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Das Geheimnis der Kleeblattinsel

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Buch 2 - Kapitel 6

Buch 2 – Kapitel 6

Aus den Chroniken der Kleeblattinsel:

„Die Auserwählten haben ihre Reise angetreten. Doch Tosh Kamar wird ihnen das Leben so schwer wie möglich machen. Er wird sich nicht um seine Rache betrügen lassen. Iduna möge ihre schützende Hand über unsere Freunde halten.“

Corozal, Belize, 30. August 1916

Es war ein geschäftiger Tag in der Hafenstadt Corozal. Sie lag in der gleichnamigen Corozal Bay. Corozal hatte im Gegensatz zu anderen Hafenstädten nur einen kleinen Fischereihafen. Allerdings gab es eine Eisenbahnverbindung, die von Libertad in die Stadt führte. Und mit einem dieser Züge waren Dirk Hemmler, Phil Taylor, Jewgeni Moskrovnovitch und Lars Eric Holm im Morgengrauen in Corozal eingetroffen. Ein wohlhabender Geschäftsmann hatte die vier Seemänner in seinem Haus aufgenommen und gewährte ihnen für die Dauer ihres Aufenthalts seine Gastfreundschaft.

Nun galt es, Dr. Mendoza zu finden. Doch wie ihr Gastgeber den vier Freunden verriet, gab es gleich mehrere Leute in Corozal, die mit Nachnamen Mendoza hießen, und die einen Doktortitel hatten. Doch was, wenn der Marinehistoriker gar keinen Doktortitel hatte, oder, was auch möglich war, kein Mann sondern eine Frau war? Die vier Auserwählten beschlossen, sich zuerst in der örtlichen Bar umzuhören. Denn, und da sprach Phil Taylor aus Erfahrung, die Leute hinter der Theke bekamen am meisten mit. Doch leider war der Mann hinter dem Tresen alles andere als gesprächig. Schlimmer noch. Er war gegenüber den Freunden unverschämt. Mit einem Tritt beförderte er die vier nach draußen.

Doch so leicht gaben Dirk Hemmler und die anderen nicht auf. Sie folgten dem Betreiber der Bar, nachdem dieser Feierabend gemacht hatte, um zu sehen, ob er sich mit jemandem traf. Denn es stand zu befürchten, dass er sie an Tosh Kamar verraten würde. Doch die einzige Location, die der Mann aufsuchte, war der Hafenstrich. Lars Eric Holm wandte sich an die anderen.

„Wenn er schon freiwillig redet, dann können wir versuchen, ihn über seine Lieblingshure zum Reden zu kriegen.“, sagte er.

„Du willst das Mädchen kidnappen? Du scheinst vergessen zu haben, dass so eine Aktion die Behörden auf den Plan ruft. Wir müssen vorsichtig sein.“

„Phil hat Recht, Briderchen. Wir dürfen kein Risiko eingehen. Was wenn wir im Gefängnis landen? Wer garantiert uns, dass man uns rechtzeitig wieder freilässt, damit wir unsere Mission erfolgreich zu Ende bringen können?“, warf der Russe ein.

Lars Eric Holm sah ein, dass diese Idee keine Option war. 211

„Also schön. Diese Bar war ein Rohrkrepierer. Aber es wird ja wohl noch mehr Bars hier in Corozal geben, als diese eine.“, sagte er dann.

„Fragen wir doch mal unseren Gastgeber.“

Dirk Hemmler wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als hinter den vieren eine Männerstimme hörbar wurde.

„Meine Herren, sie suchen doch jemanden?“, stellte der Mann seine Frage.

Ein Rolls Royce Silver Ghost aus dem Jahr 1910 war neben den Freunden zum Stehen gekommen. Darin saß neben dem Chauffeur noch ein Mann mit einem weißen Anzug und einem Strohhut auf dem Kopf. Die Mandelförmigen Augen verrieten, die asiatischen Wurzeln, des Mannes.

Jewgeni Moskrovnovitch trat an das Auto.

„Bitte, wie meinen?“, fragte er den Mann im Fond des Rolls.

„Mein Name ist Chang Li. Es ist doch so, sie suchen hier doch jemanden?“

„Wir suchen den Marinehistoriker Mendoza.“, sagte Jewgeni.

„Sie wollen zu Elvira?“

„Kennen sie die Dame?“, kam die nächste Frage des Russen.

