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Birds

von

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Ein paar Wochen vergehen. Wie viele genau halte ich nicht nach, es interessiert mich aber auch nicht wirklich. Gerade bin ich von einer Mission zurückgekehrt, laufe zur medizinischen Betreuung. Meine Hand hat einen Streifschuss abbekommen, der versorgt werden sollte.

Ich setzte mich auf den weißen Stuhl hinter dem zweiten Vorhang des Raumes, während die Schwester das Verbandszeug vorbereitet. Sie spricht kein Wort, versorgt mich nur gewissenhaft. Auch ich sage nichts, es gibt keinen Grund sich über irgendetwas auszutauschen. Auf dem Tisch neben mir entdecke ich eine aufgeschlagene Zeitung. Der Hauptartikel behandelt den weißen Tiger, der seit einiger Zeit in Yokohama sein Unwesen treibt. Ich bin gespannt, wie lange die Polizei sich noch vergebens mit dem Tier rum ärgern wird, ehe sie uns, der Hafenmafia den Fall übergeben. Wie zu erwarten, stellen sie sich hier mehr als minderbemittelt an.

Murmeln von außerhalb des Raumes, dringt an mein Ohr. Da kommt jemand. Ich höre, wie die Tür sich öffnet, kann aber durch den Vorhang nichts erkennen.

„Es ist ein wenig aufregend nicht wahr, Chuya?“ Ich horche auf. Das ist Kouyous Stimme. Sie kümmert sich seit einiger Zeit um dein Training und betreut dich natürlich auch während deine Verletzung ausheilt. Die Schwester wendet sich von mir ab, ist offenbar fertig. Ich rutsche mit dem Stuhl geräuschlos nach hinten, bis ich durch einen Spalt zwischen den Vorhängen sehen kann. Du trägst deine üblichen geschmacklosen Klamotten. Ich hebe eine Augenbraue. Bis auf deine noch verbundenen Augen siehst du überraschend genesen aus. Nur kleinere Pflaster zieren deine Haut an Armen und Hals. Ich hätte erwartet, dass du noch im Krankenbett liegst, habe ich schließlich nichts mehr von dir gehört. Auch der Boss hat dich nicht erwähnt. Mit zusammengepressten Lippen setzt du dich auf einen Stuhl, legst die Hände in den Schoß. Du wirkst nicht unbeholfen, obwohl du nichts sehen kann. Mit schmalen Augen mustere ich dich. Ah, das rote Leuchten. Es ist sehr schwach, doch klar für mich zu erkennen. Du verwendest deine Fähigkeit um dich zu orientieren? So etwas kluges hätte ich dir nicht zugetraut. Nun, wahrscheinlich war es nicht deine Idee, eher Kouyous. Das klingt plausibel. „Bist du bereit?“, fragt sie und setzt sich vor dich hin. Deine Hände ballen sich zu Fäusten. „Ich mache den Verband von deinen Augen ab.“ Dachte ich mir schon, dass es darauf hinaus läuft. Du wirkst angespannt, lässt es aber über dich ergehen, dass sie die Bandagen von deinem Kopf entfernt. Mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf verharrst du ganz ruhig auf dem Stuhl. Wobei ruhig unpassend ist, eher wie eingefroren. „Na?“, fragst sie mit heller Stimme, doch wohl auch ein wenig Aufforderung. Du rollst die Lippen ein, deine Fäuste werden fester. Kouyou neigt sich zu dir. „Tut es weh?“ Du schüttelst den Kopf. „Willst du denn nicht auch wissen ob es geklappt hat?“ Ich schlucke. Dann hast du seit wir zurück gekommen sind nicht mehr die Augen geöffnet? Keiner weiß ob du noch sehen kannst? Ich lehne mich ein wenig vor, um dich besser beobachten zu können. Deine Schultern zucken leicht. Du hast...

„Ich habe Angst.“, tritt es mit wackliger Stimme aus seinem Mund und ich nicke.

„Wovor?“, fragt Kouyou fast schon sachlich als wäre sie dein Arzt. „Was... Was wenn ich wirklich nichts mehr sehe? Dann... Dann bin ich doch vollkommen nutzlos für die Hafenmafia...“ Du beißt die Zähne zusammen, während sich ein warmes Gefühl in meiner Brust ausbreitet. Genieße ich es dich leiden zu sehen? Ich schüttle mich, merke dass das Gefühl vergeht, dann sehe ich wieder zu dir. Ich bin tatsächlich neugierig. Hm. „Der Boss wird wütend und dann... muss ich gehen...“ Du beugst den Rücken leicht nach vorne, was dich noch kleiner erscheinen lässt als du es eh schon bist. Kouyou legt ihre Hand auf deine Schulter.

