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Zwischen den Zeilen

Mimato Woche
von

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Uniform

Es ist Frühling geworden in Matsushima. Es kommt mir vor, als würde ich in einer Zeitkapsel leben. Manchmal fühle ich mich wie in einer Blase, während das Leben da draußen an mir vorbei zieht. Ich tue nichts, außer lernen und fliegen - das ist es, was ich immer wollte. Der Himmel gibt mir die Freiheit, nach der ich mich immer gesehnt habe. Die Ausbildung ist hart, schon vom ersten Tag an. Aber ich bereue es nicht. Keine Sekunde.

Was ich bereue, ist, dass ich zwei Menschen in mein Leben gelassen habe, die nun nicht mehr Teil davon sind. Die mich verletzt haben.

Sora. Als ich die Ausbildung bei der Japan Air Self-Defense Force begonnen habe, habe ich die ganzen Altlasten mit mir rumgeschleppt. Ich bin vor ihr geflohen, doch sie war immer in meinem Kopf, begleitete meine Gedanken. Mit der Zeit wichen diese Gedanken anderen Gedanken.

Plötzlich war da Mimi. Seit unserem Wiedersehen musste ich an sie denken und je mehr Briefe wir uns schrieben, umso mehr Platz nahm sie in meinem Kopf ein. Doch dabei blieb es nicht - leider. Kurz vor Weihnachten besuchte sie mich zu Hause und wir verbrachten nur ein paar Stunden miteinander. Ein paar Stunden, die ausreichten, um seitdem permanent an sie denken zu müssen.

Ich hasse das!

Doch was ich noch mehr hasse, ist, dass sie sich seitdem nicht mehr gemeldet hat.

Kein. Einziges. Mal.

Ich habe ihr Briefe geschrieben, mehrfach. Ich habe ihr sogar meine Nummer gegeben, doch sie rief kein einziges Mal an. Nachdem ich vier Wochen lang kein Lebenszeichen von ihr erhalten habe, wurde ich unruhig und dachte, ihr könnte etwas zugestoßen sein. Doch ein Blick auf die Website ihrer Firma, wo angekündigt wurde, dass sie bald einen großen Kinofilm synchronisieren würde, inklusive aktuellem Foto aus dem Tonstudio genügte, um die Wahrheit zu erkennen: sie wollte keinen Kontakt mit mir.

Aber warum? Was war geschehen? Hatten wir nicht so was wie eine Verbindung? Und ich meine nicht nur, weil unsere Ex-Partner miteinander schliefen.

Seit ich wusste, dass sie mich offensichtlich mied, hörte ich auf, ihr Briefe zu schreiben. Jetzt ist es Ende März und ich habe immer noch kein Wort von ihr gehört. Das tut weh. Ich frage mich die ganze Zeit, was ich getan haben könnte, um sie zu verschrecken. Oder … vielleicht ist es einfach … vielleicht hat sie einen Freund und möchte mir deshalb nicht mehr schreiben. Aber dann könnte sie das wenigstens sagen. Mich derart im Unklaren zu lassen ist einfach nur beschissen. Ich bin wütend auf sie, weil sie das, was wir hatten, einfach so wegwirft - ohne eine Erklärung. Aber vielleicht habe ich mir auch einfach nur eingebildet, dass da was Besonderes zwischen uns ist.

Gerade steige ich aus meinem Flieger, weil die Jungs und ich den ganzen Nachmittag Training hatten. Beim Fliegen habe ich mich etwas abreagiert, doch das hält nicht lange an. Ein Kollege der anderen Staffel kommt durch die Fliegerhalle auf mich zugelaufen.

»Hey, Yamato?«

»Was gibts?«, frage ich, nachdem ich meinen Helm abgenommen habe. Warum sieht er so aufgewühlt aus?