„Gehen sie in die Kirche. Da finden sie sie heute Abend.“

„In die Kirche?“, fragte Jewgeni.

„Ja. Dort ist heute Abendgottesdienst. Den besucht Elvira immer.“

„Und wie erkennen wir Elvira Mendoza?“, wollte der Russe wissen.

„Achten sie auf eine schwarzhaarige, 1,70 m große Frau mit blauen Augen und tiefem Dekolleté. Sie ist ganz in schwarz gekleidet.“

„Und wann fängt der Gottesdienst an?“, fragte Jewgeni.

„Um 19:00 Uhr. Wenn die Gentlemen mich jetzt bitte entschuldigen würden.“

Der Rolls Royce fuhr wieder an.

„Mist. Jetzt haben wir vergessen, den Kerl nach dem Namen der Kirchengemeinde zu fragen, in der der Gottesdienst stattfindet.“, fluchte Dirk Hemmler.

„Na ja, allzu viele Kirchen wird es in der Stadt ja nicht geben.“ 212

„Leute, ich will ja nichts gesagt haben, aber ich glaube da kommt unser Tavern Keeper.“, sagte Lars Eric Holm.

„Den nehmen wir mal in die Zange.“

Der Betreiber der Hafentaverne schlenderte gerade fröhlich pfeifend an den vier Freunden vorbei, als ihn Phil Taylor am Kragen packte, und ihn gegen die Wand eines Schuppens drückte.

„So, Freundchen. Dieses Mal bist du in keiner guten Position.“, sagte der Engländer.

Und bevor der Mann um Hilfe rufen konnte, spürte er schon die Klinge von Jewgenis Überlebensmesser an seiner Kehle.

„Wenn dir dein Leben lieb ist, Briderchen, dann solltest du besser das Maul aufmachen.“, sagte der Russe.

„Ich weiß nichts.“

„Und heißt Hase was?“, sagte Lars Eric Holm und rammte dem verblüfften Mann seinen Ellenbogen in die Magengrube.

Doch der Mann hatte keine Zeit um durchzuatmen, denn jetzt drehte Dirk Hemmler ihm den linken Arm auf den Rücken.

„Also was ist, quatschst du nun? Kleiner ich verbieg dir die Knochen bis du lachst.“

Der Deutsche verstärkte den Druck.

„Also was ist? Erzählst du mir freiwillig was?“, fragte er den Tavernenbesitzer.

„Nein.“

„Oh doch, wollen wir wetten?“, fragte Dirk.

Der Betreiber der Taverne sah ein, dass es keinen Sinn hatte, noch länger Widerstand zu leisten. Und so verriet er den vier Auserwählten den Namen der Kirche und beschrieb ihnen den Weg.

Um 18:45 Uhr hatten sich die vier Freunde in der Kirche eingefunden. Doch von Elvira Mendoza war nichts zu sehen.

„Vielleicht kommt sie ja noch.“, sagte Dirk.

„Es sei denn, jemand hat sie vor uns gewarnt.“

„Freunde, ich glaube, da kommt sie gerade.“, sagte Lars. 213

Dirk, Phil und Jewgeni blickten zum Eingang. Dort war eine Frau aufgetaucht, die genau auf die Beschreibung des Asiaten passte. Mit anmutigen Schritten ging sie zu ihrem Stammplatz in der zweiten Reihe. Die vier Freunde setzten sich zwei Reihen hinter sie, damit sie nicht sofort auffielen. Um 18:55 Uhr erschien dann der Pfarrer, der die Kirchengemeinde leitete. Und pünktlich um 19:00 Uhr begann der Gottesdienst. Dirk Hemmler sah sich unauffällig im Raum um und entdeckte drei zwielichtige Gestalten, die eine Reihe vor ihnen saßen. Leise machte er die anderen auf das Trio aufmerksam. Phil Taylor nickte. Ebenso Jewgeni und Lars Eric.

Der Gottesdienst dauerte 2 Stunden. Am Schluss betete der Pfarrer noch das Vaterunser. Nach dem Gebet machten sich die Gläubigen auf den Weg nach Hause. Elvira Mendoza war gerade an der Bank der Freunde vorbei gegangen, als die drei Männer aufstanden und ihr folgten. Dirk bedeutete den anderen ihm zu folgen. Die drei Gestalten folgten der Frau durch Corozal, bis sie an ihr Haus gelangten. Dort tauchten sie aus den Schatten auf und umzingelten Elvira.