„Selbst wenn es nicht geklappt haben sollte, ist das kein Weltuntergang.“ Du atmest auf. „Du hast in den letzten Wochen trainiert mit deiner Fähigkeit den Alltag in völliger Dunkelheit zu meistern. Wenn wir noch etwas weiter daran arbeiten, wirst du auch ganz ohne Licht kämpfen können.“ Sie lacht leicht auf. „Mein kleiner Chuya. Du bist eine Bereicherung für den Boss, mit oder ohne Augenlicht.“ Ich verziehe den Mund. Ist ja ekelhaft. Du hingegen scheinst durch ihre Worte motiviert zu sein, denn du richtest dich wieder auf. Ganz langsam heben sich deine Lider. Zwischendurch blinzelst du ein paar mal, wohl von der plötzlichen Helligkeit geblendet. Dann sind deine Augen soweit geöffnet, dass sie deine komplette, leuchtend blaue Isis freigeben. Ich neige mich leicht vor, da siehst du zu Kouyou auf. Sie lächelt dich an. „Sehr schön.“

Ein breites Grinsen schießt auf dein Gesicht. Du springst auf, betrachtest deine Hände mit freudig geöffnetem Mund. Ich erwische mich bei einem flüchtigen Lächeln. Dummer kleiner Hund. Jetzt wedelst du wieder mit dem Schwanz, was, Chuya?

„Ich muss los.“ Kouyou sieht überrascht zu dir auf, auch wenn du stehend kaum größer bist als sie im Sitzen. „Wo willst du hin?“ „Zu Dazai.“ Sofort schlägt mein Herz etwas schneller. Was? Wieso willst du zu mir? Das überrascht mich dann doch. „Ich will ihm zeigen, dass ich wieder gesund bin.“ Mit großen Augen blinzele ich dich durch den Vorgang an. Kouyou hebt beschwichtigend die Hände, ist wohl sprachlos angesichts deiner plötzlichen Euphorie. Dass du nicht ganz normal bist, sollte sie eigentlich schon begriffen haben. Und ich auch. „Ich muss los!“, rufst du und stürmst aus dem Raum. Kouyou sieht dir perlex hinterher und ich muss ein Lachen verkneifen.

Ich sehe zum Fenster hinaus bis Kouyou gegangen ist. Einen Moment später begebe ich mich auch aus dem Raum. Ich gehe in den Hinterhof des Gebäudes, setze mich auf eine Mauer hinter einer Bank und nehme mein Buch aus der Manteltasche. Ich bin gespannt, wie lange du brauchst um mich zu finden. Wahrscheinlich lange genug, dass ich mein Buch ausgelesen bekomme. Ich schlage die dritte Seite auf meinem Schoß auf und beginne zu lesen.

Etwa auf der Mitte von Seite 35 höre ich ein Schnaufen. „Dazai.“ Schuhe knirschen auf dem Kies vor mir. Da bist du ja. Ich hebe gelangweilt den Blick. Du stehst vor der Bank und siehst mit deinem dämlichen Grinsen zu mir auf.

„Wie ich feststellen muss, wurden meine Gebete wohl nicht erhört. Du weilst ja immer noch unter den Lebenden.“ Dein Gesicht verfinstert sich und du schnaubst verächtlich.

„Ja, sieh nur her. Ich bin wieder topfit. Ich könnte dir jederzeit den Kopf vom Hals reißen.“ Deine blauen Augen funkeln zwischen deinen roten Locken zu mir hoch.

„Ah, da ist das fiese Geräusch wieder.“ Ich stecke den Finger in mein linkes Ohr und wackle mit ihm hin und her. „Es war eine wahre Wohltat meine Ohren von dem Krächzen, dass du deine Stimme nennst, zu erholen.“ Du knurrst. „Jetzt klingelt es wieder. Wie lästig.“ Ich drehe den Finger vor und zurück.

„Ts. Du hast nur Schiss, weil deine größte Konkurrenz wieder auf der Bildfläche erscheint.“ Wieder bleckst du deine Zähne und ich sehe runter zu meinem Buch.

„Ja ja.“, winke ich ab. „Sonst noch was oder lässt du mich weiter lesen?“ Ich blättere die Seite um.

Du verschränkst die Arme vor der Brust. „Ich bin auch nicht scharf drauf Zeit mit dir zu verbringen.“ Mit ausladenden Schritten stapfst du davon. Belustigt sehe ich dir nach. Ja, ich habe auch keinen Bock auf dich, doch ich befürchte, dass wir nicht lange warten müssen, ehe der Boss uns wieder zusammen bringen wird. Im Sinne der Hafenmafia. Bla bla.



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