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♠ The Painscreek Killings ♠

Zwei Journalisten und eine Wahrheit
von

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♠ Alarmglocken ♠

 

♠ Alarmglocken ♠

 

 

 

 

Als sie das Glas Wasser an ihre Lippen führte und gierig daraus trank, lehnte sie sich erschöpft an die Kücheninsel. Den Schlüssel zum Bedienstetenzimmer hatte sie tatsächlich aus eines der Schubladen gefunden. Erleichterung setzte in ihrem Magen ein, als sie sich sicher war, dass sich dieser in ihrem Besitz, nicht in seinem befand. Nach einem letzten Schluck seufzte sie auf und wusch das Glas ordentlich ab, bevor sie es an seinen ursprünglichen Platz zurücklegte.

 

Blieb nur noch schnell zum Bewachungsraum zu flitzen, um sich dort umzusehen. Vielleicht hatte Law doch nicht alles beschlagnahmt, oder finden können. Zumindest klammerte sie sich an diese winzige Hoffnung und schritt auf versucht leisen Fersen die Treppen hinauf, die sie vor einer halber Stunde vor Wut runter stürmte.

 

Mit dem Wissen, dass sie sich nicht mehr alleine in dieser Gegend befand, nahm sie ihre Umgebung viel schärfer wahr. Jedes auch so kleine Geräusch aus den Ecken und Kanten des Anwesens ließ sie instinktiv zusammen fahren und in die defensive springen. Dabei kam sie sich jämmerlich vor, doch Sicherheit hatte Vorrang, auch wenn Law wohl möglich recht gehabt hatte. Allerdings würde sie es sich niemals eingestehen, auf ihre Instinkte war immer verlass.

 

Jedenfalls sah sie sich oben in dem Gang um und ging weiter rechts zur aufgebrochenen Tür und lugte vorsichtig hinein. Keine Spur von Law. Unsicher, ob ihr diese Erkenntnis nun gefiel oder nicht, schritt sie in den blauen Raum mit weißen Fließen hinein. Direkt neben der Tür befand sich ein kleines Eisenschränkchen in der Höhe ihres Kopfes. Das Kästchen war geöffnet und Nami konnte darin Haken für vorgesehene Schlüssel erkennen. Die Haken waren für die jeweiligen Zimmer beschriftet und der Inhalt war vollständig leer. Irgendwas sagte ihr, dass sich vielleicht der Inhalt in Law Jeanstaschen befand.

 

Oder in der des Fremden, der sich hier umgesehen hatte?

 

Kopfschüttelnd sah sie sich weiter um und sah zum geöffneten Fenster mit blauen Vorhängen. Etwas zögernd nährte sie sich dieser und riskierte einen Blick hinunter. Obwohl sich dieses Zimmer nur im zweiten Stock befand, sah es wirklich extrem hoch aus. Aber Nami erkannte die vielen Täflungen an der Außenwand und die unzähligen Rahmen, tiefen Linien und Verschnörkelungen, so dass sich zumindest eine athletische Person an den vielen Rahmen und Kanten festhalten konnte. Zudem befand sich direkt unter dem Fenster dichte und überwucherte Sträucher und Büsche, die umzäumt wurden.

 

Es war gewiss nicht unmöglich hier rauf und runter zu kommen.

 

An dem Fenster erkannte Nami keine äußerlichen Schäden, also musste zumindest das Fenster davor gekippt oder geöffnet gewesen sein. Sie entschied, diesen zu schließen. Die Person solle nicht wieder herein kommen. Vielleicht hatte sie doch was übersehen oder wurde zu früh von den beiden Journalisten abgeschreckt?

Direkt daneben führte ihr Blick zu einem Tisch und erblickte darauf eine Druckmaschine und ein in Leder gebundenes, kleines Buch, auf dem „Überwachungsaufzeichnungen“ stand. Sofort erhob sie es und blätterte hastig darin herum. Auch wenn es sie nicht überraschte, fanden sich in dem Buch fehlende Seiten auf, die grob herausgerissen wurden. Entweder von Law oder von den Leuten davor. Vielleicht sogar von den Bewohnern selbst? Jedenfalls fehlten nötige Informationen. Das Heftchen steckte sie in ihren Rucksack und würde, wie sie es schon vor Stunden entschieden hatte, sie alle später studieren. Jetzt hieß es sammeln und finden.