»Da … da ist jemand für dich«, sagt er und deutet immer wieder hinter sich. Ich werfe einen Blick über seine Schulter, kann aber niemanden ausfindig machen. Besuch für mich? Kann nicht sein. Mich hat noch nie jemand in Matsushima besucht.

»Ich habe versucht, sie aufzuhalten, Bro, ehrlich«, stammelt er und läuft rot an. »Aber sie hat mir gedroht, sie würde mich an den Eiern packen und so lange zudrücken, bis ich nach meiner Mama schreie. Man, die hat mir echt Angst gemacht. Die ist völlig verrückt.« Entsetzt sieht er mich an, während ich mir nur gegen den Kopf schlage.

»Alles klar, danke für die Info. Ich bin gleich wieder da.« Ich drücke ihm meinen Helm in die Hand und stürme aus der Halle. Und dann sehe ich sie auch schon. Angsteinflößend sieht sie jedenfalls nicht aus, so wie sie da in ihrem hellblauen, knielangen Kleid steht. Aber dafür löst ihr unerwartetes Auftauchen ganz andere Gefühle in mir aus.

»Das hier ist Trainingsgelände, das weißt du, oder?«, kommt es forsch von mir, anstatt einer Begrüßung. »Du kannst hier nicht einfach rum spazieren.« Schnellen Schrittes gehe ich auf Mimi zu und bleibe direkt vor ihr stehen. »Ich muss dich bitten, auf der Stelle zu gehen. Es wird nicht gern gesehen, wenn Außenstehende sich hier aufhalten.«

Ihr Blick wandert an mir hinab und dann wieder zurück zu meinen Augen. Ein zartes Lächeln umspielt ihre Lippen und lässt mich innerlich ausflippen - vor Wut. Wie kann sie nur hier stehen und mich anlächeln, nachdem sie mich ewig ignoriert hat?

»Du siehst gut aus, in deiner Uniform«, sagt sie und streicht sich eine offene Haarsträhne hinters Ohr. Ich verschränke die Arme vor der Brust und entgegne ihrem sanftmütigen Blick eine Spur zu hart.

»Es ist gefährlich, hier rum zu laufen. Du könntest verletzt werden.« Wie auf Kommando hebt ein Flieger in einiger Entfernung gen Himmel ab. Wir verfolgen ihn beide mit den Augen, bis wir wieder einander ansehen.

Sie macht den Eindruck, als wäre nichts gewesen, was mich innerlich zum Kochen bringt.

»Willst du gar nicht wissen, warum ich hier bin?«, fragt Mimi mich.

Ich schnaufe verächtlich. »Und danach? Gehst du mir dann wieder monatelang aus dem Weg?«

»Okay«, meint sie nun nickend und lässt geknickt den Kopf sinken. »Das hab ich wohl verdient.«

»Und noch mehr als das. Hast du eine Ahnung, wie beschissen es war, die ganze Zeit über nichts von dir zu hören?«, platzt es aus mir heraus. Sie sieht, wie wütend ich bin und wirkt nun noch frustrierter.

»Ich weiß«, gibt sie leise zu und seufzt. »Ich könnte sagen, ich habe mein Handy verloren, aber … das wäre gelogen.«

Bei diesen Worten lasse ich die Zunge schnalzen und trete unruhig von einem Bein auf das andere. Ihre Aufrichtigkeit verletzt mich. Und das weiß sie. Warum tut sie das?

»Es tut mir leid, Yamato, wirklich. Mich einfach nicht mehr zu melden, war … sehr egoistisch von mir. Ich habe all deine Briefe gelesen und dir einfach nicht mehr geantwortet. Das ist ziemlich unfair.«

Am liebsten würde ich sie anschreien, aber ich bewahre die Fassung, auch wenn es weh tut.

»Da hast du recht. Das war unfair. Ich würde dich ja gerne fragen, warum du das getan hast, aber irgendwie habe ich keine Lust dazu. Ich will es gar nicht wissen.«

Okay, das hat gesessen.

