich erspähte eine Minibar und das Bad, eine Sitzecke mit Fernseher und schließlich ein großes Doppelbett. Meine Laune sank etwas. Musste ich wirklich mit jemand Fremdes in einem Doppelbett schlafen?! War nicht ihr Ernst oder? Innerlich war ich bereits dabei die Couch zu beziehen, als sich die Badtür öffnete und ein adrett gekleideter Mann herauskam. Dieser friemelte an seinen Manschettenknöpfen. Seine dunkelbraunen Haare waren mit ein wenig Gel in Form gebracht worden und mehr brauchte es nicht, dass er Hammer aussah. Mir fiel mein Rucksack laut plumpsend auf den Boden.
 

Joshua sah auf, lächelte und kam auf mich zu. Na, wenigstens war ich wichtiger als die doofen Knöpfe, dachte ich schnippisch. Er begrüßte mich, wollte mich umarmen und einen Kuss haben. Mit einer Flappe entzog ich mich seinen Armen und zeigte ihm die kalte Schulter. Joshuas gesamtes Gesicht hatte laut „HA, Überraschung!“, geschrien. Wir hatten die E-Mail zur gleichen Zeit erhalten und er handelte nach seinem Gutdünken und weihte mich nicht ein? Auch wenn ich mich tierisch darüber freute, mit ihm auf einem Zimmer zu sein, für diesen Moment war ich schlichtweg beleidigt. Sicherlich, ich hatte mich zu spät vielleicht auch gar nicht gekümmert und hatte diesbezüglich nicht mit Joshua geredet. Aber ich hatte noch andere Dinge im Kopf und wusste nicht mal was mich hier erwarten würde?! Meine Sorgen waren erst aufgetaucht, als ich vor diesem viel zu protzigen Eingang gestanden hatte. Ich hatte meine Nachlässigkeit auf dem Weg hier hoch bereits hundertfach bereut! Joshua hatte mitgedacht, uns das Wochenende gerettet und war deutlich vorausschauender gewesen als ich. Ihn traf keine Schuld. Dennoch … ich fühlte mich falsch behandelt.
 

Joshua bemerkte meinen Stimmungsabbruch und fragte schlicht: „Bekomme ich keinen?“ Sein Gesicht wirkte reumütig und seine Stimme war niedlich. Meine Augenbrauen waren noch immer tief nach unten gezogen und meine Arme verschränkt.
 

„Nein. Du hast gewusst, dass wir in ein Zimmer kommen und hast mir nichts gesagt. Du hast mich absichtlich auflaufen lassen. Weißt du, was ich gerade für ein schlechtes Gewissen hatte, weil es hieß, man pennt zu zweit in einem Zimmer? Du hättest mir ruhig davon erzählen können“, beharrte ich trotzig und zog einen Schmollmund. Strafe musste schließlich sein, auch wenn mir das Herz dabei brach und ich mich noch schlechter fühlte. Das Versäumnis lag auf meiner Seite, trotzdem …
 

Joshua wirkte geknickt. Ein Moment verstrich, ehe er trotzdem nähertrat und sich vortastete. Da ich keine Anstalten machte mich zu bewegen, umarmte er mich von hinten und legte seinen Kopf auf meine Schulter. Ich sah nach oben und schnaufte genervt aus. Ich konnte ihm nicht böse sein. Mit noch verschränkten Armen lehnte ich mich gegen ihn.
 

„Ich wollte dich überraschen. Du schienst zu tun zu haben und da ich ahnte, dass mein Vater die Gala wie im letzten Jahr anlegen würde, habe ich das hier arrangiert.“
 

„…“
 

„Aber auch wegen der Sponsoren.“
 

„Was haben die damit zu tun?“ Joshua zog mich näher an sich und, weil er noch immer keine Gegenwehr spürte, setzte vorsichtig einen Kuss auf meinen Hals.
 

„Es gibt Sponsoren, denen geht es um das Knowhow des Forschers. Aber es gibt auch einige, die geben dir ihr Geld freizügiger. Für … eine gewisse Gegenleistung.“ Noch ein Kuss auf meinen Hals und ich bekam eine Gänsehaut. Ich hatte es geahnt, warum sonst sollten alle Gäste nach der Gala im selben Hotel übernachten? Natürlich wurden Grenzen gewahrt, sonst würde ein solcher Anlass nicht wiederholt werden. Ich nahm an, dass die Sponsoren vorrangig wegen der Forschung kamen und bei der Gelegenheit versuchten, dass ein oder andere Sahnehäubchen der Forscher abzustauben. Ich legte meine Hände auf Joshuas und neigte unbewusst meinen Kopf, sodass er besser an meinen Hals kam. Sanft setzte er weitere Küsse auf meine gespannte Haut.
 

