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Trust is everything

Wichtel Geschichte für Ral
von

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Chapter Three

Hier Darling, dass wird dir helfen, dich zu entspannen.“

 

Er versuchte etwas Bekanntes zu erkennen. Den Geruch oder seine Umgebung. Doch alles wirkte so unergründlich und schwarz, so... unrealistisch.

 

Darling, du musst versuchen, weniger zu bluten. Ich weiß, dass das schwache, schöne Geschlecht, oft die gleichen Wunden, mit mehr Qualen erleidet, aber du musst dich wirklich anstrengen.“

 

Er sah es, direkt vor seinen Augen. Ein langer Tisch, voller Blut, drumherum Körperteile, verteilt auf dem Boden oder von der Decke baumelnd. Er hörte die Schreie und das Weinen, dass Betteln darum, Gnade walten zu lassen. Aber es gab keine Gnade. Nicht in Mount Massive.

 

Nein. Es tut mir leid, Darling. Die Liebe ist nicht jedermanns Sache.“

 

Und dann starrten sie ihn an. Leuchtende, blaue Augen.

Sein Brustkorb spannte sich an, doch der Schrei entwich ihm nicht, als er sich rasch aus dem Bett drückte. Mit Schnappatmung landete er auf dem Boden, fühlte einen kurzen Schmerz an seinen Handflächen, während seine Augen den Raum gehetzt abscannten.

 

Er war allein.

 

Aber er wollte nicht alleine sein.

 

Unaufhörlich stieg die Panik in ihm an, er rappelte sich schnell auf und suchte nach irgendwas – irgendjemanden.

 

Eddie war nicht da. Eddie war nicht zurückgekehrt. Vielleicht war er tot. Vielleicht war er eingeschlafen. Vielleicht würde er niemals zurückkommen. Waylon konnte keinen klaren Gedanken fassen, er hatte nur das Gefühl, die Einsamkeit würde ihn von innen zerfressen und das konnte er nicht zulassen. Er wollte hier raus. Er musste hier raus.

 

Waylon ignorierte den stechenden Schmerz in seinem Fuß, als er zur Tür stürmte. Er zog und zerrte am Knauf, schlug gegen die Türen, aber nichts bewegte sich. Waylon bemerkte nicht, wie sich Tränen in seine Augen schlich, Panik. Lisa war so oft in seinem Kopf, doch gerade hatte selbst seine Frau keinen Platz mehr dort. Ganz anders als jemand, vor dem er sich fürchten sollte.

 

„Eddie? Eddie!?“, mit jedem Rufen des Namens wurde seine Stimme lauter – verzweifelter – er hörte die näher kommenden Schritte nicht genauso wenig wie die Stimme hinter Türen, die versuchte, ihn zu beruhigen.

 

Erst als die Tür geöffnet wurde und er eine bekannte Gestalt erkannte, kam er wieder zu sich.

 

„Darling, was ist de-“

 

Ohne abzuwarten, drückte sich Waylon nach vorne und umschlang den starken Brustkorb mit seinen Armen, drückte sich so fest an Eddie, als würde er in ihn kriechen wollen.“

 

„Darling?“, murmelte der Bräutigam irritiert, ehe er seine Arme langsam um die zarte Gestalt legte.

 

„Lass mich nicht alleine...“, hauchte Waylon, immer noch das Gesicht in Hemd und Weste von Eddie gedrückt. „Bitte. Bitte lass mich... einfach nicht alleine. Nie mehr...“ Er registrierte kaum, was er da von sich gab, er spürte nur... wie die Panik abnahm. Immer und immer weiter. Sie wurde klein. Bis es sie kaum mehr gab.

 

„Ja... natürlich, Darling. Alles was du willst“ Eine der großen Hände vergrub sich in das blonde Haar, streichelte sanft, aber doch etwas zu grob, hindurch. „Komm. Lass mich dich ins Bett bringen.“

 

„Du musst bei mir bleiben. Bitte!“

 

„Ich bleibe bei dir. Mach dir keine Sorgen.“

 

Trotz der Worte, klammerte sich Waylon an den anderen Mann, bis sie gemeinsam halb ins Bett fielen und einige Momente brauchten, um sich zurechtzulegen. Sie verbrachten einige Momente damit, dass Waylon sich weiterhin an den Mann klammerte, der ihm durch Haar und über den Rücken streichelte, aber keine Fragen stellte.