Mimi nickt wieder. Dann sieht sie traurig zu mir auf. Eine Träne glitzert in ihrem Augenwinkel und schlagartig tut es mir leid, dass ich so ein Arschloch bin.

»Ich bin auch eigentlich nur gekommen, um dir das zu geben«, sagt sie und zieht einen Umschlag aus ihrer Handtasche. »Ich habe es nicht fertig gebracht, dir das zu schreiben oder es dir am Telefon zu sagen. Aber ich finde trotzdem, du solltest es wissen. Ich habe sie vor einer Woche erhalten.«

Ich nehme den Umschlag entgegen, ohne den Blick von ihr abzuwenden.

»Gut, dann hast du das ja jetzt erledigt«, entgegne ich kühl. Ich kann sehen, wie sehr sie sich vor den Kopf gestoßen fühlt. Aber mir geht es nicht anders und das soll sie wissen.

»Gut«, sagt sie ebenfalls. »Ciao, Yamato.« Traurig wendet sie sich ab und geht. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, aber wahrscheinlich ist es einfach besser so. Es war sowieso eine dumme Idee, es so weit kommen zu lassen. Ich habe keine Lust, erneut verletzt zu werden.

Ich schaue auf den Umschlag in meiner Hand und öffne ihn. Mir wird klar, dass es etwas ziemlich Wichtiges sein muss, wenn sie deshalb diesen weiten Weg auf sich genommen hat.

Mein Herz verkrampft sich noch mal und jetzt tut es doppelt so weh, als ich die Worte »Wir heiraten!« lese. Daneben ein Bild von Kouji … und Sora.

Oh mein Gott.

»Warte!«, rufe ich prompt. Sie bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Sofort sehe ich, wie traurig sie aussieht und jetzt weiß ich auch, warum. Es ist nicht wegen mir. Es ist … deshalb.

»Lass uns reden, Mimi.«
 

Ich versuche meine Gedanken zu ordnen, während wir spazieren gehen, aber es will mir einfach nicht gelingen. Sora und Kouji werden heiraten? Gott, ich weiß gar nicht, wie ich darüber denken soll. Geschweigedenn wie ich fühlen soll. Diese Nachricht hat mich offengestanden echt umgehauen.

»Du hast es also letzte Woche erfahren?«, frage ich Mimi und sie nickt.

»Ja. Erst habe ich gedacht, es wäre ein schlechter Scherz. Doch als ich Sora dann angerufen habe, um sie anzuschreien, hat sie geweint und meinte, dass sie alle ihre alten Freunde einlädt und sie sich sehr wünscht, dass ich komme. Die Tatsache, dass sie meinen Ex-Freund heiratet, hat sie dabei völlig außer Acht gelassen.«

Ich schlucke schwer. All ihre alten Freunde? Außer mich, so wie es aussieht. Aber wir waren ja auch schon lange keine Freunde mehr.

»Das … ist hart«, bringe ich mit trockener Kehle hervor. »Wenn du mich fragst, hat sie völlig den Verstand verloren, wenn sie denkt, du würdest wirklich zu ihrer Hochzeit kommen.«

»Ehrlich gesagt überlege ich hinzugehen.«

Abrupt bleibe ich stehen. Mir klappt der Mund auf. »Was?«

Mimi zuckt mit den Schultern, als wäre es keine große Sache, doch das ist es.

»Das wäre pure Folter für dich, Mimi. Das ist dir doch klar, oder?«

»Ich habe eher gedacht, es könnte eine Art Selbsttherapie sein«, eröffnet sie mir, doch ich zweifle gerade ernsthaft an ihrem Verstand. »Die Trennung von Kouji hat mich ziemlich fertig gemacht und ich habe mich so lange schlecht deswegen gefühlt. Es wäre eine Chance, endlich loszulassen. Konfrontation ist vielleicht die beste Heilung. Ich muss einsehen, dass er und Sora … na ja, dass die beiden anscheinend füreinander bestimmt sind.«

Zweifelnd schüttle ich den Kopf und kann nicht fassen, dass sie das ernsthaft in Erwägung zieht.