„Das dachte ich mir schon. Aber warum machst du dir dann Gedanken um mich?“ Ich spürte seinen Atem gegen meinen Hals, als er innehielt. Schließlich fühlte ich die Vibration seiner tiefen Stimme auf meiner Haut.
 

„Weil es unter ihnen eine Dame gibt, die sich jeden Neuling und hübschen Forscher krallt.“
 

Ich schmunzelte. Dann müsste eigentlich ich mir Sorgen machen. Immerhin war Joshua der wirkliche Hauptgewinn. Aus meiner Sicht zumindest. Und er war ledig. Ich könnte es ihm nicht verübeln, wenn er wegen der Gelder einer solchen Hommage zustimmen würde. Wir gingen derzeit nur miteinander aus. Keiner hatte sich dem anderen in irgendwas verpflichtet. Mein Gestammel in der Gasse konnte man jedenfalls nicht ernst nehmen. Nun machte ich mir wirklich Sorgen.
 

„Ich-“, hektisch drehte ich mich um und starrte in graue Augen. „Josh, ich-“
 

Diese zwei „Ich’s“ waren komplett unterschiedlicher Natur. Im ersten „Ich“ wollte ich mich herausreden, sagen, dass ich nicht so anziehend war wie er. Ich wollte ihn bitten, sich nicht so hübsch anzuziehen und mich zugleich für meine doofe Art von eben entschuldigen. Jedoch fehlten mir die Worte und ich brach ab. Im zweiten „Ich“, waren mir die Worte bewusster denn je, doch mir fehlte der Mut sie laut auszusprechen. Um mich aus dieser Peinlichkeit herauszureden, lobte ich Joshuas elegantes Auftreten und seinen Anzug.
 

Joshua war so taktvoll und ging nicht auf mein Gestotter ein. Stattdessen half ich ihm mit seinen Manschettenknöpfen und er führte mich etwas im Zimmer herum. Ich spürte, dass er mich ebenso von oben bis unten betrachtete. Seine Augen leuchteten vor Freude und mit deutlich neckischen Gedankenzügen. Ich ließ das Thema so stehen, obwohl ich mir dieses Mal gewünscht hatte, dass Joshua etwas gesagt hätte.
 

Den Auftakt bereitete ein kleiner Sektempfang. Ich nippte vorsichtig daran, denn Sekt war das, was ich gar nicht vertrug und ich musste noch den gesamten Abend überleben. Joshua indes schien der prickelnde Alkohol nichts auszumachen. Noch ehe das Dinner begann, hatte er drei Gläser geleert. Ich blieb in seiner Nähe. Es war nur logisch, denn immerhin arbeiteten wir derzeit zusammen an einem Experiment. Joshua hatte mir diese Tatsache nochmals deutlich gemacht, als ich versuchte mich hinter ihm zu verstecken.
 

„Davon ab, bist du auch so sehr schlau und eine Bereicherung für das Labor.“
 

Ich hörte diesen Abend oft lobende Worte. Mal kamen sie von Joshua, mal von einem Sponsor, dem ich gerade von meinen Tätigkeiten berichtete, einmal sogar von McFloyd, der immer und überall mal zu Gegend war. Den Großteil der Zeit erzählte Joshua. Die Sponsoren fragten ihn über seine Abhandlungen aus und bekamen gar nicht genug von den Details, welche sie eh nicht verstanden. Joshua war ein guter Redner. Er strahlte Selbstvertrauen aus und war souverän. Ich lauschte ebenso gespannt, wie alle anderen, die er um sich scharrte. Zum Leid aller Zuhörer, die gebannt an seinen Lippen hingen, erklang ein Gong, der die Gesellschaft zum Essen lud.
 

Neben Joshua ging ich durch die großen Flügeltüren, welche nun komplett geöffnet worden waren. Dahinter erstreckte sich ein langer Saal, welcher vierundvierzig weißgedeckte, runde Tische mit je sieben Stühlen drum herum, präsentierte. Die Tische waren weit genug auseinander, um bequem zwischen ihnen hin und her wandeln zu können. Zunächst suchten sich die Laboranten einen Tisch aus, sodass die Sponsoren sich zu ihnen setzen konnten. Jedem stand es frei, während des Essens den Tisch zu wechseln. Schließlich sollten die Gespräche zahlreich und der Eindruck bleibend sein. Der Tisch an sich war schlicht gedeckt. Es standen zwei Teller vor mir, für Suppe und Hauptspeise. Viel zu viel Besteck, ein Weinglas für Rotwein und eines für Weißwein, ein Glas für Wasser und eine elegant gefaltete Serviette. Die Mitte des Tisches zierte ein Blumenbouquet, das die einzigen Farben in das eher Weiß und Silber gehaltene Ambiente brachte. Das Gesteck war flach, damit sich alle Gäste auch über den Tisch hinweg ansehen und miteinander reden konnten.
 