 

Sie sah dann in der Nähe zu dessen Wand den heruntergestürzten Regal. Sie konnte dessen frühere Abzeichnungen an der Wand erkennen und die Löcher zu den dafür vorgesehenen Schrauben. Das Regal befand sich zwischen den Tischen. Bücher und Ordner die davor auf diesem lagerten, lagen verstreut auf dem Boden. Sogar Stifte und vereinzelte Blätter. Doch der Inhalt war für Nami bedeutungslos.

 

Gegenüber von diesem Tisch befanden sich zwei Arbeitstische. Bei dem einen untersuchte Nami leise die Schubladen und fand nicht nur einen Plan des oberen Stockwerkes, sondern auch unter zwei blauen Ordnern einige vergilbte Lebensläufe bzw. Steckbriefe der Mitarbeiter. Verwundert hob Nami die Brauen und entschied, von allen ein Bild zu machen, statt sich die ganzen Blätter grob in die Tasche zu stecken. Den Plan jedoch steckte sie sich gerne in die Stoffhose zu dem anderen.

 

Bei dem ersten Mann handelte es sich um einen gewissen Pica, der als Wachmann für das Anwesen fungierte. In dem Bild war der Mann groß und von kräftiger Statue, der wie geschaffen für diesen Job war.

Danach folgt ein Mann namens Diamante, der ebenfalls als Wachmann und Wärter zuständig war. Daraufhin folgte ein komisch aussehender Mann Trebol, der als Geschäftsmann für die Familie des Bürgermeisters über Jahrzehnte gedient hatte und Geschäfte schloss.

Danach folgt eine Jola, die als Hauswirtin und private Künstlerin angestellt wurde und auch eine lange Zeit unter dem Dienst der Familie Quichotte diente. Nami erinnerte sich unweigerlich an die Kunstgalerie unten, in der Law ein Gemälde fallen ließ. Waren das Werke von ihr? Oder doch von anderen?

Als nächstes ging es um eine Sugar (Nami musste bei diesem seltsamen Namen die Brauen heben), die mit ihren jungen Jahren als Köchin und Holzschnitzerin arbeitete. Die letzte hieß Monet und war die ältere Schwester von Sugar. Monet fungierte als Sekretärin des Bürgermeisters.

 

Zufrieden mit ihren Bildern, die sie in die Sammelmappe steckte, sah sie sich weiter um. Diese Bilder konnten noch nützlich sein, da auf ihnen sogar die Anschriften der jeweiligen Personen standen. Weiter führte die Journalistin den Blick zu dem letzten Tisch mit den übereinander gestapelten Überwachungsbildschirmen. Die waren nicht sonderlich groß, doch sie erfüllten ihren Zweck. Einige Kassetten lagen sogar achtlos und durcheinander auf der Tischplatte oder auf dem Boden, doch Nami hatte bis jetzt keine Verwendung für sie. Ihr war bekannt, dass man die Aufzeichnungen zu dem Tag von Violas Tod schon längst beschlagnahmt hatte. Die Kassetten konnten warten, bis Nami irgendwelche Anhaltspunkte gefunden hatte. Doch nun wollte sie diesen kalten Raum verlassen, der ihr die ganze Zeit über nicht geheuer war und kalte Wellen durch den Nacken zwang.

Aber ein Gedanke nagte weiterhin an ihr. Die vorherigen Geräusche konnte nicht alleine vom Regal stammen, sie hörte nämlich auch deutliche Bewegungen oder leises Schlürfen. Aber nichts außer dem Regal, den fehlenden Schlüssel und der Buchseite deuteten auf einen eiligen Einbruch hin. Die Person, die hier einbrach suchte explizit nach etwas, sonst würde der Raum nicht so ordentlich und unbeschadet aussehen (Bis auf das Regal und dessen Inhalt auf dem Boden). Ganz im Gegenteil, die Schubladen mussten herausgerissen und der Inhalt auf dem Boden verstreut liegen. Auch Blätter oder Ordner mussten aufgewühlt überall verstreut sein. Aber das tat es nicht. Die Person wusste also, wo er etwas zu suchen hatte, ohne woanders unnötig Zeit zu vergeuden. Zumindest schlussfolgerte dies Nami. Oder aber auch hatten Law und Nami die Person rechtzeitig erwischt und sie vor dem Diebstahl aufhalten können? Die Antwort wusste Nami nicht und ihr Magen fühlte sich wieder so schwer an. Erstmal wollte sie hier raus. Davor allerdings stellte sie sich unter den Türrahmen und schoss ein Bild von dem Zimmer. Wer weiß, vielleicht würde sich etwas noch verändern?