»Wenn du mich fragst, ist das eher Selbstmord als Selbsttherapie. Ich würde es an deiner Stelle nicht tun.«

Aber ich bin ja auch nicht eingeladen.

»Wie geht es dir dabei?«, wechselt sie plötzlich das Thema. Soll ich ehrlich sein?

»Ich weiß nicht«, antworte ich unentschlossen. »Ich denke, es sollte mir inzwischen egal sein. Unsere Trennung ist länger her, als die von Kouji und dir. Aber im Grunde wurmt es mich trotzdem. Es tut weh, zu wissen, dass ich nicht der Mensch sein konnte, den sie gebraucht hat. Ich wünschte manchmal wirklich, ich hätte uns beiden das alles erspart und mich damals nicht auf sie eingelassen, als wir noch Teenager waren. Das wäre wohl besser für uns beide gewesen.«

Ich werfe einen Blick zu Mimi, die kommentarlos neben mir hergeht und nicht mit der Wimper zuckt. Aber ich sehe an ihrer ganzen Haltung, wie angespannt sie ist.

»Hast du Lust, was trinken zu gehen?«, frage ich, obwohl ich das eigentlich nicht vorhatte. Aber aus irgendeinem Grund habe ich Angst, dass sie sonst wieder verschwindet.

Sie seufzt, schenkt mir dann jedoch ein dankbares Lächeln. »Und wie.«

Ich lächle zurück, nehme ihre Hand und breche somit das Eis zwischen uns.
 

Zwei Stunden später sind wir in der einzigen Bar versackt, die es in der Gegend gibt. Wir versuchen, unseren Frust in Alkohol zu ertränken und bis jetzt, funktioniert das ganz gut.

»Wahrheit oder Lüge?«, fragt Mimi mich und kippt den fünften Shot runter, ehe sie das Glas auf den Tisch knallt. Ich tue es ihr gleich und sehe sie dann herausfordernd an.

»Okay, schieß los!«

Mimi räuspert sich, doch dann muss sie zeitgleich aufstoßen, woraufhin ich lospruste. Peinlich berührt hält sie sich die Hand vor den Mund, dennoch kichert sie angeheitert, was echt süß ist.

»Tut mir leid.«

»Ich bitte dich«, zische ich. »Ich verbringe seit Monaten meine Zeit fast ausschließlich mit Männern. Ich denke, ich habe Schlimmeres gehört und gesehen.«

Abwehrend hält Mimi die Hände hoch und schüttelt so kräftig mit dem Kopf, dass ihre Haare fliegen.

»Nein, nein, nein, das will ich gar nicht wissen!«

Ich grinse und bestelle und noch zwei Shots.

»Na gut«, sagt Mimi schließlich und beugt sich weiter über den Tisch. »Wahrheit oder Lüge, Yamato? Ich finde, deine Uniform …«, sie deutet mit dem Finger auf mich. » … echt wahnsinnig sexy.«

Ich nicke anerkennend. »Schön, dass es dir aufgefallen ist.«

»Warte, ich bin noch nicht fertig«, unterbricht sie mich und lehnt sich mir nun so weit entgegen, dass ihre Lippen mein Ohr berühren. Dann flüstert sie: »Ich habe kein Höschen an.«

Wie vom Donner gerührt sitze ich da und starre sie perplex an, während sie sich zurück in ihren Stuhl fallen lässt und triumphierend die Arme vor der Brust verschränkt.

»Gott«, stöhne ich und reibe mir übers Gesicht. »Es tut jetzt schon weh, dass eins davon eine Lüge ist.«

Mimi muss fast lachen, während ich noch mit mir kämpfe.