 

Nach und nach kamen all seine Gedanken wieder zu ihm durch. Er lag in den Armen eines Mannes, der ihn hatte töten wollen. Der ihn zu einer Frau hatte machen wollen. Während Eddie damals dauernd darüber gesprochen hatte, hatte er es bisher nicht ein einziges Mall erwähnt.

 

War das gut... oder doch eher schlecht?

 

Er war zu müde für all diese Gedanken.

 

„Du darfst wieder schlafen, Darling. Ich werde hier bleiben“, versprach Eddie ihm. „Morgen, da ist der große Tag.“

 

„Der große Tag?“, wiederholte er leise.

 

„Unsere Hochzeit natürlich!“, lachte Eddie, seine Brust bebte unter Waylons Kopf. „Ich habe dein Kleid so gut wie fertig. Morgen ist es endlich so weit. Wir werden heiraten. Ein richtiges Ehepaar sein! So, wie es meine Mutter immer für mich wollte.“

 

Natürlich, Eddie wollte heiraten. Das wusste Waylon noch, immerhin musste er nur deshalb ein Hochzeitskleid anprobieren. Er hatte nicht erwartet, dass Eddie so schnell sein würde.

 

„Du bist schnell fertig geworden. Mit dem Kleid.“

 

„Ich habe mir viel Mühe gegeben“, erwiderte der Bräutigam stolz. „Ich kann es kaum erwarten. Dich zu heiraten. Dich zu meiner Frau zu machen.“

 

Vielleicht war das der Augenblick, auf den Waylon gewartet hatte.

 

„Und danach...“, fing er dennoch vorsichtig an. „Danach sind doch unsere Flitterwochen, oder?“

 

„Oh, aber natürlich!“, Eddie schrie das beinahe, so erfreut schien er zu sein, „Sie werde großartig sein! Ich habe einen Raum gefunden, der perfekt sein wi-“

 

„Eddie“, Waylon hatte der Mut gepackt, den Mann zu unterbrechen. Vorsichtig setzte er sich auf, seine Hände immer noch auf der Brust des Bräutigams, der ihn irritiert ansah. „Du willst doch... nicht wirklich, dass wir unsere Flitterwochen hier verbringen, oder?“

 

„Was meinst du, Darling? Das ist unser Zuhause.“

 

„Ja genau. Flitterwochen verbringt man nicht daheim. Man... fährt weg, fliegt weg... läuft.“

 

„Ich denke, dass ist keine gute Idee.“

 

„Oh, bitte Eddie!“, Waylon legte sich ins Zeug, er schob sogar seine Unterlippe schmollend vor. „Lass uns ein Stückchen der Welt sehen, bevor wir... bevor wir Kinder bekommen und nicht mehr verreisen können.“

 

„Darling...“

 

„Es ist mein größter Wunsch“, der Software-Entwickler biss sich auf die Unterlippe. „Ich möchte hier raus. Ich möchte mit dir verreisen.“

 

Eddie starrte ihn an, Waylon konnte nicht erkennen, ob der Bräutigam sauer war oder nicht, er wirkte zumindest erst einmal recht ruhig und nachdenklich. „Na schön“, seufzte der Mann. „Ich kann dir einfach keinen Wunsch abschlagen, Darling.“

 

„Oh, danke Eddie!“, strahlend ließ sich Waylon wieder in die Arme ziehen. „Du machst mich zum- zur glücklichsten Frau der Welt!“ Um seinen Fehler zu verbergen, machte er zum ersten Mal etwas, dass Eddie bislang nur ihm gegenüber getan hatte. Er streckte sich, um die Wange des Serien-Frauen-Mörder zu küssen. Nicht sehr lange, aber lang genug, um zu erhaschen, wie Eddie die Augen schloss, als würde er es wirklich genießen.

 

Wer weiß, – vielleicht genoss er es wirklich, eine Art Zuneigung zurückzubekommen, die er sich wünschte.

 

 

~

 

 

Der nächste Tag brach schnell an. Und damit auch die Hochzeit. Als Waylon die Augen aufschlug, war die andere Betthälfte leer, aber er erkannte Eddie am Tisch sitzend, bereits ausgestattet mit Wasser und Essen, das er wohl wieder für sie gesucht hatte. Sein Hungergefühl war komplett anders geworden, seitdem er hier in den Lüftungsschächten gelebt hatte. Selbst wenn das Essen echt schlecht war, es war etwas, das ihn rasch aus dem Bett lockte. Verschlafen stolperte er mit dem Laken aus dem Bett und auf Eddie zu. Der Bräutigam hob den Kopf, sah ihm entgegen und begann direkt zu grinsen.