 

Versucht leise trat sie aus dem Raum und ihre Absätze klirrten wie davor auch deutlich auf den Holzplatten. Leise murrend fluchte sie innerlich über ihre Schuhwahl und biss sich verärgert auf die Lippen. Wo war dieser Law? Kurz hielt sie den Atmen an und lauschte in die leblose Stille. Nichts. Weder Schritte noch Türen oder Treppenstufen konnte sie hören. Ihr Herzschlag war das einzig laute in diesem Anwesen, ah, und natürlich ihre hohen Sandaletten.

Jedenfalls sammelte sie ihren gesamten Mut und ging den Gang zurück zu den Schlafräumen. Sie erinnerte sich schließlich an den gefundenen Schlüssel aus der Küchenschublade zu den Bedienstetenräumen. Wie zuvor auch lief sie in einer etwas vorsichtigen Haltung und lauschte in jede Ecke und Kante. Immerhin galt Vorsicht zu walten. Law wollte sie nach seiner höhnischen Aktion auch nicht wieder begegnen.

 

Vor der Tür mit dem Hinweis darauf, dass sich der Schlüssel in der Küchenschublade befand, blieb sie stehen und öffnete mit dem besagten Schlüssel die Tür.

Ein hell tapeziertes Zimmer und dunkle Holzböden erstreckten sich vor ihr und Nami trat vorsichtig und leise hinein. Hinter ihr schloss sie lautlos die Tür und bewunderte kurz den edlen Teppich auf dem Boden, der sich sogar unter ihren Sandaletten ziemlich weich anfühlte. Rechts und linkt befanden sich jeweils ein leer geräumtes Doppelbett. Couch, Nachttisch, kleiner alter Fernseher, eine Kommode und ein weiterer Beistelltisch wurden von weißen Laken vom Staub geschützt. Gegenüber der einzigen Tür ragten zwei Fenster, die das gesamte Zimmer beleuchteten. Auch hier lagen wieder einige Kartons aufgestapelt. Aber sonst schien das Zimmer weitgehend langweilig und kahl. Zuerst sah sie in die Kommode, dann in den einzigen Schrank nach, fand aber nichts. Nami sah in die staubigen Ecken und sogar unter einigen der weißen Laken, vergebens. Erst, als sie unter dem oberen rechten Doppelbett sah, der als einziges noch eine staubige Matratze besaß, fand sie darunter zusammengeknüllte Notizen. Als Nami es zusammenfaltete, stellte sie fest, dass man auf eine alte Serviette herumgekritzelt hatte.

 

  »Dieser tollpatschige Corazon . . . , ich muss sein derbes Verhalten dem Bürgermeister melden (die Schrift ist unleserlich und unordentlich. Wohl möglich in Eile verfasst). Nicht nur, dass er jegliche Teller und Vasen zerstört . . . (die Schrift wird wieder unleserlich) . . . ihn am Fenster hinüber in das Zimmer des Bürgermeisters und Madame Viola spicken. Er stand gefühlt zehn Minuten dort . . . [. . .] Unverschämtheit!«

 

Nami lief es kalt den Rücken hinunter. Das war eine abartige Vorstellung. Der Bruder des Bürgermeisters also?

 

Nami schüttelte den Kopf und steckte die faltige Serviette in ihren Rucksack. Schnell atmete sie tief ein und aus und wollte sich solch eine Gestalt, die im Moment vielleicht sogar sie beobachtete, nicht vorstellen.