Ich setzte mich zu Joshuas Rechten und rückte meinen Stuhl heran, als sich eine elegant gekleidete Dame Joshua gegenübersetzte. Sie trug einen Fächer bei sich, den sie just zusammenfaltete und vor sich auf den Tisch legte, ehe sie sich auf ihrem Ellenbogen abstützte, nach vorne lehnte und ihr Dekolleté zur vollen Geltung brachte.
 

„Mein lieber Joshua. Der Abend begann vor etlichen Stunden und du hast mich noch immer nicht aufgesucht. Ich bin etwas erschüttert“, sagte sie mit einer melodischen Stimme und einem Augenaufschlag, der sogar Felsen hätte spalten können. „Kamen wir letztes Jahr nicht überein, dass wir uns bei der nächsten Gala sofort ansprechen würden?“
 

Joshua rückte seinen Stuhl zurecht und schenkte der Dame ein freundliches Lächeln. „Fräulein Marianne, wie könnte ich es vergessen. Doch ich erinnere mich daran euch auch gesagt zu haben, dass dies nur eintritt, wenn ich keinerlei sonstige Investitionen tätigte.“
 

Fräulein Marianne sah nicht aus wie ein Fräulein. Sie war hübsch, ohne Frage, aber mindestens Dreißig, wenn nicht sogar Älter.

„Du brichst mir das Herz. Ich war so sehr überzeugt, dass ich deine nächste Investition sein würde.“
 

Joshua lachte amüsiert und höflich. „Verzeihen Sie. Es kam etwas Unvorhergesehenes dazwischen. Zudem bin ich heute nicht als Einzelperson hier, sondern mit meinem Teamkollegen.“ Joshua deutet auf mich und die Dame – tut mir leid, ein Fräulein war sie definitiv nicht! – beäugte mich flüchtig, ehe sie sich etwas vorlehnte und Joshua einen beherzten Einblick gewährte.
 

„Davon habe ich bereits gehört. Wie ungewöhnlich für dich. Aber verrate mir bitte. Diese … Investition … ist das eine feste?“ Mir gefiel nicht wie ihre Augen funkelten …
 

Joshua wartete einen Moment ab, bis der Kellner, welcher uns vor einigen Minuten bereits nach unseren Getränkewünschen gefragt hatte, diese abstellte. Zugleich fragte er, ob die Suppe serviert werden könne. Joshua und die Dame, sowie die anderen hier sitzenden Gäste, nickten. Ich war nur froh, dass ich gleich etwas zu tun bekommen würde. Die anderen Gäste am Tisch unterhielten sich ebenfalls, doch mich interessierte allein dieses Gespräch zwischen Joshua und Marianne.
 

„Nun, das möchte ich doch meinen“, erwiderte Joshua nun auf ihre Frage.
 

„Und es gibt keine Chance für mich, da mit einzusteigen?“ Joshua lachte amüsiert, ich blinzelte. „Du weißt, was ich meine.“ Ich hatte meine Hand gehoben, um nach meinem Glas zu greifen, stieß dabei ungewollt gegen mein Besteck, welches klirrend herunterfiel.
 

„Oh, Entschuldigung“, sagte ich hektisch und beugte mich nach dem Besteck. Als ich wieder auftauchte, bemerkte ich, dass Joshua mir zugewandt war, um zu helfen und dass ein Kellner bereits mit frischen Besteckt hinter mir stand. Überrumpelt gab ich die noch ungenutzte Gabel ab und erhielt eine frisch polierte. Während die anderen Gespräche weiter gingen, wartete Marianne geduldig ab, bis Joshua mir „zu Ende geholfen hatte“. Ihr Blick war stechend. Als wäre ich ein Insekt oder so etwas. „Verzeihung“, sagte ich nochmal und griff mit meiner rechten Hand nach meinem Getränk. Mit meiner linken Hand wäre der Weg zum Getränk kürzer gewesen, jedoch war es mir gerade nicht möglich meine linke Hand zu heben. Joshua wandte sich der Dame wieder zu, legte seinen linken Unterarm auf den Tisch ab und lehnte sich etwas vor. Ich nahm einen Schluck vom Wasser und verfolgte das Gespräch neben mir scheinbar interessiert. Oh, wie könnte ich nicht interessiert sein?! Meine Ohren lauschten angestrengt Joshuas Worten und der Erwiderung der Dame. Das mit dem Besteck war wirklich ein Versehen gewesen. Zugleich hatte es bei mir klick gemacht und ich wusste wer die Dame vor mir war. Joshua hatte sie vorhin erwähnt. Die Dame, welche zu gerne hübsche Laboranten auf ihr Zimmer einlud. Mit mal wurde jedes ihrer Worte schlüpfrig und es wurde überdeutlich, dass sie nur an Joshua interessiert war. Wohl der einzige Mann hier, der sie galant zurückwies.
 