»Na, schön«, sage ich schließlich und verziehe das Gesicht. »Da ich weiß, wie gemein du sein kannst, befürchte ich, dass die erste Aussage gelogen ist und du mich mit der zweiten Tatsache in den Wahnsinn treiben willst.«

Mimi verschränkt die Beine und zischt. »Pfft, als ob ich kein Höschen anhabe. Yamato, ich bitte dich. Was denkst du von mir?«

Erleichtert werfe ich den Kopf in den Nacken. »Gott sei Dank. Moment mal …« Ich werfe ihr einen wissenden Blick zu. »Das heißt, du findest mich wirklich sexy?«

Lachend verdreht sie die Augen, wirkt jedoch ein bisschen ertappt. »Ich habe gesagt, ich finde deine Uniform sexy - nicht dich.«

»Oh, schon klar«, entgegne ich grinsend, während sie meinem Blick ausweicht. »Willst du sie mal anprobieren?«

Fragend sieht sie mich an. »Was?«

»Meine Uniform? Ich würde zu gerne wissen, wie sie an dir aussieht.«

Jetzt wird sie rot, doch zu meiner Überraschung nickt sie. »Okay, warum nicht?«
 

Ich nehme sie mit auf mein Zimmer, was eigentlich nicht erlaubt ist und mir eine Menge Ärger einhandeln wird, wenn irgendjemand mitkriegt, dass eine Frau hier ist. Diese Regeln sind so was von beschissen, aber unsere Ausbilder wollen, dass wir uns auf das Training konzentrieren und am Morgen fit sind. Allerdings habe ich so eine Ahnung, dass daraus morgen nichts wird.

»Du kannst dir gerne irgendeine nehmen«, sage ich zu Mimi, während sie meinen Kleiderschrank durchwühlt, als wäre es super spannend. Dabei sehen ja alle gleich aus.

Sie dreht sich zu mir um und lächelt. »Kann ich sie behalten?«

Ich lehne mit verschränkten Armen an der Wand gegenüber und lege zweifelnd den Kopf schief. »Ich denke, das würde ziemlichen Ärger geben.«

»Wieso?«, fragt sie unverständlich. »Es muss ja keiner erfahren. Ich habe ja nicht vor, sie beim Einkaufen zu tragen, oder so.«

Bei dieser Vorstellung muss ich lachen. »Na, schön. Dann such dir eine aus.«

Kurz hält sie inne und überlegt. Dann klappt sie den Schrank zu, ohne etwas herausgenommen zu haben. Ich sehe sie stirnrunzelnd an, als sie zu mir rüber kommt.

»Gut, ich nehme die hier.« Ihr Finger landet auf meiner Brust und sie schaut mich mit großen Augen an. Etwas Unergründliches liegt in ihrem Blick. Etwas, von dem ich dachte, es schon ein mal bei ihr gesehen zu haben. Mein Herz zieht sich schmerzvoll zusammen, weil sie mir so nah ist, dass ich sie körperlich spüren kann, jedoch nicht wage sie auch zu berühren.

»Treib keine Spielchen mit mir«, entgegne ich flüsternd und sie lässt die Hand sinken.

»Das hatte ich nie vor.«

»Wieso hast du's dann getan?« Die Frage kommt mir schneller über die Lippen als beabsichtigt. Aber jetzt, wo sie hier ist … wo sie endlich wieder vor mir steht … muss ich es einfach wissen.

Mimi seufzt. »Ich habe dich nicht ignoriert, weil ich dich nicht mehr leiden kann, Yamato«, offenbart sie mir. »Ich habe mich nicht mehr bei dir gemeldet, weil ich mir selbst nicht über den Weg getraut habe.«

Ich schüttle den Kopf, unzufrieden mit dieser Antwort. »Was, zum Teufel, soll das heißen?«

»Es soll heißen, dass ich dich ziemlich gern habe und zwar mehr, als mir lieb ist. Mehr als es für uns beide gesund ist.« Dann hebt sie den Kopf und sieht mir direkt in die Augen. »Ich hatte Angst, dass das, was wir hatten, vielleicht irgendwann zu tief gehen könnte. Und wir uns dann in etwas verrennen, was wir nur bereuen können. Wir haben uns so gut verstanden, ich … ich wollte das nicht kaputt machen.«

Oh, Gott. Dieses Geständnis lässt mich aufatmen. Ich hebe eine Hand und lege sie an ihre Wange. Sie zuckt unter meiner Berührung zurück, lässt es dann jedoch zu.