 

„Darling, du bist wach geworden. Sehr gut, ich hoffe, du bist ausgeschlafen!“, begrüßte ihn Eddie und zog den freien Stuhl zurück, damit sich Waylon setzen konnte und dieser tat es natürlich sofort. Daraufhin legte sich eine der großen Hände von Eddie auf seinen rechten Oberschenkel. „Heute wird ein großartiger Tag. Wir werden heiraten.“

 

Eddie wirkte aufgeregt wie ein Kind, zu seinem Geburtstag. Er füllte eine Schüssel mit der Suppe, gab sie an Waylon ab, inklusive eines Bechers mit Wasser. Sie aßen im Stillen, auch wenn Waylon bemerkte, dass es Eddie scheinbar schwer fiel, wirklich ruhig zu bleiben. Sobald ihre Schüsseln und Becher leer waren, war es auch vorbei mit der Ruhe.

 

„Komm Darling, wir müssen uns vorbereiten für die Hochzeit!“, kündigte er an und zog Waylon an den Händen hoch, ließ sie auch für einen Moment nicht los. „Ich habe für unsere Flitterwochen bereits alles vorbereitet, damit wir weggehen können, wie du es dir gewünscht hast.“

 

Waylon wusste nicht, was Eddie vorbereitet haben könnte, aber er hoffte, es war etwas wirklich Hilfreiches.

 

„Das ist wunderbar, ich freue mich schon so sehr r“, erwiderte der Software-Entwickler sanft.

 

Die Lippen des Mannes drückten sich auf die Stirn von Waylon, wie bereits einige Male zuvor. Schließlich hielt Eddie ihn an einer Hand fest und zog ihn aus ihrem Raum hinaus.

 

„Ich habe jemanden gefunden, der dir helfen wird.“

 

„Mir helfen?“, harkte Waylon irritiert nach.

 

„Ja, beim Zurechtmachen. Ich weiß doch, dass eine Frau immer etwas mehr Zeit benötigt. Er wird dir helfen, beim Anziehen vom Kleid und alles. Bis dahin habe ich alles andere vorbereitet, was noch notwendig ist“, informierte ihn Eddie weiter, führte ihn durch die langen Gänge, Waylon konnte sich nicht orientieren.

„Dennis!“

 

Waylon runzelte die Stirn – den Namen kannte er. Den hatte er gehört, oder eher gelesen in einer von vielen Akten. Es war nicht einfach das Gesicht zu erkennen, die meisten Patienten sahen ähnlich aus, mit derselben Kleidung, den abrasierten Köpfen und blutunterlaufenen Augen.

 

„Ich bin da. Ich bin da...“, flüsterte Dennis.

 

„Sehr gut. Das hier ist meine Frau. Du weißt, ich vertraue dir. Aber wenn du etwas Falsches tust...“

 

„Ich werde gut sein. Ich werde keine Fehler machen!“, schwor Dennis eifrig, erlaubte es sich gar nicht, Waylon anzublicken.

 

„Gut. Du hast alles und weißt Bescheid. Ich überlasse sie dir jetzt und erwarte, dass ihr so pünktlich wie möglich seid!“

 

„Natürlich, Mr. Gluskin!“

 

Waylon fühlte sich seltsam ungeschützt, ohne Eddie an seiner Seite. Doch der Bräutigam verabschiedete sich mit einem Kuss auf seiner Schläfe und einem Strahlen im Gesicht. Nervös spielte Dennis mit seinen Händen, ehe sich seine Körperhaltung komplett veränderte. Er streckte den Rücken durch und seine Augen fixierten Waylon.

 

„Gut, jetzt komm! Schnell!“, brummte Dennis plötzlich mit wesentlich tieferer Stimme. „Ich will keinen Ärger mit ihm bekommen, weil du zu langsam bist!“

 

Der Software-Entwickler folgte dem Patienten in den Raum hinein, er erkannte das Kleid an einem Bügel hängen, ein paar Schuhe und sogar einen Schleier. Waylon verkrampfte seine Hände nervös zu Fäusten, er hatte bereits geheiratet – Lisa. Jetzt würde er wieder heiraten, einen Mann, für den er sicherlich alles, nur keine Liebe empfand.

Aber gut, das hier dürfte alles andere als offiziell sein...