Nachdem sie nichts weiteres mehr in diesem Zimmer fand, verließ sie es schnell und überlegte mit dem Gedanken, sich doch an der Bar bedienen zu sollen. Für andere Zimmer hatte Nami keine Schlüssel, also was sollte sie nun machen? Kurz lugte sie auf ihre Armbanduhr und stellte fest, dass sie zwei Stunden für die Durchsuchung des Anwesens gebraucht hatte. Und sie behielt im Hinterkopf, dass noch weitere Türen zu durchsuchen waren. Außerdem machte sich eine gewisse Leere in ihrem Magen bemerkbar. Ihr letztes Frühstück in ihrer Wohnung bestand nur aus einem Orangenmarmeladen Brot. Fast hätte sie sich verspätet, doch sie hatte es gerade noch rechtzeitig zum Treffpunkt mit Law geschafft.

 

Hier stand sie nun, mit leerem Magen und trübseliger, angespannter Stimmung im Gang und sabberte an dem Gedanken daran, sich am teuren Wein dieses Anwesens ohne Erlaubnis zu bedienen. Eine kleine Pause sollte wirklich nicht schaden, immerhin hatte sie Hunger. Und mit hungrigem Magen konnte man sich schließlich nicht ganz konzentrieren, oder? Doch wo sollte sie hier etwas zu essen finden? In der Küche hatte Nami nichts gefunden. Nicht einmal Konservendosen. Doch ihr fiel das Gasthaus beim Dorf ein. Dort müsste es sicherlich noch etwas geben? Außerdem hatte sie eh zu Law gemeint, dass man sich auch dort in Ruhe umsehen konnte. Also sollte es kein Problem darstellen. Hier zum Anwesen konnte sie jederzeit zurückkehren. Ja, sogar noch zur Kirche wollte Nami noch. Zunächst wollte sie aber ihren leeren Magen stillen.

 

Ihre Sandaletten klapperten wieder auf dem Boden auf, als sie endlich durch das Eingangstor hinaus lief und die warme, frische Luft einsog. Kurz schielte sie zurück ins Anwesen, ging aber dann weiter zum Tor. Ob Law sich immer noch hier im Anwesen aufhielt oder nicht, war ihr zunächst egal. Hauptsache er kam ihr nicht in die Quere.

 

Der warme Wind wehte ihr beruhigend entgegen und der Duft von Sommer ließ sie angenehm schaudern. Beim verlassenem Auto vor „Annes Innenhof, Gasthaus und Suiten“ blieb sie dann stehen. Nami nahm sich alle Zeit der Welt, um sich sorgfältig auf der Kreuzung umzusehen. Niemand war zusehen. Gut.

Wenn sie sogar eine passende Haarnadel oder sogar etwas Dietrich ähnliches fand, könnte sie mit Leichtigkeit sogar die Fahrzeugtüren des verlassenen PKW‘s öffnen. Davor wollte sie allerdings in das Gasthaus und sich erst mal dort umschauen.

 

Zufrieden stellte sie fest, dass auch dieses Gebäude unverschlossen blieb. Hier wirkte die stickige Luft dick und schwer, sogar seltsam müffelnd. Wegen umliegenden Häusern sickerte nur sehr wenig Sonnenlicht hinein. Nachdem Nami versuchte, einen Lichtschalter zu betätigen, der sich auf der anderen Seite des Raumes befand, stellte sie argwöhnisch fest, dass hier der Strom fehlte. Schulter zuckend ging sie weiter und stand vor einer Rezeption. Eine gelbe Klingel lag auf dessen Theke, doch sie ignorierte sie und trat über gelbe und braune Kisten hinweg. Als sie weiter in den Raum rechts von ihr lief, betrat sie den Ess- und Sitzbereich des Gasthauses. Jedoch stapelten alle Stühle Staub bedeckt auf den Tischplatten. Die Wände waren bräunlich tapeziert und an ihnen hing verschiedener Wandschmuck. Von Geweihen und Pelz, bis hin zu kleinen Topfpflanzen, Bilderrahmen und Lichterketten. In verschiedenen Glasvitrinen thronten ebenfalls viele Dekorationen. Unter anderem sehr kunstvoll aussehende Gläser und Teller. Daneben standen auch Wein und andere Würzmischungen, sogar Marmelade oder eingelegte Gurken und Tomaten. Als sie dann sogar weitere Schränke öffnete, fand sie weitere eingelegte Mischungen und Dosen, die sie nur zu gerne einpackte.