„Was sollt ihr?“, fragte Elvira die drei Männer.

„Die Karte, Dr. Mendoza. Geben sie sie uns, und wir lassen sie in Ruhe.“

„Was nützt euch die Karte, ohne die anderen Stücke?“, fragte Dr. Mendoza.

„Die kriegen wir schon. Zerbrechen sie sich nicht ihren hübschen Kopf über unsere Probleme.“

Die vier Freunde sahen einander an, und nickten. Phil Taylor tauchte leise hinter dem Anführer des Trios auf und tippte ihm auf die Schulter. Als der Mann sich zu ihm umdrehte, erlebte er eine böse Überraschung. Ein Faustschlag ins Gesicht schickte ihn zu Boden. Einer der Handlanger wollte auf Phil Taylor losgehen, doch Jewgeni Moskrovnovitch packte ihn am Kragen.

„Wer hier schmult, wird angenagelt. Für wen arbeitest du? Na los, machs Maul auf!“, sagte Jewgeni.

Die kleine Bambule, die sich die vier Freunde mit den drei Typen lieferten, hatte die Aufmerksamkeit einer Polizeistreife erregt. Die drei Männer wurden festgenommen und abgeführt. Und um ein Haar hätte die vier Seeleute das gleiche Schicksal ereilt, wenn Elvira nicht zu ihren Gunsten ausgesagt hätte.

Elvira Mendoza zitterte,

„Ist an alles in Ordnung?“, wandte sich Dirk Hemmler an sie.

„Dank ihnen und ihren Freunden, ja.“

„Was wollten die Kerle eigentlich von ihnen?“, fragte der Engländer. 214

„Es geht um eine Karte. Zumindest um einen Teil davon. Ich zeige sie ihnen, wenn sie wollen.“

„Nur, wenn es ihnen keine Umstände macht.“, sagte Jewgeni.

„Keineswegs. Kommen sie ´, meine Herren.“

Elvira Mendoza öffnete die Tür ihres Hauses und ließ die vier Freunde eintreten. Nachdem der Schwede die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging Elvira voraus.

„Folgen sie mir, meine Herren.“, sagte sie.

Dirk, Jewgeni, Lars Eric und Phil Taylor folgten ihr.

In ihrem Arbeitszimmer, das vor Büchern nur so überquoll, nahm Elvira ein Buch von ihrem Schreibtisch.

„Das, meine Herren, ist die Chronik der „Queen Annes Revenge“. Sie umfasst die Jahre 1710 bis 1728.“, sagte sie.

„Einen Teil der Geschichte kennen wir. Vorfahren von uns haben als Besatzungsmitglieder auf dem Schiff gedient.“

„Und jeder hat uns seine Aufzeichnungen und ein Kartenstück hinterlassen.“, sagte Lars Eric Holm.

„Haben sie die Kartenstücke und die Aufzeichnungen mitgebracht?“

Dirk Hemmler legte die Karte auf den Tisch. Dann legten die Freunde die Aufzeichnungen ihrer Vorfahren dazu. Elvira Mendoza öffnete das Chronikbuch von Blackbeards Schiff und holte ein Stück Papier heraus. Sie legte es an verschiedenen Stellen der Karte an. Schließlich fand sie den entsprechenden Abschnitt.

„Sieh an, sieh an. Das ist ja interessant.“, sagte Elvira.

„Was meinen sie?“

„Die Karte, die sie mir mitgebracht haben, stellt einen Teil, der Yucatan-Halbinsel dar. Ich habe mein Stück daneben gelegt. Sehen sie diese Gebäudeanordnung hier?“, sagte Elvira und deutete mit ihrem linken Zeigefinger auf die Karte.

Die vier Freunde nickten.

„Das ist die alte Mayastadt Tulum.“, erklärte Elvira.

„Ist dort der Feueropal versteckt, den wir suchen?“

„Ich glaube nicht. Denn auf der Rückseite ihrer Karte ist ein Hinweis 215

niedergeschrieben.“, sagte Elvira Mendoza.

„Wie lautet er?“

„Suchet im Ah Mucen Cab.“, las Elvira vor.

„Was hat das denn zu bedeuten?“

Elvira Mendoza setzte ihre Brille auf und schlug noch einmal das Buch der „Queen Annes Revenge“ auf. Dann sah sie die vier Männer der Reihe nach an.