 

„Ich bin wirklich überrascht davon, dass du überlebt hast.“

 

Die Worte rissen ihn aus seinen Gedanken: „Was?“

 

„Du hast überlebt. Ich habe nicht erwartet, dass du es schaffen würdest“, Dennis lachte etwas auf. „Ich meine... Ich habe so viele andere zu ihm geschickt, Männer, die wesentlich besser gebaut waren – stärker. Sogar Ärzte und Wachmänner und keiner... Niemand hat das überlebt.“

 

„Du hast... mich damals zu ihm getrieben!“, Waylon begann sich richtig zu erinnern, die Katz-und-Maus-Jagd, die ihm viel zu einfach vorgekommen war. Aber vorher war er von einem Kannibalen gejagt worden, er hatte gedacht... nun, dass es im Vergleich dazu einfach geworden war, nicht allgemein.

 

„Ja, das war ich. Nun, die Wahl war – ich oder du“, der Mann zuckte die Schultern, diese Entscheidung zu treffen, war wohl einfach gewesen. „Aber du hast überlebt – also hatten wir beide Glück!“

 

Waylon erinnerte sich an die Akte von Dennis, irgendwas über verschiedene Persönlichkeiten. Jetzt gerade wirkte Dennis sehr... Nun, als wüsste er genau, wer er war und was um sie herum passierte.

 

„Wie hast du es geschafft, hmm? Es gab viele vor dir, die meisten haben auch versucht, Gluskin alles Mögliche vorzuspielen. Wieso hat es gerade bei dir funktioniert?“

 

„Keine Ahnung“, brummte Waylon. „Wie... wie lange bin ich schon bei ihm?“

 

Dennis runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf etwas. „Hier hat Zeit keinen wirklichen Platz, es geht nur ums Überleben.“ Er schob Waylon mehr zum Raum. „Zieh dich aus. Du musst das Kleid tragen.“ Auf Anhieb drehte sich der ehemalige Patient um, der nun eher Bewohner als alles andere war.

 

Waylon zog sich die Kleidung aus, die Eddie ihm erst kürzlich gegeben hatte. Bis zur Unterwäsche, dann entfernte er das Kleid vom Bügel und zog es wie beim ersten Mal an.

 

„Schließt du es?“

 

„Dafür bin ich da“, erwiderte Dennis und stellte sich hinter Waylon, um das Kleid am Rücken mit einem kurzen Reißverschluss, Knöpfen und Bändern zu schließen. „Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen ist“, murmelte der Mann. „Ich weiß nur... dass Gluskin hin und wieder nach dir gesucht hat. Scheinbar hast du dich des Nachts vor ihm versteckt.“

 

Waylon biss sich auf der Unterlippe herum, er hatte ja immer noch Erinnerungslücken, er wusste nur nicht direkt woran sie lagen. Nun, vielleicht an der Panik? An allem, was hier so passiert war, vielleicht war es wie ein Trauma?

 

„Du hattest Glück. Gluskin kümmert sich um dich, du musst dich vor nichts fürchten.“

 

„Außer vor Gluskin selbst.“

 

Dennis gluckste viel zu heiter: „Sozusagen, ja. Aber bisher hast du es ja auch geschafft, nicht wahr?“

 

Ja, das hatte Waylon. Aber wie sollte das weitergehen? Irgendwann würde Eddie doch auffallen, dass er keine Frau geheiratet hatte. Wie sollte er das also verhindern?

 

„Jetzt die Schuhe.“

 

„Ernsthaft?“, Waylon betrachtete die weißen Latschen, die von Eddie mit Stoff überzogen wurden. Zumindest hatte er keine Absätze dran geschraubt. Er schlüpfte ungeschickt in die Schuhe.

 

„Ich werde dein Haar kämmen und den Schleier befestigen. Dann geht es los.“

 

Immer wieder verzog Waylon das Gesicht, wenn sein Haar durch Knoten am Kamm zog. Größtenteils ging es aber und schließlich verdeckte der Schleier sein Gesicht.

 

„Sind... echte Leute bei der Hochzeit?“

 

„Teilweise“ Dennis führte Waylon aus dem Raum hinaus. „Teilweise aber auch hergerichtete Leichen. Aber die wenigen Glücklichen, die überlebt haben und von Eddie gefunden wurden, haben auch einen Platz. Ein Anhänger von Vater Martin übernimmt die Trauung.“

 

Wer auch immer dieser Vater Martin gewesen sein sollte.