 

Wegen dieser unerträglichen Hitze und stickigen Luft musste Nami sich den Schweiß von der Stirn und dem Nacken wischen. Warum war es so extrem warm hier drin? Sie zog fächernd an ihrem Kragen und seufzte tief. Nur kurz lüften würde niemanden schaden. Als sie zu einem der niedrigen Fenster ging, öffnete sie diesen, nachdem sie einige verwelkte Blumen zur Seite schob. Bedürftig schob sie ihren orangenen Schopf aus dem Fenster und sah sich gelassen in alle Richtungen um. Zusätzlich fächerte sie sich mit der einen Hand ins Gesicht und seufzte wohlig auf, als langsam der Wind genau richtig gegen ihr Gesicht wehte. Eine ganze Weile lehnte sie sich so aus dem Fenster, die Augen wohlig geschlossen.

 

  »Da bist du also, Nami-ya«

 

Nachdem sie ihre Augen öffnete und von ihrer angenehmen Stille herausgerissen wurde, sah sie hinunter zu dem Mann, der sie die ganze Zeit spöttisch behandelte. Doch erneut schien auf seinem Gesicht nur stoische Gleichgültigkeit Platz zu haben. Nami wusste aber leider nun, dass der Hohn und Spott extrem schnell seinen Platz auf seinen Zügen zurück finden konnte. Wortlos betrachtete sie ihn und erkannte beiläufig zwei kleine Tüten unter seinen Armen. Als er wohl endlich verstand, dass sie ihm eine überflüssige Antwort oder Gegenfrage ersparte, schlich sich kurz eine Falte zischen seinen Brauen.

 

  »Scheinbar scheinst du dich weiter umsehen zu wollen. Gut. Doch ich habe hier etwas von Nico-ya.«

 

Damit reichte er ihr eines der grauen Tüten hinauf zum Fenster. Natürlich lag das Fenster nicht wirklich sehr hoch, aber da die Straße abgesenkt verlief, stand Nami weit über seinem Kopf. Als er Nico Robins Namen nannte, weckte er geschickt Namis Aufmerksamkeit. Um ihren Argwohn nur zu Willig zu verdeutlichen, verengte sie stark ihre Augen und nahm die Tüte nur recht widerwillig aus seinen großen Händen. Langsam öffnete sie den Inhalt und fand eine recht groß verpackte Lunchbox darin. Eiersandwich. Schlicht, doch genau dass, was sie brauchte. Waren sie wirklich von Robin? Langsam lenkte sie wieder ihren Blick auf den seltsamen Mann. War er zurück ins Auto gelaufen?

 

  »Nico-ya überreichte sie mir am Morgen, bevor ich mein Büro verließ.«

 

Ach Robin. Wie gerne würde Nami diese Frau dankbar umarmen? Sie war einfach die Beste. Jedenfalls musste Nami sich unbedingt bei ihr bedanken!

Law betrachtete sie eine Weile. Als Nami sich weiterhin weigerte mit ihm zu sprechen, schien er endlich von ihr abzulassen und verschwand mit seinen fließenden Bewegungen aus ihrer Sichtweise. Dankbar darüber atmete die Journalistin erfreut aus. Wenn das eine Art Entschuldigung sein sollte (das bestimmt nach Namis Meinung keine war), sollte er sie sich sonst wo stecken. Ihr knurrender Magen zwang sie schließlich die Lunchbox aus der Tüte zu holen und aus der Box eines der Eiersandwichs unter ihre Nase zu halten. Kurz roch sie daran, biss danach aber ein kleines Stück ab. Der vertraute Geschmack und die Würzte ließ ihren Magen herrlich erwärmen. Diese Lunchbox stammt eindeutig von Sanji. Niemand auf dieser Welt konnte so ausgezeichnet kochen, wie er. Gierig und wehmütig biss sie größere Stücke ab und verlor sich am Geschmack und den damit verbundenen Erinnerungen. Als sie allerdings hinter sich gedämpft und leise die Tür öffnen hören konnte, stoppte sie jede Bewegung. Automatisch baute sich eine gefährliche Spannung in ihren Schultern auf und sie drehte sich alarmiert um.