„In welchem Jahr waren ihre Vorfahren an Bord der „Queen Annes Revenge“?“, fragte sie dann.

"1712. Warum wollen sie das wissen?“

„So kann ich sagen, ob das Schiff in dem Jahr Tulum angelaufen hat und ob die Besatzung einen Landgang durchgeführt hat.“

Elvira schlug das entsprechende Jahr auf. Sie blätterte die Seiten durch und fuhr mit dem Finger die Zeilen entlang. Dann blieb ihr Finger stehen.

„Ah! Da haben wir es. Am 3. Oktober 1712 hat die „Queen Annes Revenge“ Tulum angelaufen. Der Grund war das ein Besatzungsmitglied an Skorbut erkrankt ist. Ein kleiner Landungstrupp ist an Land gegangen. Er wurde von einem gewissen Aldrin Hunt angeführt.“, sagte Elvira.

„Er war es, der den Stein mit dem Opal über der Flamme entdeckt hat.“

Elvira Mendoza sah die vier fragend an. Lars Eric Holm holte die Kopie des Steins aus seiner Tasche und legte sie auf den Tisch. Elvira studierte das Symbol.

„Wo haben sie das her?“, fragte sie dann,

„Die Kopie habe ich im Tempel auf der Kleeblattinsel angefertigt.“

„Kleeblattinsel?“, fragte Dr. Mendoza

„Ja. Es gibt eine Insel, die die Form eines vierblättrigen Kleeblatts hat. Sie heißt Oamaru. Wird aber wegen ihrer Form Kleeblattinsel genannt.“

„Verstehe. Wo genau liegt diese Insel?“, fragte Elvira.

Die Frage wurde von Phil Taylor beantwortet.

„Wir dürfen die genaue Position aus Gründen der Diskretion nicht verraten. Es ist wichtig, dass die Lage von Oamaru ein Geheimnis bleibt.“

„Ich verstehe. Waren sie auf der Insel?“, fragte Elvira weiter. 216

„Wir sind dort gestrandet, nachdem unsere Schiffe gesunken sind.“

Dirk Hemmler hatte geantwortet.

„Und ich dachte immer, die Kleeblattinsel wäre nur ein Mythos.“, sagte die Marinehistorikerin.

„Durchaus nicht. Die Insel existiert. Aber wir mussten schwören, niemandem, wer es auch sei, zu verraten wo die Insel liegt.“

„Ich vertraue ihnen. Nehmen sie mein Kartenstück. Ich weiß, dass es bei ihnen in guten Händen ist.“, sagte Elvira.

„Die Firma dankt.“

„Ich begleite sie noch zur Tür. Und noch mal vielen Dank für ihre Hilfe gegen diese drei Typen.“

„Kein Ding.“

Corozal, Belize, Donnerstag, 31. August 1916

Am nächsten Morgen suchte Elvira Mendoza die vier Freunde in ihrer Unterkunft auf. Sie hatte erfahren, dass deutsche Agenten in Corozal aufgetaucht waren, die ein Kopfgeld auf Dirk Hemmler ausgesetzt hatten. Irgendwie hatte man in Berlin erfahren, dass sich der Heizer der Goeben in Belize aufhielt. Sie begleitete die vier Freunde zum Bahnhof und setzte sie in einen Zug nach Libertad. Von dort aus sollte es weiter nach San Diego gehen.

Um 11:30 Uhr kam der Zug in Libertad an. Der Zug nach San Diego stand schon auf dem Nachbargleis zur Abfahrt bereit. Elvira Mendoza und die vier Auserwählten bestiegen diesen Zug. Es war jedoch Jewgeni Moskrovnovitch, der die Verfolger entdeckte.

„Hoffentlich fährt der Zug bald los. Denn da kommen schon unsere Verfolger.“, sagte er.

Kaum hatte er seinen Satz zu Ende gesprochen, da ertönte die Lokpfeife. Der Lokführer öffnete den Regler und die Lok setzte sich mit lauten Auspuffschlägen in Bewegung. Zuerst ganz langsam, dann immer schneller. Die Deutschen rannten hinter dem Zug her, doch irgendwann ging ihnen die Puste aus, und sie mussten hilflos zusehen, wie Dirk Hemmler und die anderen entkamen. 217



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