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Pan

von

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1923 – Herbert & Ernst

Der Abend hätte nicht schöner sein können. Gemeinsam mit Ernst an seinem Arm, war Herbert durch gleich mehrere der Szenebars gezogen. So hatte er dem jungen Matrosen doch noch das ein oder andere in seinem geliebten Berlin zeigen können.

Jetzt hatten sie sich gemeinsam in eine Hintergasse zurückgezogen. Herbert nutzte die Stille hier hinten, um Ernst an die Wand zu drücken und leidenschaftlich zu küssen. Ihm gefiel der Mann, der ein paar Jahre jünger war als er selbst. Dabei war er sich sicher, dass Ernst, war er einmal wieder an Bord seines Schiffes, niemanden vom Abenteuer dieser Nacht erzählen würde.

Als sich ihre Lippe trennten, strich Herbert über Ernsts Wange.

„Was ist?“, fragte dieser atemlos.

„Ich denke mir nur, dass du sehr feine Züge hast für einen Matrosen.“ Ein Grinsen konnte sich Herbert nicht verkneifen.

Ernst lachte verlegen. „Würde das einer der anderen hören… die würden mich nie wieder damit in Ruhe lassen.“

„Dann ist es wohl besser, dass sie davon nie hören“, meinte Herbert und küsste ihn erneut.

Dabei stimmte, was er gesagt hatte: Ernst hatte sehr feine Züge. Er hatte nicht einmal die Spur eines Bartes und überraschend lange Wimpern. Einzig sein kräftiger Körperbau und das Tattoo an seiner Schulter verriet seine Berufswahl.

Der Matrose war nicht zimperlich. Er ließ sich voll und ganz auf den Kuss ein, gab sich Herbert hin. Ja, er begann sogar sich an ihm zu reiben und verleitete Herbert dazu, seine Hände über Ernsts Körper wandern zu lassen. Schon fand er die harte Stelle zwischen seinen Beinen, rieb sie und entlockte ihm damit ein leises Stöhnen.

Dabei wusste Herbert nicht mal mehr sicher, wo sie überhaupt waren. Diese Klarheit war ihm schon vor einigen Cocktails verloren gegangen. Irgendwo in Schöneberg mussten sie sein. Irgendwo. Na ja, er würde schon seinen Weg nach Hause finden.

Auf einmal hielt Ernst inne. Er drückte sanft gegen Herberts Schultern.

Ein wenig enttäuscht hörte Herbert auf und zog auch die Hand wieder aus der Hose des Matrosen. „Was ist?“, fragte er.

„Hörst du das nicht?“

Herbert runzelte die Stirn. „Was?“ Er lauschte, in der Hoffnung zu hören, was Ernst meinen könnte.

„Die Musik“, erklärte sein Kumpane.

Noch angestrengter hörte Herbert hin. Ja, da war das ferne Schwingen einer Jazzband. Nichts weiter ungewöhnliches für Berlin-Schöneberg am frühen Abend. „Wahrscheinlich ein Tanzcafé oder Ballsaal“, murmelte er nur.

Doch Ernst hielt seinen Kopf angelehnt und begann dann mit dem Fuß zu wippen. „Ich will dahin!“

Herbert konnte nur mit Mühe ein Seufzen unterdrücken. „Mein guter Maat, waren wir heute nicht schon genug trinken.“

„Aber noch nicht wirklich tanzen“, antwortete Ernst. Er griff nach Herberts Hand. „Komm schon, Herbert. Lass uns noch ein wenig tanzen gehen!“

„Wenn sie unsereins da überhaupt tanzen lassen“, murmelte Herbert. Denn das war soweit wirklich ein Glücksspiel. Natürlich waren sie in Schöneberg, wo es wirklich das ein oder andere Lokal gab, das auch Menschen mit dieser Art der Liebschaften einließen, doch es war nicht gegeben. Vor dem Gesetz war seine Liebe noch immer illegal.

„Komm, wir schauen einfach“, meinte der Matrose und machte schon erste Schritte die Gasse hinab, zog dabei an Herberts Hand.

Ja, was für eine Wahl hatte er schon, wenn dieser Abend noch irgendwohin führen sollte? Herbert folgte seinem Begleiter die Gasse hinab auf der Suche nach einem Lokal von vielen, das an diesem Abend Jazz spielte.

Es war jedoch, als hätte ein Zauber Ernst ergriffen. Wie von unsichtbaren Schnüren gezogen, ging er die Straße entlang, zog Herbert dabei immer weiter mit sich. Zugegebenermaßen konnte Herbert nun, wo er die Musik deutlicher hören konnte, die Faszination verstehen. Das hier war nicht einfach nur Jazz, es war mehr als das. Es zog ihn magisch an, wollte ihn einladen in ein wirklich magisches Wunderland. Selbst in seinem von Absinth betäubten Dichterhirn klang dieser Gedanke seltsam.

Doch je lauter die Musik wurde, desto stärker spürte er diese Anziehung. Er musste unbedingt dahin, wo diese Musik spielte. Ja, dort würden sie tanzen können, bis in die frühen Morgenstunden. Was wollte er mehr, als die Stunden mit dem hübschen Matrosen vertanzen.

Dann führte ihr Weg sie in eine Hintergasse und schließlich auf einen kleinen Vorplatz. Diesem zugewandt war ein älter wirkendes Gebäude mit mehreren Stockwerken. Was in den oberen Stockwerken verborgen lag, vermochte Herbert nicht zu sagen, doch im Erdgeschoss öffneten sich zwei weite Schwingtüren. „Pan“ stand in großen goldenen Lettern über den Türen. Aus diesen offenen Türen kam ohne Frage die Jazzmusik, selbst wenn zwei schwere Samtvorhänge den Blick ins Innere des Lokals verbargen.

Dies stoppte sie jedoch nicht. Schon schob Ernst den Vorhang zur Seite und öffnete damit den Weg zu was fraglos ein Ballsaal war. Doch nicht irgendein Ballsaal. Schon auf den ersten Blick war klar, dass dieser für Leute wie sie war. Hier tanzten Männer mit Männern, Frauen mit Frauen. Alle schienen eine ausgezeichnete Zeit zu haben. Wer nicht tanzte, saß an der Bar am anderen Ende des großen Saals, der von mehreren aufwändig verzierten Lampen beleuchtet wurde.

Es war schon ein seltsamer Ort, war doch ein Teil der Leute fein gekleidet, wie Herbert, andere in einfacher Arbeitskleidung. Aber was für einen Unterschied machte das bei einer so beschwingten Musik, die sie geradezu anflehte zu tanzen.

Herbert kam nicht umhin zu lachen. Oh ja, tanzen! Er wollte tanzen! Die ganze Nacht!

Er griff Ernsts Hand fester. „Lass uns tanzen!“, rief er über die Musik hinweg.

Ernst lächelte ihn an. „Sehr gerne.“

Dann schon zog Herbert seinen Begleiter an sich heran und gemeinsam schwangen sie sich auf die Tanzfläche. Wie gut, dass sie hierher gekommen waren.



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