„Ich befürchte, dass ein Einstieg nicht möglich ist“, erklärte Joshua ruhig.
 

„Mein lieber Joshua, bist du dir dessen sicher? Bedenke wer ich bin“, ihre Worte klangen leicht und verführerisch. „Verrate mir doch bitte wie fest euer Arrangement ist oder besteht die Möglichkeit dich nachher zu einem Privatgespräch bitten zu können?“
 

„Leider bezweifle ich, dass die Person, mit der mein Arrangement besteht, einer solchen Abweichung der Parameter zustimmen würde.“
 

„Obwohl du weißt, wie geschickt ich mit Worten umgehen mag?“, fragte Marianne.
 

„Eben darum. Ihre flinke Zunge ist durchaus bekannt.“
 

Marianne schnalzte mit eben dieser gerade so als wollte sie Joshuas Aussage bestätigen. „Jene Person … ist sie so besonders?“
 

Mein Herz machte einen Hüpfer und ich drehte mich etwas zu ihnen. Joshuas Hand hielt seit geraumer Zeit die meine. Nachdem er mir geholfen hatte, griff seine rechte Hand unter der Tischdecke nach meiner linken und hielt sie seitdem fest mit seiner verschränkt. Handfläche auf Handfläche betete ich darum, nicht zu sehr zu schwitzen. Nun drückte er meine Hand leicht und begann nervös mit den Daumen hin und her zu streichen.
 

„Diese Person ist sehr besonders. Für mich ist sie der charmanteste und aufrichtigste Mensch, der mir je begegnet ist. Würdevoll auf ihre ganz eigene Weise, sehr intelligent und manchmal verspielt.“
 

„Diese Person scheint wirklich sehr besonders zu sein. Für mich gibt es da keinen Platz in deinem Herzen?“
 

„Nein, mein Herz gehört dieser Person allein.“ Joshuas Hand drückte meine fester und fester. Mir blieb indes die Spucke weg und ich glaube, ich hatte für den Moment mit Atmen aufgehört. Das gesamte Gespräch war von Zweideutigkeiten geprägt. Jedes Mal, wenn Joshua „die Person“, beschrieb, spürte ich den Druck seiner Hand. Stumm hatte ich meinen rechten Ellenbogen auf den Tisch gestellt und meinen Mund in meine Handfläche gelegt. Es ging nicht mehr. Ich wurde rot. Auf diese Art ein Geständnis zu bekommen … Joshua war mies! Ich hatte bisher keine Chance gefunden mit ihm zu flirten und er tat es so galant und noch während er eine super heiße und gefragt Sponsorin ablehnte. Ich konnte mein Glück nicht beschreiben!
 

„Zu schade auch“, gab Marianne zu. „Aber ich wollte mein Glück wenigstens versucht haben“, gestand sie ehrlich ein. „Nun denn? Wer ist dein Kollege?“
 

Joshua stellte mich vor. Ich lauschte ihnen und war dennoch überrascht, als die Dame mich direkt ansprach.
 

„Wie bitte?“, fragte ich nach.
 

„Oh, ist er nicht allerliebst? So aufgeregt. Hat dich unser Gespräch so aufgewühlt, dass du rot geworden bist?“
 

Ich schüttelte den Kopf und räusperte mich, saß dann wieder gerade. „Nein, Fräulein. Aber danke für ihre Aufmerksamkeit. Ich vertrage den Sekt nicht. Sicherlich kommt daher die Röte.“
 

„Ohh, wie amüsant. Dann komm mit mir und trink noch ein Schlückchen guten Brandy. Joshua sagte du hast Talent. Das würde ich gerne näher betrachten.“
 

Ich lächelte sie an und fühlte mich irgendwie ziemlich ruhig. Weniger aufgepeitscht als eben, obwohl mein Herz noch immer raste. „Zu gütig, jedoch muss ich ablehnen.“
 

Überrascht einen zweiten Korb kassiert zu haben, sah Marianne auf. „Wie kommt das? Hast du auch eine besondere Person, derer du zur Treue verpflichtet bist?“ Ihre Empörung war deutlich herauszuhören. Über die Körbe, als auch über erste Zweifel an ihrer Flirttaktik.
 

„So ist es. Ich selbst bestehe darauf, dass meine mir liebste Person ihre Treue einhält, sodann werde ich selbiges tun. Eine solche Schönheit kann ich nicht einfach aus der Hand geben.“
 

„Ein Romantiker also, hm? Bist du sicher, dass diese Schönheit kein Interesse an jemanden wie mir zeigen würde?“
 

Ich musste lächeln und drückte Joshuas Hand fest mit meiner. „Absolut sicher.“



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