 

Etwas wackelig in den neuen Schuhen, ließ sich Waylon von Dennis durch die Gänge führen, schließlich hörte er Musik von irgendwoher, es war typische Musik für eine Hochzeit. Er konnte sie aber nicht zuordnen, die Melodie klang etwas schief aus einem Plattenspieler, ein Klavier wurde gespielt, mit Violinen im Hintergrund. Man hörte niemanden sprechen, etwas das Waylon von seiner Hochzeit in Erinnerung geblieben war.

 

„Gab es schon andere Hochzeiten dieser Art hier?“

 

„Nein. Die meisten Auserwählten von Gluskin sind vorher gestorben oder abgehauen und dann gestorben“, erläuterte Dennis ihm. „Willst du noch abhauen?“

 

„Lieber nicht“, seufzte Waylon leicht. Er hatte seinen Plan. Er brauchte dafür Eddie und vor allem dessen positive Gefühle ihm gegenüber. „Er ist weniger aggressiv, als bei unserer ersten Begegnung.“

 

„Viele haben sich verändert. Sie sind frei vom Einfluss des Antriebs.“

 

Das machte aus Eddie keinen grundsätzlich anderen Menschen. Immerhin war er früher ein Frauenmörder gewesen. Waylon wusste nicht, weshalb er bisher überlebt hatte.

Schließlich waren sie angekommen – es war einer von vielen Räumen, nur eben hergerichtet zum Heiraten. Tatsächlich fand er zwischen einigen Leichen, auch lebendige Personen. Sie sahen alle Dennis sehr ähnlich. Der Mann, der ihn begleitet hatte, tätschelte ihm noch die Schulter, dann suchte er sich weiter vorne einen Platz. Aus einer Tür von rechts kam Eddie in den Raum. Er sah nicht sehr anders aus, – er trug seine Weste und sein Hemd, schwarze Hosen und sein Haar wirkte zurückgelegt – wo auch immer er das her hatte.

 

Eddie stand an dem selbstgemachten Altar, wo noch ein weiterer Herr stand, mit der Kleidung eines Pfarrers. Von einem Patienten bekam er etwas in die Hände gedrückt. Blumen, sie waren nicht sehr schön oder frisch, aber es war zu einem Strauß zusammengebunden. Waylon hatte sich nie als Braut gesehen, aber er musste das mitspielen. Der Bräutigam trug ein breites Lächeln im Gesicht, starrte ihn erwartungsvoll von vorne an.

 

Mit deutlicher Nervosität in den Adern bemühte er sich langsam den Gang entlang zu treten. Er spürte die Blicke auf sich, nicht nur die von Eddie. Er versuchte das alles nicht so ernst zu nehmen, eher wie in einem Traum zu sehen. Aber als er bei Eddie ankam, war das schwieriger.

 

„Du siehst so wunderschön aus, Darling“, flüsterte ihm der Bräutigam zu, als er nach seinen Händen griff, sie fest mit seinen verschränkte, eine zärtliche Geste, die absolut nicht passte. „Jetzt fang an!“, wies er schließlich ihrem Pfarrer an, der unter der Anweisung zusammen zuckte.

 

Mit zittrigen Fingern entfaltete der Mann einen Zettel vor sich, scheinbar hatte er sich vorbereitet, damit nichts zu schief ging. Die Musik wurde asugeschalten. Nach ein wenig hüsteln in der Stille begann der Pfarrer mit seiner Rede.

 

„L-liebes Brautpaar“, der Mann starrte sie unsicher an. „Sie sind... in dieser entscheidenden Stunde Ihres Lebens, uhm... nicht allein. Sie sind umgeben von Menschen, die euch... nahe stehen“, murmelte er schnell hintereinander weg. „Ich bitte Sie nun... Ihre Liebe öffentlich zu bekunden. Eddie Gluskin, ich frage Sie...“, hüstelnd widmete sich der Mann also Eddie, dem er sich gar nicht in die Augen zu sehen traute. „Sind... Sind Sie hierher gekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit Ihrer...“, scheinbar nicht ganz sicher, wie er sich ausdrücken sollte, pausierte ihr Pfarrer, ehe er schnell fortfuhr. „Ihrer Braut, uhm...“

 

Es dauerte einen Moment, bis Waylon begriff, auf was gewartet wurde. Eddie schien das kaum zu bemerken, trotzdem beeilte er sich nachzusetzten:„Waylon... Mein Name ist... Waylon Park.“

 

„Ein wunderschöner Name“, erwiderte Eddie sanftmütig, als würde er von dem ganzen Drumherum nichts mitbekommen, sein strenger Blick traf dann doch wieder den Pfarrer. „Worauf wartest du? Mach weiter!“

 

„Ja natürlich!“, der Mann atmete tief durch. „Ihrer Braut, Waylon Park den Bund der Ehe zu schließen?“

 

„Ja!“, antwortete Eddie direkt.