»Du bist so dumm«, sage ich flüsternd und sie verengt die Augen zu zwei schmalen Schlitzen. Ich kann nicht anders, ich muss grinsen. Dann küsse ich sie. Ihre Lippen sind so weich, wie ich es mir schon lange vorgestellt habe. Ich kann sie sehr gut verstehen - alles, was sie gesagt hat, ergibt einen Sinn. Auch ich habe Angst, mich wieder zu öffnen und etwas kaputt zu machen, was doch schon gut war und gut hätte bleiben können.

Aber nun, da diese letzte Grenze überschritten ist, gibt es kein Zurück mehr. Wir küssen uns weiter und ihre Hände gleiten über meine Brust, während meine auf ihren Hüften landen und ich sie enger an mich ziehe. Jetzt will ich sie so sehr spüren, dass es fast schon körperlich weh tut. So lange nichts von ihr zu hören, war eine Qual und ich habe das Gefühl, eine Menge aufholen zu müssen. Ich dränge sie in Richtung Bett, doch plötzlich schiebt sie mich von sich. Ihr Mund löst sich von meinem und hinterlässt eine Kälte auf meinen Lippen, die mir gar nicht gefällt. Und da ist noch etwas, das mir nicht gefällt - ihr Blick.

»Was hast du?«, frage ich verwirrt, weil doch für ein paar Minuten alles perfekt war. Doch ihr Gesicht verrät mir, dass nur ich so empfinde. Mitleidig sieht sie mich an.

»Yamato, ich muss dir etwas sagen«, wispert sie und reibt sich mit den Händen übers Gesicht, ehe sie schwer ausatmet. »Und ich weiß, dass du mich dann hassen wirst.«

Ich runzle die Stirn und mache einen Schritt auf sie zu. »Was redest du da? Ich könnte dich niemals hassen.«

Ihr gequälter Gesichtsausdruck versichert mir das Gegenteil und mit einem mal macht sich ein ungutes Gefühl in meiner Magengegend breit.

»Ich wollte es dir schon lange sagen, aber habe mich nicht getraut«, sagt Mimi. »Meine letzte Beziehung bestand größtenteils aus Lügen und Halbwahrheiten und schau, wohin es mich geführt hat. Ich will nicht, dass es bei dir auch so wird. Ich möchte keine Geheimnisse zwischen uns.«

Ungeduldig sehe ich sie an. »Was soll das bedeuten?« Sie soll doch keine Spielchen mit mir spielen. Mimi strafft ihre Schultern und sieht mir nun direkt in die Augen.

»Das soll heißen, dass ich es damals war, nicht Sora. Sie wollte dir nie ihre Gefühle gestehen. Ich habe sie dazu ermutigt. Ich habe sie dazu gebracht. Ich habe für sie die Plätzchen gebacken und sie gedrängt, sie dir zu geben. Das war alles ich.«

Ich kann nicht verhindern, dass mir der Mund aufklappt. Was erzählt sie mir da? Sie war es gewesen? Mimi war der Grund dafür, dass ich damals mit Sora zusammengekommen bin? Sie hatte das alles eingefädelt?

Sora hatte mir das Herz gebrochen und beinahe hätte ich mich auf die Frau eingelassen, die für das Ganze verantwortlich war. Das ist zu viel. Sie weiß, wie sehr ich mir wünsche, ich wäre niemals mit Sora zusammen gekommen.