 

Trafalgar Law trat unverblümt herein. Rümpfte kurz die Nase, womöglich an der stickigen Luft oder dem morschen Geruch. Vielleicht aber auch wegen ihr.

 

  »Schon das Gebäude völlig durchsucht, Nami-ya?«, raunte er tief und fuhr mit seinen goldenen Augen durch die Umgebung.

Die Rothaarige schüttelte den Kopf und folgte seinen unerträglichen Augen. Alles an ihm glich so sehr einem Tier. Einem Raubtier.

 

  »Nein, noch nicht.«

 

Damit schien er sich zufrieden zu geben und trat an einen Tisch heran, von dem er ohne große Anstrengung zwei Stühle hinunter nahm und sie ordentlich an den Tisch stellte. Anschließend nahm er an einem der Stühle platz und erkundigte sich an dem Inhalt der Tüte, die ihm auch Robin überreicht hatte.

 

Den ihr wortlos angeboten Stuhl ignorierte die Rothaarige und drehte dem Fenster den Rücken zu. Sie beobachtete ihn mit Argusaugen, wie er die Lunchbox beobachtete und kurz den Mund verzog. Leicht überrascht nahm sie diese unbemerkte Reaktion seiner Seits wahr. Mochte er keine Sandwichs? Oder keine Eier?

Er legte die Lunchbox zurück in die Tüte und lehnte sich in seinen Stuhl zurück. Ließ dabei aufmerksam seinen Blick umherschweifen. Nami aß schon ihr zweites, sie hätte ihn Fragen können, was ihn störte, doch sie wollte mit ihm nicht mehr als nötig sprechen.

 

 

 

Die stickige Luft wurde von einer unangenehm Stille begleitet, die Law mehr oder weniger brach, als er sich plötzlich aufsetzte und zu einem der vielen Vitrinen ging. Mit einer Flasche Wein und zwei leeren Gläsern kam er zurück. Mit flüssigen Bewegungen füllte er beide Gläser auf und verschüttete dabei keinen einzigen Tropfen. Gleich danach nippte er an einem der Gläser und schloss die Augen, nachdem er sich wieder lässig in seinen Stuhl lehnte.

 

All diese subtilen Bewegungen oder Taten dieses Mannes verwirrten sie. Sie wurde aus diesem unheimlichem Arschloch einfach nicht schlau. Was wollte er damit bezwecken? Die Tüte hatte er ihr erfolgreich überbracht, was wollte er noch? Sollte er sich doch einfach wieder zurück ins Anwesen oder sonst wo im Dorf verpissen. Bloß weg von ihr. Worauf wartete er? Was war sein Ziel?

 

 

So ging es eine Zeit lang, bis Law sein zweites Glas leerte. Dabei musste sie anmerken, dass er sich absichtlich viel Zeit ließ. Oh, dieser Mann war ihr nicht geheuer. Ohne den Blick von ihm zu nehmen, verstaute sie die Tüte in ihrem Rucksack. Ihr war der Appetit vergangen. Den Glas, den er wohl offensichtlich auch für sie gefüllt hatte, schenkte sie keine Beachtung.

Zwar wusste sie nicht, ob sie das Gebäude jetzt verlassen und später wieder kommen sollte, doch sie wollte nicht wie beim letzten Mal klein bei geben. Darum sah sie sich stumm im Raum um und bewegte sich zur Rezeption. Als sie den Raum betrat, erkannte sie Bücherregale, Kisten, Regale und mehr. Diese ging sie nach und nach ab, bis sie auf der Theke einen grauen Schlüssel samt Adresse fand. Diese steckte sie ohne weiteres, als sei es das natürlichste der Welt in ihre Hosentasche.

Direkt daneben fand sie eine alte, vergilbte Zeitung, auf dessen Artikel sie etwas über das einzige Krankenhaus in der Painscreek lesen konnte. Scheinbar schloss sie ihre Türen nach etwa 60 Jahren Dienst. Grund dafür sollen angeblich die immer kleiner werdende Zahl der Einwohner sein, somit auch weniger Steuer.