 

„Gut, gut... Eddie Gluskin, Wollen Sie Ihre Frau lieben und achten und Ihr die Treue halten, alle Tage ihres Lebens?“

 

„Ja, aber natürlich.“

 

„Waylon Park... Sind Sie hierher gekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit Ihrem Bräutigam Eddie Gluskin, den Bund der Ehe zu schließen?“

 

Waylon könnte jetzt ehrlich sein und darüber sprechen, dass das alles nicht sehr freiwillig passiert war, aber damit würde er alles zerstören, nichts, was er wollte. „J-ja“, antwortete er also zitternd – nervös.

 

„Wollen Sie Ihren Mann lieben und achten und ihm die Treue halten, alle Tage seines Lebens?“

 

Es fühlte sich trotz all der Lächerlichkeit falsch an, zu lügen. Aber er musste es tun.

 

„Ja, natürlich“, antwortete Waylon also.

 

„Gut... Sind Sie beide bereit, die Kinder anzunehmen, die Gott Ihnen schenken will und sie nach bestem Wille zu erziehen?“

 

An solch eine Frage, konnte sich Waylon nicht erinnern. Aber er wusste ja, wie wichtig es für Eddie war, Kinder zu bekommen – auch wenn er sich da wirklich die falsche Braut gesucht hatte.

 

„Oh ja!“, verkündete Eddie also glücklich und starrte ihn direkt an.

 

„Natürlich“, sagte also auch der Software-Entwickler schnell, damit Eddie sich keine falschen Gedanken machte.

 

„Nun dann ähm... die Ringe?“, fragend sah ihr Pfarrer in die Menge und tatsächlich tauchte Dennis auf, mit einem kleinen Kissen und zwei Ringen darauf.

 

Waylon hatte nicht viele Ideen, woher diese Ringe kamen. Vermutlich von verheirateten Angestellten, die mittlerweile tot waren. Es war kein wirklich schöner Gedanke, dass er einen Ring tragen musste, der eigentlich jemand anderem gehörte... Eddie nahm den Ring, der kleiner war. Im Vergleich zur Hand von Eddie, war die von Waylon natürlich wirklich kleiner und zierlicher. Der Bräutigam zog eine Hand mehr zu sich, Waylon spreizte die Finger, damit Eddie an den Ringfinger herankam und sehr einfach schob sich der Ring über seinen Finger. Eng, aber nicht zu eng. Ob Eddie auch seine Fingergröße abgemessen hatte?

 

Langsam griff er also nach dem zweiten Ring, Eddie überließ ihm die Hand fast komplett und Waylon schob den Ring langsam über den ausgestreckten Ringfinger, betrachtete vielleicht etwas zu lange den Ring am Finger seines... Mannes.

 

„Also jetzt... Sie dürfen... Ihre Braut küssen.“

 

Das war etwas, was Waylon wirklich vergessen – oder eher verdrängt hatte. Aber er konnte nichts dagegen tun, dass Eddie ihm den Schleier zurücklegte, seine Hände um sein Gesicht legte und sich hinunter beugte. Waylons Herz klopfte hart gegen seiner Brust, als sich der Bräutigam weiter herunter beugte – und dann landeten ihre Lippen zum ersten Mal aufeinander.

 

Sie waren trocken und rissig, nichts Überraschendes für ihn. Aber... sie waren auch warm und sanfter, als Waylon erwartet hatte. Seine Augen fielen wie von selbst zu, als er sich langsam in den Kuss beugte und die Gedanken ignorierte, die sich in seinem Kopf sammelten – er küsste einen Mann. Er hatte einen Mann geheiratet. Eddie löste sich kurz von ihm, nur um eine Hand tiefer in Waylons Haar zu vergraben und einen zweiten Kuss einzuleiten. Weniger sanft, mehr innig und hungrig. Waylon empfand es... als nicht so schlimm, wie er zuerst erwartet hatte. Er fand diese Küssen komplett in Ordnung. Aber vielleicht stimmte etwas auch nicht mehr mit ihm?



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