Ich schlucke schwer, während die Worte immer noch zu mir durchsickern und mir klar machen, was da damals hinter meinem Rücken abging. Ich komme mir vor, wie eine lächerliche Schachfigur auf einem Spielfeld. Jetzt ist nicht nur das Ende unserer Beziehung ein Drama gewesen, sondern auch der Anfang beruht auf nichts weiter als einer Lüge. Ich kann mir das nicht länger antun.

»Yamato«, höre ich Mimi flüstern. »Es tut mir so leid.« Sie kommt einen Schritt auf mich zu und will nach meiner Hand greifen, doch ich ziehe sie zurück. Dann sehe ich sie mit festem Blick an und zeige ihr gegenüber zum ersten Mal das kaltherzige Arschloch, das ich in Wahrheit bin.

»Verschwinde!«

Ihre Augen weiten sich. »Was?«

»Verschwinde!«, wiederhole ich und sehe sie mit all der Härte an, die ich aufbringen kann. »Raus hier, ich will dich nicht mehr sehen.«

»Aber …«, beginnt sie. »Willst du denn gar nicht wissen, warum ich …?«

»Nein, ich habe genug von dir gehört. Hau endlich ab!«, schreie ich sie nun an und sie zuckt so heftig zusammen, dass sie beinahe zurück stolpert. Dann dreht sie sich endlich um und geht und als ich höre, wie die Tür zufällt, balle ich meine Hand zur Faust. Ich sehe ihr nicht hinterher und in diesem Moment verspreche ich mir selbst, dass ich sie nicht vermissen werde - nie wieder.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich muss sagen, auch dieses Kapitel war von meinen Eltern inspiriert ^^* Ich erinnere mich noch gut daran, wie mein Vater mir erzählt hat, dass meine Mutter ihn ein paar Monate nach ihrer ersten Begegnung ausfindig gemacht hat. Er war wohl gerade mit seinen Freunden im Jugendclub, als plötzlich jemand rein kam und meinte, da ist so ein durchgeknalltes Mädchen, das ihn sucht und sagt, sie geht nicht eher, bis sie ihn gefunden hat. :D Fand mein Vater ganz schön aufdringlich und hat sich erst mal schön verleugnen lassen xD
Heute noch lachen wir darüber, wenn er es erzählt :D

Nun gut, ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen.
Bis Morgen! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Linchen-86
2021-10-01T08:55:40+00:00 01.10.2021 10:55
Guten Morgen meine Liebe,

heute haben wir bewusst einen ruhigen Tag. Das muss man mit Baby zwischendurch auch einfach haben :)

ALSO: A. Es ist kacke, dass sich Mimi so gar nicht mehr gemeldet hat... Das macht man nicht...
Da kann ich verstehen, dass Matt sauer und auch angepisst war.

B. Sora heiratet diesen Typen? Na gut, aber Mimi einzuladen ist äußerst geschmacklos... also echt mal? Guck, mal der ist nicht nur mit fremd gegangen oh nein, ich heirate ihn jetzt auch noch, du dumme Kuh... what?

C. Matt bereut die Beziehung zu Sora? Etwas was ich nicht verstehe... Sie waren ja trotzdem lange ein Paar gewesen und er war glücklich mit ihr. Er wurde geliebt und hat geliebt. Dafür hat man grundsätzlich erstmal danbar zu sein. dennoch hat man nie eine Garantie, dass es für immer hält

D. Es ist sicher nicht Mimis Schuld, dass er danach so schlimmen Liebeskummer hatte. Vielleicht hatte Mimi die idee, aber jeder hätte doch versucht der besten Freundin zu helfen, wenn diese verknallt ist XD was danach darauf wird, war doch ganz alleine seine Sache. Mimi stand ja nicht mit der Knarre neben ihm und hat gesagt: Du kommst jetzt sofort mit Sora zusammen.