Ein Krankenhaus befand sich also auch hier? Interessant.

 

Als sie weiter den Raum durchstöberte, fand sie in der Nähe der Eingangstheke das Gästebuch. Es gab nicht sonderlich viele Zimmer, um die vier sollten es sein, wenn Nami richtig las. Außerdem schien das Dorf nicht viele Besucher gehabt zu haben, denn hier waren insgesamt nur sieben Namen eingetragen. Telefonnummer und Datum des Ein- und Abmeldens standen fein säuberlich protokolliert in diesem Buch. Aber bei einem Gast stand beim Tag des Verlassens gar kein Datum. Nur ein großes Fragezeichen. Stutzig hob sie die Brauen. Die stickige Luft machte die Umgebung nicht besser. Auch nicht, als sie eine olivbraune Hand neben sich bewegen sah, die auf das große Fragezeichen tippte.

 

  »Könnte die Person sein, dessen Wagen immer noch hier draußen steht«, hörte sie seine raue Stimme hinter sich reden.

Das Vibrieren seiner Stimme sendete üble Wellen durch ihren Körper.

 

  »Raum 201«, fügte Nami mit gekräuselter Stirn hinzu und stand auf, um sofort den Raum und somit ihn zu verlassen.

 

Bedauerlicherweise hörte sie ihn mit einem mäßigen Abstand folgen, zusammen mit einem anderem klirrenden Geräusch. Gott, sie wollte hier raus. Ihre Nackenhaare sträubten sich, als sie plötzlich etwas schweres in ihrem Magen spürte. Die Alarmglocken von eben läuteten wieder. Ihr Herz verkrampfte sich gefährlich, als sie weiter die Treppen hinauf und weg von Law lief. Ein widerlich süßlicher Gestank stieg ihr in die Nase. Die Hitze in dem Gebäude verdrehte ihr zusätzlich den Magen. Aber sie blieb weder stehen, noch ließ sie sich irgendetwas anmerken.

 

Law holte sie oben bei der Treppe ein und schenkte ihr (zu ihrem Glück) keinen Blick. Er ging voran und öffnete das erste Zimmer, die 204 mit einem Schlüssel. Woher hatte er den? Ah, bei der Rezeption, aus der sie sofort nach seinem Eintreffen geflüchtet war. Zusammen traten sie nacheinander hinein. Das Zimmer war schlicht. Ein Bett mit weißen Laken und einem Badezimmer. Mehr nicht. Zimmer 203 und 202 sahen dem ähnlich. Doch je weiter Nami Law folgte, desto unsinnig wärmer wurde es. Außerdem verstärkte sich dieser kuriose Gestank, der sie zwang, ihren Mageninhalt auf dem Flur zu leeren. Doch sie rafft sich zur Vernunft und Kontrolle. Biss sich unter Schweiß auf die Zähne und folgte mit tränenden Augen bis zum Zimmer 201.

Law schien zu dem Raum keinen Schlüssel zu haben, schob aber einen weißen Brief unter dessen Tür hervor.

 

Im Moment war ihr egal, was darauf stand. Sie wollte hinaus in die frische Luft.

 

  »Ausstehende Mietzahlung. Scheinbar war die Miete überfällig, doch der Gast hat sie bis heute nicht bezahlt.«

 

Es konnte alles bedeuten oder auch nichts.

 

  »Willst du wieder grob die Tür auftreten?«

 

Von der Seite sah sie, wie sich seine Mundwinkel amüsiert erhoben.

 

  »Hinter dieser Tür stinkt es abartig. Ich denke nicht, dass das, was da hinter liegt, weder dir noch mir gefallen würde. Dennoch scharf darauf, sie zu öffnen, Nami-ya?«

 

Grober Kloß bildete sich in ihrem Hals und sie unterdrückte einen Würgereiz. Wenn er das schon so sagte . . . Ihr war es egal. Sie wollte es nicht wissen. Aber es war wichtig. Gott sei dank, wartete Law nicht auf ihre Antwort, sondern wiederholte seine rohen Bewegungen, die er zuvor beim Anwesen getan hatte.

 

Diesmal war es anders. Das hoffte sie zumindest.

 

 

 

 



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