und E. Wie kann er sie nur so anschreien... Hoffentlich geht es ihm jetzt beschissen, das hat er jetzt Verdient. Man kann andere niemals für seine Fehler verantwortlich machen. Jeder übernimmt für sein Leben und seine Entscheidungen selber die Verantwortung..

und zu guter letzt wie geil sind deine Eltern bitte? XD bestell ihnen bitter unbekannterweise einen schönen Gruß XD

Antwort von:  Khaleesi26
01.10.2021 20:57
Hallo meine Liebe :)

Das habt ihr genau richtig gemacht! Ich brauche auch dringend mal ein bisschen Ruhe und vor allem Schlaf xD Die Woche war super anstrengend. Hab schon gedacht, ich schaffe es nicht, jeden Tag hochzuladen.

Zu deinen Anmerkungen... ich denke, da kann ich dir in allen Punkten recht geben :D Das sehe ich alles echt genauso, aber Matt ist da wohl ein bisschen ... emotionsgeblendet >.<
Ich habe tatsächlich eine Freundin, die super lange mit ihrem Ex zusammen war (11 Jahre) und in deren Augen das pure Zeitverschwendung war, weil ja letztendlich eh nix draus geworden ist. Klar, kann man Beziehungen bereuen... aber in 11 Jahren kann ja nicht alles schlecht gewesen sein. Und vorher kann man das nie wissen, ob es am Ende für das "für immer" reicht.

Und Sora, ja ...ohne Worte, oder?! Das ist ja an Dreistigkeit nicht zu überbieten ^^*

Mach ich :D Die Story ist geil, was? Tatsächlich ging es dann so weiter, dass er sich verleugnen ließ ("Sag der, ich bin nicht da"), sie das nicht geglaubt hat, reingestürmt ist mit den Worten "Ich weiß doch, dass du hier bist!" und er sich hinterm Sofa versteckt hat, weil sie einfach nur irre war - in seinen Augen xD Manchmal empfinde ich es als ein Wunder, dass ich überhaupt geboren wurde und die beiden immer noch zusammen sind, haha! Hätte auch anders laufen können.

Ok, dann noch einen schönen Abend und bis bald <3
Von:  Hallostern2014
2021-09-30T20:50:02+00:00 30.09.2021 22:50
Guten Abend meine Liebe 😍❤😘

Oje, ich dachte zuerst was ist nun falsch gelaufen. Er war ja richtig sauer auf Mimi. Ich musste so lachen 😂 Typisch Mimi. Ich finde es schön das du diese Szene von deinen Eltern eingebaut hast.

Sora diese....... Ich wäre da überhaupt nicht hingegangen. Für was hält sie sich ? Da kann ich Matt echt verstehe. Zwar auch Mimi aber ich glaube das ist der Falsche Weg.

Mimi bringt echt Sachen raus 😂..Und Matt ist darauf reingefallen oder nicht 😂. Uniformen sind aber echt Heiß 😍.
Als Michi-Fan freue ich mich Natürlich das es nur beim Kuss geblieben ist ( noch 🙈😭). Ich kann mir schon vorstellen warum Mimi Sora vorgeschickt hatte. Sie hatte sich einfach nicht getraut. Das er sie nicht angehört hatte fand ich blöd..

Ich bin gespannt wie es weiter geht ❤😁
Antwort von:  Khaleesi26
01.10.2021 20:48
Hallo :)

Ich fand die Szene auch ziemlich witzig :D Konnte es mir sehr gut vorstellen... wir wissen ja, wie Mimi sein kann, wenn sie etwas will xD

Oh ja, ganz blöde Idee, zu der Hochzeit zu gehen, oder? Da wäre ich auch definitiv auf Matt's Seite!

Jaah, was hat es nur immer mit diesen Uniformen auf sich? XD Männer in Uniformen wirken irgendwie immer heißer als ohne :D

Mal sehen, was da noch kommt :P


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